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Man hört ein Collegium, weil man sich die Wissenschaft, oder den speciellen Gegenstand, dem es gewidmet ist, zu eigen machen will. Man schreibt ein Collegium nach, einmal, indem man den Vortrag des Docenten ganz, oder nur zum Theil auf das Papier wirft; zweitens, indem man sich blos einzelne Bemerkungen, Erläuterungen, Zusätze, Bücher, und andere Daten notirt. So leicht nun das Collegienhören und Nachschreiben, auf den ersten Anblick auch immer scheinen mag; so schwer ist es dennoch, wenn es zweckmäßig betrieben werden, das heißt, wenn es wirklich von Nutzen seyn soll.
Diese Schwierigkeiten sind doppelter Art; einmal nemlich in materieller, dann in formeller Hinsicht. Mit anderen Worten, sowohl was die Gegenstände der Vorträge, als was die Arten derselben anlangt. Der junge Studirende muß von seinen Gymnasiumsfächern, plötzlich zu den akademischen übergehn. Eben so muß er die4 langgewohnten Formen der ersteren, auf einmal mit denen der letzteren vertauschen, so verschieden dieselben auch nach ihrem Wesen, und ihren Arten sind. Was ist die Folge davon? Wir werden es augenblicklich sehn. Fangen wir mit dem Materiellen an.
Die neuen wissenschaftlichen Fächer, die der junge Mann studiren soll, sind ihm höchstens encyclopädisch, oder dem Namen nach, ja häufig gar nicht bekannt. Er hört nun zum Anfang, wenigstens drei bis vier Collegien, wovon immer eines schwerer als das andere ist. In seinem ganzen Ideenkreise findet er durchaus keine, an die er die neuen anzuknüpfen vermag. Alles erscheint ihm daher fremdartig, unverständlich, und räthselhaft; alles verwirrt und betäubt ihm. Er erliegt unter den scientifischen Massen, die er in sich aufnehmen soll; er befindet sich, wie in einem geistigen Labyrinthe, worin er weder vor, noch rückwärts kann, er ist von einer stygischen Finsterniß umgeben, in die kein einziger leitender Lichtstrahl dringt.
Dies sind die Schwierigkeiten, womit der junge Studirende, in materieller Hinsicht zu kämpfen hat. Noch größer sind aber die in formeller zu nennen; sie erfordern daher doppelte Aufmerksamkeit. Der wissenschaftliche Vortrag auf Gymnasien, pflegt im Allgemeinen sehr faßlich zu seyn. Warum? Weil er nicht gehalten zu werden braucht, sich dem Discurse nähert,5 meistens nur einen sehr losen, zuweilen gar keinen Zusammenhang hat, mit einem Worte, weil er höchst populär ist. Der junge Mann folgt demselben also mit der nämlichen Leichtigkeit, wie er die Sachen nachzuschreiben im Stande ist.
Bei den akademischen Vorträgen aber, findet gerade das Gegentheil statt. Diese sind im allgemeinen, in hohem Grade gehalten, und haben gerade den strengsten Zusammenhang, ohne daß die geheime Disposition bemerkbar ist, und noch weniger markirt wird. Denselben zu folgen, ist also zum Anfang der akademischen Studienzeit, äußerst schwer, und erfordert ungemeine Fassungskraft. Sie bleiben daher für die Masse der Studirenden, im ersten Halbjahre, mit wenigen Ausnahmen, gänzlich unfruchtbar. Die Folgen davon sind für die jungen Leute sehr empfindlich, man mag nun auf den Verlust an Zeit und Geld, oder auf die vergebliche Mühe, Bestrebung, und Arbeit sehn. Dieses traurige Stillstehn, und dieser gänzliche Mangel an geistiger Nahrung, und Erhebung, werden nicht selten die Ursache jugendlicher Verirrungen aller Art.
Eine erprobte Anleitung zum zweckmäßigsten Hören, und Nachschreiben der akademischen Vorlesungen, hilft also einem langgefühlten Bedürfnisse ab, und wird daher allen Studierenden, den jüngeren wie den älteren, höchst willkommen seyn. Wenn nun dieselbe überdem6 von einem alten akademischen öffentlichen Lehrer herrührt, der das Ganze nach vieljährigen Erfahrungen entworfen hat, so leidet es keinen Zweifel, daß eine solche Schrift doppeltes Vertrauen einflößen, und doppelten Nutzen stiften muß. Dies war die Absicht, womit dieselbe geschrieben, und dem Drucke übergeben ward. Die Erreichung dieses Zweckes, wird der Verfasser für seine schönste Belohnung ansehn.
Um eine passende Anleitung zu dem zweckmäßigsten Hören, und Nachschreiben, akademischer Vorlesungen geben zu können, ist vor Allem die Würdigung der verschiedenen Formen des Universitäts-Vortrages erforderlich. Diese lassen sich auf drei zurückführen, nemlich auf den freien Vortrag, auf den nach Heften, oder den Lesevortrag, endlich auf den gemischten Vortrag.
Indem wir mit dem ersten, dem freien Vortrage beginnen, bemerken wir, daß derselbe entweder didaktisch oder rhetorisch ist, daß er ferner, entweder erzählend, oder schildernd, discurirend, oder demonstrirend zu seyn pflegt; daß er weiter, entweder, nach einem Handbuche, oder nach einem Compendium, und Grundrisse, endlich nach Diktaten gehalten werden kann.
[8]Ein guter Docent, der die Kunst des freien Vortrages vollkommen inne hat, kündigt vor allem die Hauptidee seines pensums, mit allen Neben - und Unterabtheilungen derselben an. Mit andern Worten, er macht die Zuhörer mit dem Gegenstande, und der Disposition seines Vortrages bekannt. Hierauf schreitet er von Gliede zu Gliede fort, markirt die Uebergänge mit Genauigkeit, vermeidet die Einmischung aller fremden, nicht zur Sache gehörenden Ideen und schließt endlich mit einer lichtvollen Rekapitulation.
Ein Zuhörer, der einen solchen Vortrag zweckmäßig hören, und nachschreiben will, hat auf Folgendes zu sehn. Das erste ist die richtige, vollständige Auffassung des Objekts. Das zweite das aufmerksame Folgen der Disposition. Das dritte, die Absonderung alles blos Zufälligen von den wesentlichen Ideen überhaupt. Das vierte, die Notirung der Hauptmomente insonderheit. Das fünfte und lezte endlich, die sorgfältige Vergleichung der Recapitulation mit dem Vortrage selbst.
Wir geben nun folgendes Beyspiel eines musterhaften freien Vortrages, der allen Regeln der Kunst entspricht.
Wir schlossen unsere gestrige Stunde mit der Erzählung der merkwürdigen Revolution vom 10. Nov. 1799.9 einer militärischen Usurpation, die Frankreich der Herrschaft Bonapartes unterwarf. Unsere heutige soll der Entwicklung seiner Pläne, sowohl rücksichtlich des Innern, als des Auslandes gewidmet seyn. – – – Eine neue Herrscher-Dynastie. Eine neue Gestaltung von Europa – Das waren die Hauptzwecke, wie die Hauptgrundlage des politischen Systems des ersten Consuls. – Wie in der physischen Welt, so herrschen auch in der moralischen, gewisse große und allgemeine Gesetze, bei deren Berücksichtigung, man immer und überall dieselben Resultate erwarten kann. Nach diesen Ansichten scheint Bonaparte gehandelt zu haben, als er die Maße zu den alten Ideen und Formen zurückzuführen anfieng. Er öffnete daher dem Volke die Kirchen wieder, schaffte die revolutionären Feste, wie die Decaden ab, und that der Verfolgung der Adlichen, und Emigrirten kräftigen Einhalt. Die verschiedenen Parteyen wurden durch eine glückliche Verschmelzung entkräftet, die westlichen Departements, der Sitz des Royalismus, beruhigt, die Finanzen, diese ewige Quelle innerer Unruhen in Ordnung gebracht. Eine neue Territorial-Eintheilung vollendete den ersten Entwurf, und ward die Grundlage einer durchaus militärischen Verwaltungsart. Die Präfekte, Subpräfekte, Maires, u. s. w. bildeten eine Kette der strengsten Unterordnung. Alle Ernennungen mußten von dem ersten Consul ausgehen; er war der monarchische Mittelpunkt einer Scheinrepublick. Die Verschwörung von 1800. vermehrte nur seine Gewalt. Neue, von ihm geleitete Criminalhöfe, wurden die einzigen Instanzen für angebliche Staatsverbrechen, und so die eigentlichen Werkzeuge seiner geheimen Tyranney. Das Concordat, das ihn zum Chef der Geistlichkeit machte, knüpfte die Existenz und das Interesse derselben, aufs10 festeste an sein System. Die neue Organisation des öffentlichen Unterrichtes, wobei alles auf Beschränkung, militärischen Geist und strengen Gehorsam berechnet war, beugte auch schon den Knaben unter sein Herrscherjoch. Die Amnestie der Emigrirten, führte in alle Classen der Gesellschaft, eine Menge monarchisch gesinnter, ihm nun ergebener Individuen zurück. Censur und Polizey endlich, wurden in ihren vielfältigen Anwendungen, als eingreifende Mittel der geistigen und sittlichen Beengung, sowie der bürgerlichen Herabwürdigung benutzt. Ein großer Schritt zum Throne der Bourbonen war Buonaparte’s Ernennung zum lebenslänglichen Consulat, (1802. 2 Aug. ) die Frucht unzählicher Intriguen, und einer recht methodischen Volksbearbeitung. Alles geschah auch hier auf seinen Befehl; alle Formalitäten waren ein leeres Gaukelspiel. Die neue sogenannte Constitution vom 15. Aug., vernichtete die letzten republicanischen Formen, und machte sämmtliche Staatsbeamten, zu bloßen Maschinen eines Despotismus, der selbst den orientalischen übertraf. Noch war der Thron verhüllt; aber die neue Ehrenlegion kündigte bereits den Künftigen neuen Adel an. Während so der erste Consul eine neue Dynastie zu gründen suchte, breitete er auch zugleich die Umgestaltung von Europa vor, die er zur Sicherheit jener für nöthig hielt. Alle seine militärischen und diplomatischen Operationen, halten daher mit seinen administrativen, und constitutionnellen gleichen Schritt. Im Grunde freilich befolgte er nur die alte, für ganz Europa von jeher so gefährliche Politik von Frankreich, allein er befolgte sie nach einem weit größeren Maaßstaabe, mit ungleich größeren Hülfsmitteln und mit beständiger Hinsicht auf seine neue Dynastie. Der Friede von Lüneville (1801. 9. 11Febr.) war die Akte von Frankreichs Uebermacht. Oesterreich ward durch neue Abtretungen bedeutend geschwächt, vom Rheine wie aus der Lombardey entfernt, und Deutschland seiner letzten Festungen aufs schimpflichste beraubt. Der Friede von Amiens (1802. 27 März) war die natürliche Folge davon. England fühlte die Folgen eines so kostbaren, zehnjährigen Kampfes, und erblickte dennoch nirgends die Elemente einer neuen Coalition. So gab es, mit wenigen Ausnahmen, alle seine bedeutendem Eroberungen zurück, und erkannte überdem die neue Ordnung der Dinge in Italien an.
Schon während dieser Unterhandlungen nemlich, hatte der erste Consul große Veränderungen daselbst gemacht. Das von Oesterreich abgetretene Toscana, war ein spanisches Filialreich geworden, während die; in marinarischer Hinsicht, so wichtige Insel Elba, an Frankreich fiel. Eine Consulta der cisalpinischen Republick hatte sich, auf Buonapartes Befehl, zu Lyon versammelt, und ihn, nach seiner Vorschrift, zum Dictator einer neuen italiänischen Republick ernannt. Aehnliche Organisationen, mit gleichem Despotismus geboten, banden nun, im Laufe des Jahres 1802 Genua und Lucca, Holland und die Schweiz, an das französische System. Neapel ward durch Furcht, Spanien durch Intriguen gelähmt; Deutschland durch die Folgen des Entschädigungsplanes, theils an Frankreich gefesselt, theils durch höhere Verhältnisse neutralisiert. So sah sich der erste Consul, am Ende 1802 mit ganz Europa in Frieden, und von allen europäischen Mächten anerkannt. Doch für ihn war dieser Friede nur ein Waffenstillstand. Eben so gab er Frankreich zwar die Ruhe wieder, aber er benuzte sie blos zu der Entwickelung der innern Kraft. Recapituliren wir das Gesagte,12 so ergiebt sich, daß Buonaparte seine neue Dynastie, auf eine neue politische Welt, und seinen neuen Thron, auf ein neues europäisches Staatssystem zu gründen bemüht war. Welche Mittel er in jener Hinsicht anwendete, welche Veränderungen er in dieser hervorrief, dies war der Gegenstand unserer heutigen Vorlesung.
An dieses vorliegende Beispiel eines musterhaften freien didaktischen Vortrages, reihe sich nun die Beschreibung der Methode an, nach welcher derselbe am zweckmäßigsten nachgeschrieben werden kann. Auch dieses wird am besten aus einem Beispiele zu ersehen seyn.
Hauptidee oder Objekt. Bonapartes Pläne rücksichtlich A. des Innern und B. des Auslandes, I. zur Begründung einer neuen Dynastie, und II. einer neuen Gestaltung von Europa.
Entwicklung. A. Inneres I. Neue Dynastie. – Das Hauptmittel in Abstracto: – Zurückführung der Maßen zu den alten Ideen und Formen. – Folgt die Aufzählung der verschiedenen Maasregeln in Concreto. – So die Wiedereröffnung der Kirchen, die Abschaffung der revolution. Feste, so wie der Decaden, das Einhalten in der Verfolgung der Adlichen, und der Emigrirten, u. s. w. (Alles, wie oben, aber nur ganz kurz aufgefaßt.)
Fernere Entwicklung. B. Ausland II. Neue Gestaltung von Europa – a. Allgemeine Beobachtungen, 1) Bonaparte glaubt, daß dieses neue Europa für die13 Sicherheit seiner neuen Dynastie unumgänglich nothwendig ist. 2) Seine militärischen, und diplomatischen Operationen nach Außen, halten daher mit seinen administrativen, und constitutionnellen im Innern, gleichen Schritt. 3) Er befolgt im Grunde die alte französische Politik, aber nach einem größeren Maasstabe, mit größeren Hülfsmitteln, und mit beständiger Hinsicht auf die Gründung seiner Dynastie.
b. Aufzählung der politischen Maasregeln. 1) Oesterreichs politische Schwächung, und Zurückdrängung. 2) Englands Isolirung, und nachtheiliger Friede. Es giebt den größten Theil seiner bedeutenden Eroberungen zurück, und erkennt die französische Republick, wie die Veränderungen in Italien an. 3) Angabe dieser Veränderungen α. Toscana, β. Insel Elba. Jenes ein spanisches Filialreich, (Königreich Etrurien) diese, ein wichtiger marinarischer Punkt, an Frankreich. γ. Neue italienische Republick, Bonaparte zum Präsidenten derselben gewählt. δ. Genua und Lucca, Holland und die Schweiz, ganz an das französische System geknüpft. ε. Neapel und Spanien gelähmt, Deutschland an Frankreich gefesselt, oder neutralisirt. – Allgemeiner Friede, allgemeine Anerkennung.
Recapitulation. Stimmt ganz mit dem Eingange überein.
Wir kommen nun, nach unserer §. 2. angegebenen Ordnung, zu dem freien rhetorischen Vortrag. Einsichtsvolle Docenten machen indessen – versteht sich14 in eigentlichen Vorlesungen – von demselben nur sparsamen Gebrauch. Es ist der Gegenstand, der hier den Maaßstab an die Hand giebt. Mit andern Worten, es kommt darauf an, ob der rhetorische, Vortrag dem Objekte angemessen ist. Ein Docent hingegen, der diesen Ton, in seinen Vorlesungen, durchgehends, und ohne Unterschied der Materien halten will, hat viele Nachtheile davon. Einmal greift er sich ohne Noth nicht wenig an; dann wird er gesucht oder bombastisch; weiter fällt er wider seinen Willen, und ohne es zu bemerken, aus dem falschen Pathos heraus, wirft zuweilen auch wohl gar um, und macht sich also lächerlich. Endlich erzeugt er Ueberdruß, und stiftet mit diesen schwülstigen, floskelreichen Vorträgen, bei weitem nicht so viel Nutzen, als ein verständiger Docent, der im Allgemeinen den didaktischen Ton festzuhalten gewohnt ist.
Rußland, das seine Entwicklungen im Norden und Osten verfolgte, hatte Frankreich durch den Krieg in Spanien, um so mehr beschäftigt geglaubt, als der Widerstand dieses tapferen Volkes, immer mehr an Kraft und Umfang gewann. Mit Erstaunen und Unwillen bemerkte es nun, wie Napoleon ganz Holland an sich riß, die Grenzen des französischen Reiches bis an die Ostsee erweiterte, und selbst den Norden zu bedrohen anfieng. Neue Beobachtungen, neue Combinationen, führten eine Veränderung der Verhältnisse herbey, wie sie dem Interesse des unermeßlichen Reiches angemessen war. Die großen Ideen15 einer höheren Politik erhielten das Uebergewicht, und die Befreiung von Europa sollte besiegelt seyn.
Das Frühjahr 1812 sah nun Napoleon, mit einem auserlesenen Heere von 500,000 Mann, der Blüthe so vieler Reiche, über den Niemen ziehen. Neue ungeheure Plane der Weltherrschaft, und sein unaufhaltsames Schicksal trieben ihn, wie auf den Fittigen des Windes fort. In wildem Wahnsinn träumte er schon von Rußlands Unterjochung, und einer endlich zu begründenden Universalmonarchie. Zitternd harrten die Völker des Ausganges; sie fühlten, daß ihre Freiheit an die Unabhängigkeit von Rußland geknüpft war. In der That, wenn die Vergangenheit der Spiegel der Zukunft ist, was würde die Folge von Rußlands Besiegung gewesen seyn? Unstreitig eine gänzliche Umgestaltung des Nordens überhaupt, die Vernichtung von Preußen und Oesterreich, die Vereinigung von Deutschland und der Schweiz, mit Frankreich, die Eroberung von Spanien, Portugall, und der Türkey, die Unterjochung Englands, und damit die Universalmonarchie. Ein schimpflicher Friede hätte Rußland seiner sämmtlichen Küstenländer, seiner reichsten, vorliegenden Provinzen beraubt, und es gleichsam in die Steppen Asiens zurückgedrängt. Die gemachten Eroberungen würden theils zur Bildung eines neuen Reiches, theils zur Vergrößerung von Polen und Schweden benutzt worden seyn. Drei große französische Vasallen-Staaten, hätten dann Frankreichs Einfluß im Norden fixirt, und Dännemark keine Wahl gelassen, als die der Vernichtung, oder der Unterwürfigkeit. Aus dem Mittelpunkte dieser neuen Schöpfung, hätte ein einziger Blitzstrahl Preußen zerschmettert; während Oesterreich auf allen Seiten angegriffen, eine leichte Beute des Siegers geworden wäre, der eine zehnfache16 Uebermacht besaß. Ein Federzug hätte Deutschland und die Schweiz mit Frankreich vereinigt, ein einziger Hauptschlag die französischen Adler, auf den Pforten des Serails aufgepflanzt, ein einziges Jahr die Eroberungen Spanien und Portugall vollendet, und die Engländer auf ihre Insel beschränkt. Bald hätte nun der stolze Ueberwinder des Continents, alle militärischen und marinarischen Kräfte desselben, gegen das letzte Bollwerk seiner Uebermacht, gegen das letzte Asyl der Freyheit, gegen das hohe heilige Albion gekehrt. Lange würde die Energie des Volkskarakters, lange der Muth der Verzweiflung, den Ausgang ungewiß gelassen haben, endlich hätten die Berechnungen der Ueberzahl, die Gesetze der physischen Gewalt, auch hier entscheiden müssen, und Napoleon würde der Herr eines Welttheils, der Universalmonarch von Europa geworden seyn. Jetzt, welche neue Masse von Entwicklungen! Welcher neue Lauf von Eroberungen ins Unübersehbare hin! –
Allerdings bot Napoleon, blos aus dem dynamischen Gesichtspunkte betrachtet, ein Beyspiel der ungeheuersten Kraftentwicklung dar. Er hatte eine Größe der Ideen, eine Kühnheit der Plane, eine Stätigkeit und Ausdauer gezeigt, die billig Erstaunen erregt. Mit scharfem Blicke hatte er stets das Ganze, und alle Einzelnheiten umfaßt, alle Kräfte auf einen Punkt geleitet, jedes Hülfsmittel des Genies und der Erfahrung benutzt, und Alles, überall und immer, zugleich in Bewegung gesetzt. Er hatte sich endlich über die Meinungen, über die Leidenschaften, und über den Zufall, eine Herrschaft zu erwerben gewußt, die ihm einen seltenen Nimbus von Größe, von Weisheit, und Unüberwindlichkeit gab. Allein diese[glänzende] Außenseite verbarg ein System des Truges, der Hinterlist, und der Grausamkeit, wie es kaum die Geschichte aufzuweisen17 hat. In stolzem Uebermuthe trat Napoleon Alles mit Füßen, was Gesetz der Moral, was Recht der Menschen heißt. Im Wahnsinn seiner Eitelkeit sah er sich für den Herrn der Erde, für das Fatum des ganzen Menschengeschlechts an. Ihm erschienen die Völker nur als bewußtlose Massen, zur Befriedigung seiner Herrschsucht bestimmt; jeder seiner Pulsschläge, jede Minute seines Lebens, bereiteten das Unglück und den Tod von Tausenden vor. Doch erbarmungslos, und mit kaltem Stolze, blickte er auf den Jammer und das Elend der Erde herab. – Aus diesem Gesichtspunkte betrachtet, erhielt der Krieg gegen ihn, auch einen moralisch-religiösen Zweck, der dem politischen Bündnisse der Monarchen, noch eine besondere Erhabenheit gab. Die Thränen des Schmerzes, die Stimmen der Verzweiflung, waren zum Himmel emporgestiegen; der Allmächtige selbst schleuderte seine Blitze auf das Haupt des Eroberers herab. So bekam der ganze Lauf der Begebenheiten, jenes religiöse romantisch-kriegerische Interesse, das die schönsten Perioden der Vorzeit zurückruft. – Mit trügerischem Lächeln hatte dem Helden des Zufalls, sein Schicksal bis in die innersten Gemächer des alten ehrwürdigen Kremls geführt, und still und düster lag die schwarze, das Schicksal der Welt verhüllende Nacht, auf der heiligen Zaarenstadt. – Da winkte der Schutzgeist Rußlands! – Ein einziger Funke, und Moskwa war ein leuchtendes Flammenmeer, und in Asche lag die Schöpfung Napoleons! – Mit Entsetzen sah dieser dem schrecklichen Schauspiel von der Spitze des Kremls zu. – Ein Riesengeist war ihm entgegengetreten, eine unsichtbare Hand riß ihn gewaltsam zurück, und drohend wandelten an ihm die blutigen Schatten der Bourbonen vorüber, wie Zaubergestalten der Nemesis. – Aber in hohen glänzenden Wo -18 gen schlugen die heiligen Flammen empor, und der Schimmer der Freiheit glänzte von den Ufern der Berezyna, über die Fluthen des Rheins, bis an die Küsten des Oceans.
I. Eingang. Politische Stellung Rußlands – Unwille über Napoleons Vergrößerungen – Verändertes politisches System dieser Macht – Neue Allianz mit England. II. Eigentliche Darstellung. Anfang des Kriegs mit Napoleons Heereszug. – Seine Pläne a) Rußlands Besiegung und Isolirung in Asien, b) Unterjochung der übrigen Staaten, folglich c) eine Universalmonarchie. B. Ausführung dieses Themas. 1. Vergrößerungen von Schweden und Polen, auf Kosten von Rußland, aber als Vasallenstaaten von Frankreich 2. Bildung einer dritten, auf gleiche Art untergeordneten Macht, durch die ehemaligen russischen Küstenländer, von St. Petersburg bis Liebau 3. Dänemarks Vasallenschaft. 4. Preußens Zerstückelung. 5. Oesterreichs Unterjochung. 6. Vereinigung von Deutschland und der Schweiz mit Frankreich 7. Vertreibung der Türken. 8. Eroberung von Spanien und Portugal. 9. Isolirung von England. 10. Gänzlicher Ruin dieser Macht. C. Charakteristik von Napoleon. a) Ungeheure Kraftentwicklung in physischer, wie intellektueller Hinsicht. b) Aber auch unersättliche Eroberungssucht, Menschenverachtung, und Erbarmungslosigkeit. D. Catastrophe von Moskau.
19Von dem freien rhetorischen Vortrage, gehen wir nun zu dem freien erzählenden über, der von Seiten des Docenten, sehr viel Geschicklichkeit, theils in der Disposition, theils in der Darstellung voraussetzt. Besonders muß er die Hauptpunkte herauszuheben, und die Fortschreitung der Erzählung zu markiren verstehn, damit ihm die Zuhörer mit Vergnügen zu folgen, und das Wesentliche nachzuschreiben im Stande sind.
Es blieb nun Napoleon nichts anders übrig, als der schimpflichste Rückzug. So brach er denn wirklich mit den Ueberresten seines Heeres, am 25. Okt. 1812 von Moskau auf. Er ward dabey von dem General Platow, an der Spitze von zwanzig Kosakenregimentern, und dem zweyten Armeekorps, unter General Miloradowitsch, auf dem Fuße verfolgt; während die Russische Hauptarmee links auf einer Seitenstraße marschirte, und die Subsistenz der russischen Truppen völlig gesichert war. Wer sich nur irgend einen Begriff von militärischen Operationen machen kann, der wird leicht begreifen, daß dem französischen Feldherrn, nunmehr keine weitere strategische Kombination, keine einzige freye Bewegung übrig blieb. Die ganze französische Armee hatte sich, so zu sagen, in einen Haufen Marodeurs aufgelößt, die rechts und links von der Heerstraße, zu plündern und zu fouragiren, suchten, von denen aber, Tag für Tag, der größte Theil niedergemacht ward. Bald engten auch die Kosaken diese räuberischen Horden, immer mehr auf eine einzige Linie20 ein, und trieben dieselben, im eigentlichen Sinne, fast ganz auf der geraden Straße nach Smolensk fort. Gleich in den ersten Tagen, waren bereits mehrere Tausend französische Pferde gefallen; so daß man eine Menge Bagage - und Munitionswagen zu verbrennen, und selbst Artillerie zurückzulassen anfing. Zwar ließ Napoleon einige Regimenter Kavallerie absitzen, und die Pferde derselben vor die Kanonen spannen, allein dem Mangel an Futter u. s. w. konnte er doch nicht abhelfen, und so fielen die Pferde von Stunde zu Stunde hundertweis. Indessen zehrte nun die ganze Armee von diesem doppelt eckelhaften Fleische, dessen einzige Würze Schießpulver war. Am 3. Nov. stießen die Russen bey Wiazma auf die französische Arrieregarde, worauf es zu einem sehr hitzigen Gefechte kam. Die Franzosen wurden, mit großem Verluste, durch diesen Ort getrieben, und bis spät in die Nacht verfolgt. Bis jetzt war die Kälte noch nicht sehr heftig gewesen, allein in dieser Nacht stieg sie bis auf dreyzehn Grad. Dieses erste Bivouak, in einer solchen Kälte, verbreitete die Verzweiflung unter den Truppen, denn von nun an nahm das Elend, in der schrecklichsten Steigerung, mit jedem Tage zu.
Alle Ordnung war jetzt verschwunden, alle Disciplin hatte aufgehört. Die Soldaten warfen die Gewehre haufenweis hinweg; die Befehle der Generäle blieben unbefolgt. Die verschiedenen Corps, aus bunten Haufen von allen Regimentern, von allen Waffenarten zusammengesetzt, unterschieden sich nur noch durch ihre Bagagetrains. Ganze Reihen von Leichnamen, von todten Pferden, von Wagen, von Kanonen, und Trümmern, bezeichneten die Marschlinie der Armee. Die Pferde fielen in so großer Anzahl, daß, einige Garderegimenter ausgenommen, keine wirk -21 liche Kavallerie mehr vorhanden war. Zwölf bis vierzehn dieser armen Thiere, waren vor einer Kanone nöthig, und dennoch kamen sie, auf der beeisten Straße, nur schrittweis vorwärts. So langte die Armee endlich zu Smolensk an, und verweilte hier einige Tage lang. Die Verwirrung war grenzenlos, überall ward geplündert und Feuer angelegt. Die vorgefundenen Magazine waren von wenig Belang. Zwey oder drey Portionen Mehl war Alles, was der Soldat erhielt. Die Vertheilung geschah noch überdem in der größten Unordnung, wie sich bei einer solchen Masse leicht erachten läßt. Viele Tausende giengen daher ganz leer aus. Wer aber auch etwas bekommen hatte, konnte doch nur wenig Gebrauch davon machen, weil an keine ordentliche Zubereitung zu denken war. Jeder half sich demnach so gut es gehen wollte, und der Heißhunger würzte den eckelhaften Brey. Munition ward ebenfalls ausgetheilt; allein nur von den wenigsten gefaßt.
Unterdessen war die russische Armee bei Smolensk vorbey, gerade nach Kraznoy marschirt, und hatte daselbst am 16. November Abends ein Lager bezogen, das den Franzosen gewissermaßen den Weg abschnitt. Napoleon war indessen mit einem Theile der Garden noch glücklich vorausgekommen, sonst würde er sicher gefangen worden seyn. Das erste und vierte Korps der französischen Armee, wagte am 17. Morgens den Angriff, ward aber mit großem Verluste geworfen, und konnte der gänzlichen Einschließung nur mit dem Willen der Sieger entgehen. Der Ueberrest verfolgte den Rückzug, wie es im Plane des Fürsten Kutusow lag. Den Tag darauf erschien das dritte Korps unter dem Marschall Ney; dem die Position der Russen bei Krasznoy völlig unbekannt war. Er hielt daher die, ihm gegenüber stehenden Truppen, für eine22 bloße Streifpartey, wieß die an ihn gemachte Aufforderung sich zu ergeben, sehr trotzig zurück, und griff auch in der That fast augenblicklich mit großer Kühnheit an. Allein es dauerte kaum eine Stunde, so war sein ganzes, noch an 15,000 Mann starkes Korps, völlig zerstreut. An eilftausend mußten sich nach und nach truppweise ergeben, er selbst entkam mit genauer Noth, mit einer kleinen Eskorte von hundert Mann. – Hier endigt sich die erste Periode des französischen Rückzugs. Man kann ohne Übertreibung sagen, daß die Armee damals kaum noch 80,000 Mann stark war, worunter höchstens 16,000 noch wehrhaft. Ueberdem hatte sie, mit Ausnahme der Garden, fast gar keine Kavallerie mehr, und überdem auch den größten Theil ihrer Artillerie eingebüßt.
Hauptidee. – Napoleons Rückzug aus Rußland – a. Unmöglichkeit strategischer Operationen – Entschiedene gezwungene Marschlinie nach Smolensk – b. Entsetzliche Lage der Armee – Vernichtung des Materials – Steigende Kälte – Verzweiflung und gänzliche Desorganisation – c. Ankunft zu Smolensk, Mangel an Proviant – Bewegungen der Russen – d. Letzte Versuche einiger französischen Corps, namentlich des von Ney – Völlige Zerstreuung. – – So weit die Skizze. Der Zuhörer hat die Hauptidee von Napoleons Rückzug aufgefaßt, er hat die verschiedenen Punkte der fortschreitenden Erzählung bemerkt; so hat sich ihm ein vollständiges Bild davon eingeprägt.
23Der angenommenen Ordnung gemäß, folgt nun der schildernde Vortrag, Von diesem macht ein verständiger Docent, nur nach der Natur des Gegenstandes, oder bei besonderen Veranlassungen Gebrauch. Jener muß durchaus in der Art dazu geeignet seyn, daß die Masse der Details selbst, in demselben begründet ist, und daraus unmittelbar hervorgeht. Die äußeren Veranlassungen können, auf den Docenten, in so fern einwirken, als er eine Probe seines kunstmäßigen Vortrages geben will. In der That kann sich ein tüchtiger Docent, wenn er auf den Effekt ausgeht, kaum vortheilhafter zeigen, als bei dem schildernden Vortrag. Es ist übrigens zu bemerken, daß es zwey Arten des letzteren giebt, die durch die Zeichnung, und das Colorit, etwas verschieden sind. Wir geben also ein Beyspiel von Schilderungen der niederen Haltung, und ein zweites von denen der höheren, die man beyde in ihrer Art musterhaft nennen kann.
Napoleon fühlte das Gefährliche seiner Lage, und erreichte so mit dem Reste seiner Armee die Berezyna. (Die Penultima ist kurz.) Hier ließ er am 24. Nov. 181224 funfzehn Werste oberhalb Borisow eine Brücke schlagen, worauf der Uebergang bereits in großer Unordnung, seinen Anfang nahm. Keine Viertelstunde, und plötzlich stürzten die, von den Russen heftig verfolgten Seitencorps in wilder Verwirrung, und mit schrecklichem Geschrey hinzu. Artillerie, Bagage, Kavallerie, Infanterie, alles wollte zuerst über die Brücke, alles durchkreuzte, alles verrammelte sich. Tausende wurden von den Kanonen u. s. w. gerädert, Tausende ins Wasser gestürzt, Massen drängten auf Massen, die Schwächern mußten den Stärkern weichen, Soldaten schonten selbst ihrer Obersten nicht. Andere suchten sich durch Schwimmen, oder auf Eisschollen zu retten; versanken aber entweder, oder stürzten von dem hohen steilen Ufer herab. So wechselten die Scenen des Elends unaufhörlich; bis endlich die russische Armee erschien, und die Brücke nebst beiden Ufern zu beschießen anfing. In wenig Augenblicken, stürzte jetzt alles mit schrecklichem Geprassel zusammen, und Tausende fanden nun in den Fluthen ihr Grab. Der Ueberrest ward gefangen, worunter eine ganze Division vom Viktorschen Korps. An zweihundert Kanonen, und eine große Menge Bagagewagen, blieben verlassen auf dem linken Ufer zurück. Hier endigt die zweite Periode des französischen Rückzuges aus Rußland. – In allen von den Franzosen besetzten Gegenden indessen, ward von diesen schrecklichen Unfällen, gerade das Gegentheil bekannt gemacht. Immer wurden noch, neue Siege verkündigt; bis endlich Napoleon’s geheimnißvolle Reise, die wahre Lage der Sachen verrieth. Er selbst hatte seine Equipagen schon längst verloren, und gleiches Schicksal hatten seine vornehmsten Marschälle gehabt. Ein Theil war in die Hände der Kosaken gefallen, ein anderer war auf seinen25 Befehl verbrannt worden; man versichert, daß auch eine Menge vorräthigen Goldes, den Soldaten preisgegeben ward. In großer Eile, und in noch größerer Stille, langte Napoleon in Wilna an; hatte im Posthause eine Unterredung mit seinem Minister Maret, und setzte darauf in einem sehr schlechten Schlitten, seine Reise nach Deutschland fort.
Von diesem Augenblicke an wurde der Rückzug der Franzosen, im eigentlichen Sinne eine militärische Hasenjagd, die aber wegen des damit verbundenen Elendes, in hohem Grade tragisch war. In langen Reihen, mit untergeschlagenen Armen, mit tiefverhüllten Gesichtern, zogen nun Offiziere und Gemeine, in gleich traurigem Zustande hinter einander her. Die meisten waren ohne Schuhwerk, und hatten die Füße mit Lumpen, oder mit Stücken vonTornistern, und alten Hüten umwunden, so gut es möglich war. Dabey hatten fast Alle theils alte Säcke, theils zerrissene Matten, theils Weiberröcke, theils Schafhäute übergehängt, nur um etwas gegen die Kälte geschützt zu seyn. Glücklich, wer ein Stück von einem Pelze erbeutet hatte, doch dieser Wohlthat hatten sich nur Wenige zu erfreuen. Die Uniformen waren fast durchaus so beschmutzt und zerrissen, daß Gemeine und Offiziere, beynahe sammt und sonders, wie ein Haufen Bettler aussahen.
So zogen sie fort, gewöhnlich von neun Uhr Morgens, wo es Tag zu werden anfing, bis Nachmittags drey Uhr, wo die Dämmerung einbrach. Von den Paar Hunderten, die sich etwa zusammenhielten, blieben den Tag über gewiß an 70 – 80 vor Ermüdung zurück. Wer todt hinfiel, ward sogleich von den Nächstmarschirenden, seiner Lumpen, und seiner Baarschaft beraubt. Die meisten lebten von Pferdefleisch, das von den Aesern abgeschnitten wor -26 den war, und Abends am Feuer aufgethaut und geröstet ward. Allein diese eckelhafte Nahrung beschleunigte nur den Tod der Unglücklichen, so daß die ganze Straße, und besonders jedes Bivouac, mit Leichnamen bedeckt blieb.
Unterdessen schwärmten die Kosaken auf allen Seiten, um diese traurigen Banden herum, tummelten ihre Pferde oft mitten in den Kolonnen, und sprengten hohnlachend zwischen den Reihen hindurch. Widerstand zu leisten hatten die Franzosen weder Muth, noch Kraft. Alle hatten die Gewehre weggeworfen, und ließen sich entweder wie Hasen jagen, oder ergaben sich mit blödsinniger Gleichgültigkeit. Der bloße Ruf Kosak verbreitete Todesschrecken; zwey bis drey derselben hielten mehrere hundert Gefangene im Zaum. Diese Gefangenen bildeten, mit den zurückgebliebenen Maroden, eine Masse des Elendes und Jammers, wovon die Geschichte vielleicht kein Bespiel kennt. Von Rauch und Schmutz gebräunt, halb nackend, bis zu Skeletten abgezehrt, mit erfrornen Gesichtern, mit brandigen Füßen, wankten sie, gleich Gespenstern, zwischen ihren todten Kameraden herum; oder saßen bewußtlos auf den Leichnamen, bis der Augenblick ihrer eigenen Erstarrung kam. Auch die Bivouaks der Marschirenden, boten ähnliche Scenen des unnennbaren Elendes dar. Hier sah man ganze Haufen sich um ein spärliches Feuer drängen, diese in wahnsinniger Gier an Leichnamen, oder an ihren eignen Armen nagen, jene bewußtlos in die Flammen kriechen, und den Tod darin finden. Nur die stärksten und kräftigsten Naturen hielten in dieser entsetzlichen Lage aus, und brachten, durch die Plünderung der Verstorbenen, bedeutende Summen an sich.
27Die Hauptidee – Fortgesetzter Rückzug, Ankunft an der Berezyna. a. Uebergang auf einer Schiffbrücke; schreckliche Scenen. b. Erscheinung der Russen; Zerstörung der Brücke, Tod, oder Gefangenschaft. Artillerie, und Bagageverlust. c. Täuschungen, Napoleons Entfernung von der Armee. d. Die entsetzlichen Tagesmärsche; die noch schrecklicheren Bivouacs; schauderhafte Einzelnheiten aller Art.
Unterdessen (1781) war das Carnatic (Ostindien) der Schauplatz aller Greuelscenen des Krieges geworden, Madras füllte sich immer mehr mit Flüchtlingen an, und die Theuerung nahm von Tage zu Tage zu. Vergebens schickte man Schiffe über Schiffe aus Bengalen ab; die Franzosen nahmen sie fast vor unseren Augen weg. Schon wurden wir daher vom schrecklichsten Mangel bedroht, als unvermuthet auf der Rhede, eine achtzig Segel starke Flotte erschien, die den Franzosen unter Begünstigung eines dicken Nebels entgangen war. – Entzückender Anblick! Alles eilte an den Strand; alles wollte die kornbeladenen Schiffe sehen; ein lautes Freudengeschrei erfüllte die ganze Stadt. Der Eintritt, des Regen-Moußons war nahe, gleichwohl zögerte man mit der Ausladung. – Wirklich wurden weder den ersten noch den zweiten Tag, die mindesten Anstalten dazu gemacht. Der dritte28 brach an – Jetzt schien es zu spät dazu. – Schon seit zweimal vier und zwanzig Stunden, hatte man nemlich alle Vorzeichen des furchtbarsten Orkans bemerkt. Aengstlich drängten sich die Kühe auf der Weide zusammen, und stöhnend eilte das Wild den dichtesten Büschen zu. Die Hunde heulten, die Vögel flogen unruhig umher, selbst die Frösche verkrochen sich. Die Blätter des Pipal zitterten, rings am Horizonte schossen feurige Flammen auf, und stoßweise lief der Wind alle Compaßstriche durch. Das Meer schien in seinem Innern zu kochen, und warf eine Menge Seegewächse und Muscheln aus. Unbekannte Ungeheuer ließen sich auf der schäumenden Oberfläche sehen, und mit ängstlichem Geschrei flüchteten sich, von allen Seiten, Sturmvögel und Möwen ans Land.
Am dritten Tage, traten alle diese Vorzeichen, mit verdoppelter Stärke ein. Die Luft war glühend heiß, der ganze Himmel mit dicken, ungeheuren Wolkenmassen bedeckt. Furchtbar zogen sie mit dumpfem Donner-Gemurmel gegen einander, und hellleuchtende Blitze durchkreuzten die zunehmende Finsterniß. Alles war still und schweigend, alles erwartete zitternd den schrecklichen Augenblick. Endlich um sechs Uhr Abends brach der Orkan mit tausend Donnerschlägen los. Die Cocuswälder knickten gleich Binsen zusammen, Hügel von Sand und Steinen, Häuser und Hütten, flogen wie Spreu umher, und in wilden Strömen stürzte der Regen herab. Die Erde erbebte, berghoch thürmte sich die schäumende Brandung des tosenden Meeres empor. Dazu Blitz auf Blitz, Schlag auf Schlag, ein Donner, eine Flamme; als sollte die Welt untergehn. Wenig Minuten, und die Rhede war mit mastlosen, umhertreibenden Schiffen bedeckt. Bald verschwanden sie in den Wellen, bald stiegen sie wieder him -29 melan. Endlich schlugen sie gegen einander, zerschellten, zerbersteten, drehten sich in immer schnelleren, immer größeren Wirbeln, und sanken dann, in einem Augenblicke, in den hochaufbrausenden, schäumenden Abgrund hinab. Gräßlich tönte das Jammergeschrei der Mannschaften, aus den tosenden Wogen empor, und bald war der ganze Strand mit Leichnamen und Trümmern bedeckt.
Die Hauptidee – Untergang einer Proviantflotte vor Madras. a. Lage der Provinz, Mangel, Erscheinung der Flotte, verzögerte Ausladung. b. Naher Eintritt des Regen-Moußons, und Anzeichen des Orcans, an Thieren, Gewächsen, u. s. w. Beschaffenheit der Luft – Drohende Wolken, u. dergleichen mehr. c. Furchtbarer Ausbruch des Orcans: α. An sich, und dessen schreckliche Wirkungen auf dem Lande; β. Auf der Rhede, womit der Untergang sämmtlicher Schiffe verbunden war.
Von dem freien schildernden Vortrage, kommen wir zu dem freien discurirenden, der ebenfalls seine Eigenthümlichkeiten hat. Er ist nemlich vertraulich und einfach, und hat bey weitem nicht die Haltung des erzählenden, am allerwenigsten aber den höheren Ton des schildernden Vortrags. Meistens wird er bei Gegenständen angewendet, die keines anderen fähig sind,30 wo denn derselbe am passendsten ist. Die gute Anordnung der Materie, und die Markirung der Dispositions-Punkte, sind aber gleichfalls eine unerläßliche Bedingung, die kein tüchtiger Docent vernachläßigen wird. Wenn der Zuhörer die Anordnung, und die einzelnen Hauptpunkte gehörig auffaßt, hat das Nachschreiben auch hier keine Schwierigkeit.
Folgende Einzelnheiten über das Einschiffen von Truppen, so wie von Landungen auf feindlichen Küsten werden gewiß willkommen seyn. Vor allen Dingen werden Transportschiffe zusammengebracht, und hierzu theils gewöhnliche Kauffahrer, theils Kriegsschiffe gebraucht. Je nachdem man nun Kavallerie oder Infanterie einschifft, finden folgende Einrichtungen dabei Statt. Um die Pferde plaziren zu können, wird der Raum in gewöhnliche Stände, wie in den Ställen, abgetheilt, doch so, daß immer zwei Reihen Pferde mit den Köpfen gegeneinander gekehrt sind. Es werden Krippen, Futterkästen, Heunezze u. s. w. kurz alles nöthige besorgt. – In den Transportschiffen für die Infanterie, werden nach einem gewissen Systeme, Hangmatten aufgehängt, auch Britschen und Gewehrleisten (Recken) besorgt. Das Pferdefutter wird auf besondern Schiffen mitgeführt; die Provisionen für die Infanterie aber, befinden sich am Bord ihrer Schiffe selbst. – Soll nun die Einschiffung vor sich gehen, so wählt man, wenn es nur irgend möglich ist, Windstille dazu. Die für die Kavallerie bestimmten Schiffe, ohnehin die plattesten, müssen sich dem Ufer so viel als möglich nähern, und werden, wenn dies zu machen ist,31 durch Brükken damit in Verbindung gesetzt. Brauchen sie aber dennoch zu viel Tiefe, so schifft man die Pferde auf Schaluppen ein, die man ebenfalls an die Brükken legen läßt. Die Pferde werden dann mit breiten Hanggurten versehen, an das Schiff hinauf gewunden, in den Raum hinabgelassen, und in ihre Stände gebracht. Zu gleicher Zeit werden sie, wegen der Reibungen, vorn und hinten mit Schaaffellen versehen, und mit verdoppelter Sorgfalt gepflegt. Die für die Infanterie bestimmten Schiffe, nähern sich ebenfalls dem Ufer so weit es möglich ist, worauf die Mannschaft entweder auf Planken an Bord marschirt, oder in Schaluppen eingeschifft wird. Dies alles geschieht nach einer systematischen Ordnung, damit jedes Regiment und jede Kompagnie die, für sie bereits bestimmten Fahrzeuge erhält. Die Soldaten werden hierauf in Kameradschaften abgetheilt, wovon jede ihren Hausrath, ihre Matten, ihre Besen, Lichter u. s. w. erhält. Die Monturen werden ausgezogen, und in Säcken aufbewahrt, die Westen umgedreht, die Hüte u. s. w. mit Mützen vertauscht. Alles dieses erfordert eine genaue Anordnung, und bedarf einer Menge Details, für die der Kommandant sorgen muß. Zu den Pulverschiffen werden vorzugsweise die besten Fahrzeuge gewählt. Der ganze Raum, der zur Aufnahme der Munition bestimmt ist, wird zur Abhaltung der Feuchtigkeit, sorgfältig mit Brettern ausgeschlagen, auch in mehrere Fächer abgetheilt. Die geladenen Bomben werden, jede besonders, in eine Kiste gepackt; das etwaige Feuerwerk wird auf dieselbe Art sorgfältig isolirt. Alle diese Pulverschiffe müssen sich eigener Flaggen (einer gelben u. s. w. ) bedienen, damit man sie sogleich erkennen, und sich immer davon entfernt halten kann. Ueberdem wird niemals Feuer darauf32 angemacht, sondern die Schiffsmannschaft ist auf kalte Kost eingeschränkt. – Endlich sind auch noch eigne Hospitalschiffe, und bei großen Entfernungen, noch besondere Proviantschiffe vorhanden, die man ebenfalls ihrer Bestimmung gemäß einzurichten pflegt.
Was nun die Landungen betrifft, so findet folgende Methode dabei statt. Sobald man sich der feindlichen Küste nähert, werden mehrere Fregatten abgeschickt. Sie haben den Auftrag, die Stellung des Feindes zu rekognosciren, und nach Befinden die Batterien u. s. w. zu beschießen, die er etwa errichtet haben kann. Die Hauptsache ist, daß man den verschanzten Feind auf mehreren Puncten allarmirt, damit er seine Stärke vertheilen muß; eben so, daß man ihn durch Bomben, Kartätschen u. s. w. von den übrigen Kriegsschiffen, so viel als möglich vom Ufer zu entfernen sucht. Während dieser Kanonade, die sehr lebhaft unterhalten wird, und am Ende den Erfolg der ganzen Unternehmung entscheidet, müssen nun die Transportschiffe in einer gewissen Entfernung vor Anker gehen. Die Mannschaft ist bereits zum Ausschiffen bereit, die nöthigen Schaluppen sind ausgesetzt. Man sieht darauf, daß dies alles zu gleicher Zeit geschieht, damit man eine breite Fronte, oder mehrere Glieder, oder wenigstens eine ununterbrochene Linie von Schaluppen bilden kann. Jetzt wird auf eine oder die andere Art vorgerückt, und die Unternehmung durch ein verdoppeltes Feuer der Kriegsschiffe gedeckt. Kommen die Schaluppen in einer breiten Fronte an, so springen die Soldaten einige Klafter vom Ufer in das Wasser, und dann so gut es gehen will, immer en Front an das Land. Rücken die Schaluppen in mehreren Gliedern, oder in einer einzigen schmalen Linie an, so steigt die Mannschaft immer aus33 einer Schaluppe über die andere hinweg. Die Hauptsache ist, daß alles in möglichster Eile, und mit der möglichsten Ordnung geschieht, damit man sich sogleich formiren kann. Es versteht sich von selbst, daß die Gewehre und Patrontaschen vor der Feuchtigkeit verwahrt werden, indem man jene empor halten, und diese auf die Schultern nehmen läßt.
Sobald nun eine gewisse Anzahl Soldaten gelandet ist, wird sogleich mit spanischen Reutern, Wollsäcken u. dgl. eine Verschanzung gemacht, auch werden die übrigen Truppen, so wie die Pferde u. s. w. ausgeschifft. Letztere müssen vorher mit Wasser begossen werden, damit ihnen der Uebergang, aus dem heißen Räume in die freie Luft, nicht gefährlich wird. Man zieht sie auf dieselbe Art aus dem Schiffe, und bringt sie eben so ans Land, wie es oben bei dem Einschiffen beschrieben worden ist. Eine Landung ist allerdings mit vielen Schwierigkeiten verknüpft, und wird nicht immer mit gleichem Erfolge gewagt. Ist die Küste hoch und gut vertheidigt, wird der Feind durch Verschanzungen gedeckt, hat er die Unternehmung vorher gesehen, und daher eine große Truppenmasse dahin postirt; so schlägt die Landung häufig fehl, und der angreifende Theil zieht sich meistens mit großem Verluste zurück. Ist aber die Küste niedrig, und nur schwach besetzt, ist der Feind durch keine Verschanzungen gedeckt, wird er überrascht, und muß er sich wegen seiner Schwäche unverhältnißmäßig ausdehnen; so landet man fast immer mit Leichtigkeit. Das Feuer der Kriegsschiffe bringt nemlich die wenigen Batterien bald zum Schweigen, und richtet unter den frei agirenden Feinden die größten Verwüstungen an.
34Hauptidee. – Truppen-Einschiffung und Landung. – A. Zuerst Einschiffung – Einrichtung der Schiffe. a. Kavallerie b. Infanterie – Einschiffung der ersten; die Einzelnheiten kurz notirt – Einschiffung der zweiten; die Einzelnheiten kurz bemerkt, Andere zur Expedition gehörende Schiffe a. Pulverschiffe, b. Hospitalschiffe, c. Proviantschiffe; bei allen das Nöthigste kurz notirt. B. Landung. 1. Vorläufige Maasregeln; die Angaben kurz bemerkt. 2. Die Landung selbst. α Ausschiffung der Mannschaft; die verschiedenen Arten bemerkt. β. Posto auf der Küste; die Maasregeln notirt. 3. Schwierigkeiten, und ungleicher Erfolg; die Ursachen und Einzelnheiten notirt.
Die Anordnung unserer Abhandlung, leitet uns auf den freien demonstrirenden Vortrag, der ebenfalls häufig vorzukommen pflegt, und bei vielen Gegenständen, mit großem Nutzen für die Studirenden35 angewendet wird. Die Hauptsache ist, daß ein tüchtiger Docent, gehörig zu beurtheilen weiß, wo er davon Gebrauch machen kann. Für den Zuhörer ist diese analytische Entwicklung besonders deshalb sehr wünschenswerth, weil er die Idee von ihrem ersten Ursprunge an verfolgen, mit dem Docenten Schritt für Schritt, geistig fortschreiten, die einzelnen Elemente unter sich ordnen, und, sich zuletzt das Ganze, eben so leicht, als richtig daraus construiren kann. Aus dem Gesagten ergiebt sich nun von selbst, daß der junge Mann streng auf den Anfangs - und Endpunkt merken, und die dazwischen liegenden logischen Glieder, schulgerecht zu verbinden wissen muß.
Wir beschäftigen uns vor Allem mit dem Wesen der Statistik. Staaten an sich betrachtet, sind eigentlich nichts als Massen von Kräften, man mag nun auf den Boden, oder auf die Produkte, auf die Industrie oder auf den Handel, auf die Bevölkerung, oder auf das Nationalvermögen sehen. Das Ganze erscheint immer als ein Aggregat von Potenzen, die sich in beständiger Wirkung und Gegenwirkung befinden, wobei natürlich Lage und Clima, Gränzen und Größe, Fruchtbarkeit und Menschenzahl, Verfassung und Verwaltung, Gesetze und Cultus, Sitten und Gebräuche, Geisteskultur und Nationalität, am meisten aber Verfassung und Verwaltung, Gesetze und Cultus, ebensoviel Bedingungen der verschiedenen Modificationen sind. Um letzteres deutlich zu machen geben wir ein doppeltes Beyspiel. Die Türkey mit ihrer herrlichen südöstlichen Lage, mit ihrem milden Clima, ih -36 rem vortrefflichen Boden, ihren reichen Produkten, ihren großen Handelsflüssen und Handelsküsten, bietet unstreitig eine Masse von sehr großen statistischen Kräften dar. Allein diese Kraftmasse wird bei dem Despotismus der Regierung, bei dem Druck der Verwaltung, bei der Indolenz der Osmanen, und bei dem, alle Culturfortschritte hemmenden türkischen Dogmensysteme, nur sehr wenig benutzt. Dagegen sehe man einmal Nordamerika an. Hier werden die Staatskräfte von Decennium zu Decennium auf eine Art gesteigert, die wirklich höchst merkwürdig ist. Vor Allem, wie viel Aufmunterungen zur Belebung des Ackerbaues! – Unentgeldliche Überlassung des Bodens; vieljährige Steuerfreiheit; Prämien für die Urbarmachung: Beförderung der Einwanderungen auf alle Art. Eben so was Fabriken, Manufakturen, und Handel betrifft. Mit großer Klugheit hat die Regierung die industrielle Thätigkeit, besonders auf die ersten Bedürfnisse, auf die inländischen Produkte, auf die Vertheidigungsmittel des Staats zu richten gewußt. Eben so sorgfältig hat sie den Handel durch mäßige Abgaben, durch bequeme Verbindungen, durch die größtmöglichste Freiheit, so weit es das Staatsinteresse erlaubt, zu befördern gesucht. Endlich beobachtet sie ein Finanzsystem, das alle Bedürfnisse des Staates, deckt, und sogar der Nation einen Reservefond verschafft, ohne für dieselbe brückend zu seyn. Sonach hat die Regierung der vereinigten Staaten von Nordamerika, die Kräfte dieses Staats vortrefflich zu wecken gewußt, und benutzt sie eben so auf die möglichst nützlichste Art.
Man überzeugt sich demnach vollkommen, daß es die Statistik mit der Darstellung der Staatskräfte in allen Verzweigungen derselben zu thun hat. Eine gut37 geschlossene Gränze, eine glückliche Breite, ein mildes Clima, müssen im Grunde eben so gut in Anschlag zu bringen seyn, wie der fruchtbare Boden, der Produktenreichthum, und die starke Bevölkerung. Dasselbe gilt von der Industrie und dem Handel, von dem Militär und der Marine, von der geistigen Bildung, von der Gesetzgebung und Verfassung. Auf alles ist die dynamische Ansicht anwendbar. Diese Kraftmasse aber ist es eben, deren Mechanismus der Statistiker verfolgt, und darzustellen bemüht ist. – Was nun das Verhältniß der Statistik zur Geographie anlangt, so kann zwar nicht geleugnet werden, daß ein großer Theil der statistischen Angaben auch der Geographie angehört. Eben so ist es vollkommen richtig, daß zwar die Geographie ohne die Statistik bestehen kann, während hingegen die Statistik ohne die Geographie gar nicht denkbar ist. Allein demungeachtet steht die Statistik, doch auf einer weit höheren Stufe, als die Geographie, indem sie nicht blos historisch, sondern auch beurtheilend zu Werke geht. Wenn z. B. die Geographie die Grenzen, die Gebirge eines Landes u. s. w. angiebt, wenn sie die Höhe, die Richtung der letztern, und den Lauf der daraus entspringenden Ströme, mit Bestimmung ihrer Größe, Schiffbarkeit u. s. w. beschreibt, so zieht die Statistik aus der räsonirenden Verbindung dieser Daten das Resultat, ob der in diesem Lande begründete Staat, eine vortheilhafte natürliche Lage habe, oder nicht. Wenn die Geographie ferner die Produckte des Landes u. s. w. einzeln aufzählt, so entwirft die Statistik ein Bild von der natürlichen, und durch Fleiß erhöhten Fruchtbarkeit des Staates. So bemerkt sie zugleich die ausgezeichnetsten, die den Nachbarn unentbehrlichsten Erzeugnisse, so giebt sie die fehlenden, die38 von andern einzutauschenden an. Wie endlich die Geographie die nöthigen Einzelnheiten über die Bevölkerung, die Nahrungszweige u. s. w. beibringt, so benutzt die Statistick diese Einzelnheiten, und bestimmt darnach, ob der Staat eine reiche Bevölkerung, und hinlängliche Erwerbsquellen für dieselben hat, ob Fabriken überhaupt, und welche insonderheit vorhanden sind; ob der Staat seine Bedürfnisse selbst befriedigen kann, oder einen Theil davon aus dem Auslande bezieht, oder ob er von seinen Produkten und Fabrikaten an dieses noch abzugeben im Stande ist, u. dgl. mehr.
Was weiter das Verhältnis der Statistik zu der Staatswirthschaft anlangt, so liefert jene der letzteren, eine Beispielsammlung von particulären Staatshaushaltungs-Systemen, wobei sie die Vorzüge der einen, eben so gut, wie die Mängel der anderen heraushebt. Zugleich bestätigt oder verwirft sie die einzelnen Angaben der Theorie, und führt, vermöge ihrer Masse verbürgter Angaben, auf weit sichere Resultate, als die bloße staatswirthschaftliche Speculation. Aus dem Gesagten ergiebt sich also leicht, daß eine Verbindung beider Wissenschaften, für diese selbst von großem Nutzen ist. Verfolgen wir diesen Satz zuforderst in Ansehung der Statistik. Indem nämlich die Statistik aus dem Standpunkte der Staatswirthschaft bearbeitet wird, vergrößert sich ihr Horizont. Sie erhält mehrere und richtigere Ansichten, von dem Zustande des Staats; sie dringt tiefer in das innere Leben derselben, in den innern Alimentations - und Consumtionsprozeß des Staatsorganismus ein; sie entdeckt die Lücken in ihren bisherigen Darstellungen, und füllt dieselben, nach Möglichkeit aus. Eben so nützlich ist aber diese Verbindung auch für die Staatswirthschaft. Diese gewinnt dadurch an Ma -39 terialien, und Umfang, an Autorität und Sicherheit. Ihre Theoreme erhalten eine festere Basis, ihre Axiome größeres Gewicht. Die Einseitigkeit der Spekulation verschwindet; die idealische Ansicht wird berichtigt, überall herrscht Schärfe, Evidenz, und Wahrheit. Man denke nur, wie sehr dem Staatswirthe z. B. eine statistische Übersicht der verschiedenen Steuersysteme, der verschiedenen Zolltarife, des verschiedenen Creditwesens, der verschiedenen Handelsgesetze, kurz der verschiedenen Staatshaushaltungssysteme, und Finanzoperationen überhaupt, nützlich werden muß,
Hauptidee – Wesen der Statistik. A. Eingang a. Staaten sind Massen von Kräften, in beständiger Wirkung und Gegenwirkung, die aber durch verschiedene Umstände modifizirt werden. b. Dies geschieht am meisten durch die Verfassung und Verwaltung, die Gesetze und den Cultus. c. Zur Verdeutlichung des letzteren Satzes, antithetisches Doppelbeyspiel α Türkey, β Vereinigte Staaten von Nordamerika. Die Einzelnheiten notirt. B. a. Bestimmung des Wesens der Statistik. Sie beschreibt die Staatskräfte, und zeigt deren mechanisches Spiel. b. Verhältniß der Statistik zur Geographie. Die erstere nimmt ihre Data aus der letzteren, die ihr unentbehrlich ist. Allein sie steht höher im Range, indem sie nicht blos als historische, sondern auch als pragmatisch-raisonirende Wissenschaft erscheint. Erläuterung durch Beispiele. c. Ver -40 hältniß der Statistik zur Staatswirthschaft. α Sie liefert derselben die Materialien, woraus diese ihre Theoreme ableiten kann. βsie stellt also eine Reihe Beyspiele von einzelnen Systemen der Staatshaushaltung auf. γ Sie berichtigt durch ihre verbürgten Angaben, die Theorien der Staatswirthschaft. d. Verbindung der beiden Wissenschaften, zum gegenseitigen Vortheil. α Der Statistik β der Staatswirthschaften. Die einzelnen Punkte notirt.
Wir gehen nun zu dem freien Vortrage nach einem Handbuche über, wobei es mancherlei zu bemerken giebt. Man kann die sämmtlichen Handbücher über die Universitäts-Wissenschaften, als gedruckte Vorlesungen ansehn, die aber noch verschiedener Zusätze, Erläuterungen u. s. w. fähig sind. Sey es also nun ein Handbuch der Weltgeschichte, oder der Therapie, eines der Pandekten, oder der Statistik, eines des Criminalrechtes, oder der Philosophie, eines der Dogmatik oder der Arzneimittellehre, eines der Kirchengeschichte, oder der Chemie, u. s. w. immer enthält es die Hauptmasse der Wissenschaft, worüber der Vortrag gehalten werden soll. Gute Handbücher, wie man deren gerade auf der hiesigen hohen Schule so viele citiren kann, sind also eben[so] nützlich, als empfehlenswert. Sie erleichtern den Zuhörern das Studium der fraglichen Wissenschaft ungemein; sie ersparen ihnen das oft so mühselige Nachschreiben der scientifischen Hauptmassen, so wie eine Menge Fehler in Namen, Zahlen, Büchertiteln, u. s. w.41 sie dienen ihnen gleichsam als Grundlage, worauf sich fortbauen läßt; sie sind, besonders was die Präparation und Repetition anlangt, von entschiedenem Werth für sie. Weiß nun vollends der Docent das Ganze noch gehörig in’s Licht zu setzen, und die in dem Handbuche gegebenen Massen, mit neuen Ansichten, Notizen, Erfahrungen, Versuchen, u. s. w. zu vermehren; so ist nicht zu läugnen, daß die Vorträge nach solchen trefflichen Handbüchern, die nützlichsten und angenehmsten für die Studirenden sind.
Wiewohl nur der eigentliche Hauptzweck der Kreuzzüge, und der damit verbundenen Ordensstiftungen, endlich die Eroberung und Behauptung des heiligen Landes keinesweges erreicht ward; so kann doch nicht geläugnet werden, daß sie von ebenso umfassenden, als wohlthätigen Folgen für den Occident gewesen sind. (a) Zuerst ward dadurch, der Kriege ungeachtet, zwischen dem Morgen - und Abendlande, ein lebhafterer Verkehr veranlaßt. Dann erhielten, trotz der Eifersucht der einzelnen europäischen Völker, die Verbindungen derselben, eine ungleich größere Ausdehnung. Hierdurch ward der Austausch von Ideen und Kenntnissen vermehrt, und der Nacheifer gewekt. Besonders machten von dieser Zeit an, Ackerbau und Landwirthschaft, Gewerbe, Fabriken, Manufacturen (b) und Künste, so wie der Handel, und die Schiffahrt, ungleich schnellere Fortschritte. Dasselbe gilt von den Wissenschaften, namentlich der Sprachen - und Länderkunde, besonders aber der Poesie. (c) Die königliche und fürstl. Gewalt ward vergrößert, und mit Verbesserung der Gesetze, und der Rechtspflege, ein guter Anfang gemacht. d) Jetzt42 erst bildete sich ein freyer Bürger-und Bauernstand; eben so ward vielen Flecken das Recht der Gemeinheiten ertheilt. (e) Auch der Adelstand erfreute sich einer besseren Organisation. (f) Besonders erhielt das Ritterwesen jetzt Festigkeit und gehörige Richtung. (g) Eine große Veränderung in den Sitten, ein bestimmter Trieb zum Auswandern und Reisen, sind als, eine fernere Folge der Kreuzzüge anzusehn. (h) Endlich ward den inneren Behaftungen und Kriegen, kräftig Einhalt gethan. (i)
Zu diesem Paragraphe werden nun von einem tüchtigen Docenten, ungefähr folgende Erläuterungen, mit freiem Vortrage, zu erwarten seyn. Ad a. Schriftsteller die diesen Gegenstand behandelt haben Pasquier, Meerheim, Maier, Eichhorn, Robertson, Remer, Gibbon, vor allem aber Heeren. Ad b. Asien, Aegypten und Griechenland, diese alten Wiegen der Cultur, sowohl der menschlichen, als der bürgerlichen, trugen am meisten hierzu bey. Theils wurden eine Menge Pflanzen und Früchte, z. B. Salat, Spargel, Petersilie, Kirschen, Birnen, Pflaumen, Aprikosen, Pfirsische, u. s. w. aus dem Orient in das Abendland verpflanzt, theils manche neue Werkzeuge dahin gebracht. (Windmühlen indessen nicht, wie sonst behauptet wird. Dies hat Beckmann S. Beytr. z. Gesch. d. Erfind. 11. 33. sehr gründlich widerlegt.) Noch mannichfaltiger waren die Manufacturwaaren, und die darauf Bezug nehmenden Gewerbe und Künste, sie man dem Orient verdankte. Z. B. die Seidenweberei, Färberei, Juwelierarbeiten, u. dgl. mehr. Auch die Künste machten Erwerbungen von Werth. So die Baukunst, die Malerei, die Bildhauerkunst. Es war besonders der Handel, und die Schiffahrt von Italien, der vorzüglich zu -43 nahm. Am meisten zeichneten sich darin Amalfi, Florenz, Venedig, Genua, und Pisa aus. Ad c. Die Folge davon war das fleißigere Studium der orientalischen Sprachen, die Sammlungen von Ms. die genauere Kenntniß der fremden Religionen, Sitten, und Gebräuche. Sehr viel Stoff fand die romantische Poesie. Ad d. Zu dieser Vergrößerung der königl. und fürstl. Gewalt, trugen besonders folgende Umstände bey. Die Veränderung der Besitzer, die Verminderung der Vasallen, der Ankauf, oder der Anfall von Gütern, u. dgl. mehr. Viele Kreuzfahrer, die Geld brauchten, verkauften ihre Güter, oder verpfändeten dieselben, ohne sie wieder einlösen zu können. Andere blieben in den Schlachten, oder starben an Krankheiten, oder kamen sonst ums Leben, und ihre Besitzungen fielen dem Lehnsherrn anheim. Dann zerfielen auch eine Menge großer in mehrere kleinere, deren Inhaber leichter im Zaume zu halten waren. So verwandelten sich militärische Aristocratien in bürgerliche Monarchien. Zur Verbesserung der Gesetze, u. s. w. trug vorzüglich die größere Kenntniß der griechischen bey.
Ad e. Es waren theils die Begünstigungen, oder erkauften Bewilligungen der Regenten, theils die durch den Handel erworbenen Reichthümer, wodurch das Wachsthum der Städte so sehr befördert ward. So besonders in der Lombardey, seit dem 12. Jahrhunderte, wo sich alle diese Städte eine freie republikanische Verfassung gaben. – Die Ertheilung der Rechte der Gemeinheiten war von den wohlthätigsten Folgen. So größere Ausbildung des Verstandes, Erleichterung der Landescultur, vermehrte Bevölkerung, Beförderung des Wohlstandes, Verfeinerung der Sitten, Sicherung eines gesetzmäßigen bürgerlichen Zustandes, öffentliche Ruhe und Ordnung, Verminderung des aristocratischen Despotismus, u. s. w. — Was die Bildung des Bauern -44 standes anlangt, so fingen in einigen Gegenden die Freylassungen der Leibeigenen, theils gegen eine Geldsumme, theils gegen jährliche Abgaben und Frohnen an. In anderen entschied die bessere Einsicht der Güterbesitzer, die ihren Vortheil dabei sahen, wenn das Land von freien Leuten bebaut ward. In noch anderen Gegenden bewirkte die Freiheit der Städte diese Freilassungen; dann die im Orient deshalb gethanen Gelübde, auch wohl, die mitgebrachte Stimmung zur Wohlthätigkeit. Endlich trug hierzu auch die Furcht vor einem allgemeinen Aufruhr bey. Ad f. Der hohe reiche Adel sonderte sich von dem niederen verarmten ab. Die Geschlechtsnamen und Wappen, deren Werth man im Orient kennen gelernt hatte, wurden im 12. Jahrhundert allmählich gesetzlich begründet, und erblich gemacht, auch durch Diplome ertheilt. Ad g. Miles hieß jeder freie, zu Kriegsdiensten verpflichtete Lehensmann. Die Adelichen, die zu Pferde stritten wurden Cabalarii, (Chevaliers) genannt. Diesen letzteren Namen erhielten gegen das Ende des 11ten Jahrhunderts, alle lehnsfähige Männer, die sich durch ein feierliches Gelübde in ein Institut vereinigten, das der Vertheidigung der Religion, dem Schutze tugendhafter Frauen-Ehre, und dem Beistande aller Hüflosen, Bedrängten, und Unterdrückten gewidmet war. Unläugbar hatten die Araber, Perser, und Griechen, auf die Entwicklung, und den romantischen Geist des Ritterwesens großen Einfluß gehabt. Auch ist gewiß, daß manche neue Form desselben, im Orient entstand.
Ad h. Griechischer Luxus, griechische Verfeinerung, zum Theil auch arabische Pracht, und Sitte, nebst vielen Gebräuchen des Orients wurden von den Kreuzfahrern mitgebracht, und fanden unter den höhern Classen allgemei -45 nen Eingang. Die Fortschritte in der Kochkunst, und im allgemeinen der Tafelluxus, so wie die Pracht in Kleidung, Waffen, Ritter - und Frauenschmuck, Pferdegeschirren, u. s. w. wurden überall bemerkbar. Zur Milderung der Sitten trug auch die Poesie sehr vieles bey. Der weibliche Geist ward zuerst empfänglich für diese Herzenscultur. Von den Frauen aus, theilte sich dieselbe durch die Liebe, auch den Männern mit. Daher die romantische Rittergalanterie. – Was die Auswanderungen anlangt, so waren es die Flanderer, Holländer, Seeländer, und Friesen, alles treffliche Landbauer, die man in Niederdeutschland, und in die slavischen Länder, jen - und disseits der Elbe, an der Havel und Saale einwandern sah. Sie bauten die wüsten und morastigen Ländereien mit vielem Glücke an. – Die Reisen wurden schon deshalb häufiger, weil man die fremden Länder, und die Straßen dahin nunmehr kannte. So Handelsleute, Andächtige, Heidenbekehrer, u. dgl. mehr. Ad i. Die Treuga Dei, oder der Gottesfriede ward genauer beobachtet; eine Menge raubsüchtiger Leute entfernt; dem kriegerischen Geiste eine neue Richtung gegeben, u. s. w. Zugleich wurden alle Befehdungen, auf die Zeit der Kreuzzüge, verboten, und die Personen, wie die Güter der Kreuzfahrer, unter den Schutz der Kirche gestellt.
Die Hauptidee liegt klar vor Augen, die Entwicklung ist gleichfalls sehr genau markirt. Die Zusätze des Docenten folgen sich in deutlicher, volkommner Ordnung. Es ist keine erläuternde Skizze nöthig, der Zuhörer notirt sich, was ihm unbekannt ist, oder wichtig scheint.
46Wir schreiten nun in unserer Darstellung, zu dem freien Vortrage nach einem Compendium fort. Was sich hierüber sagen läßt, stimmt ganz mit dem überein, was oben über die Handbücher beigebracht worden ist.
Der ganze Unterschied besteht blos darin, daß ein Compendium gedrängter, und concentrirter, also weniger umständlich ist, als ein Handbuch; daß es also bey den Vorträgen einer ungleich größeren Menge von Zusätzen, Erläuterungen, Notizen u. s. w als dieses bedarf. Immer aber bleibt ein gutes Compendium, ein sehr schätzbares Hülfsmittel für die jungen Studirenden, sowohl was das Präpariren, als was das Nachschreiben, und Repetiren anlangt.
In allen Ländern, denen die Natur die köstliche Gabe des[Weinstocks] verliehen hat, wird der Weinbau so ausnehmend stark betrieben, daß er unter die wichtigsten Zweige der Landwirthschaft gehört. – Vor allem ist nun zu wissen, welches Clima, und welche örtliche Lage, zur Betreibung eines gedeihlichen Weinbaues erforderlich sind? (A) Dann ist die Kenntniß der so vielfältigen Traubenvarietäten im Allgemeinen, und derer im Besondern nö -47 thig, deren Anbau, in der gegebenen Gegend, mit der größten Vollkommenheit, und dem größten Vortheile betrieben werden kann. (B)
Zu diesem Paragraphen wird nun ein kundiger Docent, ungefähr folgende Einzelnheiten hinzuzufügen im Stande seyn. (A).
1. In den heißen Climaten würde die Möglichkeit des Weinbaues, vielleicht von einer zweckmäßigen Bewässerung, und einer angemessenen Beschützung der Trauben, gegen die Sonnenhitze in den heißesten Tageszeiten, abhängen. Erstere ist in vielen Gegenden Italiens ꝛc. üblich; im Walliserlande, in einigen Lagen um Sion, ungleich häufiger aber im Ital. Tirol, und bereits um Botzen, wo die Lokalität Wässerung gestattet. Auch um Ispahan, der vormaligen Hauptstadt Persiens, zwischen 34 und 35° der Breite, werden nach Olivier die Weinberge gewässert. Von Spanien erzählt Columella, daß man damals, die Weinberge, in den Hundstagen, mit Decken von Palmzweigen versehen habe, um das Verbrennen der Trauben zu verhüten. Fr. Kas. Medicus ökon. Abh. I. 164. Die südlichste Begränzung des Weinbaudistriktes, auf unserer Hemisphäre, geben, so viel mir bekannt ist, die Canarischen Inseln ab, auf denen sich der treffliche Weinbau bis zum 27° der N. Breite erstreckt. Seine nördliche Begränzung ist auf derselben, ungefähr der 50ste Grad. – Weinbau auf dem Vorgebirge der guten Hoffnung, zwischen 33 und 34° der südlichen Breite.
2. Staatswirthschaftliche Würdigung des Weinbaues in den Deutschen Ländern. – Der Weinbau wird, der Erfahrung gemäß, wo er getrieben werden kann, öfters zu sehr ausgedehnt. Da er indessen den Produzenten selten, sondern vorzüglich blos die Weinhändler bereichert, so sollte er nur in den besten Lagen einer Weinbaugegend, am allerwenigsten aber in Ebenen (bey Deutschlands klimatischen Verhältnissen) statt finden. Man sollte es dahin zu bringen suchen, daß die Bewohner von Wein -48 gegenden, die geringen Lagen, oder gar die Ebenen, mehr zu einem zweckmäßigen Acker, und Futterbaue gebrauchten. Dieser würde ihnen einen solideren Gewinn, und eine bessere Existenz gewähren, als der so oft mißrathende, und am Ende doch nur geringe Wein.
3. Geschichte des Deutschen Weinbaues, Anton Geschichte der Deutschen Landwirthschaft I. 106. 409. Wahrscheinlich führten die Römer denselben ein, oder machten wenigstens die Deutschen damit bekannt. Um das Jahr 280 entstanden die ersten Weinberge bey Speier, Worms und Mainz, als Kaiser Probus den Weinbau wieder erlaubte, den Domitian um das Jahr 90 verboten hatte. Aus dem neunten Jahrhundert hat man Nachrichten von Weinbergen, im Breisgau, in Chur, in Handschuhheim bei Heidelberg, und in den Mainländern. Karl der Große verordnet in seiner Wirthschaftsordnung (capitulare de villis), daß die Weinbereitung reinlich seyn soll. Er verbot daher ausdrücklich das Mostern der Trauben mit den Füßen.
B. 1. Die Stammart, von der alle Varietäten entstanden seyn sollen, wird Vitis vinifera genannt. Als eine besondere Hauptart wird von vielen V. laciniosa, die Petersilientraube angenommen. Mit der Entstehung der so vielfältigen Traubenvarietäten, verhält es sich wohl eben so, wie mit jener der Obstvarietäten. Sie sind wahrscheinlich durch Anziehung aus Samen, in vorzüglichen oder besonderen Verhältnissen des Klima, und Bodens entstanden, und durch die Verlängerungsmethode rein fortgepflanzt worden. Höchstwahrscheinlich ist hier ein noch nicht genug benutztes Feld vorhanden, um die Zahl der Traubenvarietäten noch weiter mit Nutzen zu vermehren. Die unter der Benennung Ortlieber bekannte Rebensorte, ist im Elsaß beliebt und verbreitet.
2. Hauptsatz im Rheingau; Der kleine Riesling, und Orleanser, denen Kleinberger beigemengt sind, v. Vorster S. 109; Im Pfälzischen Rheinweingebirge: kleine Rieslinge, Traminer, Ruländer, (nicht selten wird in diesen Gegenden ein vortrefflicher Traminerwein (blos von Trauben dieser Abart) bereitet, wie zu Edenkoben, Simmeldingen u. s. w.) Weißal -49 ben und Oesterreicher (Silvaner) werden in diesen Gegenden für unbedeutende, blos viele Brühe gebende Traubensorten gehalten. Hauptsatz in Franken: kleine Rieslinge, Eblinge (Brauntrauben) Muscateller, Junker u. a. Oesterreicher liebt man um Würzburg und Werthheim, sie sollen in den dortigen Lagen, mit Rieslingen und andern gemischt, einen trefflichen Wein geben.
3. Musterhafte Verordnung der Fürstlich - und Gräflich Löwensteinischen Regierungen, vom 7. November 1804, nach welcher, um dem Werthheimer Weinbaue seinen Ruf zu erhalten, befohlen wird, welche Rebenvarietäten in dieser Gegend, und in welchem Verhältnisse sie angebauet, welche aber, als die Güte des Weines verunedlend, nicht angebauet werden dürfen. (Rieslinge, Elblinge, Oesterreicher, Muscateller, Drollinger, und Junker, werden in dieser Verordnung als gut anerkannt, und sollen angebauet werden, ⅓des Satzes soll immer aus Rieslingen bestehen. Dagegen sind Rothfränkisch, Weißfränkisch, Süß - und Sauerschwarz, Umläurer verboten.) Letztere darf man auf die, in Franken im November üblichen Fechsermärkte, (wo, nach dortiger Sitte, die von Landleuten im Großen gezogenen, bewurzelten Ableger, zum Verkaufe ausgeboten werden) gar nicht bringen. Besonders angestellte Fechserbeschauer müssen darüber wachen, die verbotenen Varietäten confisciren, und die auf die Uebertretung gesetzte Geldstrafe erheben.
4. Dr. Macculloch hat in einer, unlängst erschienenen kleinen Schrift über den Wein angegeben, wie man überall und zu jeder Jahreszeit, und zwar aus Rebensaft, Wein machen kann. Aus den angeführten Versuchen geht hervor, daß die unreife Traube, selbst die Blätter und Ranken, so wie die grünen Schößlinge der Reben, Alles enthalten, was in der reifen Traube den Wein giebt, ausgenommen den Zuckerstoff. Thut man nun diesen hinzu, so ist der, aus jenen Stoffen gewonnene Saft, dem Safte der reifen Trauben gleich, und man macht daraus einen Wein, der sich von fremdem Gewächse nicht unterscheiden läßt. Folgt man dem in der Champagne üblichen Verfahren, so erhält man eine Art von Champagner, der den gewöhnlichen50 Arten in Geschmack und Güte gleich ist, und selbst den Weinen der zweiten Sorte nahe kommt. Läßt man die Gährung auf andere Art vorgehen, so wird der Wein mehr oder minder schwer, und verliert die Eigenschaft zu schäumen. Die Süßigkeit hängt von dem Verhältnisse des beigemischten Zuckers ab. Bei einer andern Behandlung und andern Mischungsverhältnissen, erhält man einen Wein, der dem Mosler, dem Sauterne, dem Montrachet gleichet. Es ist in England der Fall gewesen, daß künstliche Weine dieser Art, selbst von Kennern für ausländische gehalten worden sind. – Auf jeden Fall möchten diese Erfahrungen auch bei uns nicht ganz zu mißachten seyn, zumal in Gegenden, die oft einen Wein hervorbringen, den man (mit mehr Recht als die Franzosen den Rheinwein) le primaire des vinaigres nennen kann.
Die Hauptideen im Compendium. Es sind deren zwey A, und B. A. – 1. Bedingungen des Weinbaues in heißen Ländern, nebst Beyspielen. Jene Bedingungen werden angegeben, wie diese Beyspiele ebenfalls. 2. Staatswirthschaftliche Würdigung des Weinbaues in deutschen Ländern. a. Zu große, folglich schädliche Ausdehnung. b. Hauptfehler ist der Anbau in Ebenen. 3. Geschichtliche Noten über den deutschen Weinbau. Alles excerpirt. B. 1. Ursprüngliche Stammart. Das Wichtigste notirt – 2. Hauptsatz a. im Rheingau, b. in Franken. 3. Wichtige Verordnung. 4. Versuche von Dr. Macculloch. Ueberall excerpirt.
Folgt der freie Vortrag nach einem Grundrisse, oder Leitfaden, wie man es nennt. Ein solcher Entwurf ist füglich als das Geripp eines Compendiums anzusehn. Er deutet, also nur die Hauptideen nebst den unter -51 geordneten, im eigentlichen Sinne, in einer Art von Nomenclatur an. Er besteht also aus lauter Haupt - und Unterrubriken, bey denen aber die systematische Ordnung unerläßlich ist. So erfordert er demnach, eine sehr ausführliche Darstellung des Docenten, die der Zuhörer sorgfältig auffassen, und der er in allen ihren Einzelnheiten folgen muß. Ein guter Grundriß ist nicht so leicht zu entwerfen, als es scheinen mag. Der Docent muß nemlich das Ganze seiner Wissenschaft zu übersehen, anzuordnen, und zu runden im Stande seyn. Dies vermag er nur dann, wenn er vollkommen Meister seines Stoffes ist.
Englisches Manufakturwesen – Hauptartikel: Baumwollenwaaren – a. Einfuhr vom rohem Stoff, Ausfuhr vom verarbeiteten – b. Fabrication – c. Hauptfabriken – d. Große Cattundruckerei von Grant – Einzelnheiten.
Ein tüchtiger Docent wird nun hierüber folgende Erläuterungen zu geben im Stande seyn.
In keinem Zweige der Betriebsamkeit, sind in den letzten Jahren, so viele und bedeutende Fortschritte in England gemacht worden, als in der Fabrication der Baumwollenwaaren. Von 250,000 Säcken roher Baumwolle, die man ehemals verarbeitete, ist der jährliche Bedarf auf 1,000,000 gestiegen. Die Ausfuhr der daraus fabricirten Artikel belief sich vergangenes Jahr auf mehr als 368½ Mill. Gulden. Die größten Verbesserungen wurden unstreitig, zuerst in den Spinnmaschinen gemacht. Zuletzt kamen noch die Webemaschinen hinzu, womit man eine ungeheure Menge glatter Stoffe sehr[wohlfeil] verfertigen kann. In Glasgow allein zählt man 52 Spinnmaschinen mit 511,200 Spulen. Die Menge der jährlich daselbst zubereiteten Baumwollenstoffe, beträgt 110 bis 120,000,000 Yards. Webemaschienen zählt man sechszehn,52 mit 2380 Stühlen, die wöchentlich 8200 Stücke Cattun liefern. Ueberdies rechnet man 18 Cattundruckereien, und 35 Calandermaschinen, die bisweilen 268,800 Yards täglich Calandern, und 552,000 Yards dressiren, wozu eigene Dressirmaschinen vorhanden sind. Eben so ausgedehnt ist dieser Industriezweig in andern Theilen Englands und Schottlands, namentlich aber in Manchester. Unter den Cattundruckereien ist jene der Gebrüder Grant, in der Nähe von Bury, in Lancashire, vielleicht die größte in der Welt.
Diese Druckerei besteht aus vier großen Gebäuden, wovon jedes 246 englische Fuß lang ist, die zusammen ein Viereck bilden, und in der Mitte einen, nahe an 54,000 Quadratfuß haltenden Raum, einschließen. Alle diese Gebäude sind drei Stock hoch, und haben nahe am 500 Fenster. Mehrere Theile davon sind Feuerfest gebaut. Die Grundlage besteht aus schweren Steinmassen, und ist so gut zusammen gekittet, daß kein Wasser durchdringen kann. In der Mitte des, zwischen den vier Hauptgebäuden eingeschlossenen Raumes, steht ein anderes vierstöckiges Gebäude, das 36 Quadratfuß mißt. Im obern Stocke gewährt dasselbe, mit Hülfe von Spiegeln, eine Aussicht in das Innere aller Gebäude, so daß man zu jeder Zeit wissen kann, ob die Arbeiter beschäftigt sind. In demselben Hause ist eine Uhr angebracht, die so eingerichtet ist, daß jeder Arbeiter, ohne seinen Posten zu verlassen, die Stunde sehen kann. Wasser ist hinlänglich vorhanden, um mit einem Fall, zwanzig Waschräder, und zwei große Maschinenräder zu treiben. Drei Dampfkessel dienen zum Erwärmen der Dung - und Farbgefäße, wovon sechszehn vorhanden sind. Da dieses große Werk am Flusse Yrwell liegt, so haben die Eigenthümer den Grund der Gebäude, tiefer als das[Flußbett] legen lassen, damit dasselbe vom Wasser umströmt werden kann. Der dadurch entstandene Graben ist acht Fuß tief, ziemlich breit und schützt das Gewerk vor Einbruch. Man nimmt an, daß täglich 1000 Stücke Cattun darin gedruckt werden. Diesen Angaben zufolge ist es augenscheinlich, daß die Baumwollen-Manufakturen Englands, und die damit verwandten Zweige, eine Ausdehnung erhalten haben, wovon man in andern Ländern keinen Begriff hat.
Hier bedarf es nichts, als daß der Zuhörer dem Faden des Entwurfes folgt, und sich über die markirten Rubricken notirt, was ihm wichtig scheint.
Wir schließen nun mit einigen Bemerkungen über den freien Vortrag nach Dictaten, womit denn alle zehn Arten, die der freie Vortrag an sich zuläßt, von uns abgehandelt worden sind. Dictaten sind im Grunde nichts als ein Nothbehelf, womit der Docent den Mangel an einem Compendium ersetzen will, damit der Zuhörer doch wenigstens eine Grundlage für die Materie hat, die in jeder Stunde abgehandelt werden soll. Dieses Dictiren ist freilich ebenso langweilig, als zeitraubend, mag aber freilich in einzelnen Fällen kaum zu vermeiden seyn. Mancher Docent z. B. findet kein Compendium, und keinen Grundriß, der ihm Genüge thut. Ein anderer mag, oder kann dergleichen nicht schreiben. Ein dritter findet vielleicht keinen Verleger dazu. Ein vierter fürchtet die Censur, oder gar die Critik, und was der Ursachen weiter sind. – Der Zuhörer hat bey dergleichen Dictaten, blos dasselbe zu beobachten, was oben bey den Kompendien gesagt worden ist. Sie sind ja im Grunde nichts anderes, als Paragraphen eines Lehrbuches, das aber nur im Manuscripte existirt.
Der Vortrag nach Heften, sonst auch der Lesevortrag genannt, pflegt bekanntlich, auf allen deutschen Universitäten, der vorherrschende zu seyn. Dies hat seine ganz natürlichen Ursachen, so daß man sich darüber nicht wundern darf. Einmal ist der freye Vortrag nur sehr wenig Docenten verliehen. Warum? Weil er ursprünglich eine Naturgabe ist, und weil diese einer sorgfältigen Ausbildung, und einer vieljährigen Uebung bedarf, wenn man es darin, nicht nur zu einer gewissen Fertigkeit bringen, sondern sich auch in jeder Hinsicht auszeichnen will. Es gehört vor allem ein gutes Organ, eine reine, deutliche, feine Aussprache, und eine große Lebendigkeit des Geistes, also ein reicher Ideenfluß dazu. Zugleich muß ein solcher Docent, seinen Stoff durchaus zu beherrschen wissen, und der Sprache in hohem Gerade mächtig seyn. Dieß alles ist aber, wie gesagt, nur wenigen gegeben, weil es eine äußerst glückliche Organisation voraussetzt, die unter fünfzig Individuen, kaum einem zu Theil wird.
Wir gehen nun zu der zweiten Ursache über, warum der freie Vortrag auf unseren Universitäten so selten gefunden wird. Diese ist ebenfalls ganz natürlich, indem sich dieser Vortrag, auf den größten Theil der academischen Vorlesungen nicht füglich, man könnte wohl sagen,55 gar nicht anwenden läßt. Dies gilt von den meisten, wo nicht von allen Fächern der theologischen, juristischen, und medicinischen Facultät. Dagegen sind es die meisten Fächer der philosophischen, wo er eben so passend, als erfreulich, und von entschiedener Wirkung ist. Wenn hier der kalte, schläfrige, einförmige, und trockene Lesevortrag, den Zuhörer langeweilt, ermüdet, abstößt, ja häufig narkotisch auf denselben wirkt; so ergreift ihn dagegen der freie, seelenvolle, lebendige, und aufregende Vortrag außerordentlich, so daß er davon, im eigentliche Sinne begeistert und elektrisirt wird. Indessen, kann auch die Art und der Ton eines Lesevortrages sehr verschieden, und also bald mehr, bald weniger von Wirkung seyn.
Uebrigens geschieht es häufig, daß Docenten den Lesevortrag selbst dann anwenden, wenn sie sogar ein Handbuch, Compendium, u. s. w. zu Grunde zu legen gewöhnt sind. Wenn also ein solcher Docent den Paragraphen aus dem gedruckten Buche abgelesen hat, legt er dieses weg, nimmt sein Heft zur Hand, und ließt nun auch die Erläuterungen, Zusätze u. s. w. daraus ab. Die Ursache hiervon ist bei den einen Aengstlichkeit, bei den andern zu große Bequemlichkeit. Wie sich nämlich ein Docent im ersten Jahre gewöhnt, so bleibt er sein Lebelang. – Der Zuhörer hat bey den Lesevorträgen, sowohl im Allgemeinen, als im Besonderen, dasselbe zu beobachten, was in Ansehung des Auffassens der Hauptidee, dem Nachfolgen, u. s. w. bereits oben, bey dem freien Vortrage gesagt worden ist. Zum Ueberflusse indessen, theilen wir auch hier, ein kurzes Beyspiel mit.
Wir kommen nun zu den besonderen Schulen, die man in neueren Zeiten für die einzelnen Theile der Staatswirthschaft errichtet hat. Allen diesen Schulen geht die allgemeine, nur auf einer Universität mögliche Bildung, und den meisten derselben eine gründliche Erlernung der Hülfs - und Vorbereitungswissenschaften ab. Schon Rüdinger, und, später L. W. Medicus, und Andere, waren der Meinung, daß Landwirtschaftsschulen unnöthig seyen, weil der theoretische Unterricht auf Akademien sehr gut gegeben, und Practiker doch nur bei Practikern gebildet werden könnten. Wenn man aber auch annehmen will, daß sich mit solchen Schulen practische Anschauung verbinden läßt, so ist doch soviel gewiß, daß der allgemeine theoretische Unterricht derselben, fast nie jenem auf Universitäten gleich kommen kann, und nicht selten der Vortheil, welcher aus der Verbindung der Theorie mit der Praxis hervorgeht, durch die unvermeidliche, in den Localitätsverhältnissen gegründete Einseitigkeit der letzteren, wieder aufgehoben wird.
Am wenigsten scheinen Ackerbauschulen in gut bebauten Ländern, und in solchen Gegenden nöthig zu seyn, in welchen die Bevölkerung, und die Theilung des Grundvermögens so weit gediehen sind, daß man selten große Landgüter antrifft, und daher die, zwischen Arbeitern und Eigenthümern stehende Mittelsperson des Wirthschaftsverwalters, welche man in Ackerbauschulen bilden könnte, unnöthig geworden ist. Uebrigens haben jene Institute noch mehr für sich, die, wie zu Mögelin und Tieffurt, den practischen Unterricht in der Schule, mit Universitätsvorträgen verbinden. Den Forstschulen stehen weniger Hindernisse entgegen, als den Ackerbauschulen, und man hat deren auch häufig errichtet. Doch ließe sich vielleicht der Ausweg treffen, daß man den theoretischen und practischen Unterricht ganz trennte, ersteren auf der Universität, und letzteren durch Oberförster, die in jeder, sich durch Holzart und Bewirtschaftung auszeichnenden Gegend, eigends dazu aufgestellt werden müßten, ertheilen ließ. Bergwerksschulen sind dagegen zu billigen, weil57 die Vorbedingungen des Unterrichtes, als: mineralogische Cabinette, chemische Laboratorien u. s. w. ohnedies in der Nähe der Bergwerke vorhanden sind, oder leicht angelegt werden können, auch in dieser Lehre, der theoretische Unterricht ohne practische Anschauung, sehr unvollständig bleibt. Polytechnische Schulen, (wie z. B. in Paris und Wien) können blos die Vorbedingungen, und die Technologie überhaupt lehren, aber schwerlich jedes Gewerbe ins practische Detail verfolgen. Uebrigens hat sich die Pharmacie, welche gleichfalls als ein Theil der Technik betrachtet werden kann, lange schon eigener Lehrinstitute zu erfreuen gehabt. Handelsschulen, wie sie in den meisten großen Handelsstädten bestehen, können sich nur mit der allgemeinen Handelswissenschaft abgeben, und müssen die Erlernung des Eigenthümlichen jeder Handlung, das aus der Verschiedenheit der Waaren hervorgeht, der Ausübung überlassen. Für den Finanz - und Polizeybeamten ist der akademische Unterricht, sowohl in seinen Hauptfächern, als auch in der Volkswirthschaftslehre vollkommen hinreichend. Will er sich mehr im Practischen umsehen, so thue er es auf dem Felde, in berühmten Werkstätten, auf Reisen u. s. w. Eigene Cameralschulen, wie z. B. früher in Lautern eine bestand, sind dann überflüssig.
Dieser Vortrag ist so deutlich, und zugleich so gut geordnet, daß der nachschreibende Zuhörer, das Ganze mit der größten Leichtigkeit fassen kann. Also – Spezialschulen – Allgemeine Bemerkung. – a. Landwirthschaftsschulen b. Eigentliche Ackerbauschulen c. Forstschulen d. Bergwerksschulen e. Polytechnische Schulen. f. Handelsschulen – Schlußbemerkung.
Was zuerst das Anlegen der Hefte betrifft, so ist dabey folgendes bemerkenswert. Man thut am besten, wenn man dieselben, auf gutem starkem, mittelfeinen Papier, und in lauter halben Quartbogen schreibt. So lassen sich dieselben beym späteren Binden besser heften, und so kann man leicht eine Lage, ober auch mehrere im Nothfall umschreiben, ohne daß man einen ganzen Fascikel, von 4 – 6 in einander gehefteten Bogen, zu zerreißen braucht. Alle diese Lagen müssen hinten einen kleinen, etwa einen Nagel breiten Bruch haben, damit man dieselben, etwa zu zwey Alphabeten, bequem einbinden lassen kann. Eben so müssen sie einen, wenigstens zwey starke Finger breiten Rand bekommen, damit man die Zusätze, Emendationen, u. dgl. bequem und deutlich zu notiren vermag. Gute, schwarze Dinte versteht sich von selbst, also erwähnen wir dies nur im Vorbeigehn. Die äußere Einteilung der Hefte, muß dem Gange des Vortrages angemessen seyn. Es ist daher am besten, wenn man dieselben nicht nach den Stunden, wie manche Zuhörer zu thun pflegen, sondern nach den Materien niederschreibt.
Gehen wir zu dem Schnellschreiben der Hefte über, so bieten sich darüber folgende Bemerkungen, dar. Das schnelle Nachschreiben wird befördert, indem man, erstens die Ideen concentrirt, oder zweitens, die Wörter abbrevirt. Wir fügen auch von diesen beiden Arten passende Beyspiele hinzu.
Das Algierische Raubsystem. – Nach den besten Berichten sind die Räubereien der Algierer, nicht sowohl die Folge des Christenhasses, als der dringenden Nothwendigkeit. Die Bezahlung der türkischen Truppen, folglich die ganze Existenz der Regierung, und selbst das Leben des Dey’s, hängt von dem Ertrage dieser auswärtigen Hülfsquellen ab. Die Capereien finden theils für Rechnung des Dey’s allein, theils einzelner Großen statt, die entweder die Rais, d. h. Schiffscapitäne selbst sind; oder mit diesen in Verbindung stehn. An diesen Privatpriesen hat jedoch der Dey, einen bestimmten Antheil. Bey einem Kreuzzuge gegen die Algierer, wie überhaupt gegen alle Barbaresken, kommt, die Sache öconomisch genommen, für die einzelnen Nationen eigentlich nichts heraus; es müßte denn die Ermordung des Dey’s u. s. w. seyn, was aber fast nie eine Veränderung des Systems zur Folge hat. Man muß am Ende doch wieder Friede schließen, und unterdessen hat man einen Theil der Frachtfahrt eingebüßt. Die Schweden kommen mit ihren sogenannten Geschenken an Eisen, Pulver, Kanonen, Kugeln, Schiffsbauholz u. s. w. noch am wohlfeilsten ab. Die Amerikaner haben sich durch ihre großen Fregatten furchtbar, zugleich aber auch durch ihre spanischen Piaster beliebt gemacht. Am verächtlichsten ist die sardinische Flagge; diesee Hof wird daher unaufhörlich ge -60 brandschatzt. Die Feigheit und Ungeschicklichkeit so vieler italienischen Schiffspatrone, erleichtert übrigens den Algierern ihr Handwerk so sehr, daß sie fast zum Sprüchworte dient. Die Algierer manoeuvrieren nicht immer ganz schulgerecht, aber mit vieler Gewandheit, und Kühnheit. Bey größeren Reisen, über die Straße hinaus, nehmen sie meistens freye französische, oder englische Seeleute, gegen reichliche Bezahlung in Dienst. Sonst aber ziehen sie, im Mittelmeere, spanische und neapolitanische Renegaten vor. Im Allgemeinen recrutirt sich die algierische Marine aus der ganzen Türkey, besonders aus den Häfen Trebisonde, Dulcigno und Smyrna. Neben der Raubbegierde wirkt nicht selten auch der Christenhaß ein. Den berühmten, d. h. den glücklichsten Anführern strömen dann die die Matrosen vorzugsweise zu. Bey der Berathschlagung über den Angriff eines Schiffes, giebt jeder, vom Höchsten bis zum Niedrigsten, seine Stimme ab. Ein einziges Ja kann gegen alle entscheiden, so daß die Jagd sogleich beginnen muß. Umgekehrt aber ist dies nicht der Fall.
Dieses Raubsystem ist minder die Folge von Fanatismus als der Noth. Die Bezahlung der türkischen Truppen davon, sonst Aufruhr und Ermordung des Dey. – Die Raubzüge entweder für Rechnung des letzteren selbst, oder seiner Großen – Von allen Prisen aber, jener seinen bestimmten Theil – Die Kriege gegen die Barbaresken von keinem Vortheil; kosten mehr als die Geschenke, überdem leidet die Frachtfahrt. – Die Schweden kommen wegen ihrer Schiffsmaterialien am besten mit den Algierern aus – Am verächtlichsten ist die Sardinische Flagge – Gewandte Manoeuver – Ueber die Straße von Gibraltar hinaus, englische, oder französische Steuerleute – Im Mittelmeer61 spanische, und neapolitanische Renegaten – Ihre eigenen Recrutirungen aus Dulcigno, Trebisonde und Smyrna.
Genuesische Industriezweige. – Noch immer stehen die Sammtfabricken, unter denselben oben an. Hierzu trägt unstreitig die, den hiesigen Sammten eigenthümliche Schönheit der Farben bey. Besonders zeichnen sich, in dieser Hinsicht, die schwarzen, scharlach, und dunkelgrünen aus. Einige Kenner fügen noch die carmoisinrothen und violetten hinzu. Um die Farbengluth der genuesischen Sammte recht beurtheilen zu können, muß man dergleichen im Stücke, neben Lyonern, und andern sehn. So glänzt ohngefähr der Diamant neben dem böhmischen Glasfluß. Dabey haben diese schönen Sammte, noch den Vorzug einer fast unverwüstlichen Dauerhaftigkeit. Von den großen Fabriken werden häufig bedeutende Bestellungen, selbst nach dem Oriente, ausgeführt. Auch die genuesischen schwarzseidenen Strümpfe und Bänder, stehen noch immer in verdientem Ansehen. Die meisten dieser Fabricken sind übrigens nicht in der Stadt befindlich, sondern über das ganze Gebiet zerstreut. Dies, mit der äußerst einfachen Lebensart der Arbeiter verbunden, trägt natürlich zur Wohlfeilheit der Fabrikate bey. Was die ehemals so berühmten Handschuhfabricken, so wie die von künstlichen Blumen anlangt, so leiden sie, bei der allgemeinen Verbreitung dieser Arbeiten, allerdings etwas. Indessen übertreffen die genuesischen parfümirten Handschuhe Alles, was man anderwärts in dieser Art finden kann. Eben so die parfümirten künstlichen Blumen, besonders Rosen, und Nelken; Orangenblüthen, und Hyacinthen, so wie der Jasmin. – Unter den übrigen bemerkenswerthen Industriezweigen von Genua, heben wir die Macaroni - und Nudelfabricken aus. Diese arbeiten für ganz Oberitalien, so wie für das südliche Frankreich; das Fabricat ist unter dem Namen „ Pasta di Genova “62bekannt. Dann folgen die Papier - und Seifenfabricken, deren Absatz besonders nach der Levante bedeutend ist. Die genuesischen Papiere, werden nämlich seit mehreren hundert Jahren, theils zum Geschäftsgebrauch, theils für die Harems, (zu allerhand, Spielereien, wie Ausschneiden u. s. w. ) gesucht. Eben so wird die genuesische Seife, vorzugsweise, in den türkischen Wollfabriken, und gemeinen Bädern gebraucht. Zugleich werden sehr viel parfümirte Seifenkugeln, für die Harems, auch für die vornehmen Frauenbäder versandt. Endlich gehen auch die genuesischen Früchte, und trockenen Confituren, wie Nüsse, Orangen, Cedras, Citronen, Pistacien, Feigen, u. s. w. durch die ganze Levante, so wie nach dem nördlichen Europa, in sehr großen Parthien.
Die ersten – die Sammtfabricken. Ursache a. die Schönheit der Farben, besonders schwarz, scharlach, dunkelgrün, auch violett und carmoisin – Vergleichung mit den Lyonern, zu letzterer Nachtheil. b. Dauerhaftigkeit. So selbst nach dem Orient – Hierauf 2. die Fabricken von schwarzseidenen Strümpfen und Bändern – Die Arbeiter alle auf dem Laude, leben sehr einfach. So Wohlfeilheit. – Dann 3. Handschuhfabricken, und die von künstlichen Blumen nicht mehr so blühend. Doch die parfümirten Artikel von beiden einzig in ihrer Art. Unter letzteren Rosen, Nelken, und Jasmin, so wie Hyacinthcn und Orangenblüthen, besonders bemerkenswerth. Weiter 4. Macaroni und Nudelfabricken (Pasta die Genova), für ganz Oberitalien und das südliche Frankreich. 5. Papierfabricken nach der Levante α Geschäftsgebrauch β Harems zu Spielereien. 6. Seifenfabricken a. grobe – Levante, Wollarbeiten und ge -63 meine Bäder b. Feine parfümirte – Harems, und Frauenbäder. 7. Früchte und trockne Confituren, – Levante und Nordeuropa.
Eine sorgfältige Vergleichung wird hinreichen, um zu sehen, worin die Kunst der Concentration eigentlich besteht. Eben so wird einige Uebung den jungen Zuhörer in den Stand setzen, hierinn bald die nöthige Sicherheit zu bekommen, zumal wenn er dem Gange der Vorträge, gehörig zu folgen versteht.
Wir hatten von England nach Portugal eine eben so schnelle als angenehme Ueberfahrt. Schon am zehnten Tage, mit Sonnenaufgang, erblickten wir den Felsen von Lissabon, und liefen bald darauf in den Tajo ein. Noch einige Stunden, und wir ankerten Belem gegenüber, ungefähr zwanzig Minuten vom Ufer entfernt. Unterdessen hatten wir, von dem Verdecke unseres Schiffes, eine wahrhaft entzückende Aussicht auf Lissabon gehabt. Es ist ein ungeheures Amphitheater, das sich am rechten Ufer des Tajo, theils unmittelbar an demselben, theils auf einer Reihe von Hügeln hinzieht. Längs des ganzen Umfanges der Stadt, macht der Strom eine riesenhafte Krümmung, und wälzt seine gelblichten Fluthen an den Kays und Plätzen derselben hin. Eine Menge Palläste, Kirchen, und Klöster, erheben sich aus der unübersehbaren Häusermasse, deren glänzender, weißer Anstrich das Auge besonders an sich zieht. Alles was der Fremde nur erblicken mag, kommt ihm neu und südlich vor. So die leichten, zierlichen Balcone mit Sonnendächern, und die hohen breiten Fenster, mit Gitterläden versehen; dann die Blumen und Gesträuche, die auf den Terrassen und platten Dächern blühn;64 endlich die Orangenbäume, amerikanischen Aloen, und brasilianischen Palmen, die einen Theil der Vorstädte umgeben. Alles versetzt den Beschauer in eine neue Welt. Nicht minder staunt er diese fremden, schwarzbraunen Gesichter, mit ihren brennenden Augen, starken tiefen Zügen, und lebhaftem Minenspiel an. Als wir die Anker geworfen hatten, erschien wie gewöhnlich die Gesundheitskommission. Diese Förmlichkeit ward indessen in wenig Minuten abgethan. Ich fuhr sogleich ans Land, und begab mich in unser Lager, das im königlichen Park von Belem aufgeschlagen war. Hier nahm ich von meinem Zelte Besitz, und suchte dann, da es gerade Essenszeit war, den Regimentstisch auf. Meine Cameraden hatten nämlich denselben in ein altes, verfallenes Haus verlegt, das sich in dem Bezirke des Lagers befand. Einer unserer Soldaten geleitete mich dahin.
Am folgenden Morgen machte ich mit einigen Cameraden, eine Partie nach Lissabon. Der Weg läuft von der Brücke von Alkantara, immer durch die Vorstädte hin, eine einzige große lange Straße, voll Gewühl und Lebendigkeit. Die malerische Kleidung der Landleute, die Calesins mit bebüschten Maulthieren bespannt; die Ochsenkarren, plump, und quitschend, wie zu der Römer Zeit, die langen Züge von beladenen Mulos (Maulthiere) mit ihren kupfernen Glocken; die Wasserträger und Limonadenverkäufer; die Mönche und Geistlichen von jeder Farbe und jeder Art, die Neger und Negerinnen, bald halb nackend, bald in Livreen und Modetracht. Alles war neu, befremdend, und karakteristisch für mich. Auf dem kleinen St. Paulsplatze traten wir endlich in ein zierliches Kaffeehaus. Es hatte die Aussicht auf den Kay und den Hafen; beide lagen in vollem Sonnenschein. Alles war hier Leben, Bewegung, und Fröhlichkeit. Während wir unser Frühstück einnahmen, sahen wir dem regen Getümmel mit großem Vergnügen zu. Gleich unter unserem Fenster befanden sich fünf bis sechs marokkanische Lastträger, deren es in Lissabon eine ziemliche Anzahl gibt. Ihre herkulischen Gestalten, ihre braunen, afrikanischen Gesichter, und die ungeheuere Stärke, womit sie die schwersten Ballen aufluden und forttrugen, alles setze uns wahrhaft in Verwunderung. Der Hafen selbst bot ein äußerst lebendiges65 Schauspiel dar. Zwischen dem unübersehbaren Mastenwalde, bewegte sich nemlich eine Menge Boote und Barken von allen Formen hin und her, Ihre großen, schönen Segel, ihr äußerst zierliches Takelwerk, und ihre rüstigen Ruderer, fesselten unsere ganze Aufmerksamkeit. Am Kay selbst drängten sich hunderte von Menschen zum Einschiffen, theils nach den benachbarten, theils nach den entfernteren Vorstädten, Alcantara und Belem. Dieser bunte Haufe mit den mannichfaltigsten Gruppen, Bewegungen und Farben, ergötzte uns ungemein.
Fht. v. Egld. n. Ptgl. 10 T. Ank. Ans. Amphit. rchs. Uf. – Rsnhft. Krmg, d. Stms., lgs. d. Std. Mg. Plst. Kch. Klst. Glzdwß. Astrh. – Nht. Sdl. Blon. mt. Sndohr. brt. Fstr. mit Gitldn. Blm. Gstch. äs. Trß. u. plt. Dchr. Orgnbm. Amesch. Aln. Brsl. Plm. Ne Wlt – Schwzbr. Gscht. brd. Agn. stk. tf. Züg. lbhft. Minsp. – Gsdhtscom – Ld. – Lgr. – Rgtstsch. – Pt. n. Lßb. Bk. Alcant. Gß, lg. Strß. Gwhl. Lbgkt. Mlsch. Kldg. d. Ldlt. Cal. bbscht. Mlth. Ochskrn. MulsZüg. Wsstrg. Ldenvkf. Mche. u. Gstl. Ngr. u – nn. – Zlch Effh. Außt. Mksch. Lsttrg. Hrcl. Gstlt. afkn. Gscht. Stk. Hfn. Mstnwld. Bkn. mchftg. Frm. Sgl. Tklw. Sgd. Rudr. Ky. Eschff. Grpn. Bwgg. Ebn. Egtzl.
Die Lage von Aegypten ist bey weitem ganz anders, als sie von den Emißarien des Pascha geschildert wird. Diese malen freilich alles ins Schöne, um nur immer mehr Opfer der Leichtgläubigkeit in dieses Land zu ziehen. Mehemet Ali ist der einzige Grundbesitzer, der einzige66 Eigenthümer aller Pflanzungen, der einzige Fabrickherr, der einzige Handelsmann darin. Ja niemand kann, und darf Immobilien haben, oder irgend ein Gewerbe treiben, als mit seiner Genehmigung. Alle Pflanzungen, wie alle Fabricken, und Manufakturen, sind mit Frohnarbeitern besetzt, die unter dem Stock und der Peitsche stehen. So wird weiter das Brod, u. s. w für Rechnung des Pascha, und zu dem von ihm bestimmten Preise verkauft; so bezieht er von jedem Eimer Nilwasser, der in die Häuser getragen wird, ebenfalls einige Paras; so bekommt er für die Cisternen in Alexandria, ein sehr hohes Pachtgeld; so erhebt er von jedem Hause, das vermiethet oder neu gebaut wird, gleichfalls einen Tribut; so hat er das Monopol des Reises, der Baumwolle, des Weizens, und aller Landesprodukte überhaupt; so bezieht er von dem Verkaufe, oder dem Vermiethen jedes Sclaven, jedes Kameles, jedes Pferdes, und Esels, einen ansehnlichen Voraus; so hat er endlich alle Kleidungsstücke, alle Geräthe, u. dgl. mit einer Stempelabgabe belegt, die ihm jahrlich eine ungeheuere Summe einträgt. Rechnet man nun noch die hohen Zölle, die großen Hafenabgaben, und die Erpressungen aller Art hinzu, so wird es leicht begreiflich, wie dieser Despot so große Summen, auf die Eroberung von Morea wenden kann. Die vielen Abentheurer, die er nach Aegypten gezogen hat, sind bei allen Vortheilen, die sie ihm verschaffen, dennoch der Gegenstand seiner geheimen Verachtung. Eben so die fremden Consuls, mit Ausnahme des französischen und englischen, wozu er bei jenem, wegen seiner politischen Pläne, bei diesem durch die Furcht bewogen wird. Beide behandelt er daher mit gleicher Auszeichnung.
Lage v. Agptn. Emßr. d. Psch. Ubtbg. Tschg. d. Lchtglbg. d. P. all. Grdbß. u. Pflzg. Ezg. Fbkhr. Ezg. Kfm. Nd Immobl. oder Gwb. on. sn. Ghmgg. All. m. Frhnarb. unt. d. Stck. – F. sn. Rchg. Brd z. blbg. Prs. Wr. v. Wßr. Emr. u. Cstrn. Hsrtbt. Monpl. Rs, Bmwl. 67Wzn, ꝛc. Vthn. d. Slvn, Pfd. Esl. Caml. Kldgsstpl. – Zlle. Hfnabg. Erpßg. a. At. dah. gße. Smn. z. Ebg. v. Mra. Abthr, n. Agpt. vl. Vthl. dnch vchtt. Ach d. fdn. Csls. bl. Frzsch. u. Eglsch. Pltk. u. Fcht.
Die südlichen Striche von Devonshire liegen an einem Seearme, und gelten für den mildesten, ja wärmsten Theil von England. Man sieht hier in den Gärten Orangen - und Citronenbäume, am Spaliere ziehn. Gut mit Stroh verwahrt, überwintern sie im Freien, wie jeder andere Baum. Die Früchte sind an Größe, so wie an Feinheit der Schaale, den besten portugiesischen und sizilianischen gleich. Es hat sich gezeigt, daß dergleichen Bäume, die man in England aus den Kernen zog, und vorsichtig pfropfte, die Kälte ungleich besser vertrügen, als solche, die man aus südlichen Ländern, in Kästen kommen ließ. Auch die Fuchsia coccin, die Camellia japon, Buddleja globosa, das Solan. pseudocapsium, und andere dergleichen zarte Gewächse, kommen sehr gut fort, und überwintern in freier Luft. Unter allen diesen Strichen dürfte die kleine Seestadt Salcombe unstreitig der wärmste seyn. Hier wuchs in 38 Jahren eine Agave americana (Baumaloe) in freier Luft, und ohne alle Winterbedeckung, bis zu einer Höhe von 28 Fuß. Sehr bemerkt zu werden verdient auch Edgecumbe, in der Nähe von Plymouth. Es ist eine Art hohen Vorgebirges, das am jenseitigen Ufer der Tamer liegt, und von der Cadsand-Bay bespült wird. Diese Besitzung gehört einer der ältesten Familien von England, hat ungefähr eine Stunde im Umfange, und bildet einen der schönsten Parke des Königreichs. Man findet daher, so wie man allmählig hinaufsteigt, die herrlichsten Anlagen aller Art. So z. B. eine Menge Lorbeer - und Myrthen -, Citronen - und Orangenpflanzungen, u. dgl. m. Alle überwintern in freier Luft, was das milde Clima dieser Gegend beweißt. 68Auf dem höchsten Punkte, und der Mitte des Ganzen, liegt das große schöne Wohnhaus. Es hat die weiteste, herrlichste Aussicht auf Land und Meer, die nur gedacht werden kann. Das Innere ist eben so bequem als geschmackvoll eingerichtet, und mit Kunstwerken aller Art angefüllt.
Devonshire – Südstrche lgn a. Sear. – Dsch. mldst. wrst. Thl. v. Egld. M. sht. i. d. Gtn. Orgn - u CtrBm. a. Splr. zhn. Mt. Strh. vwhrt, übwtrn s. frn. w. jd. nd. Bm. D. Fcht. an Grß. u. Fht. d. Schl. d. bstn. ptgsch. u. sizili. glch. Dgl. B. i. Egld a. Krn. gzg. u. vschtg. gpft, vtgn. d. Klt. uglch. bß. a slch. d. m. a. südl. Ldn. in Kstn. kmn. kmn. lß. Auch Fuchs. coc. Cam. jap. Bodl. glob. Soln psdocap. u. a. dgl. zt. Gws. kmn. s. g. ft., u. übwt. i fr. Lft. U. al. dn. Strchn. dft. d. Kln. Seftd. S. ustt. d. wst. s. Hr. wchs. i 38 J. e. Ag. am. Bal. i. fr. Lft. u. o a. Wtrbdg. b. z. Hh. v. 28 F. emp. – S. bksw. Edgcb. b. Plmth. Hoh. Vgbg. jns. d. Tar. u. v. d. CdsB. bspt. Bstg. e. d. älst. Fam. v. Egld. 1 St. i. Umfg. 1. d. schst. Prk. d. Kgrchs. Almhlg hinf. hlch. Anlg. all. At. Lbr u. Myth. Citr. u. Orgnpfl. ꝛc. Ubwtrn. i. frr. Lft. A. hchst. Pkt. Whnhs. Se. n. Ldnscht. Inns. bqm. u. gschkvl. Kstwke.
Wenn man diese abbrevirten Pensa mit den ausgeschriebenen Vortragen vergleicht; so ergiebt sich, daß die einfachste tachygraphische Methode dabei angewendet worden ist. Diese besteht darin, daß man mit Weg -69 lassung der Vocale, und der Mittel - und Endsylben schreibt, was allerdings schon sehr förderlich ist. Ein junger Studirender, der sich diese einfache Tachygraphie oder Schnellschreibekunst, zu eigen machen will, hat daher folgendes zu thun. Er ließt das Beyspiel des ausgeschriebenen Vortrages aufmerksam durch. Hierauf vergleicht er dasselbe, Zeile für Zeile, und Sylbe für Sylbe, mit dem Muster der abbrevirten Nachschrift, und bemerkt, wie dieselbe, nach der obigen angegebenen Methode, gemacht worden ist. So prägt er sich die Art der Hauptabkürzungen nicht nur sehr leicht ein, sondern kommt auch bald dahin, daß er dieselben ohne viel Mühe nachmachen kann. Dies wird er am schnellsten erreichen, wenn er etwa 3 – 4 Uebungsstunden dazu anwenden, und entweder die obigen Vortragsmuster, oder andere beliebige, dabey gebrauchen will. Auf diese Art kann er sich sogar, am Ende sein eigenes Abbreviatursystem, oder sein eigenes tachygraphisches Alphabet bilden, wie es ihm am leichtesten scheint. Er hat dabey noch den Vortheil, einmal, daß ihm, selbst nach Jahren, stets sein Gedächtniß zu Hülfe kommt, und dann, daß seine Hefte für niemand anders lesbar sind. Auf diese Art bildet er sich zugleich eine, entweder gar nicht, oder wenigstens sehr schwer zu entziffernde Geheimschrift.
Wir kommen nun zum Revidiren, Emendiren, und Suppliren der Hefte, worüber folgendes zu bemerken ist. Man revidirt seine Hefte, und zwar in doppelter Absicht. Einmal, damit man sie emendiren kann, zweitens, damit man sie zu suppliren im Stande ist. 70Das Emendiren betrifft die Zahlen, Namen, Büchertitel, Citate, theils nach den Bänden und Paginas, theils was die Worte selbst anlangt; weiter die kleinen Orthographie - und Construktionsfehler, die falschgehörten ganzen Wörter, oder einzelne Stellen, die fehlerhafte Auffassung, und folglich unrichtige Stellung der ganzen Disposition, oder einzelner Glieder derselben, und dergleichen mehr. Das Suppliren dagegen hat es entweder mit dem Hinzufügen ganzer fehlenden Sätze, Angaben, Daten, Bemerkungen, Reflexionen, u. s. w. zu thun, oder blos mit der Ergänzung der bereits nachgeschriebenen Vortragsskizze, durch kleine einzelne Zusätze, besonders wenn dieselben vorzüglich zur Erläuterung dienlich sind. Da das Suppliren ungleich schwieriger, als das Emendiren ist, fügen wir ein passendes Beyspiel hinzu.
Statistik – Osmanisches Reich. – Landhandel. Nach Angabe der verschiedenen Karavanenzüge, (1) beginnt die Darstellung der Karavanenordnung. Bey allen diesen Karavanen werden lauter Lastthiere gebraucht. (2) Bei mancher werden nur 100 – 150 Pferde, bei einer andern mehrere 1000 Kamele gezählt. (3) Dergleichen große Karavanen, sind meistens aus mehreren kleineren zusammengesetzt. Mehrere Kameelbesitzer vereinigen sich nämlich zu. einer gemeinschaftlichen Reise, (4) und wählen den ältesten unter sich zum Sheik (5) dem Alles gehorchen muß. Dieser, so wie, die Unterchefs, und Reisenden sind sämmtlich beritten, die Knechte undSchützen aber gehen in der Regel zu Fuß. Unter die Knechte sind die einzelnen Dienste vertheilt. (6) Jeder weiß daher,71 was er zu thun hat, und hält sich zu seiner Abtheilung. Daher die große Ordnung und Schnelligkeit. (7) Im Winter wird bey Tage, im Sommer bey Nacht gereist. Die Märsche sind nach den Stationen verschieden, und also ungleich. (8 a) Ehe eine Karavane aufbricht, pflegt sie sich in der Regel mir zwey arabischen Schutzwachen zu versehn. (8 b) So genießt sie für ein Geschenk, (9) vollkommne Sicherheit. Wenn nun der Marsch angetreten werden soll, ordnet sich Alles in eine lange Reihe (10). Jeder Knecht und Kaufmann bleibt bei seinen Kameelen u. s. w. (11) Die Schützen gehen nebenher; der Sheik (12) ist an der Spitze, die Unterchefs aber, reiten zu halben, und ganzen Stunden voraus. Ihnen liegt nämlich ob, (13) sich nach streifenden Arabern umzusehn. Wenn die Karavane kampiren soll, steckt der Sheik die Fahne in den Boden (14) Nun werden die Kameele abgeladen, (13) u. auf die Weide geschickt. Lagert man des Abends, so werden die Waarenballen zu einem (16) hohen Walle aufgestappelt, worauf man (17) die Zelte aufschlägt. Nach Sonnenuntergang legt sich Alles zum Schlafen nieder, (18) zugleich werden alle Lichter ausgelöscht. Die Schützen patrouilliren nun (19) um den Wall herum.
Ad. 1. Hier fehlt die Aufzählung der Karavanenzüge, die äußerst wichtig ist. – Der Zuhörer trägt dieselbe also, auf eine der obigen Arten nach, wie folgt. – Asien. – Aus der Bucharey und aus China nach Orenburg – Chinesische, bucharische, mongolische, kirginische Karavanen nach Irkuks und Tobolsks. – Dann von Aleppo nach Ispahan, und von Bassora, Bagdad, Diarbekir, und Mecca nach Aleppo. Ferner von Mecca nach Bombay, Madras, Calcutta, Pegu, Tibet, und China. Eben so von Erzerum nach Tokak und Smyrna, nach Bursa, Mecca, und Aleppo. Endlich von Mocha und Maskate nach Kalicut, wie von Surate nach Ispahan – Africa. – Von Fetz und Marocco nach Oberguinea; von Fezzan, Sennaar, Darfur, und Sudan (Nigritien) nach Cairo, und umgekehrt. 72Eben so aus Abyßinien nach Sennaar, und von Fez, Marocco, Tunis, dem Senegal und Guinea, nach Tomboctu. – Asien und Africa zusammen. – Die Karavanenzüge zwischen Damascus und Damiette, zwischen Aleppo und Cairo, zwischen Marocco und Mecca – Asien und Africa mit der europäischen Türkey – Bagdad Ispahan, Aleppo. Cairo u. s. w mit Istambul (Constantinopel.)
Ad. 2. Nemlich Esel, Pferde, Kamele, Dromedare, und Elephanten. Die letzteren in Süd - und Ost-Asien; die übrigen in Mittel - und Ober-Asien, so wie in Africa. Ad. 3. Nach Pferde – und 70 bis 80 Mann – Nach Kamele – viele 100 Mann. Ad. 4. fügen die nöthigen Knechte hinzu, nehmen eine verhältnißmäßige Anzahl Schützen an. Ad. 5. Oder Hauptanführer Ad. 6. z. B. das Auf - und Abladen, das Füttern, das Feueranmachen, das Kochen, das Wasserholen, u. dgl. m. Ad. 7. womit man lagern, und aufbrechen kann. Ad. 8 a. Von 6 – 12 Stunden Ad. 8 b. Die zu der Horde gehören, durch deren, oder deren Verbündeten Gebiet, die Karavane ziehen muß. Ad. 9. Von einigen 100 Piastern an das Oberhaupt. Ad. 10. Die bei großen Karavanen meistens 1 nicht selten gar 2 Stunden einnimmt. Ad. 11. Deren immer 7 zusammengekoppelt sind. Ad. 12. mit einer Fahne in der Hand. Ad. 13. Die Hügel zu besteigen und. Ad. 14. Dies zeigt den Mittelpunkt des Lagers an. Ad. 15. Und unter Bedeckung Ad. 16. 4 – 5 Fuß. Ad. 17. Innerhalb desselben. Ad. 18. Mit Ausnahme der Schützen und Unterchefs Ad. 19. Die ganze Nacht.
Nun fragt es sich aber, woher die Verbesserungen und Ergänzungen zu nehmen sind? Antwort: – Entweder aus den Heften von Freunden und Bekannten, oder aus den mündlichen Angaben des Docenten selbst. Was jene anlangt, so kann man annehmen, daß zwey oder drey andere Zuhörer gewiß das nachgeschrieben haben werden, was man in seinem eigenen Hefte vermißt. Was die Angaben des Docenten betrifft, so wird man dieselben gewiß erhalten, so bald man ihm als fleißiger, ordentlicher, und sittlicher73 Studiosus bekannt ist, und denselben zu einer schicklichen Stunde, und auf eine passende Art darum ersucht. Allein dergleichen Hefte in eigener Person zu revidiren, kann keinem Docenten zugemuthet werden, weil derselbe zu viel Zeit und Mühe darauf wenden muß. Auf einigen Universitäten indessen, pflegen sich jüngere Docenten, gegen ein gewisses Honorar, nicht ungern zu dieser Revision zu verstehen. Sonst sind auch die alten Repetenten, wo es deren giebt, eigentlich die rechten Leute dazu. Auch die eigentlichen Universitäts-Repetitorien, und Examinatorien können trefflich dienen, besonders wenn der Docent bei jenen, die wichtigsten Gegenstände herauszuheben versteht, und in diesen die schwierigsten Fragen am Ende selbst, in der vollkommensten Form zu beantworten pflegt. Ein Haupterforderniß, bey dem Emendiren und Suppliren ist aber, daß man ja nicht viel über eine Woche zusammen kommen läßt. Dasselbe gilt auch von den sogenanntenLücken in den Heften, wenn man eine oder mehrere Stunden verlohren hat. Diese fülle man ja, sobald als möglich, entweder nach den Heften von Freunden, oder nach den gefälligen Angaben des Docenten aus.
Wir beschließen diesen Abschnitt mit einigen Bemerkungen über das Mundiren der Collegienhefte, wobey es auf Folgendes ankommt. Man schreibt seine Hefte von neuem ab, weil man dieselben zu unleserlich, oder wenigstens zu schlecht geschrieben findet, und gern ein reines, gefälliges, sind schönes Manuskript haben will. Oder man giebt sich diese Mühe, weil man eine Menge Zusätze, Verbesserungen, und andere Einschiebsel, die sich am Rande befinden, gleich in den Text aufnehmen, und sich auf diese Art eine bessere, und leichtere Uebersicht verschaffen will. Weiter macht man sich an diese Mundirung, wenn man sie Aeltern, Verwandten, Vormündern, Stipendien-Ertheilern, u. s. w. als Beweise aktiver Studien, entweder vorzulegen wünscht, oder wirklich vorzulegen hat. Endlich unterzieht man sich dieser Arbeit, weil man diese reinen Hefte, als ein Andenken an seine akademischen Studien,74 aufzubewahren gesonnen ist. – Wer seine Hefte selbst mundiren will, kann es am besten in den Ferien thun, ohne daß er sich darum an den Schreibtisch zu fesseln, und alle Erhohlungen zu versagen braucht. Er hat dabey den Vortheil, daß er das ganze Collegium unvermerkt gleichsam noch einmal hört, was ihm dann, bey dem Examen, trefflich zu[statten] kommen wird. Wer seine Hefte von andern copiren läßt, wovon z. B. in Leipzig, Göttingen, Halle, Jena, u. s. w. sehr viele ärmere Studierende leben, besitzt dann wenigstens ein Exemplar, das er, zu dem Examen, mit größerer Bequemlichkeit durchstudieren kann. – Diejenigen jungen Männer indessen, die eben so nett als flüchtig nachschreiben können, und auch das Suppliren, auf gl[eiche]Art zu bewerkstelligen wissen, sind freylich am besten daran.
Die Präparation findet auf folgende Weise statt, mag nun bey dem Collegium, ein Handbuch, ein Compendium, oder ein bloßer Abriß, zu Grunde gelegt seyn. Man ließt die 3 – 4 – 5 Paragraphen u. s. w., die etwa in der nächsten Stunde vorkommen mögen, aufmerksam durch, unterstreicht die Stellen, Namen, Ausdrücke, u. s. w. die einem fremd, oder nur halb bekannt sind, mit Bleystift, und numerirt sie auf gleiche Art. Hierauf giebt man genau Achtung, was der Docent an Erläuterungen, Zusätzen, Verbesserungen, u. s. w. darüber beybringt, und schreibt dies ad. 1. 2. 3 ꝛc. nach. Die oben S. 41. ff gegebenen Beispiele erläutern dies vollkommen; daher keine neuen weiter nöthig sind.
Eine solche Präparation ist nun von dreyfachem Nutzen, und daher also höchst empfehlenswerth. Einmal macht sich der Zuhörer mit dem Gegenstände, der abgehandelt werden soll, schon im Voraus etwas bekannt. Zweitens folgt er dann dem Vortrage des Docenten, mit ungleich größerer Leichtigkeit. Drittens prägt er sich dadurch die Materie, wenigstens den Hauptideen nach, desto schneller und besser ein – Diese Präparation wird am besten Abends, vor der Erhohlungszeit, vorgenommen, oder nach Maasgabe morgens früh, oder in den freien Stunden, zwischen zwey Kollegien. Ein junger Mann, der sich gleich anfangs, recht ernstlich damit beschäftigt, wird wahre Freude daran finden, so daß ihm die Präparation endlich zum Bedürfniß werden wird.
Das Repetiren geschieht auf folgende Art. Die in der Stunde vorgekommenen Paragraphen, werden abermals aufmerksam durchgelesen, und das Angestrichene mit dem Verglichen, was darüber aus dem Vortrage des Docentcn notirt worden ist. Diese Wiederholung kann nun auf dreyerley Art geschehn. Man repetirt entweder für sich allein, oder in Gesellschaft von einem, auch wohl von zwey Freunden, oder endlich mit der Beyhülfe eines eigenen akademischen Repetenten, der entweder von der Facultät förmlich dazu approbirt ist, oder bereits den Facultätsgrad, und also damit eo ipso die Befugniß zu diesem Geschäfte erlangt hat, wie es z. B. in Leipzig und Göttingen gehalten wird.
Diese Wiederholungen können nun entweder Stunde für Stunde, oder Woche für Woche, oder Monat für Monat, endlich Vierteljahr für Vierteljahr, ja selbst für das ganze Semester vorgenommen werden, wie es nun dem jungen Studirenden möglich ist. Immer aber wird die Repetition nach Stunden, höchstens nach Wochen, vorzuziehen seyn. Man führt auf diese Art sein76 scientifisches Gebäude, gleichsam fuß - oder ruthenweiße auf; man schreitet systematisch, vom Leichten zum Schwereren fort; man ersteigt eine Stufe nach der anderen, man überwindet Schwierigkeit über Schwierigkeit, ohne daß man dabey ermüdet, oder gar unter der Last des neuen wissenschaftlichen Stoffes erliegen muß. Sehr nützlich, und äußerst vortheilhaft aber wird es seyn, wenn man, nach dieser täglichen, oder wöchentlichen Repetition, noch alle Monate eine Revision, und am Ende des Semesters, eine allgemeine Rekapitulation vornehmen will.
Noch giebt es eine Art von Wiederholung, worüber zum Schlusse Folgendes zu bemerken ist. Es ist dies die große Repetition am Ende der ganzen Studienzeit. Dieselbe schließt, in der Regel, die allgemeine Präparation zu dem gesetzlichen Examen, zur Erwerbung des Facultätsgrades, u. s. w. in sich. Allerdings erfordert ein solches Durchstudiren, von einer solchen Menge Semestralcollegien, eben so viel Fleiß und Aufmerksamkeit, als Ausdauer, Geduld, und Festigkeit. Wem indessen diese allgemeine Repetition allein zu schwer fällt, der thut am besten, wenn er, gegen ein gewisses Honorar, einen, der Sache gewachsenen, academischen Repetenten zu Hülfe nimmt. Unter diesen giebt es, wie z. B. in Leipzig, Halle, Göttingen u. s. w. noch besonders eigene, sogenannte Examen-Präparanten, mit denen man, in der Regel, sehr gut zu fahren pflegt. Besonders thut man wohl, wenn man mehrere simulirte Examina, nach fingirten Methoden, u. s. w. mit sich anstellen läßt, und die Antworten, die man selbst zu geben weiß, oder die der Repetent an die Hand giebt, sorgfältig notirt. So gewöhnt man sich an die schnelle Analyse der Fragen, und an die so nützliche Combinationsfertigkeit; so macht man sich die Ruhe, und Kaltblütigkeit, die Geistesgegenwart, und die muthige Sicherheit zu eigen, worauf bey solchen Prüfungen, wo nicht Alles, doch gewiß das Meiste ankommt.
Gedruckt bei C. F. Thormann, in Bonn.
Jörn BohrNote: Bereitstellung der Texttranskription.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2017-11-21T19:45:39Z Christian ThomasNote: Bearbeitung der digitalen Edition.2017-11-21T19:45:39Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe
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