PRIMS Full-text transcription (HTML)
0849
Augsburger Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchsten Privilegien.
Donnerstag
Nr. 107.
16 April 1840

Großbritannien.

In der Oberhaussitzung am 6 April übergab, unter einer Masse von Petitionen, der Marquis v. Westmeath eine von der löblichen Schuhmacherinnung in Dublin gegen die irische Municipalreformbill. Der Marquis v. Londonderry eine ähnliche von der ihm gleichnamigen Stadt in Nord-Irland. Der edle Lord nahm dabei Anlaß, den Premier über die Grundsätze seiner Verwaltung zur Rede zu setzen. Der edle Viscount, bemerkte er, habe wiederholt erklärt, daß er dem Zwecke, sich zu verstärken, nimmermehr seine Grundsätze und Ueberzeugungen aufopfern würde. Dennoch was sey geschehen? Ein edler Lord, Sohn des Grafen Grey, habe sich vom Ministerium losgesagt, weil er es nicht über sich habe gewinnen können, für neue und immer neue Veränderungen zu stimmen; darauf habe der edle Viscount seiner Administration Männer hinzugefügt, allerdings achtbar von Talent und Charakter, aber zu Grundsätzen sich bekennend, welche von denen, die der edle Viscount als die seinigen dargestellt, ganz und gar verschieden seyen. Als solche bezeichnete Lord Londonderry den jetzigen Kriegsminister, Hrn. Macaulay, welcher vor seinen Wählern in Edinburg Erklärungen gegeben habe, die mit denen des edlen Viscount über schwebende große Fragen, wie die Korngesetze und das Ballot, ganz im Widerspruche seyen. Da sey ferner der Vicepräsident des Handelsbureau's (Hr. Lalor Shiel), ein Mann von entschieden feindseliger Gesinnung gegen Irlands protestantische Interessen. Der neue Lord Großsiegelbewahrer (Graf v. Clarendon), der Schutzredner der spanischen Exaltados, habe bei einer neulichen Gelegenheit erklärt, es sey widersinnig von der Finalität einer Maaßregel zu sprechen, so trefflich sie auch für einen gegebenen Zeitpunkt erscheinen möge. Wie reime das mit der Finalität der Reformbill zusammen, zu welcher Lord Melbourne und seine ältern Collegen sich wiederholt bekannt hätten? Unter diesen Umständen werde ihm wohl die Frage erlaubt seyn, nach welchen Principien der edle Viscount seine Verwaltung fortzuführen gesonnen sey. Diese Frage erscheine um so billiger, wenn man bedenke, daß das Ministerium des edlen Viscount eine Niederlage nach der andern erlitten, und zwar 58 im Hause der Gemeinen, 69 im Hause der Lords; von 1836 bis 1839 seyen von den durch die Regierung ins Parlament gebrachten Bills nicht weniger als 112 verworfen worden. (Zuruf und Gelächter der Tories.) Lord Melbourne beschränkte sich auf die kurze Erklärung, daß er nach wie vor an seinen erklärten Grundsätzen festhalten werde. Der Marquis v. Normanby nahm, indem er Petitionen aus Carlisle und Cashel zu Gunsten der irischen Corporationsreform überreichte, davon Anlaß, dem Herzog v. Buckingham zu versichern, daß die Aufzüge der Mäßigkeitsvereine in vielen irischen Städten in aller Ruhe und Ordnung stattgefunden, und dieselben in keiner Beziehung ungesetzlich zu nennen seyen. Der Graf v. Wicklow äußerte große Freude über die Fortschritte dieser Vereine in Irland, von denen die segenreichsten Früchte für das Land zu hoffen seyen. Die Adressen des Pater Mathew, die man habe verdächtigen wollen, athmeten nur Philanthropie und Sittlichkeit. Doch sey es zu tadeln, daß bei jenen Aufzügen Bänder zum Vorschein gekommen, die in Irland als Parteiabzeichen gelten. Der Lordkanzler beantragte hierauf die zweite Lesung der Bill zum Schutze der Drucker parlamentarischer Actenstücke. Nach einer Discussion, in welcher Lord Denman, als Oberrichter der Queensbench, das Benehmen dieses Gerichtshofs in der Stockdale'schen Sache zu rechtfertigen suchte, und der Herzog v. Wellington ein besonderes Verdienst der Bill darin erkannte, daß sie auf dieses hohe Tribunal keinen Tadel zu werfen suche, erfolgte die zweite Lesung ohne Abstimmung; doch weicht des edlen Herzogs Ansicht über diese Bill darin von jener seines politischen Genossen Sir R. Peel ab, daß er dem Parlament zwar das Recht zugestehen will, seine Verhandlungen unangefochten zu eigenem Gebrauche drucken zu lassen, dabei aber behauptet, daß, wenn die Parlamentsacten in den Buchhandel kommen, bei darin enthaltenen Ehrenkränkungen gegen Personen das Recht seinen ordentlichen Gang fortgehen müsse.

Wir geben in Folgendem einen umfassenden Auszug aus der Rede Sir J. Grahams über die Verwickelungen mit China. Nach einem kurzen oratorischen Eingang fuhr er, an den Sprecher gewendet, fort: Betrachte ich, Sir, den dermaligen Stand unserer Verhältnisse zu China, wie er sich in den dem Parlament vorgelegten Papieren darstellt, so eracht 'ich es für unmöglich, daß dieses Haus, obgleich nicht von der Krone zu einer Meinungsäußerung über die Frage eingeladen, ohne Nachtheil für das öffentliche Wohl eine Erklärung seiner Ansichten länger verschiebe. Hiernach glaub' ich mit meinem heutigen Auftreten eine Pflicht gegen den Staat zu erfüllen. Vor Allem bitte ich die Größe der Interessen ins Auge zu fassen, die bei unsern Beziehungen zu China betheiligt sind. Ich übertreibe nicht, wenn ich behaupte, daß ein Sechstel des Gesammteinkommens von Großbritannien und Indien von unsern Verbindungen mit China abhängig ist. Im vorigen Jahre betrugen die für Thee in die Staatscasse geflossenen Abgaben nicht weniger als 3,660,000 Pf. St. Die Zölle auf andere0850 Einfuhrartikel aus jenem Lande dazu genommen, darf man das aus unserm Verkehr mit China sich ergebende Staatseinkommen zu ungefähr 4 Millionen berechnen. Was dann Indien betrifft, so lassen sich dessen Gesammteinkünfte auf 20 Millionen Pf. St. jährlich anschlagen; davon rühren, wenn ich nicht irre, volle 2 Millionen aus dem Handel mit China her, und da eine Hauptschwierigkeit in unserm Verkehr mit China die Geldremittenzen sind, so war es ein besonders günstiger Umstand, daß in den letzten fünf Jahren, eines ins andere gerechnet, gegen 1,300,000 Pf. St. baares Geld aus China nach Indien strömte, ja im vorigen Jahre sogar 1,700,000 Pf. Dieser Geldpunkt ist um so wichtiger, als unsere dermaligen Hauptverlegenheiten im Inland wie in Indien financieller Natur sind. Erwägen wir nun ferner den besondern Charakter, die ungeheure Wichtigkeit und Macht des chinesischen Reichs. Wir stehen am Vorabend eines Kriegs mit diesem Reiche, und nichts ist unweiser, als einen Feind im voraus verachten. Ich glaube, daß in England sehr allgemein irrthümliche Ansichten über China und seine Hülfsquellen herrschen. (Hört!) Wir schöpfen unsere Kenntnisse von jenem fernen Land fast nur aus unserm Verkehr mit einem einzelnen Hafen, in welchen allein brittische Unterthanen bis jetzt zugelassen wurden; außer Canton kennt man gewöhnlich nichts von China. Das ist aber ungefähr der gleiche Fall, als wenn ein Fremder, der in Nore Anker würfe und dann in Wapping landete, wo sein Aufenthalt einer strengen Beschränkung unterworfen wäre, unter diesen Umständen gleichwohl ein entschiedenes Urtheil über Hülfsquellen, Geist und Charakter des brittischen Reichs aussprechen wollte. Die Wahrheit, Sir, ist, China ist von 350 (?) Millionen Menschen bewohnt, alle dem Willen eines Einzigen unterthan, alle Eine Sprache redend, alle durch einen einzigen Gesetzescodex regiert, alle (?) eine einzige Religion bekennend, alle von demselben Nationalstolz, derselben Nationalsympathie erfüllt. Die Chinesen datiren ihren Ursprung nicht von Jahrhunderten, sondern von Jahrtausenden her, die sie unter patriarchalischen Regierungen verlebten; sie rühmen sich Bildung, Künste, namentlich die Buchdruckerkunst, so wie viele Lebensbequemlichkeiten gekannt und besessen zu haben, während Europa noch in Barbarei versunken, und das Licht der Wissenschaft auf unsrer westlichen Halbkugel noch verdunkelt war. Sie besitzen ein jährliches Einkommen von 60 Millionen Pf. St., welche regelmäßig eingehen, haben keine Staatsschuld, bewohnen den größten und schönsten Theil Asiens, der fast zum Drittel unter dem anmuthigsten Klima liegt; der fruchtbare Boden, den sie bebauen, ist von den schönsten Strömen bewässert, durchschnitten von einem 1200 (engl.) Meilen langen Canal einem der Wunderwerke der Welt. Und in diesem unermeßlichen Reich herrscht Ein gleichförmiges System, das gleiche eifersüchtige Mißtrauen gegen Fremde, wie an den Küsten des gelben Meeres, so an den Gränzen von Indien, Ava, Tibet und Nepal. Ist es nicht weiser, mit einer solchen Nation friedlichen Verkehr zu pflegen, als sie zu bekriegen? Ihre Eifersucht gegen Fremde steigert sich noch gegenüber von Großbritannien. Und das ist ganz natürlich zu erklären. Sie brauchen nur jenseits des Himalaya zu blicken, so sehen sie Hindostan zu Großbritanniens Füßen liegen. (Hört!) Sie sind nicht so unwissend, um nicht die Politik zu durchschauen, welche zu dieser Eroberung führte. Kaum ist ein Jahrhundert verflossen, seit unser indisches Reich aus kleinen Anfängen erstand. Und wie erstand es? Unter den Vorwänden des Handels, unter dem Schein friedlichen Verkehrs. Wir begannen damit, eine Factorei zu bauen; wir umgaben sie mit Mauern; wir fügten einen Graben bei; wir bewaffneten unsre Arbeiter; wir vermehrten die Zahl der Europäer; wir bildeten eine Besatzung; wir unterhandelten mit den einheimischen Mächten; wir entdeckten ihre Schwäche; unsre Besatzung rückte aus; Clive erschien; Arcot wurde genommen und vertheidigt; die Schlacht von Plassey wurde gewonnen; was Clive begann, vollendeten die Wellesleys; Seringapatam ward erobert, Mysore unterworfen, der Mahrattenkrieg durch die Schlacht von Assaye beendigt, und Indien war unser. (Hört!) Das ist aber nicht Alles; der Indus und der Ganges vermochten nicht länger unser Reich in Schranken zu bannen; wir gingen über den Hydaspes; Kabul und Kandahar schauten den Fortschritt unsrer Heere; Central-Asien zittert vor unsrer Gegenwart, und huldigt uns fast als seinen Herrn. Und an den Gränzen eines solchen Reichs sollten die Chinesen nicht, nachdem sie solches gesehen, mit äußerstem Argwohn auf die Niederlassung auch nur Eines Britten in ihrem Gebiete blicken? Zwei Hauptpunkte sind es, auf welche ihre Politik gerichtet ist: Ausschließung der Fremden von der Erwerbung eines Rechts auf den Aufenthalt innerhalb ihrer Gränzen, und das Verbot unmittelbarer Communication zwischen ihnen und den Vicekönigen. Der Redner führte nun die Geschichte der zweihundertjährigen Handelsverbindung Englands mit China aus, erörterte, wie es damit zur Zeit des Monopols der ostindischen Compagnie für diesen Handel gestanden, und welche, nach seiner Ansicht unkluge und traurige Aenderungen darin seit dem Aufheben dieses Monopols eingetreten. Die ostindische Compagnie, bemerkte er, habe es sich angelegen seyn lassen, ihren Supercargos in China immer das nachsichtigste und geschmeidigste Betragen gegen die Chinesen zu empfehlen. Resolutionen in gleichem Sinne seyen von Sir George Staunton im Hause der Gemeinen vorgeschlagen worden, als der Handel mit China freigegeben wurde. Damals habe man zwei Fehler begangen, deren üble Folgen die Erfahrung gezeigt habe, ohne daß man sie zu verbessern gesucht. Der eine Fehler sey die Weisung an den königlichen Handelssuperintendenten gewesen, seinen Wohnsitz in Canton aufzuschlagen; der andere Fehler die ihm zugleich ertheilte Instruction, mit dem Vicekönig direct, anstatt wie bisher durch Vermittlung der Hongkaufleute, zu verhandeln. Im Archiv des auswärtigen Amtes liege eine vom Herzog v. Wellington während des kurzen Peel'schen Ministeriums verfaßte Denkschrift, welche die Richtschnur seiner Nachfolger hätte werden sollen; nichtsdestoweniger habe Lord Palmerston an jenen beiden Fehlern festgehalten. Die Denkschrift empfehle die Errichtung eines Criminal - und Admiralitätsgerichtshofs unter dem Vorsitz des Handelsoberaufsehers für englische Unterthanen in China, deßgleichen die Maaßregel, eine tüchtige Fregatte und ein kleineres Kriegsschiff immer im Bereich dieses Beamten stationirt zu haben. Beide Empfehlungen seyen vernachlässigt worden. Lord Strathallan habe nachdrücklich gerathen, daß von Englands Souverän ein eigenhändiges Schreiben an den Kaiser von China als Grundlage freundlicher Beziehungen gerichtet werde, und ein Handelsoberaufseher in Canton nach dem andern habe diesen Rath wiederholt, aber nichts dergleichen sey geschehen. Eine fünf Jahre lang zwischen China und England gepflogene Correspondenz habe nichts bewirkt, als einmal den nutzlos gebliebenen Vorschlag, im Parlament eine Specialcommission zu ernennen, um mit der chinesischen Regierung Anordnungen hinsichtlich des Opiumhandels zu treffen. Capitän Elliot, der jetzige Handelsoberaufseher in China, habe bald die Mangelhaftigkeit seiner Vollmachten gefühlt, wiederholt um eine Erweiterung derselben nachgesucht, und seine kritische Lage auseinander gesetzt, aber vergebens. Mittlerweile sey der Schmuggelhandel mit dem Opium zu einer gefährlichen Höhe angewachsen. Als Capitän Elliot in0851 Bezug auf den Fall mit dem Schmuggelschiffe Jardine auf diese Gefahr aufmerksam machte, habe Lord Palmerston ihm bloß geantwortet, er möge vorsichtig seyn, daß er seine Autorität nicht überschreite. Anstatt dem Rathe des Herzogs v. Wellington gemäß eine kleine Seemacht in den chinesischen Gewässern zu stationiren, um das Eigenthum der in rechtmäßigem Handel begriffenen Engländer zu schützen, habe dasselbe alles Schutzes entbehrt, bis endlich in der dringenden Noth ein Handelsschiff so viel Nationalsinn bewiesen habe, sich auf eigene Kosten mit Kanonen zu bewaffnen. Bis in die letzte Zeit habe Capitän Elliot eben so klug als energisch gehandelt, sein neuestes Benehmen sey aber ohne Zweifel tadelnswerth gewesen, besonders sein Versuch einer Blokade des Hafens von Canton und sein Gefecht mit den chinesischen Dschunken am 3 Nov. Sir James schloß seine fast dreistündige Rede mit den Worten: Wäre ein Krieg mit China unvermeidlich geworden, glaubte dieses Haus, daß die Regierung den Frieden wünsche und alles Mögliche gethan habe, um Feindseligkeiten zu vermeiden, wäre das Land zu einer Kriegserklärung aufgefordert, nicht wegen der Saumsal, Unklugheit und Unvorsichtigkeit der Regierung, sondern um die Nationalehre zu wahren und zu vertheidigen, so würde wohl der Nationalsinn des brittischen Volks anerkennen, daß ein Grund zum Kriege vorhanden und dieser ohne Furcht und Wanken durchzukämpfen sey. (Beifall.) Wenn sich nun aber ergibt, daß Ihrer Maj. Rathgeber hartnäckig auf einem falschen Wege beharren, den Vernunft und Erfahrung im Einklang verdammen; wenn sie es versuchen, ein stolzes, mächtiges Volk zu einem Verfahren zu drängen, welchem der Schwächste sich nicht unterziehen möchte; wenn der Rath des competentesten Richters in solchen Dingen, der als Staatsmann und Krieger keinem nachsteht (des Herzogs v. Wellington in der obenerwähnten Denkschrift), unbeachtet blieb wenn wir das sehen, und ferner sehen, daß die feierlichen und wiederholten Warnungen sogar der vertrauten Diener der Regierung mißachtet werden; wenn diese vertrauten Diener erklären, daß, falls der Opiumhandel nicht unterdrückt werde, die Fortdauer des brittischen Handels mit China gefährdet sey, aber dennoch kein Versuch gemacht wird, ihre Rathschläge ins Werk zu setzen; wenn der Oberaufseher weder mit Streitkräften, noch mit Verhaltungsbefehlen versehen wird, um eintretenden Fällen zu begegnen so frage ich das Haus, ob es glaube, daß das brittische Volk geduldig den Beschlüssen des Parlaments unter solchen Umständen sich unterwerfen werde? Wird wohl das Volk Vertrauen setzen in eine Regierung, welche trotz allem Rath und allen Vorstellungen seit fünf Jahren nicht verhindert, daß ein sonst blühender Handel gestört und vernichtet wird mit Schaden und Schande, und ein Krieg droht, in welchem der Sieg unrühmlich und unfruchtbar, das Unterliegen verderblich und schmachvoll wäre? (Hier folgte die in Nr. 99 erwähnte Motion auf ein tadelndes Votum gegen das Ministerium.)

(Fortsetzung folgt.)

Die Verhandlungen über die ministerielle Politik gegenüber von China kamen auch in der Unterhaussitzung am 8 April nicht zu Ende. Nach Hrn. Thesiger auf der Oppositionsseite sprachen noch die HH. Ch. Buller und Ward gegen, die HH. Gladstone und G. Palmer für die Motion. Die Reden der drei letztgenannten Mitglieder, bedeutender Autoritäten der brittischen Handelswelt, werden als besonders gewichtig und instructiv betrachtet. Am 9 April wurden die Debatten durch Hrn. Hogg wieder eröffnet.

(Times.) Die Gutachten von Sir F. Pollock und Ed. Phillimore über die Schwefelfrage sind im Druck erschienen, und werden von den Gönnern des Schwefelmonopols eifrig in Umlauf gesetzt. Diese beiden rechtskundigen Autoritäten betrachten das Monopol als keine Verletzung des Vertrags von 1816, und behaupten, das fragliche Decret der neapolitanischen Regierung sey insofern nicht anzufechten, als es die Unterthanen des Königs von Neapel und die Ausländer gleicherweise treffe. So groß, scheint es, ist die Abnahme des brittischen Handels in diesem Artikel, daß während er vordem gegen 35,000 Pf. St. an Zollgefällen eintrug, er jetzt als eigene Rubrik in den Mauthtabellen gar nicht mehr aufgeführt werden kann. Der Preis des Schwefels ist um ungefähr 200 Proc. gestiegen, denn während sonst die Tonne 3 Pf. 10 Sh. kostete, kostet sie jetzt 10 Pf. St., und von dieser Vertheuerung kommen ungefähr 1 Pf. 5 Sh. der neapolitanischen Regierung, 2 Pf. 5 Sh. dem Eigenthümer und 3 Pf. den Monopolisten Taix und Comp. zu gut. Eine Hauptbeschwerde über das jetzige System ist, daß, während Taix und Comp. für ihren Schwefel 25 Taris bezahlen und 45 dafür fordern, sie auf dem inländischen Markt concurriren, die Waare dem Consumenten zu einem geringern Preis als ihre eigenen Käufer abgeben, und so letztere vom Markte vertreiben können.

Diese Woche dürfte für die Existenz des Ministeriums entscheidend werden. Der Krieg mit China ist durchaus nicht populär: viele halten ihn für ungerecht, die meisten für unnöthig. Man ist der Meinung, der englische Commissär zu Canton hätte die Vollmacht sowohl als die Mittel haben sollen, die rechtswidrigen Unternehmungen brittischer Opiumschmuggler zu hemmen, und zu gleicher Zeit sich Achtung bei den Chinesen zu erhalten. Auf jeden Fall ist man unzufrieden, daß es zu einem Kriege kommen soll, wobei wenig zu gewinnen ist, während er viel kosten muß, und nothwendig mit einer Handelsstörung verbunden ist, bei welcher die gewinnenden Yankees ins Fäustchen lachen, ja ohne Zweifel den Chinesen heimlichen Vorschub leisten ein Verhältniß, welches selbst zu einem Kriege mit den Vereinigten Staaten führen könnte. Ob dieser Widerwille so weit geht, daß (wie der Spectator behauptet) die Tories einer Mehrheit gewiß seyn könnten, wenn sie den Muth hätten, sich für Frieden mit China zu erklären, möchte ich nicht behaupten. Aber das jetzige Verhältniß der Parteien ist so zweifelhaft, daß eine Mehrheit gegen die Minister, selbst bei dem jetzigen Vorschlage, welcher bloß vergangene Vernachlässigung tadelt, gar nicht unmöglich ist. Auf jeden Fall sind viele ministerielle Mitglieder abwesend, ohne abgepaart zu haben, gerade wie bei der zweiten Verlesung von Stanley's Bill, und die Wetten wenigstens sind am stärksten auf der Seite der Tories. Den letzten Nachrichten von Indien zufolge wurden dort die kriegerischen Rüstungen gegen China mit immer gleichem Eifer fortgesetzt. Dennoch schien es der herrschende Glaube zu seyn, daß man fürs erste die Chinesen bloß zur Nachgiebigkeit zu schrecken suchen würde, während man (wie ich Ihnen schon vor ein paar Monaten gemeldet) durch die Besitznahme der Insel Formosa die Basis zur ernstlichen Beunruhigung der Küste sichern würde. Das Oberhaus hat die Privilegienbill mit Zustimmung der Conservativen zum zweitenmal verlesen, jedoch mit der Absicht, solche Zusätze zu machen, daß auch die Rechte des Unterthans ungefährdet blieben. Wellington ist besonders auch darum gegen das Verkaufen von parlamentarischen Documenten, weil solches zuweilen zu Verantwortlichkeiten gegen auswärtige Mächte, wohl gar zu Kriegen führen könnte, wie z. B. die harten Ausdrücke, deren man sich zur Zeit der letzten polnischen Revolution gegen den Kaiser von Rußland bedient. Die Sache wird indessen ganz gewiß ausgeglichen.

0852

Frankreich.

(Moniteur.) Telegraphische Depesche. Toulon, 10 April. Die Prinzen sind heute um 3 Uhr nach Algier abgereist, nachdem sie die auf der Rhede befindlichen Kriegsschiffe besucht hatten.

Hr. Martin Laffitte, einer der drei Géranten der Handels - und Industriecasse, Bruder des Hrn. Jacques Laffitte, ist am 10 April an einem apoplektischen Anfall gestorben.

〈…〉〈…〉In der Sitzung der Deputirtenkammer am 11 April erhielt Hr. Rivet im Namen des Hrn. Muret de Bort das Wort zur Verlesung des Berichts über den Gesetzesentwurf der Renten. Die Kammer verlangt nicht den Bericht, sondern nur den Gesetzesentwurf anzuhören. Dieser besteht darin, daß die Regierung ermächtigt werden soll, die Heimzahlung der fünfprocentigen Renten im Verhältniß zu 100 Fr. für 5proc. Renten zu bewerkstelligen. Die Rentiers, welche die Conversion vorziehen sollten, sollen nach ihrer Wahl einen Titel von 4 1 / 2 oder 3 1 / 2 Proc. empfangen. Die Erklärung der Conversion, oder der Heimzahlung soll in drei Monaten geschehen. Wenn die Maaßregel einmal vollzogen sey, so könne die Regierung von diesem Tage an zehn Jahre lang keinen Gebrauch mehr von ihrem Rechte der Heimzahlung machen. Die Kammer setzt die Erörterung des Entwurfs auf nächsten Donnerstag fest. Hr. Fould trägt darauf an, daß das Verzeichniß der außer dem Budget verlangten Credite aufgesetzt und gedruckt werde. Der Finanzminister, Hr. Pelet, bemerkt, daß er noch in dieser Sitzung eine solche Creditforderung der Kammer vorzulegen habe. Sein Antrag zu einem Zuschußcredit für 1840für die verschiedenen Ministerien beträgt im Ganzen die Summe von 30,733,000 Fr. Der Conseilpräsident: Ich unterlege Ihnen hiermit einen in unserm Verhältniß zum Ausland unvorhergesehenen Umstand. Sie erinnern sich, daß in den letzten Jahren ein Conflict zwischen Frankreich und einigen Republiken von Südamerika stattgefunden hat. Die Gerechtigkeit unserer Sache war unbestreitbar, und bald darauf endigte eine für unsere Marine glorreiche Waffenthat unsern Zwist mit Mexico. Die Republik von Buenos-Ayres leistete längern Widerstand. Ihr befremdliches Betragen würde sicher eine Repression gefordert haben, wenn Frankreich nicht zu hoch gestellt wäre, als daß es sich für den Augenblick von wichtigern Interessen hätte abwenden sollen. (Beifall.) Inzwischen ward die Blokade verstärkt und soll ferner verstärkt werden. Unsere Waffen haben Verbündete gefunden; denn wir sind nicht die Einzigen, welche die Regierung von Buenos-Ayres in ihren Interessen verletzt hat. Montevideo und die argentinischen Staaten haben das Föderativband abgeschüttelt. Buenos-Ayres wird bald genöthigt seyn, ihre Ansprüche ebenso, wie die unsrigen, anzuerkennen. Inzwischen wurden unsere Agenten ermächtigt, die zur Vertheidigung unserer Rechte in jenen Gegenden nothwendigen Ausgaben zu machen. Die Ausgaben mögen sich bereits auf 15 bis 16 Millionen Fr. belaufen. Die Tratten sind auf den Schatz gezogen und müssen unverzüglich ankommen. Wir können unsere Agenten nicht desavouiren; da aber die Kammern versammelt sind, so hielten wir es für Pflicht, vor der Annahme der Tratten den nöthigen Credit dafür und für weitere unvorherzusehende Ausgaben (die er vorläufig auf 1,500,000 Fr. annahm) zu verlangen. (Abgang der Post.)

(Courrier français.) Die Petitionscommission hat sich eute (10) auf ihrem Bureau versammelt, um die Verlesung des Berichts des Hrn. Golbéry über die Wahlreform zu hören. Die Debatten dauerten lang und waren sehr lebhaft. Die Abwesenheit eines Mitglieds der reformistischen Meinung konnte die Frage durch Herbeiführung einer Theilung compromittiren, als ein durch ehrenwerthe Loyalität geleitetes Mitglied der entgegengesetzten Meinung erklärte, daß es aus einem zufälligen Umstande keinen Vortheil ziehen wolle und keinen Nachtheil dabei sehe, den Bericht so, wie er verfaßt sey, anzunehmen. Die angenommenen Anträge sollen folgende seyn: Verwerfung des directen allgemeinen Stimmrechts, so wie des Wahlrechts der Nationalgarde, und der vorgeschlagenen Abschaffung des politischen Eides. Alle andern Fragen, mit Inbegriff des Votums in zwei Graden, so wie es von der constituirenden Versammlung beschlossen ward, sollen an die Minister verwiesen und zugleich auf dem Bureau der Nachweisungen niedergelegt werden, indem die Wahlfragen hauptsächlich Fragen seyen, deren Initiative der Kammer gebühre.

(Quotidienne.) Die Carlistischen Generale Elio und Alzaa, die sich seit einiger Zeit in Paris auf Ehrenwort aufhielten, wurden gestern von der Polizei verhaftet, ohne daß man wußte, nach welchem Depot von Flüchtlingen sie gebracht worden wären. Man glaubt inzwischen, daß sie getrennt worden und General Elio nach Amiens abgereist sey.

(Presse.) Die Eisenbahnunternehmungen scheinen auf dem Punkt, einen neuen Aufschwung zu nehmen. Hr. Guizot hat von London an den Minister der öffentlichen Arbeiten geschrieben, daß die Directoren der verschiedenen englischen Compagnien sich in seiner Gegenwart verpflichtet haben, bis zum Betrage von 25 Millionen bei der Ausgabe, die durch die Anlegung einer Eisenbahn von Paris nach Rouen veranlaßt werden könnte, mitzuwirken. Andrerseits meldet man, daß das Haus Rothschild die Absicht habe, den Bau der Linie von Paris nach Valenciennes zu übernehmen. Es hat bereits in dieser Beziehung eine Conferenz zwischen diesem Hause und dem Conseilpräsidenten stattgefunden.

Man läßt den guten Absichten des Ministeriums und seiner außerordentlichen Thätigkeit in Betreff der öffentlichen Arbeiten Gerechtigkeit widerfahren, aber Jedermann findet die Eisenbahnvorschläge unzureichend, ungeachtet von Verwendung einer Summe von 50 bis 60 Millionen für das laufende Jahr die Rede ist. Auch scheint es in der That, das Ministerium habe dieß vorausgesehen, und es sey in seiner Absicht gelegen, das Publicum und die Kammer in dieser Sache die Initiative ergreifen zu lassen. Es wollte sich wohl nicht dem Tadel der Conservativen bloßstellen, als wolle es sich Hals über Kopf in die öffentlichen Unternehmungen und in die Schuldenvermehrung stürzen, in der Absicht eine große Clientel zu gewinnen. Daß es so kommen werde, wie es kam, daß Jedermann noch mehr Canäle und Eisenbahnen werde haben wollen, war leicht vorherzusehen, und das Ministerium ist nicht so sehr aller Einsichten bar, um nicht zu wissen, daß der Staat durch kräftige Unterstützung dieser Unternehmungen nicht nur nichts verliert, sondern im Lauf der Zeit gewinnen, und zwar sehr ansehnlich gewinnen muß. Die Erfahrung von England hat zur Genüge bewiesen, wie sehr die productiven Kräfte und die Erträgnisse der Consumtionsauflagen durch Canäle und Eisenbahnen gehoben werden. Dazu kommt, daß in Frankreich die Auflage bei Güterveräußerungen auf den Betrag der Kaufssumme sehr bedeutend ist, und daß bekanntlich die Canäle und Eisenbahnen auf die Vermehrung des Werthes von Grund und Boden außerordentlichen Einfluß0853 haben. In ganz Frankreich herrscht in dieser Angelegenheit nur Eine Stimme, daß man nämlich nicht hinter England zurückbleiben dürfe, daß Frankreich, koste es was es wolle, auf dem schnellsten Weg in den Besitz eines ganzen Systems von Eisenbahnen und Canälen kommen müsse, wodurch jeder einigermaßen bedeutende Seehafen, jeder Hauptgränzort mit der Hauptstadt in Verbindung gesetzt werde, daß Frankreichs Industrie, Civilisation und Macht von der Ausführung dieses Werkes abhänge. Was der Patriotismus nicht thut, supplirt die Provincialeifersucht. Marseille kann nicht begreifen, warum Nimes vorzugsweise dieses Jahr eine Eisenbahn haben soll. Wenn man von der Nothwendigkeit der Herstellung einer Route von Paris nach Belgien spricht, so treten Lyon, Bordeaux, Nantes mit gleichen Ansprüchen auf. Mit Einem Wort: es ist als eine ausgemachte Sache zu betrachten, daß die Regierung sich genöthigt sehen wird, überall Hand ans Werk zu legen. Die Idee des Ministers der öffentlichen Arbeiten ging dahin, man sollte vor der Hand nur das Angefangene fortsetzen und das Nöthigste unternehmen, und ohne eine absolute Regel zu befolgen, nach Umständen handeln. Doch ist nicht einzusehen, warum man nicht lieber sogleich den allgemeinen Grundsatz aussprechen sollte, daß bei allen Hauptrouten, da wo Privatcompagnien drei Fünftheile oder die Hälfte des Capitals aufzutreiben sich anheischig machen, der Staat unter den von Hrn. Jaubert festgestellten Bedingungen den Rest subscribire, oder daß man überhaupt für das ganze Capital 4 Proc. garantire. Für die Aufstellung einer so allgemeinen Regel sind die meisten Stimmen, und nach der öffentlichen Meinung zu urtheilen, darf mit Bestimmtheit angenommen werden, daß diese Ansicht, wenn nicht während der gegenwärtigen Session, doch im Lauf der nächsten gesetzliche Sanction erhalten wird. Uebrigens leiden die Vorschläge des Grafen Jaubert noch an einigen andern wesentlichen Gebrechen. Die Erfahrung lehrt, daß in Folge von Erfindungen und Verbesserungen der Aufwand bei den Eisenbahnen sich von Jahr zu Jahr vermindert, während die Transporte überall unglaublich steigen. Es ist daher gar nicht vorher zu sehen, wie gewinnreich diese Anstalten im Lauf von dreißig bis vierzig Jahren werden können. Möglicherweise könnten die Hauptrouten bei Fahrtaxen, die gegenwärtig für ungemein billig gehalten werden, 20 bis 30 Procent Reineinkommen und noch mehr gewähren. Nun rechnet in diesem Augenblick Niemand, der sein Geld in diesen Unternehmungen anlegt, auf eine so hohe Rente und auf eine so entfernte Zeit. Jeder wäre zufrieden, wenn er seiner 4 bis 5 Procent vollkommen gewiß wäre, und dabei noch die Hoffnung hätte, im glücklichen Fall dieses Einkommen bis zu 6, 8 und 10 Procent vermehren zu können. Für die Privaten hat daher diese entfernte Hoffnung keinen großen Werth, während sie für den Staat, der seine Existenz für Jahrtausende und seine Finanz-Maaßregeln für Jahrhunderte berechnet, einen sehr hohen Werth haben kann. Der Staat könnte mit den Unterstützungen, die er diesen Unternehmungen gewährt, und jedenfalls gewähren muß, eine Art Amortissementssystem verbinden, das sicherer als jeder andere bisher in Vorschlag gebrachte Modus zur Schuldentilgung oder doch zu bedeutender Schuldenverminderung führen könnte. Man gewähre den Compagnien die ihnen zugedachten Unterstützungen und Vergünstigungen, aber man garantire ihnen diese Vortheile und ihre Fahrtaxen nicht auf 70 oder 99 Jahre, wie Hr. Jaubert gethan hat, sondern nur etwa auf 30 oder 40 Jahre, und stipulire sich das Recht, nach Verfluß dieser Zeit das ganze Capital mit 50 Procent (mehr oder weniger) Zuschuß abzulösen. Dieser Mangel an Voraussicht wird an dem Jaubert'schen Project mit Recht getadelt. Indessen darf man gewiß seyn, daß die Sache durch die Discussion der Kammer gründlich beleuchtet werden wird. Diese Verhandlungen und die Vorschritte Frankreichs werden nicht ohne Einfluß auf Deutschland bleiben. Wenn Frankreich nicht hinter England zurückbleiben will, so wird Deutschland nicht hinter Frankreich zurückbleiben wollen. Es handelt sich hier um ein Instrument des Reichthums und der Macht, wobei Regierungen und Regierte gleich stark interessirt sind. Man wird in den deutschen Staaten das Beispiel Frankreichs nachahmen, und sich daran gewöhnen, einen jährlichen Aufwand von 30 Millionen Gulden auf Canäle und Eisenbahnen für unzureichend zu halten. Da bei diesen Unternehmungen Niemand ein Opfer bringt, und Jedermann gewinnt, so werden die Finanzleute nach und nach ihr Ohr an diese großen Summen gewöhnen. Es ist nur Schade, daß man nicht lieber vorangeht als nachfolgt.

Belgien.

Wie man allgemein versichert, wird das neue Ministerium aus folgenden Personen bestehen: Hr. Lebeau, für die auswärtigen Angelegenheiten; Hr. Deschamps, für das Innere; General Goethals, für das Kriegswesen; Hr. d'Huart oder Hr. Mercier, für die Finanzen; Hr. de Haussy oder Hr. Liedts, für die Justiz; Hr. Rogier, für die öffentlichen Arbeiten. Die Centralsection hat heute nach so langer Berathung ihre Arbeit über den Anschluß an die rheinische Eisenbahn geschlossen. Sie hat sich einstimmig für das Project erklärt. Die Centralsection hat den Deputirten von Verviers, Hrn. Lys, zu ihrem Berichterstatter ernannt. Die Discussion ist auf den 22 festgesetzt. (Brüss. Bl.)

Deutschland.

Heute Morgen war Sitzung des Staatsraths, dem Se. Maj. der König präsidirte. Cornelius hat nunmehr den letzten Carton zu seinen Fresken in der Ludwigskirche beendet, und in letzter Zeit eine Zeichnung in größerem Maaßstabe begonnen, welche er später als Oelgemälde auszuführen beabsichtigt. Diese geistvolle, gestaltenreiche Conception stellt die Befreiung der Erzväter aus der Vorhölle durch Christus dar, und dürfte zu des Meisters großartigsten Schöpfungen gezählt werden. Der Bildercyklus obgenannter Kirche wird im Laufe dieses Sommers seine Vollendung erreichen, und Cornelius gedenkt noch ein paar Monate auf die gänzliche Fertigung oder Ueberarbeitung seines großen Bildes, das jüngste Gericht, zu verwenden. Nebst vielen werthvollen Bildern, die in jüngster Zeit ausgestellt waren, wird auch ein Architekturgemälde von Ainmüller, eine Seitencapelle der Basilica S. Marco zu Venedig darstellend, Eigenthum des unternehmenden Kunsthändlers, Collegiensecretär Bolgiano, mit großem Interesse gesehen.

Vergangenen Freitag fuhren drei Schiffe mit 245 Auswanderern, worunter sich ein Mann von 70 Jahren und mehrere Personen mit ansehnlichem Vermögen befanden, aus dem hiesigen Canale nach Amerika ab. (Schw. M.)

So eben ist die Erlaubniß von Darmstadt angekommen, die Eisenbahnstrecke von Kastel nach Frankfurt zu eröffnen; die Bahn wird daher künftigen Montag zum erstenmal in ihrem ganzen Umfange befahren werden. Die Uebereinkunft zwischen dem Comité und der fürstlich Thurn und Taxis'schen Postverwaltung ist provisorisch auf einen oder einige Monate abgeschlossen. (Frankf. J.)

Gestern traf auf officiellem Wege die Nachricht dahier ein, daß am 9 d. M. Abends gegen 6 Uhr0854 der Bischof von Limburg, Dr. Johann Wilhelm Bausch, nach einem langen Krankenlager, in einem Alter von 66 Jahren sanft verschieden ist. Derselbe wurde am 17 März 1774 in einem Dorfe des herzoglich nassauischen Amtes Hadamar geboren, im Jahr 1834 zum Bischof von Limburg gewählt, und am 25 Jan. 1835 als solcher consecrirt. Für die Kaiserin von Rußland, welche nach der Aussage dahier angekommener russischer Feldjäger den 15 Mai d. J. von St. Petersburg abreisen wird, sind in den herzoglichen Curgebäuden zu Ems die erforderlichen Appartements zur Aufnahme in Bereitschaft gesetzt worden. Die Großfürstin Helena wird bis zum 1 Mai dahier erwartet.

Drei Tage verweilte der Großfürst-Thronfolger am hiesigen Hofe; am 9 ist er nach Darmstadt abgereist. Sein Wuchs ist schlank und von edlem Ebenmaaß; seine blassen Gesichtszüge sind über sein Alter ernst, aber durchaus nicht abstoßend; besonders schön sind seine Augen. Er pflog lange und öftere Unterhaltungen mit seiner erlauchten Tante, unserer Großherzogin, die wegen ihrer hohen Geistesgaben besonderes Ansehen in ihrer Familie genießt. Er besuchte zwei Vorstellungen unseres Theaters, die des Postillon von Lonjumeau und der Jungfrau von Orleans, welch letzteres Drama auf seinen Wunsch, oder vielmehr seines Erziehers, Schukowsky, gegeben wurde, der, bei großer Verehrung für deutsche Litteratur, besondere Vorliebe für Schiller besitzt. Der Prinz hat bei seiner Abreise bedeutende Geschenke hinterlassen. Von seinem Gefolge haben mehrere Herren den weißen Falkenorden erhalten. Der Lectionskatalog unserer Landesuniversität Jena ist ausgegeben worden. Mit Freuden findet man darin noch recht viele bewährte und anerkannte Namen; aber auch mit jungen und neuen Kräften regenerirt sich Jena. Ganz besondere Erwartungen erregen einige der jüngern Docenten, namentlich Professor Haser, ein Lieblingsschüler Kiefers, als Mediciner, Prof. Schleiden, ein Hamburger, ausgezeichnet durch seine mikroskopischen Untersuchungen und schon bekannt durch mehrere scharfsinnige Forschungen in der Botanik, von Humboldt unserm Ministerium empfohlen, und Dr. Apelt, ein Schüler Fries 'in geistreich freier Ausbildung.

II. MM. der König und ie Königin haben vor einigen Tagen diese Residenz wieder verlassen und ihren einstweiligen Aufenthalt auf dem königl. Weinberge zwischen Dresden und Pillnitz genommen. Das Buchdruckerjubiläum wird dieses Jahr, so wie bereits im vergangenen Jahrhunderte geschehen war, auch in Dresden festlich begangen werden. Man zweifelt wenigstens nicht, daß das Ministerium, bei dem die deßfallsige Eingabe noch ruht, die Abhaltung eines Festzuges, Festactus und vielleicht auch einer Festpredigt genehmigen werde. Dresden besitzt etwa sechs Buchdruckereien, und die Zahl der dabei angestellten Gehülfen und Drucker mag sich auf zweihundert belaufen. Die Feier wird am Sonntage vor dem allgemeinen Feste stattfinden. An ein Zurückkommen unserer Regierung auf ihre Vorschläge an die Kammern in Betreff eines zu erbauenden Museums scheint während dieses Landtags nicht zu denken, und also auch die zweite in öffentlichen Blättern abgedruckte Besprechung dieses Gegenstandes von Seite des Directors Waagen in Berlin erfolglos geblieben zu seyn. Man spricht von einer vielleicht schon im Monat August möglichen Eröffnung unseres neuen Schauspielhauses, wie zu hoffen steht, mit einem Meisterwerke eines großen Dichters und mit keiner Oper. Jedoch ist auch von Glucks Armide, leider! sogar von Webers Freischütz in dieser Hinsicht die Rede. Nächsten Palmsonntag haben wir wieder die Freude, das Höchste, was die deutsche Kirchenmusik je hervorgebracht hat, die Passion von Seb. Bach, im großen Opernhause aufgeführt zu hören.

Der Proceß der vormaligen sieben Göttinger Professoren möchte wohl schwerlich vor den inländischen Gerichten seine Entscheidung zu erwarten haben, und daher den Klägern nichts übrig bleiben, als ebenfalls an den deutschen Bundestag zu recurriren. Durch die so reichlich ausgefallenen Subscriptionen ist indessen für einen anständigen Unterhalt jener Gelehrten vorerst auf eine geraume Zeit Fürsorge getroffen. Nach der Abrechnung des mit dieser Angelegenheit beschäftigten Comité's reichen die unterzeichneten Summen nicht nur hin, den gedachten Männern die Gehalte, welcher sie verlustig geworden, in vollem Betrag ferner auf drei Jahre zuzusichern, sondern es bleibt auch noch so viel übrig, daß auch später es an einer Unterstützung nicht mangeln wird, die man ihnen regelmäßig zufließen lassen kann. Ueberdieß hat sich die Zahl der zu Unterstützenden, die gleich anfangs durch die Anstellung Ewalds in Tübingen und durch die Verzichtleistung von Gervinus auf fünf sich reducirt fand, nunmehr wieder um einen verringert Albrecht. (Schw. M.)

Bekanntmachung. Nachdem beschlossen worden, die zu Leipzig erscheinende Allgemeine Zeitung im hiesigen Königreiche bis auf Weiteres zu verbieten, so wird solches zur allgemeinen Nachachtung bekannt gemacht, und zwar unter der Verwarnung, daß die Nichtachtung dieses Verbots, außer der Confiscation, mit einer Geldbuße von 5 Rthlr. wird belegt werden. Zugleich wird allen Polizeibehörden zur Pflicht gemacht, auf die genaue Befolgung dieses Verbots zu achten, und namentlich die Verfügung zu stellen, daß die gedachte Leipziger Allgemeine Zeitung an öffentlichen Versammlungsorten nicht ausgelegt werde. Hannover, 8 April 1840 Königl. hannov. Ministerium des Innern. I. C. v. d. Wisch.

Die Ständeversammlung läßt nicht verkennen, daß sie mit Ernst und Vorsicht aus den Wirren von streitigen Rechtsformeln zu den wahren Landessachen zu kommen sucht. Das Einverständniß beider Kammern über eine Danksagung an den König für die Mittheilung eines Verfassungsentwurfs bezeichnet ihren gemeinschaftlichen Wunsch klar, die weitere Uebereinstimmung unter einander und mit dem Throne günstig vorzubereiten. Sie haben die Weiterungen über die sogenannten Minoritätswahlen und über die beschlußfähige Anzahl ihrer Mitglieder auf einem Mittelwege vermieden, worauf ohne neuen Anstoß ihre Verhandlungen Fortgang haben können. Die zweite Kammer hat sich beeilt und beeifert, das Gesetz über den Zwangsverkauf zu Gunsten von Eisenbahngrundstücken zu berathen und anzunehmen. Die Erfahrung hat bereits bewiesen, daß ohne ein solches Gesetz die hiesige Theilnahme an den benachbarten Eisenbahnen nicht zu erreichen war. Die braunschweigische Regierung hat vorgezogen, für die Eisenbahn von Wolfenbüttel nach Harzburg einen Strich Land von Preußen zu erwerben, um den Preisforderungen der Landeigenthümer auf hiesigem Gebiete nicht nachgeben zu müssen. Der nächste Vortheil von dem Gesetze ist, daß die Stadt Goslar, welche zusehends aufblüht, ihre Eisenbahn nach Harzburg bekommt, und daß zur Durchführung der Eisenbahn von dem Rheine nach der Weser durch das hiesige Land ans Werk geschritten werden kann. Hier haben wir seit einigen Tagen Frühlingswetter, das den Aerzten die schwere Arbeit mit Nervenfiebern erleichtern wird; einer derselben hat sich selbst den Tod gegeben vor dem Bilde seines eben so abgeschiedenen Freundes.

0855

Preußen.

Sie fragen mich, welchen Eindruck die Beendigung der Ministerialkrisis in Frankreich in unsern Gauen gemacht habe. Als im verflossenen Jahr das Ministerium Molé abtreten mußte, hoffte man auf die Bildung eines Gouvernements unter dem Vorsitze von Thiers, indem man darin eine Bürgschaft für Erhaltung des Friedens und der Ordnung erblickte. Wir, die wir Frankreich näher wohnen, glauben uns nämlich in dieser Hinsicht zu ganz andern Urtheilen berechtigt, als diejenigen sind, welche die norddeutschen Blätter enthalten, oder welche aus halbofficiellen Federn fließen. Unsere Nachbarn sind revolutionsmüde, und weil sie dieß sind, so wird der Grundsatz le roi regne, mais il ne gouverne pas, mit Strenge und mit Eifersucht von ihnen vertheidigt. Nicht allein unter den Politikern gewisser Nuancen, sondern in den Massen ist die Meinung verbreitet, daß die consequente Durchführung dieses Princips allein gegen die Wiederkehr von Ereignissen schützen könne, die alle Existenzen in Frage stellen, und bei dem günstigsten Ausgange eine Menge von Interessen compromittiren. So lange dasselbe beharrlich festgehalten wird, ist die Veränderung eines Verwaltungssystems nur eine Aenderung des Ministeriums; sobald es verlassen wird, ist sie eine Revolution, oder kann sie werden. Es ist daher nicht richtig, wenn man, wie in Deutschland fast durchweg geschieht, annimmt, daß es den Franzosen um Erniedrigung der königl. Macht zu thun, und daß der Kampf der liberalen Fractionen in den Kammern nichts Anderes, als eine allmähliche Unterwühlung des Bodens bezwecke, worauf der Thron steht, dessen Einsturz gewünscht werde. Im Gegentheil darf man glauben, daß es den Verständigen und allen, welche etwas zu verlieren haben, darum zu thun sey, den Thron dem Bereiche der politischen Bestrebungen und Zerwürfnisse, und der stets wiederkehrenden, das Wohl der Massen so nahe berührenden und darum so verhängnißvollen großen Verwaltungsfragen zu entrücken, und ihn dadurch auf ein Gebiet zu bringen, wo er nicht länger der Gegenstand der Anfeindungen ist, und von der Volksmeinung nicht mehr für die gouvernementalen Handlungen verantwortlich gemacht werden kann. Es ist das Beispiel von England, welches man in Frankreich gern verwirklicht wüßte; und wir, die wir an den Gränzen wohnen, und unseren Frieden und unsere Industrie von den gewaltsamen Erschütterungen im Nachbarlande so oft bedroht gesehen haben, wünschen aufrichtig, daß ein Zustand sich bilde, welcher den Uebergang von einem zu dem andern Regierungssystem an keine anderen Opfer, als einen Ministerwechsel knüpfe. Darum wünschten wir vor Jahr und Tag das Zustandekommen eines Ministeriums Thiers, weil wir dachten, daß der Sieg des erwähnten Princips darin ausgesprochen, und das Königthum selbst der parlamentarischen Dialektik, so wie dem zerrenden Eifer der Presse dadurch entzogen sey. Daß die Combination damals scheiterte, betrachtete man hier zu Lande als ein Unglück für die Dynastie, denn es schien in dem Gange der Unterhandlungen und im Schlußresultate ein so offenes Streben in der entgegengesetzten Richtung, so viel List und Absichtlichkeit zu liegen, daß man über den unvermeidlichen Eindruck im Volk sich nicht verblenden konnte. In dem Siege der königlichen Prärogative sahen darum viele Freunde der Ordnung eine beginnende Niederlage. Karl X würde nicht verjagt worden seyn, sagten sie, wenn die Krone sich nicht selbst für die Handlungen ihrer Minister verantwortlich gemacht hätte; und wenn dem Kaiser der Besitz und die Uebung der ungetheilten Macht von der Nation verziehen ward, so geschah es nur, weil sein blendender Ruhm und seine persönliche Gewalt, der nie gesehene Glanz, den er um Frankreich verbreitete, und der Wohlstand, den er schuf, ihn als ein höheres Wesen betrachten ließen, und das Siegel des Verstummens auf alle Lippen drückten. Gleiche Ansprüche hat der gegenwärtige Throninhaber nicht zu machen. Zwar kann nicht behauptet werden, daß unter der Herrschaft der Ministerien, deren wirklicher Lenker der König gewesen ist, irgend etwas Verfassungswidriges geschehen oder erstrebt worden sey; aber es ist auch nicht die That, welcher man begegnen will, sondern das Princip, welches zur That führt. Rechnen Sie dazu noch, daß man dem König eine überwiegende Vorliebe für seine dynastischen Interessen zutraut, und geneigt ist, in allen Fällen, wo die Stimme Frankreichs nicht sofort und ohne Widerrede im Rathe der Mächte prävalirt, zu vermuthen und auszusprechen, daß die Ehre und der Ruhm der Nation der Erhaltung des guten Vernehmens mit den fremden Monarchen aus persönlicher Condescendenz zum Opfer gebracht worden sey, so wird die Meinung nicht mehr befremden, daß die Verwirklichung der mehrerwähnten politischen Maxime noch mehr im Interesse des Königthums als in irgend einem andern liege. Wenn daher gefragt wird, wie man hier die Befestigung des neuen Ministeriums betrachte, so könnte man wieder sagen: als eine Bürgschaft der Ordnung und des Friedens, denn dieses Ministerium selbst ist die Verkörperung jenes Princips. Aber die Sache hat einen Beigeschmack gewonnen, den sie vor Jahr und Tag nicht gehabt haben würde, und deßhalb ist auch die Freude über die Entwickelung der Sache sehr getrübt. Man glaubt wohl, daß das neue Ministerium sich mehr und mehr befestigen, und von längerer Dauer, als eines der abgetretenen seyn werde; man erwartet davon einen festen Gang in der orientalischen Politik, und was uns weit mehr interessirt, eine regere Thätigkeit für die innere Entwickelung des großen Reichs durch Beförderung der großen Verkehrsmittel, Eisenbahnen und Canalbauten. Aber man besorgt auch, daß das Ministerium nicht unabhängig in seinen Richtungen sey, und daß, wie es genöthigt worden, sich mit der Linken zu verbinden, um Consistenz zu gewinnen, und den Freunden des Hofs und den Anhängern der gefallenen Notabilitäten zu widerstehen, so es auch Verbindlichkeiten, wenigstens moralische, eingegangen seyn möge, die Zwecke jener Fraction zu fördern. Auch die Unterstützung, welche der Führer der Legitimisten dem neuen Cabinet gewährt hat, zeigt, daß man es auf der Bahn der Fortschritte glaubt, und gerne darauf beflügeln möchte; darin halten die Tendenzen der Legitimisten und der Ultraliberalen gleichen Schritt: die einen treiben an, weil sie wirklich republicanische Institutionen, je nach der Entschiedenheit ihrer politischen Grundsätze, mit oder ohne Thron, begehren, die andern, weil sie der Meinung sind, daß nach Durchlaufen der verschiedenen Phasen Frankreich endlich doch wieder zur ältern Linie der Bourbons zurückgelangen werde, und daß diesem Ziele nicht rascher und sicherer zuzueilen sey, als indem man die unvermeidlichen Metamorphosen in den öffentlichen Zuständen beschleunige. Für die Bewohner der Gränzlande haben solche Betrachtungen etwas Besorgnißerweckendes. Wir haben noch nicht vergessen, daß Hr. Thiers den Traum von den natürlichen Gränzen mit eben so viel Liebe pflegt, wie alle andern Franzosen: es ist der Gedanke, mit dem man in Frankreich aufsteht, und sich niederlegt, der Gedanke, in dem sich alle Parteien verstehen, für den man Afrika aufgibt, und Rußland oder England die Entscheidung der orientalischen Frage ohne Bedenken abandonnirt. Ein Mann von dem Ehrgeize, dem Talente und der Entschiedenheit wie Hr. Thiers, ein Mann, der so große Erwartungen zu rechtfertigen0856 hat, der auf alle Sympathien rechnen kann, und der die Aequivalente in der Hand hält wie stark müßte er nicht seyn, um solcher Versuchung zu widerstehen, und wie leicht kann er in die Lage kommen, die Nationalleidenschaften befriedigen zu müssen, um Frankreich vor einer Revolution zu retten. Wenn man aber nicht gerade an das Aeußerste denken will, wozu es doch wahrlich nicht an Anlaß fehlt, und wobei man unwillkürlich wieder an die leider noch gar nicht beseitigten religiösen und politischen Spaltungen im Innern erinnert wird, so läßt sich doch nicht übersehen, daß ein Ministerium Thiers, wenn es im Jahre 1839 aus dem freien Willen der Krone hervorgegangen wäre, viel geeigneter erscheinen mußte, die Handelsbeziehungen mit unserm Staate und seinen Verbündeten auf eine den Grundsätzen einer liberalen Handelspolitik entsprechende Weise zu reguliren, als ein Ministerium Thiers, welches sich erst bilden konnte, als es der Krone unvermeidlich war, und welches seine Stütze nirgends anders als in der Deputirtenkammer finden kann. In dieser aber so gut wie im brittischen Parlamente herrscht die Aristokratie des Grundeigenthums, und wie die letztere nicht zu vermögen ist, ihren Vortheil dem Besten der Gesammtheit der Consumenten, ja deren dringendstem Bedürfniß, auch nur theilweise zum Opfer zu bringen, eben so wenig sind die Grundbesitzer in Frankreich dazu geneigt. Ein Ministerium, welches die Rückkehr zu einem billigen Handelssystem, die Abschaffung der unsinnigen Isolirungsmaaßregeln, der den Verboten gleich zu achtenden Zölle auf rohe Stoffe, Schlachtvieh etc. in den Kammern in Antrag brächte, riskirte den Verlust der Majorität für alle Fälle. Niemand kann sich einer solchen Gefahr weniger aussetzen, als die gegenwärtige Administration. Die Länder am Rheinstrom sind dabei gerade nicht unglücklich: unser Markt ist groß genug, um die Hindernisse, welche Frankreich dem freien Verkehr entgegenstellt, zur Noth ertragen zu können. Am schlimmsten daran ist der Oberrhein. Ein System, wie es Rußland gegen die östlichen Provinzen der preußischen Monarchie übt, dessen Endziel kein anderes ist, als den Bewohnern derselben die Verzweiflungswahl zu lassen, entweder zu verhungern, oder sich dem Dränger in die Arme zu werfen, kann Frankreich, auch wenn es wollte, nicht durchführen; aber schon die kleinen Vexationen zerstören alle Sympathien. Wohin die consequenten Handelssperren führen, darüber gibt die preußische Geschichte Aufschluß. Nach der ersten polnischen Theilung blieb Danzig in seinem Verhältniß zur Republik, also gewissermaßen selbstständig; Friedrich der Große verfuhr ungefähr eben so gegen Danzig, wie Rußland jetzt gegen die preußischen Gränzprovinzen. Es gelang ihm durch Anlegung des Weichselzolls in Fordan, durch Anlegung des Seezolls in Neufahrwasser unmittelbar an der Ausmündung der Weichsel in die Ostsee, und durch eine Masse von Plackereien und Quälereien, endlich durch förmliche Blokade den Danziger Handel um mehr als ein Drittel herabzubringen, und die Vortheile desselben andern Städten und Gegenden zuzuwenden; aber so wenig wurde dadurch der Wunsch einer Vereinigung mit Preußen in den Bewohnern der Seestadt rege, daß, als nach der zweiten polnischen Theilung (1793) Danzig in Besitz genommen werden sollte, dieß nur nach Dämpfung eines förmlichen Aufstandes gelang. Rußland kann einmal gleiche Erfahrungen machen, und Frankreich verscherzt durch seine falsche Handelspolitik den letzten Rest von Anhänglichkeit, der aus der kaiserlichen Zeit in den deutschen Departementen verblieben war, so wie alle nachbarlichen Gesinnungen in den übrigen Ländern des Rheinstromgebiets.

Schweden.

Das neue Ministerium hat hier sehr großes Aufsehen gemacht. Die Hauptperson ist Graf Posse, denn der Wahl der andern Personen kann man kaum eine politische Bedeutung beilegen. Frhr. Cederström, der neue Kriegsminister, ist ein alter ehrenhafter Soldat, über den man nur die Bemerkung macht, daß er seit zwanzig Jahren nicht mehr im Dienst sey; die Leute, die in neuerer Zeit gedient haben, scheinen politisch verbraucht, und wie man zum Justizminister ursprünglich den alten Trolle-Wachtmeister wollte, weil er aus allem Verband mit den neuern politischen Verhältnissen stand, so wählte man jetzt den alten Cederström, dessen Persönlichkeit Achtung einflößt; Fahräus gilt für einen guten Geschäftsmann, und Arvid Faxe steht durch seinen achtungswerthen Privatcharakter und seine gründlichen juridischen Kenntnisse in Ansehen. Politisch wichtig ist, wie gesagt, nur die Wahl des Grafen Posse, der mit Graf Horn, Baron Schulzenheim und einigen andern eine Mittelpartei im Ritterhaus gebildet, jedoch mehr auf die Oppositionsseite sich geneigt hatte. Die bisherigen ministeriellen Blätter sind deßhalb nicht mit der Wahl zufrieden, und meinen, es würden durch dieß Ministerium mehr und mehr anscheinend unschuldige Reformen eingeführt werden, die doch im Grunde ganz radical seyen, die den König allmählich aller Macht entkleiden würden. Die Opposition dagegen meint, dieß Ministerium sey nicht der Anfang eines neuen Systems, sondern der Schluß des alten. Auch findet man die Ernennung des Grafen Posse in einer persönlichen Beziehung sehr verfehlt: er ist jetzt Justizminister, und ist selbst noch vor den Gerichten des Lands einer Sache wegen angeklagt, von deren Ausgang ein großer Theil seiner ökonomischen Existenz abhängt; wird er frei gesprochen, so wird es an Leuten nicht fehlen, welche behaupten, er verdanke seine Freisprechung nur seiner hohen Stellung; wird er aber verurtheilt, so ist dieß ein Skandal, das man besser vermieden hätte.

0849

Noch ein Bruchstück zur Charakterisirung Mehemed Ali's.

〈…〉〈…〉

.... Der nächste Tag war glänzender als die vorhergehenden und doch nicht weniger genußreich für mich. Se. Hoheit hatte mich einladen lassen den Uebungen der Eleven der Cavallerieschule zu Dschiseh, die unter der Leitung des so hoch um Aegypten verdienten Obristen Warin, ehemaligen ersten Adjutanten des Marschalls St. Cyr, steht, beizuwohnen, und Baki Bey's Gondel holte mich um 7 Uhr dahin ab. Als ich in Dschiseh ankam, fand ich schon sämmtliche Consuln, einen ansehnlichen Theil der beau monde Kairo's, und eine große Menge geringerer Zuschauer daselbst versammelt. Obrist Warin führte mich in ein oberes Zimmer seines Hauses, wo ich mich nebst einigen Fremden auch die liebenswürdige Familie Hrn. Bonforts, deren Gesellschaft ich täglich vor allen andern aufsuche, antraf. Hrn. Bonforts Schwester, Madame Chianti, wird in den europäischen Cirkeln Kairo's nur die schöne Wittwe 〈…〉〈…〉genannt, und ihre jüngere Schwester rivalisirt mit ihr in blühender Frische. Doch auffallender ist Hrn. Bonforts Cousine Mademoiselle Maritza; dieß ist ein mehr als gewöhnlich reizendes Geschöpf, das in Heiterkeit wie Schmerz den unverkennbaren Stempel eines innigen Gemüths trägt. Es ist aber noch etwas mehr an ihr bemerkbar, das in Worten auszudrücken schwer ist ich möchte es eine tragische Glorie nennen, die solche Personen wie ein magnetischer, transparenter Schleier umhüllt, und ihrem Andenken dadurch etwas Unvergeßliches beimischt. Die Eigenschaft ist selten, und von allen Frauen, die ich bisher gesehen, war dieser eigenthümliche Zauber bei keiner stärker ausgedrückt, als bei der nie wieder erreichten, größten aller Schauspielerinnen, Miß Oneil. Es ist daher sehr wahr, daß eben für eine dramatische Laufbahn keine Eigenschaft vortheilhafter, des Erfolges sicherer seyn kann, und oft wenn ich die reizende Maritza mit der Stimme einer Pasta, und aller Anlage bei guter Schule und geschickter Leitung einst eine gleich große Künstlerin zu werden, singen hörte, ihre tadellose Gestalt, und ihr schönes tiefbedeutendes Gesicht betrachtete, konnte ich mich kaum des Bedauerns erwehren, daß, ihrem eigenen Wunsche entgegen, durch die alltäglichen gesellschaftlichen Vorurtheile ein so seltner Verein von Eigenschaften seiner zweckmäßigsten Bestimmung, zum Verluste Tausender, entzogen werden sollte. Ich dachte an die St. Simonisten und ihre Träume, von denen es zum Theil Schade ist, daß sie so ganz unrealisirbar sind.

Doch alle diese Gedanken wurden jetzt durch die Ankunft Mehemed Ali's unterbrochen, der mit betäubendem Jubelruf und militärischer Musik empfangen, von Muktar Bey und dem neuen Kriegsminister unterstützt, rasch das steile Ufer hinanstieg, sich dann auf ein bereit gehaltenes, dießmal reich geschmücktes Pferd schwang, und sogleich dem Exercierplatz und der dort für ihn bereiteten Tribune zueilte. Man ertheilte mir die Weisung ihm dahin zu folgen. Wie immer auf das freundlichste empfangen, lud er mich ein auf einem Fauteuil rechter Hand des seinigen Platz zu nehmen, um die beginnenden Manöver mit anzusehen. Zur linken des Vicekönigs saß auf einem Rohrstuhl (denn die Orientalen sind wahre Spanier für die Etikette, obgleich sie sie nicht immer nach unsern Convenienzen anwenden) Hr. Lesseps, sonst war kein Fremder zugelassen worden, aber der ganze Hof des Vicekönigs stand um uns her, so daß nur nach vorn der Blick frei blieb. Hr. Lesseps, dessen Anmuth und allgemeiner Beliebtheit ich schon früher erwähnt, wird fast wie ein Sohn von Mehemed Ali betrachtet, da des jungen Consuls Vater durch alle Perioden hindurch, gute und böse, sein treuer Freund blieb, und als Mehemed Ali noch in kleinen Verhältnissen seine Laufbahn erst begann, oft sein weiser Rathgeber, und nicht selten sein Beschützer war. Dazu hatte aber damals, wie noch jetzt, ein europäischer Generalconsul im Orient durch eine wirklich merkwürdige, freiwillige Unterwerfung der dasigen Fürsten unter europäische Civilisation und deren intellectuelles Uebergewicht wie es sich ihnen hauptsächlich im mercantilischen Interesse offenbart viel mehr Gelegenheit und Macht als selbst ein Ambassadeur an den Höfen Europa's. Es ist daher auch etwas Dünkelhaftigkeit, welche man im Allgemeinen diesen Herren, und vielleicht nicht ganz mit Unrecht, vorwirft, ihnen, die in Europa so unbedeutend und hier so wichtig sind, nicht allzu sehr zu verdenken. Der Fehler liegt nicht in den Consuln, sondern in der menschlichen Natur, die sich immer nach den Umständen gestaltet. Um so erfreulicher ist es jedoch, wenn man an einem jungen Mann, der mit seiner Consularwürde ausgezeichnete persönliche Eigenschaften verbindet, und dazu der erklärtesten Gunst des Landesoberhauptes genießt, dennoch nie eine Spur von Arroganz gewahr wird, sondern immer nur den lebhaftesten Wunsch jedem zu gefallen, Viele zu verbinden, und mit seinem Tact das sich Widerstrebendste, dessen es so viel hier gibt, zu einigen und zu versöhnen, wo sich nur die Gelegenheit dazu darbietet. Dieß ist die Rolle, welche Hr. Lesseps hier spielt, und nicht weniger mußte ich der Art seines Benehmens bei dem väterlichen Entgegenkommen des Vicekönigs Gerechtigkeit widerfahren lassen denn es ist ein angenehmes Schauspiel, wenn man das richtige Gleichgewicht zwischen eigener Würde, Pflicht und individueller Dankbarkeit so vollständig gut festgehalten sieht. Auch bin ich fest überzeugt, daß, obgleich Hr. Lesseps zu jedem höhern diplomatischen Posten sich eignen würde, doch, so lange Mehemed Ali lebt, kein französischer Generalconsul seinem Vaterlande je so nützlich in Aegypten werden kann, wie er es dort seyn würde. Man hat mir eine Anekdote erzählt, die nicht nur die gewandte Freimüthigkeit dieses jungen Mannes auf das treffendste charakterisirt, sondern durch die hohe Person, welche sie betrifft, auch ein allgemeineres Interesse hat. Als Hr. Lesseps im vorigen Jahr in Paris war, frug ihn der König, der zu scharfsichtig ist, um nicht eine große Meinung von Mehemed Ali zu hegen, vertraulich: Was aber ist eigentlich an Ibrahim? Ew. Majestät, erwiederte Lesseps, ich wage es nicht mir ein bestimmtes Urtheil über ihn anzumaßen, da ich ihn zu wenig kenne, aber so viel ist gewiß, daß Niemand besser als Ibrahim sein Privatvermögen zu verwalten weiß, und die Erfahrung lehrt uns, daß Männer, welche dieß gut verstehen, auch als Verwalter der Staaten groß zu werden vermögen. Ich sehe im Geist das kluge und gewinnende Lächeln, mit dem der König der Franzosen diese Antwort aufgenommen haben muß, die ein ganzes Berliner Examen in der Diplomatie aufwiegt, und selbst von einem Russen beneidet werden könnte. Da ich aber einmal auf Anekdoten gekommen bin, so will ich noch eine von Mehemed Ali selbst hinzufügen, die gewiß zu den originellsten gehört, und die ungemeine Natürlichkeit, ja ich möchte wohl mit Recht sagen, die antike Unschuldseinfalt des großen Mannes in das hellste Licht stellt. Als er einst mit Hrn. Lesseps von den Diensten sprach, die0850 ihm dessen Vater geleistet, ein Thema, dessen er dankbar oft und gern gedenkt, fuhr er lachend fort: Einmal ward ich in seinem Haus in keine geringe Verlegenheit gesetzt. Ich und einige andere Türken, rohe Gäste, unwissende und zügellose Menschen, wie wir damals alle waren, hatten bei ihm zu Mittag gespeist, als man nach Tisch gewahr ward, daß einige silberne Bestecke fehlten. Nie habe ich mich in solcher Beklemmung gefühlt und emsiger einen Dieb zu entdecken gesucht, denn der Gedanke peinigte mich unaufhörlich, daß mein Freund glauben könnte, ich selbst habe die fehlenden Bestecke gestohlen. Glücklicherweise ward der wirkliche Entwender kurz nachher aufgefunden, was mir einen großen Stein vom Herzen nahm. Ich enthalte mich jedes weitern Commentars zu diesen Worten, bedaure aber die Philisterhaftigkeit desjenigen, der, wenn er bedenkt, aus wessen Munde sie kommen, die sich selbst verläugnende Naivetät derselben nicht fühlt.

Die Manöver fesselten von nun an unsere ganze Aufmerksamkeit, und ich werde sie hinlänglich charakterisiren, wenn ich sage, daß sowohl in Betreff des äußern militärischen Anstandes und der Eleganz der Uniformen (grüne Dollmans mit gelben Schnüren und scharlachrothe weite Pantalons), als in der Präcision der verschiedenen Evolutionen die ausgeführt wurden, diese vier Escadrons der Cavallerieschule von einem europäischen Regiment durchaus nicht zu unterscheiden waren, mit der einzigen Ausnahme, daß sie weit schönere, bessere und gewandtere Pferde ritten, was sich besonders bei der Attake durch die blitzartige Rapidität und den wie versteinerten Halt derselben auf glänzende Weise darthat. Der Vicekönig sagte mir bei dieser Gelegenheit, er besitze jetzt eine Cavalleriebrigade in Syrien, die durchgängig mit Nedschdi beritten sey, wofür er weder Mühe noch Kosten gescheut, von diesen Regimentern aber nun auch das Doppelte dessen erwarte, was jedes andere zu leisten fähig sey. Auch ich, rief er, mit einem ihm wohl anstehenden Enthusiasmus aus, war einst ein firmer Cavallerist und nicht der schlechteste Reiter. Jetzt, seit wir das europäische Exercitium angenommen haben, kommt freilich mehr das Ensemble in Betracht, dennoch bleibt auch heute noch ein gutes und wohl dressirtes Pferd das nothwendigste Ingrediens zum guten Cavalleristen. Ew. Hoheit, fiel Hr. Lesseps ein, sind in Wahrheit nur noch ein zu guter Reiter, denn vor kurzem sahen wir Sie auf dem glatten Boden der Citadelle so wild umher caracolliren, daß uns Allen bange dabei wurde. Mehemed Ali strich sich lachend den Bart, erwiederte aber: nein, nein, das ist Kinderei, jetzt bin ich alt und überlasse diese Künste Jüngeren, wie du bist. Er erzählte nun von den mancherlei tours de force der Mameluken und meinte, man möge sagen, was man wolle, eine solche Cavallerie als die ihrige gebe es nicht mehr, und es wäre falsch, wenn die Franzosen sich rühmten, daß die ihrige, in gleicher Anzahl und ohne Hülfe der Infanterie, es je mit der der Mameluken habe aufnehmen können, eine Behauptung, die ich übrigens auch schon früher von einigen französischen Officieren aus jener Zeit aufstellen hörte. So etwas von neuem zu schaffen ist aber nicht möglich, fuhr der Vicekönig fort, Alles hat seine Epoche, und ist diese vorüber, macht sich etwas Anderes Platz. Das Todte kann man nicht wieder ins Leben rufen. Du lieber Gott, dachte ich, wollte doch diese praktische Lehre des Muselmanns mancher unserer christlichen Machthaber beherzigen!

Wir wurden hier von einem sonderbaren Zufall unterbrochen. Die Hitze war so drückend, daß einer der Diener aus dem Gefolge Mehemed Ali's einen Anfall des bösen Wesens bekam, und plötzlich die furchtbarsten Töne, wie sie dergleichen Leidende oft auszustoßen pflegen, dicht hinter uns wahrhaft grauenerregend erschallten. Mehemed Ali schien gar nicht darauf zu achten, obgleich man viele Mühe hatte, den Brüllenden fortzuschaffen, sondern setzte die Unterhaltung so ungestört fort, als habe er nichts gehört. Sobald jedoch Alles beseitigt war, bemerkte ich, daß er zweimal sich nach dem Befinden des Kranken erkundigte und Befehle gab, für ihn zu sorgen. Diese mildthätige Berücksichtigung, wie seine vorhergehende Ruhe, die unsern europäischen Sitten gar nicht eigen ist, gefielen mir.

(Fortsetzung folgt.)

Wiener Briefe.

(Beschluß.)

Auch unter den industriellen Tendenzen unserer Zeit wird oft das am wenigsten bemerkt, was bei näherer Untersuchung die meiste Beachtung verdient. Es ist unläugbar, daß auf dem Continent der österreichische Staat in Anlegung von Eisenbahnen nach allen Richtungen hin jedem andern den Rang abläuft. Die Ferdinand-Nordbahn, die Mailand-Venezianische, die Monzaer, die Raaber und eine ungarische auf dem linken Ufer (vor der Hand in Ovo) fahren schon zum Theil, oder lassen doch wenigstens ihren Dampf rauchen, d. h. setzen ihre Actien in Umlauf, und alle diese Actien steigen, daß es eine Freude ist. Unter diesen Umständen ist es billig, daß die erste, älteste und längste Eisenbahn des Continents, die zwar freilich nicht mit Dampf, sondern bescheiden mit Pferden getrieben wird, dabei nicht unerwähnt bleibe. Diese mit einer Gesammtauslage von 2,374,000 Gulden erbaute Bahn befährt eine nicht weniger als 26 deutsche Meilen betragende Strecke, von Budweiß bis Gmunden, seit 1836 ruhig fort, ohne daß irgend große Notiz davon genommen wird, und verführte 1839 im Ganzen 940,145 Centner Salz, 389,025 Centner sonstige Güter, 5007 Klafter Holz und 114,192 Personen. Trotz bedeutenden Schwierigkeiten der Anlage, trotz manchen technischen Mißgriffen eines ersten Versuchs, der übrigens zum zweckmäßigeren Betriebe des Baues späterer Eisenbahnen nicht wenig beitrug, trotz großen, dadurch veranlaßten, unnützen Ausgaben kam das Unternehmen dennoch zu Stande und stellt sich jedes Jahr günstiger für die Actionnärs. Die Schnelligkeit der Fahrt bemißt sich zu 1 1 / 4 Stunde für zwei deutsche Meilen. Dabei eine außerordentliche Wohlfeilheit des Preises: ein Platz in einem Wagen erster Classe kostet 7 1 / 2 und in denen zweiter Classe 5 Kreuzer per Meile. Ein Pferd zieht auf ebenem Wege, mit Inbegriff des Gewichts der Wagen, 122 Centner. Der Verkehr mit böhmischen Steinkohlen, welche die Eisenbahn mit 2 / 3 Kreuzer per Centner und Meile verführt, dürfte auf diesem Wege bald eine sehr bedeutende Ausdehnung gewinnen.

Wenden wir uns den Erscheinungen in der Kunstwelt zu, so haben diese seit unserem letzten Bericht nicht minderes Interesse geboten. Wir sollten billig der letzten lithographirten Porträts Kriehubers und mancher Landschaften und Genrebilder anderer Maler erwähnen, können aber aus Mangel an Raum in keine besondern Details eingehen, und müssen ihn für eine Leistung von höchster Bedeutsamkeit in Anspruch nehmen wir meinen das große Bild Ludwig Schnorrs im Resectorium der Mechitaristen: Christus, der das Brod und die Fische vertheilt, eine Arbeit, des tüchtigen Meisters würdig. Die Hauptfigur des Heilands in der Mitte des Bildes ist voll Adel und Würde, und die Anordnung der verschiedenen Gruppen, die den Raum bis in den fernsten Hintergrund ausfüllen, trefflich. Die Massen sind klar getrennt, nichts dunkel oder verworren, und das klare Tageslicht, das sich über das ganze Bild ergießt, läßt0851 auch die entferntesten Figuren vollkommen deutlich erscheinen. Ueberhaupt ist die Farbe der Gewänder sowohl, als die der Carnation sehr zu loben; auch die Behandlung des ganzen Bildes breiter und freier, als wir sie in den letzten Werken Schnorrs zu sehen gewohnt waren. Der Meister hat sich hier ein würdiges Denkmal gesetzt.

In der musikalischen Welt drängen sich die Erscheinungen diesen Winter so, daß ein armer Berichterstatter sich vergebens um ein neues Beiwort umsieht, die gleiche Vortrefflichkeit auszudrücken. Auf Liszt, Berriot, Madame Pleyel folgt jetzt Ernst, wenn nicht der erste aller lebenden Violinspieler, doch zuverlässig der zweite! Ein Talent der seltensten Art, dessen Leistungen nichts zu wünschen übrig lassen, gleich groß in allen Richtungen. Ein Adagio, wie es nicht seelenvoller gedacht werden kann; andrerseits einen so genialen Humor, mit so stupender Fertigkeit verbunden, daß man von staunendem Entzücken bei jeder Passage ergriffen wird. Die Oper hat nichts Neues gebracht. Im Burgtheater lag der nicht genug zu lobende Fichtner einer der seltensten Edelsteine der deutschen Bühne, einer der Wenigen, der noch Charaktere gibt und nicht hohle Declamation, der immer wahr, immer natürlich ist, und vielseitig wie Wenige; der unzählige Rollen wahrhaft erschaffen hat, ein wahrer Zwillingsbruder Bouffé's, mit dessen Spiel das seine eine verwunderliche Aehnlichkeit hat schon von allen Aerzten aufgegeben, seit längerer Zeit darnieder. Zur Freude der ganzen Stadt, die den größten persönlichen Antheil an ihm nahm, wurde er so weit hergestellt, daß er wieder spielen konnte. Sein Auftreten war ein wahres Fest, und der enthusiastischste Empfang bewillkommte ihn. Leider aber spielte er nur dieß Einemal und liegt neuerdings wieder, gleich gefährlich, krank. Sein Verlust als Künstler wäre für das Hoftheater, als Mensch für seine Freunde nicht zu er setzen

Das Theater hat seit meinem letzten Bericht zwei Neuigkeiten gebracht: Die Wette, ein Lustspiel, von dem ich nichts zu sagen weiß, weil ich es nicht sah, und: Leichtsinn und seine Folgen, d. h. auf Deutsch: Mlle. Belle Isle von Alex. Dumas, das, trotz der erlittenen Umwandlung, seine höchst dramatische Anlage bewährte und großen Beifall erhielt. Das deutsche Repertoire reicht nicht hin, um eine Bühne, die täglich spielt, mit hinlänglichen Neuigkeiten zu versehen, und das französische muß daher aushelfen; das Alles wissen wir recht gut; wenn man aber französische Stücke auf die deutsche Bühne bringen will, muß man sie geben, wie sie sind oder gar nicht. Das Original des gegenwärtigen Stückes ist bekanntermaßen von chokanter Liederlichkeit des Inhalts, aber von unverwüstlicher Wirkung. Durch die Bearbeitung ist das Anstößige für den ersten Eindruck allerdings verwischt, aber auch alle Motive, und das Chokante das in der Bearbeitung wegfiel, muß sonach die Imagination ersetzen, wenn Verstand in die Handlung gebracht werden soll. Daher ist gar nichts gewonnen, wenn man auch die etwas tief liegende Moral der Fabel auf den Titel setzt, und man das Stück statt Mlle. Belle Isle der Leichtsinn und seine Folgen nennt. Man kann nicht genug darauf hinweisen, daß die Sittlichkeit oder Unsittlichkeit eines Stücks nicht im Ausdruck, sondern in der Grundlage zu suchen sey, und daß ein freier, ja selbst ein derber, aber offen liegender Scherz höchstens den Geschmack, nicht aber die Moralität verletzt, während ein Stück, in dem das Laster der alleinige Hebel ist, durch keine Bearbeitung gut gemacht werden kann. Nicht die kecken, oft ungezogenen, französischen Lustspiele der Vaudeville-Theater sind in der Regel giftig, wohl aber der größte Theil der sentimentalen Dramen des Théâtre français, und sonderbar genug, die zarten Seelen in unsern Theatern schreien gewöhnlich Zeter über die Immoralität eines Wortes, während sie unangefochten die Immoralität der Sache in Masse vertragen. Ist das Heuchelei oder Unverstand, oder beides?

Deutschland.

(Fortsetzung der Verhandlungen über den Rechenschaftsbericht.) Dr. Harleß hielt eine Anerkennung der Rechnungen mit Verwahrung der Rechte allein für passend; sie enthalte, wie er sich ausdrückte, jedenfalls eine Reservation der Rechte. Der §. 4 des Tit. VII der Verfassungsurkunde habe alles zusammengedrängt, was in dieser Rücksicht über die ständischen Rechte bestimmt sey. Es sey in diesem §. bemerkt: Den Ständen wird daher nach ihrer Eröffnung die genaue Uebersicht des Staatsbedürfnisses, so wie der gesammten Staatseinnahmen (Budget) vorgelegt werden, welche dieselbe durch einen Ausschuß prüfen und sodann über die zu erhebenden Steuern in Berathung treten. Es handle sich also um das Recht der Prüfung mit allen seinen Consequenzen; dieses wollen wir uns erhalten. Wann trete nun die Zeit ein, energisch zu handeln? Hierüber scheine ebenfalls die zweite Hälfte des angeführten Passus das Nöthige auszusprechen: dann nämlich, wenn die Stände in Berathung treten über die zu erhebenden Steuern. Das Jahr 1843 sey der Zeitpunkt, eine praktische Folge jener Verwahrung zu geben, die jetzt eingeleitet werden wolle.

Hr. Bestelmeyer entgegnete: was könne die Vorlage der Rechnungen nützen und die Prüfung derselben, wenn vorausgesetzt werde, daß die Stände weder ein Recht zur Anerkennung noch zur Nichtanerkennung haben. Setze man dieß voraus, so helfe auch keine Verwahrung.

Gegen Frhrn. v. Thon-Dittmer erhob sich Dr. Albrecht, indem er äußerte, daß man ihm die Bestimmung des §. 2 Tit. III der Verfassungsurkunde entgegengehalten habe, nach welcher bloß ausgeschieden sey, was als Staatsgut und was als Privatgut des Monarchen zu gelten habe. Allerdings; allein sey es um dieser Bestimmung des §. 2 willen weniger wahr, daß die §§. 5, 6 und 7 desselben Titels dem Regenten ein gewisses freies Dispositionsrecht über die im §. 2 aufgeführten Staatsgüterarten einräumen, und daß der §. 7 sich auch auf den Nr. 8 jenes 2ten §, welcher von Geldvorräthen handle, erstrecke? Sodann sey bemerkt worden, der §. 7 spreche nicht von Verwendungen und Veräußerungen, sondern bloß von Veränderungen und Verbesserungen, deren aber mit dem Geld keine möglich sey. Sey es aber keine Verbesserung des Geldwerthes, wenn um das Geld z. B. unter günstigen Zeitumständen andere, namentlich reelle Güter vortheilhaft angekauft werden? Weiter habe man bemerkt, der §. 2 spreche nicht bloß von beweglichen, sondern auch unbeweglichen Gütern; allein eben der §. 7 sey nicht von letzterer Species, sondern nur von den beweglichen allein zu verstehen. Man habe sich weiter darauf berufen, in der Einleitung zur Verfassungsurkunde heiße es: Eine Standschaft etc. mit den Rechten des Beiraths, der Willigung, der Wünsche etc. , dann im Tit. III §. 1: der ganze Umfang des Königreichs Bayern bildet eine einzige untheilbare unveräußerliche Gesammtmasse aus sämmtlichen Bestandtheilen an Landen, Leuten, Herrschaften, Gütern, Regalien und Renten mit allem Zubehör ; und man habe seinem dießfallsigen Argument vorgeworfen, daß es zu viel, also nichts beweise. Allein wenn auch die Einleitung der Verfassungsurkunde des ständischen Rechts der Willigung im Allgemeinen gedenke, stehe nicht auch der §. 4 Tit. VII in derselben Verfassungsurkunde, der diesen allgemeinen Satz rücksichtlich des Steuerwesens ausdrücklich wieder beschränke? und wenn Tit. III §. 1 ganz Bayern mit allen seinen Bestandtheilen auch Renten in der Regel als eine unveräußerliche Masse erkläre, stehen nicht hinterher in demselben Tit. §. 5-7 die beschränkenden Ausnahmen dieser Regel? Sollte etwa nur die eine Bestimmung der Verfassungsurkunde gelten, die andere aber nicht? Fest halte er sich auf dem Standpunkte des positiven Rechts, und wie sehr dieses Recht auch selbst gegen bessere Wünsche verstoßen möge, niemals werde er sich von jenem festen Boden entfernen.

Graf v. Butler vertheidigte gegen die von Dr. Schwindl geäußerten Ansichten die Anträge des zweiten Ausschusses, dem er als Mitglied angehört.

0852

Hofrath Dr. Bayer legte über die Principienfrage seine Ansicht im Wesentlichen in Folgendem dar: man habe die Aufforderung vernommen, man dürfe ein Standschaftsrecht nicht aufgeben; allein er frage: haben die Stände auch gewiß und unbezweifelt das fragliche Recht? Bis jetzt habe er keinen festen Untergrund zur Bejahung der Frage finden können. Der Eingang der Verfassungsurkunde, worauf man sich berufen habe, spreche bloß von den Rechten überhaupt, nicht aber von den Fällen, in welchen jedes einzelne Recht zur Anwendung kommen soll. Auch durch die eben so allgemeine, nur zu allgemeine Bestimmung des §. 1 des IIIten Tit. über die Unveräußerlichkeit des Staatsguts sey nichts bewiesen. Lediglich der §. 4 des VIIten Tit. habe in ihm Bedenken erregt, welcher in seinem Schlusse dahin gehe, daß die Stände das vorgelegte Budget durch den Ausschuß prüfen, und sodann über die zu erhebenden Steuern in Berathung treten. Daraus habe man folgende Consequenzen gezogen: das Budget werde den Ständen vorgelegt, diese lassen es durch den Ausschuß prüfen; sie haben also das Prüfungsrecht. Die Stände haben über die zu erhebenden Steuern zu berathen, also stehe ihnen auch das Recht der Beschlußfassung zu. Mit diesen Sätzen könne er sich allerdings einverstanden erklären. Allein man gehe noch weiter, und behaupte, man müsse über die einzelnen Positionen berathen, ob sie annehmbar seyen oder nicht, zu hoch oder zu nieder. Allerdings! Nicht so stehe es aber mit der Beschlußfassung. Erst wenn alle Positionen durchberathen seyen, entstehe die Gesammtfrage: können und müssen die Stände die postulirten Steuern nach dem Resultat der erfolgten Berathung bewilligen oder nicht? Gesetzt, es finde sich,. daß im Ansatz eine Ausgabe zu viel, oder eine Ausgabe nicht zweckmäßig sey, und zwar in solchem Maaße, daß man z. B. etwa um ein Simplum weniger zu votiren veranlaßt sey. Sey das alsdann nicht auch ein praktisches Resultat, wenn die Kammer ein Simplum weniger votire? Die einzelnen Positionen eignen sich daher in die Reihe der Entscheidungsgründe. Werden aber Entscheidungsgründe rechtskräftig? Nein! Nur das Urtheil, und das Urtheil sey das Steuervotum. Hienach brauche nicht deducirt zu werden, wohin es führen würde, wenn man entgegengesetzter Ansicht huldigte. Nur ein Beispiel sey hier angeführt. Die Regierung habe für den Staatsrath 72,000 fl. postulirt; man habe nun gesagt, wenn die Stände diese Summe mindern, binde diese verminderte Summe die Regierung, weil hierin eine Convention im Minus liege. Man habe nun im Jahr 1837 um 1000 fl. für den Staatsrath weniger bewilligt; allein man hätte statt 72,000 fl. auch bloß 1000 fl. bewilligen können. Hieße das nicht den Staatsrath auflösen? Wer würde also bei consequenter Durchführung dieser Theorie regieren? Möge man daher sich nicht ein Recht bewahren wollen, welches nicht existire! Eine Verwahrung sey hier am unrechten Orte. Dergleichen Verwahrungen seyen eine traurige Kruste, unter welcher im trüben Schlamme die Schlange des Mißtrauens fortschleiche, welche die bessern Wurzeln, aus denen der Keim des Zutrauens entsprossen könnte, am Ende noch ganz abfresse. Würde es nicht mehr nützen, wenn die Stände Wünsche an Se. Maj. den König bringen, um über Punkte, worüber zweifelhafte Ansichten bestehen, beruhigende Aeußerungen an sie gelangen zu lassen würde es nicht mehr nützen, als die Formalitäten der hohlen Verwahrungen, welche nur Mißtrauen erzeugen, und, wo dieses bestehe, es noch steigern?

Nun recapitulirte der Berichterstatter Frhr. v. Rotenhan die Discussion, auf den Anträgen beharrend.

Hierauf trat der k. Minister des Innern, Hr. v. Abel, auf, und sprach im Wesentlichen: Meine Herren! die Frage, deren Lösung Sie beschäftigt, sie kann nur auf dem Boden des Rechts eine Lösung finden. Es handelt sich hier um klare Entwicklung der verfassungsmäßigen Grundsätze, und diese Entwicklung wird uns zu verschiedenen Fragen führen, vor allem zu der Untersuchung, was verfassungsmäßig zu Recht besteht. Was dem Recht angemessen ist, das wollen wir Alle. Meine Herren! wir Alle wollen das Recht, und eben weil es eine Rechtsfrage ist, um die es sich handelt, so kann sie keine Schleichpflanze seyn, die an der starken Eiche nagt. Jede Rechtsfrage hat seinen Richter, und hat der Richter gesprochen, so ist die Rechtsfrage gelöst, und eben weil wir auf dem Boden des Rechts stehen, schrecken mich alle Andeutungen nicht, mit denen etwa durch den nächsten Landtag gedroht werden will. Die Principienfrage ist nicht durch die Regierung hervorgerufen worden. Niemand mehr als die Regierung hat zu beklagen, daß der Landtag vom Jahr 1837 ein so unseliges Legat zurückgelassen hat. Wir stehen nun vor dieser Frage, und ich trete nicht zurück vor Darlegung der Gründe, auf denen der Landtagsabschied vom Jahr 1837 beruht. Um zu einer klaren staatsrechtlich begründeten Beantwortung dieser Frage zu gelangen, glaube ich, müssen wir zuerst einverstanden seyn über die nächsten Verhältnisse der königlichen und der ständischen Rechte. Der König vereinigt, das ist der klare Ausspruch des Tit. II der Verfassungsurkunde, alle Rechte der Staatsgewalt in sich; er theilt sie mit Niemanden; kein Theil der Staatsgewalt ist an Jemand andern übertragen. Der König bedarf, um sich eines Regierungsrechtes zu bedienen, nicht eines besondern Nachweises: seine Rechte sind älter, als die Verfassung; auch läßt sich nirgends nachweisen, daß der König sich eines bestimmten Regierungsrechts durch die Verfassung begeben habe, denn in der ganzen Verfassung ist nicht Ein Act der Entäußerung der allgemeinen königlichen Rechte enthalten ein Act, durch welchen der König ein Recht in die Hände des Volks zurückgegeben und unter gewissen Bedingungen wieder zurückgenommen hätte. Die königlichen Rechte stehen den ständischen Rechten gegenüber. Die Stände haben ihr Recht aus den Händen des Königs empfangen, und jedes Recht der Stände bedarf der Nachweisung und bestimmter Vorschriften der Verfassung. Das Daseyn der Stände stammt aus der Verfassung, alle Rechte der Standschaft stammen aus der Verfassung, und nur aus der Verfassung können sie beurtheilt werden. Wenn jede Erweiterung ständischer Rechte eine Abänderung der Verfassungsurkunde enthält, so ist dadurch von selbst auch über den Werth des sogenannten Usus, insofern er auf ständische Rechte geltend gemacht werden will, das Urtheil gesprochen. Ich will nur im Allgemeinen darauf aufmerksam machen, daß schon zu einem gewöhnlichen Usus, um den es sich bei verfassungsmäßigen Rechten nicht handelt, ein Zeitverlauf von dreißig Jahren erforderlich ist. Die Verfassungsurkunde besteht heute noch nicht dreißig Jahre. Wohl aber beklage ich die Hereinführung dieser Theorie eines Usus als Quelle ständischer Rechte als eine der unseligsten, die je ersonnen worden. Sie ist es, welche die freundlichen Verhältnisse zwischen Ständen und Regierung fort und fort gefährdet, welche die Regierung zwingt, bei jedem Schritt, den sie den Ständen gegenüber macht, Rechtsverwahrung einzulegen, weil aus jedem freundlichen Entgegenkommen auf der andern Seite ein Recht geltend gemacht werden will. Hat die Regierung zwei - oder dreimal einen Schritt gemacht zum freundlichen Verhältniß zu den Ständen, hat sie dieses freiwillig aus solcher Absicht gethan er ist zum Recht erwachsen. Das ist die Theorie jenes Usus. Diese Theorie ist der Apfel der Eris. Die erste Frage, die Sie beschäftigt, betrifft das ständische Mitwirkungsrecht bei Feststellung des Budgets. Steht den Ständen des Reichs das Recht zu, bei Festsetzung der einzelnen Ausgabepositionen unmittelbar zu wirken oder nicht? Steht denselben ein Willigungsrecht zu in Ansehung der Bewilligung directer Steuern, so wie in Ansehung der einzelnen Ausgabepositionen? Die Verfassungsurkunde scheint mir diese Frage ganz einfach zu lösen, so daß weder auf der einen Seite das unläugbare ständische Steuerbewilligungsrecht in ein einfaches Einregistrirungsrecht, noch auf der andern Seite der Landtag in einen Postulaten-Landtag für die Regierung umgewandelt wird. Nach Tit. VII §. 4 der Verfassungsurkunde soll den Ständen die genaue Uebersicht des Staatsbedürfnisses, so wie der gesammten Staatseinnahmen vorgelegt werden, welche dieselbe durch einen Ausschuß prüfen, und sodann über die zu erhebenden Steuern in Berathung treten. Prüfung, das ist das Recht, welches die Verfassungsurkunde den Ständen gibt, und wenn auch in der angeführten Stelle nur von einer Prüfung durch den Ausschuß die Rede ist, so folgt nach den Bestimmungen des Xten Edicts keineswegs daraus, daß die Prüfung sich nur auf den Ausschuß zu beschränken hat, sondern daß diese Prüfung ein Kammerrecht sey, und daß der Ausschuß über seine Arbeiten Vortrag in der Kammer zu erstatten habe. Von einem Willigungsrecht bezüglich der Ausgaben aber weiß die Verfassungsurkunde keine Sylbe. Mit vollem Recht hat ein Redner bemerkt, daß die Feststellung der Ausgaben das positive Regierungsrecht sey, und daß derjenige, dem die Feststellung der Ausgaben zusteht, die Staatsgewalt übe. Wenn es aber richtig wäre, daß die Feststellung der Ausgaben Budget auf einem Uebereinkommen beruhen müsse, und daß keine Ausgabsposition als eine zu Recht bestehende anzuerkennen sey, zu welcher nicht die Stände0853 die Zustimmung gegeben haben, dann möchte ich fragen, wer das wesentlichste Regierungsrecht auszuüben hat. Die Regierung würde vor die Stände hintreten, würde ein Ausgabebudget vorlegen, und hätte zu gewärtigen, was bewilligt und was abgestrichen würde. Für sie wäre der Landtag ein Postulatenlandtag. Hätten die Stände ihr Veto ausgesprochen, so wäre der Regierung kein Mittel gegeben, auch die dringendsten Bedürfnisse zu befriedigen; das Veto der Stände stünde ihr entgegen. Ein Budget muß zu Stande kommen; erst nach dem Schluß des Landtags darf die Regierung sich darüber aussprechen, sie kann sich also erst dann aussprechen, wenn eine Gelegenheit zur Verhandlung nicht mehr gegeben ist. Die Stände würden auf diese Art die Regierung in den Zustand versetzen, daß das, was sie votirt haben, als Gesetz angenommen werden müßte. Der Regierung wäre jede Mitwirkung genommen, oder sie würde kein Budget für die nächsten sechs Jahre haben. Die Verfassungsurkunde würde auf diese Art durch ein nicht zu Stande gekommenes Budget verletzt. Man beruft sich auf den Usus. Auch ich will mich in dieser Beziehung darauf berufen, daß der Usus nicht existire. Nehmen Sie alle Finanzgesetze zur Hand, die seit dem Erscheinen der Verfassungsurkunde hervorgegangen sind, und lesen Sie den Eingang; überall lautet derselbe: Wir haben auf den Antrag Unseres Staatsministeriums der Finanzen, nach Vernehmung Unseres Staatsraths, mit dem Beirath und, so viel die Erhebung der directen und die Veränderung der indirecten Steuern betrifft, mit Zustimmung Unserer Lieben und Getreuen, der Stände des Reichs, beschlossen etc. Von einer Zustimmung in Bezug auf die Ausgaben finde ich in keinem Eingange dieser Gesetze eine Spur. Die Theorie, die heute dargelegt worden ist, sie wird nicht zum erstenmale in Ihrer Mitte ausgesprochen. Im Jahr 1828 bei Berathung des Landrathsgesetzes sprach dieselbe Theorie ein Minister des Königs in Ihrer Mitte aus. Sie findet sich im 2ten Bande der Kammerverhandlungen vom Jahre 1828 Seite 525 bis 528. Wie kann man also noch von einem Usus sprechen? Damit, meine Herren, wird noch keineswegs das Steuerwilligungsrecht der Stände in ein Einregistrirungsrecht umgewandelt. Die Grundlage dieses Rechts beruht in der Prüfung der Ihnen vorzulegenden Uebersicht aller möglich vorherzusehenden Staatsausgaben der kommenden Finanzperiode. Diese Prüfung schließt mehrere Rechte in sich. 1) Das erste Recht ist, über die Anerkennung oder Nichtanerkennung des Staatsbedarfs für die einzelnen Hauptpositionen durch Gesammtbeschlüsse, welche jedoch für die Regierung eine bindende Kraft nicht behaupten, sich auszusprechen. 2) In Beziehung auf den Ihrer Prüfung unterstellten Staatsbedarf Wünsche und Anträge an die Krone zu bringen. 3) Bezüglich ihrer Bewilligung nach Tit. VII §. 3 der Verfassung bei den eingekommenen Staatseinnahmen zu untersuchen, ob die in Vorschlag gebrachte Größe derselben auf richtiger Grundlage beruhe, und mit den Durchschnitten der Vorjahre übereinstimme. 4) Bezüglich auf die Einnahmen Wünsche und Anträge, welche aus den Gesammtbeschlüssen der Kammern hervorgehen, an den Thron zu bringen. 5) Die Größe der erforderlichen Steuern nach ihren Beschlüssen über den Bedarf und den Voranschlag für die sonstigen Einnahmen durch bestimmte Beschlüsse auszusprechen und zu bestimmen. Doch ist auch dieses Recht nach den Bestimmungen der Verf. Urk. kein unbedingtes, kein unbeschränktes. Dem Steuerbewilligungsrechte steht die Pflicht der Bewilligung des wahrhaft Erforderlichen gegenüber. Was nach dem von Ihnen geprüften und anerkannten Bedarf erforderlich ist, muß bewilligt werden, und selbst bezüglich der Ermäßigung des wahren Bedarfes kann von einem willkürlichen Recht keine Rede seyn. Wenn die Stände des Reiches der Größe des vorgelegten Bedarfs ihre Anerkennung versagen zu sollen glauben, so muß diese Versagung auf gehörige Nachweisung gegründet seyn. Jede Abweichung von diesem Grundsatze enthielte eine Verletzung der klarsten Verfassungsbestimmungen; denn die Verweigerung des Bedarfes ohne zureichende Gründe würde eine Vernichtung der bestimmtesten Regierungsrechte enthalten. Diese hat die Verf. Urk. den Ständen nicht in die Hände gelegt. Dafür ist auch Vorsorge getroffen durch den in Bayern, wie in jedem Bundesstaate publicirten Bundesbeschluß vom 28 Jun. 1832, welcher da ausspricht, daß bei allen deutschen Staaten das ständische Recht nur im Einklange mit dem monarchischen Princip sich bewegen könne. Auch nicht die Verlangung einer doppelten Steuergröße, wie behauptet worden ist, vermag ich als ständisches Recht anzuerkennen, falls diese mit der Bedingung verknüpft wird, daß die Erhöhung nur dann gültig seyn soll, wenn die Regierung zu jenen Ausgaben einwilligen wird, für welche sie bestimmt werden, denn die Verf. Urk. spricht in Tit. VII §. 9 unbedingt, daß die Steuerbewilligung mit keiner Bedingung verbunden werden dürfe, hier wäre aber offenbar eine Bedingung gegeben. Man hat sich auf den Landtag vom Jahre 1819 berufen, um darzuthun, daß damals den Ständen des Reiches ein Bewilligungsrecht in Ansehung der Ausgaben zuerkannt und zugestanden worden sey. Damals hatten die Stände den Bedarf für das stehende Heer nicht in der von der Regierung beantragten Größe anerkennen zu sollen geglaubt. In dem Landtagsabschied sprach die Regierung aus, daß sie es zwar für jetzt bei dem geringen Ansatz belassen wolle, jedoch sich vorbehalte, in dem Falle der Unzulänglichkeit der bewilligten Steuer das Fehlende aus dem bestehenden Militärfonde zu decken, und nun frage ich, beweiset dieses nicht gerade das Gegentheil von dem, was man daraus abzuleiten beabsichtigt? denn die Militärfonds sind Bestandtheile des Staatsvermögens. Hätte die Regierung zur Deckung des allenfallsigen Ausfalles Steuern erheben wollen, so würde sie den Bestimmungen der Verfassungsurkunde entgegengehandelt haben. Sie wäre auch nicht im Falle gewesen durch Aufnahme von Schulden das Deficit zu decken; es blieb also nur Ein Weg übrig, die Deckung aus dem Staatsvermögen vorzunehmen; darum hat sie auch im Landtagsabschiede den Vorbehalt gemacht, und bündiger konnte das königliche Recht nicht verwahrt werden. Gehen wir nun auf den Fall über, der zur beantragten Verwahrung Anlaß gegeben hat. Die Regierung hat für den Staatsrath 72,000 fl. gefordert; die Stände haben die Summe auf 71,000 fl. herabgesetzt, und was man immer gegen die Bemerkungen eines verehrten Redners eingewendet hat, sie sind treffend und wahr: haben die Stände das Recht 1000 fl. zu streichen, so steht ihnen auch die Befugniß zu, die Summe auf die Hälfte oder auf ein Viertel herabzusetzen, mithin über die Existenz oder Nicht-Existenz eines Staatsraths abzusprechen. Es möchte in diesem Beispiele deutlicher als irgendwo sich ergeben, daß durch die Anerkennung eines solchen Bewilligungsrechtes die Regierung selbst in die Hände der Stände nothwendig gerathen würde. Damit ist aber keineswegs ausgesprochen, wie man es versucht hat, es als eine Folge dieser Theorie hinzustellen, daß der Regierung, wenn von Seite der Stände einer Position die Anerkennung versagt würde, die Befugniß zustehe, wegen Befriedigung von Liebhabereien andere, wesentliche Staatszwecke zu verkümmern, wie man z. B. angeführt hat, die Schulen untergehen zu lassen, um Regimenter zu errichten. Die Regierung hat die Obliegenheit, alle öffentlichen Bedürfnisse, wie sie im Budget enthalten sind, und der Staatszweck es mit sich bringt, durch die verfassungsmäßig gegebenen Einnahmen zu bestreiten. Sie hat die Pflicht, die gegebenen Einnahmen nicht ohne die vollgültigsten Rechtfertigungsgründe zu überschreiten, und wenn ein Minister des Königs von dieser Verbindlichkeit sich lossagen würde, so ist Ihnen ja das verfassungsmäßige Recht der Beschwerde oder Anklage gegeben, um das, was das allgemeine Wohl erheischt, geltend zu machen. Ich wiederhole es, es ist nicht von einem Einregistrirungsrecht der Stände die Sprache. Die Prüfung der Ihnen vorzulegenden Uebersichten ist Ihr gutes Recht, und diese Prüfung kann und darf nicht bloß in einer Anerkennung bestehen; Sie haben Ihre Ueberzeugung über das Bestehen eines wahren Bedürfnisses zu begründen, und ist dieses geschehen, so steht Ihnen auch die Verpflichtung gegenüber, das zu bewilligen, was zur Deckung des Bedürfnisses erforderlich ist. Sind die Ansichten der Regierung hierüber von denen der Stände verschieden, so müssen letztere die Gründe darthun, welche das Nichtvorhandenseyn des Bedürfnisses erweisen und erproben, damit mit der Ausübung des Steuerbewilligungsrechtes auf die geringere Summe von ihrer Seite eingegangen werden kann.

(Beschluß folgt.)

0854

[1334]

Erwiederung.

Die Allg. Zeitung vom 26 März enthält in einem Schreiben aus Wien Folgendes: Miß Pardoe befindet sich gegenwärtig in Wien. Ich höre, daß sie als ordentlicher Correspondent des Pesther Journals das Tageblatt sich längere Zeit hier aufhalten werde. Der Pesther Spiegel scheint sich die Verfolgung der armen Miß zum besondern Geschäft gemacht zu haben.

Wir erwiedern hierauf, daß die uns betreffende Stelle der wahrscheinlich im Scherze geschriebenen Nachricht allen Grundes entbehre, da wir in unserm Blatte der Miß Pardoe nie erwähnten, und somit auch nicht sie darin verfolgen konnten; es sey denn, daß der Hr. Einsender Nicht-Erwähnung und Verfolgung für identisch hielte.

Pesth, den 2 April 1840

Redaction des Spiegels.

[1275-76]

Gräflich Philipp Ludw. Saint Genois'sches 4 proc. Anlehen von 1,000,000 fl. Conv. Münze, dd. 23 Julius 1838.

In der heute statt gehabten 4ten Verloosung sind laut Ziehungs-Protokoll die nachstehenden Nummern von 25 Stück Partial-Obligationen à 500 fl. C. M. gehoben worden, als: Nr. 19, 69, 97, 141, 277, 378, 467, 532, 554, 651, 671, 708, 801, 914, 960, 1071, 1131, 1257, 1416, 1422, 1513, 1540, 1560, 1897, 1965, wodurch diese Obligationen zur Heimzahlung am 30 Junius d. J., sowohl bei Unterzeichneten, als bei den betreffenden ausländischen Bankiers bestimmt wurden.

Wien, am 2 April 1840

Steiner & Comp.

[1277-78]

Gräflich Joh. Baptist Bathyan'sches 4 1 / 2 proc. Anlehen per 600,000 fl. Conv. Münze, dd. 29 October 1838.

In der heute statt gehabten dritten Verloosung sind laut Ziehungs-Protokoll die nachstehenden Nummern von 15 Stück Partial-Obligationen à 500 fl. C. M. gehoben worden, als: Nr. 170, 207, 367, 416, 434, 473, 522, 533, 810, 816, 946, 949, 1066, 1140, 1171, wodurch diese Obligationen zur Heimzahlung am 30 Junius d. J., sowohl bei Unterzeichneten als bei den betreffenden ausländischen Bankier-Häusern bestimmt wurde.

Wien, am 2 April 1840

Steiner & Comp.

[1365-67]

Rheinische Eisenbahn-Gesellschaft.

Mit Bezug auf die Art. 33 u. 34 der Statuten berufen wir die dießjährige ordentliche General-Versammlung der Actionnäre auf Donnerstag den 7 Mai c., Vormittags halb 10 Uhr, in dem großen Saale des Rathhauses zu Köln. Köln, den 6 April 1840

Die Direction der rhein. Eisenbahn-Gesellschaft.

Hauchecorne.

0855

[88]

MOZINS vollständiges Wörterbuch der deutschen und französischen Sprache, nach den neuesten und besten Werken über Sprache, Künste und Wissenschaften; enthaltend die Erklärung aller Wörter, die Aussprache der schwierigeren, eine Auswahl erläuternder Beispiele zur Verständlichkeit ihrer verschiedenen Bedeutungen, die hauptsächlichsten sinnverwandten Wörter, Sprüchwörter und sprüchwörtlichen Redensarten beider Sprachen, die Ausdrücke des französischen Gesetzbuchs, die Münzen, Gewichte und Maaße der verschiedenen Staaten, ein Verzeichniß der gebräuchlichsten Eigennamen von Personen, Ländern, Flüssen etc.

Mit Beiträgen von Guizot, Biber, Hölder, Courtin und mehrern andern Mitarbeitern.

Aufs neue durchgesehen und vermehrt von A. Peschier, Professor an der Universität Tübingen.

4 Bände. In acht Lieferungen von ungefähr 30 Bogen zu 1 fl. 45 kr. oder 1 Rthlr. 1 gr.

Der ersten Lieferung erste Hälfte Subscriptionspreis für 52 1 / 2 kr. oder 12 1 / 2 gr.

Wir haben so eben die erste Hälfte der ersten Lieferung des von Hrn. Prof. Peschier aufs neue durchgesehenen und vermehrten deutsch-französischen und französisch-deutschen Wörterbuches von Mozin ausgegeben und bedauern, daß es uns nicht gelungen ist, die ganze erste Lieferung mit einemmale versenden zu können, wie wir es früher beabsichtigten. Diese Verzögerung wolle man dadurch erklären, daß von Seiten des H. Herausgebers sowohl als von uns keine Mühe gespart wurde, dem Werke in seiner neuen Gestalt die Vollkommenheit zu geben, die man von einem solchen Wörterbuch verlangen kann, und es auf einen Standpunkt zu bringen, der allen gerechten Anforderungen entspricht. Demgemäß wurden viele mehr als zweifelhafte Ausdrücke, viele bis jetzt in den besten Wörterbüchern als ächt französische Wörter aufgenommene Barbarismen aus dieser neuen Ausgabe weggelassen, und dafür die neuesten Vocabeln und Redensarten aufgenommen, welche entweder dem politischen und litterarischen Federkrieg, den Salons, der Phraseologie der neuen Schule, oder der besondern Sprache der Parteien, zuweilen auch dem Dialekt der niedern Classen angehören.

Bereichert ist diese Ausgabe ferner durch eine Menge Etymologien, durch eine vergleichende Synonymik, durch Angabe der unregelmäßigen Bildung der Mehrzahl, endlich durch manche Sprüchwörter und Redensarten, welche die Eigenthümlichkeit beider Sprachen am besten bezeichnen. Ungeachtet dieser zahlreichen Zusätze wird der Umfang der neuen Auflage nicht bedeutend vergrößert; daher kommt es, daß wir im Stande sind, dieses sorgfältig überarbeitete und reich vermehrte Wörterbuch um einen verhältnißmäßig so ungemein billigen Preis zu liefern.

Wir hoffen somit, daß diese neue Auflage die Brauchbarkeit und Verbreitung des längst anerkannten vortrefflichen Werkes noch bedeutend erhöhen wird.

Auf die äußere Ausstattung Schrift, Druck und Papier verwandten wir eine ganz besondere Sorgfalt, wie man sich durch Einsicht des Werkes überzeugen wird. Der Druck ist jetzt in raschem Gange begriffen, so daß die weitern Lieferungen rasch folgen werden. Stuttgart und Tübingen, Februar 1840

J. G. Cotta'sche Buchhandlung.

[1225]

Schmetterlingssammlern, Entomologen etc. beim Herannahen des Frühjahrs empfohlen.

Bei Th. Bade in Berlin ist erschienen:

Chronologischer Raupenkalender oder Naturgeschichte der europäischen Raupen, wie dieselben der Zeit nach in der Natur zum Vorschein kommen, nebst einem Vorbericht über das Aufsuchen und Erziehen der Raupen, Auffinden und Ueberwintern der Puppen, Einfangen und Aufbewahren der Schmetterlinge.

Herausgegeben von C. F. Vogel.

Mit 538 richtig gezeichneten und colorirten Abbild. auf 41 Kpftln.

Das Werk ist durch alle Buchhandlungen entweder sogleich complet à 4 Rthlr. oder 7 fl. 12 kr. oder in sechs Lieferungen à 16 gr. oder 1 fl. 12 kr. zu beziehen, und vorräthig in Augsburg in der Matth. Rieger'schen Buchhandlung.

[1257]

Zum Unterricht empfohlen:

Scribe. La Camaraderie ou la courte échelle, comédie en 5 actes. gr. 8. 1 / 3 Rthlr. oder 36 kr. rh. Bertrand et Raton ou l'art de conspirer, comédie (Minister u. Seidenhändler.) 1 / 3 Rthlr. Les indépendants, comédiè 1 / 3 Rthlr.

Molière. Tartuffe, L'Avare, Le malade imaginaire, 3 comédies à 1 / 3 Rthlr.; Le misanthrope. 1 / 4 Rthlr. od. 27 kr. rh.

Racine. Athalie, Esther, Phèdre, Iphigénie, Britannicus. 5 tragédies à 1 / 6-1 / 4 Rthlr. od. 18-27 kr. rhein.

Regnard. Le joueur, comédie. 1 / 3 Rthlr.

Souvestre. Henri Hamelin ou le fabricant, comédie. 1 / 4 Rthlr.

Voltaire. Mahomet, Zaïre. 2 tragédies à 1 / 4 Rthlr.

Obige Ausgaben in gr. 8. Format, sehr correct, sind durch alle Buchhandlungen zu beziehen.

Schlesinger'sche Buch - und Musikhandlung in Berlin.

0856

[89]

In der Unterzeichneten ist erschienen und an alle Buchhandlungen versandt worden:

Die Cetaceen zoologisch-anatomisch dargestellt von Wilhelm Rapp, Professor der Anatomie in Tübingen.

Mit Abbildungen.

gr. 8. Preis 3 fl. oder 2 Rthlr.

Inhalt.

Vorrede. Geschichtliches. I. Zoologischer Theil. Pflanzenfressende Cetaceen: Manatus. Halicore (Duyong). Stellerus. Aechte Cetaceen: Delphinus. Monodon (Narwall). Physeter. Balaenoptera. Balaena. II. Anatomischer Theil. Von den Knochen. Von den Muskeln. Auge. Gehörorgan. Nasenhöhle. Allgemeine Bedeckungen. Nervensystem. Verdauungswerkzeuge. Athmungswerkzeug. Harnwerkzeuge. Gefäßsystem: Herz, Schlagadern, Blutadern, lymphatische Gefäße. Werkzeuge der Fortpflanzung: männliche Fortpflanzungswerkzeuge, weibliche Fortpflanzungswerkzeuge, Milchdrüse. Erklärungen der Abbildungen.

Stuttgart und Tübingen.

J. G. Cotta'sche Buchhandlung.

[1380]

Stuttgart. (Neue Schrift.)

Im Verlage von F. H. Köhler ist so eben erschienen und in allen würtembergischen Buchhandlungen zu haben, in Tübingen bei C. F. Osiander:

Joseph II und Pius VI.

Eine Skizze der Vergangenheit zur Beherzigung für die Gegenwart.

Von M. Wangenmüller, kathol. Pfarramts-Verweser.

Gr. 8. Brosch. 18 kr. oder 4 gr.

Bei den noch nicht geschlichteten Differenzen zwischen Preußen und Rom dürfte es von großem Interesse seyn, an eine ähnliche Begebenheit in Oesterreich zu erinnern, die vor 50 Jahren allgemeine Spannung erregte. Obiges Schriftchen gibt außer der treuen Geschichts-Erzählung auch noch die Actenstücke der Correspondenz zwischen dem päpstlichen Nuncius und dem Staatskanzler Fürsten Kaunitz.

[1382]

Im Verlage von Friedrich Perthes ist erschienen:

Kur-Mainz in der Epoche von 1672, von Dr. H. E. Guhrauer.

2 Theile.

In dieser Schrift, welcher ein von dem Verfasser im vorigen Jahre der Akademie der moralischen und politischen Wissenschaften in Paris vorgelegtes und von derselben mit beifälliger Anerkennung aufgenommenes Memoire zu Grunde liegt, löst der Verfasser eines der anziehendsten und viel besprochensten Probleme in der Geschichte Napoleons in Bezug auf die Expedition gegen Aegypten im Jahre 1798, deren wahre Veranlassung und militärischen Plan; indem er zu gleicher Zeit einen aus den französischen Archiven ans Licht gezogenen ganz neuen Beitrag zur Geschichte von Kurmainz und Deutschlands, aber auch der Ludwigs XIV in der denkwürdigen Epoche von 1672 gibt. Dabei berührt das in diesem Werke behandelte Thema das in diesem Augenblicke regste Interesse der Politik und Civilisation, nämlich die Frage von Aegypten und dessen Weltstellung, in den frappantesten Bezügen. Alles aber ist auf Grund strengster Kritik und diplomatischer, größtentheils im Originale mitgetheilter Urkunden dargelegt, von denen es genug sey, auf die bisher ungedruckten Originalde[n]kschriften von Leibnitz über die Eroberung von Aegypten durch Frankreich hinzuweisen. Gewiß wird der deutsche Staatsmann und Historiker dieser Schrift die Theilnahme nicht versagen, welche sie, in einer viel beschränkteren Skizze, bei der französischen Akademie, durch das Organ ihres berühmten Secretärs, Hrn. Mignet (vgl. Mémoires de l'Académie Royale des sciences morales et politiques de l'Institut de France. T. II. 2. Série (Paris 1839), p LXXVIII-LXXXIII. ) sich zu erwerben gewußt hat.

[1298]

So eben ist in Hamburg auf Kosten des Verfassers zum ausschliesslichen Debit in Commission bei T. Trautwein in Berlin erschienen und daselbst, so wie in allen soliden Buchhandlungen zu haben:

VIOLONCELLE-SCHULE von BERNARD ROMBERG in zwei Abtheilungen. Preis 8 Thlr. netto.

Dem Musiker wird die Nachricht genügen: daß der Verfasser in diesem Werk das Studium und die künstlerische Erfahrung seines ganzen Lebens niedergelegt hat.

Die Violin-Quartetten von JOSEPE HAYDN, in einer neuen ausgewählten und correcten Partitur-Ausgabe.

Mozarts und Beethovens Violin-Quartetten sind in Partitur (die des erstern vollständig in gleichförmiger Ausgabe, und die des letztern in ungleichen Formaten und nur mit Ausnahme des eilsten, O. 95 F-moll) erschienen, von denen Haydns aber ist nur ein kleiner Theil in Partitur vor etwa 30 bis 40 Jahren in Paris zu ziemlich hohem Preis herausgekommen, und nicht mehr regelmäßig im Musikhandel, sondern nur hie und da auf antiquarischem Wege noch zu beziehen.

Stellt sich nun zum Studium und zum Nachlesen das Bedürfniß nach Partitur-Ausgaben von den Werken unserer ersten Meister immer mehr heraus, so wird es um so fühlbarer, daß gerade Haydns, des Schöpfers dieser Quartett-Musik, 84 Compositionen weder vollständig noch selbst in einer sorgfältigen Auswahl in Partitur-Gestalt zugänglich sind. Von vielen Seiten dazu aufgefordert, habe ich mich desshalb entschlossen, diesem Mangel abzuhelfen, und eine Partitur-Edition der Haydn'schen Quartetten im Formate der Mozart'schen unter nachstehenden Bedingungen zu veranstalten.

Anfangs jeden Monats erscheint in meinem Verlage eines dieser Quartetten in sauber ausgestatteter Partitur für den mäßigen Preis von 15 Sgr. Um jedoch eine noch wohlfeilere Anschaffung möglich zu machen, so sollen Subscribenten, wenn sie sich zur Abnahme eines ganzen Jahrgangs von zwölf Monats-Lieferungen verbindlich machen, diesen für den Preis von 4 Thlrn. erhalten. Für Januar, Februar und März laufenden Jahres sind die Nummern 1. 2. 3. (C dur, D dur und F moll) bereits erschienen; Nr. 4 (Es dur) befindet sich unter der Presse.

Man kann in jeder soliden Buchhandlung auf diese Ausgabe subscribiren, und die drei ersten Nummern sogleich in Empfang nehmen.

Berlin, im März 1840

T. Trautwein.

[1399]

Beachtenswerth!!!

Eine sehr bedeutende Neusilberwaarenfabrik beabsichtigt in allen Städten Deutschlands von 4000 Einwohnern an Commisionsniederlagen zu den annehmbarsten Bedingungen zu begründen, indem die Waare franco bis an Ort und Stelle geliefert, nur einjährliche Abrechnung, und statt baarer Caution nur eine Empfehlung von einem ansehlichen Handlungshaus verlangt wird. Am geeignetsten dazu wären Galanterie -, Eisen -, Kurzwaaren -, Papier - und Kunsthandlungen, auch lebhafte Materialhandlungen. Adressen werden franco erbeten unter W. F. Berlin, poste restante.

[1392-94]

Veräußerung der Franz Schwarz'schen Tuch - und Wollwaaren-Fabrik und Wohnhaus, nebst 3 Satz-Schaafwoll-Spinnmaschinen und anderer Fabrikseinrichtungen.

Vom Oberamte der vereinten Herrschaften Sokolnitz und Königsgarten wird hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß am 30 April l. J., um 9 Uhr Vormittags, die in die Franz Schwarz'sche Verlassenschaft gehörigen jurisdictionirten Brünner-Vorstadt St. Anna-Grund situirten, auf der Strassengasse gelegenen Häuser und Fabrik Nr. 25 u. 26 an Ort und Stelle werden meistbietend veräußert werden. Die gerichtliche Schätzung des Fabrikgebäudes ist 13,600 fl. C. M. und die des Wohnhauses 11,400 fl. C. M. Diese Häuser können nach Umständen getrennt oder zusammen verkauft werden. Jeder Kauflustige hat ein 10 Proc. Vadium des Schätzungswerthes, und im Erstehungsfalle eines Hauses 3000 fl. C. M.; der beiden Häuser aber 6000 fl. C. M. mit inclusive des Vadiums gleich zu erlegen.

Bemerkt wird, daß diese Häuser 1) EO Klafter an der Straße, 2) 31 Klafter am hintern Kunstgraben Wasser, 3) mit dem Hofraume bei 1100 Quadrat-Klafter Grun[d]fläche haben. 4) bieten die Locale des Fabrikgebäudes, welches am Kunstcanal (oder Mühlgraben genannt) liegt, und nach der neuen Art erbaut ist, dessen Hauptflanke zu beiden Seiten Fenster hat, den bedeutenden Raum von 318 1 / 2 Quadrat-Klafter Flächeninhalt.

Die übrigen sehr vortheilhaften Verkaufsbedingnisse können hieramts eingesehen werden. Sollten diese Realitäten am 30 April d. J. keine Käufer finden, so findet am 30 Mai l. J. abermals eine Licitation statt. Sokolnitz, am 31 März 1840

[868-73]

Verkauf einer Fabrik.

In der Vorstadt Carolinenthal bei Prag ist eine Baumwollspinnfabrik von 5500 Spindeln nebst Dampfmaschine und Zubehör aus freier Hand gegen sehr billige Bedingnisse zu verkaufen. Das Gebäude, die anstoßenden Bauplätze und b sonders die Lage eignet sich zu allen möglichen Unternehmungen. Die Auskunft ertheilt der Besitzer in Prag Nr. 836 / II.

About this transcription

TextAllgemeine Zeitung
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Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Deutsches TextarchivNote: Bereitstellung der Texttranskription.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2016-06-28T11:37:15Z Matthias BoenigNote: Bearbeitung der digitalen Edition.2016-06-28T11:37:15Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; augsburgerallgemeine

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