PRIMS Full-text transcription (HTML)
0913
Augsburger Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchsten Privilegien.
Freitag
Nr. 115.
24 April 1840

Südamerika.

Nachrichten aus Montevideo zufolge war Lavalle im Begriff an der Spitze von 4000 Mann disciplinirter Truppen über den Parana zu gehen, um Santa-Fé anzugreifen. Oribe wurde geschlagen und seine Truppen zerstreut, so daß man nicht wußte, was aus ihnen geworden. Echague und Lavalleja sind ebenfalls völlig geschlagen. Das Blutbad war fürchterlich, man gab beiderseits keinen Pardon. Der französische Admiral hatte sich nach Rio begeben, und die französische Besatzung war aus der Stadt Montevideo, zu deren Schutz sie nicht mehr nöthig, abgezogen. Mittlerweile vermuthete man, daß trotz dieser Unfälle, welche den Präsidenten Rosas betroffen haben, die französische Blokade fortdauern würde, wenigstens bis in den Monat April, wo die Zeit seiner Präsidentschaft ablief. Man glaubte, er werde sich nicht wieder wählen lassen, und unter einem andern Präsidenten eine baldige Ausgleichung mit Frankreich zu Stande kommen.

(Journal des Débats.) In einem Artikel, den wir vor einigen Monaten über die Angelegenheiten von Buenos-Ayres publicirten, hatten wir gesagt, daß Hr. Mandeville, der englische Consul, sich nur deßwegen nach Montevideo begeben habe, um zu versuchen, Rosas mit dem General Ribera, unserem Verbündeten, wieder auszusöhnen. Wir haben jetzt Briefe von Buenos-Ayres vom 24 Dec., und genauere Belehrungen lassen uns eine Angabe berichtigen, die wir mit Bedauern gemacht hatten. Es ist nun offenbar, daß die Reise des Hrn. v. Mandeville nach Montevideo zu großem Mißfallen der Regierung von Buenos-Ayres unternommen ward, und daß sie nur die Abschließung eines Tractats mit dem General Ribera, den Negerhandel betreffend, bezweckte. Wir freuen uns beifügen zu können, daß die Einmischung des englischen Consuls in die Angelegenheiten Frankreichs und der argentinischen Republik immer von der Art gewesen ist, wie man es von dem Repräsentanten einer befreundeten Nation erwarten durfte.

Mexico.

Blätter von New-Orleans berichten aus Mexico (ohne Datum), Santa Ana sey im Begriff, eine Reise nach den Vereinigten Staaten, vielleicht nach Europa anzutreten, über deren Zweck jedoch nichts verlaute. Der mexicanische Congreß hat die Regierung ermächtigt, ein Zwangsanlehen von 100,000 Dollars zu erheben, wovon die Kosten des beabsichtigten Kriegs gegen Texas bestritten werden sollen; die Taxe wird indeß augenscheinlich nicht zureichen. Als Motiv dieser Expedition stellen die Mexicaner die Befreiung der Neger voran, und zählen unter diesem Auspicium auf einen siegreichen Erfolg. (In Mexico ist die Negersklaverei, wie bekannt, gesetzlich aufgehoben, in Texas besteht sie aber wie in den angränzenden Staaten der nordamerikanischen Union.)

Spanien.

Die Verhaftung Elio's und d'Alsaa's scheint die Plane der auf französischen Boden geflüchteten Carlisten wesentlich durchkreuzt zu haben. Doch werden bereits neue Umtriebe geschmiedet. Den Beweis hievon liefert ein von Bayonne unterm 30 März im Namen der obersten Junta erlassenes und in den baskischen Provinzen zahlreich verbreitetes Circular, worin die Verhaftung des Generals Elio schwer beklagt, aber zugleich die Hoffnung ausgedrückt wird, daß ein neuer Entweichungsversuch ehestens gelingen werde; wäre jedoch, heißt es am Schlusse, eine neue Schilderhebung früher nothwendig, so fragen wir euch, ob ihr bereit seyd, das Aeußerste zu wagen, und in diesem Falle antwortet nur durch ein einfaches Ja. Fortwährend finden Entweichungen aus den Carlistischen Depots statt. Vorgestern Abend wurde zu Bayonne der berüchtigte Pfarrer und Oberst Zabala verhaftet, der letzte unter allen Carlistischen Chefs, die nach dem Vertrage von Bergara die Waffen niedergelegt haben. Zabala ist Don Carlos blindlings ergeben, und sollte in dem bevorstehenden Aufstande den Befehl in Guipuscoa übernehmen. Der Infant Don Luis ist zwar nicht entwichen, wohl aber scheint sein Signalement an die Gränze geschickt worden zu seyn. Die spanischen Nachbarbehörden sind ihrerseits streng in ihrer Pflicht. Alle Officiere, Unterofficiere und Soldaten, die an der Convention von Bergara theilgenommen, und in Biscaya wohnen, haben die Weisung erhalten, binnen sechs Tagen sich sämmtlich nach Bilbao unter Aufsicht zu verfügen.

Großbritannien.

Gestern (16), als am Gründonnerstag, fand in der Whitehall-Capelle die übliche Vertheilung der königlichen Almosen (Royal Maundy) an so viele alte arme Männer und Weiber0914 statt, als die Königin Jahre zählt, also an je 21. Jedes empfing zwei Beutelchen, ein weißes mit 21 Silberpence, und ein rothes mit 1 Pf. St. 10 Sh. (statt der vormals üblichen Speisung), deßgleichen Schuhe und Strümpfe. Am Dienstag zuvor ward an 900 arme Greise das kleinere königliche Oster-Almosen von je 5 Sh. vertheilt.

Die gestern erwähnte neueste diplomatische Correspondenz zwischen dem nordamerikanischen Minister des Auswärtigen und dem brittischen Gesandten in Washington wird auch von mehreren der Londoner Hauptjournale in einem sehr ernsten Lichte betrachtet. Die Times sagt: Wir beschränken uns fürs erste auf die Bemerkung, daß das letzte Schreiben von Hrn. Forsyth an Hrn. Fox in einem solchen Tone gehalten war, daß letzterer jede weitere briefliche Discussion der Sache ablehnte, bis er nähere Instructionen von Ihrer Maj. Regierung erhalten haben werde. Die neuesten canadischen Nachrichten, aus Montreal vom 28, aus Toronto vom 25 März, besagen, daß man zwar auf alles, was in den Vereinigten Staaten in Bezug auf die Gränzfrage vorging, ein wachsames Auge hatte, daß aber die längs der Gränzlinie stattfindenden militärischen Anordnungen rein defensiver Natur sind. Amerikanischerseits ist an sämmtliche Marinestationen die Ordre ergangen, Alles in Bereitschaft zu setzen, was man mit den sich kritischer gestaltenden Verhältnissen zu Großbritannien in Zusammenhang bringt.

Die Politik ist etwas ins Stocken gerathen, und jeder verlegt sich aufs Zuwarten. Lord Palmerston selbst, der sonst tüchtig projectirte und von einem Zweig zum andern sprang, fängt an inne zu halten, und weiß sich aus seinen vielen widersprechenden Ideen nicht mehr herauszufinden. Er kränkelt sichtbar an dem orientalischen Gebrechen und braucht vielleicht nicht minder Hülfe als die Pforte, mit der er auch das gemein hat, daß sich Niemand finden wird, um Hülfe zu bringen. Es könnte ihm willkommen seyn, mit Neapel ernste Auftritte zu haben, denn die Gefahr ist dabei nicht groß, und solch 'ein Intermezzo kann benützt werden, um die Aufmerksamkeit von dem Orient abzuwenden und Entschuldigungen wegen des kläglichen Gangs der darauf abzielenden Politik zu haben. Er wird dergleichen stark brauchen, weil bald die Dinge beim Namen genannt werden müssen, und man nicht mehr mit ausweichenden Antworten auslangen kann. Lord Palmerston wird dieß nächstens erfahren; er weiß es auch so gut als Andere, und es wäre daher nicht so seltsam, wenn er in Neapel Materialien suchte, um seine Vertheidigung vor dem Parlamente bei den Debatten über den Orient besser zu führen. Was gibt es Seltsames, was mit den Ansichten Lo d Palmerstons unverträglich wäre? Seine Correspondenz mit Hrn. Temple zeigt, daß er die Schwefelfrage ausdeuten will, um die orientalische wo möglich damit zu ersticken. Dazu wird allerdings viel Schwefel nöthig seyn. Wenn das Monopol abgeschafft ist, wozu man sich in Neapel wohl verstehen wird, so können die Accessorien und Details benutzt werden, um den nöthigen Dunst zu verbreiten. Hierauf ist es abgesehen; darin besteht das hervorragende Talent des edlen Staatssecretärs. Es ist ein Talent wie jedes andere und hat daher auch seinen Werth, wenigstens für den übenden Theil. Welche Massen von Dunstsäulen sind unter der gegenwärtigen Administration nicht schon aufgeführt worden, und doch hat sich Niemand gefunden, der sie umzublasen wagte. Allein die Zeit scheint zu kommen, wo dergleichen nicht mehr ausreicht, und das erfüllt die Minister mit Unbehagen, vor allen Lord Palmerston. Er imaginirt allerlei Dinge, um sich zu halten, und hat neuerdings Projecte wieder hervorgesucht, die er unter modificirter Gestalt gangbar zu machen hoffte. Vergebens. Man hat ihm vom Continent geantwortet, daß sie recht schön, nur nicht ausführbar seyen; Mehemed Ali, gegen den das Kunststück gerichtet seyn soll, würde nicht verfehlen, die abgenutzte Seite davon zu nehmen, um eine gute Brustwehr daraus zu machen.

Frankreich.

(Sonntag.)

Der neapolitanische Botschafter, Herzog von Serra Capriola, überreichte am 18 April dem König sein Beglaubigungsschreiben, und ward alsdann auch von der Königin und den Prinzen und Prinzessinnen der k. Familie empfangen.

Die ministerielle Revue des deux Mondes enthält unter der Aufschrift: politische Reflexionen einen merkwürdigen Artikel, eine Art Denkschrift zur Vertheidigung des gegenwärtigen, zur Anklage des letzten Ministeriums. Drei Viertheile davon beleuchten die innere Politik; wir wählen heute nur die letzte Abtheilung, die Stellung nach außen betreffend, da, die Angaben darin mögen genau oder ungenau seyn, jedenfalls die Ansicht des Ministeriums Thiers daraus ziemlich klar hervorzublicken scheint: Das monarchische Europa, bei seinem Wunsche, den allgemeinen Frieden zu erhalten, und die Natur der Debatten berücksichtigend, die in Frankreich seit einem Jahre statthatten, und in welchen der Name eines Souveräns, in den es sein gerechtes Vertrauen gesetzt, in so befremdender Weise mit eingemischt wurde, das monarchische Europa sieht mit günstigem Auge ein Ministerium, dessen Entstehung jenen gefährlichen Discussionen ein Ende machte. Man erlaube uns, mit Europa das Verschwinden des königlichen Namens aus den politischen Debatten, so wie die Ernennung fähiger und specieller Minister in den verschiedenen Zweigen der Verwaltung als ein glückliches Ereigniß zu betrachten. Das Ministerium hat wir glauben dieß versichern zu können von mehreren auswärtigen Cabinetten Mittheilungen empfangen, welche bedeutendes Erstaunen hervorbringen möchten unter den etwas exaltirten Männern der Rechten, namentlich unter jenen, die glaubten, Europa werde seine Armeen vermehren, um dem Ereigniß des 1 März das Gegengewicht zu halten. Als das österreichische Cabinet sah, welchen unklugen Weg das letzte Ministerium eingeschlagen, hielt es den Augenblick für gekommen, in Paris und London die Grundlagen der englisch-französischen Allianz zu lockern, und es wurde hierin namentlich in Paris von dem Repräsentanten Oesterreichs nur zu gut unterstützt. Man konnte demnach glauben, daß die Ernennung eines Mannes, der die Räumung Ancona's laut mißbilligt hatte, zum Minister der auswärtigen Angelegenheiten und zum Präsidenten des Conseils, jene Richtung des österreichischen Cabinets nur noch mehr bestärken würde. Aber gleichwie jenes Cabinet gezaudert hatte, als eine Art stillschweigender Billigung der Politik Frankreichs im Orient lebhafte Vorstellungen von Seite Rußlands hervorrief, that es in weiser Vorsicht einen Schritt zurück, als es sah, welche Aufregung in Europa der bloße Anschein eines Bruches zwischen Frankreich und England hervorbrachte. Seit fünfundzwanzig Jahren hält Fürst v. Metternich den europäischen Status quo aufrecht, und wird nicht müde, die sich davon ablösenden Theile wieder zusammen zu nieten. Man kann nicht umhin, die Gewandtheit zu bewundern, mit welcher er sich im Gleichgewicht erhält auf der schmalen Linie, die er zwischen der Besorgniß vor dem Umsichgreifen Rußlands und dem Abscheu vor dem Geiste der französischen Revolution sich vorgezeichnet hat. Die Zerstörung der englisch-französischen Allianz würde Alles wieder in Frage stellen, und Europa wäre genöthigt, auf neuen Grundlagen sich zu constituiren, um die durch diese Allianz seit neun Jahren gezogenen Spuren zu verwischen. 0915Und wie leicht möglich wäre es, daß bei diesem Versuch der Status quo von 1815 vernichtet würde, der zwar nicht mehr unangetastet besteht, aber durch die Ereignisse doch nur unmerklich und allmählich modificirt wurde! Eine Spaltung zwischen Frankreich und England hieße so viel, als Konstantinopel den Russen öffnen, den Abschluß eines Tractats zwischen England und Rußland herbeiführen, Oesterreichs Einfluß im Orient lähmen, und dagegen den Einfluß Rußlands auf Oesterreichs slavische Provinzen vermehren. Diese Betrachtungen machten, wie es scheint, in Wien den Eindruck, der sich erwarten ließ; man erkannte diesen Eindruck an der Art, wie das Wiener Cabinet die Nachricht von der Bildung eines Ministeriums aufnahm, dessen Chef sich so lebhaft für die englische Allianz ausgesprochen hatte. Preußen, noch stiller, noch vorsichtiger als Oesterreich, obwohl es von Seite Frankreichs wie von Seite Rußlands mehr zu fürchten hätte, hat nie aufgehört, im Interesse Europa's und in seinem eigenen die Erhaltung der französisch-englischen Allianz zu wünschen. Der tägliche Verkehr zwischen Hrn. v. Werther und Graf Bresson erlaubt keinen Zweifel mehr, daß das Berliner Cabinet die Bildung des gegenwärtigen Ministeriums als einen günstigen Umstand betrachtete zur Befestigung der Freundschaftsbande zwischen Frankreich und England, welche unter dem Ministerium des Marschalls Soult loser geworden waren. Was wäre auch Preußen, wenn durch die Allianz zwischen England und Rußland letztere Macht in den Besitz des Marmorameers käme, und mit ihren Besitzungen um Europa allmählich einen Kreis schlösse? Wenn Oesterreich als südliche Macht in commercieller, als Macht des Nordens in politischer Beziehung bei der Erhaltung des türkischen Reichs betheiligt ist, wenn es nach England am meisten nach Trapezunt ausführt, und wenn die Donauprovinzen, wie das Gleichgewicht Europa's, ihm zur Pflicht machen, daß es die russische Politik bei einigen ihrer Plane nicht unterstütze, so hat Preußen seinerseits nicht weniger dringende Interessen zu berücksichtigen. Seit neun Jahren befestigt diese Macht mehr und mehr ihr Uebergewicht im Norden Deutschlands, und es würde offen gegen den Zweck, den es verfolgt, handeln, wollte es sich zum bloßen Satelliten Rußlands machen. Um seinen Einfluß im Norden des deutschen Bundes zu befestigen, und dem Einfluß Oesterreichs im südlichen Deutschland die Wage zu halten, muß Preußen sich durchaus deutsch zeigen. Erinnert man sich, daß Preußen trotz seiner wechselnden Neigungen für Rußland und Oesterreich doch Beweise der Sympathie für die gegenwärtige Regierung Frankreichs gegeben hat, so oft deren Haltung es nicht beunruhigte, so wird man keineswegs über die gute Aufnahme erstaunt seyn, mit der man in Berlin ein Ministerium empfing, von dem man die Befestigung des europäischen Gleichgewichts hofft. Was Rußland betrifft, so haben unsere Verhältnisse mit dieser Macht sich wenig gebessert; es ist darüber nur ein Wort zu sagen. Zwischen dem Marschall Soult und dem Grafen Medem war es hinsichtlich Polens zu einem Wortstreit gekommen, der mit dem Eintritt des Hrn. Thiers aufhört. Die Rückkehr des Hrn. v. Pahlen ist Beweis hiefür, und die Antwort der russischen Regierung auf die erste Mittheilung des jetzigen Ministeriums war, wenn wir recht unterrichtet sind, in versöhnlichen Ausdrücken abgefaßt. Wenn es wahr ist, daß darin gesagt wird, die kaiserliche Regierung werde eifrig zur Wiederherstellung des guten Einklangs zwischen den zwei großen constitutionellen Staaten beitragen, und sey weit entfernt aus deren Meinungsverschiedenheiten Nutzen ziehen zu wollen wenn diese Erklärung wahr ist, so könnte man durch dieselbe eine etwas stolze Zufriedenheit über die Stellung, welche Rußland während des Ministeriums vom 12 Mai eingenommen, durchblicken sehen; man könnte dieß aber nicht dem gegenwärtigen Ministerium zum Vorwurf machen, denn nicht von ihm wäre zu einer solchen Erklärung Veranlassung gegeben worden. Endlich haben auch die kleinern deutschen Cabinette an das gegenwärtige Ministerium freundliche Worte gerichtet. Zwar vermindern diese Manifestationen, an deren Aufrichtigkeit zu zweifeln man keine Ursache hat, die ernsten Verlegenheiten Frankreichs nach außen keineswegs, aber die Hauptfragen sind doch weniger compromittirt, als man denkt, und eine zugleich gewandte, kluge und feste Leitung kann in diesem Stand der Dinge große Veränderungen hervorbringen. Die großen Maaßregeln, die entscheidenden Entschlüsse werden unter den gegenwärtigen Verhältnissen in Europa nicht so rasch gefaßt. Zwar unterhandelt man, rührt und bewegt sich ohne Aufhören; große und bedeutende Sprecher, genannt Frankreich, England, Rußland, Oesterreich, treten in London, Paris, Konstantinopel, Wien häufig zusammen, um dort zu berathschlagen. Aber nichts Entscheidendes wird stattfinden, so lange sich Frankreich und England nicht offen getrennt haben über eine europäische Lebensfrage; eine solche Trennung man darf sich dieß nicht verbergen wäre der Krieg, und zwar der allgemeine Krieg in Europa wie in Asien. Wer aber würde aus einem solchen Bruche Vortheil ziehen? Offenbar nur Rußland. Das Resultat wäre für Rußland der Besitz Konstantinopels. Will dieß das englische Cabinet? Es bedurfte der ganzen Unentschlossenheit, der ganzen Unerfahrenheit des Ministeriums Soult, um die Sachen bis auf den Punkt zu treiben, wo sie sind. Nach der denkwürdigen Discussion über die Angelegenheiten des Orients, wo die Kammer sich so bereit zeigte, alles zu thun, was die Ehre und Würde des Landes geböten, wiederholte das Ministerium jeden Tag im Conseil die Worte, welche seitdem so berühmt geworden, weil einer der Minister sie auf der Tribune ausgesprochen: man muß etwas thun. Die verschiedensten Beschlüsse wurden vorgeschlagen. Nach manchen Berathungen kam man auf die Idee eines Congresses eine Idee, die von Oesterreich ausgegangen und sorgfältig genährt wurde. Man schmeichelte dem Ministerium dabei mit der Hoffnung, daß der Kaiser Nikolaus in Person dabei erscheinen würde. Es wäre dieß in der That nach den feierlichen Erklärungen Rußlands, welches so oft sich geweigert hatte, fremde Schiedsrichter in seinen Angelegenheiten mit dem Orient zuzulassen, ein großer Triumph gewesen. Aber bald mußte das Ministerium Soult auf diesen Ruhm, den es sich versprochen, verzichten, und da man sich um jeden Preis für die nächste Session populär machen mußte, schickte man fünfzehn Linienschiffe ab, um am Eingang der Dardanellen zu kreuzen, und reizte die öffentliche Aufmerksamkeit dadurch, daß man viel Geräusch mit den Seerüstungen in Toulon machte. Die Flotte schickte man ab, ohne eigentlich zu wissen, was man damit machen wollte; ihr Commandant stach in die See, ohne irgend eine bestimmte Instruction mitzunehmen, und die des Admirals Roussin beschränkte sich wird man es glauben? auf Folgendes: im Fall einer russischen Intervention die türkische Regierung um die Erlaubniß zu bitten, unsere Kriegsschiffe in das Marmorameer einlaufen zu lassen. In den Depeschen stand nicht mehr. Man erwähnte darin nicht einmal des Namens der Dardanellen; es schien, als ob bei diesem Wort ganz Europa zusammenbrechen sollte. Auf die Anfragen, die von Zeit zu Zeit die Gesandten wegen der Rüstungen in Toulon stellten, antwortete man, das Benehmen Marokko's erfordere Rüstungen, oder es sey nothwendig, unsere Mannschaften zu üben. Gegenüber von England war man eben so unentschlossen. Bald hatte man Vertrauen auf dasselbe, und0916 sprach davon, mit ihm in Gemeinschaft zu handeln, bald wollte man wieder eine isolirte Rolle spielen, die ganze Welt bedrohen, gegen Rußland und England sich wenden, ohne in der That irgend etwas zu wollen. Bei all diesen Demonstrationen waren die Worte eben so barsch, als das Benehmen furchtsam. Das Resultat dieser schwankenden Haltung war, daß die englische Flotte sich von der unsrigen trennte, daß das Mißverständniß zwischen Lord Ponsonby und unserm Botschafter zunahm, und daß man am Ende von London aus sogar Erläuterungen hinsichtlich zweier gegen England gerichteten Artikel verlangte, welche von zwei Journalen publicirt worden, von denen man voraussetzte, sie seyen in einer Verbindung mit der Regierung. Damals richtete Rußland, immer wach und aufmerksam, seine ersten Vorschläge an England, und beglaubigte Hrn. v. Brunnow als temporären Gesandten bei der englischen Regierung. Man weiß, wie die Engländer sind. Lebhaft, entschlossen, kühn, macht nichts ihnen Bedenken, setzt nichts sie in Erstaunen, wenn es um ihre Interessen sich handelt. Sie kennen Europa schlecht und würdigen es kaum eines Studiums; auch wäre ihnen dieß unnütz, denn sie verfolgen von ihrer Insel aus ihre eigene Politik, ohne um die ihrer Nachbarn sich zu kümmern. Hr. v. Brunnow schilderte den Engländern das französische Ministerium, als wäre es plötzlich ganz ägyptisch geworden; er regte sie gegen Mehemed Ali auf, welcher den Wünschen der Engländer, so weit er kann, willfährt, und ihnen keineswegs die Straße durch den Isthmus von Suez anzulegen verweigert, der ihnen aber doch im Wege steht, was in den Augen der Engländer ein unverzeihliches Unrecht ist. Was folgte all' diesen Beschuldigungen, die mit Umsicht und Gewandtheit angebracht wurden? Vielleicht weniger, als man denkt: einige Neigung zu einem Vergleich mit Rußland von Seite des Lords Palmerston, der von den übrigen Mitgliedern des englischen Ministeriums nicht unterstützt wurde, und zwischen Frankreich und England eine gewisse Erkältung, die weniger das Werk des Hrn. v. Brunnow, als vielmehr das Resultat des Benehmens des Soult'schen Cabinets war. Gleichwohl hatte es diesem Ministerinm nicht an Warnungen gefehlt, und wir selbst sagten in diesen Blättern zu ihm, einen Monat nach seiner Ernennung: Im Marmorameer könnten wir eines Tages England und Rußland gegen uns haben. ..... Indessen, so viel Lärm auch die Journale schlagen mögen, beschränkt sich doch bis zu dieser Stunde Alles auf bloße Unterhandlungen, was freilich auch schon zu viel ist. Was den Titel anbelangt, welchen Hr. v. Brunnow von seinem Hof erhalten, so konnte das russische Cabinet bei seiner Gewandtheit nicht wohl weniger für ihn thun. Man hätte ein Mißlingen eingestanden, wenn man Hrn. v. Brunnow nach Stuttgart zurückgeschickt hätte; ohne Zweifel wäre er sogar zum Botschafter in London ernannt worden, wenn die Rücksichten, welche die Stellung des Grafen Pozzo erheischt, erlaubt hätten, über diesen Titel bei seinen Lebzeiten zu verfügen. Die Stellung der französischen Regierung dem englischen Cabinet gegenüber ist gewiß schwierig, und die Frage wichtig genug, um all' ihre Sorge und Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Es handelt sich um die commercielle Wohlfahrt Frankreichs, um den Frieden der Welt, um die Zukunft der Freiheit. Vergrößern wir nicht die Hindernisse um ein Ministerium, welches einige glückliche Bedingungen in sich vereinigt, und dessen Chef außer seiner Capacität zur Ausführung seiner großen Aufgabe eine Unterstützung auch in dem Vertrauen finden kann, das ihm alle Anhänger der englischen Allianz bezeugen. Die Anwesenheit des Hrn. Guizot in London, der edle Eifer, mit welchem er die Bemühungen eines Ministeriums unterstützt, in welchem ein weniger großer Charakter, als der seinige, einen Rivalen hätte erblicken können, sind ebenfalls ein Unterpfand der Sicherheit und der Hoffnung. Bei der Vereinigung von zwei so eminenten Geistern zu gleichem Zweck, scheint es uns, daß man an eine baldige Wiederherstellung aller guten Verhältnisse, welche zwischen Frankreich und England existirten, glauben darf; auch darf man bei dem bekannten Charakter jener beiden Staatsmänner nicht annehmen, daß ihre Versöhnungsversuche von demüthigenden Umständen für Frankreich begleitet seyn können.

Die Excarbonari Barthe und Merilhou, so wie der Exminister Persil, besonders beide erstere, gehören zu den traurigsten Erscheinungen der Juliusrevolution. Die sogenannten Liberalen der Restauration hatten durch ihre beiden Zeitungsmäuler, Constitutionnel und Courrier, ihnen einen riesenmäßigen Namen verschafft. Wenn man dann genau besah, woher dieser Ruhm stammte, so beruhte er auf Declamation. Nirgends in allen ihren Reden, wie in allen ihren Handlungen war irgend ein Gedanke ausgeprägt, so wenig zur Zeit der Restauration als gegenwärtig; es sind eben leere Köpfe. Aber da den französischen Advocaten ein ungeheurer Wortschwall zu Gebote steht, und die Nation, so witzig und geistreich sie ist, nicht immer in der Stimmung sich befindet, das Lächerliche solcher Charlatanerie einzusehen, so geschieht es je zuweilen, daß sie sich fangen läßt. Mit einigen großen Worten, wohl angebracht, ist Alles abgethan, wenn nur diese Worte zur Circulation des Zeitgeistes gehören. Das lieu commun ist leider allen Parteien und allen Gesinnungen eigen, aber nirgends ist dieser Bombast unerträglicher, als wenn er sich uns als Liberalität aufdrängt. Daß das Wesen dieser Herren Unnatur ist, sieht man alsbald, wenn von den Wolken ihrer Allgemeinheiten hinabgestiegen sie auf dem festen Boden ihrer Persönlichkeit Wurzel fassen; da wird ein Merilhou beredt, denn er ist pikirt, gestachelt, sein Inneres kommt zum Vorschein. Wenn diese Herren (wie der Advocat Teste in der Deputirtenkammer) beredte Worte finden, um persönlichen Verdruß, Mißmuth, Zorn zu Tage zu fördern, warum sprüht auch nicht ein Funke dieser wahren Beredsamkeit in ihren berühmtesten Oppositions - oder Ministerreden? Weil sie niemals eine große Sache wahr empfunden, weil das Ich Barthe oder Merilhou, oder Persil, oder auch Teste (der beste übrigens und talentvollste von allen) sich nicht der Sache, über die sie declamirten, einverleibt hatte, weil sie von keinem Gott und von keinem Dämon besessen waren, sondern ein ganzes Phrasendictionnär aufgespeichert hatten, so daß die Welt verwundert rief: wo kriegt der große Mann all diese Zufuhr von schönen Worten her? Aber man lasse die Zeit gewähren ein Nadelstich und die hohlen Ballone platzen zusammen. Solche Ballone haben uns weiland Constitutionnel und Courrier empfohlen; und nun werden sie von Courrier und Constitutionnel angestochen. Es wird nicht lange währen, so werden auch Courrier und Constitutionnel zerplatzen, denn sie stecken voll Bombast der Merilhous und Barthes aus der früheren Zeit.

Gestern hat der General Bugeaud der Deputirtenkammer den Bericht der Commission über das Zuckergesetz vorgelegt, dessen wesentlichen Inhalt ich Ihnen bereits am 12 d. mittheilte. Die Ziffern 45 Fr. (für den Colonialzucker) und 15 Fr. (für den Runkelrübenzucker) bilden den mittleren Anschlag der Auflage: für die entfernten Colonien, z. B. Bourbon, ist die Auflage nur 38 Fr. 50 Cent., weil man die größere Fracht in Anschlag bringt. Eben so ist 15 Fr. der Satz für den gewöhnlichen Zucker: feinere Sorten zahlen höhere Sätze, von 16 bis 21 Fr. 65 Cent. Der ausländische0917 Zucker (aus andern Ländern als die französischen Colonien) zahlt 20 Fr. mehr als letzterer. Für beide Arten ist die Auflage noch für den Fall erhöht, wo der Zucker nicht durch französische Schiffe eingeführt wird. Der Zusatz von 20 Fr. auf den ausländischen Zucker wurde erst in der letzten Versammlung der Commission beigefügt, worin zwei Gegner des einheimischen Zuckers, die HH. Ducos und Wustemberg, sich nicht eingefunden hatten, die deßhalb dagegen protestiren. Gestern wurde auch die Commission zur Prüfung der Klage gegen Hrn. Lestiboudois ernannt; letzterer hatte die Vorsicht, in seinem Bureau selbst dahin zu stimmen, daß die Ermächtigung ertheilt werde. Außer ihm ist die Klage noch gegen fünf oder sechs angesehene Personen, besonders Bankiers in Lille, gerichtet, die für bedeutendere Theile als er in der Unternehmung betheiligt sind. Die Klager haben den Mitgliedern der Kammer eine Druckschrift vertheilen lassen, enthaltend eine kurze Darstellung der Thatsachen, nebst einem Gutachten der hiesigen Advocaten Chaix d'Est-Ange (auch Deputirter) und Paillet, welche die Klage für begründet erachten. Das liberale Journal von Lille (Echo du Nord), sonst politischer Gegner von Lestiboudois (Legitimist) hat seine Partie ergriffen, und macht unter Anderm dem Hrn. Chaix d'Est-Ange ein Verbrechen daraus, daß er als Deputirter ein Gutachten gegen seinen Collegen ertheilt habe! Der Deputirte Dubois, Nachfolger des Hrn. Cousin im Amte des Directors der Normalschule, hat seine Entlassung als Secretär der Kammer gegeben, und morgen soll er durch die Wahl ersetzt werden. Der dem Ministerium gewogene Theil der Deputirten ist über seinen Candidaten noch nicht einig: die meisten Stimmen der Linken scheinen sich auf Hrn. Vejux zu vereinigen, der, wie man glaubt, gerade keine 163 Stimmen gegen sich haben würde, wie neulich Hr. Berger. Das Ministerium sucht eine Collision zu vermeiden, die seine Schwäche von neuem offen legen könnte.

Belgien.

Das Ministerium, über dessen Zusammensetzung bis auf den letzten Augenblick die verschiedenartigsten Gerüchte im Umlauf waren, kann seit gestern als constituirt betrachtet werden. Die Liste der Mitglieder desselben ist gestern von Hrn. Lebeau dem Könige vorgelegt worden und dürfte dessen Billigung erhalten. Hr. Devaux, das intellectuelle Haupt der Partei, welche ans Ruder kommt, hatte in den letzten Tagen einen Versuch gemacht, diejenige Fraction der katholischen Partei, welche sich in der letzten Discussion vom Ministerium getrennt hatte, zur Theilnahme an der Gewalt zu bewegen; dringende Aufforderungen waren zu diesem Zwecke an Hrn. Deschamps ergangen, der als einer der Führer der katholischen Linken angesehen werden kann, aber er hatte sie zurückgewiesen. Eben so vergeblich waren die bei dem Baron d'Huart gemachten Bemühungen, ihn zur Annahme eines Portefeuille zu bewegen. Es blieb den Doctrinärs nichts übrig, wollten sie anders der ihnen anvertrauten Mission entsprechen, als rein liberale Elemente unter ihrer Oberleitung an die Spitze der Geschäfte zu stellen. Das ist denn auch geschehen. Das Ministerium, dessen Ernennung, treten nicht anders ganz unvorhergesehene Umstände dazwischen, heute oder morgen im Moniteur erscheinen wird, besteht aus Hrn. Lebeau für die auswärtigen Angelegenheiten und die Präsidenz des Conseils, wie sie Hr. de Theux besaß, Hrn. Rogier für das Innere, Hrn. Liedts, Präsidenten des Antwerpener Tribunals, für die Justiz; Hrn. Mercier, bisher Chef der Verwaltung der directen Steuern im Finanzministerium, für die öffentlichen Arbeiten und den Handel; Hrn. Dumon-Dumortier, einen der Secretäre des Senats, für die Finanzen, und dem General Buzen, commandirenden General der Provinz Brabant und Gouverneur von Brüssel, für den Krieg. Mit Ausnahme des Generals Buzen sind alle Minister Mitglieder der Kammer oder des Senats. Die Bildung dieses Ministeriums ist für die innere Geschichte Belgiens eine Thatsache von der größten Wichtigkeit, es ist der Versuch, eine Verwaltung zu constituiren, die sich ganz außerhalb der katholischen Partei hält, und ihre Stützpunkte daher anderswo als in der Majorität der Nation und der bisherigen Majorität der Legislatur suchen muß. Wie es diese höchst schwierige Aufgabe zu lösen versuchen wird, ist ein Problem, das, so lange wir sein Programm nicht kennen, dunkel bleiben muß. Der auf den 22 d. festgesetzte Zusammentritt der Kammer und die Nothwendigkeit, in der Hr. Lebeau sich alsdann befindet, sein System, wenigstens den Grundzügen nach, darzulegen, werden der Ungewißheit, in der sich Jedermann befindet, bis auf einen gewissen Grad ein Ende machen; das Erstaunen aber, welche diese Zusammensetzung der Verwaltung bei allen denen, die einigermaßen Inneres und Wesen der belgischen Verhältnisse kennen, veranlaßt hat, dürfte dadurch, wie diese Explicationen auch ausfallen mögen, kaum vermindert werden. Der im Ganzen schnell zu nennende Ausgang der Krisis dürfte, zum Theil wenigstens, auch dadurch herbeigeführt seyn, daß Se. Majestät wahrscheinlich in den nächsten Tagen nach Ostern zur Vermählungsfeier seiner Nichte, der Prinzessin Victoria mit dem Herzoge von Nemours, wahrscheinlich nach Fontainebleau abgehen wird, und die neue Verwaltung noch vor der Abreise zu constituiren wünschte.

Italien.

Am verflossenen Sonntag früh kam ein englisches Kriegsdampfschiff hier an, und brachte dem brittischen Gesandten weitere Depeschen, worauf derselbe Sr. Maj. dem König eine Schlußnote vorgelegt haben soll, über deren Inhalt Niemand etwas Näheres anzugeben weiß. Die Bedingungen sollen von Sr. Maj. im Ganzen angenommen worden seyn, jedoch mit der Clausel, daß er sich in seine Souveränetätsrechte auf keine Weise eingreifen lasse. Dieses Gerücht verbreitete allgemeines Vertrauen, was sich durch den raschen Aufschlag der Rente auf 104 am deutlichsten äußerte. Wie es nun aber scheint, verlangt England eine unwiderrufliche und unbedingte Annahme seiner dem König gemachten Vorschläge, da der Gesandte keinerlei Clausel gelten lassen will, welche die definitive Frage wieder in Zweifel stellen könnte. Somit kehrte mit der Ungewißheit auch wieder das Mißtrauen zurück, und den andern Tag, Montag, war die Rente von neuem auf 100 gefallen. Ueber die englische Flotte weiß man nichts Näheres; indessen scheint England doch zu gewaltthätigen Maaßregeln seine Zuflucht nehmen zu wollen, da ein neues heute früh erschienenes Circular des englischen Consuls die im hiesigen Hafen liegenden englischen Capitäne auffordert, mit ihren Schiffen den Hafen so schnell wie möglich, selbst wenn es Extraunkosten verursachen sollte, zu verlassen. Das neapolitanische Dampfschiff, die Marie Christine, das gestern mit 150 Passagieren von Palermo ankam, erhielt sogleich Befehl von der Regierung sich bereit zu machen, und diese Nacht ging es mit einem Regiment Gendarmen nach Sicilien ab, ob nach Messina, ob nach Palermo, weiß man nicht. Eine telegraphische Nachricht soll die Veranlassung dazu gewesen seyn.

Man ist noch immer in Ungewißheit über die fernere Entwicklung der sicilianischen Monopolsfrage. Viele behaupten, daß der König von Neapel sich mehr denn je zur Nachgiebigkeit gestimmt fühle, und daß dem Fürsten0918 von Cassaro die Zusicherung ertheilt worden sey, sein Exil in Foggia werde von keiner langen Dauer seyn. Wie gesagt, es circuliren in diesem Augenblick nur Gerüchte; Gewisses weiß man nichts darüber zu sagen. Es ist jedoch unverkennbar, daß diese Frage, sofern sie in die Politik und nicht in die innere Administration des Königreichs spielt, eine europäische geworden, indem sie bei der auf der Halbinsel herrschenden Stimmung leicht die politische Stellung der Mächte verrücken könnte. Sind die Gerüchte der Resiliation gegründet, so werden die von dem König zu leistenden Vergütungen leicht die Summe von zehn Millionen erreichen.

Wir erhielten heute Briefe aus Malta vom 5 d., welchen zufolge die dort ansässigen Kaufleute aus dem Königreich beider Sicilien von ihrem resp. Consul aufgefordert worden sind, die Insel zu verlassen, und nach ihrem Vaterlande zurückzukehren. Diese Maaßregel trug viel dazu bei, den maltesischen Handel zu hemmen. Die letzten Berichte aus Neapel vom 12 d. sind auch nicht geeignet, auf eine baldige friedliche Ausgleichung der fraglichen Schwefelangelegenheit Hoffnung zu geben. Die Engländer in Neapel bereiten sich vor, die Hauptstadt zu verlassen, und die Assecuranzkammern wollen neapolitanische Schiffe gar nicht versichern. Hier herrscht indeß die Meinung, daß es zu keinem offenen Bruche kommen, sondern durch Vermittlung der großen Continentalhöfe bald Alles ausgeglichen seyn werde.

Schweiz.

Die Baseler Zeitung schreibt: Durch Kreisschreiben vom 13 April theilt der Vorort den Ständen eine Note des brasilischen Obristen Hrn. dell-Hoste mit, um Gestattung von Werbungen für brasilische Dienste. Er wünscht 2600 Mann anzuwerben, der Sold ist der der brasilischen Armee; beim Abschied nach fünf Jahren bekommt der Soldat ein Stücklein Landes von etwa 9000 Quadratschuh. Wenn die gegenwärtige brasilische Regierung berücksichtigt hätte, wie wenig die Schicksale der bisherigen fremden und namentlich der deutschen Truppen in Brasilien geeignet seyn können, künftigen zur Lockspeise zu dienen, so würde sie wahrscheinlich für nöthig erachtet haben, etwas glänzendere Versprechungen zu machen, als 9000 Quadratschuh Urwald. Solche, die etwa Lust haben möchten, von der Einladung des Hrn. dell 'Hoste Gebrauch zu machen und die tropischen Herrlichkeiten zu schmecken, verweisen wir auf das Buch Zehn Jahre in Brasilien von Karl Seidler. Wenn die Leser dann bedenken, daß jene deutschen Truppen unter viel glänzendern Zusicherungen angeworben worden waren, auch unter einer Regierung gedient haben, welche mehr Garantie für die Haltung des Versprochenen gewährte, als eine so vielen Zufällen ausgesetzte Regentschaft, so sind wir überzeugt, daß jedem, der nur einigermaßen im Stande ist, sich in Europa vor Hunger zu schützen, der Vorgeschmack dieser Lecture alle und jede weitere Lust nach dem Militärdienste im Tropenlande benehmen wird.

Die obern Zehnen im Wallis haben sich nunmehr der Verfassung vom 3 Aug. angeschlossen. Dadurch ist die Einheit des Kantons gerettet. Die Mitglieder der gestürzten Regierung des Oberwallis sind noch zerstreut. Der Landeshauptmann v. Courten ist im Kanton Bern, Stockalper im Kanton Freiburg, der Major v. Courten, der seine Truppen, statt sie zu führen, im entscheidenden Augenblick verließ, in Simplon. Taffiner, wie es scheint, der einzige Charakter unter ihnen, in seiner Heimath. Gewiß ist, daß die Regierung des Oberwallis, bevor der Hauptangriff der Unterwalliser geschah, ihre Truppen entlassen hatte, wodurch eben theils die Erbitterung des eigenen Volkes veranlaßt und gerechtfertigt wird, theils dieser ganz unerwartete Ausgang des Zwistes herbeigeführt wurde. Ich sage der ganz unerwartete Ausgang; dafür mag zeugen, daß die Sittener Bürger alle ihre Habseligkeiten geflüchtet hatten, daß die Unterwalliser genöthigt waren, ihren Hauptort Sitten selbst in Belagerungszustand zu erklären, daß der Bischof beim Ausbruch des Streites sich von Sitten ins Oberwallis flüchten wollte. Hätte Taffiner die Oberwalliser geleitet, statt Courten, der Erfolg wäre wohl ein anderer geworden. Auch die Ermordung des Präsidenten Courten wird nunmehr klarer, und ich freue mich melden zu können, daß auch hier die Schuld nicht in dem früher angenommenen Maaße die Oberwalliser trifft. Der Anstifter jener Leute von Naters, welche sich im Zorn über den Verrath ihrer Führer gegen diese selbst wendeten, war, wie uns berichtet wird, selbst ein Verräther: ein Advocat Brignet, der früher schon in einen Criminalproceß verwickelt gewesen war, in welchem er beschuldigt wurde, den Ehemann seiner jetzigen Frau gemordet zu haben. Er wurde dieses Verbrechens zwar nicht schuldig erklärt, aber von der Instanz entlassen. In der neuern Zeit war er, obwohl im Oberwallis wohnend, ein Parteigänger der Unterwalliser. Guten Eindruck macht es nun auf die Oberwalliser, daß der ganze Staatsrath des Unterwallis sich auflösen und dem neu ergänzten großen Rath Veranlassung geben will, den Staatsrath neu zu bestellen.

Deutschland.

Ihre Maj. die verwittwete Königin Karoline, die mehrere Tage leidend war, befindet sich zu allgemeiner Freude auf dem Wege gänzlicher Herstellung. Se. Durchl. der Kronoberstpostmeister Fürst von Thurn und Taxis kam gestern zu einem Familienbesuche hier an, verläßt aber diesen Abend wieder unsre Stadt. Wie immer nach 10 Jahren haben in den nächsten Monaten an dazu bestimmten Tagen in Oberammergau, Landgerichts Werdenfels, die bekannten Passionsvorstellungen im Freien statt. Diese Schauspiele, schon darum interessant, weil sie in solcher Weise wohl nirgend anderswo zu sehen sind, locken jedesmal eine große Volksmenge herbei, und dürften in diesem Jahre um so besuchter seyn, da das unfern gelegene Hohenschwangau durch seine neue Gestaltung eine große Celebrität erhalten hat.

Vor einigen Tagen hat das hiesige Polizeiamt den ersten Band der Druckschrift: Stellungen und Verhältnisse. Von Dr. Gustav Bacherer. Karlsruhe, C. F. Müller'sche Hofbuchhandlung 1840 mit Beschlag belegt und das Stadtgericht denselben bestätigt. (Karlsr. Z.)

Morgen tritt eine zehntägige Vertagung der Ständeversammlung ein, da das Cabinet dem Vernehmen nach den Antrag beider Kammern deßhalb gewährt hat. Die Situation ist und bleibt dieselbe, die sie seit dem Zusammentreten der Kammern oder vielmehr seit dem Falle des Wachsmuth'schen Antrags wegen der Auflösung ist, und wird auch vermuthlich nach Beendigung der Osterferien dieselbe bleiben: die Kammern berathen den neuen Verfassungsentwurf, und werden ihn annehmen, das Cabinet sucht derweil die 2te Kammer in numerischer Hinsicht zu verstärken, was man jetzt, da nicht mehr so scharf auf die Wahlformen gesehen wird, freilich sich ziemlich leicht macht; gar viele Corporationen protestiren fortwährend, und erklären dieß auch in Zuschriften, welche den Kammern übergeben werden, dem Vernehmen nach auch durch neue Beschwerden am Bundestage. Die neue Verfassung wird trotz alle dem zu Stande kommen und publicirt werden: Consens der Agnaten zu derselben wird so wenig gefordert als gegeben werden; auch die Garantie des Bundestags wird man vermuthlich weder nachsuchen0919 noch erhalten. Ein deßfallsiger Antrag in 2ter Kammer ist bis zur dritten Berathung der Verfassung hinausgeschoben. Von den einzelnen Beschlüssen der Ständeversammlung, namentlich der zweiten Kammer, wäre allenfalls des Beschlusses zu erwähnen, der vor einigen Tagen mit 22 gegen 17 Stimmen gefaßt wurde, nämlich daß den Ständen das unbedingte Zustimmungsrecht zu den Gesetzen zustehen sollte. (Die Verfassung von 1819 gibt ihnen nur das Recht der Zuratheziehung, das Staatsgrundgesetz das der Zustimmung, der Entwurf des letztern aber mit Restrictionen, welche es fast annullirten.) Jenes Beschlusses mag erwähnt werden, nicht weil er überhaupt an und für sich von Bedeutung wäre, sondern weil die Mitglieder 2ter Kammer großes Gewicht darauf zu legen scheinen. Daß die Regierung trotz der Restrictionen des Entwurfs das unbedingte Zustimmungsrecht ganz wie im Staatsgrundgesetz werde zugestehen müssen, war längst klar nicht des Landes und der 2ten Kammer, sondern lediglich der ersten Kammer wegen. Denn für diese und deren Interessen ist jenes Recht eine wahre Lebensfrage, und man wußte längst, daß sich die erste Kammer dieses Recht nicht würde nehmen lassen, wie sie denn auch in ihren Berathungen statt ausdrücklich und mit großen Worten ein unbedingtes Zustimmungsrecht zu fordern, die Restrictionen, mit welchen der Entwurf jenes Recht umwickelt hatte, aus der Verfassung hinausvotirte, und dadurch das unbedingte Zustimmungsrecht gewann. In 2ter Kammer ward ein ausdrücklicher Antrag darauf gestellt, und von Hofrath Klenze u. A. m. mit anscheinender Erbitterung bekämpft. Bei der Abstimmung ging indeß der Antrag, wie bemerkt, mit einigen Stimmen Mehrheit durch. Viele Mitglieder der 2ten Kammer, denen die Rolle, welche sie darin spielten, zumal dem immer wachsenden Widerstande außerhalb der Kammer gegenüber, doch anfing etwas unbehaglich zu werden (zumal die Bewohner der Residenz gegen Deputirte durchaus nicht die Verehrung an den Tag legen, deren dieselben in andern Ländern genießen, wo der leidige Liberalismus tiefere Wurzeln geschlagen) viele Mitglieder 2ter Kammer, von denen zu befürchten stand, daß sie aus den Osterferien nicht wieder zu den ständischen Geschäften zurückkehren würden, haben durch dieses Votum eine früher nicht gehabte Ueberzeugung und Bewußtseyn der eigenen Selbstständigkeit gewonnen, und gehen jetzt mit größerer Zufriedenheit über sich und ihre Rolle in die Ferien, aus denen sie nun auch ohne Zweifel nach Ostern zu den ständischen Geschäften zurückkehren werden. Das Cabinet hat daher jenes Votum vermuthlich gar nicht ungern gesehen und das ist wohl die wahre und richtige Bedeutung desselben. Was die Verfassung, wie sie aus der demnächstigen Berathung hervorgehen wird, im Allgemeinen betrifft, so ist wohl das Eine klar, daß sie das Ultimatum des Cabinets ist, und daß daher weder eine stärkere Opposition in 2ter Kammer größere Concessionen zu gewinnen im Stande seyn würde, noch auch in dem Falle, daß noch weniger Opposition in 2ter Kammer wäre als etwa da ist, die Verfassung darum auch weniger Concessionen enthalten werde. Das wissen auch die renitenten Corporationen recht gut, und können sich schon um deßwillen darüber beruhigen, daß sie keine Deputirten geschickt haben.

Schweden.

Bei Gelegenheit des im Conseil gefaßten Entschlusses, die Herabsetzung des Ausfuhrzolls auf das Stangeneisen betreffend, entwickelte der König in einer besondern vor dem Protokoll des Staatsraths gehaltenen Rede die Beweggründe zu dieser Maaßregel, worunter der vorzüglichste war, daß der Preis per Schiffpfund Stangeneisen seit vorigem Jahr um zwei Reichsthaler gefallen ist. Es heißt darin unter Anderem: Als erster Wächter über die Interessen Aller, geziemt es mir dieselben zu vertheidigen, und den financiellen Zerrüttungen zu steuern, worunter seit mehreren Jahren die mächtigsten Staaten gelitten haben. Diese Rede ist in der Staatszeitung in extenso mitgetheilt. Hierüber haben nun die großen Zeitungen (Aftonbladet und Dagligt Allehanda) laute Klagen erhoben. Sie betrachten es als einen Beleg, daß die Mitglieder des Staatsraths als Nullen anzusehen seyen, indem ihnen der König seinen Entschluß kund gebe, ohne ihre Meinungsäußerung abzuwarten. Ein hübscher Anfang einer Ministerialregierung! sagt Dagligt Allehanda. Jedem Unbefangenen leuchtet es indessen ein, daß, obgleich der erwähnte Entschluß von dem König selbst veranlaßt, motivirt und gefaßt wurde, ein solches Verhältniß durchaus nicht vorherrschend seyn könne. Es liegt in der Natur der Sache, daß die Darstellung eines Berichterstatters der Entschließung überhaupt vorangehe und vorangehen müsse, wenn gleich hier eine Ausnahme stattgefunden. Allein um das, was hinter allem diesem eigentlich steckt, zu verstehen, muß man wissen, daß sobald die Staatszeitung die erste Nachricht von der Zollherabsetzung mitgetheilt hatte, Dagligt Allehanda diese wohlthätige Maaßregel dem Einflusse des Grafen Posse zuschrieb. Abends theilte dann die Staatszeitung obenerwähnte Rede mit. Ein solches Dementi konnte Dagligt Allehanda nicht ertragen. Aftonbladet nahm Partei für seinen Collegen, und daher der ganze Lärm. Der Entwurf des Finanzausschusses zur Regulirung der Gehaltsbeträge der neuen referirenden Staatsräthe oder Minister, wie sie insgemein genannt werden, ist von allen Reichsständen mit vielen und eingreifenden Anmerkungen zurückverwiesen worden, worunter diejenigen des Grafen Anckarswärd beim Adel und des Hrn. Petre im Bürgerstande sich durch die Bitterkeit ihrer Ausfälle gegen das bisherige Regierungspersonal besonders auszeichnen. Graf Anckarswärd bemerkte, es sollte wenigstens Ein verständiger Bauer in den Staatsrath des Königs aufgenommen werden, damit auch dieser Stand seinen Repräsentanten daselbst habe. Hr. Petre berechnete, daß, wenn der vorgeschlagene Gehalt festgesetzt würde, jedes Mitglied des Staatsraths für jeglichesmal, daß es in die Rathskammer träte, eine Belohnung von 125 Rthlrn. erhielte. Uebrigens trug Hr. Petre darauf an, daß bevor irgend ein Entschluß hinsichtlich der Besoldung gefaßt werde, die Stände zuerst von der Regierung einen vollständigen Entwurf der Organisation der verschiedenen Staatsdepartements verlangen sollten, damit das Personal der Beamten nicht allzu zahlreich werde. Bekanntlich hat der König erklärt, er wolle seine schließliche Gutheißung der neuen Organisirung des Staatsraths nicht eher geben, als bis die Stände den neuen Beamten einen anständigen Gehalt angewiesen hätten. Da nun das Gutachten des Finanzausschusses zurückgewiesen worden, also neue Ueberlegungen im Ausschusse statthaben müssen, steht es noch im weiten Felde, wie bald diese Frage abgemacht werden kann. Nachdem das Commerzcollegium amtlich einberichtet, daß im Mittelmeer Caper erschienen, und schon mehrere Fahrzeuge verfolgt haben, hat der König, besonders durch eine Bittschrift der Handelssocietät zu Gothenburg dazu veranlaßt, die schleunige Ausrüstung von zwei Kriegsgoeletten anbefohlen, um zur Beschützung der schwedischen und norwegischen Handelsfahrzeuge im Mittelmeer auszulaufen.

Oesterreich.

Der regierende Herzog Adolf von Nassau wird erst Ende Mai Wien verlassen. Man spricht von einer bevorstehenden Abänderung in der Eintheilung der Länder der österreichischen Monarchie hinsichtlich der Finanzverwaltung. 0920Dieser Abänderung zufolge würde Krain zu Steiermark geschlagen, das Küstenland hingegen mit Dalmatien vereinigt werden. Graf Fiquelmont, österreichischer Botschafter am Hofe zu St. Petersburg, trifft Anstalten zur Abreise auf seinen Posten. Man glaubt, daß Se. Exe. im Laufe des nächsten Monats nach Rußland abgehen werde. Zugleich wird Fürst Esterhazy Wien verlassen, um in London den bevorstehenden Berathungen beizuwohnen. Man ist der Meinung, daß die in Ungarn hinsichtlich der Juden gefaßten Reichstagsbeschlüsse die königliche Sanction nicht erhalten werden.

0913

Holland im April 1840.

Das Königreich der Niederlande, wie es jetzt noch steht, wird zu wenig verstanden. Während der Parvenu im europäischen Völkerrecht, das illegitime Kind, dessen fehlender Taufschein nur ungern zu London durch eine Notorietätsacte ersetzt wurde, während Belgien seine Operationen fast auf offener Straße ausgeführt hat, war Holland, das alte solide Haus, keineswegs bemüht, seine stillen Geschäfte zur allgemeinen Kunde zu bringen. Es liegt dieß zunächst im geschlossenen Nationalcharakter; dann in der holländischen Tagespresse, die kaum die Gränze überschreitet, und sich in der Regel auf Auszüge, Handelsnachrichten und kleine Anzeigen beschränkt. Das französische Journal de la Haye, obgleich jetzt nicht mehr von Franzosen geschrieben, obgleich halbofficiell, kann doch nicht für den Ausdruck irgend einer nationalen Gesinnung gelten. Aber auch die Stimmung der benachbarten deutschen Rheinlande kommt, wegen Verschiedenheit der Religion und Handelsinteressen, einer Vermittlung, einer richtigen Kunde des politischen Zustands von Holland nicht zu Statten. Dennoch werden die niederländischen Angelegenheiten täglich wichtiger für Deutschland. Nicht die natürlichen Bande der Verwandtschaft, nicht die gegenseitigen Bedürfnisse der Allianz und Vertheidigung, des Handels und Credits sollen hier zur Sprache kommen der Verfassungskampf ist es, der jetzt die Aufmerksamkeit verdient. Vom südlichen und westlichen Europa aus hat der Kampf um repräsentative Staatsformen öfter, auch wenn er siegreich ausfiel, auf Deutschland ungünstig zurückgewirkt. In Holland aber handelt es sich jetzt nicht von abstracter Ideologie, sondern vom einfachen ehrlichen Haushalt, nicht von einem Eldorado der Wünsche, sondern von der harten Noth und Möglichkeit des Bestehens; hier ist endlich nichts zu sagen von einer Handvoll Factiosen, es erscheint vor den Schranken eine gewöhnlich leidenschaftslose, aber erfahrene Nation, deren überwiegende Mehrzahl den Charakter des ruhigen, begüterten, mittleren Bürgerstandes trägt; sie erscheint fast vollzählig, und glaubt durch die Erinnerung der letzten Jahre sich Anspruch auf Gehör erworben zu haben.

Gerade jetzt, im zehnten Jahre nach der Entzweiung, gerade in diesen Tagen des verhängnißvoll begonnenen Jahres 1840 da eben der letzte Vergleichstermin und die Bedenkzeit für die Regierung zu Ende geht, mag es an der Zeit scheinen, durch einen Blick rückwärts den Stand der Gegenwart zu constatiren.

Nach den Brüsseler Ereignissen von 1830 hat jeder Unparteiische Holland Gerechtigkeit widerfahren lassen. Solches Zusammenhalten aller Stände unter sich und mit dem Königshause, solche Aufopferung und so viel jugendliche Energie, hatten wenige von dem bequemen Volk erwartet. Beide Länder waren bald über die Scheidung einig; aber die Holländer nahmen den Abfall, die Beleidigung gegen das Königshaus, als eine Nationalbeleidigung auf, und das Benehmen der Belgier erleichterte dem König noch lange seine Anstrengungen, indem es die Holländer in jener Meinung bestärkte. Man nannte diese öfter damals die royalistischste unter allen Nationen. Ihre Mäßigung und Klugheit wurde auch von andern Seiten anerkannt; sie hatten volle Preßfreiheit, ohne Mißbrauch repräsentative Stände, ohne Majoritätskrisen; man sah den Handel neu aufblühen, die Colonien bezahlten die Heere des Mutterlandes, und die Industrie nahm nach der Trennung erst recht ihren Aufschwung. Einigkeit bis zum Frieden war die Losung in allen Ständen, besonders in den Generalstaaten; hier war man von frühern Zeiten her noch gewohnt, trotz allen Fractionen holländischer Meinungen, mit dem König gegen Belgien zusammenzuhalten; die Zusammensetzung beider Kammern verewigte jene Gewohnheit; außerdem aber hatte der König, als Politiker und Financier ganz der Mann seines Volks, den höchsten persönlichen Credit. Eintracht macht Macht: im Felde, in den Unterhandlungen, an der Börse; sie beschleunigt den Frieden, also Einigkeit bis zum Frieden. Einige ganz gemäßigte Mitglieder der zweiten Kammer wollten sogleich eine Veränderung im Grundgesetz, um den Staat auf sein natürliches Maaß zurückzuführen; die Regierung wünschte aber diese Discussion bis zum Frieden zu verschieben, indem sie versprach, dann bestimmt darauf einzugehen die Generalstaaten gaben es zu; dann werde Ersparniß, Revision, Herstellung von Alt-Niederland dieses hoffte Jeder so wie er es verstand gleichsam von selbst sich ergeben. Also nochmals, Einigkeit bis zum Frieden war und blieb diese neun Jahre hindurch der stillschweigende Staatsvertrag zwischen Regierung und Volk, freilich von beiden Theilen verschieden ausgelegt, verschieden betrieben.

Damals lebte noch ein edler holländischer Staatsmann, Graf G. K. van Hoogendorp; er berieth in einer Reihe populärer Flugschriften die öffentliche Gesinnung seiner Nation, je nachdem die Ereignisse wechselten; obgleich selbst zurückgezogen von Geschäften, vermittelte er freundlich zwischen dem Hause Oranien und den Interessen des Volks; er ermahnte auch zu Eintracht und Kraft, aber, meinte er, eine solche Kraft ist nirgends auf die Dauer zu finden, als in der Wiederfeststellung des Staats durch ein Grundgesetz, worin deutlich geschrieben steht: die Verantwortlichkeit der Minister, unmittelbare Wahlen, Oeffentlichkeit der Finanzen und Freiheit des Handels. Diese Constituirung des Staats wünschte er mit besonnener Raschheit damals sogleich vorzunehmen. Die Nation ist jetzt erfüllt von edelm Enthusiasmus, die Herzen sind gestimmt zur Vaterlandsliebe, ein solches nationales Stück wie ein Grundgesetz kann jetzt mit allgemeiner Zustimmung aufgesetzt werden. Nach dem Frieden, in einer Zeit der Ruhe, wird mehr Spaltung der Meinungen seyn, dann werden wir wieder von politischen Parteien hören. Noch schlimmer wäre es, wenn man das Werk dann, nach so langem Aufschub, auf die lange Bank schöbe, oder anerkannten Beschwerden kein Gehör gäbe. Dann würde man sich einem endlichen Bruch aussetzen, wie er in Belgien stattgefunden, und wir müßten das Grundgesetz durch eine Revolution erkaufen, mit allen Leiden, die dazu gehören. Dieß liegt in der Art der Sache und würde unvermeidlich geschehen. Hoogendorp warnte endlich sehr vor allem Provisorischen, was seitdem der Charakter fast aller Maaßregeln der Regierung wie der Generalstaaten geworden ist er hat den Frieden nicht mehr erlebt.

Seit jener Zeit waren die Ereignisse, so mannichfaltig drohend sie überall in Europa waren, doch einer oranischen Restauration nicht günstig. Weder der gelungene und ruhmvolle Einfall der holländischen Armee in Belgien, noch die Schutthaufen der Citadelle von Antwerpen, weder die Ausdauer der Nation, noch die Theilnahme der verbundenen Mächte beschleunigten die Entscheidung. Zweimal jährlich hatte der Minister des Auswärtigen das Bedauern auszudrücken, daß der politische Horizont noch immer umwölkt, die Zukunft verschleiert, daß die Unterhandlungen noch nicht zur gehörigen Reife gebracht seyen, während der Zustand der Geldmittel (worüber der Finanzminister0914 seine fast sprüchwörtlich gewordenen Sophismen ergoß) den Umständen nach als befriedigend gelten könne. Die diplomatischen Actenstücke, worin Hr. Verstolck, gegen die Grundsatzlosigkeit der Zeiten protestirend, an das Urtheil der Nachwelt appellirte, wären im ältern Völkerrecht Meisterstücke gewesen. Aber Niemand wollte den Krieg. So mußte Holland endlich beim König auf Frieden andringen, und er ward im neunten Jahre geschlossen.

Nach dem Frieden würden politische Parteien seyn, das hatten Manche vorausgesehen. Sie haben sich zwar noch nicht so abgezeichnet, daß jede die Köpfe der Ihrigen zählen könnte; aber die geistigen und materiellen Eintheilungsgründe sind bereits zu erkennen, einzelne Namen tauchen auf als Vertreter bestimmter Tendenzen, Tagsblätter und Flugschriften messen ihre Kräfte. Die Einstimmigkeit, die sich gegen die ersten bloß formellen Revisionsvorschläge der Regierung vernehmen ließ, beweist, daß es einige Punkte allgemeiner Opposition oder vielmehr allgemeinen Verlangens gibt. Diese sind 1) Oeffentlichkeit der Finanzen, besser verbürgt als durch die jetzt vorgeschlagene Umsetzung des Amortisations-Syndicats; 2) Verantwortlichkeit der Minister, ein Ministerium mit bestimmten politischen Grundsätzen. Bei der weiteren Ausführung trennen sich aber die Ansichten; politische Schule und Religion, Provincialismus und persönliche Stellung lassen nach dem Gegenstand und Grad der Wünsche etwa folgende Parteien unterscheiden:

1. Die gemäßigte ständische Opposition. Die Mitglieder der zweiten Kammer sind jetzt fast sämmtlich, wo nicht aus Ueberzeugung, doch durch die öffentliche Stimmung und die drohende eigene Verantwortlichkeit, zur Opposition genöthigt. Ihre kräftigsten Vorstreiter, die jüngst die Initiative zu ergreifen drohten, können in mancher Beziehung doch noch als sehr gemäßigt gelten. Die meisten würden, wenn die Regierung nur im Finanzpunkt offen seyn wollte, sich gern mit einem Minimum der Revision begnügen (sie wollen z. B. keine Auflösbarkeit der Kammer, kein neues Wahlgesetz, keine directen Wahlen, sondern, wie bisher, durch die Provincialstände). Sie begrüßten neulich des Königs Verzicht auf die vielbesprochene Vermählung als eine bereits errungene Friedenspalme. Das Amsterdamer Handelsblatt steht am nächsten in Beziehung zu dieser Farbe, und die Vorschläge des Professors Thorbecke können im Ganzen als das Manifest derselben gelten. Von der ersten Kammer, die ohne alle Kategorien von Verdiensten (wie man sie jetzt in Frankreich hat) bloß aus einer Anzahl Hofbeamten und Staatsdiener zusammengesetzt ist, kann hier gar nicht die Rede seyn.

2. Die radicale Opposition will das schulgerechte Repräsentativsystem, wie es ohne erbliche Aristokratie ausfallen kann, directe Wahlen zur zweiten Kammer nach der Seelenzahl, zur ersten nach gewissen Kategorien, theils Ernennung des Königs, theils Vertretung der Universitäten, Gerichtshöfe u. s. w., wogegen der Staatsrath wegfallen soll. Dieß ist wenigstens der Vorschlag eines Haupts dieser Partei, des Advocaten D. Donker Curtius, in seiner Probe eines neuen Grundgesetzes und andern Flugschriften; übrigens ist er zu originell, um durchgängig als Ausdruck der Radicalen zu gelten; er behauptet sogar monarchischer zu seyn als Thorbecke in dessen Probe einer Revision des Grundgesetzes. Die radicale Partei könnte leicht in den Generalstaaten viele Stimmen gewinnen, wenn es zu einer Berufung derselben in doppelter Anzahl kommen sollte; sie ist offenbar im Wachsen. Ihr Hauptorgan, die Arnhem'sche Courant , griff die Vermählung des Königs als etwas Gleichgültiges, rein Persönliches durchaus nicht an (darin übereinstimmend mit der katholischen Opposition); desto heftiger sind die Artikel gegen die Finanzoperationen und die persönliche Regierung.

3. Die katholische Opposition hat der Mehrzahl nach eine ganz provincielle Stellung. Die Katholiken im eigentlichen Holland waren in der letzten Zeit zufrieden; sie verlangen nur bei einem neuen Grundgesetz nicht in Nachtheil zu kommen. Gegenüber der ehemals herrschenden reformirten Kirche sind sie, meistens noch jetzt den niedern Ständen angehörig, in Holland in einer moralischen Inferiorität. Das katholische Nordbrabant dagegen, der breite Strich Haideland, der die Festungslinie von Bergen-op-Zoom nahe der See, Breda, Herzogenbusch, Grave bis Nymwegen und zur deutschen Gränze hin umfaßt, und Holland von Belgien trennt diese Provinz, dieses ehemalige Unterthanenland sammt dem wiedererhaltenen Limburg, ist noch fortwährend schlecht holländisch, blickt häufig nach Belgien hinüber und sucht eigentlich nur Vorwand zu Streit und Opposition gegen Holland. Das Hauptorgan, der Nordbrabander , hat neuerlich eine drohende Stellung eingenommen; die heftigsten Artikel werden in kleinen Auszügen durch alle Provinzen hindurch umsonst vertheilt; sie tragen die Adresse an die katholische Hälfte der niederländischen Nation , und melden unter Anderm was in Holland sehr übel aufgenommen wird daß dieselben Mittheilungen am selben Tag auch in Paris gedruckt werden sollen. Die katholische Partei fürchtet, daß die reformirte Kirche bei der Revision wieder das Uebergewicht erhalten möchte, wäre es auch nur durch den Ausspruch, der König müsse dieser Kirche angehören. Beschwerden und Wünsche der Geistlichkeit, der übrigens keine Vorwürfe zu machen sind, beziehen sich jetzt nur auf das Unterrichtswesen. In diesem Punkt ist sie wiederum übereinstimmend, jedoch nicht verbunden mit der orthodoxen reformirten Geistlichkeit.

4. Die historische Opposition wird hier zuletzt angeführt, weil sie eigentlich keine Partei, sondern nur eine politische Schule ist (in Deutschland der Haller'schen am nächsten); ferner weil sie bis jetzt an Zahl und Einfluß die schwächste ist. Sie unterstützt die Regierung, wo sie es immer ihrer Ueberzeugung nach vermag; sie möchte ihr, wie der ganzen Nation, wieder mehr religiösen Geist einflößen, eine Staatskirche für das reformirte Holland wieder aufrichten, den Katholiken in Nordbrabant ihre erworbenen Rechte lassen, in ihrer Provinz sogar, unter getrennter Verwaltung, die katholische Kirche als herrschend anerkennen, für Holland aber den geschichtlichen Geist der Reformation wieder in Anspruch nehmen. Diese Meinung, welche durch den Anschluß der strenggläubigen Geistlichkeit sich leicht sehr verstärken könnte, wird in ihrem politischen Theil noch gar nicht verstanden, vielmehr fast von allen Seiten angefeindet. So freimüthig, redlich und geistvoll auch die verderblichen Wirkungen der Centralisation und des französischen Liberalismus bei Regierung, Generalstaaten und Nation nachgewiesen werden, bleibt es doch eine unüberwindliche Schwierigkeit für das Königreich der Niederlande einen historischen Maaßstab aus den alten vereinigten Niederlanden zu entnehmen; es kann nicht wohl ein Normaljahr der politischen Zustände, sondern höchstens ein Normaltypus des Nationalcharakters für eine solche Restauration angegeben werden. Der Name, der aus dieser Opposition, doch zugleich unter allen Schriftstellern Hollands hervorragt, ist der des frühern Cabinetssecretärs Groen van Prinsterer. Als Staatsrath aus dem Dienste getreten, hat er seine Grundsätze vor und nach der Juliusrevolution lange Zeit in dem periodischen Blatt Niederländische Gedanken ausgeführt; unter seinen kleineren politischen Schriften hat zuletzt noch die Schutzschrift für die Separatisten großes Aufsehen0915 gemacht. Jetzt aber hat er in seinen Beiträgen zur Revision des Grundgesetzes in niederländischem Sinn eine vollständige Schilderung und scharfe Kritik der niederländischen Zustände gegeben und schließlich für den Augenblick von jeder Veränderung abgerathen.

Zwischen allen diesen Oppositionen steht nun die Regierung. Der König, der nach dem Grundgesetz die zweite Kammer nicht auflösen kann, hat dagegen immer die Nichtverantwortlichkeit seiner Minister behauptet, und somit eine Regierung und Verwaltung auf eigenen Namen und Gefahr in Anspruch genommen. Er allein handhabt alle Regierungsrechte; er allein verwaltet die Finanzen als Haupt des Staats, als Haupt des Hauses Oranien; er selbst und allein ist der Schöpfer seines ganzen Regierungssystems. Doch haben nothwendig die Werkzeuge des königlichen Willens und Wirkens, wenn er gleich politische Charaktere von bestimmter Farbe und Bedeutung in seine Nähe zu ziehen vermieden hat, wenigstens ein gewisses Gepräge politischer Erziehung. Die meisten Staatsbeamten in höheren Stellen sind in der französischen Schule der Republik, des König - und Kaiserreichs gebildet. Diese doppelte Beschaffenheit in den höchsten Regionen erklärt hinreichend, wie auf solchen Grundlagen der Verwaltung trotz Municipalfreiheiten, Provincialständen, Volksvertretung und allen Bürgschaften, die das Grundgesetz enthält dennoch der gewöhnliche Geist der Centralisation und Bureaukratie Alles in sich hat aufnehmen können. Merkwürdig ist dabei, daß weder die fünfzehn Friedensjahre noch die letzten zehn Jahre des Kriegs und Provisoriums einen einzigen Staatsmann hervorgebracht haben, auf welchen in der gegenwärtigen Krisis alle Blicke und Hoffnungen gerichtet wären.

Die Dichter Oesterreichs.

In einer größeren Correspondenz aus Wien, die neulich das Morgenblatt mittheilte, fanden wir folgende Bemerkungen: Die großen Güterbesitzer gefallen sich jetzt viel mehr im Sparen als im Glanz der äußern Erscheinung. Die Aristokratie wirft jetzt nicht mehr das Geld zum Fenster hinaus, wie in frühern Zeiten, wo der Bürger nur auf der Straße zu stehen brauchte, um es aufzufangen; man scheint einzusehen, daß es zwar eine schöne Sache um das Privilegium, aber eine eben so schöne um den Besitz ist. Die revolutionären Bewegungen des Geldes, wodurch viele hiesige Kaufleute ihr Haupt so hoch wie mancher grau bemooste Stammbaum erheben, scheint eine Reaction nöthig zu machen; man sucht den Feind durch seine eigenen Waffen zu schlagen, Geld durch Geld, Besitz durch Besitz; das Gewicht des historischen Rechts und des Privilegiums fällt dann um so schwerer in die Schale. Beispiele wie die des Grafen F. Palfy werden immer seltener, und wenn sie vorkommen, so ist es meist bei dem ungarischen Adel der Fall; der österreichische und böhmische kann als Muster von Sparsamkeit gelten. Es ist hier nicht der Ort, den Grund dieser Erscheinung zu erörtern, immerhin aber mag man es als eine Geburt der Zeit betrachten, die, wenn ihre Ideen auch nicht bei jedem zum klaren Bewußtseyn geworden sind, doch gewissermaßen ein Anempfinden, ein traumhaftes Ahnen hervorruft, welches instinctartig zu Präservativen greift. Und ist es nicht ein der Zeit dargebrachter Tribut, daß man unter dem österreichischen Adel so viele zählt, welche von dem hohen Balcon herabsteigen und sich unter die Schaar der Kämpfenden mischen, die um den Preis ringen, den die Dame Publicität ertheilt? Die Grafen Auersperg, Bouquoi, Mailath, Szécheny, Sternberg etc., die Fürsten Lichnowsky, Friedrich Schwarzenberg gehören zu den ersten Familien des Kaiserstaats, und nun erst die ganze Reihe von Namen aus den Geschlechtern zweiten und dritten Rangs, die Barone und Ritter Josika, Münch, Zedliz, Schlechta, Bodenfeld (Eduard Silesius), Prokesch, Nimbtsch (Lenau), Leitner, Nell, Lanoy u. s. w. Während man im übrigen Deutschland die Bemerkung gemacht hat, daß unter drei Schriftstellern immer ein Jude ist, so kann man hier bei einer ähnlichen Zählung finden, daß unter dreien immer ein Adeliger ist. Es ließe sich hier eine lange Reihe von Bemerkungen anknüpfen, und es wäre nicht schwer, nachzuweisen, daß diese Erscheinung keine zufällige ist, um so mehr, als die Reihen sich immer mehr und mehr füllen. So sahen wir unlängst im Burgtheater ein neues Trauerspiel von einem bisher unbekannten jungen Poeten: Ein weibliches Herz , vom Grafen v. Heusenstamm. Trotz der verworrenen Handlung und der ebenso verworrenen Zeichnung der Charaktere gibt sich doch ein tüchtiges poetisches Talent, wenn auch nicht aus dem Ganzen, doch aus mannichfachen Einzelheiten kund. ...

Lenau war mehrere Wochen von hier abwesend; wie es heißt, hat er in Begleitung seines Freundes, des Grafen Alexander von Würtemberg, eine Reise nach Stuttgart gemacht, um dort die Correctur der neuen Ausgabe seiner Gedichte persönlich zu besorgen; beide Herren sind jedoch bereits wieder hieher zurückgekehrt, da der Graf Alexander gesonnen ist, den ganzen Winter hier im Kreise seiner Familie er ist ein Schwiegersohn des Grafen Festiticz zuzubringen. Sonderbar genug sind sowohl seine Gedichte als seine Lieder des Sturms hier verboten. Ein dritter Band Gedichte soll nächstens erscheinen, und zwar unter dem Titel: Lieder eines Friedenssoldaten. Die Erscheinung des Grafen Alexander, sein ritterliches Wesen imponirt in unsern Salons, seine hohe Gestalt, so wie jener Zug von Ernst und Schwermuth im Gesicht, den fast alle schwäbischen Dichter gewissermaßen als Familienzeichen haben, erwecken die Sympathie unserer Damen und machen ihn zu einem Hauptbestandtheil ihrer Conversation. Vergleiche mit dem Fürsten Pückler, so entfernt sie auch liegen, bleiben nicht aus, da beide als Gäste sich hier befinden. Eine unserer tonangebenden Damen meinte, Graf Alexander verhalte sich zum Fürsten Pückler comme le chevalier du moyen age á celui du siècle de Louis XIV.

Weil wir gerade in dem Kreise der adeligen Litteratur uns befinden, so kann ich nicht umhin, jenes Gerücht Lügen zu strafen, welches ein norddeutsches Blatt (die Leipziger Allg. Ztg.) in Bezug auf Anastasius Grün verbreitete. Allerdings kommt Graf Auersperg durch seine Vermählung mit der Gräfin Atems in Verbindung mit einer Familie von den strengsten aristokratischen Grundsätzen. Allein liegt darin ein Grund, daß er der Poesie Valet sagen muß? Graf Auersperg kann mit keiner edlern und ältern Familie in Verbindung treten, als seine eigene ist. (In unsern Urkunden findet sich ein Adolf v. Auersperg bereits im Jahr 1060, während der erste Atems erst im Jahr 1086 nachzuweisen ist. Sechsundzwanzig Jahre später welch ein Gewicht für so subtile Wage!) Bereits seit einem Jahr heißt es, Graf Auersperg werde sich um den Kammerherrnschlüssel bewerben. Gesetzt auch, es geschieht, schließt der Kammerherr den Poeten aus? Auersperg hat selbst in seinen liberalsten Gedichten nie ein Wort ausgesprochen, wodurch er consequenterweise die Nähe des Throns meiden müßte. Vielmehr ist sein Gedicht: An den Kaiser (in den Spaziergängen) von so warmer Loyalität und inniger Anhänglichkeit, daß wir uns den Dichter dieses Liedes sehr gut als einen der Treuesten im Gefolge seines Herrn denken können. Die Tories führen in England eine weit ärgere Sprache, als0916 Auersperg in seiner höchsten poetischen Begeisterung sich je erlaubt, und die Whigs sind in frühern Zeiten noch weiter gegangen hat sie das aus der Nähe des Monarchen verbannt? Die deutschen Liberalen verwechseln so gern den Begriff der Opposition mit dem der Demagogie; und bei allem wirklichen oder affectirten Franzosenhaß incliniren sie doch weit mehr zu den Revolutionssprüngen unserer überrheinischen Nachbarn als zu dem ruhigen Reformschritt unserer angelsächsischen Stammesverwandten. Lassen wir den Grafen Auersperg immerhin sich um den Kammerherrnschlüssel bewerben bis jetzt ist es noch nicht geschehen und warten lieber die Herausgabe seiner neuesten Dichtung: Der Mönch vom Kahlenberg ab, welche leider bis jetzt noch nicht erfolgt ist.

Der als lyrischer und epischer Dichter wohlbekannte Dr. Ludwig August Frankl hat sich ein schönes Verdienst durch die Herausgabe der hinterlassenen Dichtungen Hilschers erworben. Dieser Hilscher ist wohl eine der merkwürdigsten poetischen Abnormitäten unserer Zeit. Man denke sich einen gemeinen österreichischen Soldaten, der in kalten Winternächten, während er Wache steht, den Byron recitirt und Strophe für Strophe in die schönsten Verse übersetzt, die je die Gedanken eines fremdländischen Dichters in deutscher Zunge wiedergaben. Auf meiner Rückreise von Rom nach Neapel, erzählt Frankl, im Frühling 1837 kam ich nach Mailand. Es war meine erste Beschäftigung, unter der dortigen Garnison den Fourier Hilscher aufzusuchen; denn aus einigen Gedichten war er mir als ein bedeutsames Talent bekannt worden, und die wenigen Mittheilungen über seine Persönlichkeit und seine Lage machten mir ihn immer interessanter. Ich lernte einen Menschen kennen, der, wäre bei seiner Geburt die Constellation günstig gewesen, mit seinem Talent weithin geglänzt hätte; allein das Soldatenkind steckte unter dem Militär, Niemand suchte in der Caserne einen Dichter, der gemeine Soldat konnte nicht aus der Fronte heraustreten, und der gleichgeformte Tschako verdeckte seinen blitzenden Genius wie andere gewöhnliche Köpfe; er verkümmerte. Nicht das Exerciren, nicht das Flintenputzen, nicht das Commißbrod war seinem Aufstreben ein unbesiegbares Hinderniß; aber die zwiespaltige Stellung zur Gesellschaft, zu seiner Umgebung entnervte ihm Kopf und Herz, machte seine Phantasie und sein Gefühl erbleichen. Der Corporal ein Dichter! Man spottete, man lächelte, dann flüsterte man: nicht übel, recht hübsch, endlich klopfte man dem Soldaten auf die Schulter, hieß ihn Freund, aber natürlich unter vier Augen, während man ihn öffentlich nach seinem untergeordneten Rang behandelte; man protegirte ihn, aber mit jener Vornehmheit, mit jener Anmaßung, die das Herz vergiftet und den Geist demüthigt.

Hilscher wurde 1804 zu Leitmeriz in Böhmen geboren, woselbst sein Vater Regimentsprofoß war. In seinem achtzehnten Jahre kam er als Gemeiner zum Militär. Ein ungemeiner Hang, sich zu belehren, wurde durch einen seiner Cameraden Namens Dahl noch mehr genährt. Dieser Dahl war gleichfalls eine jener Abnormitäten, welche die österreichische Armee durch ihre weiße Uniform nivellirt. Bald nach Kotzebue's Tode nämlich kam nach Laibach ein Mann, der sich als Gemeiner anwerben ließ. Er nannte sich Friedrich Dahl, und gab vor, aus Frankfurt an der Oder gebürtig zu seyn. Seine großen Kenntnisse in den meisten militärischen Fächern, vorzüglich in der Mathematik, zeigten bald, daß man es hier mit keinem gewöhnlichen Menschen zu thun habe. Dahl war überdieß mit allen modernen Sprachen vertraut, hatte den größten Theil Europa's bereist; alles dieß ließ ahnen, daß ein ganz besonderes Geheimniß hier im Spiele seyn müsse. Die Achtung vor Dahls Kenntnissen ging auch so weit, daß man ihn bis zum Rang eines Corporals erhob. Später wurde er wegen eines bedeutenden Subordinationsfehlers wieder zum Gemeinen degradirt; nach der Veröffentlichung dieses Urtheils ging Dahl in den Profoßenarrest zurück, verrammelte die Thüre, und tödtete sich durch einen Schuß seines Gewehrs. Obgleich Dahls wirklicher Name nie ermittelt werden konnte, so führten doch alle Umstände zur Ueberzeugung, daß er früher preußischer Officier gewesen sey; er selbst gestand ein, daß er ein Freund Sands und mit in das Attentat gegen Kotzebue verflochten gewesen. Dieser Dahl hatte auf Hilscher den meisten Einfluß; er unterrichtete ihn, und nährte den Trieb und das Talent zur Poesie in ihm, welche ihn für die Leerheit und Geistlosigkeit seiner Umgebung entschädigte. Aber eben dieser Conflict der äußern und innern Welt zehrte ihn auf. Eine unglückliche Liebe und das tragische Ende seines einzigen Freundes vermehrten noch die angeborne Melancholie Hilschers, und diese Lebensstimmung spricht sich in allen den Gedichten aus, die Frankl nun dem Publi um mittheilt. Diese Stimmung war es, welche an seinem innersten Mark nagte, und in Mitte der lachenden Fluren Italiens steht nun das Grab eines deutschen Poeten. Auf dem stillen Militärfriedhof San Giovanino in Mailand ist der österreichische Soldat und deutsche Dichter Joseph Emanuel Hilscher am 5 November 1837, von wenigen Personen geleitet, zur ewigen Garnison eingegangen. Das Publicum aber erhält nun eine Sammlung von Liedern und Nachdichtungen, wovon namentlich die letzteren schwerlich ihresgleichen haben möchten, und ich darf es auf die Autorität eines wohlbekannten deutschen Uebersetzers des Byron wagen, Hilschers Uebertragung des Manfred als unerreicht anzupreisen.

Die südöstlich von China gelegenen Inselgruppen und ihre Colonisirung durch die Engländer.

(Beschluß.)

Die Chinesen hatten niemals die Absicht, außerhalb der von der Natur gezogenen Gränzen ihres Reiches Eroberungen zu machen. Nur der Zufall und die Nothwendigkeit, sich selbst zu vertheidigen, machten sie im Laufe der Zeit zu Herren einiger der benachbarten Länder und Inseln. Dieß war auch mit Tai wan der Fall. In der Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts hatten chinesische Seeräuber einiger Bezirke von Tai wan sich bemächtigt, machten von hier aus das ganze südliche chinesische Meer unsicher, und nicht selten landeten sie an den Südküsten des Reichs und begingen hier die furchtbarsten Grausamkeiten. Diese Seeräuber hatten auch von der Gruppe Pong hu Besitz genommen, und es mußten nun die Ming, welche damals noch den Thron China's inne hatten, Alles aufbieten, um die südlichen Gewässer von den Piraten zu reinigen. Diese Unternehmung fiel glücklich aus. Pong hu ward (1564) wiederum erobert, und auch die Schlupfwinkel der Piraten auf Formosa wurden zerstört. Man dachte bereits zu dieser Zeit daran, sich der ganzen Insel zu bemächtigen, was aber bei dem damaligen zerrütteten Zustande des Reichs nicht möglich war. Man war genöthigt, nach andern Richtungen hin gegen die aufkeimende Macht der Mandschu, wie gegen die Japaner, welche sich der nördlichen Kreise des Landes bemächtigt hatten, alle Kräfte des Reiches aufzubieten. Unter solchen Umständen kamen die Japaner den Chinesen auch in der Besetzung Formosa's zuvor, wo sie gegen das Jahr 1620 landeten und alle Vorbereitungen trafen sich daselbst bleibend niederzulassen. Ungefähr zu derselben Zeit bemächtigten sich auch die Holländer, mit Erlaubniß der Japaner, einiger Küstenstriche,0917 erbauten hier, an dem Nordende der Insel auf einem Sandhügel, das Castell Zeeland und suchten nach und nach der ganzen Insel Meister zu werden. Es gelang ihnen in kurzem mit zwölf auf der Nordseite der Insel gelegenen Oertern, und auch die andern hätten sich in der Folgezeit sicherlich ihrer Herrschaft fügen müssen, wenn die Niederländer verstanden hätten sich hier zu behaupten. Es wurden zu dieser Zeit Schulen errichtet, um die Kenntniß der holländischen Sprache und europäischer Gesittung unter den Eingebornen zu verbreiten; es wurden Schul - und Lesebücher in der Sprache Formosa's gedruckt und selbst einzelne Theile der heiligen Schrift übersetzt. Die Eingebornen zeigten sich sehr gelehrig, und das Christenthum schlug hier in wenigen Jahren so feste Wurzel, daß es sich selbst noch lange Zeit nach der Vertreibung der Niederländer, unter der chinesischen Herrschaft behaupten konnte.

Es waren schon früher eine Anzahl Chinesen auf der Insel, die sich jetzt, nachdem die Japaner bald ihre Niederlassung aufgegeben und die Holländer beinahe des ganzen westlichen Theiles der Insel sich bemächtigt hatten, außerordentlich vermehrten. Es waren dieß durchgängig Feinde der Fremdherrschaft der Mandschu. Die Chinesen sind aber, wie dieß die Europäer in ihren Besitzungen auf dem östlichen Archipelagus mehrmalen zu ihrem großen Nachtheil erfuhren, sehr gefährliche Unterthanen. Wo ein Bewohner des Mittelreichs sich niederläßt, folgen alsbald Tausende nach, die bei günstiger Gelegenheit darauf ausgehen, des neuen Vaterlandes Meister zu werden. Diese Erfahrungen machten auch die Niederländer auf Formosa. Bereits im Jahre 1652 erhoben die Chinesen einen Aufstand, der nur durch ein furchtbares Blutbad, welches die Holländer unter ihnen anrichteten es wurden innerhalb fünfzehn Tagen neuntausend Menschen hingeschlachtet unterdrückt werden konnte. Die hierüber höchst erbitterten chinesischen Colonisten schlossen alsbald eine enge Verbindung mit ihren Landsleuten, welche noch immer der jungen Herrschaft der Mandschu an den Südküsten des Reichs und innerhalb der südlichen Meere einen erfolgreichen Widerstand entgegensetzten. Tsching tsching kong, von seinen Landsleuten zu Fo kien in ihrem höchst eigenthümlichen Dialekte Kok sing und hiernach von den Europäern Koxinga*)Die Einwohner der südlichen Kreise des Reichs setzen des Wohllauts wegen gewöhnlich ein a an das Ende der Wörter und Sätze, welches die Stelle der Endpartikel je der Schriftsprache vertritt. Ausländer, die des Chinesischen unkundig sind, glauben gewöhnlich, das a gehöre zum Stamme; so entstand Tsiniz-a beim Mönch Kosmas, dem Indiensegler, und Koxing-a bei den Niederländern. genannt, war eines der vorzüglichsten Häupter der mit der Herrschaft der Mandschu unzufriedenen Chinesen. Er war der Sohn eines Schneiders, Tsching tschi long geheißen, der sich in den südlichen Gränzländern zu großer Macht erhoben hatte, und auf eine hinterlistige Weise von den Mandschu gefangen genommen und hingerichtet wurde. Koxinga brachte eine Flotte von hundert Segeln zusammen, eroberte (1659) die Fischerinseln, erschien dann im April des Jahrs 1660 zu Formosa und schloß von allen Seiten die Veste Zeeland ein, die sich ihm auch nach einer Belagerung von zehn Monaten im März des Jahrs 1661 ergeben mußte. Tsching tsching kong wollte sich hier nicht bloß eine erbliche Herrschaft errichten, sondern auch die südlichen Kreise China's und die Philippinen erobern. Es waren aber alle seine Unternehmungen gegen diese Länder vergebens. Aus Verdruß hierüber und anderer häuslichen Sorgen wegen eine seiner Frauen hielt es mit seinem eigenen Sohn starb Kok sing bereits im folgenden Jahr. Sein Sohn und Nachfolger Tsching king mai folgte der Bahn seines Vaters und blieb bis zu seinem Tode, 1680, ein Feind der Mandschu. Tsching ke san, den sein Vater als unmündigen Knaben unter Vormundschaft zurückgelassen hatte, ward schon im Jahre 1683 von Kaiser Kang hi gezwungen, Formosa an die Mandschu abzutreten und seinen Aufenthalt in Peking zu nehmen.

Es strömten bald von den benachbarten Kreisen Fo kien und Tsche kiang eine Menge Ansiedler dahin, welche in ihrer gewöhnlichen sorgfältigen Weise jeden Fleck Landes urbar machten, so daß nach der Schätzung Gützlaffs, welcher diese Insel im Jahr 1832 besuchte, bloß auf dem chinesischen Antheile drei Millionen Einwohner leben, welche dem Schatze jährlich eine reine Abgabe von einer Million Dollars tragen sollen; es scheinen aber diese Angaben übertrieben zu seyn. In den gesammelten Satzungen des Reichs (Tay tsing Hoei tien) haben wir hierüber keine Angabe gefunden; es wird bloß bemerkt, daß die dem Reiche unterworfene, autochthone Bevölkerung gegen das Ende des Jahrs 1812 auf 1748 Personen sich belaufen habe. Die Engländer hatten bereits im siebzehnten Jahrhunderte Formosa im Auge, um von hier aus den ganzen oder doch wenigstens einen Theil des Handels mit China in ihre Hände zu bekommen. Was den Handel mit China betrifft, schreibt im Jahre 1622 der Vorsteher der Factorei der englischen Compagnie zu Bantam auf Java, so bedenke man, daß er unermeßlich ist. Die Chinesen sind die ersten Handelsleute auf Erden und sehr gewinnsüchtig, aber ihre Regierung gestattet den Fremden keinen Zutritt innerhalb des Landes. Es wird dann die Aufmerksamkeit der Handelsgesellschaft auf die an den Küsten China's gelegenen Inseln, namentlich auf Formosa gerichtet; man könnte, meinte der Präsident der Factorei, auf einer dieser Inseln sich niederlassen und dann von hier aus den Handel mit China betreiben. Man befolgte den Rath dieses einsichtsvollen Beamten; die englisch-ostindische Gesellschaft hatte, wenn nicht viel früher, doch bereits im Jahre 1676, wie wir aus ihren Berichten ersehen, eine Factorei zu Formosa.

Der Kreis Tsche kiang, nach dem Flusse Tsche so genannt, welcher, das Land in östlicher Richtung durchziehend, dem Meere entgegeneilt, ist in Betreff seines Umfanges, der Fruchtbarkeit und der großen Cultur, die hier herrscht, der bedeutendste in dem südöstlichen Gebiete des chinesischen Reiches. Tsche kiang erstreckt sich vom siebenundzwanzigsten bis zum einunddreißigsten Grad der Breite und von ein und ein halb bis zu sechs Graden östlicher Länge von Peking. Längs des Gestades, ungefähr eine deutsche Meile vom festen Lande entfernt, und der Mündung des Flusses gegenüber befinden sich viele Inseln, die Tscheou schan, gemeinhin Tschu san oder die Gruppe des Schiffberges genannt werden. Dieser Gruppe, wo, wie Capitän Hamilton berichtet, die englisch-ostindische Compagnie bereits im Jahre 1700 eine Factorei angelegt hatte, wollen sich jetzt die Engländer, nach einer wie es scheint zuverlässigen Angabe zuerst bemächtigen und dann von hier aus die ferneren Demonstrationen gegen China beginnen. Der Hauptort, der im Laufe der Zeit bald Ting bald Tschin hai genannt wurde unter der jetzigen Dynastie erhielt er wiederum den Namen Tschin hai liegt nach den neuesten Beobachtungen von Capitän Rees 29° 54 'nördl. Breite und 121° 52' 30 '' östl. Länge von Greenwich. Die ältern Kartenaufnahmen sind sämmtlich fehlerhaft. Dalrymple's Darstellung dieser Küstenstrecke ist nach Lindsay's Versicherung,0918 der im Jahr 1832 diese Gegenden besuchte, noch die beste. *)Report of Proceedings on a Voyage to the northern Ports of China, London 1833. 97.Die Bevölkerung dieses, aus ungefähr dreißig großen und kleinen Inseln bestehenden Archipelagus, die sämmtlich in chinesischen Specialkarten verzeichnet sind, ist nicht bekannt. Die vorzüglichsten der zu Tscheou schan gehörigen Inseln sind Ting hai, Kintang, Ju schan und Puto. Diese letztere ist dem Buddha geheiliget und wird daher nach seinem Namen genannt. Die Insel Tsong-ming oder erhabene Klarheit, welche hie und da auch zur Tschu san-Gruppe gerechnet wird, deren südlichste Spitze bis zum 31° 30 'nördlicher Breite sich erstreckt, liegt der Mündung des Kiang gegenüber, ungefähr drei deutsche Meilen vom festen Lande entfernt. Sie besteht aus fettem, angeschwemmtem Schlamm und ist außerordentlich fruchtbar. Nach Lindsay's Schätzung enthielte sie über eine halbe Million Einwohner. Auf allen diesen Inselgruppen, zu den größten Handelsplätzen längs der chinesischen Küste, in Hia men (Amoy), Ning po (Liampo), Schang hai und Tscha po, von wo aus die Dschonken nach Japan gehen, hatten die Engländer noch am Anfange des achtzehnten Jahrhunderts, gleichwie alle andern seefahrenden Nationen, freien Zutritt. Im Jahre 1757 ward aber, wie gesagt, der Handel mit den Bewohnern des großen westlichen Oceans einzig und allein auf die Kreishauptstadt Kuang tong beschränkt und daselbst überdieß einer privilegirten Compagnie übergeben, Pao hing, Sicherheitskaufleute, gemeinhin Hong genannt. Man ersieht aus allen Maaßregeln, welche die chinesische Regierung seit dieser Zeit gegen die Fremden und den auswärtigen Handel in Canton genommen hat, daß sie befürchtete, es möchte einstens durch die Handelsverbindungen mit den fernen Barbaren die Selbstständigkeit des Reiches bedroht werden. Man suchte deßhalb diesem Verkehre durch hohe Abgaben und allerlei andere Beschränkungen Hindernisse in den Weg zu legen und den Fremden so viel als möglich den Aufenthalt in Canton und Macao zu verbittern. Vielleicht, so dachte die Regierung wahrscheinlich, würden die gewinnsüchtigen Barbaren, wenn man es ihnen recht arg macht, doch endlich den Handel freiwillig aufgeben. Diese hemmenden Maaßregeln sind aber den gewinnsüchtigen chinesischen Kauf - und Gewerbsleuten nicht weniger verhaßt, als den Fremden. Es ist deßhalb höchst wahrscheinlich, daß wenn die Engländer gen China ziehen, ein großer Theil der gewerblichen und handeltreibenden Bevölkerung der südlichen und südöstlichen Kreise des Reiches sich mit ihnen gegen ihre eigene Regierung verbinden möchte. Die Masse der chinesischen Bevölkerung hegt keineswegs einen solchen Haß und Abscheu gegen die Fremden, wie die regierenden Mandarine und Mandschu. Es wurden die englischen Schmuggler, welche seit dem Jahre 1830 die nordöstlichen Küsten des Mittelreiches besuchten, allenthalben, wo die Beamten das Volk nicht gewaltsam zurückzuhalten vermochten, mit Zuvorkommenheit aufgenommen. Man will Geld verdienen und reich werden, um die Freuden eines sinnlichen Lebens erkaufen zu können. Ob die einheimische Regierung darüber zu Grunde gehe oder nicht darnach fragen, die Mandarine ausgenommen, nur wenige Bewohner des Mittelreiches.

[1496]

Todes-Anzeige.

Den 1 dieses Monats um halb 2 Uhr in der Frühe hat es dem Allmächtigen gefallen, meinen innigst geliebten Vater, den Grafen Clemens August von Waldkirch, königl. bayer'schen Kämmerer, königl. bayer. und großherzogl. baden'schen geheimen Rath, Hofoberjägermeister, Großkreuz des königl. bayer'schen St. Georgi -, dann des großherzogl. baden'schen Ordens der Treue und des Bähringer-Löwen, in einem Alter von 82 Jahren 6 Monaten und 13 Tagen, versehen mit den heiligen Sterbsacramenten, in ein besseres Leben abzurufen.

Indem der Unterzeichnete seine Verwandten und Freunde von diesem traurigen Ereignisse in Kenntniß zu setzen die Ehre hat, bittet derselbe um Ihre stille Theilnahme und fortwährendes Wohlwollen

Mannheim, den 4 April 1840

für mich und meine zwei abwesenden Geschwister Maximilian Graf v. Waldkirch, großherzoglich badischer Kämmerer

[1499]

Aus Griechenland. Einer der schlagendsten Beweise für die Behauptung, daß die griechische Nation erkannt habe, was ihr noth thut, und daß sie fest entschlossen ist, sich unter den gebildeten Nationen den Platz zu erringen, der ihr gebührt, ist unstreitig die außerordentliche Regsamkeit, welche sich auf dem Gebiete der Litteratur kund gibt. Schon lange ehe die politische Selbstständigkeit errungen war, gab es Männer unter ihr, die an tüchtiger und vielseitiger Bildung sich mit europäischen Gelehrten des ersten Ranges messen konnten, und die durch patriotische aufopfernde Thätigkeit jenes große Ereigniß vorbereiteten. Namen zu nennen wäre überflüssig, da sie in Jedermanns Munde sind; daß aber dieß Streben nicht erloschen ist, daß es im Gegentheil auch unter der jüngern Generation fortlebt und webt, davon kann man sich durch einen wenn auch flüchtigen Blick auf die neuere griechische Litteratur die erfreulichste Ueberzeugung verschaffen. So hat namentlich vor kurzem der erste Theil eines Werks die Presse verlassen, welches der philologischen Litteratur eines jeden Volkes Ehre machen würde; ich meine nämlich das altgriechisch-neugriechische Lexikon von Skarlatos Byzantios (spr. Visandios), welches nicht allein für jeden Griechen, sondern auch für jeden Kenner der altgriechischen und jeden Freund der neugriechischen Sprache von hohem Interesse ist. Der Verfasser, geboren in Konstantinopel um das Jahr 1800, besitzt eine gründliche Kenntniß des Altgriechischen und eine unglaubliche Belesenheit nicht allein in der altgriechischen, sondern auch in der modernen europäischen Litteratur; dabei kommt ihm ein ausgezeichnetes Gedächtniß zu Statten, so z. B. als er im Jahre 1821 nach einer asiatischen Festung exilirt wurde, und er, wie alle seine Unglücksgenossen, kein Buch bei sich führen durfte, vermochte er den ganzen Homer aus dem Gedächtniß niederzuschreiben, und zwar mit einer schönen, dem Stereotypdrucke vollkommen ähnlichen Hand. Einen Band dieser Handschrift sah der Kronprinz von Bayern im Jahre 1833 bei dem Grafen von Armansperg; von 1828-1830 wurde er als Assessor im Ministerium des Innern angestellt, wurde jedoch 1831 in das Cultusministerium versetzt. Bei der Ankunft der Regentschaft wurde er zum Ministerialrath ernannt, und später auch mit der Verwesung der Staatsprocuratur bei der heiligen Synode beauftragt. Inzwischen beschäft gte er sich mit der Abfassung eines Wörterbuchs der neu - und altgriechischen Sprache, welches bei aller Gedrängtheit sehr tüchtig ist. Später in Nauplia privatisirend, unternahm er auf Veranlassung des Buchhändlers Koromilas die Herausgabe des obenerwähnten Lexikons, welches sich nicht allein durch seinen innern Gehalt, sondern auch durch seine äußere typographische Aus attung vortheilhaft auszeichnet und dem Verleger wahrhaft Ehre macht. Das typographische Etablissement von Hrn. Koromilas, aus dem das obige Werk hervorgegangen, liefert überhaupt einen überraschenden Beweis von den reißenden Fortschritten, die auch dieser Zweig der Industrie in Griechenland in den neuesten Zeiten gemacht hat ein Fortschritt, der das geistige Leben beurkundet, welches sich in dem jungen Königreiche zu regen begonnen hat, und immer mehr sich entwickelt. Der Inhaber des erwähnten Etablissements, mit welchem auch eine Schriftgießerei verbunden0919 ist, lernte von 1823-1831 in der damaligen Nationaldruckerei, ging 1832 nach Paris, um sich in seiner Kunst zu vervollkommnen und übernahm 1834 von Ambr. Didot eine kleine Druckerei, mit welcher er sich in Aegina etablirte. Daselbst druckte er verschiedene Werke und Uebersetzungen des Neophylos Duxas (im Ganzen 25 Bände), eine Geschichte von Athen während des Befreiungskampfes von Dionysios Surmelis, die Uebersetzung des Bentham von G. Athanasiu, ferner die lateinische Grammatik von Ulrichs, so wie einige andere Schulbücher, so daß die Anzahl der sämmtlichen von ihm gedruckten Bände bis zum Jahre 1836 sich auf 46,000 belief. Nachdem er in dem erwähnten Jahre seine Anstalt nach Athen verlegt hatte, fuhr er mit gleichem Eifer und gleicher Thätigkeit in seinen typographischen Unternehmungen fort. So druckte er unter andern die Uebersetzung des Herodot von Rhadinos, das Prochiron des K. Armenopulos, das Handelsgesetzbuch, die Uebersetzungen des Groß'schen Naturrechtes von Polyzoides, der Frittoi'schen Rechtsphilosophie von Kokkomis, so wie die politischen Blätter〈…〉〈…〉 (la Grèce régénérée) und〈…〉〈…〉 (le Sauveur). Auch gab er mehrere Werke auf eigene Kosten heraus, so die Uebersetzung des Katechismus des Erzbischofes Platon von Korais, die biblische Geschichte von Gennadios, die arithmetischen Tafeln von Somard, die Grammatik von Gennadios, die Hausmutter und die Geschichte Griechenlands von S. Antoniades, die Kriegsmemoiren des Obersten Perrhäbos, verschiedene Gedichte und Uebersetzungen Jacob Rhizos-Rhangabis, das lateinische Elementarbuch von Ulrichs, das französisch-griechische Lexikon von Bendotis und Zalikoglus, die französische Grammatik von Lommond, die vergleichenden Biographien des Plutarch von Korais, die Uebersetzung des neuen Testaments von Bambas, die verschiedenen Gedichte des Alexander Rhizos Rhangabis, die periodischen Blätter〈…〉〈…〉 (die evangelische Trompete), die Iris, die Zeitung der Zeitungen von Alex. Sutzos, den〈…〉〈…〉 (Dieb) und den〈…〉〈…〉 (Morgenherold). Im Jahre 1838 unternahm Hr. Andreas Koromilas, als ein Mann, der immer nach dem Bessern strebt, und keine Mühe und Kosten deßhalb scheut, eine zweite Reise nach Frankreich, in der Absicht, sich mit neuen Pressen und allem Sonstigen zu versehen, was zur Verbesserung und Vervollkommnung seines Etablissements dienen konnte, und zu gleicher Zeit Verbindungen mit den dortigen Buchdruckern und Buchhändlern anzuknüpfen. Auch nahm er von Paris seinen jüngern Bruder mit sich, der dort die Schriftsetzerei und Formschneidekunst in der Didot'schen Officin erlernt hatte, und trat seinen Rückweg über Deutschland an, wo er die vorzüglichsten typographischen Anstalten, in Straßburg, Karlsruhe, Stuttgart, Augsburg, München, Wien und Venedig mit großem Nutzen für seine eigene Anstalt besuchte. Von 1836-1838 gingen aus der Officin des Hrn. Koromilas nicht weniger als 95,000 Bände hervor. Seit Anfang dieses Jahres ist Folgendes bei ihm erschienen: die alte und neue Geographie von Kokkomis; die physische, mathematische und politische Geographie von Chortakis, die Uebersetzung der Kammer'schen allgemeinen Geschichte von Gennadios, und der erste Band des oben erwähnten Lexikons von Byzantios. In der zu Aegina zurückgebliebenen Anstalt wurden inzwischen der Aeschylos und Theokrit mit Paraphrasen und Anmerkungen von Dukas so wie einige andere Schriften desselben Verfassers gedruckt, im Ganzen ungefähr 45,000 Bände. Nächst der Staatsbuchdruckerei, welche unter der Leitung des Hrn. Dr. Anselm steht, hat die Buchdruckerei des Hrn. Koromilas die meisten Werke geliefert, und wirklich Außerordentliches geleistet, wie sich Jedermann durch Ansicht des Byzantios'schen Lexikons überzeugen kann, welches bei einem Grade von Eleganz äußerst billig ist; es kosten die drei starken Octavbände, aus welchen es bestehen wird, für Subscribenten nur 30 Drachmen, ungefähr 7 Thaler sächsisch. Gleich rühmliche Erwähnung verdienen die Leistungen der atheniensischen Schriftgießerei, welche nicht allein in Griechenland, sondern sogar in der Türkei einen bedeutenden Absatz hat. Auch die Buchhandlung des Hrn. Koromilas entspricht durch ein verständig ausgewähltes Assortissement und durch prompte Bedienung allen billigen Anforderungen des Publicums.

[1452-54]

Bekanntmachung.

Auf Antrag des kais. k. niederösterr. Appellations - und Criminalobergerichts in Wien wird nachstehende Bekanntmachung zur öffentlichen Kenntniß gebracht:

Convoc. der Erben und Gläubiger der Verstorbenen: Marzelin Eberle und Johann Mayenberg.

Vor dem Prediger-Ordens-Grundbuchsamt in Wien, Stadt Nr. 669 im Dominikanerkloster, haben alle jene, welche an die Verlassenschaften des ohne letztwillige Anordnung am 20 Januar 1840verstorbenen Hausknechtes zu Nußdorf Nr. 58, Marzelin Eberle, angeblich verheirathet, und von Bernbeuern im Königreich Bayern gebürtig; dann des gleichfalls ohne Testament am 26 Januar 1840verstorbenen Papiermachergesellen und Kleinhäusler Nr. 25 zu Ramersdorf, Johann Mayenberg von Bäar, Kantons Zug in der Schweiz, gebürtig, als Erben oder als Gläu iger oder aus einem sonstigen Rechtstitel Ansprüche zu haben glauben, dieselben binnen einem Jahr und sechs Wochen, längstens also bis 31 März 1841, früh 10 Uhr, anzumelden und zu liquidiren, widrigens diese Verlassenschafts-Abhandlungsgeschäfte zwischen den Angemeldeten der Ordnung nach ausgemacht, und die Einantwortung an jene derselben erfolgen würde, denen der Nachlaß nach den Gesetzen gebührt.

Wien, den 14 Februar 1840

Vom Prediger-Ordens-Grundbuchsamte.

(L. S.) Zwetler, Verwalter.

Augsburg, am 12 April 1840

Königlich bayer. Kreis - und Stadtgericht.

Lic. Kellerer, Director.

Pichler.

[1368-70]

Aufforderung.

Nachbenannten, schon seit langer Zeit, unbekannt wo, abwesenden Söhnen des verstorbenen hiesigen Bürgers und Schneidermeisters Johann Friedrich Zöller, nämlich: dem Johann Georg Zöller, geboren am 26 April 1751, und dem Johann Wilhelm Zöller, geboren am 28 Julius 1759, sind durch den am 4 Mai 1824 erfolgten Tod ihres Bruders Friedrich Balthasar Zöller, großherzogl. Hoflakaien dahier, Erbschaften, jede im Betrag von 742 fl. 10 kr., zugefallen und zeither curatorisch verwaltet worden.

Da nunmehr die Zeit herannaht, wo diese curatorische Verwaltung ihr Ende nehmen muß, so werden die genannten Abwesenden, Johann Georg Zöller und Johann Wilhelm Zöller, oder etwaige Descendenten derselben, hiermit aufgefordert, sich um so gewisser binnen 3 Monaten, von heute an, bei dem unterzeichneten Commissär zu melden und sich gehörig zu legitimiren, als nach Ablauf dieser Frist über die in Rede stehenden Erbtheile gesetzlich verfügt werden soll.

Darmstadt, den 1 April 1840

Der von dem Extrajudictal-Senat großherzogl. hess. Hofgerichts der Provinz Starkenburg bestellte Commissär Meyer, Hofgerichts-Secretär.

[1459]

Aufforderung.

Auf das Gesuch der Erben des unbekannt landesabwesenden Johannes Aebli, Heinrichs sel. von Ennenda, geboren den 13 Mai 1774, und in Folge Erkenntnisses der löblichen Standescommission d. d. 13 März 1840wird derselbe anmit und zwar peremtorisch aufgefordert, innerhalb 6 Monaten a dato der Erkenntniß, sich in hier zu stellen, oder über Leben und Aufenthalt glaubwürdige Zeugnisse einzusenden, gegentheils derselbe als verschollen erklärt und über sein Vermögen verfügt werden würde, was Rechtens ist.

Glarus, den 15 April 1840

Aus Auftrag von Landammann und Standes-Commission des Kantons Glarus in der Schweiz:

Der Rathschreiber: Fried. Cham.

[1403]

Beachtenswerthes Offert für Gelehrte.

Die Hallische Allgem. Litteratur-Zeitung mit allen Ergänzungsblättern, Jahrg. 1832 bis 1839, ganz vollständig, gut gebunden, wenig gebraucht, ist bei uns zu dem sehr billigen Preise von 5 fl. 24 kr. oder 3 Rthlr. 8 gr. netto pro Jahrg. zu haben. Bekanntlich kostet jeder Jahrg. 12 Rthlr. oder 21 fl. 36 kr.

Matth. Rieger'sche Buchhandlung in Augsburg.

[958-60]

Durch Felix Wachter zu Tyrnau und alle Buchhandlungen sind in beziehen:

Dankovszky, G., Fragmente zur Geschichte der Völker ungarischer u. slavischer Zunge. Zugleich ein Beitrag zum bessern Verstehen Herodots, Strabo's, Diodors von Sicilien, der Byzantiner und der alten Geographie insbesondere. 1s Heft: Urgeschichte der Völker slavischer Zunge. gr. 8. brosch. 10 gr.

Die Griechen als Stamm - u. Sprachverwandte der Slaven. Historisch und philologisch dargestellt. gr. 8. br. 20 gr.

Homerus slavicis dialectis cognata lingua seripsit. Folium I-V. Iliados liber I. versus 1-303. Slavice et graece idem sonans et significans, adjecta nova versione latina et commen. tario graeco slavico. 8. maj. br. 21 gr.

der Völker ungarischer Zunge und insbesondere der sieben Völkerschaften, von welchen die heutigen Magyaren unmittelbar abstammen, Urgeschichte, Religion, Cultur, Kleidertracht, Verkehr mit den Persern und Griechen etc. 550 Jahre vor Christi Geburt. Nebst 100 rein griechischen und einigen persischen Wörtern, die man bis jetzt für ächt ungrisch gehalten. 8. brosch. 14 gr.

Genersich, J., kurzer Abriß der Geschichte von Oesterreich, Böhmen und Ungarn. Mit zwei Stammtafeln der Fürsten Oesterreichs aus Habsburgs Stamm und der alten Könige von Ungarn. 8. br. 1 Thlr.

0920

[1123-28]

So eben ist erschienen der neunte und letzte Band von der allgemeinen Weltgeschichte von Karl v. Rotteck, Hofrath und Professor etc. etc., und ist dieses Werk (nun in der 14ten Auflage) wieder vollständig in allen Buchhandlungen des In - und Auslands für den höchst billigen Preis von 9 fl. oder 5 Thlr. zu erhalten.

Durch die vor kurzem erschienene zehnte Lieferung von dem historisch-geographischen Atlas zu den allgemeinen Geschichtswerken von K. v. Rotteck, Pölitz und Becker ist dieser Geschichts-Atlas, unserm ausgegebenen Prospectus gemäß, geschlossen, und ist derselbe in allen Buch -, Kunst - und Landkartenhandlungen des In - und Auslands für den Preis von 48 kr. oder 12 gr. die Lieferung zu erhalten. Freiburg, im März 1840

Herder'sche Verlagshandlung.

[1346-48]

So eben erscheint in meinem Verlage und ist durch alle Buchhandlungen zu beziehen:

Jenseits der Berge.

Von Ida Gräfin Hahn-Hahn.

Zwei Theile.

8. Geheftet. 3 Thaler. 12 gr.

Eine anziehende, mit Poesien und Erzählungen untermischte Beschreibung einer Reise der berühmten Verfasserin nach Italien.

Früher erschienen von derselben in meinem Verlage:

Gedichte. 1 Thlr. 12 gr. Neue Gedichte. 1 Thlr. 8 gr. Venetianische Nächte. 1 Thlr.

Leipzig, im März 1840

F. A. Brockhaus.

[1325-30]

Bei Georg Wigand in Leipzig ist erschienen:

Thiers 'Geschichte der französischen Revolution.

Vollständig in 2 groß Octavbänden steif gebunden 3 Thlr.

[1246-47]

So eben erschienen: Hungary and Transylvania; their condition social, political and economical by John Paget Esq. 2 Vols in 8.

Mit 88 Abbildungen theils in Holzschnitt in den Text gedruckt, theils Stahlstiche und Karten.

Preis 10 Rthlr. 12 gr. London bei J. Murray.

Für Deutschland bei Black und Armstrong in London und Leipzig zu beziehen durch alle guten Buchhandlungen.

[1315-17]

Bei Gustav Heckenast, Buchhändler in Pesth, ist erschienen und durch alle Buchhandlungen zu beziehen:

Taschenwörterbuch der ungarischen und deutschen Sprache.

Nach der neuesten Orthographie, mit Aufnahme der neu gebildeten und wieder belebten ungarischen Wörter, von Johann Fogarasi.

12. Pesth 1836. 2 Bände geheftet 4 fl. C. M.

[868-73]

Verkauf einer Fabrik.

In der Vorstadt Carolinenthal bei Prag ist eine Baumwollspinnfabrik von 5500 Spindeln nebst Dampfmaschine und Zubehör aus freier Hand gegen sehr billige Bedingnisse zu verkaufen. Das Gebäude, die anstoßenden Bauplätze und besonders die Lage eignet sich zu allen möglichen Unternehmungen. Die Auskunft ertheilt der Besitzer in Prag Nr. 836 / II.

[1469]

Für Kunsthandlungen.

Diejenigen Handlungen, welche das neuentdeckte Verfahren: Kupferstiche, Stahlstiche, Steindrucke, Jahrhunderte alte Bücher auf Papier oder Stein abzudrucken, ohne daß sie beschädigt werden, und dann von dem Stein wieder tausend von Abdrücken zu machen, zu lernen wünschen, belieben sich an C. Leuchs und Comp. in Nürnberg zu wenden. Stereotype, neues Setzen des Textes eines Buches, neuer Stich einer Landkarte, eines Kupferstiches oder Stahldrucks, oder Steindrucks, so wie Aufheben der Platten wird dadurch entbehrlich.

[1470-72]

Gesuch einer Musik-Directorstelle.

Ein Musiker, der bei bedeutenden Theatern als Musikdirector fungirt hat, sucht eine Stelle als Dirigent eines Musikvereins, oder als Musikdirector bei einer bedeutenden Stadt, oder einem soliden Theater. Derselbe hat sich als Componist durch viele gedruckte Werke sowohl, als auch durch mehrere Opern und größere geistliche Werke, als Messen etc., einen ehrenvollen Ruf erworben, und kann über seine Tüchtigkeit die befriedigendsten Zeugnisse liefern. Adressen unter H. D. werden an die Expedition dieser Zeitung franco erbeten.

[1473]

Anzeige.

Durch von mehreren Seiten her an mich ergangene Anfragen veranlaßt, zeige ich hierdurch an, daß ich bis 8 oder 9 Mai in Kissingen eintreffen und bis Mitte September daselbst verweilen werde.

München, den 18 April 1840

Dr. Wetzler, k. bayer. Medicinalrath und Badearzt in Kissingen.

[1405-6]

Extrapost-Anzeige.

Den verehrlichen Reisenden wird hiemit in Erinnerung gebracht, daß von Basel aus fortwährend Extrapost-Pferde auf die bestehenden Extrapost-Routen nach Deutschland, Frankreich und Zürich zu folgenden Preisen abgegeben werden: nämlich bis Lörrach 1 fl. 20 kr. per Pferd, bis Beuggen 2 fl. 20 kr., bis St. Louis 42 kr., bis Rheinfelden 2 fl. Bei Bedarf beliebe man sich persönlich an Unterzeichneten zu wenden, indem laut eingegangenen Klagen der Reisenden besagte Pferdlieferung von Seite der Handerer als auch des Dienstpersonals in den Gasthöfen in Abrede gestellt wird.

Basel, den 12 April 1840

Rumpf, Poststallunternehmer, wohnhaft auf der Zunft z. Schlüssel Nr. 1630.

About this transcription

TextAllgemeine Zeitung
Author[unknown]
Extent16 images; 15254 tokens; 4985 types; 108294 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Deutsches TextarchivNote: Bereitstellung der Texttranskription.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2016-06-28T11:37:15Z Matthias BoenigNote: Bearbeitung der digitalen Edition.2016-06-28T11:37:15Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic informationAllgemeine Zeitung Nr. 115. 24. April 1840 . Augsburg1840.

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; augsburgerallgemeine

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ShelfmarkDWB 1996/32
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