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Badener Zeitung Deutſch-freiheitliches und unabhängiges Organ.

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Nr. 25. Mittwoch den 25. März 1908. 29. Jahrg.

Eine Klarſtellung.

Die große Verſammlung der Badener Ortsgruppe des Vereines Freie Schule vom 15. März hatte einen merkwürdig an - mutenden Charakter. Mehrere hundert Menſchen waren in einem Saale verſammelt, die ſozialen Schranken waren gefallen und alle die auf - merkſam zuhörenden Frauen und Männer be - ſchlich allmählig das Gefühl, daß das keine gewöhnliche Verſammlung, ſondern ein rein menſchliches Familienfeſt ſei. Man beſchuldigt den Verein Freie Schule , daß er gegen den Einfluß der Religion arbeite; in dieſer Ver - ſammlung konnte man wohl zur Ueberzeugung gelangen, daß gerade von den Ver - tretern der Freien Schule für das veredelnde Moment der Religion am kräftigſten eingetreten wird und daß dieſer Verein geradezu beſtimmt iſt, eine Schutzwehr zu bilden gegen den Niedergang der öffentlichen Moral in Oeſterreich. Unan - taſtbar war alles, was in dieſer Verſamm - lung geſprochen wurde und dieſer Austauſchgroßer, edler Gedanken hat jenes Gefühl der allgemeinen menſchlichen Zuſammengehörigkeit ausgelöſt, der einen Erfolg bedeutet, welcher über alles Alltägliche und Triviale turmhoch herausragt.

Ueber dieſe Verſammlung bringt das hieſige chriſtlichſoziale Volksblatt einen Be - richt. Wenn wir nun einige Bemerkungen über dieſen Bericht für zweckmäßig erachten, ſo geſchieht dies nicht in der Abſicht, mit dieſem Blatte zu polemiſieren. Jeder Ein - ſichtsvolle wird uns zugeſtehen, daß die Form, in welcher Angriffe in dieſem Blatte ſtatt - finden, dies einem auf Anſtand haltenden Menſchen unmöglich macht. Aber der Inhalt dieſes Berichtes hat ſeine Bedeutung für das öffentliche Leben in Baden und dies iſt allein der Grund, weshalb wir uns heute mit dem - ſelben beſchäftigen.

Der Bericht bringt gar nichts, auch nicht ein Wort über den eigentlichen Verlauf der Verſammlung, ſondern beſchäftigt ſich aus - ſchließlich mit den Perſonen, welche an der Verſammlung teilnahmen. Zuerſt werdennatürlich die zwei Vortragenden gehörig per - ſönlich beſchimpft. Hock und Kronawetter werden ſich darüber zu tröſten wiſſen. Dann werden aber ſofort einige Namen her - vorragender Perſönlichkeiten aus den bürger - lichen Kreiſen angeführt, um deren Teilnahme an der Verſammlung kleinliche Motive zu unterſchieben. Das iſt jene Methode, die der Stadt Baden ſchon den größten Schaden zugefügt hat, jene Methode, gegen welche ſich alle Bewohner Badens auf - lehnen müſſen und welche den Urgrund bildet, daß es in Baden mit der Vertretung der öffentlichen Angelegenheiten und der ſtädtiſchen Intereſſen nicht vorwärts geht.

Vor den letzten allgemeinen Gemeinde - wahlen iſt ein kleiner Kreis von wirklichen, ganz ſelbſtloſen Freunden der Stadt Baden zuſammengetreten, um tüchtige Kräfte ſowie ganz unabhängige Männer in die Gemeinde - vertretung hineinzubringen. Es hat ſich auch herausgeſtellt, daß ſolche Perſönlichkeiten in Baden wirklich vorhanden ſind. Man iſt an dieſelben herangetreten und erhielt überall

Fenilleton.

Akkorde. *)Siehe die Nummern 21, 22, 23 und 24 der Badener Zeitung .(Aus dem Tagebuche eines Unbekannten.)

(Nachdruck verboten).

IV.

Die Schneenixe treibt die Dämonen aus ihren ſilbernen Betten zu wilder Mänadenjagd. Seuf - zende Rieſengeſtalten von unfaßbarer, verſchwommener Körperlichkeit!

Auf den Dächern führen ſie ſataniſche Tänze auf und heulen wie flüchtige Geſpenſter durch die hohlen Schlote.

Das Leichentuch der Erde wird zur Sturmfahne der empörten Elemente, die Erde ſelber zum Schau - platz ſataniſcher Gewalten.

Eine Mondnacht von ſinnberückenden Effekten. Unter dem weißen Licht der in dunſtfreier Höhe ſchwebenden Scheibe hob ſich das Meer ſehnſüchtig und glitzerte in Millionen Silberſchuppen.

An den Klippen ſchwärmten irrlichternde Tropfen.

Nur das Meer pulſte in leichten Athemzügen und gab der hellen Nacht ihre Silberblicke zurück.

Ueber die verſchneiten Fichtenhorſte ſpannt ſichein Nebelſtreif von Millionen Welten und dieſe ſetzen als blinkende Sterne Millionen Lichter auf die weißen Zweige.

Jetzt ſchlummert der Ozean und trinkt das Sternenlicht, das auf ihn herabträuft.

Auferſtehung des eingeſargten Lebens

Die Silbermöve kreiſt ſchlaftrunken über den kahlen Klippen; man glaubt an Geiſterlachen, ſo ſeltſam iſt der herbe Ton des träumenden Sturmvogels.

Das iſt ein Duft, als ſeien alle Blumenſeelen ihrem herbſtlichen Grabe entſtiegen!

Die Glücklichen hängen an den Lippen, als ſei die Luſt ein unerſchöpflicher Born, eine Liebeshippo - krene ohne Verſiegen!

Die Lichtfeier des Meeres: ein hehrer ſeelenbe - zwingender Glanz.

Wie eine dünne Rauchſäule ſteigt der Nebelſtreif der Milchſtraße von den beſchneiten Schultern des Hochgebirgs in die Unendlichkeit und zerrinnt in eine andere Weltregion.

Dort geht eine Welt in nächtlicher Licht - brandung auf, zerſchmelzen Himmel und Erde in einem Kuſſe

Schwarzgrüne Wogenberge durchwühlen die Tangwaldungen der Tiefe, wo die rothen Korallen glühen und der bunte Sternenhimmel der See - Anemonen flimmert.

Verſpätete Vogelſchwärme ſchwimmen im Luft - ozean und ſuchen ſüdliche Gefilde auf, wo in Lorbeer - hainen noch das ſchwüle Aroma des Sommers brütet.

Von der Jugendzeit zum reifen Alter ſpannt ſich jene Seufzerbrücke, die jeder betreten muß und auf der Mancher zum Fall kommt.

In ſolchen Stürzen leidet das Herz Schiffbruch, aber der gehärtete Verſtand ſammelt die Trümmer, die das Meer der Leidenſchaften auswarf. Es iſt freilich unnützer Ballaſt, denn jene Trümmer ſind zerſchellte Hoffnungen der Jugend.

Seeſturm.

Am Strande peitſchte die Brandung in rieſiger Höhe die ſchäumenden Wogen empor. In Millionen Atome zerſtäubt, ſchnellten ſie den weißen Giſcht thürmend hinauf.

Was Minuten für das Menſchenleben ſein können, das lernten wir hier pochenden Herzens kennen. Es waren Minuten zwiſchen Sein und Nichtſein; noch immer trieb das Schiff dem Strande zu.

Die See glich ſich ſelbſt nicht mehr, ſie hatte nichts von der ſchönen blau-grünen Farbe ihres All - tagsgewandes. Wie der Schneeſturm auf dem Gletſcher alles wie mit einem Leichentuche verhüllt, ſo bildete der zerſtäubte Waſſerdunſt mit den be - ſtändig hinraſenden Regenſchauern ein chaotiſches Gemenge. Dichtes, undurchdringliches Grau!

Mit dem einbrechenden Abend veränderte ſich die Szenerie. Rieſige Wolkenmaſſen ſtiegen auf die Nachtwolken floſſen maſſig ineinander ein langanhaltender Donner rollte vorüber und Blitze zerriſſen für den Augenblick das ſtarrende Gewölk. Der Donner machte das Schiff erzittern. Die Nacht war undurchdringlich.

(Fortſetzung folgt.)

2Mittwoch Badener Zeitung 25. März 1908. Nr. 25.

die gleiche Antwort, die ungefähr folgender - maßen lautete: So lange die Badener Bürgerſchaft es ruhig dulden wird, daß ſich Katilinarier in Baden herausnehmen dürfen, jeden, der ſich der öffentlichen Tätigkeit widmen will, mit Kot zu bewerfen, ſo lange werden ſich wirklich ernſte Vertreter der Stadt - intereſſen Badens nicht finden laſſen . Jeder Badener kennt dieſe Schädlinge und jedem muß dieſes Unglück Badens auch be - kannt ſein. Das chriſtlichſoziale Badener Volksblatt iſt nach dieſen Vorwürfen zu dieſen Schädlingen zu rechnen.

In dem Berichte muß natürlich auch ſtehen: Die Juden waren auch dabei. Die Exiſtenz der chriſtlichſozialen Partei beruht auf der Judenhetze; es iſt alſo ganz ſelbſtverſtändlich, daß in dieſem Berichte auch der Jud vor - kommen muß. Das Chriſtentum der chriſtlich - ſozialen Partei muß freilich auf ſchwachen Füßen ſtehen, wenn immer der Jude zuhilfe gerufen werden muß. Wir glauben, einige Worte über die Judenfrage im gegenwärtigen Falle ſagen zu ſollen.

Es wäre lächerlich, die Judenfrage leugnen zu wollen; ſie exiſtiert und ſie wird vom ernſten wirtſchaftlichen Standpunkte auch heute gründlich behandelt. Zur Völkerpſychologie und Ethnographie ſind in den letzten Jahrzehnten zwei neue wiſſenſchaftliche Richtungen hinzu - getreten: Die Soziologie und die Biologie. Wenn wir den Erfolg dieſer wiſſenſchaftlichen Tätigkeit zuſammenfaſſen, ſo ſtellt ſich die Judenfrage als eine wichtige Kulturfrage heraus. Je geringer die Kultur in einem Lande iſt, deſto ſchlechter iſt es mit der Qualität der Juden daſelbſt beſtellt; mit der Steige - rung der Kultur nimmt die Qualität der Juden zu und dort, wo die höchſte Kultur erreicht wurde, gibt es keine Judenfrage mehr. Mit dem Niedergang der Kultur in Oeſterreich infolge der Herrſchaft der ſchwarzen Internationale mußte ſich auch die Qualität der Juden ver - ſchlechtern und deshalb gibt es heute ſchon Strömungen unter den Juden, welche für die konfeſſionelle Schule eintreten. Dieſe Strö - mung beruht auf einem egoiſtiſchen und auch er -klärlichen Intereſſe, die Judenkinder von dem ſchädlichen Einfluſſe auf die geiſtige und ge - mütliche Erziehung in der allgemeinen Volks - ſchule zu befreien. Die Judenkinder ſollen nach dieſer Anſicht ſchon in der Volksſchule auf einen modernen Standpunkt geſtellt werden. Die Juden, die an der letzten Verſammlung der hieſigen Ortsgruppe des Vereines Freie Schule teilnahmen, ſtehen nicht auf dieſem egoiſtiſchen Standpunkte und deshalb haben wir uns über ihre Anweſenheit ſehr erfreut.

Wer ein geliebtes Kind erzogen hat, weiß die Qualität des Lehrers zu ſchätzen, hängt doch von den vorzüglichen Eigenſchaften des Lehrers ein großer Teil der Zukunft dieſes Weſens ab, das ihm über alles geht. Für die Qualität des Lehrers gibt es bei der chriſtlichſozialen Partei einen ganz anderen Maßſtab. Der Lehrer kommt mit dem Publi - kum in mannigfachen Verkehr, das Publikum iſt für die herrſchende Partei die Wählerſchaft. Bekennt ſich der Lehrer zur chriſtlichſozialen Partei und iſt er für ſie tätig, dann hat er die einzig richtige Qualität, die ihm unter den heutigen Verhältniſſen nützen kann. Hat er dieſe Qualität nicht, ſo bekommt er eine ſchwarze Note und ſein Schickſal iſt beſiegelt. Zu dieſem Zwecke hat die chriſtlichſoziale Partei eine große Denunziationsmaſchine in Tätigkeit geſetzt und es iſt ihr auch gelungen, einen großen Teil der Lehrerſchaft zu demorali - ſieren. Das Denunzieren iſt die niederträchtigſte Eigenſchaft des Menſchen und ſelbſt der ab - gefeimteſte Verbrecher empfindet eine Scham, ſeinen Helfershelfer zu verraten. Für eine Partei, welche von einem Orden kommandiert wird, deſſen Hauptgrundſatz in dem Ausſpruche: Der Zweck heiligt die Mittel, liegt, gibt es ſolche Empfindungen nicht. Die heilige Dreifaltigkeit der öffentlichen Moral dieſer modernen chriſtlichen Partei iſt die Judenfrage, die Denunziation und die Aemtergier. Als Johannes Huß in Conſtanz deshalb verbrannt wurde, weil er ein Charakter war, nahte ſich ein altes Mütterchen, um den Holzſtoß mit einem Bündel Reiſig zu vergrößern. Johannes Hußmachte die Bemerkung: O sancta simplicitas!

Das hieſige chriſtlichſoziale Organ glaubt nun, auch in dieſem Sinne wirken zu ſollen und fixiert die Namen der Lehrer, welche an der letzten Verſammlung der Freien Schule teilnahmen, mit etwas Druckerſchwärze. Es ſoll die Denunziation dieſer Lehrer, daß ſie an einer ſolchen Verſammlung teilgenommen, für alle Fälle ſichergeſtellt und ermöglicht werden. Das ſind wohl eigenartige Schlag - lichter, welche auf dieſes moderne Chriſtentum geworfen werden. Wir haben einmal geſagt, daß derjenige, welcher einen der hehren Aus - ſprüche unſeres Heilands ſuchen würde, der auf dieſe Partei paſſen könnte, einen ſolchen nicht finden wird. Heute kennen wir ein ſolches Wort Chriſti, aber da wir es nieder - ſchreiben wollen, fällt uns ein anderer Aus - ſpruch ein, der vor der Verſchwendung der göttlichen Perlen warnt. Wir werden uns dieſer Profanation nicht ſchuldig machen.

Fromme Volksretter.

Geehrter Herr Redakteur!

Im Anſchluß finden Sie den Ausſchnitt einer großen, auffallenden Ankündigung einer italieniſchen Zeitung. Das Bruſtbild eines ſehr feiſten, verſchmitzt lächelnden Paters ſehen Sie als Schmuck und darunter leſen Sie: Padre Salvatore da Giugliano. Da una fotografia del cav. Durante . Die großgedruckte Titelzeile des ganzen lautet: È tempo di finirla , auf deutſch: Es iſt Zeit, ſie zu endigen! Mit dem ſie iſt die Miſere der Menſchheit gemeint. Und nun wollen Sie leſen, wie Elend und Not der Menſchheit zu endigen wäre nach Pater Salvatore.

Aber Sie verſtehen vielleicht gar nicht italieniſch? Dann erlaube ich mir eine Ueberſetzung anzufügen. Der Ausſchnitt entſtammt der Gazzetta del Popolo della Domanica (Sonntags-Volkszeitung) Turin, 17. November 1907. *)Das Originale befindet ſich in unſeren Händen und kann von jedermann eingeſehen werden. Die Schriftleitung.

Patre Salvatore ſchreibt, vielmehr läßt von einem nichtgeiſtlichen Helfer ſchreiben:

Einer der machtvollſten Mathematiker und Ka - baliſten, deren Italien ſich rühmt, iſt durch Proben im Lotto und durch Bezeugung der ganzen Welt ohne Zweifel der Patre Salvatore da Giugliano, der

Der alte Hanna. Ein wahrer Studenienſtreich.

Vor vier bis fünf Jahrzehnten lebte in der Nähe von Amonsgrün, einem kleinen Orte bei Königs - wart, ein alter Mann, welcher allgemein unter dem Namen der alte Hanna bekannt war. Derſelbe machte um dieſe Zeit herum durch ſein Geſundbeten viel von ſich zu reden und erfreute ſich ſeitens der ländlichen Bevölkerung in der ganzen Umgebung großen Anſehens.

Ein ganzer Sagenkreis wob ſich mit der Zeit um das, zwiſchen Baumgruppen und Sträucherwerk verſteckt gelegene Hüttchen, in welchem der alte Hanna, ſeit ſeiner Penſionierung als Schaffer auf einem kleinen Landgute, eine hübſche Reihe von Jahren hauſte. Gar oft war das kleine Häuschen das Ziel der Spaziergänge von Königswarter und auch Marien - bader Kurgäſten, die, durch Erzählungen anderer neugierig gemacht, den Alten und ſeine Umgebung kennen lernen wollten; für Neugierige hatte dieſer aber keine Zeit und, durchs Fenſter lugend, konnte er genau unterſcheiden, wer Rat und Hilfe ſuchte oder wer aus bloßer Neugier kam.

Wenn die Landbewohner die Einſiedelei nicht aufſuchen mußten, wichen ſie derſelben lieben aus, mehr aus Ehrfurcht, als aus Scheu und machten früher einen Umweg, um nur an derſelben nicht direkt vorbeikommen zu müſſen. Alte Weiber ſchlugen ſogar ein Kreuz, wenn ſie in noch ſo weiter Ent - fernung an der Hütte vorübergingen, weil in deren Einfalt der alte Hanna die Kraft hatte, den Todes - tag eines jeden Menſchen im voraus zu beſtimmen.

Der alte Hanna, der weder Familie noch ſonſtige Verwandte beſaß, war in Wirklichkeit ein ganz ge - wöhnlicher, harmloſer Mann, der zu ſeinem geheimen Rufe als Wundermann jedenfalls viel weniger beitrugals die Leute. Dieſe erblickten in dem patriarchaliſchen Ausſehen und einſiedlermäßigem Leben des Alten etwas Ueberirdiſches und ſchrieben ſeinem Geſund - beten große Wirkung zu. Nebenbei erzählte man von ſeinem Reichtum, den er durch ſeinen ſprichwörtlich gewordenen Geiz welcher ſoweit gegangen ſein ſoll, daß er eine ihm zum Geſchenke gemachte Katze tötete und ausſtopfte, um das Futter zu erſparen immer mehr vergrößerte.

Die dortigen Aerzte ſahen dem geheimen Treiben Hnnna’s zwar mit ſchelen Blicken zu, wollten aber gegen ihn als Kurpfuſcher doch nicht einſchreiten, weil ſie deſſen nicht zu unterſchätzenden Anhang reſpek - tierten und ſich ſchließlich ſagen mußten, daß ſeine aus verſchiedenen Kräutern und Pflanzen zur beſſeren Wirkung des Geſundbetens zubereiteten und verab - reichten harmloſen Tränklein weder etwas helfen, noch ſchaden konnten. Dafür ärgerten ſie ſich aber über die Dummheit der Leute, aus denen überdies über Hanna und ſeine Krankenbehandlung nichts genaues herauszubringen war. Das wußte der Alte ganz gut. Er brachte ſeine Tränklein, unter Auftrag des vollſten Schweigens, damit ſie von Wirkung ſind, gut an und beſorgte dafür das Geſundbeten etwas billiger.

Es war einmal an einem heißen Julinachmittag, als ein junges Bürſchchen von zirka 16 Jahren, in welchem man auf den erſten Blick einen Studenten erkannte, auf die Hütte des alten Hanna zuging. Je näher er derſelben kam, deſto geheimnisvoller war die Stille ringsumher. Plötzlich hörte er die Hüttentur zuſchlagen und bald darauf Schritte.

Das iſt ja gar unſer Schmied, der daher - kommt. Der tut immer ſo aufgeklärt und geht doch heimlich zum Hanna; es iſt gut, daß er mich nicht bemerkt hat .

Der Schmied hatte den jungen Mann aber doch auch geſehen und dachte wieder für ſich:

Was mag nur der Doktorbub da wollen, der wird doch nicht auch den alten Hanna ampumpen? Dem iſt alles zuzutrauen .

Die Schritte des Studenten ſtockten ſehr oft und einige Male umkreiſte er das Häuschen, bis er ſich endlich entſchloß, vor die Tür zu treten; er mußte ein paar Mal kräftig an dieſelbe klopfen, bis er ſchlürfende Schritte hörte und die Tür aufgemacht wurde.

Es lief ihm etwas kalt über den Rücken, als er einen alten, ehrwürdigen Menſchen mit bis auf die Schulter herabwallenden weißen Haaren und be - kleidet mit allerhand färbigen Tüchern vor ſich ſah, welcher ihn durch eine Handbewegung einlud, weiter zu kommen.

Aber raſch faßte ſich der junge Mann und ſchritt hinter dem Alten in eine rauchgeſchwärzte Stube, wo ſich dieſer auf einem zerſchliſſenen, divan - ähnlichen Möbel niederließ und ſeinen Beſuch wieder durch eine Handbewegung aufforderte, platzzunehmen. Ein morſches, wurmſtichiges Bettgeſtell mit blauem, ſchmutzigem Bettzeug, ein alter Kaſten, drei abge - ſeſſene Stühle, ſowie ein wiederholt verſchmierter Kachelherd bildeten die Haupteinrichtung. Auffallend war ein, in einem Winkel hängendes Kruzifix, welches über und über mit heiligen Bildchen und Kränzchen geſchmückt war. Ueber dem alten Kachelherd hingen an einer Schnur verſchiedene Kräuter, Wurzeln und Rinden; von den Wänden ſchauten ausgeſtopfte Nachtvögel, wie Eulen, Uhus und Käuzlein herab.

Was führt dich hieher und was fehlt dir, mein Sohn? begann der Alte in langſamen, ſalbungs - vollen Tone das Geſpräch, als er ſeinen Beſucher mit mißtrauiſchen Blicken gemuſtert hatte, der ihm aber ganz harmlos zu ſein ſchien und immer wieder die ſonderbare Stubenausſtattung neugierig betrachtete.

Ja, wiſſen Sie, ich hab mich verirrt, bin ein

3Nr. 25. Mittwoch Badener Zeitung 25. März 1908.

größte der Zeit durch Genie und Wiſſen. Wie viele Dankſagungen und Segnungen ſind dieſem heiligen Manne geworden, welcher ſich in ſeine Demut abſchließend ſo viele, viele Familien aus der Not zu helfen wußte. Er könnte Nutznießer von vielen ſeiner wunderbaren Vorausſicht ſein, aber inſpiriert von den edlen Gefühlen eines wahren Gottesminiſters hielt er ſich rein, blieb mitleidig gegen die Mit - menſchen und ehrbar von Herz und Charakter.

Obgleich er ein mächtiger Kenner der Lotto - nummern iſt, wurde er das Opfer eines gereizten, fortgeſetzten Krieges, welchen gewiſſe niedrige Leute gegen ihn führten, uſurpierend ſeinen Namen, aber glücklicherweiſe vergebens; ſeine Feinde wurden immer aufs Haupt geſchlagen. Fürwahr, er hatte ſtets Kraft über die Urne. Wie der Stratege des Krieges, der um jeden Preis ſiegen will, wußte er der Stratege des Lottos ſich immer auf der Höhe ſeines Rufes zu behaupten.

Unter den vielen Lottoſiegen gedenken viele Spieler mit großem Wohlgefallen der Quaternaſecco, gegeben durch das Rad von Neapel bei der Ziehung am 20. Juli 1889 mit den Nummern 9, 31, 64, 78. Er war auch der Urheber des grandioſen Ternos 3, 47, 81 am 7. Dezember 1895 und des letzten, viel bekannt gewordenen Gewinſtes am 25. Sep - tember 1897, ebenfalls zu Neapel mit dem Terno ſecco 39, 55, 82. Viele Dankſchreiben und ſehr viele Zeugen des In - und Auslandes beweiſen die Wohl - tat, die dieſer große Mann an der Menſchheit ge - übt hat.

Oft hat Pater Salvatore in Zeitungen trüge - riſche Verſprechungen über Terni und Quaterni ge - funden. Er ſagte: Ich werde dieſe lügenhaften Komödien einſtellen und ziemlich bald . Ich, ſein einziger Neffe, drängte auf feierliches Worthalten. Er verſprach es mir und berechtigte mich in ſeinem Namen, dieſes Aviſo zu veröffentlichen und um keinen Verdacht zu erwecken, als ſtamme es nicht von Padre Salvatore auch ſein Bildnis beizugeben.

O, unerſchöpfliche Macht des Genies!

Sie hat für die Ziehung in Neapel am 7. De - zember eine ſehr ſeltene Regel entdeckt, welche ſeit 1901 alle zwei Jahre, und immer in der erſten Ziehung im Dezember, unfehlbar den Gewinn der Quaterna ſecca gibt. Padre Salvatore da Giugliano, ein wahrer Salvator (Retter) der leidenden Menſch - heit, wird nach langem Stillſchweigen wieder ein Miracolo üben. Ich ſetze Ehrenwort und Gewiſſen, Dinge, die dem Manne teuer ſind wie das Leben, für das, was ich im Namen des illuſtren Paters ſpreche. Ihr würdet ein großes Verbrechen begehen mit einem Zweifel auf das, was ſich bewahrheiten muß. Es würde eine Beleidigung an dem guten Sinne und an der heiligen Religion ſein, wenn ihr dieſem heiligen Manne, dem heute ſich alle beugen, für lügenhaft halten möchtet.

Und nun ſaget mir, gering geſchätzte Arbeiter, ehrbare Familienväter, ſaget mir kleine Geſchäfts - leute und Landbauern, wenn Ihr nach einem ganzen Tag der Plage abends müde und erſchöpft heimkehrt, was Ihr vor dem kargen Eſſen denkt in dem Be - wußtſein, daß andere jetzt nach einem Tag des Nichtstuns bei Fleiſch, Brathuhn und Süßigkeiten ſitzen? Verflucht Ihr nicht das Leben und den Tag Euerer Geburt? Aber hier iſt der Engel, der Euch die Arme hinſtreckt und Euch ſagt: Ich könnte Euch das Mittel bieten, dieſen Bitterkeiten ein Ziel zu ſetzen, es iſt Manna vom Himmel. Ich kann Euch wohlverdiente Stärkung für Eure Schmerzen geben . Und dieſer Engel iſt Padre Salvatore. Ich erwarte den Segen des Himmels über dieſen Mönch, den Gott als Retter der armen Menſchheit berufen hat. Das Vergangene kehrt nicht wieder und wenn Ihr das glückliche Datum des 7. Dezember vorübergehen laßt, ſo werdet Ihr Euch ſelbſt verurteilen zu an - dauerndem Weinen, umſomehr, als es ſich nur um eine armſelige Lira handelt auf einen Gewinn von 60.000 Lire. Ich verpfände Euch, Ihr betrübten und beladenen Märtyrer der Arbeit, mein Wort, daß Ihr am 7. Dezember lachen werdet, ein Tag, an dem jeder Katholik zu Gott die glühendſten Gebete empor - ſendet wegen der unbefleckten Empfängnis Marias der Jungfrau.

Verſichert Euch umgehend der Quaterna und ſchickt per Poſtanweiſung Lire 2·40 an meine Adreſſe: Luigi Carnevale, Handelsmann, Via Duomo 203, Napoli. Ohne Verzug folgt dann ein rekomman - diertes, geſchloſſenes und verſiegeltes Schreiben mit einem Zettel, der das Porträt und die eigenhändige Unterſchrift des Padre Salvatore trägt, ſowie in großen Ziffern die koſtbare Quaterna. Angeſchloſſen wird die Regel mit der bezüglichen Auseinanderſetzung.

Und dann komme der glückliche Tag, um ihn zu verzeichnen in den Annalen als den ſchönſten unſeres Lebens .

Vorſtehendes wird genügen. Das Ganze verfällt oft in den Ton der Hirtenbriefe und der ſonſtigen frommen Erläſſe an das Volk. Die Erklärung iſt ſehr ſchön, daß es eine Beleidigung der heiligen Re - ligion ſein würde, ſich den heiligen Mann als lügen - haft zu denken. Ja, ja, immer beleidigt die heilige Religion derjenige, der die heiligen (?) Männer durchſchaut.

Daß ſo etwas noch nicht in Oeſterreich paſſierte, iſt fürwahr ein Wunder, denn ſein Boden iſt eben - falls fruchtbar für Unkraut und wird hiefür auch immer mehr gemiſtet.

Kritiſche Streiflichter.

Die Avvocati di San Pietro werden bis auf weiteres aus Oeſterreich keinen Zuwachs erhalten. Wie es ſich mit dieſem Ehrenamte verhält, hat die polizeiliche Ausweiſung des Gimpelfängers und Ab - zeichenverſchleißers zur Genüge dargetan, und der heilige Stuhl hat allen Anlaß, das bekannte Sprich - wort zu variieren: Gott ſchütze mich vor meinen Anwälten, die auf ſolche Art zu Avvocati gewurzt werden. Unmittelbar vor der Aufdeckung des ganzen Schwindels iſt noch ein Gimpelfang geglückt. Ein mittlerer Bankbeamter war e[i]n Opfer ſeiner Eitelkeit geworden und er ſelbſt hat es ſofort unternommen, die Tagesblätter mit der Mitteilung von ſeiner neuen Würde zu behelligen. Prompt wie immer hat das Extrablatt auch der Bitte entſprochen, die neueſte Wurzen des Papierhändlers und Vereins - abzeichenverleihers im Bilde ſeinen Leſern vorzu - führen. Die Kenntnis des Umſtandes, daß der Ge - prellte früher evangeliſcher Konfeſſion war und auf ſeine angebliche Eigenſchaft als Presbyter der A. C. ſich viel einbildete, vermittelte dem Leſer der Nach - richt das unangenehme Gefühl, daß wieder einer um eines wertloſen Schmarrn willen, von dem was er bisher für ſeine Ueberzeugung ausgab, abgefallen war. Die hochtrabende Aufzählung ſeiner diverſen Vereinszugehörigkeiten nahm in der Hausmeiſter - gallerie des Extrablatt nicht Wunder. Nun hat ſich der ganze Eifer als Erhöhung der eigenen Bla - mage entpuppt. Es iſt klar, daß ſich die Avvocati aus ähnlichen Elementen zum weitaus größten Teile rekrutierten, denen man den Schaden ſowohl, als auch den wohlverdienten Spott zur Ehre der Ver - nunft und der anſtändigen Geſinnung vom Herzen gönnen kann.

Was da vorvergangenen Samstag von der hieſigen Ortsgruppe des Vereines Freie Schule veranſtaltet wurde, war kein Nikologſchnas mit der üblichen alten Betbrüderſtaffage, ſondern eine ernſte würdige Sache, die auch impoſant verlief, ſo impoſant, daß ſelbſt die anweſenden Gegner es nicht leugnen konnten. Nur die Macher des hieſigen chriſtlichſozialen Moniteurs ſcheint die große Verſammlung um ihr bischen Verſtand gebracht zu haben; ſie ſchreiben zwar nicht ihre gewöhnliche Lüge nieder, daß die Anweſenden faſt durchwegs aus Sozi beſtanden, dafür mußten diesmal die Lehrbuben herhalten und auf dem Schweißfuße des Berichterſtatters folgen ihnen die Juden nach. In der Gewiſſenhaftigkeit, die dieſes journaliſtiſche Genie auszeichnet, wird ſogar ſchnell die Beſchneidung eines Chriſten vorgenommen.

Verächtlich wird die Sache nur dadurch, daß man wieder einen alten Trick aufgriff und durch no - minative Anführung eine Anzahl Lehrer ſchamlos denunzierte, offenbar zu dem Zwecke, ſie bei ihrer vorgeſetzten Behörde zu verdächtigen. Der gewiſſenloſe Kerl ging in ſeiner teufliſchen Bosheit ſo weit, ſogar einen Oberlehrlehrer, der

armer Student auf Reiſen und möchte Sie um eine kleine Unterſtützung bitten , erwiderte der Student.

Ah, du biſt nicht von der Gegend? Geben kann ich dir leider nichts, bin ſelber ein armer Teufel, aber ausruhen kannſt dich hier und meine Wohnung anſchauen, weil ſie dich wie ich ſehe, gar ſo intereſſiert .

Ich habe ſchon von Leuten aus der Nähe ge - hört, daß in der Gegend ein Mann ſein ſoll, der ſchon viele Leute durch Geſundbeten und Arzneigeben geſund gemacht hat und freut es mich, daß ich da ganz unabſichtlich an die richtige Adreſſe gekommen bin .

Ja, das bin ich , murmelt der Alte.

Das freut mich aber, denn, wenn Sie mir ſchon keine Unterſtützung geben, ſo kann ich mir durch Sie wenigſtens etwas verdienen , ſagte im freudigen Tone der junge Beſucher.

Ja, wieſo denn? fragte neugierig der Alte.

Wiſſen Sie, ich beſchreibe hie und da ein kleines Erlebnis aus meiner Wanderſchaft in einer Zeitſchrift und erhalte dafür einige Gulden Honorar und mein heutiger Beſuch hier iſt auch ſo

Oho, oho! fiel ihm ſichtlich erſchrocken der Alte in die Rede, mein Lieber, das darfſt nicht tun, da möchte ich ja von der Obrigkeit verfolgt werden, denn, wenn nicht direkt ein Wunder vor deren Augen geſchieht, ſo glaubt die ja an nichts .

Ja wiſſen Sie, ich finde eben keinen anderen Ausweg. Ich brauche zu irgend etwas dringend Geld; ich werde ſchon ſo ſchreiben, daß Ihnen nichts ge - ſchieht .

Mein Lieber, das geht abſolut nicht. Mein Geſundbeten iſt doch nur von Wirkung, wenn alles im geheimen geſchieht und das darf nicht auspoſaunt werden. Mir tut’s ſchon leid, daß ich dich hereinge - laſſen habe. Das iſt ein ſchöner Dank!

Sie brauchen nichts zu befürchten, es wird Ihnen nichts geſchehen , ſagte in beſchwichtigender Weiſe der Student.

Der alte Hanna war aber ſchon erregt aufge - ſtanden, ſchritt in der Stube auf und ab und ſchien über ſeinen Beſuch ſehr erboſt zu ſein.

Das darfſt nicht tun, auf keinen Fall! wieder - holte er, ſich vor den jungen Mann hinſtellend.

Dieſer ließ ſich aber nicht einſchüchtern, ſtand ebenfalls von ſeinem Sitz auf und ſich zum Gehen anſchickend, ſagte er: Ich bin ein armer Teufel, der jede Gelegenheit zu einem Verdienſt benützen muß. Geben Sie mir die zehn Gülden, die ich von der Zeitſchrift erhalten würde und ich laſſe Sie in Frieden. Ich kenne, nebenbei geſagt, auch einige Doktoren aus der Gegend und wenn ich denen ſo verſchiedenes von Ihnen erzählte, würden die mich vielleicht auch unterſtützen .

Was? Zehn Gulden? O du heiliger Heiland! jammerte der Alte. So viel Geld habe ich gar nicht in meinem ganzen Vermögen und den Doktoren erzählen? So ein Undank!

Wenn Sie nicht wollen, dann Adieu! ſagte der Junge und drückte auf die Türſchnalle. Der Alte aber packte ihn ſchnell beim Rockſchöſſel und befahl in kurzem Tone: Wart ein bißl!

Dann ging er zum Bett, kramte im Strohſack herum und brachte ein altes Buch zum Vorſchein. Mit einer Fünfguldennote in der Hand ging er auf ſeinen Störenfried zu und gab ſie ihm mit den Worten: Mehr hab ich nicht und jetzt laſſe mich in Ruh!

Der ſo abgefertigte Quälgeiſt nahm ſchnell die Note, ließ ſie in einer Taſche verſchwinden und ſprach: Damit Sie ſehen, daß ich kein unbeſcheidener Menſch bin, begnüge ich mich mit dieſen fünf Gulden undverzichte auf die andere Hälfte nun Adien! wobei er dem Alten die Hand hinſtreckte, die dieſer ſichtlich unwillig reichte.

Befriedigt über ſeinen Erfolg verließ der Stu - dent die Hütte. Er war aber kaum noch einige Mi - nuten gegangen, als auch ſchon hinter Bäumen und Geſträuch die Köpfe ſeiner Freunde hervorguckten; dieſe waren ihm unbemerkt nachgefolgt und einer von ihnen ſchlich ſich ſogar zum Hüttenfenſter, um das in der Stube geführte Zwiegeſpräch zu belauſchen, denn es galt eine Wette auszutragen.

Der im Kreiſe ſeiner Freunde zum Helden des Tages Avancierte hatte nicht nur deren Behauptung, daß er ſich allein nicht getraue den Alten aufzuſuchen, gründlich widerlegt, ſondern auch noch das Faß Bier gewonnen, welches für den Fall gewettet war, als er von Hanna eine Unterſtützung erhalten ſollte.

Was allen als etwas Unmögliches erſchien, war zur Tatſache geworden, der Alte, welcher keinen Rat unbezahlt gab, hatte es über ſich gebracht, Geld her - zugeben. Das war ein Kunſtſtück, welches einer würdigen Feier bedurfte und es wird ſich der alte Hanna nicht haben tränmen laſſen, daß ihn einige übermütige Studenten in der Schenke hoch leben ließen.

Einige Jahre ſpäter ſtarb der Alte nach Er - reichung eines ungewöhnlich hohen Alters. Ganz un - vorbereitet mußte ihn der Senſenmann geholt haben, da nicht die geringſte teſtamentähnliche Aufzeichnung vorgefunden wurde. In allen möglichen Verſtecken hielt er Geld verborgen, welches teilweiſe ſchon außer Kurs war; die Banknoten ſorgfältig geſchlichtet in einem alten Buche, das Metallgeld in kleinen Säckchen. Es machte ein kleines Vermögen aus, für welches kein rechtmäßiger Erbe gefunden wurde.

4Mittwoch Badener Zeitung 25. März 1908. Nr. 25.

auf dem Krankenbette liegt, als Anweſenden anzuführen!

Die Beſchränktheit dieſes Berichterſtatters aber iſt aus dem Schlußſatze ſeines Berichtes erſichtlich. Derſelbe lautet:

Zum Schluſſe gingen einige Damen, die, ehrlich geſagt, zu gut ſind für dieſe gemiſchte Geſell - ſchaft, abſammeln für eine Vereinsſchule oder dergleichen. Alſo eine Nachahmung des ſo verläſterten Klingelbeutels, aber nicht für die Armen, ſondern für einen ſchlechteren Zweck!

Ein ehrliches Eingeſtändnis einer ehrlichen Seele! Der Mann gibt alſo durch dieſen Kom - parativ zu, daß das Abſammeln mit dem Klingelbeutel eine ſchlechte Sache, jenes für die Vereinsſchule eine noch ſchlechtere ſei! O heilige Einfalt!

Was die Bemerkung des hervorragenden Blattes anbelangt, mit welcher es über Männer, deren Charakter tadellos iſt und deren politiſche Laufbahn jedenfalls auf geraderem Wege zurückgelegt wurde, als jene des Artikelſchreibers, urteilt, ſo dürften ſich dieſelben wohl darüber hinwegſetzen können. Man weiß ja doch nur zu genau, welche Charaktere unter dieſer Flagge ſegeln und die Landsknechte, die ſie für ihre Sache werben, ſtrömen in ihr Lager weniger um der guten Sache, als wegen des Kampfes um Pfründen, Stellen und in ihren letzten Ausläufern ſogar um ein Viertel Heurigen. Wir werden ja ſehen, ob in Zukunft die Wahlen aus dieſer Partei nicht auch jene Leute ausſcheiden, für welche dann jedoch kein Salon der Zurückgewieſenen, ſondern irgend eine Schnapsbude offen ſtehen wird.

Der Verein Freie Schule kämpft mit offenem Viſier. Seine Verſammlungen ſind öffentliche und für jedermann zugänglich, im Gegenſatze zu jenen der Chriſtlichſozialen, die ihre Konventikel bei geſchloſ - ſenen Türen abhalten; er ſehnt ſich nach einer Ausſprache mit ſeinen Gegnern, die auch hie und da ſtattfindet; nur iſt bei uns infolge der geiſtigen Beſchaffenheit der gegneriſchen Führer ein Wort - kampf unmöglich. Aber eines wird der Verein in Zukunft nach dem Vorgefallenen tun müſſen: Wenn der Denunziantenlump wiederkommt, wird er ihm den verdienten Fußtritt geben müſſen, dann mag er ihn laufen laſſen.

Wie ſich doch die Zeiten und die Menſchen ändern! Da ſpielt uns der Zufall die Nr. 31 der Oeſterreichiſchen Schulzeitung vom 2. Auguſt 1893 in die Hände, in der ein Bericht über die Verſamm - lung des n. . freiheitlichen Landeslehrervereines in Waidhofen a. Th. enthalten iſt. Da ſteht auf Seite 509 folgendes: ... Darnach ſprach Herr Kooperator Kainz, Religionsprofeſſor am n. . Landes - und Realgymnaſium in Waidhofen. Derſelbe, eine ſym - pathiſche Erſcheinung (!), führte aus, wie er von Kindheit an bis jetzt dem Lehrerſtande ſeine Hochachtung bezeige, er betonte die Gemeinſamkeit der Erziehungs - ziele für Prieſter und Lehrer und brachte ſein Glas der Lehrerſchaft ...

Das war vor 15 Jahren. Mittlerweile iſt die große Proskineſe vor der antidemokratiſcheſten aller Strömungen, dem Klerikalismus gekommen; an die Stelle der Verinnerlichung iſt die Veräußerlichung getreten; an die Stelle der Werktätigkeit und des Reiches Gottes inwendig in uns traten die äußer - lichen Gebärden, traten die reichen, aber nicht guten Werke am geſchnitzten Holze und am gemalten Glaſe. Heute ſitzt dieſer Herr Kainz, Religionsprofeſſor am n. . Landesrealgymnaſium in Baden, mitten in jener Geſellſchaft, die die Lehrer bei ihrer vorgeſetzten Behörde denunziert, wenn ſie, ſo wie jeder andere Staatsbürger, von dem ihr zuſtehenden bürgerlichen Rechte des Beſuches von Verſammlungen Gebrauch macht! Und doch hatten die Lehrer ihn damals eine ſympathiſche Perſon genannt!

Nun wir einmal bei unſerem Gymnaſium an - gelangt ſind, wollen wir auf einen Vorfall zu ſprechen kommen, der ſich in der Vorwoche an beſagter Anſtalt zutrug und gegenwärtig viel beſprochen wird. Ein Supplent wir ſind rückſichtsvoll genug, ſeinen gerade nicht ariſch klingenden Namen zu verſchweigen gab einer Gruppe israelitiſcher Zöglinge gegenüber ſeinem Erſtaunen Ausdruck, daß ſie alle gut katholiſche und nicht die üblichen ſemitiſchen Namen tragen, bei welcher Gelegenheit er ſich auch nach dem Stande der Eltern erkundigte. Als nun einer der Knaben berichtete, daß ſein Vater Kaufmann ſei, wurde die Neugier des Herren Supplenten mächtig angeregtund da er über eindringliches Befragen erfuhr, daß hinter dem Kaufmanne ſich ein Wechſelgeſchäftsinhaber verberge, gab er ſeinem Unmute mit den Worten Ausdruck: Ach, wer in die Hände dieſer Wucherer fällt, der iſt ſchon verloren.

Wenn ſolche Worte den Kindern ſchon in der Schule eingeimpft, der Raſſenhaß und Klaſſenhaß ſchon auf der Schulbank gelehrt wird, dann dürfen uns unſere öffentlichen Zuſtände nicht wundern. Und das nennt ſich ſtolz Zeitalter des Kindes! Wir ſind begierig, zu erfahren, wie man an zuſtän - diger Stelle ſich zu dieſer Unterrichtsmethode dieſes chriſtlichſozialen Scharfmachers ſtellt.

Lokal-Nachrichten.

In der Weilburg

werden gegenwärtig umfaſſende Renovierungsarbeiten vorgenommen, die ſich auf einen längeren Zeitraum erſtrecken dürften. Wie verlautet, ſoll daſelbſt eine Tochter des Erz - herzogs Friedrich, die demnächſt ihre Vermählung feiert, ihre Flitterwochen dort verleben.

Lenzeinzug.

Man könnte uns phan - taſtiſch nennen, wenn wir von Lenzeinzug ſprechen Aber wir fühlen die Berechtigung dazu dennoch. Der Sonntag war ja ein lieber Sonntag, nur etwas windig, wie es ſchon in der Luft liegt . Aber draußen erwacht, erſchallt, erblüht der Frühling, daß es eine Freude iſt! Schneeglöckchen und Primeln, Leberblümchen, Kuhſchellen, Karexgräſer und Ehren - preis, ſie zeigen uns ihre Blüten und die Bienen beſuchen ſie und tragen den Blütenſtaub heim. Am 23. März ließen ſich bereits die Girlitzen und Rot - kelchen hören und ſehen. Das iſt ein auch für unſere Gegenden ſehr frühes Datum, denn nach unſeren Anmerkungen iſt deren Ankunft ſonſt durchſchnittlich der 2. bis 5. April. Und auf den Höhen ſchlägt die Singdroſſel, die Haidelerche läßt ihre Orgeltöne er - klingen der Frühling will kommen!

Aus dem Kurparke.

Die Inſtallierung der neuen Graetzinlicht-Laternen, welche die Park - alleen zieren und ſie in Fluten feenhafter Beleuchtung hüllen ſollen, geht zum Aerger mancher Parkbeſucher langſam vor ſich, zur Freude anderer aber doch einmal zur Vollendung. Dieſe grün angeſtrichenen Biſchofſtäbe (über dieſe ſo bezeichnende Benennung hat Prof. Zeiner ſeinen Unmut ausgedrückt, indem er ſie beiläufig als eine Beleidigung der katholiſchen Religion annageln wollte!) ſcheinen uns eher ein Mahnzeichen zu ſein, daß wir wirklich unter dem Krumſtabe wandeln. Aber geſchmackvoll war Prof. Zeiner’s eigentlich nur ſchein liche Entrüſtung doch nicht. Er kann mit unſerem Bürgermeiſter ſchon komm , pardon! zufrieden ſein, wie er will. In tanto, der Park bekommt zur elektriſchen Beleuchtung eine graetziniſche und das freut uns auch, die zyniſche dürfte manchmal nicht ausbleiben; dafür ſorgen die Federn des volksrettenden Volksblattes.

Der neue Waſſerfall.

Wir haben unlängſt berichtet, daß der Waſſerfall, der bisher geplätſchert hat, verlängert werde. Heute iſt die Verlängerung fertig. Am Sonntag ſchon ſprang das Waſſer in ſchäumenden Kaskaden über die Felſen zum alten Waſſerfall herunter und in den Zweigen ringsumher ſammelten ſich die gefiederten Sänger, als ob ſie dieſe Neuerung nicht nur bewundern, ſondern auch beſingen wollten! Das ſchönſte hiebei aber iſt, daß man nun einen Teil des fallenden Waſſerſchaumes ſchon vom unteren Parke aus ſehen wird. Mit den neuen Wegen und Anlagen gewinnt unſer Berg von Woche zu Woche an Schönheit.

Jubiläums-Ausſtellung der Feuer - wehr.

Montag, den 23. d. M., hielt das vom Exekutivkomitee der hieſigen Feuerwehr eingeladene große Komitee ſeine erſte Sitzung ab. Es waren gegen ſiebzig Herren erſchienen, unter denen man nebſt vielen Gemeindevertretern die beiderſeitigen Vizebürgermeiſter Bruſatti und Gall Ob - männer auswärtiger Feuerwehren; Stuſchka (Lieſing), Dr. Kunſt (Guntramsdorf), F. J. Reiſenberger (Bruck a. d. L.), Anton Löſcher (Wr. -Neuſtadt), Johann Lahn (Gloggnitz) noch viele angeſehene Perſönlichkeiten des Kurrayons ſah. Als Regierungs - vertreter war Herr Bezirkskommiſſär Czylarz er - ſchienen, ferner k. u. k. Truchſeß von Dalmata, Dr. Schwarz, Magiſtratsrat aus Wien, Ober - inſpektor Leiſchner (Wien) k. u. k. Oberſtabsarzt Dr. Schuller, kaiſ. Rat Künaſt, Gymnaſial - direktor Beneš, Dechant Friem, Stationschef v. Tarnoczy, Baudirektor Hofer u. ſ. w., alle, die ein beſonderes Intereſſe für das Feuerwehrweſen und die geplante Ausſtellung hatten. Herr Feuerwehr - hauptmann Moriz Laſchitz eröffnete kurz nach 6 Uhrdie Verſammlung mit einer Begrüßung der Er - ſchienenen, erklärt den Plan der Jubiläums-Aus - ſtellung und eröffnet die Debatte hierüber. Ober - inſpektor Herr Leiſchner gibt den Rat, das Feſtzugskomitee möge den Badener Feſtzug in ſein Programm aufnehmen, da am Wiener Feſtzug die Feuerwehren nicht teilnehmen werden. Außerdem ſoll für weite Publizität durch Zeitungen und Plaka - tierungen geſorgt werden, auch Sonderzüge würden den Beſuch Badens in der beſtimmten Zeit (5. bis 9. September) erleichtern und erhöhen. Unterdes zir - kulieren die Bögen, auf die ſich Herren in ver - ſchiedene Sektionen einſchrieben. Dr. Schwarz rät dem Komitee, an den Magiſtrat Wien wegen Ueber - laſſung eines Automobiltrains ein Anſuchen zu ſtellen, dem gewiß entſprochen werden wird. Prof. Süß fragt wegen der Koſten und deren Bedeckung an. Herr Laſchitz gibt beruhigenden Aufſchluß, daß 3000 K vorhanden ſeien und daß man durch die Platzmiete am Sportplatze auch einiges einbringen dürfte. Dr. Schwarz gibt der Beruhigung Aus - druck, daß die Finanzierung ganz gut gelingen werde, da das allgemeine Intereſſe für die Feuerwehr ein ſehr reges ſei. Nun begrüßt noch Vizebürgermeiſter Bruſatti die Anweſenden im Namen des Bürger - meiſters und der Stadtgemeinde Baden. Kaiſ. Rat Künaſt betont die Notwendigkeit, die Mitwirkung der Preſſe rechtzeitig in Anſpruch zu nehmen. Herr k. u. k. Truchſeß Dalmata ſpendet 1000 K für Zwecke dieſer Ausſtellung. (Hochrufe.) Schließlich dankt Hauptmann Laſchitz für das zahlreiche Er - ſcheinen und für die Anhänglichkeit und Zutrauen, das der Feuerwehr entgegengebracht werde. Der unter den Anweſenden zirkulierte Subſkriptionsbogen weiſt an gezeichneten Beiträgen über 2500 K aus.

Die erſte Schnepfe

wurde am 20. d. M. von dem Weingutsbeſitzer Herrn Ferdinand Hanny in dem von ihm gepachteten Jagdreviere am Gais - rücken geſchoſſen.

Theaternachricht.

Zum Benefiz unſeres Theaterkaſſiers Herrn Anton Gambetta gelangt Donnerstag, den 26. d. M., Hellmesberger’s reizende Operette Das Veilchenmädel zur Aufführung.

Das 25. Promenade-Konzert.

Das Auftreten der Konzertſängerin Frl. Elſa Pazeller und des Komponiſten und Kapellmeiſters Herrn Wilhelm Bednarz lockte eine große Schar von Zuhörern in den Kurſalon. Sie haben ſich nicht verrechnet, wenn ſie auf einen beſondern muſikaliſchen Genuß gehofft hatten. Die Oberon - Ouverture von C. M. Weber wurde ſehr ſchön vorgetragen. Herr Bednarz dirigierte als Erſtaufführungen ſeine neueſten Kompoſitionen. Zuerſt war es ein Lied für Piſtonſolo mit Orcheſterbegleitung Gefunden . Erſteres beſorgte mit großer Präziſion Herr Totzer; die Orcheſter - leiſtung war unter Bednarz Leitung muſterhaft. Eine reizende Einleitung hatte der mächtig klingende Kaiſer-Jubiläums-Marſch und der Feſtzug populärer Wiener Figuren bot alles, was man von einem großen Marſchpotpourri verlangen kann. Dieſe neueſten Kinder der Bednarz’ſchen Muſe werden ſich ſicher zur Freude der Hörer auf den Konzertprogrammen erhalten. Mit der kunſtſinnigen Klavierbegleitung Wiesmanns ſang nun Frl. Pazeller drei Lieder: Wohin? von Franz Schubert, Ich liebe Dich von Grieg und Im Herbſt von Robert Franz und erntete damit einen brauſenden Beifall, den die Sängerin mit lieblichen Zugaben belohnte. Das Konzert war, wie eingangs erwähnt, ſehr gut beſucht und das Publikum lauſchte mit großer Aufmerkſamkeit den wirklich guten Produktionen. Endlich hat es ſich für die Promenadekonzerte erwärmt und wenn Baden dieſe Sonntage nicht hätte, würde uns ſicherlich viel abgehn. Sie ſind nun faſt eine Notwendigkeit ge - worden!

Das Programm des XXVI. Prome - nadekonzertes,

welches heute Mittwoch unter gefälliger Mitwirkung des Fräuleins Marie Wanišek, Konzertſängerin, und des Herrn Johann Zieba, Konzertſänger aus Wien, im Kurhausſaale zur Aufführung gelangt, iſt folgendes: 1. Signal - Marſch aus der Operette Der Mann mit den drei Frauen von Franz Lehar. 2. Bei uns z’haus , Walzer von Johann Strauß. 3. Ouverture zur Oper Das Glöckchen des Eremiten von A. Maillart. 4. Kavallerie , Polka françaiſe von C. M. Ziehrer. 5. a) In dieſen heiligen Hallen , Arie aus der Oper Die Zauberflöte von W. A. Mozart; b) Aufruf König Heinrichs (Hab Dank) aus der Oper Lohengrin von R. Wagner (Geſang: Herr Johann Zieba, Klavier: Kapellmeiſter Wiesmann). 6. Die Mühle im Schwarzwald , Idylle von R. Eilenberg. 7. a) Große Arie aus der Oper Freiſchütz von C. M. v. Weber. b) Mein Liebchen von Wiesmann5Nr. 25. Mittwoch Badener Zeitung 25. März 1908. (Geſang: Fräulein Marie Wanišek). 8. P[i]kante Blätter , Potpourri von Komzak. 9. Bade , Galopp aus dem Ballett Sonne und Erde von J. Bayer.

Der Ehrenabend unſeres alten Uhlich,

bekanntlich zugleich die Feier ſeines 80. Geburtstages und fünfzigjährigen Zugehörigkeit zur Badener Bühne, mußte verſchiedener Hinderniſſe halber von Montag, den 23. d. M., auf Montag, den 30. d. M., verſchoben werden. Bei dem Um - ſtande, als an dieſem Ehrenabende die Hoteliers - gattin Frau Klementine Sukfüll-Rafael ihre liebenswürdige Mitwirkung zugeſagt, und in Anbe - tracht des in der Bühnenwelt wohl wenig Menſchen - kindern zu feiern vergönnten Gedenktages, dürfte ſich das regſte Intereſſe für dieſen Ehrenabend unſeres Bühnenveteranen kundgeben.

Ei, ei!

Das hieſige chriſtlichſoziale Volks - blatt bringt in ſeiner letzten Nummer folgende harmlos ſcheinende Nachricht:

Tribuswinkel. (Geflügeldiebſtähle.) Seit einem Jahre macht ſich bei uns ein unheimlicher Ge - flügeldiebſtahl bemerkbar. Das Geflügel geht morgens zum Bache und abends kommt es nicht mehr nach Hauſe. Es werden Anzeigen bei der Gendarmerie gemacht, ſelbe hielt auch ſchon zwei Hausdurch - ſuchungen, die reſultatlos verliefen. Wenn die Un - ſicherheit ſo fort dauert, ſo ſind wir bereits ent - ſchloſſen, aufs Frühjahr keine Kühe auszutreiben, da man doch nicht wiſſen kann, ob nicht das eine oder das andere Stück in fremde Hände geraten könnte.

Nun find wir in der Lage zu melden, daß dieſe Hausdurchſuchungen gar nicht ſo reſultatlos verlaufen ſind; es wurde vielmehr konſtatiert, daß ſich ſeit einiger Zeit das Geflügel in den Pfarrhof ver - irrt hat, reſp. hineingetrieben wurde, wes - halb gegen die Wirtſchafterin des Herrn Pfarrers, Frau Thereſe Aumann ſamt Tochter eine Straf - anzeige erſtattet wurde. Das iſt Nächſtenliebe am grünen Holze!

Lokalaugenſchein durch den Kreis - gerichtshof.

Für geſtern Dienstag nachmittags war ein Lokalaugenſchein der Villa der ermordeten Baronin Biedermann in der Troſtgaſſe durch den Kreisgerichs - hof und die Geſchworenen angeſagt. Dieſe leidge Affäre, von der man nur wünſchen könnte, daß ſie endlich einmal zur Erledigung gelange, ſetzte wieder ein ganzes Heer von Zeitungsberichterſtattern in Bewegung, daneben eine Anzahl Photographen, die zum ſo und ſovieltenmale den Schauplatz der grau - ſigen Tat von allen Seiten aufnahme.

Alpiner Vortrag.

Am Samstag fand bei Bruſatti ein Vortrag des Herrn Lehrers Sladek über eine Matterhornbeſteigung ſtatt, die er in Geſell - ſchaft des Herrn Kerſchbaum jun. im verfloſſenen Jahre durchgeführt hatte. Nicht nur Hochtouriſten fanden ihre Vergnügen an den lebhaften Schilderungen und Beſchreibungen, ſondern auch alle Naturfreunde hatten ihre Freude daran, zumal an den ſchönen Lichtbildern, die die Herren Schieſtl und Wagenhofer nach meiſt originalen Aufnahmen vorzeigten. Eine genaue Schilderung dieſer hochtouriſtiſchen Leiſtung hatte vor einigen Wochen die öſterr. Touriſten-Zeitung gebracht; daher kam es auch, daß der Vortragende all die Schwierigkeiten des Auf - und Abſtieges nicht vorführen wollte und in zweiter Linie war es deſſen allzugroße Beſcheidenheit, die ihn hinderte, die ge - radezu phänomenale Leiſtung (die Tour ward ohne Führer gemacht!) nur etwas herauszuputzen. Doch die Hörer, die den Saal bis aufs letzte Plätzchen füllten, verſtanden den Wert derſelben und brachten ihm lebhaft ihre Dankesäußerungen entgegen. Auch die hübſche Serie der Alpenbilder, die vorgeführt wurden, entzückten die Anweſenden. Solche Vorträge ſind berufen, die Liebe für die Natur, den Sinn für die Touriſtik, die, wie wir einmal ausführlich berichteten, ein Kulturmoment von hoher Bedeutung iſt, zu wecken und zu feſtigen.

Lehrlingsarbeiten-Ausſtellung in Mödling.

Montag, den 16. d. M., fand im Hotel Brunner Brauereihof die Konſtituierung des Komitees für die im September d. J. in Mödling ſtattfin - dende Ausſtellung von Lehrlingsarbeiten ſtatt. Der Gewerbeförderungsdienſt des k. k. Handelsminiſteriums, die k. k. Bezirkshauptmannſchaft Mödling, der Stadt - vorſtand Mödling und der n. . Gewerbeverein hatten dazu ihre Vertreter entſendet. Außerdem waren an - weſend die Herren Genoſſenſchaftsvorſteher, und zwar aus Baden: P. Beck (Allg. Gewerbe), A. Bäumel (Kleidermacher), A. Bruſatti (Hoteliere), K. Gröger (Zuckerbäcker), Al. Jäger (Friſeur), E. Holzer (Riemer), G. Korn (Schuhmacher), G. Volkmer (Gaſtwirte); aus Mödling: K. Blumauer (Tiſchler), J. Goldſchmid (Gaſtwirte), J. Reſch (allg. Ge -werbe), F. Schwarz (Schuhmacher); aus Lieſing: K. Humading (Kleidermacher). Zum Vorſitzenden wurde Herr Th. Tamuſſino, Vorſteher der Badener Schloſſer-Innung, zum Schriftführer Herr Ig. Moll, Vorſteher der Genoſſenſchaft der Metall - arbeiter in Baden, gewählt. Die Ausſtellung ſoll, wie erwähnt, in Mödling, und zwar im September ſtattfinden. Zur Durchführung derſelben wurde ein Arbeitsausſchuß mit Herrn Kammerrat Th. Ta - muſſino als Obmann und Herrn Vorſteher G. Korn als Stellvertreter eingeführt und ſollen alle Gewerbe - genoſſenſchaften und die gewerblichen Fachſchulen der politiſchen Bezirke Baden und Mödling, ſowie des Gerichtsbezirkes Lieſing zur Teilnahme eingeladen werden. Infolge des Zuſammenwirkens ſämtlicher Genoſſenſchaften der genannten gewerbereichen Bezirke wird die geplante Ausſtellung ſicher ein ſchönes Bild der Leiſtungsfähigkeit des Handwerkerſtandes bezüglich Lehrlingsausbildung bieten. An den Gewerbetreibenden iſt es nun, ſich durch ihre Lehrlinge recht zahlreich zu beteiligen.

Wegen Reverſion.

Die Dienſtmagd Franziska Siegl aus Furth a. Tr., welche wegen liederlichen Lebenswandels mit Erkenntnis der Be - zirkshauptmannſchaft aus dem Gerichtsbezirke Baden abgeſchafft wurde, iſt am 25. d. M. wieder hier auf - gegriffen und dem Bezirksgerichte wegen verbotener Rückkehr eingeliefert worden.

Verunglückte Pferde.

Vergangenen Freitag nachmittags verunglückten ein Paar, dem Großfuhrmann Gehrer gehörige, vor eine Straßen - walze geſpannte Pferde in dem Momente, als ſie die Mühlbacheinwölbung in der Palffygaſſe überſetzen wollten. Infolge Morſchheit einiger Brückenhölzer ſtürzten dieſelben mit den Hinterfüßen ein, ohne jedoch irgend welchen Schaden zu nehmen. Während das eine der Pferde ſich ſelbſt herausarbeitete, konnte das andere erſt mit Nachhilfe aus der böſen Situation befreit werden. Es iſt jedenfalls ein bedenkliches. Zeichen, daß erſt ein derartiger Vorfall eintreten muß, ehe man darangeht, Ueberbrückungen von Zeit zu Zeit zu unterſuchen.

Für das arme, lungenkranke Mädchen

ſind uns noch zugekommen von Unge - nannt 10 K, mit den bereits früher ausgewieſenen 104 K in Summa 114 K, wofür wir im Namen der Beſchenkten herzlichſt danken.

Iſt Waſſerſucht heilbar?

Eine bedenkliche Er - ſcheinung bei Blutkreisſtörungen aller Art iſt die Woſſerſucht. Wie ſelbſt dem gebildeten Laien nicht mehr ganz unbekannt, ſtellt die Waſſerſucht keineswegs eine Kankheit für ſich dar, ſondern iſt lediglich ein Symptom ſchwerer Erkrankungen edler, d. h. lebenswichtiger, beſonders in Betracht kommender Or - gane. In erſter Linie ſind es die Nierenleiden, welche am häu - figſten die Urſache für das Zuſtandekommen der Waſſerſucht abgeben, demnächſt Herzleiden und Leberleiden. Aber auch Ge - ſchwulſtbildungen aller Art im Körper, ſpeziell in den Bauch - und Becken-Organen geben oft genug Anlaß zu Waſſeran - ſammlungen innerhalb der Gewebe und in den Körperhöhlen. Das Zuſtandekommen dieſer krankhaften Waſſeranſammlungen hat man ſich ſo zu denken, daß entweder das Herz als Pump - werk des Organismus infolge einer Erkrankung außer Stande geſetzt iſt, ſeine Funktion genügend zu erfüllen, oder Hinder - niſſe, welche in den benachbarten Organen ebenfalls infolge Erkrankung derſelben auftreten, als Hemmſchuh für die normale Zikulation wirken. Die Kräftigung des Herzens einer - ſeits durch die Wegſchaffung der Hinderniſſe anderſeits bilden die Aufgabe des Arztes bei Waſſerſucht. Freilich, dieſe Aufgabe iſt ſchwer und oft überhaupt nicht mehr zu löſen. In der Regel iſt der Patient, bei welchem die erſten Erſcheinungen der Waſſerſucht ſich zeigen, durch jahrelang vorausgegangene Erkrankung der wichtigen Organe ſchon in hohem Maße ge - ſchwächt, namentlich dann, wenn Herzleiden (Degeneration, Fettherz) die Urſache der Waſſer-Anſchwellungen bilden. Vor einem unangenehmen Dilemma aber ſteht der Arzt beſonders denn, wenn ſich Waſſer in der Bauchhöhle in größeren Mengen angeſammelt (Ascites) und dem Patienten Atmen, Verdauen, Stuhlgang bis zur Unmöglichkeit erſchwert. Freilich iſt durch Punktion des Ascites ſofort Linderung zu ſchaffen; da aber die Urſache weiterwirkt, iſt dieſe Punktion meiſt der Anfang vom Ende und wird mit Recht als ultimum refugium ge - fürchtet. Das Schlimmſte bei ſolchem Zuſtande iſt, wie ſchon erwähnt, die Schwäche. Der herabgekommene Kranke ißt nichts, verdaut nichts, leidet zudem meiſt an Stuhlbeſchwerden. In ſolch verzweifelten Situationen muß die Ernährung mit Kraftpräparaten durchgeſetzt, ja, erzwungen werden, da direkte Lebensgefahr vorliegt. Eventuell muß die Sonden-Ernährung angewandt werden. Eines der vorzüglichſten Präparate zu ſolchem Zwecke iſt das Visvit. Visvit hat vor vielen anderen ähnlichen Präparaten den Vorzug eines hohen Stickſtoffgehaltes, wozu noch kommt, daß es faſt völlig im Verdauungskanal reſorbiert wird, alſo kaum Kot hinterläßt. Da bei den meiſten waſſerſüchtigen Kranken die Nieren beſonders geſchont, bezw. entlaſtet werden müſſen, iſt es von großem Werte zu wiſſen, daß Visvit die Nieren nicht reizt. Visvit, das ſich bei Waſſerſucht immer wieder bewährt, gehört zweifellos mit zu den beſten Kraftnährpräparaten der Gegenwart. Freilich darf man ſich bei einem von Grund aus meiſt ausſichtsloſen Leiden, wie Waſſerſucht, keine Heilung davon verſprechen und insbeſondere wird der gewiſſenhafte Arzt alles anwenden, was ſein therapeutiſcher Schatz ihm bietet, das Leben des Patienten zu verlängern und ſeine Leiden zu lindern. Zu dieſem therapeutiſchen Schatz aber gehört unſtreitig das Visvit, nur in allen Fällen, in denenroborierende Diät zu den Idikationen der Therapie gehört. Visvit iſt durch jede Apotheke zu beziehen. Gegen Einſendung von K 3·60 an die Mariahilfer - Apotheke, Wien, Mariahilferſtraße 55, erhält man ein Paket Visvit ſpeſeufrei zugeſandt. Dr. med. F.

Generalverſammlung des Vorſchuß - und Kreditvereines in Baden.

Dieſer Kredit-Verein mit unbeſchränkter Haftung hielt, wie wir ſchon berichteten, am Donnerstag, den 20. d. M., 4 Uhr nachmittags, im Lokale der Anſtalt (Mölkerhof) ſeine 37. Hauptverſammlung ab. Der Obmann Herr Dr. Bauſek eröffnete die gut beſuchte Verſammlung mit einer Begrüßung der Erſchienenen und konſtatierte die Beſchlußfähigkeit derſelben, widmete dem langjährigen Ausſchußmitgliede und Vorſtand - ſtellvertreter, dem verſtorbenen Herrn Fr. Brzezowski, einen Nachruf. Da ſich der gedruckte Rechnungsabſchluß in den Händen der Mitglieder befand, wurde von der Erſtattung desſelben Umgang genommen.

Dem Rechnungsabſchluſſe entnehmen wir fol - gendes:

Kaſſa-Gebarung:
Einnahmen ....... Kr.12,193. 743·23
Ausgaben ........ 12,072. 931·86
Geſchäftsanteile:
Stand Ende 1906 .... 69·800·
Eingezahlt 1907 ..... ·
Rückgezahlt 1907 ..... 500.
Stand Ende 1907 .... 69. 300·
welcher Betrag ſich auf 693 mit Kr. 100 einge - zahlte Anteile verteilt.
Verkaufs-Druckſorten .. Kr.2. 496·
Regie-Auslagen ..... 45.515 38
Darlehen (Einlagen auf Scheine) 104·80
Darlehens-Zinſen ... 31. 150·45
Spareinlagen ...... 7,136. 486·14
Rückbezahlt 1907 ..... 1,817. 052·86
Stand Ende 1907 .... 5,319.433.28
Spareinlagen-Zinſen .. 206. 734·19
Wechſelſchuldkonto ... 1,188. 146·11
Rückbezahlt 1907 ..... 271. 450·
Stand Ende 1907 .... 916. 696·
Wechſel-Eskompte-Konto 1,905. 358·92
Eingelöſt 1907 ...... 1,360. 488·93
Stand Ende 1907 .... 544.869.99
Vorſchüſſe auf Hypotheken 4,219. 588·49
Rückbezahlt 1907 ..... 430. 141·58
Stand Ende 1907 .... 3,789. 446·91
Vorſchüſſe auf Wertpapiere 255. 501·50
Rückgezahlt 1907 ..... 191. 787·50
Stand Ende 1907 .... 63.714.
Vorſchuß-Zinſen .... 323. 360·12
Inventar ........ 4. 200·
Wertpapier-Konto:
Stand 1. Jänner 1907 .. 331. 664·10
Hiezu durch Kauf ..... 2. 940·80
Hievon ab durch Verkauf .. 46. 446·
Stand 31. Dezember 1907. 282. 950·70
Gewinn - und Verluſtkonto:
Aktiven ......... 348. 551·97
Paſſiven ........ 308. 124·08
Reingewinn ....... 40. 427·89
Reſervefond:
Stand am 1. Jänner 1907. 915. 788·73
Laut Generalverſammlungsbeſchluß dem Penſionsfond übertragen 8. 000·
Stand am 31. Dezember 1907 910.194 25
daher Erträgnis ..... 2. 405·52
Penſionsfond:
Stand 1. Jänner 1907 .. 156. 512·88
Dotation vom Erträgnis des Reſervefondes 1906 .... 8. 000·
Stand 31. Dezember 1907. 164. 213·63
daher Verluſt ...... 299·25
Pfandleih-Anſtalt:
Pretioſen-Vorſchußkonto .. 57. 765·
Effekten-Vorſchußkonto ... 21. 721·
Vorſchuß-Zinſenkonto ... 15. 476·17
Regie-Auslagen .... 8. 400·31
Reſervefond ...... 5. 717·75
Gewinn - und Verluſtkonto:
Aktiven ....... 15. 816·28
Paſſiven ....... 16 145·11
daher Verluſt ..... 328·83

Rechnungsreveviſor Herr Prof. Juſt erſtattet im Namen der Reviſoren Dorr, Schweighofer und Zöllner Bericht über die am 15. Februar 1908 ſtattgefundene eingehende und gewiſſenhafte Bilanz - Reviſion, wie auch über die im Laufe des Jahres6Mittwoch Badener Zeitung 25. März 1908. Nr. 25. wiederholt vorgenommenen Reviſionen. Sie beantragen daher, dem Ausſchuſſe die Entlaſtung zu erteilen. (Wird einſtimmig angenommen.) Die vom Ausſchuſſe beantragte Verteilung vom Reingewinne pro Kronen 40. 427·89 wurde nachſtehend angenommen:

Für eine 20%ige Dividende auf die Geſchäfts - anteile K 13.860, Dotation des Penſionsfondes 8000, Verluſt der Pfandleihanſtalt (Rückerſatz) 328·83, Mädchenlyzeum in Baden 200, Studenten-Unter - ſtützungsverein des Badener Gymaſiums 100, Abi - turientenverein des Badener Gymnaſiums 100, Gym - naſial-Spielplatz Baden 100, Fortbildungsſchule des Gremiums der Kaufmannſchaft in Baden 100, Orts - ſchulrat Baden zur Weihnachtsbeteilung armer Schul - kinder 100, Gabelsberger Stenographenverein 100, Verein Kinderheim in Baden 200, Kindergarten der Mautner v. Markhofſtiftung in Baden zur An - ſchaffung von Winterkleidern für arme Kinder 100, Schulküche Baden 300, Rath’ſches Krankenhaus 400, I. freiwillige Feuerwehr Baden 400, II. freiwillige Feuerwehr Baden 100, freiwillige Feuerwehr Wei - kersdorf 100, Rettungsabteilung der I. freiwilligen Feuerwehr Baden 200, Bezirks-Feuerwehrausſchuß Baden 100, Jubiläums-Ausſtellung für Feuerwehr - geräte in Baden 200, Turnverein Baden 100, Verein Internationaler Sportplatz Baden 100, Verein zum Schutze des Weinbaues in Baden 100, landw. Rinderzuchtverein Baden 100, n. . Volksbildungs - verein, Ortsgruppe Baden 100, deren Kochſchule 50, Deutſcher Schulverein, Ortsgruppe Baden, 200, Ver - ſchönerungsverein Baden 400, Oeſterr. Touriſtenklub, Sektion Baden, 100, Gartenbauverein Baden 100, bürgerliche Schützengeſellſchaft Baden 200, k. k. Be - zirksgericht Baden als Vormundſchaftsgericht für die zwei mj. Neuhauſer’ſchen Kinder in Alland i. G. 200, Remunerationen an Beamte und Diener 2500, Vor - trag auf neue Rechnung K 11. 089·06.

Die Maximalgrenze der im Jahre 1908 aufzu - nehmenden Anlehen wird mit 10 Millionen Kronen feſtgeſetzt.

Die hierauf vorgenommene Neuwahl der Vor - ſtandsmitglieder auf drei Jahre Giltigkeit veröffent - lichten wir ſchon in letzter Nummer. Herr GR. Moritz Laſchitz drückte den Vorſtandsmitgliedern und ins - beſondere dem Obmanne Dr. Bauſek für die um - ſichtige Leitung den Dank aus. Nachdem Dr. Bauſek den Dank der Reviſoren für ihre gewiſſenhafte und ſchwere Arbeit ausgeſprochen, wurde die Verſammlung geſchloſſen.

Mödlinger Zeitung.

* (Vortragsabend.)

Der am 18. d. M. im Saale des Hotels Stadt Mödling abgehaltene Vortrag des Herrn Bergrates Kronfuß über das alpine Volkslied hat jenen eine kleine Enttäuſchung gebracht, die in Verkennung der Bedeutung und Eigenart dieſes intereſſanten Themas einen luſtigen Volksſängerabend erwarteten. Die Mehrheit des ge - wählten Publikums, dem der Zweck der verdienſt - vollen Publikation des k. k. Unterrichtsminiſteriums, Das Volkslied in Oeſterreich , wohlbekannt iſt, be - grüßte den Vortragenden mit lebhaftem Applaus und verfolgte die anregenden Darbietungen des Abendes mit großem und wohlverdientem Intereſſe. Namentlich die humorvollen Mitteilungen, wie einzelne bisher noch unbekannte Lieder mit urwüchſigem Inhalt friſch von der Kehle manches Alpenſohnes weg niederge - ſchrieben wurden, waren höchſt intereſſant. Auch der Hinweis, daß manches der mitten im kernigen Volks - leben entdeckten Lieder oft über hundert Jahre alt iſt, mußte Intereſſe erregen. Dabei blieb es nicht bloß beim geſprochenen Vortrag, ſondern viele charak - teriſtiſche Lieder wurden in ihrer urſprünglichen Sang - weiſe wiedergegeben, bis der Vortragende, Bergrat Kronfuß, den die ſeinerzeit erwähnten Herren Pötſchl und Kratzſch Prof. Dr. Pommer war verhindert bei der Wiedergabe der Lieder auf das wirkſamſte unterſtützen, nach zweiſtündigem Vortrage und einer launigen Wendung darauf hin - wies, daß auch er den Geſetzen der Ermüdung unter - worfen ſei. Auch die Darbietungen des Streich - quartettes fanden Beifall, ſowie das lobenswerte Be - ſtreben des Komitees, den intereſſanten Vortrags - abend zugleich zu einem gemütlichen zu geſtalten.

H. H.

* (Verein Freie Schule .)

Wie erwähnt, findet heute Mittwoch, um halb 7 Uhr abends, im Hotel Brunner Brauereihof eine Verſammlung der hieſigen Ortsgruppe des genannten Vereines ſtatt. Selbſtverſtändlich gelangt u. a. der Fall Wahr - mund zur Beſprechung.

* (Touriſtenkränzchen.)

Das am 21. d. M. im Saale des Hotels Brunner Brauereihof ſtattge - fundene Touriſtenkränzchen nahm bei lebhaftem Zu - ſpruch einen höchſt gelungenen Verlauf. Beſonderen Beifall fand in dem geſchmackvoll dekorierten Tanz - ſaale ein künſtlicher Waſſerfall, den der geſchickte Inſtallateur H. Tſchürtz mit überraſchend einfachen Mitteln in höchſt gelungener Weiſe herzuſtellen wußte. Auch die Damenſpende fand allgemeinen Beifall. Das animierte Tanzfeſt endete erſt am tagenden Morgen.

Korreſpondenzen. [Eigenberichte der Badener Zeitung .]

Berndorf.

(Unfall.)

Samstag nachts fuhr ein beim Gutsbeſitzer Zagler in Grillenberg be - dienſteter 17jähriger Knecht mit einer Fuhre Harz von Furt nachhauſe. Vom Veitsauer Kohlenbergwerk biegt die Straße ſteil abfallend nach Grillenberg ein und wahrſcheinlich beim Rädereinſchleifen geriet der Kutſcher unter die Räder, und zwar ſo unglücklich, daß ihm der Kopf zerquetſcht wurde. Die Leiche wurde in die Totenkammer nach Grillenberg über - führt.

(Theater.)

Mittwoch, den 25. d. M. gelangt Die luſtige Witwe als Wiederholung zur Aufführung.

Felixdorf.

(Ortsgruppengründung.)

Am Sonntag, den 29. d. M., 6 Uhr abends, findet in Felixdorf die Gründung einer Ortsgruppe des Ver - eines Freie Schule ſtatt. Als Referenten werden ſeitens der Zentrale Hofrat Freiherr v. Hock und Lehrer Hofer, ferner Herr und Frau Ingenieur Hillbrand aus Leobersdorf fungieren. Die neue Ortsgruppe wird ein Glied mehr bilden in dem ſchon in nächſter Zeit zu gründenden Gauverband der an der Südbahnſtrecke gelegenen Ortsgruppen.

Kottingbrunn.

(Gegen die Wahrmund - hetze).

In der am 21. d. M. abgehaltenen Voll - verſammlung der Ortsgruppe Kottingbrunn des Vereines Freie Schule wurde folgende Entſchließung einſtimmig angenommen: Die heute in Kottingbrunn tagende Verſammlung der Ortsgruppe des Vereines Freie Schule proteſtiert heftigſt gegen die Ein - mengung des päpſtlichen Abgeſandten am Wiener Hofe in eine innerpolitiſche Angelegenheit Oeſterreichs und gegen die daraus hervorleuchtende Abſicht, eine Verletzung des Artikels 14 des Staatsgrundgeſetzes zu verurſachen. Gleichzeitig drückt ſie dem Herrn Profeſſor Ludwig Wahrmund für ſeine mannhafte Haltung im Kampfe gegen die Bedrücker freier For - ſchung und Wiſſenſchaft den größten Dank und die Anerkennung aus. Die Verſammlung fordert von allen Abgeordneten, die ſich freiheitlich nennen, die energiſcheſte Abwehr der klerikalen Angriffe auf die Schule und die noch aufrecht gebliebene Lehrerſchaft .

Leobersdorf.

(Verſammlung der Freien Schule .)

Der unbefugte Eingriff des päpſtlichen Nuntius in die Wahrmund-Angelegenheit hat in allen Freiſinnigen eine gerechte Empörung hervorgerufen, die ſich nicht nur in Zeitungen, ſondern auch in zahl - reichen Proteſtverſammlungen äußert. Daß dieſe An - gelegenheit das tiefgehendſte Intereſſe beanſprucht, äußerte ſich auch bei der am Freitag, den 20. März in Herrn Kirnbauer’s Gaſthaus in Leobersdorf von der dortigen Ortsgruppe abgehaltenen Proteſtverſamm - lung, die trotz verſchiedener ungünſtiger Umſtände einen ganz unerwartet glänzenden Beſuch aufwies. Das Referat erſtattete der Obmann Ingenieur Hill - brand. Nachdem er alle Phaſen der Wahrmund - Angelegenheit berichtet und das Vorgehen des päpſt - lichen Nuntius gebührend gekennzeichnet hatte, bean - tragte er folgende Reſolution: Die am 20. März in Herrn Kirnbauer’s Gaſthaus in Leobersdorf tagende, von der Ortsgruppe Leobersdorf des Vereines Freie Schule einberufene allgemeine Volksverſammlung betrachtet das Vorgehen des päpſtlichen Nuntius am Wiener Hofe in der Angelegenheit des Profeſſors Wahrmund als einen vollkommen unberechtigten Eingriff eines Ausländers in rein öſterreichiſche Staatsangelegenheiten, als einen kühnen Verſuch, das allein dem Unterrichtsminiſterium zuſtehende Recht der Ernennung und Abſetzung von Profeſſoren unter die Gewalt des römiſchen Papſtes zu bringen, die ſtaatsgrundgeſetzlich gewährleiſtete Freiheit der Wiſſenſchaften anzutaſten und das Konkordat unſeligen Angedenkens in Oeſterreich wieder einzuführen. Die Verſammlung proteſtiert nachdrücklichſt gegen dieſen Uebergriff des päpſtlichen Nuntius und erwartet, daß das k. k. Unterrichtsminiſterium weder in dieſem Falle, noch künftighin ſein Recht im geringſtenſchmälern laſſe und alle Einmiſchungen fremder Mächte, insbeſondere der römiſchen Kurie, in öſter - reichiſche Unterrichtsangelegenheiten mit der nötigen Entſchiedenheit zurückweiſen werde . Die Reſolution wurde einſtimmig und mit jubelndem Beifalle ange - nommen. Hierauf wurde ebenfalls beſchloſſen, folgende Depeſche an Prof. Wahrmund abzuſenden: Die Ver - ſammlung der Ortsgruppe Leobersdorf des Vereines Freie Schule dankt Ihnen wärmſtens für Ihr un - erſchütterliches Auftreten gegen die römiſchen Finſter - linge und begrüßt Sie als Vorbild edler Ueberzeugungs - treue . Schließlich forderte der Obmann die An - weſenden auf, die Sonntag, den 29. März, 6 Uhr abends, in Kandler’s Gaſthaus in Felixdorf ſtatt - findende konſtituierende Verſammlung der Ortsgruppe Felixdorf des Vereines Freie Schule möglichſt zahlreich zu beſuchen.

Vöslau.

(Wähler - und Hausherrn-Ver - ein.)

Nachdem mit Ende d. M. die Wahlen ſtatt - finden, befaßte ſich die am 22. d. M. im Hotel Zwierſchütz abgehaltene Verſammlung mit der Nominierung der Kandidaten für die Gemeindever - tretung. Als Obmann des Vereines leitete Herr Dr. Fuchs die Verſammlung in objektivſter Weiſe, be - gründet die Stellung des Vereines als politiſchen, ſoweit es ſich um die Intereſſen des Kurortes handle, der Verein möge ein Bindeglied zwiſchen der Wähler - ſchaft und dem Gemeindeausſchuſſe werden. Man ſoll hier ſehen und hören, wem die Bevölkerung das Vertrauen ſchenkt, wer ſelbſt Zeit und Arbeit dem Gemeindewohle widmen mag. Andererſeits iſt es wünſchenswert, das alle Kreiſe der Bevölkerung an dieſem Vereine teilnehmen und für Vöslau wichtige Fragen hier erörtert und hiezu Anregungen entweder ſchriftlich oder mündlich gegeben werden. Zur Ver - ſammlung wurden ſämtliche Wähler der in Aktion tretenden drei erſten Wahlkörper eingeladen. Auch die Anfrage des Herrn Hofmannrichter, wie ſich der Verein als Hausherrenverein verhalte, ant - wortete Herr Dr. Fuchs, nachdem der Verein alle Wählerklaſſen umfaſſe, kann ein Anſchluß an die übrigen Hausherrenvereine nicht erfolgen, doch werden gewiß die Intereſſen der Hausherren durch Vorträge unterſtützt, auch erteile die Leitung jederzeit Auskünfte nach den verſchiedenſten Richtungen. Der Jahresbei - trag wurde mit 1 K ſeſtgeſetzt. Bezüglich der Neu - wahl erbittet der Vorſitzende Vorſchläge, worauf Herr Direktor Stenitzka und Herr Zwierſchütz be - ſonders aufmerkſam machen, vorerſt jene zu wählen, die ſchon im Ausſchuſſe waren und auch geneigt ſind, wieder ein Mandat anzunehmen, da dieſe am beſten mit den Erforderniſſen vertraut ſind, die Ver - hältniſſe kennen und auch Erſprießliches leiſten können. Herr Lettmüller nimmt eine Wiederwahl nicht an. Schließlich einigte man ſich, in erſter Linie die ſchon geweſenen Gemeindevertreter, ſoweit ſie eine Wieder - wahl annehmen, wieder zu wählen und folgende Herren neu zu wählen: Dr. Adler, Ferdinand Haderer, Karl Hanſy, Ludwig Pfleger, Fabriksdirektor v. Penzig-Franz, Prinner und Sparrer. Die Wahlen ſind: 1. Wahlkörper am 2. April, 2. Wahl - körper am 1. April und 3. Wahlkörper am 31. März vormittags von 9 bis 11 Uhr.

(Hausherrenverein für Vöslau und Umgebung.)

Sonntag, den 29. d. M., findet im Hotel Zwierſchütz eine Verſammlung ſtatt, welche ſich ebenfalls mit den Neuwahlen beſchäftigen wird und und wozu ſämtliche Wähler eingeladen werden.

Ober-Waltersdorf.

(Proteſt-Verſamm - lung.)

Heute Mittwoch findet hier im Vereinslokale eine Proteſtverſammlung gegen die Wahrmundhetze und gegen die Intervention des Nuntius ſtatt. Die - ſelbe wird von den Ortsgruppen des Viertels unter dem Wienerwald des Vereines Freie Schule ver - anſtaltet und dürfte vorausſichtlich zu einer impo - ſanten Kundgebung ſich geſtalten. Beginn der Ver - ſammlung um 5 Uhr.

Theater.

Stadttheater in Baden.

Freitag, den 20. d. M. Die Fledermaus mit Herrn Karl v. Zeska, k. k. Hofſchauſpieler, als Gaſt.

Wie man weiß, gehört der Eiſenſtein in der prächtigen Operette Johann Strauß’s zu den Lieb - lingsrollen Herrn v. Zeska’s, nämlich wenn der ge - ſchätzte Künſtler gaſtieren geht. Wir hatten übrigens vor Jahren ſchon einmal das Vergnügen, Herrn von Zeska als Operettengaſt begrüßen zu können. Die7Nr. 25. Mittwoch Badener Zeitung 25. März 1908. Vorliebe des Künſtlers für die genannte Partie läßt ſich überdies ſehr leicht begreifen. Der Eiſenſtein iſt eben ein ſingender Bonvivant, eine brillante Figur, aus der nicht nur der Sänger ſondern faſt noch mehr der Schauſpieler im Sänger. großartig Kapital ſchlagen kann. Herr Karl v. Zeska iſt nun gleich - zeitig in der Lage, der Situation nach beiden Rich - tungen hin vollkommen gewachſen zu ſein. Seiner liebenswürdigen Natürlichkeit und lebensfriſchen, tem - peramentvollen Freudigkeit im mimiſchen Fache ſtellt ſich ein mehr als ausreichendes Stimmaterial, wohl - klingenden und kräftigſten Timbres als angenehme Beigabe zur Seite, während die dem Gaſt mit Recht nachgerühmte Eleganz und Agilität als Drittes im Bunde die für den fidelen Eiſenſtein notwendigen Attribute in auserleſenſter Weiſe ergänzen.

Das entzückte Publikum, das dem Künſtler einen überaus intereſſanten und genußreichen Abend verdankt, drückte dem illuſtren Gaſte, Sänger und Schauſpieler durch wiederholt ſtürmiſche Applaus - ſalven ſeine vollſte Befriedigung und rückſichtsloſeſte Anerkennung aus.

Aber auch unſer heimiſches Enſemble partizi - pierte an den reichen Ehren und bildete überhaupt einen ſorgſamen abgetonten, von Kleinigkeiten abge - ſehen, ſchönen und wohlgelungenen Rahmen um den geſchätzten gaſtierenden Künſtler. Auch die Herrſchaften vom Chor taten diesmal ſangesluſtiger mit als ge - wöhnlich, wo eben kein äußerer Anlaß das Pflicht - gefühl ein bischen aufſtachelt.

Frau Herma gab uns wie immer eine reizende, muntere Adele, Fräulein Salden eine ſangestüchtige Roſalinde. Erſtere erntete für ihr Mein Herr Marquis , letztere für den Cſardas, bekanntlich eine Glanzuummer unſerer Operettenſängerin, lebhafte Akklamationen.

Fräulein Schneider als Orlofsky und in den übrigen Partien die Herren Kraus (Alfred), Ler - chenfelder (Frank) und Langer (Dr. Falke) wären weiters mit lobender Erwähnung zu nennen. Den urdrolligen Froſch des Herrn Ott kennt man zur Genüge. Bleibt nur noch zu verzeichnen, daß das ausverkaufte und ſehr animierte Haus ihm noch größere Lacherfolge als ſonſt bereitete.

Samstag, den 21. d. M., fand als Erſatz für die ſeinerzeit durch die plötzliche Erkrankung des Herrn Elmenberg ausgefallene Abonnement-Vor - ſtellung eine Aufführung des Walzertraum , die fünfunddreißigſte, bei ganz gut beſuchtem Hauſe ſtatt. Die Abonnenten werden ſich über die hohe Ziffer der überſtandenen Aufführungen nicht wundern. Sie mußten ja redlich dazu beitragen.

Sonntag, den 22. d. M., wurde die Groteske Gretchen zum 5. Male angeſetzt. Baden iſt nicht der Boden, auf dem derlei ſagen wir es milde Schlüpfrigkeiten gedeihen. Das Haus wies daher auch trotz des Sonntags manche Lücke auf.

Montag, den 23. d. M.: Die luſtige Witwe zum 43. Male, bei ſehr ſchwachem Beſuche.

Repertoire des Stadttheaters.

Mittwoch, den 25. d. M.: Künſtlerblut .

Donnerstag: Das Veilchenmädel .

Freitag: Der Veilchenfreſſer (Herr Max Devrient, k. k. Hofſchauſpieler, als Gaſt).

Samstag: Die Förſter-Chriſtl .

Sonntag: Die Förſter-Chriſtl .

Montag: Der Pfarrer von Kirchfeld .

Dienstag: Die Förſter-Chriſtl .

Gerichtsſaal.

Bezirksgericht Baden.

Beim Heurigen .

Als wir uns vor einiger Zeit über den furchtbaren Lärm, die gräßliche Muſik und die Qualen aufhielten, welche derzeit leider noch zu den notwendigen Begleiterſcheinungen des Heurigen - ſchankes aufgefaßt werden, wurde uns entgegnet, daß dies angeblich zum eiſernen Beſtand einer Heurigengemütlichkeit gehöre. Dies ſcheint jedoch auf einer etwas veralteten Auffaſſung zu beruhen. In einer Zeit, wo alles den geänderten Bedürfniſſen ſich anpaßt, werden es auch die Heurigenſchänker tun müſſen. Die kürzlich beſchloſſene und gewiß gerechtfertigte Namensänderung des alten Wortes Hauer in Weingärtner wird kaum genügen dürfen Es wird ſich vielmehr eine ſehr radikale Umwälzung empfehlen. Wollen die Weingärtner das Gros der wohlhabenden Bevölkerung heranziehen, dann wird es gut ſein, wenn ſie dafür Sorge tragen,daß gewiſſe noch die und da beſtehende Hauermanieren verſchwinden. Zur Gemütlichkeit gehört aber heute etwas ganz anderes als anno Wind , wo das Ver - ſetzen eines Backenſtreiches noch als guter Gſpaß galt.

Dieſe Bemerkungen ſeien uns anläßlich einer Gerichtsverhandlung geſtattet, die ihren Ausgang beim Heurigen hatte.

Daß Herr K. von dem Gemeindevater G. meinte, man ſollte dieſen wählen, weil ſein Haar ſo ſehr gelichtet ſei, daß man es kaum mehr finden könne, kann man, wenn man ſchon dieſe vorſintflutliche Art eines etwas ungeſchlachten Hamurs gelten läßt, als gemütlichen Scherz auffaſſen, ebenſo, daß dieſer entgegnete, dem Geſcheiteren fallen die Haare aus und dem Geſcherten müſſe man ſie ausreißen. Hingegen iſt es entſchieden ungemütlich, wenn im Verlaufe dieſer intereſſanten Auseinander - ſetzungen Beleidigungen fielen, welche abweſende Ver - wandte der Beteiligten betrafen. Gemütlich wurde es erſt im Gerichtsſaal, als ſich die Herrſchaften über Anregung des Strafrichters Herrn Dr. Tittel und des Herrn Dr. Eisler ausſöhnten und feierlichſt verſprachen, alle Ungemütlichkeiten in Hinkunft beim Heurigen zu meiden. Daß zu dieſen auch das Frozzeln zählt, wird ihnen vielleicht aus dem Grunde einge - leuchtet haben, weil die meiſten Exzeſſe beim Weine in ſolchen vermeintlich harmloſen, in Wirklichkeit aber bös gemeinten Späſſen ihren Ausgangspunkt haben.

Bezirksgericht Mödling.

Die Geſchichte von der Nichte.

Ein Familien - zwiſt des Herrn Mathias Szalag wurde zwiſchen beiden Streitteilen, dem Genannten ſowie deſſen Schwager, derart empfindlich, daß es noch 25jähriger häuslicher Eintracht zum Bruche kam. In Ange - legenheit der von ſeinem Schwager, Herrn Käs, ge - räumten Wohnung kam es zu einem Zuſammen - treffen zwiſchen Frl. Julie Käs und ihrem Onkel. Die darauf folgende Ehrenbeleidigungsklage legt dieſem zur Laſt, Frl. Käs beſchimpft, angeſpien und über die Stiege geſtoßen zu haben. Dieſe unfreund - liche Begrüßung der Nichte beſtritt zwar Herr Szalag, doch wollte er eine moraliſche Züchtigung des Fami - liennamens in der damals zur Stelle geweſenen Nichte als ſein natürliches Recht reklamieren. Der gute Onkel behauptete, ſogar das Umbringen wäre in dieſem Falle noch immer ſein natürliches Recht, und es war nicht leicht ihn zu überzeugen, daß es ſich hier um ſeine obje[k]tive Verfehlung handle. Das Umbringen, bemühte ſich der Richter zu erklären, ſei ebenfalls nicht ſtatthaft, ſicherlich auch unliebenswürdig, jedoch wäre in einem ſolchen Falle das Bezirksgericht inkompetent, und was die Geſchworenen für Recht oder Unrecht erklären, kann man im Voraus nicht wiſſen. Der Kopf ſchien bei dem Geklagten über - haupt keine beſondere Rolle zu ſpielen, denn er er - klärte ſich einigemale bereit ihn zu opfern, aber ſein Recht müſſe Recht bleiben. Ganz unmöglich wäre es, nach der eigenen Schilderung ſeiner Gemütsart, daß er jemandem ins Geſicht ſpucken könnte. Nichtsdeſto - weniger erklärte der Glaſermeiſter Liſt als Zeuge unter Eid, daß Spuren der beſtrittenen Tätigkeit auf dem Kinn des Frl. Käs wahrnehmbar geweſen ſind. Nachdem der Klagevertreter aus der Kanzlei Dr. Stipek eindringlich Herrn Szalag zur Ver - ſicherung mahnte, die Klägerin ſelbſt den alten Herrn keiner Beſtrafung ausſetzen wollte, ſo kam es ſchließlich zu einem Vergleich, der für den beſtehenden Familien - zwiſt nach den Worten des Klagevertreters eine Brücke zur Verſöhnung bilden ſollte. Ob der Ge - klagte deren Benützung mit den ſeinen natürlichen Rechten vereinbart hält, oder ob er aber den Kopf preisgibt, ehe er zur Verſöhnung ſich entſchließt, bleibt abzuwarten. Solche Rechtsbegriffe ſind be - kanntlich nicht leicht umzubringen.

Verdächtigungen.

Herr Karl Billwachs und deſſen Frau ſind das Opfer dieverſer Ortstratſche - reien, welche darauf hinauslaufen, die Vaterſchaft des Genannten hinſichtlich der gemeinſamen Kinder in Zweifel zu ziehen. In einem Wirtshaus äußerte ſich der Taglöhner Karl Dürrauer in dieſem Sinne, als Billwachs die Aufforderung, mit zur Muſik zu gehen unter Hinweis auf ſeine Familie ablehnte. Dürrauer ſprach von den geringen Vor - teilen einer großen Kinderzahl, und machte auf Billwachs bezüglich obgenannte verdächtigende Be - merkung, die ihm 48 Stunden Arreſt eintrug. Im Verlaufe des, in ſehr freiem Tone geführten Unter - haltung wurde auch viel von einem Schutzmittel, doch iſt die Erörterung der damaligen Geſpräche hier nicht angängig. Herr Billwachs hat in der ge - richtlichen Genugtuung hoffentlich das richtige Praeſer - vativ gefunden, um weiteren Verdächtigungen die Spitze zu brechen.

Eingeſendet.

Wissen Sie, ich bin auch keiner von den Dummen, die jede Anpreiſung glauben; dafür aber bin ich dank - bar, daß mir Sodener Mineral-Paſtillen uatürlich die ächten von Fay empfohlen worden ſind. Das ſind wahre Wunderdinge. Sind Sie heiſer, huſten ſie, ſind Sie verſchleimt, leiden Sie an Säurebildung im Magen: ein paar Fays ächte Sodener jagen alle Be - ſchwerden zum Kuckuck. Sie können mir’s glauben, ich nehme Fays ächte Sodener nun ſchon 10 Jahre. Sie kaufen dieſelben in jeder apotheke, Dro - gerie oder Min ralwasserhandlung zu Kr. 1·25 pro Schachtel. 74

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8Mittwoch Badener Zeitung 25. März 1908. Nr. 25.
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9Nr. 25. Mittwoch Badener Zeitung 25. März 1908.
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10Mittwoch Badener Zeitung 25. März 1908. Nr. 25.
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Druck und[V]erlag d[e]r Buchdruckerei Johann Wladarz, vormals H. Haaſe, in Baden. Verantwortlicher Schriftleiter Rudolf Ba[u]er.

About this transcription

TextNr. 25, 25.03.1908.
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Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Benjamin FiechterSusanne HaafNote: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).2018-01-26T13:38:42Z grepect GmbHNote: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T13:38:42Z Amelie MeisterNote: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T13:38:42Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic informationNr. 25, 25.03.1908. . Johann WladarzBaden (Niederösterreich)1908. Badener Zeitung

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LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; mkhz2

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  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
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