PRIMS Full-text transcription (HTML)
Allgemeine Auswanderungs = Zeitung.
Organ für Kunde aus deutschen Ansiedlungen für Rath und That zu Gunsten der fortziehenden Brüder, sowie für Oeffentlichkeit in Auswanderungs - sachen überhaupt.
BREMEN: C. Schünemann's Sortiments = Buchhandlung.
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Mit statistischen Uebersichten, Karten und Plänen, sowie mit einem Jntelligenzblatte für Bekanntmachungen von Behörden u. Privaten. NEW-YORK: bei William Radde, Broadway 322.
Pränumerationspreis des halben Jahrgangs bei allen Buchhandlungen und Fürstl. Thurn und Tarischen Postanstalten 1 1 / 6 Rl. = = 2 fl 6 Xr.
Nro 63.
Montag, 13. December 1847.

Texas. Auszug aus dem Berichte des Dr. von Herff, Führers einer Darm - städter Auswanderungs = Gesellschaft, über die Verhältnisse der sogenannten Adels = Kolonie.

Jch komme nun zum letzten und schwierigsten Punkt meines Berichts. Er betrifft das großartige Unternehmen des Mainzer Vereins, welches für Texas westliche Provinzen der Lebensquell, für Deutschland aber in vier Jahren ein bindenderes Band an die neue Welt geworden ist, als alle die Millionen einzeln und auf eigene Faust Emigrirter es in zwei Jahrhunderten werden konnten. Jch vermeide hier geflissentlich Dinge zu berühren, die so oft und so albern von verschiedenen deutschen Journalen in die Welt hin - ausgeschrieen worden, welche letztern die Grundabsichten des Ver - eins mit kannegießernder Furcht besprechen, oder in starrköpfiger Opposition durch jedes ihnen zustehende Mittel jenes Vorhaben zu bespötteln, zu tadeln, oder zu vernichten suchen. Jch für meine Person sehe in jenem Verein nur ein höchst ehrenwerthes, höchst nützliches und uneigennütziges Bestreben der Begabten und Reichen zum Wohle der Armen. Schon jetzt hat jene Gesellschaft, trotz der Stürme ungünstiger Außenverhältnisse, trotz der schweren Lehr - zeit in einem ganz fremden Land und Volk, trotz einer Masse unfähiger oder schlechter Persönlichkeiten unter dem leitenden Per - sonale und unter den Emigranten, Größeres geleistet, als irgend ein ähnliches Unternehmen. Oder ist es ein Geringes, 3 Städte von 500, 2500 und 3000 Einwohnern aus dem Sumpf, dem Urwald und der Prairie hervorgehen zu heißen, Wildnisse von der Ausdehnung mancher deutscher Fürstenthümer urbar zu machen, eine bisher selbst dem kühnen Backwoodmann unzugängliche Pro - vinz, nur von den unbändigen Söhnen der Wildniß durchstreift, zu betreten, zu vermessen und, bevor diese Zeilen in Deutschland sind, gleichfalls zu bevölkern. Jst es ferner Nichts, die genannten Urfeinde der Cultur zur freiwilligen Abtretung ihres Lieblings - jagdgebietes zu vermögen und den Einwohnern der Städte Per - dinales und Comal das seltene Schauspiel zu gewähren, daß die gefürchteten Häuptlinge, welche sonst blos brennend und mor - dend sich einer Niederlassung nahten, nun friedlich ihr Wigwam neben dem Blockhause aufschlugen. Die Amerikaner wenigstens,sonst gerade keine Lobpreiser nichtamerikanischer Thaten, haben jenen Leistungen, welche sie vor der Ausführung für unmöglich hielten, nun, wo sie fertig dastehen, allgemein die größte An - erkennung zu Theil werden lassen. Dieß Lob verdienen die Gründer und Theilhaber des Vereins, wegen der Jdee und dem Festhalten am Werk, trotz pecuniärer Opfer, trotz häufiger Angriffe und vieler anderer Unglücksfälle. Mehr noch aber ver - dienen es diejenigen, welche bei Geldmangel, Creditlosigkeit, Zwie - spalt unter Beamten, vielfachen Jntriguen, Verleumdungen, Krank - heitsfällen, fehlenden Nahrungs = und Transportmitteln, bösem Willen einzelner Emigranten selbst bei Tumult mit persönlichen Angriffen in ihrem eigenen Kopfe die Mittel fanden, das aus - zuführen, was bis jetzt geschehen ist und durch eine oft verzweifelte Sachlage sich nicht abschrecken ließen, das Ziel zu erreichen. Hier ist nun der Ort, von Persönlichkeiten zu sprechen, und ich fühle mich namentlich dazu verpflichtet, die Handlungsweise eines Mannes, dessen Name heimlich und öffentlich, mündlich und schriftlich mit jedem erdenklichen Vorwurf gebrandmarkt worden ist, näher zu beleuchten, umsomehr, da ich selbst von ihm, bevor ich sein Wirken in der Nähe mit ansah, eine andere Jdee hatte und keine Mühe gespart habe, über die Wahrheit ins Klare zu kommen.

Schon in Europa war es mir klar, daß Hr. v. Mensebach -- denn von ihm spreche ich -- kein gewöhnlicher Charakter sein könne, sondern in ihm entweder das gute, oder das böse Princip der Unternehmung gesucht werden müsse. Mit dem Mißtrauen, womit Jeder leichter Schlimmes, als Gutes denkt, neigte auch ich mich zum Verdammungs = Urtheil und wurde darin während meiner Reise durch alle Wirthshaus = und storkeeper - Unterhaltungen bestärkt. Da war keine Betrügerei, keine Hartherzigkeit, kein Unterschleif, der nicht seiner Firma untergeschoben wurde; man sprach von Fälschungen, von Flucht mit dem geraubten Gut, man munkelte von Selbstmord u. dergl. Leider hat nun freilich jene Art von Nachreden bei den Deutschen in Amerika nicht gar viel zu bedeuten, da sie gewöhnlich aus der kleinstädtischen vaterländi - schen Klatscherei, gepfropft auf die große Redefreiheit in Amerika, hervorgehen. Denn der Deutsch = Amerikaner trägt gern die un - würdige Kampfart, welche die hiesigen politischen Parteien in Journalen führen, auf Privatfehden über. Er schneidet, was der Amerikaner nie thut, Gegnern aller Art, Concurrenten ec. alle498Ehre ab. Dieß war mir nun zwar bekannt, aber die große Ein - förmigkeit der Klagen und die scheinbare Einstimmigkeit derselben frappirten mich dennoch, und ich machte mich auf das Schlimmste gefaßt. Bald indeß kam die Aufklärung, als ich schon in Gal - veston einzelne Vertheidiger des Verleumdeten auftreten sah und bemerkte, wie die lautesten Redner kein einziges Factum, sondern nur ein man sagt , es soll den entschiedenen Entgegnungen und schlagenden Einwendungen opponirten und sich endlich in Aus - flüchten und Entschuldigungen verloren. Noch mehr aber und entschiedener zu Gunsten des Angegriffenen wurde ich gestimmt, bevor ich ihn noch selbst gesehen und gehört hatte, durch eine Vergleichung seiner Vertheidiger mit seinen Feinden. Unter den erstern gewahrte ich lauter als rechtschaffen bekannte Männer, einige darunter sind öffentliche Charaktere in der Geschichte von Teras, andere Männer der Wissenschaft. Ebenso urtheilten durch - aus alle Amerikaner, welchen gewiß bei ihrem republikanischen Sinn und der Neigung, Alles, was einer Unterdrückung durch Reichere ähnlich sieht, zu bekämpfen, in jener Sache mehr Partei - losigkeit zuzuschreiben ist, als der Menge des teranisch = deutschen Pöbels. Unter den Freunden Meusebach's gewahrte ich einen Langenheim, einen Colonel Hags, Dr. Römer, Lindheimer, den wegen seiner hohen Liberalität und Charakters in ganz Texas geschätzten Grafen Coretti, den Chief justice, den Pfarrer von Braunfels, kurz was ich noch in jenem Lande an ausgezeichneten Köpfen und Herzen gefunden hatte. Dagegen war die Mehr - zahl seiner Gegner theils alberner, theils schlechter Pöbel; ich sah unter ihren sich öffentlich genannt habenden Koryphäen einen wegen Unbrauchbarkeit aus dem Dienste des Vereins entlassenen guten, aber bethörten Junker, einen anerkannten Trunkenbold, zwei endlich von noch schlimmerem Rufe. Ebenso bemerkte ich, daß die Seele der Feindschaft ein listiger Kaufmann war, dem jedes Mittel unter der Geschäfts = Firma gut, der aber höheren Jdeen eben so unzu - gänglich als geneigt ist, sich Vortheile zu sichern, und welchem der Sturz des General = Commissairs ein willkommenes Ereigniß, ein Signal zum Fischen im Trüben war. Jch höre endlich den traurigen Mißbrauch, welchen ein sonst vielleicht brauchbarer Sub - alterner von seiner Mission machte, und wie er gestachelt von grundlos selbst herauf beschworenem Ehrgeiz und überredet von jenem klügeren und schlechteren Manne Jntriguen leitete und nährte, welche zu unterdrücken Ehre sowohl als Klugheit geboten hätten. Das Volk, welches für manche Mißgriffe, viele individuelle Be - einträchtigungen und sehr viele Unglücksfälle, einen greiflichen Gegenstand seines Hasses suchte, warf ihn auf Hrn. v. Meuse - bach 's Haupt. Jn blinder Leidenschaftlichkeit wurde der bequeme Ausweg des Thoren, eine Person für selbstverschuldetes, oder zu - fälliges Unglück verantwortlich zu machen, ergriffen und die durch Geldmangel, nasse Jahreszeit und große Entfernung von dem Verein in Europa und mangelnde Transportmittel bedingten Nach - theile auf Hrn. von Meusebach's Rechnung gesetzt. Wahr ist es, daß es demselben vielleicht nicht schwer gefallen haben würde, durch einige ganz einfache Erklärungen, oder ein auf Popularität berechnetes Verfahren jene beleidigenden Angriffe, und namentlich den gesetzlosen Vorfall am 31. December zu verhindern. Der erstere Weg bestand in der Auseinandersetzung der finanziellen und naturellen Hindernisse, welche dieß und das unmöglich machten auszuführen, was mit Bankerotterklärung des Vereins identisch gewesen wäre; der zweite bestand in dem beliebten Surrogat für wirkliche Leistungen, als da sind: Händedrücke, affectirte Bieder - keit, Schmeichelei der Schreier ec. Daß Hr. v. Meusebach beide Mittel so gut gekannt hat, wie die weisen Rathgeber, welche eins oder das andere an seiner Stelle gethan haben würden, ist gewiß anzunehmen, da hierzu nur ein mittelmäßiger Verstand gehört, und ihm von seinen heftigsten Gegnern sogar ein außerordentlichervindicirt wird. Allein gerade, daß er es wußte, wie er sein Haupt vor den tausend Unannehmlichkeiten bergen könnte, und doch nicht so handelte, gereicht ihm meiner Meinung nach zur Ehre. Seine offene Erklärung der Sachlage hätte eine welthistorische Unter - nehmung und mit ihr das Glück von zehn Tausenden gestürzt, während vielleicht ein Paar Jndividuen vor Unglück bewahrt worden wären, und die Verachtung der oben bezeichneten Sorte von Po - pularität zeigt mindestens von nobler Gesinnung, vielleicht auch von einer weiter sehenden Klugheit, welche bedachte, daß bei ge - wissen Stellungen es besser sei, der Menge fremd, als zu bekannt zu sein.

Als Factum steht es da, daß Hr. v. M. mit den gegebenen, oder vielmehr Anfangs sogar mit den nicht einmal gegebenen Mitteln mehr geleistet hat, als mancher Andere dieß mit vielem Geld und unter günstigsten Außenverhältnissen gethan haben würde. Er begann seine Verwaltung mit ca. 20,000 Thalern Schulden, von welcher Hinterlassenschaft der vorigen Direction man bei seinem Abgang von Europa noch gar nichts wußte; der Grant war noch nie betreten, Friedrichsburg war noch Büffel - region, Jndianpoint ein Blockhaus, das nicht einmal dem Ver - ein gehörte, Braunfels ein Haufen Zelte und Bivouakhütten. Dagegen landeten im Herbst 1845, über 3000 Emigranten, welche über 24,000 fl. mit der Bedingung sofortiger Rückzahlung in Texas eingeschossen hatten, ohne daß weder hierzu, noch selbst zu ihrer Unterhaltung, Beförderung und Ansiedelung Geld vorhanden gewesen, oder gesendet worden wäre. Die Gesammtsumme der gegen Ende 1846 hier eingetroffenen Geldmittel betrug kaum die Summe der Deposita, welche die Emigranten sogleich nach ihrer Ankunft hätten in Empfang nehmen können. Die Geldentblößung war nicht etwa eine vorübergehende, sondern sie besteht mit einigen Variationen noch immer fort, da die Sendungen aus Europa nie ganz reichten, die dringendsten Schulden zu befriedigen, und alles neu Angeschaffte auf Credit in unbestimmten Terminen unter - nommen werden mußte. Hierzu kam noch der im Herbst 1845 erfolgte Ausbruch des Krieges, verbunden mit dem Steigen der Transport = und Lebensmittel = Preise, und die unerhörten Ein - wirkungen des Klima's durch anhaltende Nässe des vorigen Jahres. Und mitten unter jenen traurigen Verhältnissen, bedrängt von stürmischen Gläubigern, die seine eigene Person für die Schulden des Vereins verantwortlich zu machen drohten, in einem Lande, das seinen Speck von Cincinnati, seine Ackergeräthe bis auf den armseligsten Nagel von Neworleans bezieht, wurde aus Jndianpoint ein Flecken, aus Braunfels eine schöne blühende Stadt. Friedrichsburg erhob sich aus dem Jndianergebiete und hat jetzt schon viele steinerne Häuser, der Grant ist vermessen, hunderte von Farmen mit reicher Ernte haben sich gebildet, Wagen, Vieh, alle Geräthschaften sind im Ueberfluß da, Postwagen und eine Menge Güterkarren machen die Heerstraßen von Guade - loupe zum Llano befahrener, als viele Chausseen in Deutschland. Jch wiederhole noch einmal, daß die gesendeten Mittel niemals dem auszuführenden Zweck entsprachen. Von 30,000, 100,000 Gulden, überhaupt von Gulden handelte es sich gar nicht bei einer Unternehmung wie diese, sondern ein Capital von 500,000 Thlr. zur rechten Zeit auf einmal disponibel war die unerläßliche Be - dingung des Gedeihens. Jch weiß wohl, daß der Verein, durch die höchst unrichtige, entweder ganz widersinnige, oder absichtlich zu niedrig angeschlagene Berechnung des Hrn. Fischer getäuscht, glaubte, ein geringes Capital von 200,000 fl. genüge hier. Dem Verein ist deßhalb auch kein Vorwurf zu machen, umsomehr aber sind die Verdienste desjenigen anzuerkennen, der trotzdem das Ziel erreichte. Jch brauche die Leistungen des Hrn. v. M. nicht aus - einanderzusetzen. Jch erinnere nur an seine erste Expedition an den Perdinales mit nur 14 Begleitern, an seine Exploration499des Grants, wobei er sich mit nur 7 Begleitern mitten unter die zahllosen Stämme der Comanches begab und durch geschickte Unter - handlungen die Abtretung des Gebiets und den Frieden so be - festigt erlangte, daß St. Anna, der gefürchtetste Chef jenes Volkes vor Kurzem mit 6 andern Häuptlingen ihm in Braunfels seinen Höflichkeitsbesuch machte.

Wenn ich nun ein Bild der Gegner jenes Mannes entwerfe, so geschieht dieß nicht, um durch Klugheit, Muth und Einfluß bedeutende, obgleich der Sache des Vereins und somit Deutsch - lands gefährliche Männer zu schildern. Es würde im Gegentheil eine Widerlegung derselben sich kaum der Mühe verlohnen, und selbst jetzt, wo es anderer Gründe halber doch geschehen muß, ist es eine ziemlich undankbare Arbeit, da Gewöhnlichkeit selbst im Gewande der List, oder in den Lumpen der Rohheit niemals ein interessantes sujet darbietet. Da aber ein bedauernswerther Vor - fall in Neu = Braunfels und eine Reihe ebenso sinnloser, als lügen - hafter Schmähartikel, welche in verschiedenen amerikanischen und deutschen Blättern erschienen, die Namensunterschrift einiger sich Comitée der Neubraunfelser Bürgerschaft nennenden Jndividuen trägt, so sehe ich mich genöthigt zur Aufklärung Unwissender und zum Schutze jener Bürgerschaft selbst mehr darüber zu sprechen, als sonst geschehen würde.

Was nun zunächst die Jndividualität der Unterzeichner der in der Newyorker Schnellpost befindlichen Adresse der Bewohner von Neubraunfels betrifft, so zeigt dieselbe deutlich genug, mit welchem Recht sie sich Comitée der dortigen Bürgerschaft nennen. Hr. v. S., ein sonst braver junger Mann, unglücklicher Vater eines Büchleins über Teras, dessen trauriger Ruf ihm übers Meer vorangegangen war, wurde von Hrn. v. M. wegen Untauglichkeit und thörichten Betragens aus seinem freiwillig übernommenen Ver - einsamte entlassen. Hr. Dr. R.., dem Hr. v. M. 300 Thlr. Unter - stützung gab, um ein Hospital zu gründen, opfert dem Bachus mehr, als dem Aeskulap und ist Nachmittags selten nüchtern. Ueber zween anderen Namen schwebt ein geheimnißvolles Dunkel, viel - leicht veranlaßt durch unglückliche Namensähnlichkeit, vielleicht aber auch auf Thatsachen beruhend. Man schreibt nämlich aus G., daß ein gewisser v. J. dort im Preußischen Jnfanteriedienst wegen falschen Spiels abgegangen sei. Jch will gern die Mög - lichkeit einer Namensverwandtschaft hier gelten lassen, gewiß ist es aber, daß der hier lebende J. als Schiffsführer eines Emigran - tenschiffes Gelder von einem Emigranten zur Aufbewahrung an - genommen, dieselben in Braunfels verspielt und weder dem Depo - nenten, noch dessen Erben zurückgegeben hat.

Ebenso wurde in Frankfurt a. M., wenn ich nicht irre, um 1839 eine wohlorganisirte Bande von Handlungsdienern entdeckt, welche ihre Principale bestahlen und die geraubten Sachen ver - steckten. Ein Theil der Schuldigen wurde ergriffen, andere ent - flohen. Unter letztern befand sich, steckbrieflich verfolgt, ein Name, der sich gleichfalls unter den Comitée = Mitgliedern vorfindet. Auch hier gebe ich obige Möglichkeit zu, nur erwähne ich, daß der hier Genannte öfters erzählt hat, er sei als politischer Flüchtling hier - her gekommen. Freilich ist auch der politisch, welcher sich zur rechten Zeit aus dem Staube macht.

Die Berechtigung jener Leute, sich Comitée der Bewohner von Braunfels zu nennen, wird sich im Verlaufe der Erzählung vom Vorfall am 31. Dec. ergeben; vorerst nur so viel: Weder der Pfarrer, noch der Maire, noch der Friedensrichter, noch irgend ein geachteter Name befand sich unter den Aufruhrstiftern oder den Unterzeichnern des später, als die That, von der es sich den Urheber nannte, durch 80 Unterschriften von crethi und plethi (zwei derselben saßen schon im Zuchthause) entstandenen Comitée - Bildungsvereins. Der Chief justice von Braunfels war Vorsitzer eines das Geschehene öffentlich mißbilligenden Meeting. Mit Aus -nahme jener 80 verhält sich die Masse von 2500 Bewohnern theils neutral, theils das Geschehene laut und offen mißbilligend. Der wahre Hergang der Sache aber, wie er mir hier von vielen rechtlichen und ganz unparteiischen Zeugen wiederholt erzählt wurde, war folgender:

Jn der Nacht vom 30. Decbr. waren in dem Schnapsladen des Grafen ..... Hr. Fischer, Hr. Th., Baron v. J., Baron v. S. und mehrere Andere versammelt und verabredeten, was ge - schehen solle. Es wurde den größten Theil der Nacht hindurch getrunken und noch v. J. II. aus dem Bette geholt. Wie letzterer der am andern Morgen durch die Sturmglocke versammelten Menge sagte, gab Fischer ihnen Nachts zuvor das Versprechen, die Direction der Vereinsgeschäfte übernehmen zu wollen. Es wurden Anschläge an die Straßenecken gemacht, welche außer be - leidigenden Schmähreden die lächerliche Aufforderung an die Bürger von Braunfels enthielten, sich von der Sclaverei des Hrn. v. M. loszumachen. Durch freie Vertheilung von Schnaps brachten diese Leute einen Haufen von etwa 50 -- 60 Jndividuen (Weiber und Kinder eingerechnet) zusammen, recrutirten daraus und con - stituirten sich selbst als Comitée, unter ihnen zwei ehemalige Sträf - linge aus Nassau, und zogen alsdann unter Anführung des v. J. zur Wohnung des General = Commissairs. Jn dessen Zimmern angelangt, hielt v. J. eine Rede, worin er den Haufen aufforderte, Hrn. v. M. zu hängen; zum Glück für ihn und seine Schaar brach sich indeß ihre Mordlust an einigen Kisten Cigarren, welche sämmt - lich in ihren Taschen verschwanden, und die Menge entfernte sich siegesfroh, nachdem Hr. v. M. ein Protokoll unterschrieben hatte, welches als durch Gewalt erzwungen an und für sich rechtsun - kräftig war. Die Mißbilligung dieser Gewaltthat äußerte sich in einer andern Tages gehaltenen Versammlung, worin das Ge - schehene als eine widerrechtliche Zusammenrottung eines tumul - tuous mob, namentlich von den Amerikanern gebrandmarkt wurde. Hierunter verstanden also die Verfasser des Artikels in der Schnell - post die Bevölkerung von Neubraunfels. Ebensowenig waren die Verfasser genannten Artikels von derselben Bevölkerung gewählt, sondern gleichfalls das Product einer beliebigen, aus etwa 80 Jndividuen zusammengesetzten Versammlung, die nur langsam und durch mit allerlei Mitteln gewonnene Subscription sich bilden konnte. Dagegen erschien kurze Zeit nachher eine von der gesammten Fried - richsburger Bürgerschaft unterschriebene Erklärung, welche durch die Bitte an Hrn. v. M., fortwährend die Sache des Vereins zu leiten, das in New = Braunfels Geschehene gänzlich desavouirte.

Aus diesen Gesinnungen und von solchen Jndividuen entstand also jener Artikel der Schnellpost, und so wird die Art und Weise klar, wie auf die gehässigste und perfideste Weise Thatsachen darin entstellt und aus der Luft gegriffene Behauptungen darin ver - theidigt sind. Es genüge, hier nur einiges zu widerlegen.

Es ist Lüge, daß die Verwaltung complicirt wurde, sie ist vielmehr noch jetzt eher zu einfach; Lüge, daß großartige Ver - schwendung und schmutziger Geiz (an und für sich ein seltsamer Widerspruch) dieselbe charakterisirten. Ebenso unwahr ist es, daß Hr. v. M. den Kolonialrath aufhob, da dieser bereits unter dem Prinz Solms, durch die Entfernung des Hrn. Fischer, welcher verfassungsmäßig drei Stimmen hatte, factisch nicht mehr eristirte. Mährchen ist die Erzählung von Hofleuten und Vorzimmern, wenn die Verfasser nicht etwa diejenigen Beamten, welche wegen anfänglichen Obdachmangels im Hofe schlasen mußten, Hofleute und die Prairie ein Vorzimmer nennen. Ebenso unwahr ist die Erzählung von dem abstoßenden Benehmen gegen die Emigranten, da gerade durch das Gegentheil Hr. v. M. manche Ungestüme, die ihm mit Persönlichkeiten zu Leibe rückten, besänftigte und seine Höflichkeit gegen Jedermann allgemein bekannt ist. Ebensowenig sind die Preise der Lebensmittel durch etwas Anderes, als die500allgemeine Theuerung erhöht worden, noch haben die teranischen Kaufleute hundert Procent Profit an ihren Artikeln gemacht. Es gilt dieß nur von Spirituosis wie überall, freilich ein Artikel, der von dem Comitée zu den gesuchtesten gerechnet wurde. Der An - legung von Mühlen widersetzte sich der Geldmangel, da Fleisch und Brod angeschafft werden mußten, und selbst hierzu die Fonds kaum reichten. Ebensowenig verkaufte Hr. v. M. den Wald, da derselbe sich noch größtentheils im Besitze des Vereins befindet, und das einzige Stück von Hrn. v. Coll in Abwesenheit des Ge - neral = Commissairs verkauft worden ist. Lüge, und zwar eine handgreifliche ist es, was von Friedrichsburg gesagt wird. Denn ein Jahr vorher haben sämmtliche Bewohner dieser Stadt gerade das Gegentheil davon in deutschen Zeitungen, z. B. in der Beilage der O. P. A. Zeitung bekannt gemacht. Ebenso unwahr ist es, was über die Erpedition unter Ben é gesagt wurde. Hr. Ben é, jetzt in Deutschland, kann den wahren Hergang bezeugen. Eben so wenig war Hr. v. M. 6 Monate in Nassau, das beiläufig eins der wichtigsten Besitzthümer des Vereins ist, denn er verweilte nur 2 Monate daselbst, während er in der übrigen Zeit in Gal - veston, Houston ec. in Sachen des Vereins negocirte. Ebensowenig wurde Hr. Coll erst kurz vor der Rückkehr des Hrn. v. M. zu dessen Stellvertreter proclamirt, sondern 10 Tage nach dessen Ab - reise von Braunfels durch öffentlichen Anschlag publicirt. Lächer - lich ist ferner die Erzählung, daß Hr. Müller in Jndianpoint durch seinen persönlichen Credit die Sache des Vereins gehalten habe. Hr. Müller, sonst ein ehrenwerther und tüchtiger Beamter, besitzt kein eigenes Vermögen, und nicht seine Bürgschaft, sondern der Credit des Vereins, und namentlich die Dispositionen des General = Commissairs, welcher Geld und Provisionen dahin ab - sandte, brachten dieß zu Wege. Ebensowenig hat Hr. v. M. je den Geldbedarf für die Kolonie in seinen Berichten zu niedrig angeschlagen, sondern, wie sich aus seiner Correspondenz leicht erweisen läßt, stets das Unzulängliche der Geldmittel hervorgehoben. Ebensowenig hat derselbe das nöthige Geld in der Zeit, wo es am dringendsten war, empfangen, sondern die deponirte Summe von 211,000 fl. erhielt er erst gegen Ende 1846, während die meisten Emigranten schon 1845 gelandet waren. Auch wurden keine Vereinswagen gegen cash an Amerikaner verkauft, sondern nur 3 Wagen und 2 Karren einigen alten dringenden Gläubigern anstatt Zahlung für gelieferte Provisionen überlassen. Dasselbe gilt von dem Contracte mit Torrey, welcher mir gerade das Gegentheil sagte. Auch für Arzt und Apotheke war nicht nur gesorgt, sondern einer der Schreiber des Artikels hat sogar selbst eine ziemlich namhafte Summe zu jenem Behufe empfangen. Das von Hrn. Cappes Gesagte ist sowohl unwahr, als auch ein für dessen Ruf sehr verdächtigendes Lob, da sich ein Zusammenhang daraus deduciren läßt, der den Verdacht, als habe jener Mann sich näher mit dem Tumulte befaßt, als es seine einfache Stellung als Secretär und seine Pflicht gegen den Verein erlaubt, auf - kommen lassen könnte. Hr. Dr. Shubbert, nunmehr aus Fried - richsburg entfernt, hat seither durch unerhörte Gewaltthaten und eine Reihe ganz fataler Geschichten, gezeigt, daß er seiner Freunde würdig ist. Hr. Cappes, der gewiß sich nicht in jene schmutzigen Umtriebe eingelassen haben kann, dürfte mit dem Philosophen sagen: Gott bewahre mich vor Freunden, vor Feinden will ich mich selbst schützen.

Leider geht aus manchen Stellen des Artikels hervor, daß einzelne Mittheilungen von Leuten gemacht worden sind, welche dem Verein näher standen, indeß wiederhole ich abermals, daß ich nicht Hrn. Cappes beschuldige, obgleich dieser öfters feindlich sich gegen seinen Vorgesetzten geäußert und auch eine Abschrift des von Römer verfaßten Artikels mit nach Deutschland genommen haben soll. Sollte er vielleicht durch Hrn. Fischer falsche Meinun -gen über den Generalcommissair eingesogen haben, sollte vielleicht gar das Gerücht, als habe er schon auf der Reise nach Teras an verschiedenen Orten sich für den designirten Nachfolger v. M's. ausgegeben, während er doch nur zur Ueberbringung von Crediten geschickt worden war, wahr sein? Jch zweifle daran und wieder - hole den Spruch des Philosophen. Entstellt ist die Geschichte von dem saueren Mehl. Hr. v. M. kaufte allerdings Proviant, der aus den Armeevorräthen ausgesondert worden war, aber nur für sich, und überließ das (nur in einer zweizölligen Lage ver - derbte), sonst vortreffliche Mehl ungern und theilweise den ihn darum Bestürmenden. Er selbst und seine Tischgesellschaft lebten davon, so lange es reichte, und keiner unter ihnen ist krank geworden. Auch erlischt die Grant = Concession nicht im August 1847, sondern im Februar 1848. Soweit von dem Artikel und seinen Verfassern.

Jch schließe hiermit meinen Bericht und werde erst einige Wochen nach unserer in 10 Tagen erfolgenden Ankunft in dem Land unserer Wünsche, von den Ufern des silbernen Llano aus neue Nachricht geben. Wir haben daselbst eine unsern Zwecken entsprechende, durch Lage, Klima, Naturschönheit und Fruchtbarkeit ausgezeichnete Landstrecke für den künftigen Wohnplatz ausgewählt, und erwarten durch unsere bisher ungetrübte Einigkeit und die vielen in Texas zum Gedeihen einer solchen Unternehmung förderlichen, günstigen Außenverhält - nisse ein glücklicheres Resultat, als viele Vorgänger. Es wird uns diese Aussicht und das Bewußtsein, für eine Jdee zu kämpfen, mit allen Mühsalen und Gefahren aussöhnen, welche eine so kleine Schaar mitten in der Wildniß und durch lange Tagereisen von der Cultur abgeschnitten nothwendig erwarten, und ich bin über - zeugt, daß uns derselbe Stern in den Gebirgen der San Saba leiten wird, dessen Schein uns über die Wüsten des Oceans und über die heißen Prairien des östlichen Teras führte. Diese Hoff - nung wird zur Gewißheit, wenn ich unsere Schaar betrachte und die Kräfte der Jntelligenz, die Kräfte der Arbeit vereinigt nach dem idealen Ziele streben sehe, das schon halb erreicht ist, wenn körperlich gesunde und geistig freie Männer (und das sind sie insgesammt) es sehen und erreichen wollen, für mein Vaterland aber hoffe ich durch die wahrheitsgetreue Schilderung der hiesigen Verhältnisse auch einen Nutzen erwachsen zu sehen, da Böswillig - keit und zufälliges Unglück gegen das herrlichste Land der Welt einen Theil der öffentlichen Meinung mit Unrecht eingenommen haben. Es ist hier nicht von der einfachen Widerlegung unrichtiger Urtheile, oder lügenhafter Berichte über Teras die Rede, sondern es gilt hier die Aufmerksamkeit von Deutschland auf ein herrliches, gesundes und glückliches Land von Neuem zu lenken, das schon jetzt zur Hälfte und in seinen schönsten Provinzen deutsch ist, das unter allen Landen des Westens sich am besten dazu eignet, ganz deutsch zu werden und dann ein Vaterland für die besten und tüchtigsten Bürger des leider gebrochenen Herzens von Europa sein wird.

Literatur.

Wigwam und Hütte. Erzählung aus dem Westen Amerika's von W. G. Simms. Aus dem Englischen von Fr. Gerstäcker. Dresden und Leipzig, in der Arnoldischen Buchhandlung. 1846.

Jn einer Reihe recht ansprechender Erzählungen führt uns der Verf. in das naturfrische, lebendige Treiben der amerikanischen Welt und zwar auf den uns Deutschen meistens noch fremden, südwestlichen Boden der Verein. Staaten. Wie schon die Wahl501des Titels vermuthen läßt, welcher das Haus des Europäers dem Jndianerheerde gegenüberstellt, hat es der Erzähler besonders darauf abgesehen, durch interessante Schilderungen aus den Lebens - kreisen der beiden unendlich von einander verschiedenen Hälften der amerikanischen Bevölkerung, der eingebornen und der einge - wanderten, in wechselnden Färbungen, und durch Vorführung eigen - thümlicher Situationen und anziehender Scenen bei der mannich - faltigen Berührung beider dem Leser ein getreues Bild von dem Leben in jenen Gegenden zu verschaffen. Und, wir müssen es gestehen, der Verf. weiß so gut und treffend zu zeichnen, daß wir seine Novellen eben so sehr zu einer unterhaltenden, als nützlichen Lectüre empfehlen können, indem Auswanderungslustige hier im Voraus über mancherlei Verhältnisse des transatlantischen Lebens Kenntniß erhalten können, die ihnen vielleicht dereinst jenseits des Meeres sehr zu statten kommen wird. 91.

Deutsches Leben in Brasilien.

Je häufiger uns in neuerer Zeit die erfreulichsten Nachrichten über den Zustand der deutschen Ansiedelungen in Brasilien zu - kommen, um so mehr steigert sich das Jnteresse für das Land, dem es vielleicht in nächster Zukunft gelingen dürfte, in höherem Grade, wie bisher, Zielpunkt der deutschen Emigration zu werden. Wir täuschen uns daher wohl nicht, wenn wir den Dank unserer Leser ganz besonders zu verdienen meinen durch Mittheilung eines trefflichen Berichtes von dorther, welchen wir dem schätzbaren Sonn - tagsblatte der Weserzeitung entnehmen, deren verdienstvoller Wirk - samkeit im Fache der Auswanderung wir schon oft unsere auf - richtigste Anerkennung gezollt haben.

Unsere Leser wissen, daß wir stets den deutschen Auswanderungs - lustigen als das empfehlenswertheste Ansiedelungsterrain die nördlichen Bezirke der nordamerikanischen Freistaaten bezeichnet und unablässig vor allen Kolonisationsprojecten in anderen, namentlich in tropischen und sclavenhaltenden Gegenden ernstlich gewarnt haben. Die Vereinigten Staaten bieten mit ihrem Klima, ihren Producten und ihrer gesell - schaftlichen Ordnung dem auswandernden Europäer Bürgschaften der Wohlfahrt, welche er in solchem Maße in keinem andern überseeischen Lande wiederfindet. Von allen deutschen Ansiedlungen in Amerika außer - halb der Vereinigten Staaten ist nur eine zu nennen, welche einiger - maßen mit den nordamerikanischen einen Vergleich aushält, obwohl auch sie sich durch manche Schattenseiten unvortheilhaft von ihnen unterschei - det, -- wir meinen San Leopoldo in der brasilianischen Pro - vinz Rio Grande do Sul. Wenn Deutsche durchaus einmal nach Bra - silien gehen wollen, so sollten sie keinen andern Zielpunkt wählen als San Leopoldo. Meistentheils erhalten wir über derartige Kolonien nur von solchen Leuten Aufschlüsse, welche bei der Ansiedelung selbst ein mehr oder minder unmittelbares Jnteresse haben; um so erfreu - licher ist es uns daher, von einem durchaus unparteiischen Manne, einem französischen Naturforscher, welcher Brasilien in wissenschaftlicher Absicht bereiste, einen ausführlichen und höchst lehrreichen Bericht über San Leopoldo zu erhalten, welcher neben den allerdings ausgezeichneten Vorzügen dieser deutschen Kolonie doch auch die Nachtheile nicht ver - schweigt. Das Bild welches er entwirft, bleibt auch so anziehend genug. Wir lassen seine Schilderung in ihren Hauptzügen folgen.

Jn der Provinz Rio Grande do Sul zwischen dem Rio Sinos, der Grenze von Santa Catharina, erstreckt sich ein weites Gebirgs - land, theils mit Prärien (Grasland), theils mit Waldungen bedeckt. Die Prärien oder Campos, welche besonders auf dem hohen Tafel - lande (cima da serra) vorherrschen, bilden ein freies, von zahlrei - chen Bächen und kleinen Gehölzen durchschnittenes Hügelland DieWaldungen, welche noch einen guten Theil des von den Ansiedlern bewohnten Gebietes bedecken, entfalten in dem Reichthum ihrer Thier - und Pflanzenwelt bereits die ganze Fülle eines tropischen Himmels - striches, obwohl die Provinz schon der gemäßigten Zone angehört. Jn den riesigen Zedern, Palmen und wilden Feigenbäumen, welche von grünen Lianen und anderen Schmarotzerpflanzen dicht umwoben sind, nisten zahllose Vögel; Heerden von Affen versammeln sich auf den Zweigen und erfüllen die Einsamkeit mit ihrem Geschrei; die Unze, der Jaguar, der schwarze Tiger, die wilde Katze durchstreifen die entlegeneren Wildnisse; in dem dichten Gestrüpp, welches den Boden überwuchert, höhlt sich das Wildschwein sein Lager; das Reh weidet die Spitzen der Blätter ab; der Tapir, welcher den Tag über sich in das dichteste Gebüsch verbirgt, kommt in der Dunkelheit aus sei - nem Schlupfwinkel hervor, Zweige und junge Bäume abbrechend, von denen er sich nährt; große Eidechsen, Schlangen aller Art schlüpfen über den feuchten Boden; in den hohlen Baumstämmen haust der Ameisenbär; auf dem Laube entfaltet der Schmetterling seine pracht - vollen Flügel, und die Flüsse wimmeln von Wasserschweinen, Fischottern und Kaimans. So lange die Sonne glüht, ist in diesen Einöden alles todt und still, aber so wie die kühle Dämmerung eintritt, wird die Wildniß lebendig, die Thiere regen sich, und gehen aus, ihre Nah - rung zu suchen.

Mitten in diese Urwälder wurden im Jahr 1824 einige deutsche Familien geworfen, welche durch die Versprechungen der brasilianischen Regierung angelockt worden waren. Sie bildeten den ersten Kern der Kolonie San Leopoldo, die gegenwärtig beide Ufer des Rio Sines einnimmt, im Osten bis an die Gebirge, welche das Becken dieses Flusses bilden, reicht und im Nordwesten bereits das ganze Hochland umfaßt, welches den Rio Sinos von Rio Cahy trennt. Trotz der zahlreichen Niederlassungen hat das Land noch immer seinen wilden ursprünglichen Charakter behauptet; es theilt sich in zwei verschiedene Regionen, in Prärien oder Campos und in Urwald. Auf den Prä - rien, welche sich einige Meilen an den Flußufern hinaufziehen, wei - deten vor dem Ausbruche des zehnjährigen Bürgerkrieges zahllose Heer - den, welche sich in Folge der Verwüstungen stark vermindert haben; erst seit einigen Jahren wieder widmen sich die Ansiedler der Viehzucht, welche mit keinen Mühen verknüpft ist, da bei dem milden Klima die Heerden das ganze Jahr über auf der Weide bleiben. Die Ueppig - keit der Prärien soll übrigens nicht mehr die frühere sein; sie gleichen an Fruchtbarkeit den guten deutschen Wiesen; dafür aber ermangeln sie auch jedweder landwirthschaftlicher Pflege. Schon jetzt sind verschie - dene Düngungsversuche vom besten Erfolg begleitet gewesen.

Hinter den Campos erhebt sich auf bergigem Terrain der Ur - wald, durch welchen sich parallel in der Hauptrichtung von Süden nach Norden drei Schneiße oder Picades hinziehen. Schneiß bedeutet einen durch den Wald gelichteten Pfad. An beiden Seiten dieser Lichtung liegen die Ländereien der Ansiedler, die Kolonien , die meistens 100 Klafter breit und 1600 Klafter lang sind, die breite Seite dem Wege zugekehrt. Dies vom tiefen Urwald einge - schlossene, von Thälern und Bächen durchschnittene, wild und düster aussohende Terrain eignet sich vortrefflich zum Landbau; aber schon die Natur selbst bietet eine Fülle von Lebensmitteln. Jn den Wal - dungen findet man Wildschweine, Rehe, Tapire, Quatis, welche einen schmackhaften Braten liefern, und die Jagd auf diese Thiere wird, schon um die Maisfelder vor ihnen zu schützen, zur Nothwendigkeit. Früher schoß ein Ansiedler in einer Woche elf Eber; jetzt zieht sich das Wild vor der zunehmenden Cultur allmählich weiter ins Jnnere zurück, und Tapire gehören schon zu den Seltenheiten. Dagegen stürzen sich fortwährend ganze Wolken von Papageien auf die Mais - felder und richten wahrhafte Verwüstungen an. Die Bauern ver - schmähen es, auf sie zu schießen, obwohl ihr Fleisch nahrhaft und wohl - schmeckend ist. Außerdem liefert der Wald Früchte, wilden Honig, Viehfutter, Lianen und Nutzhölzer. Von den Früchten sind nur zwei502nutzbar, die der Fichte und der Palme. Die Zapfen der Fichte ent - halten nämlich süße mehlige Mandeln. Die kleinen Früchte der Palme dienen den Hausthieren zur Nahrung; oben auf ihrem Stamme be - findet sich ein Auswuchs, dessen Jnneres gekocht und als Gemüse ge - gessen wird. Der wilde Honig wird in den Baumstämmen gefunden, die man umhauen muß, um ihn auszunehmen; er ist flüssig und oft so süß wie der europäische; bisweilen hat er einen leichten bittern Bei - geschmack; er wird in Porto Alegre zu Milreis* )1 Rl. 18 Sgr. Pr. C. die Flasche verkauft und besonders in den Apotheken zu Arzneien verwandt. Die brasilia - nischen Bienen gehören nicht derselben Gattung an wie die curopäi - schen; sie sind stachellos und lassen sich nicht zähmen. Das Rohr - gras , welches überall den Boden bedeckt, wo er nicht zu steinig und trocken ist, nährt das Vieh besser als irgend ein anderes Futter; es wird vorzüglich von den Pferden gern gefressen. Man hat zwei Arten, von denen die großblättrige die vorzüglichere ist. Die Lianen, welche die Baumstämme umschlingen, erlangen eine wunderbare Zähig - keit und Länge und sind den Ansiedlern in zahlreichen Fällen, wo sie als Stricke dienen, vom größesten Nutzen.

An Nutzhölzern endlich ist in diesen jungfräulichen Waldungen ein außerordentlicher Reichthum. Da findet man den harten, leichten und dauerhaften Lorbeer, zu Mastbäumen gern benutzt, von dem ein 80 Palmen langer Stamm zu 500 Milreis in Porto Alegre verkauft wird; -- die fälschlich sogenannte Zeder, die nicht zum Geschlechte der Nadelhölzer gehört, aus deren zartem, röthlichen Holze man Plan - ken schneidet und zu 14 bis zu 20 Milreis das Dutzend verkauft; -- die Fichte, die meistens 25 Palmen hoch und1 1 / 2 dick wird; -- den gewaltigen Cabriaboni, dessen Planken zum Schiffsbau dienen; -- den Cabriou, welcher denselben Nutzen bietet; -- den zarten Tim - baou; -- den harten, dauerhaften Choubrachi; -- den steinharten Enchigue, aus dem man mächtige Balken und Schiffsrippen haut; -- den Chachuere, dessen hartes schwarzbraunes Holz von den Ebe - nisten theuer bezahlt wird, und viele andere, deren Namen selbst in Europa unbekannt sind. Alle diese Hölzer finden einen sichern und guten Markt in Porto Alegre, und viele von den deutschen Ansied - lern haben sich diesem Handelszweige gewidmet. Es bestehen bei ihnen schon Sägemühlen, und das Holz, weit entfernt im Preise zu fallen, ist vielmehr so gestiegen, daß einige Ansiedler es noch lohnend finden, Planken mit der Handsäge zu machen und nach Porto Alegre zu flößen.

Die mineralischen Schätze der Provinz erwähnen wir nicht, weil sie fast noch gar nicht ausgebeutet werden. (Fortsetzung folgt.)

Die deutsche Auswanderungsfrage. (Weser = Zeitung.)

Vom Rhein. Die Deutsche Zeitung brachte vor einigen Tagen eine Nachricht, welche, wie sie denn das Gepräge der Wahr - heit an sich trägt, jeder Deutsche, der Gefühl auch für deutsche Nati - onalität im Auslande und für Sicherstellung derselben daselbst hat, mit Freude begrüßt haben wird.

Jn jenem Artikel hieß es, Preußen gedenke sich von Neuem im Jnteresse deutscher Auswanderung kräftigst beim Bunde zu verwenden, habe von seinen Gesandten in Washington und Mexiko bereits um - fassende Berichte über diesen Gegenstand betreffende Einzelheiten ein - gefordert, und gedenke ferner noch zwei Agenten zu genauerer Kennt - nißnahme der Verhältnisse nach den Vereinigten Staaten zu senden.

Möge es uns erlaubt sein, nochmals einige Worte über jenen für Deutschland gewiß höchst wichtigen Gegenstand zu sagen, jenem Plane Gedeihen und baldige Ausführung zu wünschen.

Der Pläne zu umfassender Auswanderung und Kolonisation in überseeischen Ländern vermittelst Deutscher sind namentlich in neuererZeit von verschiedenen Seiten mannichfaltige und viele gemacht worden. Man darf wohl sagen, daß sie zu einer Zeitfrage geworden sind. Bald hatten sie in Deutschland, bald im Auslande, wo man das Bedürfniß einer vermehrten kräftigen Bevölkerung fühlte, ihren Ursprung. Leider aber war man sich bei allen derartigen Unternehmungen entweder zu wenig vernünftiger, leitender Principien, die nothwendigen Bedingungen des Gedeihens betreffend, bewußt, hatte zu wenig reife, gründliche Sachkenntniß, oder die Ausführung fiel in die Hände gewissenloser Speculanten, die nur nach eigenem Geldgewinn trachteten, und um das Schicksal der Unternehmung und der dabei Betheiligten unbekümmert waren. So haben wir denn in den bei weitem meisten Fällen, von den verschiedenen Punkten der Erde, wo Kolonisations = Versuche ge - macht worden, nur die traurigsten Nachrichten, Schilderungen von Elend, Unglück und bitter getäuschten Hoffnungen zu vernehmen gehadt. Klagen〈…〉〈…〉 eits der Auswanderer über Uebervortheilungen und Hintergehungen aller Art, über nicht erfüllte Versprechungen, Mangel alles Schutzes und aller Rechtshülfe sind zu uns gedrungen Wo aber haben uns die öffentlichen Blätter unter der Unzahl solcher und ähnlicher Mit - theilungen einmal die wohlverbürgte, glaubwürdige Kunde des Ge - deihens solcher Unternehmungen gebracht? Jn den meisten Fällen waren sie, trotz alles Pompes in ihrer ersten Ankündigung, trotz alles ver - heißenen Glücks, schon im ersten Beginnen gescheitert, diejenigen, welche ihre Zukunft vertrauensvoll darauf gegründet hatten, versplittert und fast spurlos verschwunden. Wer will das Schicksal dieser Schaaren unglücklicher Auswanderer verfolgen? wer kann ihrer ohne tiefes Mit - leiden und Bedauern gedenken?

Jst da nicht ein Schritt, welcher diesen Uebelständen Abhülfe, dem germanischen Elemente im Auslande einen Schirm, unter welchem die noch zarte Pflanze gedeihen kann, verspricht, mit wahrer Freude zu begrüßen?

Gedächten wir in unsern anzustellenden kurzen Betrachtungen weiter zu gehen, als die gegenwärtige Gelegenheit es erlaubt, so wäre eine der zunächst aufzuwerfenden Fragen: ist Deutschland in der Lage, wo es sich einen Abzugscanal eröffnen muß, um eine zu dichte Be - völkerung, für die es nicht Raum genug hat, zu decimiren? Hat es ein wohlbegründetes Jnteresse, die Auswanderung zu befördern? Die Erörterung dieser Frage in ihrer ganzen Ausdehnung würde uns hier zu weit führen. Jedenfalls sind bedeutende Zweifel gegen der - artige Behauptungen zu erheben. Wir unseres Theils wollen uns hier begnügen, unsere persönliche Meinung bescheidentlich dahin auszusprechen, daß wir nicht dieser Ansicht sind. Deutschland besitzt wohl Raum und innere Ressourcen genug -- besonders wenn sich seine einzelnen Theile einander mehr nähern, was sich doch immer mehr vorbereitet -- um seine Bevölkerung zu ernähren. Ja, wir glauben, daß es deren keine größere, als sein innerer Wohlstand erheischt, besitzt. Jn einzelnen Theilen allerdings mag sich nicht ohne Grund das unbehagliche Gefühl einer zu dichten, nahrungslosen Bevölkerung erzeugt haben; das Ganze leidet wohl schwerlich daran.

Eine zweite hinzukommende Frage -- die positive Nothwendig - keit einer Decimirung bei Seite setzend -- möchte dann ferner viel - leicht noch sein, ob sich die Kosten großartiger Auswanderungs - Unter - nehmungen materiell bezahlt machen würden (wenn uns der Ausdruck erlaubt ist); ob die Zunahme an Handel und Jndustrie im Jnlande, geweckt durch den Verkehr mit den überseeischen Landsleuten, diese ver - güten würde. Abgesehen von der sichern Unmöglichkeit des Gelingens von Kolonisations = Projecten -- obschon sie mitunter wohl in Anregung gebracht worden sind -- denen ein solcher Gedanke als Hauptsache zu Grunde liegt, und abgesehen von der Unwürdigkeit der Jdee, wenn als leitendes Princip betrachtet, wagen wir die Richtigkeit auch dieses Schlusses zu bezweifeln.

Wir müssen demnach unsere Meinung dahin äußern, daß -- wie es auch wohl auf keine Weise in dem Plane Preußens liegt -- es nicht als anzurathen, wünschenswerth oder erforderlich erscheinen kann,503daß die deutschen Regierungen durch künstliche Mittel, etwa Bewilligung freier Ueberfahrt nach transatlantischen Ländern, Ankauf von Ländereien und deren unentgeltliche Vertheilung an Kolonisten, die Auswan - derung von Deutschland vermehren und begünstigen sollten.

Doch es bedarf solcher Anregungen auch nicht, um sich ein Element zu verschaffen, welches dem Vaterlande in der Ferne Nutzen und Er - weiterung seiner Jnteressen erwirke. Der Strom deutscher Auswan - derung ist einmal in Fluß; und so wenig man Ursache hat, ihn noch durch künstliche Mittel anschwellen zu wollen, ebensowenig kann man die Absicht haben, ihm einen Damm entgegen zu setzen, der ihn ent - schieden hemme, noch wird man dieses vermögen. Unaufhörlich strömt er weiter, zum welthistorischen Ereigniß geworden. Vornehmlich dem fernen transatlantischen Westen eilen unaufhaltsam Hunderttausende zu, um dort deutsche Sitte, deutsche Gebräuche, die deutsche Zunge, mit einem Worte, einen neuen Sprößling des alten germanischen Namens hinzuverpflanzen, dem deutschen Elemente neuen Boden, eine neue Heimat zu erringen. Es bedarf nicht noch künstlicher Mittel, um den Zug zu vergrößern, dort den großartigen Keim zur Entwickelung des neuen, rein deutschen Elementes zu pflanzen Schon die Zahl derer, welche freier Wille oder Noth in der Heimat und die Hoffnung einer glücklicheren Zukunft hinüberziehen, ist so ungemein bedeutend,* )Seit 1836 wanderten über eine halbe Million Deutsche in trans - atlantische Länder aus. Der bei weitem größte Theil derselben nach den Berein. Staaten. Von 1836 -- 1846 418,252. Die Angaben vom Jahre 1847 fehlen noch; doch können sie wohl nicht weniger als 100,000 betragen, da sie sich 1846 schon auf 93.428 beliefen. Jn den Verein. Staaten leben gegenwärtig wohl nicht weniger, als zwei und eine halbe Million Deutsche. Doch ein bedentender Kern. daß man sie als einen wesentlichen Theil des Mutterlandes bezeichnen muß, als ein Element, welches dieses nicht aus den Augen verlieren darf, ein Element, welches seiner Nationalität ganz neues, unbekanntes Leben verleihen kann, in welchem der Samen einer reichen, großartigen Zukunft liegt. Jn dieser Menge allein liegt schon ein Jnteresse, welches der Beachtung wohl werth ist, welches wir durch die Bande ununterbrochenen Verkehrs, durch Erhaltung und Erwärmung der na - tionalen Verwandschafts = Erinnerungen eng mit uns verbunden halten sollten.

Wir Deutschen müssen uns leider gestehen, daß, so lange wie auch schon Deutsche von uns in alle Gegenden der Erde auswandern, umfassendere Jdeen, von welchem hohen, lebendigen, nationalen Nutzen dieser Zug der Auswandernden für uns werden könnte, noch nicht lange in Deutsch - land um sich zu greifen begonnen haben. An manchen Orten suchte man wohl denen, die ihre Heimat zu verlassen gedachten, Hindernisse in den Weg zu legen; weniger weil man für ihre Zukunft in der Fremde Sorge fühlte, als weil man eine Abgaben zu zahlende Menschen - menge nicht verlieren wollte. Den Nutzen, welchen sie dem Vater - lande auch noch in der Ferne bringen konnten, brachte man nie in Anschlag, viel weniger suchte man sich seiner zu vergewissern. Hatte der Auswanderer einmal seinen entschiedenen Willen kund gegeben, seine Heimath zu verlassen, so daß man ihn nicht zurückzuhalten ver - mochte, hatte er den Consens der Behörden erhalten, hatte er die Landesgrenze überschritten, so wurde er als ein vollkommen Aus = und Abgeschiedener betrachtet, der weder an sein Heimatland, noch dessen Heimatland an ihn irgend welchen Anspruch machen konnte. Sein Vaterland sprach ihm seine Nationalität durchaus ab, nahm keinerlei Theil an seinem ferneren Schicksal, noch glaubte es irgend ein Jnteresse dabei zu haben. Ohne Hülfe, Schutz und Rath wurde er den Be - trügereien gieriger, gewissenloser Schiffsmäkler und Contrahenten und der oft gleißnerischen, oder doch kärglichen Gnade fremder Regierungen überlassen. Daher denn die vielen erschütternden Schilderungen von erduldetem Ungemach und Elend! Daher denn das spurlose Ver - schwinden solcher Ausgestoßenen, die sich in weiter Ferne verloren und zersplitterten, deren Nationalität rasch von den fremden Einflüssen ab -sorbirt wurde! Hat sich in einem einzelnen Falle ein günstigeres Resultat herausgestellt, trotz aller Mißachtung und Vernachlässigung, so dürfen wir dieses in der That nicht einheimischer Einsicht und Sorg - falt zuschreiben, sondern ist es einzig der eigenen Energie der Aus - wanderer und dem freisinnigen Entgegenkommen und dem wohlver - standenen Selbstinteresse der Bewohner jenes Landes zu danken.

Jn unsern Tagen aber noch den Werth und die Wichtigkeit der Auswanderung erörtern zu wollen, oder sie wenigstens als etwas nicht allgemein anerkanntes vorauszusetzen, ist doch nicht mehr angebracht. Sind auch noch nicht viele Jahre darüber verflossen, so gibt sich doch überall ein richtiger anerkanntes Jnteresse kund. Die Ansicht ist all - gemein durchgedrungen, von welchem hohen moralischen Werthe die Ausbreitung und das feste Einwurzeln der deutschen Nationalität im Auslande für Deutschland ist, des materiellen Nutzens nicht zu gedenken, der uns daraus erwachsen muß, wenn eine wohlhabende, consumtions - fähige Volksmenge entsteht, die für einen großen Theil ihrer Bedürf - nisse auf unsere Production angewiesen sein wird. Der lebhafte Wunsch, diesen jüngern Bruder Deutschlands anerkannt und geschirmt zu sehen, spricht sich überall aus.

Dafür ist denn auch der von Preußen in Aussicht gestellte Schritt ein vollkommener Bürge; ein erfreuliches Zeichen, daß wir das, was ein Theil unserer selbst ist, zum Frommen des gemeinsamen Vaterlandes besser erkannt und behütet sehen werden. (Schluß folgt).

Vermischte Nachrichten.

Jn Hamburg soll sich gegenwärtig ein brasilianischer Agent aufhalten, welcher damit beauftragt ist, den Strom der deutschen Auswanderung, welcher über hier seine Richtung nimmt, nach Bra - silien zu lenken.

Das Bremer Schiff Neptun nach Laguna via Baltimore (um 143 Passagiere zu landen) bestimmt, 35 Tage von Bremen, ist mit dem Lootsen an Bord am 14. v. M. gestrandet. Es liegt in 9 Fuß Wasser nahe Cedar Point. Die Passagiere sollen alle sicher ge - landet worden sein. Consignirt an H. und F. von Kapff.

Aus Canada ertönen fortwährend Klagen über den schauder - haften Zustand der in dortigen Häfen ankommenden irischen Aus - wandererschiffe. An Bord des in Quebek angelangten Liverpooler Schiffes Lord Ashburton sind von 475 Passagieren unterwegs 107 an Ruhr und Fieber gestorben; 60 andere litten noch bei der Landung an diesen Uebeln und viele von ihnen starben in Mont - real. Lord Palmerston hat auf seine Kosten 420 Arme aus der Gegend von Sligo nach Canada geschickt; von diesen waren nur zwei mit Strümpfen und Schuhen versehen; die übrigen bedeckten mit den elendesten Lumpen kaum ihre Blöße. Jm Ganzen sind wäh - rend der Saison 9000 Einwanderer am Schiffsfieber gestorben. -- Jn New = Orleans sind vom 5. Juli bis zum 20. Oct. 2544 Personen am gelben Fieber gestorben, darunter 926 Deutsche.

Mexiko. Die mexikanische Regierung hat Santa Ana des Oberbefehls über die Armee enthoben und denselben dem General Rincon übertragen. Santa Ana protestirt aber als erster Beamter der Nation , wie er sich nennt, gegen diesen Eingriff in seine Rechte und hat sich, der Regierung trotzend, nach Tehuacan zurückgezogen. Nach den neuesten Nachrichten ist derselbe von dem neuen Minister der auswärtigen Angelegenheiten vor ein Kriegsgericht beschieden worden, um sich in Bezug auf das unglückliche Treffen bei Huamantla zu recht - fertigen.

Jn Newyork ist seit 3 Wochen kein Tag vergangen, ohne daß ein Selbstmord vorfiel.

Jntelligenzblatt zur Auswanderungszeitung Nro 63.
Jnsertionsgebühr 4 1 / 2 Xr. pr. Zeile oder Raum aus Petitschrift. Alle hierher gehörigen Zusendungen werden franko erbeten.

Nachricht für Reisende nach Nordam erika. ([1])General = Agentur der

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Dampf - u. Segel-Postschiffe

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zwischen HAVRE und NEW-YORK.

Da die Verbindung der transatlantischen Dampffregatten = und Post - segelschiffslinien zwischen Havre und New = York das ganze Jahr hin - durch ununterbrochen eine ganz regelmäßige Verbindung ist: so geschieht, theils wegen des herannahenden Winters, theils auch schon wegen Einstel - lung der Dampfschifffahrt in Holland resp. jener von Rotterdam nach Havre, die Beförderung solcher Reisenden, welche sich dieser regel - mäßigen Postschiffsverbindungen bedienen wollen, von heute an nicht mehr rheinwärts: sondern landweise entweder vermittelst bestehender Eilwagenver - bindungen über Basel, Strasburg, Weissenburg, Forbach ec. ec., oder von Cöln ab vermittelst der rheinisch = belgischen Eisenbahnlinie über Paris nach Havre. --

Diese Verbindung für diese Postschiffslinien nach Havre von obigen Stationsplätzen wird innerhalb 3 Tagen bewerkstelligt, und währt ununter - brochen bis zur Wiedereröffnung der bis jetzt regelmäßig bestandenen Dampf - schiffsverbindung zwischen Holland und Havre fort. --

Unter den vielen Vortheilen, welche der Havrer Hafen darbietet, ist auch dieser nicht unbeachtet zu lassen, daß die Abfahrten der Dampffre - gatten und Postsegelschiffe durch keinerlei Hindernisse bei noch so strengem Winter gehemmt sind.

Verzeichniß der regelmäßigen Dampffregatten und Postsegelschiffe, welche für die Monate December l. J., Januar, Februar und März k. J. den Dienst zwischen Havre und New = York thun werden. --

I. Dampffregattenlinie.
Namen der Dampffregatten. Capitaine. Tonnenge - haltPferdekraft. Abfahrt von Havre.
Philadelphia .. Besson .... 180045023. December.
New-York ... Verrant ... 180045022. Januar ...
Union ...... Hebert .... 180045021. Februar ..
Missouri .... Morin .... 180045021. März ....
II. Postsegelschiffslinie.
Namen der Postschiffe. Capitaine. Tonnengehalt. Abfahrt von Havre.
Jova ..... Whedon ... 9001 December ..
Havre ..... Ainsworth .. 9008 ..
Oneida ..... J. Funck .. 80016 ..
Bavaria .... Howe ... 100024 ..
Burgundy .... Edgar ... 8001 Januar ..
Admiral .... Wotton ... 10008 ..
Baltimore .... Johnston .. 65016 ..
Argo ..... Anthony ... 100024 ..
Zurich ..... Thompson .. 9001 Februar ..
Sylvie de Grasse. Rich .... 6508 ..
Utica ..... Pierce ... 50016 ..
Splendid .... Crawford .. 65024 ..
New-York ... Lines .... 10001 März ..
Louis Philippe .. Castoff ... 8008 ..
St. Nicolas ... Eveleigh ... 80016 ..
Duchesse d'OrleansRichardson ..80024 ..

Mainz, den 25. November 1847.

Näheres ertheilen meine Agenten und das Allg. Auswanderungs - Bureau in Rudolstadt.

Note: [2]

Special -

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Agentur der Postschiffe zwischen LONDONUNDNEW-YORK. Concessionirt durch die betr. deutschen Regierungen.

Diese Linie besteht aus den folgenden 16 schnellsegelnden amerikanischen Postschiffen von 800 bis 1000 Tonnen Gehalt, nämlich: Independence, American Eagle, Prince Albert, Westminster, Sir Robert Peel, Margaret Evans, St. James, Northumberland, Gladiator, Toronto, Switzerland, Me - diator, Quebec, Victoria, Wellington und Hendrick Hudson, welche regel - mäßig den 6., 13., 24. u. 28. eines jeden Monats im Jahr von London nach New = York absegeln.

Das Nähere ertheilt auf frankirte Briefe der Unterzeichnete

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Note: [3]

Post-Dampf-Schifffahrt zwischen NEW - YORK und BREMEN.

Von der Direction in Newyork heute erhaltener Anzeige zufolge, sollte das amerikanische Post = Dampfschiff Washington, Capt. Johnston, am 18. November von New = York nach Bremen wieder abgehen und

am 13. December von der Weser,am 23. von Southampton

nach Newyork zurückkehren, welches wir hiermit zur Anzeige bringen und um baldige Anmeldung von Passagieren, welche diese Gelegenheit benutzen wollen, sowie der dafür bestimmten Frachtgüter ersuchen.

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Note: [4]

In Ladung nach New-York das gekupferte, schnellsegelnde Bremer Dreimasterschiff J. F. Wichelhausen, Capt. Warnken, um am 23. December die Reise anzutreten.

Nähere Auskunft wegen Passage und Frachtbestimmungen auf portofreie Anfrage bei den Unterzeichneten.

Note: [5]

Tennessee - Kolonisations - Gesellschaft.

Die neuen Prospecte unserer deutschen Niederlassung in Ost = Tennessee (Nord = Amerika) werden mit den für 1848 festgesetzten vortheilhaften Be - dingungen der Ueberfahrt und Ansiedelung in der Kürze ausgegeben.

Die günstigen Beschreibungen unserer, gegen 100 Quadrat = Stunden großen Ländereien bestätigen die diesem Plane beigedruckten Briefe, insbe - sondere die Beschreibung von Tr. Bromme in seinem #. Rathgeber für Auswanderungslustige. Stuttgart, 1846. S. 146 -- 155 , welches vor - treffliche Buch wir jedem Auswandernden dringend empfehlen.

Mitte oder Ende April 1848 wird der nächste Zug dahin abgehen. Für denselben werden höchstens 150 brave Ansiedler angenommen. Anmel - dungen hierzu unter Vorlegung geeigneter Zeugnisse und Empfehlungen, sowie die näheren Bedingungen, beim Allg. Auswanderungsburean in Rudolstadt, bei den Unterzeichneten und deren Agenten.

Diese Zeitung erscheint, wöchentlich einen halben bis einen Bogen stark, im Verlage der Hofbuchdruckerei in Rudolstadt.

About this transcription

TextAllgemeine Auswanderungs-Zeitung
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Extent8 images; 8132 tokens; 3217 types; 58592 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Institut für Deutsche Sprache, MannheimNote: Bereitstellung der Bilddigitalisate und TEI Transkription Peter FankhauserNote: Transformation von TUSTEP nach TEI P5. Transformation von TEI P5 in das DTA TEI P5 Format. CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationAllgemeine Auswanderungs-Zeitung Organ für Kunde aus deutschen Ansiedlungen, für Rath und That zu Gunsten der fortziehenden Brüder, sowie für Oeffentlichkeit in Auswanderungssachen überhaupt. . Rudolstadt (Thüringen)1847.

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LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; mkhz1

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Editorial principles

Siehe Dokumentation

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  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
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