PRIMS Full-text transcription (HTML)
1297
Augsburger Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchsten Privilegien.
Donnerstag
Nr. 163.
11 Juni 1840.

Spanien.

Der Telegraph hat Ihnen bereits verkündet, daß Morella den 29 Mai gefallen ist. Garnison, Geschütz, alle Vorräthe an Kriegs - und Mundbedarf fielen in die Hände der Sieger. Zu dem gestern Gemeldeten heute noch ein paar Nachträge. Das Fort San Pedro und die Redoute La Querola, die beide am 25 capitulirten, stehen durch einen bedeckten Weg miteinander in Verbindung. Als die Constitutionellen Anstalt zum Sturme machten, suchte die Garnison der Stadt sie durch einen Ausfall daran zu hindern. Der Versuch mißlang aber, und Fort und Redoute ergaben sich, ohne den Angriff abzuwarten. Am 26 wurde das Belagerungsheer durch die vierte Division der Nordarmee, von Cantavieja her, verstärkt, und Batterien wurden auf den Tags zuvor eroberten Punkten errichtet. Am 28 war halb Morella in Flammen, und das Schloß erwiederte nur schwach das Feuer der Belagerer. Der Sieg O'Donnells über Cabrera am 21 Mai bestätigt sich. O'Donnell war am 20 mit sechs Bataillonen Fußvolk und drei Escadronen von Uldecona aufgebrochen. Cabrera hielt mit acht Bataillonen und 200 Reitern die Höhen besetzt, sein rechter Flügel lehnte sich an das Dorf La Cenia. Eine Colonne Jäger, geführt vom Obristen Buil und durch drei Bataillons unter den Befehlen des Marquis de las Amarillas und die Reiterei mit dem Brigadier Scheli an der Spitze unterstützt, rückten unter dem Feuer des Feindes, der die Luft mit wildem Geschrei erfüllte, festen Schrittes gegen die Höhe an, auf der Cabrera mit seinem Generalstabe hielt, und welche die Stellung der Carlisten beherrschte. Der Widerstand war lange und hartnäckig; als aber der Brigadier Peria an der Spitze eines Bataillons den linken Flügel des Feindes umgangen und der Obrist vom Generalstab, Cotoner, sich zu gleicher Zeit des Dorfes La Cenia bemächtigt hatte, flüchteten die Insurgenten in Unordnung und retteten sich, verfolgt und wiederholt geworfen, endlich in die Engpässe der benachbarten Berge. Die Equipagen Cabrera's fielen in die Hände der Verfolger. Wenige Tage vorher hatte Cabrera noch 37 Nationalgardisten in einer Gebirgsschlucht durch Bajonnetstiche grausam ermorden lassen. Auf ihrem Rückzug aus dem Valencianischen erwürgten die Rebellen in rasender Wuth alles, was ihnen nicht durch die Flucht entging, ohne Unterschied der Meinung, des Alters oder Geschlechts.

Großbritannien.

Wegen des großen Derby-Rennens in Epsom waren, wie jetzt alljährlich, auch gestern die beiden Häuser geschlossen, und alle heutigen Blätter enthalten nun mannichfache lebendige Beschreibungen dieses Fests, welches dieses Jahr durch die Gegenwart der Königin auf außerordentliche Weise gehoben und verherrlicht wurde. Denn sobald das Gerücht von dieser zu hoffenden Gegenwart sich verbreitete, gaben eine Menge Personen ihren Entschluß wegzubleiben auf, und binnen kurzem waren alle miethbaren Pferde und Wagen in London zu ungeheuern Preisen in Beschlag genommen. Ein sehr schönes Wetter begünstigte das Schauspiel, und die Zahl der Reiter, Fahrenden und Fußgänger, die sich bis Mittag in der Umgebung der Laufbahn zusammengefunden hatten, übertraf alles Beispiel der vergangenen Jahre. Der Wagenzug der Königin erschien unter lautem Zuruf der Menge, um 2 Uhr, sie selbst im ersten Wagen mit Prinz Albert und dem Fürsten von Leiningen, und zwar hatte man, um das Gedränge zu vermeiden, den Weg von Claremont aus über Dorf Ashtead und durch Woodcote-Park genommen. Die Königin trug wie die Times den Damen zu Gefallen erzählt ein weißes Kleid und einen himmelblauen seidenen Hut mit Federn. Die beiden Kampfwarte, Baron de Tessier und Sir Gilbert Heathcote, bewillkommneten sie und führten sie nach dem für sie bereiteten Stand, während Prinz Albert einen kurzen Ritt machte, um die Oertlichkeit des Rennens und die zum Auslaufen angeschirrten Pferde in Augenschein zu nehmen. Das Rennen begann ein Viertel nach 3 Uhr, und die Königin blieb bis zu Ende des zweiten Laufs, gegen halb 5 Uhr, wo sie sammt ihrem Gefolge und wieder unter tausendfachem Jubelruf des Volks nach Claremont zurückkehrte. Den ersten Preis im ersten Lauf gewann das Pferd Hrn. Robertsons, genannt kleines Wunder (Sohn von Muley und Lacerta): der siegreiche Jockey, Macdonald, empfing vom Prinzen Albert eine elegante Reitpeitsche. Das ganze Fest lief, Dank der vortrefflichen Polizei, ohne irgend ein Unglück ab, außer daß ein paar Duzend Taschendiebe festgesetzt wurden.

Der Pitt-Club feierte am 30 Mai den Geburtstag Pitts durch eine glänzende 120 Gäste fassende Tischgesellschaft in London-Tavern, unter Vorsitz des ehrenwerthen Hrn. Duncombe. Nachdem die Toaste der Königin, des Prinzen Albert, der Königin Wittwe und der königlichen Familie getrunken waren,1298 brachte der Vorsitzer den Abendtoast auf das unsterbliche Gedächtniß William Pitts und hielt dabei eine kurze geschichtliche Erinnerungsrede, aus der wir folgende gegen das jetzige Ministerium gerichtete Stelle entlehnen. Hinsichtlich der Bedingungen, unter denen Pitt seine Stelle als erster Minister der Krone behauptete, brauche ich nicht zu erwähnen, daß er sich weigerte, selbige, auch bei fortdauerndem Zutrauen seines Fürsten, fortzuführen, sobald er es nicht mehr mit Ehre für sich selbst und mit Vortheil für das Land thun könnte; lieber würde er seine rechte Hand verloren haben als eingewilligt, seine Stelle ohne Macht und nur dadurch zu behalten, daß er vor irgend einer Partei oder einem Individuum, deren Grundsätze er nicht theilte, deren Ruf er von sich stieß, deren Betragen er verdammte, öffentlich zu Kreuz gekrochen wäre. (Lauter Beifall.) Von den sodann ausgebrachten Toasten bemerken wir den auf das Haus Braunschweig, und mag es nie die Grundsätze vergessen, die es auf den Thron dieser Königreiche setzten; den auf das protestantische Uebergewicht (protestant ascendancy) den darauf, daß die Grundsätze Pitts die berathenden Behörden und die Regierung Großbritanniens immer beleben mögen; den auf den Piloten, der den Sturm meisterte; den auf den Herzog v. Wellington und das Haus der Lords (begleitet von Händels Hymnus: See the conquering hero comes) und den auf Sir Robert Peel und die conservativen Glieder des Hauses der Gemeinen. Zur Danksagung für den vorletzten Toast erhob sich der Graf v. Harewood, Präsident des Clubs, um im Namen des Hauses der Lords zu versichern, daß dasselbe trotz aller böswilligen Verleumdung und trotz alles in seinen eigenen Reihen ausgebrochenen Verraths doch mit jedem Tag im Vertrauen des Landes höher und höher steige. In allen Dingen der wirklichen praktischen Gesetzgebung sey es buchstäblich ein Besserungshaus (house of correction) und seine Aufgabe sey nicht sowohl gute Maaßregeln hervorzurufen, als den Fortgang und die Beschließung schlechter Gesetze aufzuhalten. Hinsichtlich des Herzogs v. Wellington aber sey er, Graf Harewood, der Ansicht, daß wie schätzenswerth auch die Dienste des edlen Herzogs in den verschiedenen von ihm bekleideten Aemtern gewesen seyen, und wie sehr sie auch die Dankbarkeit seines Vaterlandes und die Bewunderung Europa's hervorgerufen hätten, die allgemeine Aufmerksamkeit doch gegenwärtig besonders deßhalb auf ihn gerichtet sey, weil man ihn berufen glaube, noch etwas für die Nation zu thun. Die letzten Toaste, ehe die Gesellschaft sich trennte, waren die hölzernen Mauern von Alt-England und Schiffe, Colonien und Handel.

(Globe.) Lord Durhams Abfahrt von Dover ist durch ein vermehrtes Uebelbefinden des edlen Kranken verhindert worden; er verweilt jetzt zu Dover in Erwartung eines bald eintretenden Besserungszustandes.

Haus der Gemeinen. Sitzung vom 2 Jun. Der wichtigste in dieser Sitzung zur Sprache kommende Gegenstand ist der Antrag Hrn. W. S. O'Briens, daß, in Betracht sowohl der häufigen Arbeitslosigkeit und der daraus entspringenden Armuth der arbeitenden Classen in England, als auch des immer größer werdenden Bedürfnisses von Arbeitern in verschiedenen brittischen Colonien, eine freie Ueberfahrt nach diesen Colonien den zur Auswanderung geneigten Arbeitern bewilligt werden möge. Den wirklichen Bestand des Elends im Volke sucht der Redner aus der jetzt noch sich auf 4,725,000 Pf. belaufenden Armensteuer zu beweisen. Am schlimmsten sey der Zustand in Irland, wo sich fast 2 1 / 2 Millionen Personen beständig ohne Arbeit befänden, und die zur Unterstützung der irischen Armen bewilligte Summe, deren Minimum 1,500,000 Pf. betrage, könne nicht besser angewandt werden, als zur Beförderung der Emigration. Das vernünftigste Colonisationssystem bestehe darin, daß man das Land nicht verschenke, sondern verkaufe, um mit dem Erlös die Ueberfahrtskosten zu bestreiten. Warum sey dieses System, das Hr. Wakefield nicht nur vertheidigt, sondern auch erfunden habe, und dessen Ausführung namentlich die Colonisten von Neu-Südwales so eifrig verlangen, von dem edlen Lord Staatssecretär für die Colonien noch nicht in Ausführung gebracht worden? Und ebenso habe die für die für die Colonisation von Neu-Seeland gebildete Landcompagnie noch nicht die mindeste Maaßregel getroffen. Capitän Boldero schlägt Errichtung eines Ausschusses über die Sache vor, und meint, man könne sich der Flotte als einer Brücke zu der Colonisirung, namentlich Canadas, bedienen, indem man den Matrosen die Aussicht auf künftige Ansiedelung zusichere, was zugleich ein besseres Mittel, Recruten zu bekommen und festzuhalten, seyn werde, als Pressen und Peitsche. Hr. Villiers kommt bei Berücksichtigung des Elends der arbeitenden Classen auf seine Nothwendigkeit der Aufhebung der Korngesetze zurück; worauf ihm Sir R. Inglis zuruft: ecce iterum Crispinus, und ihm vorwirft, daß er gleich dem Panzen der wiederkäuenden Thiere auch die härtesten Knochen in Futter zu verwandeln suche. Hr. Ward protestirt gegen Einführung eines bestimmten religiösen Bekenntnisses in den Colonien, und Hr. Vernon Smith spricht gegen den Vorschlag wegen der nicht mit Sicherheit zu deckenden Kosten. Aus demselben Grunde spricht auch Lord J. Russell gegen den Antrag, und führt außerdem dagegen an, daß zwei Drittel der Emigrirenden aus Kindern bestehen würden, die man in den Colonien zur Arbeit nicht brauchen könnte. Rücksichtlich des Vorschlags, die Kosten der Ueberfahrt mit dem Ertrag des Länderverkaufs zu bestreiten, so sey dieser Ertrag, bei Abwesenheit aller localen Taxen, zugleich die einzige Quelle zum Unterhalt der civilen, richterlichen und polizeilichen Institutionen in der Colonie, ohne welche Institutionen sich doch wahrscheinlich Niemand den Gefahren der Auswanderung unterziehen würde. Uebrigens hoffe er noch, daß man später mit Hülfe der Landbehörde einen allgemeinen Emigrationsplan in Ausführung bringen könne. Sir R. Peel spricht gleichfalls in einem der Motion entgegengesetzten Sinn, und erklärt den in der Motion enthaltenen Schluß, daß, weil erstens in England die arbeitenden Classen arbeitslos und arm wären, und zweitens in den Colonien Arbeit gut bezahlt würde, das Mutterland nun drittens die Verpflichtung haben sollte, die armen Arbeiter auf seine Kosten dorthin zu schicken, für eben so wenig logisch als staatsökonomisch oder politisch richtig. In einzelnen Fällen könne allerdings der Staat berufen seyn, die Auswanderung nach den Colonien auf seine Hand zu betreiben, z. B. nach Canada, damit daselbst der brittischen Bevölkerung ein Uebergewicht über die französische gegeben werde; im Allgemeinen aber habe er zu einer solchen Betreibung weder Beruf, noch auch selbst das moralische und religiöse Recht. Wie könne er sich auch überdieß mit Untersuchungen über den Gesundheitszustand der Emigrirenden, inwiefern selbiger für diese oder jene Colonie tauglich sey, befassen! Die vielen zu solchen Untersuchungen erforderlichen Behörden würden den ganzen Mechanismus des Systems aufs äußerste erschweren. Am besten überlasse man das alles den Individuen selbst, und in Betreff des Kostenaufwandes für die Ueberfahrt der Armen, liege dessen Bestreitung am natürlichsten den Landeigenthümern ob, die sich ihrer armen Landsassen entledigen wollen. Hr. W. S. O'Brien nahm hierauf seine Motion zurück. Der Rest der Sitzung ward hingebracht mit Verhandlungen über den Verhaftzustand des Chartisten Henry Vincent (im Pönitenzhaus zu Milbank) und Hrn. O'Connor in York-Castle;1299 indem Hr. Sergeant Talfourd in zwei besondern Motionen darauf antrug, daß Vincent in sein Gefängniß in Monmouth zurückgebracht, und Hr. O'Connor gleichfalls einem andern Gefängniß überantwortet werden möge. Doch nimmt er auf die Gegenbemerkungen des Hrn. Fox Maule, Lord John Russells und Sir Robert Peels, von denen namentlich letzterer ihm nachweist, daß sein Antrag eine Beeinträchtigung der Prärogative der Krone enthalte, beide Motionen zurück. Aus den Antworten Lord John Russells und Hrn. Fox Maule's erhellt, einmal, daß sich Vincent seine strengere Haft durch fortgesetztes Mitarbeiten an dem Western Agitator selbst zugezogen, und zweitens, daß die Beschwerden Hrn. O'Connors etwas übertrieben ausgefallen sind. Unterhaltend war bei dieser Gelegenheit die Rede des Hrn. Wakley, der, um zur mildern Behandlung Vincents durch Vergleich seines Verbrechens mit einem ähnlichen, aber viel milder bestraften aufzufordern, dem Haus eine vor zwanzig Jahren gethane revolutionäre Aeußerung eines der jetzigen Beamten der Schatzkammer (Sir Ch. Baring) ins Gedächtniß brachte, die derselbe mit kurzem Gefängniß büßte, nämlich folgende Aeußerung: was kann das Volk von England abhalten sich in jenes Haus zu drängen, die Glieder desselben bei ihren Ohren ihren langen Ohren zu fassen und sie in die Themse zu schmeißen, um dann die Thore des Hauses zu verschließen? Das Haus trennte sich um halb 2 Uhr, nachdem es sich bis Donnerstag vertagt hatte.

Bei der Wahl für Cockermouth hat der ministerielle Candidat, Hr. Horsman, über den torystischen General Wyndham, mit 117 gegen 91 Stimmen den Sieg davon getragen. (Hr. Horsman hatte sich bekanntlich wegen seiner Erhebung zu einem der Lords der Schatzkammer einer neuen Wahl unterwerfen müssen.)

Für die Verbreitung des Evangeliums in den schottischen Hochlanden hat die Königin ein Geschenk von 2000 Pf. St. bewilligt.

Die Aeltesten der Judengemeinde von Portsea hatten sich an Lord Palmerston um seine Verwendung für ihre unglücklichen Brüder im Orient gewendet. Der Globe theilt folgende Antwort mit, die ihnen der Minister durch seinen Secretär zufertigen ließ: Meine Herren, ich bin von Lord Palmerston angewiesen, Ihnen in Entgegnung auf Ihr Schreiben vom 4 Mai bekannt zu machen, daß Se. Herrlichkeit bereits den brittischen Botschafter in Konstantinopel und den brittischen Agenten und Generalconsul in Aegypten beauftragt, jeder für sich der Pforte und Mehemed Ali Vorstellungen wegen der Verfolgungen zu machen, denen sich die Juden zu Rhodus und Damaskus jüngst ausgesetzt sahen.

Die englischen Blätter enthielten vorgestern eine von Paris aus (vom 30 Mai) mitgetheilte, angeblich officielle telegraphische Nachricht über den Tod Sr. Maj. des Königs von Preußen, in der sogar die nähern Umstände dieses bekanntlich noch keineswegs eingetretenen traurigen Falles aufs genaueste beschrieben sind. Die Annäherung seines Todes fühlend sagt der Bericht wünschte der König seine Armee noch einmal, zum letztenmal, vor sich defiliren zu sehen, und ließ deßhalb sein Bett vor einem so gestellten Spiegel tragen, daß er darin den Widerschein der auf der Straße vorübermarschirenden Truppen Mann für Mann ins Auge fassen konnte; auf solche Weise nahm er von seinem Heere den letzten Abschied. Unmittelbar nach dieser Ceremonie legte er seine königliche Macht in die Hände seines Sohnes nieder, und hauchte Tags darauf sein Leben aus.

Frankreich.

(Temps.) Man hat beschlossen, den Gegenadmiral Dupotet unter dem Oberbefehl des Viceadmirals Baudin zu lassen, der das Commando der Expedition gegen Buenos-Ayres übernehmen wird. Sonst würde diese Ernennung den Schein einer Ungnade für Hrn. Dupotet haben. Es hieß, Admiral Baudin, an dessen Instructionen gegenwärtig gearbeitet wird, wünsche 3000 Mann Landungstruppen mitzunehmen, um desto kräftiger im Fall der Verweigerung der von ihm angetragenen Bedingungen auftreten zu können.

〈…〉〈…〉Die Deputirtenkammer kam am 6 Jun. mit Erörterung des Budgets der öffentlichen Arbeiten zu Ende, und begann dann die Erörterung des Budgets des Kriegsministeriums.

Dem Capitole zufolge haben schon mehr als 200 Deputirte am 4 und 5 Mai ihre Plätze auf den verschiedenen Postwägen vom 18 bis 22 Jun. bestellt, was beweise, daß die Session längstens am 20 zu Ende gehen werde.

〈…〉〈…〉Die Pairskammer beendigte am 6 Jun. die Erörterung über die definitive Anordnung des Budgets von 1837 und nahm es mit 109 weißen gegen 3 schwarze Kugeln an. Der Kanzler verlas hierauf den Gesetzesentwurf, die Abholung der sterblichen Reste Napoleons von St. Helena betreffend. Die Artikel erhielten ohne Erörterung die Zustimmung der Kammer. Im Scrutin ward der Gesetzesentwurf mit 117 weißen gegen 3 schwarze Kugel angenommen.

General Bertrand hat am 5 Jun. dem Municipalrath von Paris das Necessaire en vermeil verehrt, welches ihm der Kaiser Napoleon am Morgen des Tags seiner Abreise von Fontainebleau nach der Insel Elba geschenkt hatte. Die Stadt Paris wird dieses Geschenk in einem der großen Säle des Neubaues des Rathhauses aufbewahren.

(Courrier français.) Bekanntlich hatte die Familie Napoleons einige Ansprüche auf seine Waffen gemacht. Der Graf Survilliers hat dem Marschall Moncey geschrieben, daß er den Grafen Bertrand angewiesen habe, den Degen des Kaisers auf dessen Sarg niederzulegen; der Degen Napoleons kann aber Frankreich nicht im Namen der Familie des Kaisers zurückgegeben werden, denn wenn er sein Vermögen vermacht hat, so hat er seinen Ruhm nicht vermacht. Marschall Bertrand hat übrigens den Degen Napoleons vielmehr erobert, als aus dessen Händen empfangen. Bekanntlich ward dieser glorreiche Degen auf das Bett des Kaisers nach dessen Hinscheiden gelegt. Die Engländer wollten sich desselben bemächtigen, als General Bertrand durch eine fromme Täuschung seinen eigenen Degen dafür hinlegte. Der Degen Napoleons enthält mit goldenen Buchstaben auf der Klinge die Aufschrift: Austerlitz, 2 Dec. 1805. Der Handgriff ist einfach, aber ganz von Gold. Drei antike Medaillen sind eingelegt, welche die Köpfe Hannibals, Cäsars und Alexanders vorstellen.

(Commerce.) Der englische Courier bemerkt, daß Lord Palmerston bei seinen Communicationen mit Hrn. Guizot über die Herausgebung der Asche Napoleons ihm den Kaisertitel gegeben habe. Noch nie, setzt er hinzu, hatte bisher die englische Regierung diesen Titel anerkannt, selbst nicht in den Zeiten, wo Lord Palmerston wie jetzt Mitglied des Cabinets gewesen. Auch ist bekannt, daß die andern Mächte Bonaparte diesen Titel nahmen, als er nach St. Helena gebracht wurde. Alles dieß mag ganz wahr seyn; es kommt aber die Zeit, wo die Macht der Thatsachen den Sieg erhält, und wenn übrigens England für Napoleon den Kaisertitel nicht anerkannte, so hatte auch Kaiser Nikolaus damals seine Tochter noch nicht dem Sohne Eugens zur Gemahlin gegeben.

Durch einen Beschluß vom 1 Jun. hat der Municipalrath von Mühlhausen, auf den Vorschlag des Hrn. Andreas Köchlin, Maire's dieser Stadt, eine Summe von 1000 Fr. bewilligt,1300 als Beitrag zu den Kosten der Aufrichtung und Einweihung von Guttenbergs Denkmal in Straßburg. Mühlhausen hat dadurch ein wahres Opfer gebracht, indem die Stadt arm ist und keine andern Einkünfte hat, als die, welche sie aus dem Octroi und mehrern andern örtlichen Abgaben zieht. (Bekanntlich hat Ludwig Philipp selbst neulich zu diesem Denkmal eine namhafte Beisteuer gegeben.)

(Commerce.) Ein in Toulon angekommenes Schreiben aus Tunis von einem Officier der k. Marine enthält eine wichtige Neuigkeit, wenn sie wahr ist. Achmet, vormaliger Bey von Constantine, heißt es darin, ward von den Seinigen getödtet. Sein vom Rumpfe getrenntes Haupt soll von den Arabern nach Constantine gebracht und dem General Galbois überreicht werden.

Alles beeilt sich die Sitzung zum Ende zu bringen. Die Kammer votirt im Sturmschritt das Budget, weil die Stellungen verwickelt sind, und Niemand entschieden steht. Die Linke namentlich weiß nicht mehr, welche Partei sie ergreifen soll, denn sie fühlt, daß sie ihre Popularität compromittirt. Odilon-Barrot kann sich nicht halten; er hat sich Hrn. Thiers aufgeopfert und welches Resultat hat er dafür erlangt? Keines. Man hatte ihm Präfecturen für seine Freunde versprochen; er hat keine erhalten; eine Erneuerung der Diplomatie, und Hr. Thiers hat beibehalten, was bestand. Das Handwerk also, das Odilon-Barrot treibt, ist eine große Duperie; und jetzt muß man sehen, ob er es lange treiben mag. Die Subscriptionen zu der Begräbnißfeier Bonaparte's werden ganz in den Händen der Gegner der Regierung bleiben. Sie werden eine Art Verzeichniß der bonapartistischen Kräfte bilden, und es ist kein Zweifel, daß diese im untern Volke groß sind. Es war also etwas leichtsinnig, eine Partei aufzuwecken, die in der That nur noch als eine historische Erinnerung existirte. Man macht daraus eine wirkliche, lebende Meinung; indessen wird aus der über die Person Napoleons erhobenen Discussion eine ernste Kritik entstehen und dem Spiel der Vergötterung ein Ziel stecken. Das Andenken Napoleons hat die republicanische Partei, die Anhänger Lafayette's und Duponts (de l'Eure), die Advocaten, Legisten, die ganze Schule der repräsentativen Regierung gegen sich.

Niederlande.

Die zweite Kammer der Generalstaaten hielt gestern zwei Sitzungen. In der Vormittagssitzung, in welcher viele Mitglieder sprachen, auch die Minister der Justiz und der auswärtigen Angelegenheiten, und zwar letzterer über die politischen Verhältnisse Limburgs, wurde der erste Gesetzesentwurf in Bezug auf die Revision des Staatsgrundgesetzes mit 41 gegen 14 Stimmen angenommen. Der Präsident erklärte zwar den Gesetzesentwurf für abgelehnt, da nach grundgesetzlichen Bestimmungen 3 / 4 der Mitglieder dafür gestimmt haben müßten; die Kammer verwarf aber mit 46 gegen 9 Stimmen den deßfallsigen Antrag des Präsidenten und der Gesetzesentwurf wird gewohnterweise an die erste Kammer gelangen. Die Rede des Ministers des Auswärtigen, Baron Verstolk van Soelen, soll auf vielfaches Verlangen in Druck erscheinen. In der Nachmittagssitzung wurden die übrigen zuerst vorgelegten vier Gesetzesentwürfe und auch der Gesetzesentwurf bezüglich des Wahlrechts angenommen. Heute wird die Discussion über die Revision des Staatsgrundgesetzes fortgesetzt.

Italien.

Noch immer keine Nachrichten aus Neapel, die eine definitive Ausgleichung der Streitigkeiten brächten. Alles beruht auf guten Hoffnungen, Gerüchten und Voraussetzungen. Nur so viel scheint leider gewiß zu seyn, daß mehrere fremde Diplomaten von ihren dortigen Posten abtreten müssen, indem sie in ihren Bemühungen, den Streit zu schlichten, nicht glücklich waren und jetzt ungern gesehen werden. Ein russischer Courier eilte gestern hier durch nach dem Norden, ohne sich zu verweilen. Der französische Botschafter beim heiligen Stuhl, Graf Latour-Maubourg, ist gestern mit Familie über Florenz nach Frankreich abgereist, wo er mehrere Monate verweilen wird. In dem hiesigen Staatsbuch (Cracas), welches nächstens erscheinen wird, sind zum erstenmal dieses Jahr die von der Propaganda ernannten und unter ihrer Aufsicht stehenden päpstlichen Vicarien beigesetzt. Man zählt hiernach in allen fünf Welttheilen 57 Vicare. Als vom Papst neuerrichtete Vicariate werden in England genannt: östlicher District, Monsignore W. Wareing, Bischof von Ariopoli, in part. ; in Wales Mons. D. Brown, Bischof von Apollonia, in part. ; Lancaster Mons. G. Brown, Bischof von Bugia in part. und für den District von York Mons. Briggs, Bischof von Abida. Als schon von länger her bestehende Vicariate wird zum Coadjutor des Districts von Mittel-England der rühmlich bekannte Director des hiesigen englischen Collegiums und Professor der hebräischen Sprache, Mons. N. Wiseman genannt, mit dem Titel Bischof von Mellipotamus, bekannt als der Ort, wornach in der letzten Allocution des Papstes der Bischof und Märtyrer Delgado genannt wurde. Für das nördliche Deutschland ist Mons. J. T. Laurent, Bischof von Cherson in part. gegenwärtig hier anwesend, und für Sachsen Mons. J. B. Mauermann, Bischof von Pella, in part. angeführt.

Deutschland.

Aus Aschaffenburg treffen die erfreulichsten Nachrichten über das Befinden JJ. MM. ein, auch einige allerhöchste Entschließungen sind heute bekannt geworden. Der Obristlieutenant des Cuirassierregiments Prinz Johann von Sachsen, v. Spengel, ist zum Vorstand der Administrationscommission der Militär-Fohlenhöfe, und an seine Stelle der Major des Chevaurlegerregiments König, v. Flotow, zum Referenten im Kriegsministerium ernannt. Der k. würtembergische ehemalige Minister und Gesandte am Bundestage, Frhr. v. Wangenheim, befindet sich seit mehreren Tagen in unserer Stadt. In Bayreuth hat sich der Major v. G., ein sehr verdienter und allgemein geachteter Officier, durch einen Pistolenschuß entleibt. Seit acht Tagen ist man hier mit dem Abbruch der Häuser beschäftigt, die zwischen dem mittlern Residenzflügel und der Theatinerkirche sich befinden; an ihre Stelle wird eine offene Loge, nach Art der Loggia Lanzi in Florenz (von Orcagna erbaut), sich erheben, deren Fronte die Ludwigsstraße beherrschen, und nach dem Plane des Oberbauraths v. Gärtner ausgeführt werden wird. Dieser Bau, welcher binnen vier Jahren vollendet seyn soll, wird nur wenige Tiefe erhalten, damit die Façade genannter Kirche gänzlich frei gestellt bleibt. Am nördlichen Ende des Bazars ist man gleichfalls thätig, die Fundamente zu einem Magazin für Steigerwalds Glasfabricate herzustellen, welche hier eine überaus effectreiche Aufstellung finden.

Man erfährt, daß bereits Lebensbeschreibungen der in die Walhalla aufzunehmenden großen Deutschen in Arbeit sind, und nächstens in Druck erscheinen sollen. Wir halten ein solches Unternehmen um so mehr für voreilig, als vor der gänzlichen Vollendung des Baues, dessen innerer Einrichtung und der vollständigen Aufstellung der Brustbilder und Namen, nur Unvollständiges und Mangelhaftes geliefert werden kann. Wir sind aus guter Quelle unterrichtet, daß unmittelbar nach Vollendung der Walhalla, und noch vor1301 oder mit deren Eröffnung eine bereits vollständig verfaßte und von dem erhabenen Begründer der Walhalla selbst veranlaßte Sammlung kurzer Lebensbeschreibungen der darin aufgenommenen großen Deutschen im Druck erscheinen werde. Wir glauben, jeden Freund der vaterländischen Geschichte, deutscher Größe und deutschen Ruhmes zu verbinden, wenn wir schon jetzt hierauf aufmerksam machen.

Auch hier hat sich in Folge der für die Feier des Jubiläums der Presse erlassenen allerhöchsten Bestimmungen das früher bestandene gemischte Comité aufgelöst, worauf die zunächst betheiligten zahlreichen Gewerbsgenossen*)Augsburg zählt 13 Buchhandlungen und 12 Druckereien, worin im Ganzen beinahe 300 Menschen beschäftigt sind. einstimmig beschlossen haben, auf jede Feier in Augsburg zu verzichten, wie dieß neulich auch in Nürnberg geschah. Indessen wird, wie wir hören, von kundiger Hand eine Schrift erscheinen, um an Augsburgs alten rühmlichen Antheil an der edlen Kunst, deren Säculartage bevorstehen, zu erinnern.

Dem Vernehmen nach ist unser rühmlichst bekannter Landsmann, Dr. K. Pfeufer, z. Z. Physikus in München (Landgerichts Au) an Prof. Schönleins Stelle nach Zürich berufen worden. (Fr. M.)

*)Dieser Brief blieb aus Versehen aus der Reihe unsrer Berichte, und wird daher zur Ausfüllung der Lücke nachgeliefert.Berathung der zweiten Kammer über das Strafgesetz. Die §§. 612 und 613 bedrohen die Verletzung der Amtsverschwiegenheit mit Strafe. Es ist ein Unterschied gemacht, ob die Uebertretung aus Bosheit, Rachsucht oder Eigennutz, oder ob sie nur aus Leichtsinn geschah. Im erstern Falle droht der §. 612 unbedingt Dienstentlassung, und wenn ein dem Schuldigen zum Vorsatz zuzurechnender großer Schaden entstand, zugleich Kreisgefängniß nicht unter 3 Monaten oder Arbeitshaus. Im andern Fall, wo die Amtsverschwiegenheit nur aus Leichtsinn verletzt wurde, droht der §. 613 eine Strafe nur dann, wenn ein wirklicher Schaden entstanden, und derselbe von dem Beamten vorauszusehen war. Es wird hier eine Geldstrafe nicht unter 25 fl. gedroht, die Dienstentlassung aber nur für den Fall, wo der entstandene Schaden groß ist, und als wahrscheinliche Folge der Handlung vorauszusehen war. Christ beantragte die Streichung beider Paragraphen, da aus der Verletzung der Amtsverschwiegenheit meistens kein Schaden hervorgehe, und sie im Allgemeinen nicht gefährlich sey, auch eine dienstpolizeiliche Vorschrift jedenfalls genüge. Vicekanzler Bekk sucht nachzuweisen, daß durch Verletzung der Amtsverschwiegenheit, wenn sie gleich in der Regel nicht gefährlich sey, denn doch in einzelnen Fällen großer Schaden verursacht werden könne, z. B. wenn ein Mitglied des Finanzministeriums im Jahr 1835 beim Anschluß Badens an den Zollverein von der provisorischen Zollerhöhung einige Tage vor deren Verkündung einem Handelsmann Kenntniß gegeben hätte, oder wenn ein Mitglied des Ministeriums des Innern, bei welchem der Erfinder eines Fabrikgeheimnisses die Beschreibung des Geheimnisses zum Behuf der Erlangung eines Patents übergeben habe, das Geheimniß andern verrathen würde u. dgl. Das gewöhnliche Ausplaudern von Dingen, hinsichtlich deren der Beamte die Pflicht der Amtsverschwiegenheit habe, bleibe der Rüge von Seite der Dienstpolizei überlassen. Aber für die Fälle, wo bedeutender Schaden entstand, oder wo die Uebertretung aus Bosheit, Rachsucht oder Eigennutz geschah, genüge es an den bloßen Disciplinarstrafen nicht. Merk hielt die Disciplinargewalt für hinreichend, wo nur Privaten durch die Uebertretung beschädigt seyen. Wenn aber die öffentlichen Interessen dadurch benachtheiligt werden, so seyen die hier gedrohten Strafen entsprechend. Geh. Rath Duttlinger: wer Privatinteressen zu Grund richte, sey eben so strafbar, als wenn es öffentliche Interessen wären. Baumgärtner und Regenauer führen ebenfalls Fälle an, wo die Verletzung der Amtsverschwiegenheit sehr großen Schaden bewirken könne, sie sind aber der Meinung, daß bei der bloß fahrlässigen Beschädigung ein großer Schaden zu fordern sey, um die Strafe des §. 613 anzuwenden, und daß im Falle des §. 612 nicht jedesmal Dienstentlassung zu erkennen sey, sondern bei geringerer Bosheit etc. nur Geldstrafe. Vicekanzler Bekk und der Berichterstatter Sander bekämpften diese Anträge, da im Falle von Bosheit, Rachsucht oder Eigennutz der Beamte jedenfalls schon von der Art sey, daß man der Regierung nicht zumuthen könne, ihm ferner ein Vertrauen zu schenken, und da (wie Sander zu §. 613 bemerkte) der Begriff von großem oder geringem Schaden zu relativ sey, um davon die Strafbarkeit selbst abhängen zu lassen. Der Entwurf der Commission wurde hierauf unverändert angenommen. Bei der Bestechung machte der Entwurf die Unterscheidung zwischen Beamten, welche bei ihren Amtshandlungen einen Betheiligten zum Nachtheil eines andern begünstigen können, und andern Beamten. Bei den erstern gilt es nach §. 614 als Bestechung, wenn sie wegen einer vorzunehmenden Amtshandlung oder für die Unterlassung einer solchen ein Geschenk annehmen oder sich versprechen lassen. Dagegen bei öffentlichen Dienern, welche keine Amtsgewalt haben, keinen Betheiligten zum Nachtheil des andern begünstigen, d. h. keine Parteilichkeit üben können, nimmt das Gesetz keine Bestechung an. Der §. 620 bedroht sie mit der Strafe unerlaubter Geschenkannahme, welche nur im Rückfall in Dienstentlassung besteht, wenn sie den Betheiligten durch pflichtwidrige Verzögerung einer Amtshandlung zum Geben oder Versprechen des Geschenks bestimmt haben. Christ schlug vor, im §. 614 die angegebene Unterscheidung zu streichen, und bei jedem Diener die Annahme eines Geschenks oder des Versprechens eines solchen wegen einer Amtshandlung als Bestechung zu bestrafen. Welcker und die Regierungscommissarien Bekk und Duttlinger vertheidigten den Entwurf. Derselbe sey in Vergleich mit dem ältern Strafedict und mit dem würtembergischen Gesetz §. 407 schon darin strenger, daß das Erforderniß, wornach das Geschenk zur Erlangung einer rechtswidrigen Verfügung gegeben seyn muß, beseitigt sey, und daß es genüge, daß die im §. 614 bezeichneten Diener nur überhaupt wegen einer Amtshandlung ein Geschenk annehmen. Eine Ausdehnung dieser strengen Vorschrift auf Diener, die bei ihren Amtshandlungen gar keine Parteilichkeit üben können, sey aber nicht begründet. Man müßte sonst auch den Professor, der für seine Vorlesungen ein größeres als das festgesetzte Honorar annehme, und dem Pfarrer, der größere als die bestimmten Stolgebühren zum voraus annehme, wegen Bestechung bestrafen. Christ: es handle sich nur um unentgeltlich zu verrichtende Geschäfte. Wer etwas zu fordern habe, werde nicht gestraft, wenn er auch mehr annehme. Staatsrath Jolly: die Annahme des Mehrbetrags sey ebenfalls die Annahme eines Geschenks, und wenn ein Beamter, der eine Amtsgewalt habe und Gebühren zu beziehen berechtigt sey, für eine vorzunehmende Amtshandlung mehr annehme, als er zu fordern habe, so sey er der Bestechung schuldig. Sander spricht für Christ's Antrag, da jeder öffentliche Diener eine Partei begünstigen könne. Was aber die Pfarrer betreffe, so werden ihnen die Stolgebühren erst nach vorgenommener Amtshandlung bezahlt, von einer Bestechung sey also bei einer Mehrgabe bei ihnen keine Rede. Welcker: in vielen Gegenden werden diese Gebühren meistens schon vor der Vornahme der pfarrlichen Verrichtung bezahlt. Christ's Antrag wurde hierauf verworfen. Die Strafe der Bestechung ist nach §. 614 in allen Fällen nur Kreisgefängniß oder Geldstrafe und nebst dem Dienstentlassung oder Dienstentsetzung. Nach §. 619 werden die Beamten, welche nach §. 614 sich einer Bestechung schuldig machen können, wenn sie für eine bereits vollzogene Amtshandlung ein (vorher nicht versprochenes) Geschenk in Geld oder in andern Vermögensvortheilen von nicht unbedeutendem Werthe annehmen, wegen unerlaubter Geschenknahme von einer Geldstrafe, und nur im Wiederholungsfalle von Dienstentlassung getroffen. Dieser Artikel wurde, so wie jene über die öffentliche Erpressung und über die (von der Strafe des falschen Zeugnisses nebst Dienstentlassung oder Dienstentsetzung bedrohten) wissentliche ungerechte Entscheidung, ohne Discussion, die §§. 627 und 628 über Fälschungen im Amt aber mit einer geringen Redactionsveränderung angenommen.

Die Vorbereitungen zu der hier stattfindenden Säcularfeier der Erfindung der Buchdruckerkunst nehmen einen immer raschern Gang. Mit dem Aufbau des Amphitheaters hat man begonnen. Launitz ist für die plastischen Ausschmückungen desselben schon seit geraumer Zeit1302 emsig beschäftigt. Die freiwilligen Geldbeiträge für das Fest blieben indessen unter der Erwartung; sie werden höchstens 6500 bis 7000 fl. betragen, da viele unserer reichsten Mitbürger sich bewogen fanden wenig oder nichts zu unterzeichnen. Die Festrede bei der Säcularfeier wird der Pfarrer Dr. G. Friedrich halten, bekannt als guter Kanzelredner und Schriftsteller. Louis Spohr kam vorgestern auf der Reise nach dem niederrheinischen Musikfest, das er bekanntlich dirigirt, hier an, und unser Liederkranz brachte dem verehrten Meister Abends eine Serenade, welche ihn freudig überraschte.

Der Deputationsbericht der zweiten Kammer über den Preßgesetzentwurf ist jetzt im Druck erschienen. Die Deputation zerfällt in eine Majorität und Minorität, deren Anträge folgendermaßen gestellt sind. In der Voraussetzung, daß die von der Deputation versuchten Verbesserungen des Gesetzentwurfs die Genehmigung erlangen sollten, empfiehlt die Deputation zwar: 1) die Annahme des vorgelegten Gesetzentwurfs, fügt jedoch zugleich 2) den Vorschlag bei: die Kammer wolle, im Verein mit der ersten Kammer, an die hohe Staatsregierung den Antrag stellen, daß dieselbe durch ihren Gesandten am Bundestage auf nunmehrige Aufhebung der in Bezug auf die Presse erlassenen provisorischen bundesgesetzlichen Bestimmungen und alsbaldige Verwirklichung des Art. XVIII der Bundesacte unter d in Bezug auf die Freiheit der Presse hinzuwirken bemüht seyn möge. Hieran würde sich aber als eine nothwendige Folge 3) der Antrag reihen: daß auf den Grund der solchergestalt erlangten Resultate, wo möglich am nächsten Landtag, ein verändertes, auf freierer Grundlage wie das dermalige ruhendes Preßgesetz vorgelegt werden möge. Die Minorität tritt dem zwar allenthalben bei. Sollten jedoch die von ihr gethanen Vorschläge nicht sämmtlich der Beistimmung sich zu erfreuen haben, dann ist sie allerdings der Meinung, daß es besser sey, lieber das erste Provisorium beizubehalten, als ein zweites noch bedenklicheres zu schaffen, also den Gesetzentwurf abzulehnen.

(L. A. Z.)

Der Bau des Hermanns-Denkmals wird ohne Unterbrechung fortgesetzt; doch ist die Vollendung desselben in diesem Jahr noch nicht zu hoffen. Wenn gleich fortwährend aus allen Theilen des deutschen Vaterlandes Beiträge eingehen, so ist doch noch eine bedeutende Summe erforderlich, um dieß großartige Denkmal würdig auszustatten. Man zweifelt aber keineswegs daran, die Summe zusammengebracht zu sehen, da die Art der Sammlung der Beiträge, besonders in Mecklenburg und Bayern, zu der schönen Ueberzeugung führt, daß die deutsche Nation die Errichtung des Hermanns-Denkmals als eine Ehrenschuld erkannt hat, welche abzutragen es jetzt an der Zeit ist. (Hannov. Z.)

Preußen.

Neueste Bulletins. I. Se. Maj. der König haben den Vormittag abwechselnd in Ruhe zugebracht. Gegen 2 Uhr Nachmittags traten aber Erscheinungen ein, welche den Hinzutritt von Fieber nicht verkennen ließen. Berlin, den 5 Jun. Nachmittags 5 Uhr. (Gez. Dr. v. Wiebel. Dr. Schönlein. Dr. Grimm.) II. Se. Maj. der König haben in der vergangenen Nacht mit vielen Unterbrechungen geschlummert. Das Fieber, gegen Morgen wenig ermäßigt, dauert fort. Die Abspannung der Kräfte ist groß. Berlin, den 6 Jun. Morgens 7 Uhr. (Gez. wie oben.)

Die Stadt und das Land befinden sich fortwährend in ängstlichster Stimmung. Man vernimmt, daß vor mehreren Tagen bereits der König dem Minister des Hauses, Fürsten v. Wittgenstein, den Auftrag ertheilt habe, in dem Augenblick, wo es den Anschein gewinne, daß ein nahes Ende zu gewärtigen sey, in Sr. Majestät Namen den Kronprinzen zu ersuchen, auch diejenigen Anordnungen zu treffen, die in solchem Augenblick nothwendig seyn möchten, damit durchaus keine Unterbrechung in der Leitung der öffentlichen Angelegenheiten eintrete. Man wird auch aus diesem Zug ersehen, wie besorgt der König bis zum letzten Augenblick für das Wohl des Landes war. Ein anderer Zug ist folgender: Professor Schönlein hatte darauf aufmerksam gemacht, wie sehr die Gemüthsanregungen des Friedrichs-Festes und das unvermeidliche Geräusch der Feierlichkeiten bei der Grundsteinlegung des Denkmals auf die Krankheit des Monarchen einwirken möchten, ja, wie im Grunde kaum etwas nachtheiliger seyn dürfte, als gerade eine solche unter den Fenstern des Königs vor sich gehende öffentliche Feier: aber Se. Majestät wollten sich durch keinerlei Rücksicht auf die eigene Gesundheit von einer Handlung der Pietät zurückhalten lassen, die der Nachfolger dem großen Vorfahren schuldig zu seyn glaubte. Nicht minder sprach sich bei der von Sr. Maj. selbst getroffenen Anordnung dieser Feier die zarte Rücksicht für den Bürger - und Handwerkerstand aus, dessen Repräsentanten der König eine Stelle neben den Vertretern des höhern Beamtenstandes anwies. Ebenso wie keine Bulletins ausgegeben werden durften, damit Niemand vorzeitig beunruhigt werde, gab der König auch nicht zu, daß die unter einem Portal seines Palastes durchführende lebhafte Passage für Fahrwerk gesperrt werde, und selbst in den letzten Tagen, wo es am Ende geschehen mußte, damit der König von dem Geräusch nicht gestört werde, suchte man die Sperrung durch den Umstand zu rechtfertigen, daß die Straße der Reparatur eines durch dieselbe führenden Canals bedürfe, und es mithin nicht der König persönlich sey, der seinen Bürgern einen Weg, den sie zu ihren Geschäften bedürfen, unzugänglich mache. Auf gleiche Weise mußte die Militärmusik bei und nach der Wachtparade, die einen Tag eingestellt worden war, weil der Ort der Parade dem königlichen Palast gegenüber liegt, am folgenden Tage wieder, wie gewöhnlich, spielen, damit diejenigen, die sich daran zu ergötzen pflegen, nichts zu vermissen hätten. Leider sind aber heute die Theater geschlossen worden, und zwar, wie es auf den Anschlagzetteln heißt, wegen des bedenklichen Zustandes Sr. Majestät. Ist es auch nicht der Wille des Königs, seinetwegen irgend ein öffentliches Vergnügen zu unterbrechen, so hat doch Niemand in einem Augenblick, wo er den geliebten Landesvater so leidend weiß, Lust, das Theater zu besuchen. Wir sehen hier einem traurigen Pfingstfest entgegen, denn das Traurigste ist in diesen Tagen vielleicht schon in den nächsten Stunden zu erwarten.

Ich habe Ihnen gestern nicht wieder geschrieben, weil der Zustand der angstvollen Spannung sich ohne bedeutende Incidenzpunkte nur verlängert hat. Der Kaiser, den man, wenigstens im Publicum, schon seit 24 Stunden von Minute zu Minute erwartete, ist bis diesen Augenblick (Nachmittag 5 Uhr) noch nicht hier eingetroffen. Er dürfte nun allen Anzeichen zufolge wahrscheinlich zu spät kommen, wenigstens um noch mit Bewußtseyn von seinem königlichen Schwiegervater empfangen zu werden. Denn obgleich gestern der Krankheitszustand des theuren Leidenden sich wider Vermuthen gebessert hatte, sogar in dem Grade, daß man schon eine schwache Hoffnung der Herstellung faßte, so gehen doch heute alle Symptome auf die ganz nahe Auflösung hin. Schon mehrere Stunden hält, wie man aus dem Palais berichtet, eine völlige Bewußtlosigkeit an. Um 2 Uhr ist sogar schon Röcheln eingetreten. Es sind daher auch außer den Kindern Sr. Maj.1303 heut auch die Enkelkinder ins Palais geholt worden. Die tiefe Theilnahme für den Hintritt des Monarchen, mit dem so Mancher die Zeiten schwerer Drangsal durchgekämpft, zeigt sich in allen Ständen und Classen. Die von den Zeitungen besonders ausgegebenen Bulletins werden unaufhörlich fortgedruckt, und doch sind die andrängenden Massen nicht zu befriedigen. Die Theatervorstellungen für heute sind bereits abgesagt. Ebenso eine Festlichkeit, die diesen Mittag in der Akademie der Künste stattfinden sollte. Das Militär ist in den Casernen oder resp. Quartieren consignirt. Man glaubt, daß drei Kanonenschüsse nach dem erfolgten Tod ein Signal geben sollen, worauf die Truppen zusammentreten, und neu vereidigt werden würden; doch habe ich etwas Bestimmtes über diesen Beschluß nicht erfahren können. Ueberhaupt laufen der widersprechenden Gerüchte über das was geschehen wird sowohl wie über das was geschehen ist, so viele um, daß man sich nur an die einfachsten und glaubwürdigsten Thatsachen halten muß. Und von allen diesen scheint die sicherste und schmerzlichste die, daß der 6 Jun. des Jahres 1840 ein denkwürdiger Trauertag für die Geschichte der preußischen Monarchie seyn wird.

Dänemark.

Die hiesigen Arbeiter und Matrosen auf den königlichen Werften bilden eine ganz eigene Menschenclasse: gleicher Vortheil, gleicher Sinn, gleiche Lebensweise und Gewohnheiten, gemeinschaftliche Wohnung in den Marinen-Casernen, den sogenannten Neuen-Buden, verbinden sie zur Einigkeit und machen aus ihnen gewissermaßen einen kleinen Staat im Staat, der sich bei mehrern Gelegenheiten, z. B. in der Struensee'schen Periode, während der sogenannten Judenfehde u. s. w., geltend gemacht hat. An den letzten Excessen scheinen die Matrosen auch Antheil genommen zu haben; durch den Beschluß der Regierung wegen Reduction der Flotte und Beschränkung der Schiffbauerei scheint ihre Besorgniß vor Nahrungslosigkeit und ihre Unzufriedenheit rege gemacht. Die Kjöbenhavenspost erzählt, Se. Maj. der König habe ein Schreiben an die Arbeiter auf dem Holm erlassen, wodurch ihnen zugesagt werde, daß sie es unter seiner Regierung in keiner Beziehung schlechter haben sollen, als unter Friedrich dem Sechsten. Die Kiele einer großen Fregatte und einer Brigg sollen gleich gelegt und die Arbeiten unausgesetzt betrieben werden. Das Schreiben ist compagnieweise verlesen worden. Oehlenschlägers neues, zur Feier der silbernen Hochzeit des königlichen Paares geschriebenes Stück, der Fischer und seine Kinder, soll dem Vernehmen nach, trotz der vortrefflichen Musik von Hartmann, bei Seite gelegt werden, da es den Beifall des Publicums nicht findet. Für das Schatzungsbewilligungsrecht ist ein neuer Kämpe in die Schranken getreten, der beredte und hochgeachtete ständische Deputirte, Gutsbesitzer Tutein. In einem ausführlichen Artikel im Volksblatt bekämpft er Professor Bengs Axiome, schließt sich an den Deputirten Algreen-Ussing an, und erklärt die Bewilligung dieses Rechtes selbst dann für eine Nothwendigkeit, wenn man von der Voraussetzung ausgehen wollte, daß der Charakter der Stände vorläufig ein berathender bleiben müsse. Wenn Ussing bloß beantragt hatte, daß den Ständen die Revision der Finanzrechnungen übertragen werden solle, so geht Tutein einen Schritt weiter: er findet in der bloßen Revision nicht die nothwendige Garantie und schlägt daher die Ernennung eines beständigen Finanz-Comité's vor, welches aus einem Deputirten der vier Ständeversammlungen bestehen, zu jeder Zeit zur Einziehung der nöthigen Aufklärungen berechtigt, und mit der Macht ausgerüstet seyn soll, die Decharge der Finanzbeamten zu verhindern, so lange über die Befolgung des Budgets Zweifel obwalten. Tutein findet hierin zugleich die Bindemittel, welche die einzelnen Brocken des dänischen Staats einigermaßen vereinigen könnten; er scheint anzunehmen, daß die Holsteiner insbesondere, so wie auch die Schleswiger ihr uraltes, nie aufgegebenes, nie abolirtes, sondern nur vergessenes Schatzungsbewilligungsrecht mit Eifer vindiciren werden. Dieser Vorschlag ist wiederum ein Beleg der Behauptung, daß keineswegs eine Coterie von einigen hundert jungen Sprudelköpfen wie die Berling'sche Zeitung und Dagen behaupten sondern im Gegentheil die ausgezeichnetsten Mitglieder der Stände und die aufgeklärtesten Männer der ganzen Nation, Reformen, unumstößliche Garantien und Theilnahme des Volks an der Regierung wünschen. Ohne alle Zweifel wird die Finanzfrage in den Ständen auf die Bahn gebracht werden, aber die dänische Regierung wird das Schatzungsbewilligungsrecht nicht so leicht einräumen.

Oesterreich.

Se. D. der Staatskanzler Fürst v. Metternich bezieht heute seine Sommer-Villa am Rennweg dahier; um Mitte Julius gedenkt der Fürst die beschlossene Reise nach Böhmen anzutreten. Der k. holländische Gesandte, Baron Mollerus, wird morgen Wien verlassen, um sich mit dem erhaltenen Urlaub über Paris nach dem Haag zurückzubegeben.

Ein englischer Courier, welcher aus Konstantinopel hier eintraf, setzte seinen Weg ohne Aufenthalt nach London fort. Man glaubt, daß er wichtige Mittheilungen von Lord Ponsonby überbringe, die auf die neue Gestaltung der Dinge in Konstantinopel Bezug haben. Lord Beauvale ist noch immer leidend und kann sich den Geschäften wenig widmen. Es ist zu bedauern, daß dieser ausgezeichnete Geschäftsmann in dem gegenwärtigen Augenblick seine Thätigkeit nicht geltend machen kann. Ein französischer Courier traf in der verwichenen Nacht aus Paris ein; er soll wegen der orientalischen und neapolitanischen Angelegenheiten Communicationen von Hrn. Thiers an die französische Botschaft überbracht haben.

Aegypten.

Seit meinem Letzten vom 6 d. hat Mehemed Ali seiner unruhigen Natur nach wiederum einen Abstecher nach den Tschistlik (seinen Landgütern) längs dem Canal von Damanhur gemacht, ist indessen schon seit einigen Tagen wieder in dem Landhause Moharrem Bey's zurück. Die Truppenbewegungen haben hier beinahe aufgehört. Auf Alles vorbereitet fährt Mehemed Ali nur fort, seine Nationalmilizen auf einen respectablen Fuß zu setzen; Niemand bleibt verschont, Türken, Araber, Kophten, Mograbiner, Alles muß Soldat werden. Die Flotte, das Arsenal sind in Quarantäne, so auch die bei Ramley gelagerte Artillerie und das 33ste Regiment Linientruppen. Dessen ungeachtet ergeben sich täglich Pestfälle sowohl im Arsenal als unter den Truppen und auf der Flotte, doch selten mehr als 20 bis 25 Fälle per Tag. Man fürchtet nur, daß viele Fälle verheimlicht werden, indem man die Leichname von der Flotte ins Meer wirft, um den Unannehmlichkeiten mit der Sanität zu entgehen. Mehrere dieser Leichname sind schon aufgefischt worden. Vor einigen Tagen schickte Mehemed Ali den Exgouverneur von Kairo, Hussein Pascha, einen Mann auf den er am meisten zählt, und den er nur bei sehr schwierigen Umständen von sich läßt, nach dem Delta, um die Provinz Scharkie, die sich im Aufstande befinden soll, zu beruhigen. Von den unruhigsten der Fellahs bewohnt, war es nur der furchtbaren Grausamkeit eines Abdurhaman Bey (Renegat Koft) möglich, ihnen den letzten Heller mit ihrem Blute auszusaugen; beim mindesten Argwohn, dem kleinsten1304 Vergehen ließ er hängen, spießen, durch eine vor seiner Wohnung aufgepflanzte Kanone erschießen, ja selbst zwischen Bretter zersägen, wie er es vor noch nicht langer Zeit, ehe er zur Galeerenstrafe, zum Scheine, verurtheilt wurde, gethan. Dieser Mensch hat den Fellahs dieser Provinz nichts mehr gelassen, und da es der Pascha weiß, so verlangt er jetzt von ihm zwei Millionen Piaster. Bezahlt er diese, so wird er wahrscheinlich wiederum Gouverneur einer Provinz, aus der andere Gouverneure nichts mehr herauspressen können. Ein unruhiger aufrührerischer Geist zeigt sich immer mehr unter den Arabern. Im Said fallen partielle Aufstände vor. Nicht weit von hier, bei Damanhur, erschoß dieser Tage ein Araber den Scheik seines Dorfes. Dieß war früher beinahe unerhört. Es kann aber auch nicht anders kommen bei dem unermeßlichen Elend dieser Leute; sie haben nichts mehr zu verlieren, das Fiscalsystem läßt ihnen keine andere Ressource als die Regierung zu bestehlen, und wenn ihnen dieses zu sehr erschwert wird, so suchen sie sich auf andere Art Luft zu machen. Eine ganze Familie kann nicht mit zwei Piaster (12 kr. ) per Tag auskommen, darum stehlen Vater, Mutter und Kinder von den Nahrungsmitteln, die sie für Rechnung der Regierung ernten, und wer kann ihnen dieses verdenken, da ja 30,000 Ardep Korn diesen Augenblick in den Magazinen von Atfé verfaulen! Kann man etwas Schändlicheres ausdenken als den Dörfern dieses Jahr doppelte Abgaben aufzulegen, weil der Fiscus ausgefunden, daß, da man wie gebräuchlich das türkische Jahr nur zu zwölf Monden berechnet hat, derselbe in 30 Jahren um ein Jahr zu kurz gekommen! Man hätte den armen Teufeln ja diese Berechnung seit dem Jahr der Flucht Mohammeds machen können. Dieses ist buchstäblich wahr, und glauben Sie nicht, daß es den bei dem Pascha angestellten Ausländern viel besser ergehe. Viele derselben, die ihr rückständiges Geld nicht erhalten können, sind genöthigt Korn an Zahlungsstatt anzunehmen, welches sie dann um Geld zu machen mit 30 Proc. Verlust an die Bäcker verkaufen; sie nehmen das Korn zum Preis der Regierung, 50 Piaster per Ardep, an. Gäbe man ihnen zum wenigsten gutes Korn so könnten sie es zu 43 bis 45 Piaster zur Ausfuhr verkaufen, so aber erhalten sie nur halb verfaultes, welches sie zu Spottpreisen sogleich abgeben müssen. Alles dieses kann sich anders gestalten, wenn Mehemed Ali einmal Ruhe von außen hat, für den Augenblick aber ist das Elend des Landes aufs höchste gestiegen. Aus Syrien haben wir nichts besonderes Neues. Soliman Pascha (Colonel Selves), soll sich bei Ibrahim Pascha in Marasch befinden, um mit ihm einen Plan zur gänzlichen Beruhigung Syriens und zur Befestigung der nördlichen Gränze desselben zu berathen. Im Horan glimmt es noch immer unter der Asche. Die Bergbewohner wollen die ihnen früher verliehenen Waffen nicht herausgeben; Emir Beschir kann und will sie auch wahrscheinlich nicht dazu zwingen. In Arabien sind die daselbst zurück gelassenen Truppen kaum hinlänglich, um die Beduinen im Zaum zu halten, und es würde mich nicht wundern, wenn letztere in kurzem Vortheile errängen, besonders im südlichen Theil des Yemen. Der vor 15 Tagen im russischen Consulate stattgefundene Pestfall wurde durch einen griechischen Ausreißer der türkischen Flotte verursacht; derselbe, von der Pest angesteckt, flüchtete sich mit fünf seiner Cameraden ins russische Consulat und fand daselbst Asyl; er theilte die Pest dem Bruder des Kammerdieners des Grafen Medem mit, welchen man ins Lazareth brachte, er selbst verheimlichte sie aber, aus Furcht, bis zum letzten Augenblick, wo dann sämmtliche sechs Ausreißer, die zusammen in einem Zimmer gewohnt, nach dem Lazareth abgeführt wurden, und so von neuem in die Hände des Pascha's kamen. Dieß war nun eine kitzliche Sache für den Consul: er verlangte, daß ihm diese Leute nach der Quarantäne wieder ins Consulat geliefert würden, was der Pascha rund abschlug. Der Consul drohte, sie officiell zu reclamiren, und da der Pascha alle Unannehmlichkeiten mit den fremden Mächten unter den gegenwärtigen Umständen zu vermeiden sucht, so schlug er selbst einen Mezzo termine vor, diese Leute sollten ins Consulat zurückgeführt, alsdann aber wieder auf der Flotte angestellt und ihnen alle Strafe erlassen werden, auch sollte es ihnen gestattet seyn, sich wöchentlich im Consulat zu zeigen, um sich beklagen zu können, im Fall man ihnen nicht Wort halte. Da der Pascha dafür sein Ehrenwort gab, so wurde die Sache auch so abgemacht. Die fünf Griechen befinden sich heute von neuem auf der Flotte, den sechsten hat die Pest davon befreit. Nachschrift. Die Pest läßt noch nicht nach, die täglichen Pestfälle haben aber immer noch nicht 32 überstiegen; heute 28 Pestfälle. Die französischen Dampfpaketboote nehmen keine Passagiere mehr an, seitdem die Pest sich an Bord des englischen Dampfbootes bei seiner Ankunft in Malta und an Bord des türkischen Steamer Hadschi Baba bei seiner Ankunft von hier in Smyrna gezeigt hat. Ein französischer Arzt befindet sich seit einigen Tagen hier, Hr. de la Porte, der sich zum Studium der Pest ins Lazareth einsperren will, man sucht ihn davon abzuhalten; es befinden sich beiläufig 200 Pestkranke im Lazareth. Hr. de la Porte war Arzt an Bord des französischen Kriegsdampfboots Le Lavoisier, die französische Regierung hat ihm ihre Einwilligung zu seinem Unternehmen durch Urlaub gegeben.

1297

Die Ostseeprovinzen.

II. Das Lutherthum und die griechisch-russische Kirche.

Es ist auffallend, daß die Russen, die doch schon seit dem 11ten Jahrhundert Christen, und denen im 12ten Jahrhundert die Letten und Esthen, wenn auch nicht unterthan, doch tributpflichtig waren, hier keine Bekehrungsversuche gemacht haben. Sie duldeten das Heidenthum hier, wie sie es noch jetzt bei den Samojeden, Tschuktschen u. s. w. dulden, die ihnen auch Tribut zahlen, übrigens fast völlig unabhängige Gesellschaften bilden.

Die deutschen Ritter erst brachten im 13ten Jahrhundert den Letten und Esthen, wie die Schweden den Ingern, Karelen, Finnen, das Kreuz wahrlich nicht das befreiende Kreuz der Erlösung und Gnade, sondern das belastende, drückende Kreuz der Knechtschaft und Sklaverei. Die christliche Religion wurde gepredigt, um durch die Priester und die Kirche die Leute in festerer Unterthänigkeit zu erhalten. Alles wurde im Lande christlich und mit Feuer und Schwert die Letten und Esthen zum katholischen Glauben bekehrt.

Im Jahr 1522 landeten die ersten ketzerischen Reformations-Prediger in Riga, und es entspannen sich die Streitigkeiten zwischen dem Anhang derselben und dem Bischof und den katholischen Priestern. Da jedoch der Adel und die Ordensgebietiger ihren Vortheil bei der neuen Lehre fanden, so wurden diese Streitigkeiten bald zum Besten des Lutherthums entschieden. Der ganze Orden löste sich auf, der Adel und die deutschen Städte nahmen Luthers Lehre an, und durch sie wurde dann auch dieß neue Licht zu den Esthen, Letten, Karelen, Ingren und andern finnischen Völkern bis hoch in den Norden hinaufgebracht, die allesammt Schüler und Anhänger des deutschen Mönches wurden; nur einzelne wenige Herren sind hier und da katholisch geblieben, und diese haben denn auch ihre Bauern beim Katholicismus erhalten, oder später wieder mit Gewalt zu demselben zurückgeführt. Doch sind diese Fälle so selten, daß sie gar nicht in Anschlag kommen können. Vielmehr ist die Masse aller Deutschen und Undeutschen in Liv - und Esthland durchaus lutherisch. In Ingermannland und Karelien mischt sich schon stark das Griechenthum ein. Der Reformirten, Herrenhuter und anderer protestantischen Secten gibt es nur wenige.

Im Ganzen kann man vergleichsweise mit Deutschland dem hiesigen Lutherthum wohl einen duldsameren Charakter zuschreiben. Der Adel wie die Prediger sind Leute von offenem Kopf, von kosmopolitischer Bildung, die in Religionssachen wenig Parteiung machen und Jeden mehr oder weniger bei seinem Glauben lassen. Es ist hier weder mit der Feder noch mit dem Schwerte je so heftig ums Lutherthum gestritten worden, wie in Deutschland, jenes vor dem dreißigjährigen Kriege und dieses während desselben. Indessen lieben doch die Deutschen dieser Gegenden das Lutherthum um nichts minder, und hängen ihm aufrichtig an, ohne an den Uebertritt zu einer anderen Kirche zu denken. Auch blieben sie alle, sowohl in Curland als in Livland, während der katholisch-polnischen Zeit bei der Religion ihrer Väter. Während der schwedischen Zeit, wo in Livland ein gleichfalls lutherisch-germanisches Brudervolk die Zügel der obersten Leitung des Staats in der Hand hielt, mochte sich die lutherische Kirche natürlich wohl in der vortheilhaftesten Stellung befinden. Die Stellung, in welcher sie durch die russische Eroberung zur griechischen kam, bildet den Gegenstand unserer jetzigen Betrachtung.

Der Charakter der griechischen Kirche ist im Ganzen genommen ein milder, versöhnlicher, der theils in dem Wesen und den Institutionen der Kirche selbst, theils in dem Charakter des diese Institutionen tragenden Volks der Russen begründet ist. Die Russen haben, wie die Römer, vor allen Gotteshäusern, auch denen fremder Glaubensbekenntnisse, eine gewisse Hochachtung und Ehrfurcht, vermöge welcher sie sie neben sich dulden. Es haben dieser Toleranz gemäß die Russen noch keinen der vielen von ihnen eroberten Volksstämme mit Gewalt zur griechischen Kirche gebracht. Vielmehr haben sie von jeher in den Gränzen ihres großen Reichs Lutheraner und Katholiken, ja Mohammedaner, sogar Heiden neben sich geduldet und keinen Anstoß daran genommen. Und so ist es im Ganzen genommen bis auf diese Stunde. Es gibt noch jetzt Heiden die Menge in Rußland, die zu taufen Niemanden einfällt.

Was das Verhältniß der Russen zu den Lutheranern insbesondere betrifft, so ist dieß von jeher ein sehr freundliches gewesen. Nie haben die Lutheraner den Gräkorussen so feindselig im bitteren Bruderzwiste gegenüber gestanden, wie den Katholiken. Ebenso haben die Russen von jeher viel mehr Zuneigung zu den Lutherischen und daher auch viel mehr Verkehr mit ihnen gehabt, als mit den katholischen Deutschen. Schon in sehr alten russischen Gesetzen werden den lutherischen Deutschen Begünstigungen zugestanden, die man den Katholiken nicht gab. Daher sind auch fast nur lutherisch-deutsche Colonien in das Innere von Rußland übergegangen, und in allen Städten des Reichs steht allemal die katholische Gemeinde, wenn überhaupt eine da ist, der lutherischen, die fast nie fehlt, an Ansehen, Größe und Einfluß nach. Selbst die deutschen Prinzessinnen, welche durch Verheirathung ins russische Kaiserhaus übergingen, waren fast alle ausschließlich lutherischer Religion. Es erklärt sich dieß Alles sehr natürlich, theils aus der geographischen Stellung des lutherisch-deutschen Nordens zu Rußland, theils aus der gegenseitigen größern Duldsamkeit beider Kirchen. Mit dem Katholicismus zerfiel der Gräcismus schon ursprünglich auf jenen erfolglosen Versöhnungsconcilien in Italien. Und ein Anstrich von dem Hasse der griechischen Halbinsel gegen die italienische wurde auf die Russen übertragen. Selbst in den uralten Kämpfen der Polen und Russen wurde durch die nationelle Abneigung die religiöse Feindschaft gestärkt. Nie und nirgend drängte sich der Protestantismus den Russen auf, während der Katholicismus die vielen von den Polen unterjochten russischen Stämme mit sich auf freundlichem oder gewaltsamem Wege zu uniren suchte. Mit den siegreichen Waffen der Polen stritt sonst die römische Kirche in jenen Gegenden siegreich gegen die Russen. In neueren und neuesten Zeiten hat sie gegen die siegenden Russen das ehemals Gewonnene wieder eingebüßt. Es gibt gar manche Russen unter den vornehmen Ständen, die in ihren Gesinnungen und in ihren religiösen Meinungen und Sitten Protestanten geworden sind; sehr wenige von den der Religion der Väter innerlich Abgefallenen äußerlich abzufallen ist im Lande selbst unmöglich sind der katholischen Kirche zugefallen.

Dem Allem nach war nun die Lage der deutschen Protestanten von jeher in Rußland viel angenehmer und fesselloser als in den meisten andern nichtprotestantischen Ländern. Nie war das Lutherthum in Rußland für Jemanden ein Hinderniß zu den höchsten Ehrenstellen zu gelangen, und wie in diesem1298 Augenblick, so gab es von jeher unter den obersten Häuptern des Staats deutsche Protestanten. Die Russen gestanden in dieser Hinsicht den Fremden mehr zu, als die Protestanten selber in vielen Ländern den katholischen Landsleuten, als die Engländer z. B. ihren Brüdern, den Irländern, die sie erst in allerneuester Zeit mit sich selbst auf gleichen Fuß setzten. Nie haben die Russen einen Versuch gemacht, die ihnen unterworfenen deutschen Protestanten zur griechischen Kirche zu bekehren, nie auch haben sie sich in ihre innern kirchlichen Angelegenheiten gemischt. Vielmehr behielt die lutherische Kirche in den Ostseeprovinzen von jeher ihre Unabhängigkeit von der griechischen und ihre eigenthümliche Verfassung und ihre Lehrsätze.

Die Prediger der lutherischen Kirche in Livland werden theils von den Patronatsherren eingesetzt, theils von den adeligen Mitgliedern der Kirchspiele gewählt, theils von den Gemeinden der Städte. Dieß geschieht auch noch jetzt, während im eigentlichen Rußland jeder Priester vom Kaiser ein - oder abgesetzt wird. Die Prediger gewisser Districte stehen wieder unter einem Propst, und die Pröpste mit den Predigern zusammen unter dem Oberconsistorium jeder Provinz. Diese drei Oberconsistorien hängen dann aber wieder von dem Generalconsistorium und dem Generalsuperintendenten für alle drei Provinzen in Petersburg ab, welches völlig unabhängig ist von dem sonst in Rußland an der Spitze aller geistlichen Angelegenheiten stehenden heiligen Synod.

Bei allem dem aber obgleich die Sachen im Ganzen genommen sich so verhalten, wie wir sagten muß man sich dennoch wohl hüten, zu wähnen, daß die lutherische so völlig unangefochten und friedlich neben der griechischen Kirche stehe, wie ein Bruder neben dem andern, daß gar keine Collisionen vorkämen, in denen die griechische Kirche sich ihrer politischen Oberherrlichkeit erinnere. Bei allem Lobe, das man mit Recht der Toleranz der griechischen Kirche macht, darf man nicht vergessen, daß sie zu Zeiten und in Fällen auch sehr intolerant seyn kann. Und wenn man ihre geringe Lust, Proselyten zu machen, anerkennt*)Es ist schade, daß der Verfasser, als er diese Stelle niederschrieb, nicht mit einigen Worten der Vorgänge mit der Union, dann in Polen, Griechenland und auf den jonischen Inseln gedachte., so muß man auf der andern Seite doch auch nicht vergessen, daß sie mit außerordentlicher Eifersucht die einzelnen Schafe ihrer Heerde bewacht, und nie duldet, daß eine oder die andere Seele, auf die sie nur aus irgend einem Grund Anspruch machen könnte, ihr entfremdet werde. Diese Collisionsfälle nun sind besonders interessant und einer nähern Betrachtung werth, aus welcher im Ganzen als Resultat hervorgehen wird, daß der Standpunkt der griechischen Kirche zwar im Ganzen mehr ein defensiver als ein offensiver ist, daß aber die Vertheidigung oft so weit ausgedehnt wird, daß sie nicht selten in Angriff umzuschlagen scheint.

Eine der aus jener defensiven Stellung der russischen Kirche hervorgehenden Fundamentalvorschriften, die von den Priestern gegeben und vom Staat anerkannt wurden, ist die, daß kein Gräko-Russe von der rechtgläubigen Kirche zu einer andern übergehen dürfe. Sollte ein solcher Uebergang sich dennoch innerhalb der Gränzen des Reichs ereignen, so werden die, welche dabei behülflich waren, bestraft, und der Proselyt selbst sieht sich mancherlei Nachtheilen ausgesetzt.

Die Religion steht bei den Russen so hoch und ist so innig verwebt mit ihrer ganzen nationalen Denk - und Sinnesweise, wie ihre Kirche mit dem Staate, wie die Idee des Kaisers mit der Vorstellung von Gott, daß der, welcher von seinem Glauben abfällt, auch von seinem Vaterlande, seinen Verwandten, seinem Gott, seinem Kaiser abzufallen und fast Hochverrath am Staat wie an der Kirche zu begehen scheint. Es kommt dieser Fall daher auch äußerst selten vor. Nie wird ein gemeiner Russe, so lange er auch unter Protestanten in den Ostseeprovinzen gelebt haben mag, zu diesen übergehen. Treuer als die Israeliten hängen die Russen an dem Glauben ihrer Väter. Selbst die Vornehmen, die sonst gegen alle Religion gleichgültig sind, verlassen doch selten die Gebräuche ihrer Religion und Kirche, und üben regelmäßig und gewissenhaft die gottesdienstlichen Handlungen wie jeder andere Russe. Sogar die polonisirten Russen in Galizien tragen nur mit widerstrebender Seele die ihnen aufgelegte Union mit dem Katholicismus. Und die Unirten der andern polnischen Provinzen haben wir mit Freudigkeit selbst noch nach langen Jahrhunderten zu dem Glauben ihrer Väter zurückkehren sehen. Die Gräko-Russen haben jenen defensiven Grundsatz, daß Niemand von seiner Kirche abfallen und zu einer andern Confession übergehen dürfe, noch dahin ausgedehnt, daß Niemand innerhalb der Gränzen des Reichs seine Religion vertauschen, getauft oder umgetauft werden dürfe, es sey denn zur griechischen Religion. Sie betrachten natürlich ihre rechtgläubige Kirche als die vorzüglich, und wenn auch nicht allein, doch als die vorzugsweise seligmachende. Es ist daher in ihren Augen unrecht, daß, wenn Jemanden über die Unzulänglichkeit seines bisherigen Glaubens die Augen geöffnet werden, er nicht gleich dem wahren und ächten Lichte sich zuwende. Wohl will die griechische Kirche die Andersgläubigen bei ihrem Glauben belassen, wenn sie mit Leib und Seele daran hangen und in ihrer Blindheit glauben das Rechte zu haben. Allein wenn dieß nicht der Fall ist, so bittet sie sich den Respect aus, und das Ueberlaufen von einem Confessionsirrthum zum andern will sie nicht dulden. Dem zufolge kann kein Katholik in Rußland Protestant werden. Kein Jude darf sich zu einem andern als griechisch-russischen Christen taufen lassen. Auch können keine Heiden durch Protestanten oder Katholiken zum Christenthum bekehrt werden. Ihre Taufe kann nur von griechischen Priestern ausgehen. Auch dadurch ist das Lutherthum an seinem Wachsthum wieder völlig gehemmt und völlig im Schach gehalten. Seine Ausbreitung ist nach allen Seiten hin platterdings unmöglich. Nur sehr selten kommt es doch vor, daß Juden oder Katholiken zu ihm übertreten, die, das Gesetz umgehend, in das Preußische oder sonst einen deutschen lutherischen Staat reisen, wo sie sich zum Lutherthum bekennen und aufnehmen lassen.

Umgekehrt dagegen wird jeder Andersgläubige gern und willig in den Schooß der russischen Kirche aufgenommen. Denn wenn dieselbe auch durchaus nicht so eifrig, wie eine andere christliche Confession nach Bekehrung der Andersgläubigen giert, und nie einen so viel triumphirenden Lärm schlägt über die gelungene Convertirung eines Ketzers, so kann sie doch natürlich nur gern sehen, wenn man sich ihrer Meinung anschließt. Ja, in gewissen Fällen macht sie die förmliche Bekennung zu ihrer Confession sogar zur Pflicht, und legt einen unabweislichen Zwang dazu auf. Der wichtigste dieser Fälle ist der, wo Jemand ein oder mehreremale das Abendmahl nach griechischem Ritus genossen. Jeder, dem es nachgewiesen werden kann, daß er einmal den heiligen Leib Christi aus der Hand eines griechischen Priesters empfing, ist dadurch durchaus der griechischen Kirche verfallen und wird genöthigt, öffentlich dem Glauben seiner Väter zu entsagen und zur griechischen Kirche überzutreten. In dem Löffel*)Nach griechischem Ritus wird das Brod und Wein, in einem des1299 griechischen Priesters empfing der Communicirende den wahren Leib und das wahre Blut Christi, und man kann nicht dulden, daß er denselben in ungeweihtem ketzerischem Gefäße davon trage. Damit Christus nicht entheiligt werde, muß der, welcher ihn genoß, nachträglich geweiht werden.

Dieser Satz ist nun der erste nicht bloß defensive, sondern eingreifende, mit welchem die griechische Kirche das Lutherthum, so wie die andern Confessionen nicht nur in ihren Schranken hält, sondern sie aus ihrem Gebiete zu verdrängen anfängt. Es kommt nämlich jener Fall des Abendmahlnehmens gar nicht selten vor. Alle die Tausende von lutherischen Finnen, Esthen, Letten, Deutschen, die in der russischen Armee stecken, sind nämlich sehr oft innerhalb der Gränzen des großen Reichs in dem Fall, keinen Prediger und keine Kirche ihres Glaubens in ihrer Nähe zu haben und so Jahre lang der Wohlthat des Abendmahls zu entbehren. Da sie ohnedieß verpflichtet sind, die übrigen kirchlichen Ceremonien, welche das ganze Militär machen muß, mitzumachen, so entschließen sie sich, weil sie keinen andern Weg zur Befriedigung ihrer religiösen Bedürfnisse wissen, dann auch leicht, das Abendmahl nach griechischem Ritus zu nehmen, und um doch überhaupt nur einer christlichen Religion anzugehören, nicht so ganz verlassen dazustehen sich der griechischen Kirche anzuschließen. Ebenso ereignet es sich oft, daß Lutheraner im Innern des Reichs erkranken und aufs Sterbebette geworfen werden, wo sie des Beistandes eines lutherischen Priesters nicht theilhaftig werden können. Die toleranten russischen Priester geben ihnen gern die letzte Oelung und Tröstung weit seltener ist es der katholische Priester, der sich ihrer erbarmt doch müssen die Getrösteten auch in diesem Falle, wenn sie wieder genesen sollten, sich der griechischen Kirche anschließen!

Auf diese Weise werden nun jährlich dem Lutherthum nicht wenige seiner Bekenner entzogen. Weit mehrere aber verlassen den einfachen Glauben ihrer Väter freiwillig oder aus Entwöhnung. Theils entlaufen und entliefen von jeher eine Menge lutherischer Esthen und Letten ihren strengen deutschen Herren, flüchteten zu den Russen in den benachbarten Gouvernements und suchten dort dadurch insbesondere Beschützer und Freunde zu erwerben, daß sie sich zur russischen Kirche bekannten, wodurch sie um so mehr der Gefahr entgingen, ihren protestantischen Herren wieder ausgeliefert zu werden. Freilich entlaufen umgekehrt auch viele russische Leibeigene ihren Herren und flüchten sich in die deutschen Ostsee-Provinzen. Doch gewinnt das Lutherthum nichts durch sie, da sie ihrer Väter Religion, wie wir schon oben bemerkten, in allen Fällen treu bleiben. Auch sonst findet man im Innern von Rußland viele protestantische Deutsche, die sich am Ende so an die Russen, an ihre religiösen und geselligen Sitten gewöhnt haben, daß sie auch in Bezug auf den Glauben ganz Russen wurden und am Ende zur griechischen Kirche übertraten. Ja man findet sogar häufiger, als man es wohl zu glauben geneigt ist, protestantische Deutsche in dem russischen Priesterstande. Namentlich aber nationalisiren in den Armeen jährlich nicht wenig Protestanten.

Indessen ist zu bemerken, daß solche freiwillige Uebertritte vom Lutherthum zur griechischen Kirche doch nur in den ebengenannten Fällen sich ereignen bei den Entlaufenen und Flüchtigen unter den geringen Classen, und unter den höhern dann und wann durch allmähliche Entwöhnung daß aber selten oder nie ein solcher förmlicher und feierlicher Uebertritt vornehmer und gebildeter*)Löffel vermischt, dem Communicirenden vom Priester in den Mund gegeben. Personen zum Griechenthum stattfindet, wie sich deren wohl in Deutschland vom Protestantismus zum Katholicismus ereignen. Die katholische Kirche ist von einem kräftigen, wunderbaren und erhabenen Geiste beseelt. Dieser Geist hat einen prächtigen Gottesdienst, ausgezeichnete Gemälde, eine erhabene Musik und herrliche Gotteshäuser hervorgerufen. Alle diese imponirenden Früchte des katholischen Baumes, die Ideen der schmerzensreichen Mutter des duldenden Erlösers, des reinen Kindes, des heiligen Geistes, die in der katholischen Kirche mit der größten Lebendigkeit der Phantasie ausgeschmückt und im Gottesdienst dargestellt werden, vor Allem aber die den Einzelnen zum Gefühl eines Ganzen hebenden Gedanken der selbstständigen Stellung der Kirche gegenüber jeder weltlichen Macht, sind wohl im Stande einen gebildeten Geist zu umfangen und ein Gemüth zu fesseln. Daher häufig poetische, künstlerische und begeisterte Männer den kalten Protestantismus verlassen und zum eifrigen Katholicismus übergingen. Die geisterfassende Begeisterung des Katholicismus, sein erhabene Werke schaffender Enthusiasmus fehlte von jeher der griechisch-russischen Kirche, die im Vergleich mit ihm arm dasteht. Unbedeutend ist die griechisch-russische Kirchenarchitektur, völlig bedeutungslos die Kunst der Maler, welche das Griechenthum befähigte, selbst seine Musik, obgleich reizend, wunderbar die Sinne bezaubernd, ohne Tiefe, und zwar ist dieß Alles so, weil ihr der reiche, schöpferische Geist fehlt, weil sie arm ist an Idee und geistiger Energie. Natürlich ist es daher unmöglich, daß sich ein deutsches Gemüth von dem Geiste der russischen Kirche angezogen fühlen könne und zu ihr freiwillig und aus Ueberzeugung übertrete wie zum Katholicismus. Die russischen Protestanten betrachten daher auch den Gottesdienst der russischen Kirche weit mehr noch als äußeres Ceremoniell, als bloßen religiösen Gebrauch, und wenn sie sich ihm weniger feindlich gegenüber gestellt sehen, als der andern Confession, so achten sie ihn doch viel geringer, und gehen daher, weil Haß sich noch eher in Freundschaft verwandeln läßt, als Verachtung, seltener zu ihm über als zu jenem. Gewöhnung allein oder weltlicher Vortheil kann sie zu ihm überführen. Letzterer ist bei den Vornehmen und Gebildeten nicht groß, da sie alle Ehren und Aemter des Reichs als Protestanten eben so gut erlangen, denn als Griechen. Nur hie und da macht die Regierung die Erlangung gewisser Vortheile von der Bekennung zur griechischen Confession abhängig, wie z. B. neuerlich die Vorschrift, daß die Kinder der in Polen mit Gütern Beschenkten alle griechischen Glauben annehmen müßten, wenn sie in die ihren Vätern geschenkten Güter als Erben eintreten wollten. Doch ist selbst in diesen Fällen nicht schwer, Dispensation zu erlangen.

(Beschluß folgt.)

Großbritannien.

Es ist bekannt, daß die Katholiken Großbritanniens einen katholischen Schutzverein, den protestantischen Associationen gegenüber, gestiftet haben, der nun unter dem Namen des katholischen Instituts bereits seit zwei Jahren besteht und die vornehmsten Katholiken des Reichs an seiner Spitze sieht. In den letzten Tagen wurde, wie wir neulich kurz erwähnt haben, in der zu diesem Zweck gemietheten Freimaurerhalle in London die Jahresversammlung des Vereins gehalten. Kaum waren die Thüren geöffnet, so war auch der weite Raum bis zum Erdrücken gefüllt, die ausgezeichnetsten Katholiken des Landes, Pairs, Parlamentsmitglieder, geistliche und weltliche Herren, waren in Massen aus den entferntesten Theilen des Landes erschienen. In Abwesenheit des Präsidenten,1300 des Grafen Shrewsbury, führte der ehrenw. Hr. Langdale, Parlamentsglied, den Vorsitz, und wünschte in seiner Eröffnungsrede dem Verein Glück zu der reißend schnellen Ausbreitung, welche er seit den zwei Jahren seines Bestehens durch das ganze vereinigte Königreich gewonnen habe, wobei er zugleich unter dem lauten Jubel der Versammlung seine Freude darüber ausdrückte, daß der Verein, wie bereits durch die Journale bekannt, die hohe und erhebende Sanction des heiligen Vaters, als Oberhauptes der Kirche, erhalten habe. Der ehrenw. Hr. Clifford erwähnte der heftigen Angriffe, die von den Pairs, welche die protestantischen Versammlungen in Exeterhall dirigirten, gegen die Katholiken geschleudert würden, denen er indessen nur christliche Liebe entgegenstellen wolle. Um zu zeigen, wie trefflich der Verein bereits bewirkt habe, bemerkte er, daß früher sein Caplan 33 Meilen bis zu dem nächsten katholischen Geistlichen zu reisen gehabt habe, während er jetzt nicht weniger als zwölf seiner Amtsbrüder um seinen Tisch versammeln könne. Was die zahlreichen Tractätlein anlange, die gegen den katholischen Glauben verbreitet würden, so halte er davon eines in der Hand, in dem sich nicht mehr als ein einziger wahrer Satz finde, nämlich der, daß das Papstthum unverändert und unveränderlich sey. In ähnlichem Sinne sprachen auch Lord Clifford, Lord Camoys und andere Redner. Daniel O'Connell, der mit großem Beifall empfangen wurde, äußerte unter Anderm: Dieß ist ein großer Tag für Wahrheit, für Religion und christliche Liebe, ja ich glaube nichts Profanes zu sagen, wenn ich ihn einen der Ehre Gottes geweihten Tag nenne, der zur Beförderung des Heils der Seelen beitragen wird. Der Katholicismus tritt hier heute vor, wie er es muß, unterstützt von dem ersten und ältesten Adel des Landes, mit einem Clerus, der nicht länger schweigt, mit einem Volk, das in großen Mengen sich um ihn schaart. Wenn ich dieß sehe, muß ich ausrufen, es ist ein großer Tag für England! Und merkwürdig ist es, daß dieß zugleich der Festtag des großen Heiligen, St. Augustin, ist, den der Papst von Rom nach England sendete, um unsern brittischen Vorfahren das erste Licht des Christenthums zu bringen. Dieß ist ein glorreicher Tag für den Katholicismus! Welchen glänzenden Contrast bieten wir gegen unsere Widersacher in Verhandlung religiöser Angelegenheiten dar! Wir greifen zu keinen Verleumdungen, zu keinen Verlästerungen; keine Mißdarstellungen findet man hier nöthig, um unsere heilige Sache zu unterstützen. Wenn immer irgend einer unserer protestantischen Brüder etwas für seinen religiösen Glauben erklärt, so nehmen wir ohne weiteres an, daß er wirklich glaube, wie er sagt, während man gegen den Katholicismus nicht nur tagtäglich die niedrigsten und verruchtesten Verleumdungen vorbringt, sondern uns obendrein sogar sagt, wir wüßten selbst nicht, was wir glauben. Dieß läuft auf die Geschichte von Thomas Däumling hinaus, der erst Riesen machte und dann sie todtschlug. Man schreibt uns Glaubenssätze zu, die wir verabscheuen, Lehren, die wir verachten, Meinungen, die wir verwerfen, man setzt einen seltsamen und widerlichen Popanz, mit Blut und Schmach bedeckt, zusammen, und nennt ihn Katholicismus, obwohl er dem Katholicismus so unähnlich sieht, als irgend etwas auf der Welt. Wenn ich die protestantischen Discussionen lese, die in Exeterhall gehalten werden, so gewährt es mir wirklich eine große Freude, daß ich der verleumdeten Kirche angehöre, und wenn ich noch einer Bestätigung der Wahrheit des Glaubens, der wirklich in mir ist, bedürfte, so könnte ich sie dort finden: denn die Herren berühren nicht eine einzige Lehre, zu der ich mich wirklich bekenne, oder falls sie solche ja einmal berühren, so haben sie dieselbe so durch Verleumdung und Mißdarstellung verunstaltet, so entstellt durch Falschheit und Unwissenheit, daß es thöricht wäre, wollte man versuchen, sich in Erörterungen darüber einzulassen. Sie haben dort ihre Lügner von jeder Gestalt, Form und Größe. Es sind einige hartköpfige englische Lügner da, aber ein ungeheurer Haufe irländischer Lügner; es ist dieß ein Compliment, welches ich dem Genie und Talent meines Vaterlandes machen muß. So haben sie wieder ein Tractätlein, das ich hier in der Hand halte, ausgebreitet, mit dem Titel: Fürchterlicher Meineid der papistischen Bischöfe von Irland! Das fürchterliche Büchlein beginnt damit, daß die irischen Bischöfe 1826 mit feierlichem Eide erklärt haben, daß sie nicht der Lehre huldigten, daß man die Ketzer umbringen müsse; nichtsdestoweniger hätten, heißt es dann weiter, diese nämlichen Bischöfe Den's Theologie als Lehrbuch sanctionirt, worin gerade diese Doctrin gegen die Ketzer aufgestellt werde. Was wird nun aber das Volk von England dazu sagen, wenn in Den's Theologie von Anfang bis zu Ende kein Wort von solcher Lehre steht? Kann etwas schmählicher für Jemand seyn, der sich noch dazu einen Geistlichen nennt, als solche infame Lügen und Verleumdungen in die Welt hinaus zu streuen! Unter lauten und anhaltenden Beifallsbezeugungen schloß O'Connell nach einigen andern Bemerkungen diese Rede endlich mit Hinweisung darauf, wie die katholische Wahrheit überall sich Licht breche und ihre Feinde den Katholiken nicht länger Disloyalität gegen die Souveränin zuzuschreiben vermöchten, der Niemand mehr ergeben seyn könne, als eben sie. Noch sprachen die Lords Stourton, Lovat und Andere zu der Versammlung. (Fränk. Cour.)

Algier.

Die Armee bereitet sich, in zwei Tagen den Feldzug wieder zu beginnen. Die neuen Operationen haben zum Zweck, Miliana zu besetzen. Die Art, wie man die Expedition nach Medeah ausgeführt hat, läßt einige Besorgnisse über die neue entstehen. Man muß gestehen (und die Erfahrung hat es nur zu sehr bestätigt), der Marschall Valée, ein trefflicher Artillerie-Officier, hat in seiner langen und ehrenvollen Laufbahn, die nur einer Seite des Kriegsdienstes gewidmet war, nicht lernen können, zahlreiche Truppencorps zu leiten. Die nutzlose Promenade von vierzehn Tagen, die er zwischen der Chiffa und der westlichen Spitze der Metidscha gemacht hat, ehe er sich entscheiden konnte, die Engpässe von Muzaia anzugreifen, hat dafür mehr als einen Beweis geliefert. Es ist traurig, daß gewisse, den Angelegenheiten Afrika's völlig fremde Rücksichten den Entschluß erzeugt haben, ihm ein Commando zu lassen, das, unter welchem Gesichtspunkt man es auch ansieht, für die Colonie nicht glücklich gewesen ist. Die dreifache Besetzung von Scherschel, Medeah und Miliana, die nur in der Absicht gefaßt werden konnte, um die Colonisation der Ebene zu erleichtern, indem sie erlaubte, die Stämme, welche hier gewöhnlich ihre Räubereien ausführen, im Rücken zu nehmen, wird gewiß diese Absicht nicht erreichen, wenn die auf diesen Punkten gelassenen Garnisonen nicht kleine Colonnen aussenden können, stark genug, um das Feld behaupten zu können, ohne die Plätze selbst vertheidigungslos zu lassen. Welchen Einfluß kann z. B. unsere Gegenwart in Scherschel haben, wo nur das 2te afrikanische Bataillon steht? Dieses Corps besteht ungefähr aus 850 Mann, und soll eine Linie von fast einer Stunde vertheidigen; es könnte, im Fall eines mächtigen Angriffs, nicht einmal alle Punkte des Stadtwalls besetzen, denn dieser hat einen Umkreis von 1800 Metres, ohne die Seite gegen das Meer zu rechnen. Es bedurfte der ganzen Geschicklichkeit des Commandanten Cavaignac, unterstützt vom Eifer trefflicher Officiere, und einer wirklich außerordentlichen1301 Tapferkeit seiner Leute würdiger Cameraden der Helden von Masagran um mit Erfolg die Angriffe der Kabylen zurückzuweisen, welche sechs Tage lang Scherschel belagert hielten. Alles, was man thun kann, ist, die Mauern zu vertheidigen; man darf nicht versuchen, auch nur den geringsten Einfluß nach außen zu üben. Der General Duvivier ist in Medeah mit 2500 Mann gelassen worden; dieser Führer ist wieder einer jener außerordentlichen Männer, die unsere Kriege in Afrika hervorgebracht haben; in seinen Händen ist die Stellung sicher. Aber unter den gegenwärtigen Umständen und mit einer so schwachen Garnison wird er sich nur in der Stadt halten müssen. Die Besetzung jener drei Punkte, man kann es nicht oft genug wiederholen, hat nur Werth, wenn sie einzelne Colonnen ausschicken können, um das Land zu durchziehen, und den Stämmen, die zu uns zu kommen wünschen, Vertrauen einzuflößen, Märkte zu schaffen, die das Beziehen der Lebensmittel von Algier unnöthig machen, was jedesmal einen Feldzug erfordert. Die Besetzung, wie sie jetzt geschieht, vermehrt nur die rein defensiven Plätze, wo der Soldat, das Gewehr im Arm, den Räubereien des Feindes zusieht, ohne sie hindern zu können. Mit diesem traurigen System ließ der Marschall Valée, der in der Metidscha die Lager von Kara Mustapha, Fonduk, Arba, Harrasch, Bussarik, Sidi Aische, Ben Mered, Blidah, Ued Laleg und unzählige andere, weniger wichtige, hatte, doch die Höfe ausplündern und verbrennen, die Colonisten und verbündeten Araber ermorden.

Wir wollen hoffen, daß die hohe Einsicht des Hrn. Thiers uns aus dieser gefährlichen Lage reiße. Seit einiger Zeit ist die Provinz Oran nicht mehr beunruhigt worden. Man hat sich westlich von Oran an den Ued Bridschia (9 Lieues von dieser Stadt) gewandt, um die Smelas, unsere Verbündeten, ruhig ihre Ernte einbringen zu lassen; der General Gueheneuc hat sein Hauptquartier in Miserghin, 3 Lieues davon. Die Provinz Constantine ist unruhig. Emissäre Abd-El-Kaders verbreiten in ihr die traurigsten Gerüchte in Bezug auf die Kammerberathungen über das Aufgeben Algiers eine traurige Frage, die jedes Jahr unter mehr oder weniger versteckter Form ersteht, unsere Freunde entmuthigt und unsere Feinde aufregt. Auch der letzte Feldzug, der, Dank der Unentschlossenheit und den Fehlern des Marschalls, ihnen mehr als einen Punkt gibt, die Hoffnung der Parteigänger des Emir zu beleben, gibt ihnen reichen Stoff, um so mehr, als der von Natur zur Uebertreibung geneigte Geist der Araber diese Dinge seltsam vergrößert.

Alle Bestellungen auf die Allg. Zeitung außerhalb Augsburg bittet man bei den auf jeder Nro. der Zeitung bezeichneten resp. Postämtern, in Frankreich bei Hrn. Alexandre, Brandgasse Nro. 28, in Straßburg zu machen. An die Redaction oder die Expedition gerichtete Bestellungen können nicht berücksichtigt werden.

[2183-85]

Anzeige.

K. K. priv. österr. Lloyd in Triest.

Zweite Section. Dampfschifffahrts-Gesellschaft.

Die Dampfschifffahrt-Gesellschaft des k. k. privilegirten österreichischen Lloyd bringt hiermit zur Kenntniß, daß ihre vierte Generalversammlung am 21 Mai abgehalten worden ist.

Das betreffende Protokoll wurde bereits den HH. Mitgliedern zugesandt, auf deren Namen die Actien eingeschrieben sind; diejenigen Herren aber, deren Actien auf den Ueberbringer lauten, können ein Exemplar in Triest, im Bureau des Verwaltungsraths, und in Wien bei den Generalagenten der Gesellschaft, Hrn. M. H. Weikersheim & Comp. in Empfang nehmen, wenn sie ihren Anspruch darauf erweisen. Triest, 27 Mai 1840.

1302

[2310-12]

Die Direction der k. k. priv. lombardisch-venezianischen Ferdinands-Bahn.

Da durch die allerhöchste Gnade die definitive Bewilligung zur Ausführung des Unternehmens erlangt worden ist, so beehrt sich die gesammte Direction der Gesellschaft diejenigen HH. Actionnäre, die dazu laut dem Art. 22 der Statuten berufen sind, zur General-Versammlung einzuladen, welche den 30 künftigen Monats Julius in Venedig, präcis 8 Uhr Vormittags, in den Sälen der Börse stattfinden wird.

Diejenigen, welche zufolge des Art. 34 von dem Rechte Gebrauch zu machen beabsichtigen, sich vertreten zu lassen, werden benachrichtigt, daß die Vollmachten in italienischer Sprache abgefaßt, vorschriftmäßig beglaubigt, und spätestens bis zum 23 genannten Monats im Bureau der Direction in Venedig vorgelegt werden müssen.

Außerdem bringt man zur Kenntniß, daß um 9 Uhr die Liste der Beiwohnenden geschlossen, und die Sitzung ihren Anfang nehmen wird.

Die Direction wird den HH. Actionnären außer den im Art. 26 berührten Gegenständen auch noch folgende vortragen:

a) Ablesung der höhern Mittheilungen in Betreff der allerhöchsten Bewilligung der Statuten und der definitiven Ermächtigung zur Ausführung des Werkes;

b) die Wiederersetzung der austretenden Directoren, laut Art. 45;

c) Seitenbahn nach Bergamo, von Sr. Maj. schon vorläufig genehmigt;

d) Entwurf einer andern Seitenbahn nach Mantua;

e) Contracte mit den Agentschaften in Wien und in Augsburg.

Mailand, den 3 Junius 1840.

Die Direction der Gesellschaft.

Venezianer Section.

(Unterz.) Giuseppe Reali

Francesco Zucchelli.

Pietro Bigag ia.

Nob. Spiridione Papadopoli.

Cav. Giacomo Treves de' Boufili.

Secr. Dr. G. B. Breganze.

Lombardische Section.

(Unterz.) Antonio Carmagnola.

Paolo Battaglia.

Francesco Decio.

G. Batt. Brambilla.

Secr. Dr. Emilio Campi.

[2186-87]

Bekanntmachung des Directoriums der k. pr. Ludwigs-Eisenbahn-Gesellschaft.

Die halbjährige fixe Dividende von 6 Proc. pro 1840 wird vom 30 Junius d. J. an bei dem Handlungshause Georg Platner dahier gegen die quittirten Coupons bezahlt.

Nürnberg, den 30 Mai 1840.

Scharrer.

[2075-75]

Stuttgart. (Asphalt von Neuschatel.)

Je mehr die Arbeiten in natürlichem Asphalt unstreitig eine der schönsten und nützlichsten Erfindungen neuerer Zeit in Deutschland in Aufnahme kommen, um so bedauerlicher ist es zu sehen, wie man von allen Seiten das Publicum mit sogenannten künstlichen Asphalten hinter das Licht zu führen sucht, vorgebend, daß solche zu den gleichen Zwecken zu verwenden seyen, jedoch weit billiger zu stehen kommen. Abgesehen von der letztern Behauptung denn auch hierin liegt größtentheils nur Täuschung und Betrug hat die Erfahrung gelehrt, daß es bis jetzt noch Niemanden ohne Ausnahme gelungen ist, einen Stoff herzustellen wie ihn die Natur in den Gruben des Val-de-Travers und von Seyssel niedergelegt hat, aus welchem einzig und allein bis jetzt in Europa der unzerstörbare Asphalt-Mastix und mit diesem die ausgezeichnet schönen, haltbaren Arbeiten, welche in Frankreich, England, der Schweiz und einem großen Theil von Deutschland zu sehen sind, gefertigt werden können. Der Unterzeichnete fordert alle Fabricanten von sogenannten künstlichen Asphalten auf, nur Einen Beweis zu liefern, daß Arbeiten mit solchen Mischungen ausgeführt, jenen aus natürlichem Asphalt gefertigten zur Seite zu stellen sind; bis dahin aber behauptet er, daß alle diejenigen, welche sich von solchen Künstlern bedienen lassen, früher oder später die Ueberzeugung erlangen werden, daß sie geprellt sind.

Der Agent der Neuschateler-Gesellschaft für den Verkauf und die Anwendung des Asphalts aus den Minen des Val-de-Travers, Kanton Neufchatel.

[2008-10]

Bekanntmachung.

Vom könig. bayer. Kreis - und Stadtgericht Ansbach wird das zur Concursmasse des königl. Landrichters Christmann gehörige nachstehend näher beschriebene Bräuhaus Hirschberg nebst Zugehörungen in loco Hirschberg am Donnerstag den 30 Julius, Vormittags von 9-12 Uhr, an den Meistbietenden verkauft, nämlich:

1) das Bräuhaus Hirschberg bei Beilngries 209 Fuß in der Länge und 69 Fuß in der Breite, gerichtlich auf 23000 fl. geschätzt, ist zwei Stock hoch, mit fünf Böden versehen.

Zu ebener Erde

ist die Brauerei, Branntweinbrennerei, Essigsiederei, Binderei, Dürrschürr, ober und unter Gährkeller, zwei Sommerkeller, Keller des Verwalters, Keller des Bräumeisters.

Im ersten Stock:

a) Die Wohnung des Verwalters, bestehend in zwei Zimmern, Küche, Küchenzimmer;

b) die die Wohnung Bräumeisters, bestehend in zwei Zimmern und der Küche;

c) Zimmer der Bräuknechte;

d) Branntweinstube;

e) zwei steinerne Weichen;

f) obere Malztennen, zwei Dörren und untere Malztennen.

Im zweiten Stock:

a) Zwei Zimmer des Verwalters;

b) zwei Zimmer des Bräumeisters.

2) Das Kellerhaus 51 Fuß lang 48 Fuß breit mit drei Kellern, Lagern und Leitern, Faß und Holzremise mit drei Böden, gerichtlich geschätzt zu 2528 fl.

3) Der Bergkeller in vier Abtheilungen, geschätzt zu 1100 fl.

4) Das an das Bräuhaus angebaute Oekonomiegebäude 119 Schuh lang und 59 Schuh breit mit ganz gewölbtem Ochsen - und Kuhstall für für 40-50 Stück Vieh und zwei steinernen Granden mit Waschküche, früher Käserei, Trebergruft, Schafstall, vier angebauten doppelten und vier weitern doppelten Schweinställen, zwei Kellern, Knechtkammer, drei Futterböden, dann einer geräumigen gegen Norden liegenden Düngerstätte, gerichtlich taxirt zu 7200 fl.

5) hölzerne Wagenschupfe, taxirt zu 100 fl.;

6) steinernes Waschhaus, taxirt zu 40 fl.;

7) das Schenkgebäude, bestehend in drei Zimmern, Küche und Boden, taxirt zu 550 fl.;

8) der dabei befindliche Stall, Stadel und Schweinstall, taxirt zu 225 fl.;

9) die Sommerschenke mit Kugelstatt, Keller, Abtritt und Sommerhaus, taxirt zu 400 fl.;

10) das sogenannte Hirtenhaus, bestehend aus Stube, Flötz, Küche und Stall, taxirt zu 150 fl.;

11) das Gartenhaus in der Anlage, tax. zu 15 fl.;

12) das sogenannte Schlößchen, 92 Fuß lang, 13 1 / 2 Fuß breit, hat zu ebener Erde 5 Zimmer, Speise, Holzlage, Küche und Abtritt, ein geräumiges Treppenhaus, dann in dem obern Stock in einer Fronte einen Salon mit vier Zimmern, dann Garderobe, Abtritt und Boden, geschätzt zu 6500 fl.;

13) der Franciscaner-Keller mit Kellerhaus, taxirt zu 1400 fl.;

Diese sämmtlichen Gebäude, in specie das Bräuhaus und Oekonomiegebäude befinden sich in einem sehr guten baulichen Zustande, und die Dachungen und Gewölbe sind von ausgezeichneter Qualität.

14) Die Wasserreserve sammt Wasserleitung, taxirt zu 600 fl.;

15) das sämmtliche, zum Bräuhause gehörige vollständige, in dem besten und dauerhaftesten Zustand befindliche Schiff und Geschirr, dann die zum Bräuhause und der Schenk gehörigen im Inventar näher bezeichneten Mobilien, Betten, Büttnerwerkzeug, sämmtliche Baumannsfahrniß und circa 4000 Eimer Fässer, taxirt zu 9207 fl. 54 kr.;

1303

16) die zum Bräuhaus gehörigen Waldungen, nämlich:

a) das Bleichgartenholz oder sogenanntes Hirschberger Bräuhausholz 38 7 / 8 Morgen aus Fichten und Föhren untermischt mit Buchen und Birken 40-50, und 15-20jähriges Holz, geschätzt zu 1900 fl.;

b) die Kündinger Holzleiten, 12 Morg. 54 Dec. aus Buchen - und Föhren -, 25-30jähriges Holz, dann Anflug von 5-10 Jahren, geschätzt zu 420 fl.;

c) der Jobstit. Holztheil 5 Tagw. 28 Dec. aus Buchen schlagbares, dann 5-10jähriger Anflug, taxirt zu 200 fl.;

d) die Doltmetzleiten 13 Tagw. 72 Dec., dann Parlisleiten bei Badenhausen 12 Tagwerk 87 Dec., wovon 1 Tagw. cultivirt und als Acker besteht, taxirt zu 500 fl.;

e) Wald auf dem Arzberg 41 Tagw. 62 Dec. hochstämmiges Föhrenholz, taxirt zu 2500 fl.;

17) die zum Bräuhause gehörigen Wiesen, nämlich:

a) Wiese bei Unteremmendorf nächst der Brücke 3 Tagw. 63 Dec. und weitere 62 Dec., und

b) die Luderbügelwiese 1 Tagw. 6 Dec. zusammen taxirt zu 1100 fl.;

c) Wiese bei Badenhausen auch Ochsenwiese, und 19 Tagw. Wiesen am See, zusammen 29 Tagw. 12 Dec., taxirt zu 7250 fl.;

d) die Stadlerwiese 1 Tagw. 49 Dec., taxirt zu 450 fl.;

e) Wiese an der Sulz und untern Mühle 2 4 / 8 Tagw., taxirt zu 375 fl.;

f) die Bauernwiese an dem untern Thor 12 Tagw., 55 Dec., taxirt zu 3000 fl.

18) Die zum Bräuhause gehörigen Aecker:

a) der Stadleracker an der Badenhauserstraße 2 1 / 2 Morgen, taxirt zu 450 fl.;

b) sechs Metzen Acker am Bronnen 6 Tagw., taxirt zu 800 fl.;

c) der Schneiderpeterl oder Bronnenacker 1 Tagw. 52 Dec., taxirt zu 300 fl.;

d) Wegacker 86 Dec., taxirt zu 100 fl.;

e) Wegacker 97 Dec., taxirt zu 200 fl.;

f) der Schusteracker unweit des Bräuhauses 97 Dec., taxirt zu 200 fl.;

g) das Beichgärtel am Weiher 20 Dec., taxirt zu 20 fl.;

h) die Herrmannsgrund 2 6 / 8 Tagw., taxirt zu 490 fl.;

i) Acker am Sand, auch Strohbauernacker, 1 Tagw. 41 Dec., taxirt zu 150 fl.;

k) der Hirschberger auch Dallsteineracker 12 Tgw. 77 Dec. und 14 Tagw. 87 Dec., taxirt zu 1382 fl.;

l) Acker hinterm Stadel 3 Tagw. 33 Dec., taxirt zu 900 fl.;

m) Weiheracker 2 Tagw., taxirt zu 400 fl.;

n) die sogenannte Anlage mit Garten resp. Hopfengarten 800-1000 Haufen 3 Tagw. 37 Dec., taxirt 230 fl.;

o) der hintere Hopfengarten mit Obstbäumen, auch Weinberg genannt, 4 Tagw. 35 Dec., taxirt zu 500 fl.;

p) zwei kleine Wurzgärten und ein Baumgarten mit einer Mauer umfangen, taxirt zu 300 fl.;

q) zwei Krautbeete im Ried 38 Dec., taxirt zu 100 fl.;

r) das Stöberl'sche Zehntrecht, taxirt zu 500 fl.; und

s) die Haunstetter Gült, taxirt zu 250 fl.

Die nähern Bedingnisse, so wie die Lasten und Abgaben, welche auf dem Gute und einzelnen Bestandtheilen haften, können in der dießgerichtlichen Registratur eingesehen werden, und wird bemerkt, daß der Zuschlag nach §. 64 des Hypothekengesetzes erfolgt.

Ansbach, am 20 Mai 1840.

Königl. Kreis - und Stadtgericht.

Killinger.

Schillinger, k. Protokollist.

[715-17]

Vorladung.

Den 27 August 1837 verstarb zu Charlottenburg an der Cholera die verwittwete Majorin v. Buttler, Henriette, geborne Fendeisen, genannt v. Thurnfeld, deren Erben oder etwaige Anverwandte bisher nicht zu ermitteln gewesen sind, und von welcher nur so viel bekannt, daß sie mit ihrem 2 Tage vor ihr verstorbenen Ehegatten am 2 Februar 1829 zu Feldkirchen im Königreich Bayern getra t seyn, und mit demselben eine Zeit lang in Brüssel gelebt haben soll. Ihr Nachlaß beträgt etwa 200 Rthlr.

Auf den Antrag des Justizcommissar s Wendland als bestellten Nachlaßcurators werden daher alle unbekannten Erben der bezeichneten v. Buttler oder deren Erben hierdurch öffentlich vorgeladen, sich spätestens in dem coram depulato Kammergerichts Referendarius Dr. Gneist auf den 31 December 1840, Vormittags 10 Uhr, hier auf dem Kammergericht anberaumten Termin zu gestellen und ihre Legitimation zu führen, widrigenfalls der Nachlaß den sich legitimirenden nächsten Erben, und insofern Niemand erscheinen sollte, dem Fiscus als ein herrenloses Gut zugesprochen und demselben zur freien Disposition verabfolgt werden wird, und der nach erfolgter Präclusion sich etwa noch meldende Erbe alle dessen Handlungen und Dispositionen anzuerkennen und zu übernehmen schuldig, von ihm weder Rechnungslegung noch Ersatz der gehobenen Nutzungen zu fordern berechtigt, sondern sich lediglich mit demjenigen, was also noch vorhanden seyn wird, zu begnügen verbunden seyn soll.

Den Auswärtigen werden die Justizcommissarien Ebell, Naude und Becher als Mandatarien in Vorschlag gebracht.

Berlin, den 6 Februar 1840.

Königlich preuß. Kammergericht.

[1924-26]

Vorladung.

Die geschiedene Ehefrau des Bierbräuers Wilhelm Mast von Nußbach, Balbina, geb. Kaspar, hat in förmlicher Klage und gestützt auf LRS. 303 gebeten, daß ihr Ehemann, welcher heimlich entwichen ist, und sich nach Amerika begeben haben soll, für schuldig erkannt werde, aus dem auf den Tod der Katharina Mast von hier ihm angefallenen Vermögen zur Erziehung und Erhaltung ihres gemeinschaftlichen Kindes denjenigen Betrag jährlich auszuzahlen, welcher durch den Gemeinderath von Nußbach mit Berücksichtigung der Vermögensverhältnisse des Beklagten geschöpft werden wird. Zugleich hat Klägerin gebeten, zur Sicherung ihrer Ansprüche auf den Grund des §. 676 Nr. 1 der P. Ordnung Arrest auf obiges Vermögen anzulegen. Diesem letzterm Gesuche wurde, da es gesetzlich begründet befunden worden, durch Verfügung vom Heutigen entsprochen, und wird nunmehr Tagfahrt zur Verhandlung sowohl in der Hauptsache, als auch wegen der Arrestklage auf Mittwoch den 8 Julius, Vormittags 8 Uhr, anberaumt, und der Beklagte mit dem Anfügen dazu vorgeladen, daß bei seinem Ausbleiben das Thatsächliche der Haupt - und Arrestklage für zugestanden angenommen, er mit jeder Schutzrede gegen dieselben, resp. die Rechtmäßigkeit des angelegten Arrests ausgeschlossen und das Arrestverfahren demnach fortgesetzt würde.

Verfügt Oberkirch, den 8 Mai 1840.

Großh. bad. Bezirksamt.

Jüngling.

[1631-33]

Erb-Vorladung.

Der vor mehreren Jahren nach Nordamerika ausgewanderte Friedrich Schoch von hier ist zur Erbschaft seines verstorbenen Vaters Karl Friedrich Schoch von hier berufen.

Da der gegenwärtige Aufenthaltsort des Friedrich Schoch dahier unbekannt ist, so wird derselbe hiedurch öffentlich aufgefordert, innerhalb vier Monaten, zur Erbtheilung um so gewisser dahier zu erscheinen, als sonst im Nichterscheinungsfalle die Erbschaft lediglich denjenigen würde zugetheilt werden, welchen sie zukäme, wenn der Vorgeladene zur Zeit des Erbanfalls gar nicht mehr am Leben gewesen wäre.

Lörrach, den 28 April 1840.

Großherzoglich badisches Amtsrevisorat.

Kohlund.

[2081-83]

Feilbietung des Wohnhauses Nr. C. 38 im Curorte Franzensbad.

Vom Magistrat der k. Stadt Eger wird bekannt gemacht, daß über Ansuchen der Fr. Elisabeth Groh und der übrigen Florian Groh'schen Erben de praes. 16 Mai 1840 Z. 3435 jud. die mit Rathschluß vom 14 April l. J. Z. 2594 jud. bestimmten Licitationstagfahrten zur öffentlichen Veräußerung des in Kaiserfranzensbad gelegenen, der Florian Groh'schen Nachlassenschaft und der Elisabeth Groh gehörigen, sogenannten englischen Hauses Nr. C. 38 dahin abgeändert worden sind, daß die erste Licitationstagfahrt zum 27 Junius, die zweite zum 27 Julius, und die dritte zum 27 August 1840, jedesmal Vormittags 10 Uhr, in dem Rathhause in Eger bestimmt sind, wozu Kauflustige mit dem Beisatz vorgeladen werden, daß der Grundbuchauszug, Schätzungsprotokoll und das Inventar über den Beilaß in hiesiger Kanzlei eingesehen werden können, und daß die Veräußerung dieses knapp an der Durchfahrtsstraße nächst dem Sprudl und dem öffentlichen Park in Kaiserfranzensbad bei der Stadt Eger in Böhmen sub Nr. C. $$\frac {38 alt}{37 neu}$$ gelegenen sogenannten englischen Hauses, bestehend aus 2 Stockwerken, 22 Gast - u. 3 Badezimmern, nebst Hausmeisterwohnung, Pferdestallungen, Holz - und Wagenremisen, dann einem Zier - und Gemüsegarten sammt vollständiger inventirter Einrichtung für Bad - und Curgäste unter folgenden Bedingnissen geschieht:

1) Werden nur jene zur Licitation dieses Hauses, welches ein die 5 proc. Interessen von dem gerichtlichen Schätzungswerthe per 10,217 fl. 16 kr. Conv. Münze übersteigendes jährliches Erträgniß abwirft, zugelassen, welche der Commission als bemittelt bekannt sind oder sich hierüber auszuweisen vermögen.

2) Wird dieses Haus um den oben angegebenen, gerichtlich erhobenen Schätzungswerth ausgeboten und nicht darunter hintangegeben werden.

3) Hat jeder Kauflustige ein Vadium von 400 fl. C. M. der Feilbietungscommission noch vor Beginn der Licitation zu erlegen, welches dem Ersteher bei der Berechnungscommission auf den Kaufschilling abgeschlagen, den übrigen Kauflustigen aber gleich nach der Licitation zurückgestellt werden wird.

4) Hat der Käufer die auf diesem Hause haftenden Passiva per 9948 fl. C. M., wie sie in den Stadtbüchern der Stadt Eger einverleibt sind, auf Abschlag des Kaufschillings zu übernehmen, binnen 14 Tagen nach abgehaltener Licitation um die Vornahme der Berechnungscommission bei dem Egerer Magistrate anzusuchen, die sämmtlichen Unkosten sowohl der Licitation, als auch der Berechnungscommission aus Eigenem zu bestreiten, und hiebei den überrestlichen Kaufschilling ad depositum des Egerer Magistrats zu berichtigen.

5) Uebergehen die Nutzen und Lasten vom Tage des Ersteigerns auf den Käufer.

6) Wird, da der Verkauf gerichtlich geschieht, keine Eviction geleistet.

7) Da die im 4ten Satz ob jenem Hause bücherlich haftende Schuldpost per 1000 fl. W. W. an die Egerer Stadtgemeinde bis auf einen geringen Betrag bereits berichtigt ist, so hat sich der Käufer mit den Erben dießfalls bei der Berechnungscommission auszugleichen.

8) Indem das Erträgniß von diesem Hause für das Jahr 1840 dem Käufer zu Gute kommt, so hat er auch die Interessen von den ob demselben bücherlich haftenden Capitalien vom 1 Januar 1840 zur Zahlung zu übernehmen.

9) Behalten sich die Verkäufer das Bestätigungsrecht des bei der Licitation erzielten Meistgebots bevor, und soll sonach dieser Licitationsact erst nach erfolgter Bestätigung des meistgebotenen Kaufschillings seine Gültigkeit erhalten.

Gegeben Eger, den 19 Mai 1840.

Totzauer.

[2120]

So eben ist bei Adolph Emmerling in Freiburg erschienen und in allen Buchhandlungen vorräthig:

Taschenbuch für Geschichte und Alterthum in Süddeutschland.

Herausgegeben von Dr. Heinrich Schreiber.

2ter Jahrgang mit 3 Tafeln Abbildungen.

Preis 1 fl. 48 kr. oder 1 Rthlr.

1304

[130]

Bei uns ist erschienen und durch alle Buchhandlungen zu beziehen:

Ueber Telegraphie, insbesondere durch galvanische Kräfte.

Eine öffentliche Vorlesung, gehalten in der festlichen Sitzung der königl. bayer. Akademie der Wissenschaften am 25 Aug. 1838 von Dr. E. A. Steinheil.

gr. 4. Mit mehrern Kupfertafeln. Preis 1 fl. 12 kr.

Litterar. artist. Anstalt in München.

[2131-32]

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Die bedeutenden Kloster - und Oekonomie-Gebäude, Mehl -, Säg - und Oelmühle, Schmiede, Ziegelbrennerei, Wirthshaus und Bleiche. Ferner 608 Jucharten Acker -, Matt - und Rebland, und 654 Jucharten wohlbestandene Waldung.

Die ganze Besitzung ist beschwerdefrei.

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[1977-79]

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Das in der Stadt liegende k. k. privilegirte Seebad, genannt NEPTUNS THRON, welches vermöge seiner Größe und innern Einrichtung jeder andern bisher bekannten Anstalt dieser Art an die Seite gestellt werden kann, wird auch dieses Jahr am 1 Junius eröffnet. Triest, im Mai 1840.

[2015-17]

Die von mir errichtete Walzen-Gravir-Anstalt empfehle ich den HH. Fabrikanten zu geneigten Aufträgen, sowohl für Walzen, als für Moletten, und hoffe durch erwünschte Ausführung derselben, geschenktes Vertrauen zu rechtfertigen.

Augsburg, im Mai 1840.

Karl Böttger.

[2252]

Bad Ueberlingen am Bodensee.

Vom 8 Junius an ist die hiesige Badanstalt eröffnet. Die Mineralquelle hat sich durch ihre Wirkungen zu viele Freunde in der Nähe und Ferne erworben, als daß ihrer besonders rühmende Erwähnung zu geschehen hätte; durch die neue Fassung derselben ist ihre Kraft noch erhöht. Die Gelegenheit zu den auf das bequemste eingerichteten Seebädern, deren Gebrauch bei vielen Krankheiten den Schluß der Badecur bilden, wird manchem Gast einen Genuß gewähren, den er in keinem andern Mineralbad findet. Zudem befriedigt die reizende Fernsicht, die freundliche Umgebung, die Lage der Badgebäude am Ufer des Sees, alle gerechten Ansprüche an einen angenehmen Badaufenthalt.

Die Tafel, die Getränke, die Wohnung wie die Einrichtung zu Ausflügen zu Land und zur See werden nichts zu wünschen übrig lassen.

Unter Zusicherung einer reellen und prompten Bedienung ladet zu zahlreichem Besuch ein die Baddirection.

[2262-67]

BRÜNNLBAD.

Der Eigenthümer dieser, inner den Linien Wiens gelegenen, in neuester Zeit auf das zweckmäßigste und bequemste eingerichteten Badeanstalt empfiehlt seine seit Jahrhunderten durch ihre stärkende Heilkraft rühmlichst bekannten Mineralquellen der ärztlichen Würdigung sowohl als dem hochgeehrten Publicum.

[2025]

So eben ist erschienen (Verlag des Athenäum in Berlin):

Deutscher Musen-Almanach für 1840. Herausgegeben von Arnold Ruge und Th. Echtermeyer. Mit Gaudy's Bildniß à 1 Thlr. 12 gGr.

(Fortsetzung des Musen-Almanachs von Chamisso.)

Staat und Kirche. Manuscript aus Norddeutschland; als Antwort an Rom und seine Freunde. Zur Gedächtnißfeier Friedrichs des Großen. Von Dr. Karl Riedel. à 12 gGr.

[2166]

Durch alle Buchhandlungen Deutschlands und der Schweiz ist zu haben:

Der dritte Jahrgang des gewerbswissenschaftlichen Volks - und Jahrbüchleins.

Ein Magazin aller neuen Erfindungen im Gebiete der Gewerbe und Künste. Herausgegeben von M. v. Poppe, Hofrath und Professor der Technologie zu Tübingen.

Preis 8 gr. sächs., 36 kr. rhein., 30 kr. CM.

[2195]

Des 1sten Bandes 2tes Heft von:

Für Freunde des Obstbaues.

Eine Zeitschrift zur Beförderung des Obstbaues in Deutschland; herausgegeben unter Leitung des Obstbau-Vereins in der Oberlausitz, ist erschienen und in allen Buchhandlungen für 9 Gr. od. 42 kr. zu bekommen durch die Matth. Rieger'sche Buchhandlung in Augsburg und Lindau.

Das 1ste Heft kostet ebenfalls 9 gr. od. 42 kr.

Arnold'sche Buchhandlung.

[2286]

In der Blutegel-Niederlage von Strobl und Comp. Windenmachergasse Nr. 4. / 4 zu München, sind fortwährend ungarische und italienische frische Blutegel in jeder beliebigen Menge zu beziehen.

[2261]

Eine Gouvernante, evangelischer Religion, welche im Monat August ihre bisherige Stelle verläßt, mit den vortheilhaftesten Zeugnissen versehen, und befähigt ist, in der deutschen, französischen und italienischen Sprache, in Geschichte, Geographie und im Rechnen, so wie in allen feinen Handarbeiten gründlichen Unterricht ertheilen zu können, wünscht zu obenbemerktem Zeitpunkt ein gleiches für sie passendes Engagement zu finden.

Hierauf reflectirende Familien wollen ihre Briefe A. B., poste restante nach Nürnberg adressiren.

[2291-94]

Russ. poln. Staats-Anlehen.

Am 1 Julius d. J. erfolgt in Warschau die Ziehung von 7000 Obligationen mit folgenden Prämien, als: eine Million Gulden poln. (290,000 fl. rhein. ) 300,000 fl., 2 à 150,000 fl., 6 à 25,000 fl., 8 à 14,000 fl, 12 à 7000 fl, 20 à 4200 fl., 100 à 2500 fl., 150 à 2100 fl., 200 à 1500 fl., 1000 à 950 fl., 5500 à 750 fl. poln. (215 fl. rhein.)

Eine Obligation, welche eine dieser Prämien gewinnen muß, kostet 435 fl. rhein., wovon jedoch 215 fl. als Betrag der kleinsten Prämie abgezogen werden können, mithin 220 fl. rhein., eine halbe 110 fl., eine viertel 55 fl., eine achtel 27 fl. 30 kr.

Gegen Einsendung des Betrags bis zum 6 Julius direct zu beziehen bei J. & S. Friedberg, Bankiers in Frankfurt a. M.

About this transcription

TextAllgemeine Zeitung
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Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Deutsches TextarchivNote: Bereitstellung der Texttranskription.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2016-06-28T11:37:15Z Matthias BoenigNote: Bearbeitung der digitalen Edition.2016-06-28T11:37:15Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic informationAllgemeine Zeitung Nr. 163. 11. Juni 1840 . Augsburg1840.

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Bibliothek der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften DWB 1996/32

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; augsburgerallgemeine

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Editorial principles

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (?): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;

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