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Die Antwort, welche die Tſchechen den Polen, den „ ehrlichen Maklern “, für die Deutſchen zu kommen ließen, iſt zwar vor allem ein Zeichen tollſten Uebermutes, wie wir ſie hauptſächlich der Regierungspolitik des Nichtstuns verdanken, ſie iſt aber auch zugleich das Denkmal der tſchechi - ſchen Verkehrtheit, des Mangels an aller Logik, ſelbſt in den führenden Köpfen. Zu allererſt wird den Deutſchen und der Regierung mit rührender Unverfrorenheit geſagt, die Wiedereinführung der tſchechiſchen Amtsſprache ſei einfach Pflicht der Regierung und gehe die Deutſchen nichts an; darüber ſei eine Verhandlung überhaupt unmög - lich. Bei dieſer Gelegenheit leiſten ſich die Tſchechen aber den vortrefflichen Satz, die Durchführung geltender Geſetze dürfe in geordneten Staatsweſen nicht von der Zuſtimmung einzelner Parteien abhängig gemacht werden. Die Herren ſpotten da ihrer ſelbſt und wiſſen gar nicht wie ſehr. Die Durchführung der geſetz - und verfaſſungsmäßigen Budgetbehandlung darf nämlich nur von dem Be - lieben der tſchechiſchen Geſetzeswahrer abhängen! Die Tſchechen haben das Extrarecht, die ganze Geſetzgebungsmaſchine zu ruinieren, nicht bloß die Durchführung eines Einzelgeſetzes nach ihrem Belieben zu verhindern, das iſt natürlich, wenn die Tſchechen es tun, etwas ganz anderes. Wenn aber die Deutſchen ihr gutes Recht verlangen, ſo ſtützen ſich die Tſchechen auf das angebliche Geſetz, welches nicht von dem Belieben einer einzelnen Partei abhängig gemacht werden dürfe. Man wird wohl nicht viele Naive zu finden im Stande ſein, welche den Tſchechen auf dieſen Unſinn herein -fallen werden. Ueberdies iſt zwar der § 13 der Gerichtsordnung bezüglich des Sprachengebrauches bei Gericht auch ein Geſetz, aber es iſt doch ſelbſt - verſtändlich, daß ſich jeder tſchechiſche Beamte allein ſchon und nicht bloß die ganze Partei heraus - nehmen darf, die Durchführung des Geſetzes durch ſelbſtgemachte Praxis zu vereiteln. So ſieht es mit der Geſetzesachtung tatſächlich im Tſchechen - lager aus, in welchem ſo tiefe Bücklinge vor der Durchführung der Geſetze, die nicht durch Parteien verhindert werden darf, ein widerliches Phariſäer - tum maskieren ſoll.
Zeugt alſo ſchon dieſer Eingangsſatz, die Deutſchen gehe es nichts an, wenn die Regierung pflicht - gemäß die tſchechiſche Amtsſprache einführe, von der gewohnten Beſcheidenheit der Tſchechen, die übrigens ſeinerzeit dem Grafen Taaffe mit einer ſolchen Pflichtenvorleſung hätten gar nicht kommen dürfen, ſo liefert der weitere Proteſt gegen Ein - beziehung der Frage der tſchechiſchen Amtsſprache und der Errichtung der mähriſchen Univerſität in Ausgleichsverhandlungen den Beweis, daß es den Tſchechen gar nicht einfällt, über das, was gerade ſeit 1897 die Hauptfrage bildet, nur ein Wort mit ſich reden zu laſſen. Das erſte iſt ihnen einfach Pflicht der Regierung, das zweite Aufgabe der Geſetzgebung und damit baſta. Was ſonſt für das Verhandeln noch übrig bliebe, das wäre die Dnrchführung der adminiſtrativen „ Gleich - berechtigung “natürlich ſo, wie ſie ſelbſt dieſe Gleichberechtigung auslegen und beiſpielsweiſe der Anſtellung von Landesbeamten zu praktizieren belieben.
Uebrigens iſt auch der Satz, die Errichtung einer tſchechiſchen Univerſität ſei Sache der Geſetz -gebung, ein recht unvorſichtiger logiſcher Sprung. Iſt denn die Errichtung der tſchechiſch-techniſchen Hochſchule in Brünn auf dem geſetzlichen Wege, auf dem Wege parlamentariſcher Abſtimmung erfolgt? Freilich, wenn die Tſchechen auch eine § 14-Ver - ordnung als einen Geſetzgebungsakt anſehen, dann begreift man, daß ſie nach einer kaiſerlichen Entſchlie - ßung ſchreien, da ihnen eben die Aufhebung der Sprachenverordnungen wieder nicht geſetzliche Kraft zu haben ſchien. Aber angenommen, die Errichtung der tſchechiſchen Univerſität ſolle auf dem wirklichen geſetzlich kon - ſtitutionellen Wege reichsrätlicher Abſtimmung erfolgen, ſo ſollten doch die Herren, dächte man, mit aller Beſchleunigung die Obſtruktion von ſich tun, um zur geſetzlichen Behandlung der eigenen Forderungen zu gelangen. Natürlich iſt dieſer Reſpekt vor dem geſetzlichen Wege bei den Tſchechen, der in Prag ſonſt nicht landesüblich erſcheint, in Wien neuerdings etwas lebhafter geworden, ſeit dieſe Geſetzesfanatiker ſich mit der Hoffnung tragen, es werde ihnen mit dem Sturze Körber’s, an dem ſie mit den Polen einverſtändlich arbeiten, mit Hilfe einer reaktionären Regierung gelingen, wieder den alten eiſernen Majoritätsring herzu - ſtellen.
Wenn nun die Deutſchen überhaupt ſich mit der Abſicht tragen wollen, auf Grund ſolcher protzenhafter Erklärungen ſich in Unterhandlungen über Nebendinge, die ja gar nicht Anlaß zur reichsrätlichen Obſtruktion der Tſchechen geben konnten, wie Minoritätsſchulen oder Kreisver - faſſung, einzulaſſen, ſo müßten ſie doch nebenbei auch den famoſen polniſchen Unterhändlern in die biederen Geſichter leuchten.
Meine Damen und Herren!
Wenn ich als Thema für meinen heutigen Vor - trag „ John Ruskin “gewählt habe, ſo geſchieht es aus dem Grund, weil ich glaube, daß dieſer Eng - länder einer von jenen iſt, deren Andenken in un - ſerem Verein gepflegt und gehütet zu werden verdient; ja — vielleicht gehe ich ſogar nicht zu weit, wenn ich behaupte, daß der Dürerverein ein direktes Pro - zent von Ruskin’s Ideen iſt, die er durch ſieben Jahrzehnte in die Welt hinausgeſchmettert hat, denn Ruskin war derjenige, der Kunſt und Schönheit lebendig werden ließ. Früher war die Kunſt etwas, das ſozuſagen außerhalb des Lebens ſtand. Man dachte nicht daran, „ ſchön zu leben “, ſondern war der Anſicht, Schönheit und Kunſt wären bloß Dinge für reiche Leute, die ſich langweilten oder für Leute, deren Beruf es wäre, Kunſt auszuüben oder Kunſt zu kritiſieren. Heute nun ſind wir ganz anderer Anſicht. Freilich lagen die Ideen von der Populariſierung der Kunſt ſeit langer Zeit ſchon in der Luft, aber Ruskin gebührt das Verdienſt, dieſe Ideen fozuſagen zuſammengefaßt, ſie formuliert zu haben. Während man in früheren Zeiten gewöhnt war, alles was von England kam, als gut, ſolidund brauchbar zu betrachten, ſo betrachten wir es heute auch als ſchön und ſtilvoll. Die engliſchen Kunſtzeitſchriften — ich denke eben nur an die Studio-Hefte — bieten Muſterhaftes, engliſche Wohnungseinrichtungen ſind an Wohnlichkeit und Zweckmäßigkeit kaum übertroffen. England iſt das Vaterland vornehmſten Kunſtempfindens — (ich möchte hier nicht gerne mißverſtanden werden), ich ſage ab - ſichtlich „ Kunſtempfindens “und nicht vornehm - ſter Kunſt, denn da die Bewegung verhältnismäßig jung iſt, haben natürlich andere Nationen größere Kunſtwerke aufzuweiſen, aber keine einzige verſteht es in höherem Maß, Kunſt und Leben mit einander zu verſchmelzen, ſozuſagen den Zweck und Sinn aller Kunſt beſſer zu verſtehen und zu würdigen, als die Engländer. Und von England aus geht die große Kulturbewegung, die ſich im Verlaufe des letzten Jahrhunderts über faſt alle Kulturnationen verbreitet hat: Die Sehn - ſucht und das Streben „ ſchön zu leben “. Und das iſt in erſter Linie das Verdienſt John Ruskins. Wer war nun eigentlich dieſer ſonderbare Mann, der ſich faſt göttlicher Verehrung erfreute bei einem Teil der Menſchheit und bis zur Unmöglichkeit lächerlich gemacht wurde bei einem anderen? Das letztere iſt namentlich von reichsdeutſcher Seite der Fall, während die Engländer ihn nach wie vor hoch - halten, ſeine Verdienſte würdigen und ihm verzeihen, daß er, obwohl kein Gelehrter von Fach, es dennoch wagte, in Kunſtfragen ſeine Meinung abzugeben. Deutſchland vergibt ihm das nur ſchwer. Im großen und ganzen muß man gewiß zugeben, daß Ruskin mehr als einmal auf recht bedenkliche Abwege in wiſſenſchaftlichen Dingen geriet; das ſind aber Fehler,die eben aus ſeinem inneren Reichtum entſprangen, jenem Reichtum an Ideen, der ſich nicht bloß auf das beſchränkte, was er mit aller Gründlichkeit ſtu - diert hatte, ſondern gar oft nur rein intuitiv empfunden hatte.
John Ruskin gleicht einem Lehrer, einem Pre - diger der Schönheit, deſſen Worte zündend wirken, der ſein Publikum unfehlbar fortreißt und darin liegt ſeine Stärke.
Ruskin’s Los ſchien keineswegs auf exaltierte Gluten geſtimmt zu ſein, eher auf brave, fleißige Behaglichkeit. Urbritiſch ſind ſeine Eltern, typiſch für den kleinen engliſchen Mittelſtand mit der echt angel - ſächſiſch pedantiſch geordneten Lebensweiſe, der Sau - berkeit, Frömmigkeit, dem ſteifen Anſtand und der aufblickenden Verehrung zu allen höheren Kreiſen. Seine Mutter war eine einfache, ziemlich gebildete Gaſtwirtstochter, ſein Vater ein wohlhabender Wein - händler, der ſich ſpäter vom Geſchäfte zurückzog und mit ſeiner Frau und dem einzigen Söhnchen John das Leben eines in der coach, der altmodiſchen be - quemen engliſchen Kutſche, die Welt durchreiſenden Engländers führte. Er war nicht ohne Schönheits - gefühl und ohne Sinn für Literatur. Allabendlich las der Vater ſeiner Familie aus engliſchen Klaſſikern vor und intereſſierte ſich ſehr für ſchöne Gegenden.
Wann nun eigentlich John, das Söhnchen ge - boren wurde, kann ich Ihnen nicht ganz genau ſagen. In einigen Quellen fand ich das Jahr 1819 als Geburtsjahr angegeben, in anderen 1813. Das iſt ſchließlich auch nebenſächlich. Er wurde ſehr ſtreng erzogen, Süßigkeiten und Spielſachen waren aus ſeinem Leben verbannt. In ſeiner Selbſtbiographie
Dieſen Herren kommt die Obſtruktion der Tſchechen recht gelegen, um einverſtändlich gegen Herrn von Körber eine Pulvermine anzulegen. Den Deutſchen iſt der Zeitpunkt der Delegations - wahlen an ſich gleichgiltig. Allein auf die Forderung der Regierung, ſie ſollten vor Oſtern vorgenommen werden, ſtellten ſich die biederen polniſchen Loyalitätsprotzen ſofort auf die Seite derer, die da drohten, mit Brachialgewalt die Vornahme der Delegationswahlen zu verhindern. Wenn ſchon die Herren Polen dort, wo es mög - lich war, eine geſetzliche Leiſtung gegen die Ob - ſtruktion durchzuführen, in das tſchechiſche Horn blaſen, ſo wirft das ein Streiflicht auf die „ ehrliche “Abſicht, die tſchechiſche Obſtruktion zu beſeitigen. Vor ſolchen Loyalitäts - und Ordnungs - phariſäern als Mittelmännern haben die Deutſchen alle Urſache, ſich zu hüten. Soeben redet ſich das Leibblatt des Herrn Kramarſch wegen des zu er - wartenden Scheiterns der Verſtändigungsaktion auf die Regierung aus, auf ihr wenig delikates Eindringen in die Verhandlungen. Wenn die Tſchechen von politiſcher Delikateſſe reden, ſo berührt das ungeheuer komiſch; es iſt am beſten, ſich mit den Leuten nicht weiter zu beſchäftigen.
Die frühzeitige Beurlaubung des Reichsrates hat nirgends beſondere Beunruhigung hervorgerufen; ſo abgeſtumpft iſt man bei uns in Oeſterreich ſchon gegenüber der Tatſache, daß ein Regieren mit dieſem Parlamente unmöglich und es am beſten iſt, die not - wendigen ſtaatlichen Maßnahmen lieber mit dem § 14 zu beſorgen. Aus ganz demſelben Grunde blickt man auch dem Wiederzuſammentritte des Abgeordneten - hauſes am 14. April mit voller Teilnahmsloſigkeit entgegen; die Delegationen werden, deſſen iſt man ſicher, gewählt werden, alles andere aber wird wieder zurückbleiben. Es wird wieder die öde, tſchechiſche Obſtruktion kommen, die keinen anderen Effekt hat, als daß die Tagung des Reichsrates der Bevölkerung eine Unſumme Geld koſtet, welche auf viel nützlichere Dinge verwendet könnte werden. Wer aber etwa in der Frühjahrsſeſſion an eine Verſtändigung zwiſchen Deutſchen und Tſchechen denken ſollte, der gibt ſich einem Optimismus hin, welcher gar bald durch die Tatſachen Lügen geſtraft werden wird. Die Polen haben dem deutſch-tſchechiſchen Ausgleiche das Genick ſo gründlich umgedreht, daß kein Menſch heute im Ernſte mehr daran glaubt, es könne vielleicht zu einer Auseinanderſetzung der beiden Volksſtämme kommen. Und das iſt nur natürlich; die größten Feinde jed - weder ehrlichen Verſtändigung zwiſchen Deutſchen und Tſchechen waren ja von jeher die Feudalen und Polen. Dieſe beiden haben das vitalſte Intereſſe daran, jede Annäherung zu verhindern, weil ſie ihren Vorteil nur in der Uneinigkeit der Völker untereinander finden können. So lange ſich Deutſche und Tſchechenin nationalem Hader befinden, kommt es zu keiner wirtſchaftlichen Tat und das will ja eben der Feu - dalismus, während die Polen ſich am ſicherſten mit ihrem Raube an öſterreichiſchem Gelde fühlen, ſo lange die Völker Oeſterreichs unter ſich uneins und zerfahren ſind. Das iſt eben das Unglück Oeſterreichs und ſeiner Stammländer, daß Faktoren in den inneren Angelegenheiten das Heft in der Hand haben, denen das Wohl des Staates genau ſo lange am Herzen liegt, als damit das eigene Wohl gewahrt wird. Und das wird ſo lange nicht anders werden, als nicht Vernunft bei den andern eingekehrt iſt und dieſe ſich gegen die gemeinſamen Feinde wenden.
Der deutſche Kaiſer iſt in Neapel zum Beſuche des Königs von Italien eingetroffen und bei dieſer Gelegenheit haben die beiden Monarche anläßlich der üblichen Trinkſprüche Grüße ausgetauſcht, welche in erfreulicher Weiſe dartun, daß der Gedanke des Dreibundes nach wie vor zum unantaſtbaren Beſitztume der drei verbündeten Mächte gehört. Trinkſprüche, wie jene von Neapel, ſind in ſolcher aufrichtiger Wärme wohl noch nie gewechſelt worden. In der nächſten Zeit wird auch der Beſuch des Präſidenten der franzöſiſchen Republick beim König von Italien erwartet. Dieſer Beſuch iſt deswegen von Bedeutung, weil er der erſte Beſuch eines euro - päiſchen Staatsoberhauptes iſt, bei welchem der Vatikan umgangen wird. Es gilt aber auch deshalb als freudiges Ereignis, weil er das freundliche Ein - vernehmen zu beſtätigen berufen iſt, welches ſeit längerer Zeit ſchon zwiſchen Italien und Frankreich herrſcht und eine Bürgſchaft mehr bildet für die Aufrechterhaltung des europäiſchen Friedens.
I. „ Es iſt das Aushängen von Waren an Geſchäftsportalen und Mauerflächen aus - nahmslos unterſagt, desgleichen das Auf - ſtellen von Plakaten auf denſelben und das Verſtellen der Trottoire ꝛc. “((Gemeindeausſchußbeſchluß vom 29. Jänner 1903.))
II. Die I. Sektion der Gemeindever - tretung beſchließt am 4. September 1903: „ Es wird beſchloſſen, den Stadtvorſtand zu erſuchen, den Wachorganen bedeuten zu laſſen, daß dem M. Daniel das Aushängen von Waren auf ſeinem Grund und Boden nicht verwehrt werden kann. “(Baden, am 19. September 1903.)
In den letzten Wochen wurde in Baden auf Geſchäftsleute, welche irgend einen Gegenſtand, wenn auch nur das Geringſte, an ihren Portalen aufgehängt hatten, von den Wachorganen eine förmliche Jagd abgehalten.
„ Praeterita “(zu deutſch Vergangenes) erzählt er, wie eine Tante ihm einmal einen Hampelmann ge - ſchenkt habe. Seine Mutter erklärte ihm hierauf, das Spielen mit Puppen ſei unrecht und nahm ihm das mit einem Jubelſchrei begrüßte Geſchenk wieder weg. Er war darauf angewieſen, zu ſeiner Unterhaltung die Tapetenmuſter abzuzählen. — (Ich muß aufrich - tig geſtehen, daß ich mich in Bezug auf Erziehungs - fragen mit Frau Ruskin wahrſcheinlich nicht geeinigt hätte). Als er größer war, mußte der kleine John ſeiner Mutter täglich einige Kapitel aus der Bibel vorleſen. Er wurde bis zum 15. Jahre zu Hauſe unterrichtet. Von jedwedem Sport wurde er, — wahrſcheinlich aus übertriebener Aengſtlichkeit ſeiner Eltern — völlig ferngehalten, daher auch ſeine ganze unengliſche Abneigung gegen jede körperliche Betätigung, die nicht direkte Arbeit war.
Als er 14 Jahre alt war, reiſte er zum erſten - mal mit den Eltern auf den Kontinent. Um Ihnen eine Darſtellung von ſeinem empfänglichen Gemüt, von ſeinem zwar glänzenden, aber nicht leichten Stil zu geben, will ich ihn ſelber ſprechen laſſen. So ſagt er in dem Praeterita ſeiner Selbſtbiographie, die er als alter Mann ſchrieb, über den erſten Ein - druck, den er von Schaffhauſen empfangen hatte:
„ Die Sonne neigte ſich, als wir auf eine Garten - terraſſe kamen, ich glaube ſie war im Weſten der Stadt. Sie lag hoch über dem Rhein und beherrſchte das offene Land nach Süden und Weſten zu. Und dieſes offene, leicht bewegte, ſich im Blau verlierende Land gemahnte uns an eine Fernſicht in Worceſter - ſhire oder Kent. Dann plötzlich: ſiehe da! Keiner vonuns hielt ſie für Wolken. Sie waren von kriſtallener Klarheit am reinen Horizont des Himmels, bereits tönte ſie das Roſenrot der ſinkenden Sonne.
Unendlich jenſeits von allem, was wir jemals gedacht und geträumt — nicht die Mauern des ver - lorenen Edens hätten uns ſchöner erſcheinen können, nicht erhabener dort oben die heiligen Mauern des Todes.
Unmöglich kann zu irgend einer Weltepoche einem Kind meiner Gemütsart ein gebenedeiterer Eintritt in das Leben werden .... In vollendeter Geſund - heit, mit feurigem Herzen, kein anderes als dies Knabendaſein kennend, nichts Beſſeres begehrend, von Trauer nur genug ahnend, um den Lebensernſt zu fühlen, aber nicht genug, um die Sehnen zu lockern, mit ausreichender wiſſenſchaftlicher Kenntnis, um in dieſem Anblicke der Hochalpen nicht nur die Offen - barung der Erdenſchönheit, ſondern das geöffnete erſte Blatt ihres Buches zu erkennen — ſo ſtieg ich an jenem Abend an der Gartenterraſſe von Schaffhauſen herab: was heilig und nutzbringend in meinem Schickſal ſein ſollte, war nun auf immer befeſtigt. Nach jener Terraſſe, wie nach dem Ufer des Genfer Sees wendet ſich noch heute mein Herz, mein Glaube in jeder noch lebensvollen, edlen Regung, in jedem Gedanken, der Friede und Kraft verleiht. “— Alſo ſchrieb John Ruskin als Mann von 65 Jahren über das was er vor 50 Jahren erlebt.
(Fortſetzung folgt.)
Es iſt vorgekommen, daß ein Wachmann gegen - über einer Geſchäftsfrau ſich zu der Bemerkung hin - reißen ließ: „ Ich hole einen Dienſtmann und laſſe Ihnen alles einiſchmeißen! “ Ungefähr 15 Geſchäfts - inhaber wurden zur Anzeige gebracht.
Wenn man die obigen zwei Beſchlüſſe, das Vor - gehen der Polizeiorgane, die hohen Steuern, die hohen Gemeindeumlagen, den außerordentlich ſchlechten Ge - ſchäftsgang ꝛc. zuſammennimmt, muß man ſich wirk - lich an den Kopf greifen und ſich fragen: „ Befinden wir uns in einem konſtitutionellen Staate oder in — Rußland? “
In den Wiener Tagesblättern wird täglich be - richtet, daß der „ Verein zur Hebung des Fremden - verkehrs “alles nur Denkbare vorſchlägt und unter - nimmt, damit die Geſchäftsleute in Wien des Abends ihre Geſchäfte länger beleuchtet laſſen, um den öden und toten Anblick der Gaſſen bei geſchloſſenen Läden möglichſt auf die vorgerückten Nachtſtunden zu redu - zieren. Man geht eben in Wien wie in jeder anderen Stadt von der Annahme aus, daß jede Straße und Gaſſe ihr Gepräge durch elegante, ſchön beleuchtete Geſchäftslokale erhält.
„ Bei uns in Baden “iſt dies anders. „ Bei uns in Baden “nimmt man auf Geſchäfte überhaupt keine Rückſicht. „ Bei uns in Baden “braucht man überhaupt keine Geſchäftsleute, höchſtens deren Steuern und Umlagen und ſonſtige Abgaben; d. h. ja, man braucht die Geſchäftsleute in Baden auch, aber nur — vor den Wahlen! Sind die Gemeindewahlen vorbei, dann kümmert ſich niemand mehr um dieſelben, bis eben wieder Wahlen ſind.
Iſt das Wohl und Wehe des Kurortes davon abhängig, daß an den Portalen Waren hängen oder nicht? Iſt es überhaupt notwendig geweſen, einen Beſchluß zu faſſen für, vielmehr gegen alle Geſchäfts - leute, wenn dieſer Beſchluß nicht durchgeführt werden kann? Dieſer oben angeführte Beſchluß kommt einem Geſchäftsmanne zugute und verurſacht allen anderen Schaden.
Und es iſt ein Schaden, wenn der Geſchäfts - mann ſeine Ware nicht zeigen kann, wenn ihm dieſes verboten wird; es wird dadurch ſogar ſein Lebens - nerv unterbunden.
Man ſollte wohl einen Unterſchied in den zur Schau geſtellten Gegenſtänden machen. Alte Hoſen, übelriechende Stiefel ꝛc. gehören nicht vor das Portal, ebenſowenig ganze Stellagen und Waren auf das Trottoire ſo, daß die Paſſage behindert iſt! Aber niemand kann es genieren, wenn elegante, ſchöne Gegenſtände in diskreter Weiſe flach an dem Portale angebracht ſind. In allen Ländern der Erde ſieht man ein, daß das Geſchäft ſich unbehindert und frei bewegen muß; in allen Kurorten, wie Karlsbad, Franzensbad, Marienbad, Oſtende, Abbazzia ꝛc. kann ſich der Geſchäftsmann diesbezüglich frei bewegen. „ Bei uns in Baden “iſt dies anders!
Aber wenn ſchon „ Bei uns in Baden “eine Ausnahmsſtellung diesbezüglich eingehalten werden ſoll, ſo ſoll man aber den Ausſchußbeſchluß vom 29. Jänner 1903 nicht durch einen Beſchluß vom 4. September 1903 der I. Sektion teilweiſe negieren, ſondern vielmehr denſelben „ ausnahmslos “auch durch - führen. Dann verbiete man aber auch dem Spezerei - Händler das Hinaushängen von Mineral - und Wein - flaſchen an den Portalen, dem Geflügelhändler das Hinaufhängen von Geflügel und Wild an die Mauer - flächen, desgleichen dem Selcher und Fleiſchhauer; dann verbiete man dem Gaſtwirte das Aufſtellen von Plakat-Stellagen, womit derſelbe eine Bierſpezialität anpreiſt ꝛc., dann gehe man eben nicht einſeitig vor, ſondern man halte dieſen Ausſchußbeſchluß vom 29. Jänner 1903 eben „ ausnahmslos “ein. Dem Kaufmanne in Baden erſchwert man die Ausübung ſeines Gewerbers durch derlei Verbote, man behindert ihn in ſeiner Geſchäftstätigkeit, man erſchwert ihm noch mehr ſeine Exiſtenz, zu einer Zeit, wo ohnedies der Konkurrenzkampf die ſchärfſten Formen angenommen hat; wenn jedoch zur Saiſonzeit bei den Feſten im Parke die Verkaufszelte aufgeſtellt werden, ſo werden dieſelben mit allen möglichen Gegenſtänden in allen Richtungen behangen, da findet man es begreiflich und ſelbſtredend, daß dieſe zu gewinnenden Gegen - ſtände, von Hochmut & Gerſtmaun in Wien bezogen, womöglich vorteilhaft und recht aufdringlich, den Park - beſuchern in die Augen fallend, exponiert werden müſſen. Es iſt da nicht die Rede von „ einem Kur - ort unwürdig “, oder „ Auswuchs der Reklame “oder „ aufdringliches Hervor - tun “ꝛc., welche Aperçus zur Begründung des Beſchluſſes vom 29. Jänner 1903 angewandt wurden.
Intereſſant iſt die Tatſache, daß dieſer oft genannte Ausſchußbeſchluß anläßlich der Vorberatung3Nr. 26 Mittwoch Badener Zeitung 30. März 1904. in der Sektion ſowohl als auch im Gemeinderate nicht alle Stimmen für ſich hatte, denn ſowohl die Sektions - als auch die Gemeinderatsſitzung wurde vor der Beſchlußfaſſung beſchlußunfähig, indem ein Teil der Herren ſich entfern[t]e. Vielleicht erleben wir es doch noch, daß dieſes engherzige Vorgehen der Kaufmannſchaft von Baden gegenüber einem toleran - tenen Entgegenkommen weicht.
Landesgerichtsrat Baron Handel-Mazetti, der Vorſtand des hieſ. Bezirksgerichtes, wird demnächſt aus ſeinem Amte ſcheiden, da er nach Wien überſetzt wurde. Baron Handel, der durch volle 10 Jahre dem hieſigen Bezirksgerichte vorſtand, erfreute ſich durch ſeine trefflichen Charaktereigenſchaften und ſein freundliches Entgegenkommen ſowohl als Vorſtand wie auch als Richter allgemeiner Beliebtheit und wir ſehen ihn ungern ſcheiden. Sein Nachfolger iſt bis zur Stunde nicht bekannt.
Sonntag vormittags ſtarb hier der Privater und ehemalige Buchdruckereibeſitzer Herr Jakob Grätz im 74. Lebensjahre. Der Ver - ſtorbene war Gründer und Ausſchußmitglied der Badener Sparkaſſe. Montag, den 28. d., iſt hier Herr Joſef Zant, Privatier und Schwiegervater des Dr. Lantin, nach längerer Krankheit im hohen Alter von 84 Jahren geſtorben.
Am Charfreitag wird in der hierortigen evangeliſchen Kirche in dem um 10 Uhr vormittags beginnenden Gottesdienſte Herr Robert Stühlinger aus Wiener-Neuſtadt Gounod’s „ Golgatha “ſingen.
Der chriſtlichſoziale Wahlverein hielt vor etlichen Tagen in einem Mödlinger Gaſthofe eine Verſammlung ab, von der wir wegen der unten folgenden Bemerkungen des aus Wien gekommenen Gaſtes Dr. Geßmann Notiz nehmen. Es wurde vor allem feſtgeſtellt, daß der Wahl - verein ſeine Thätigkeit über 54 Orte in Nieder - öſterreich erſtreckt und 400 Mitglieder zählt. Bei den Ausſchußwahlen ergaben ſich folgende Reſultate; Zum Obmann wurde der bekannte penſionierte Oberſt Heinzel, zu deſſen Stellvertreter Herr Geyregger, dann Dr. Scholz, Profeſſor Kainz und Herr Raab gewählt; als Ausſchüſſe die Abg. Thoma, Kern, Jukel und Schütz. Der Landesausſchuß Dr. Geßmann beſprach zuerſt die kriegeriſchen Ereig - niſſe im Orient und knüpfte an dieſes aktuelle Thema die Bemerkung, daß darin auch für andere Länder eine Kriegsgefahr läge. Dann kam er auf das öſter - reichiſche Abgeordnetenhaus zu ſprechen, bezeichnete die Situation desſelben als troſtlos und ſagte, daß neben der Partei der Chriſtlichſozialen nur noch wenige Parteien gegen die Obſtruktion eingenommen ſeien. Die wirtſchaftliche Lage iſt dementſprechend eine beklagenswerte, viele Exiſtenzen werden durch der - artige Zuſtände untergraben und es zeige ſich ein greller Unterſchied gegen Deutſchland, das ſeine Kriſe längſt überwunden habe und gedeihe. Nur einen lichten Ausblick gewähren die großen Unternehmungen in Niederöſterreich. Schließlich fand es Geßmann für opportun, Mödling und deſſen Bürgermeiſter zu beglückwünſchen, weil dort glückliche Zuſtände herr - ſchen und eine Menge Neuerungen eingeführt worden ſeien, die dem Wohle der Bevölkerung dienten. Des - halb ſei es kein Unglück, daß die Fort - ſchrittlichen in Baden ihren Sitz hätten, — in Baden, das mit ſeinen Schuldver - bindlichkeiten einen ſcharfen Gegenſatz zu Mödling bietet!
die Operette unſeres heimiſchen Komponiſten B. v. Ujj, gelangt Mitte Juni in Berlin zur Aufführung. Vorher ſoll dieſelbe auf den Bühnen einiger größerer deutſcher Städte aufgeführt werden.
Mit der montägigen Vorſtellung der Oper „ Der Waffenſchmied “zum Beſten des Chorperſonales fand die letzte Vor - ſtellung in der diesjährigen Winterſaiſon bei gut - beſuchtem Hauſe ſtatt. Nach der Overture trat Regiſſeur Herr Maſchek an die Rampe und machte die Mitteilung, daß wegen gänzlicher Heiſerkeit des Herrn Gerold Direktor Heißiger deſſen Partie übernommen habe, was von dem Publikum mit Händeklatſchen aufge - nommen wurde. Auch auf offener Szene ſowie nach Schluß des erſten Aktes wurde Direktor Heißiger mit demonſtrativem Beifall ausgezeichnet. — Die neue Saiſon, welche bekanntlich am 1. Mai eröffnet werden muß, dürfte völlig neue Verhältniſſe bringen, da im Perſonalſtande durchgreifende Neuengagementsſtattfinden werden. Ob auch die beabſichtigte Erhöhung der Preiſe bewilligt werden wird, bleibt freilich eine andere Frage.
Mit dem dritten intimen Abend fanden die Vortragsabende des Vereines für dieſe Saiſon ihren Abſchluß. Und daß der Abſchluß ein ſo würdiger, ein ganz den Inten - tionen des für die Hebung des Kunſtverſtändniſſes kämpfenden Dürervereines entſprechender war, iſt dem trefflichen von Frau Frieda v. Becher-Rüden - hof gehaltenen Vortrag „ John Ruskin, der Aeſthetiker “zu danken, den die Leſer im heutigen Feuilleton abgedruckt finden. Dem Verein muß man dazu gra - tulieren und er darf ſtolz darauf ſein, daß er ſo opferfreudige Mitarbeiter unter ſeinen Mitgliedern beſitzt, wie es Frau v. Becher-Rüdenhof iſt und wie es ja auch Frau Helene Littmann und die Herren Dr. Plattenſteiner und Joſ. Aug. Lux ſind. Nach dem Vortrage folgten noch einige muſikaliſche und deklamatoriſche Darbietungen. Fräulein Erna Haniſch, als tüchtige Klavierſpielerin ſchon gelegent - lich der Beſprechung der Konzert-Akademie mit vollſtem Recht gewürdigt, gab Teile aus Grieg’s „ Peer Gynt “- Suite zum beſten. Herr Forbelsky las mit beſter Wirkung Roſegger’s ſteiriſche Geſchichte „ Hextens 50.000 fl. “, bei der allerdings gerade die Pointe, auf die ſie zugeſpitzt iſt, recht ſchwach iſt, während ſie ſich ſonſt vollkommen eignet, die Ro - ſegger’ſche Geſtaltungskraft zu zeigen. Zum Schluſſe trug Herr Kürti den von ihm aus deutſchen Lyrikern gewählten Gedichtezyklus „ vita somnium breve “(Das Leben ein kurzer Traum “vor, um zu verſuchen, ob dann, wenn man die Gedichte ſo in einen Cyklus ordnet, daß durch die Aneinanderreihung Spannung und Intereſſe erweckt wird und man beiſpielsweiſe ein Menſchenſchickſal vorüberziehen läßt, tiefere Wirkung zu erzielen ſei, als ſonſt beim Vortrag einzelner lyriſcher Dichtungen. Dem Zyklus „ vita somnium breve “, bei dem man wohl an das gleich - namige Bild Böcklins denken darf, dient gewiſſer - maßen als Motto Roſegger’s:
Dann folgte Fontane’s „ Die Frage bleibt “als Einleitung. Hierauf begleiten Gedichte von Hebbel, Keller, Mörike, Storm, Heyſe, Jenſen, Avenarius u. a. das Menſchenleben von der ſorgenloſen Kindheit über das Jünglinsalter, über Liebesglück und Liebesſchmerz, nach vielem Sehnen, nach manch herbem Verluſte ins Mannesalter, in die Ehe und weiter über Freud’ und Leid ins Alter hinein, bis das Leben leiſe ver - klingt mit Liliencron’s
Mit Fontane’s
und Roſegger’s „ Drei himmliſche Schreine “ſchließt der Zyklus. Allerdings, „ Zerſtreuung “, nach der das Publikum im allgemeinen verlangt, bot dieſer Verſuch nicht, er forderte im Gegenteil vollſte Sammlung der Aufmerkſamkeit. Wem dies aber gelang und wer wirklich ein Menſchenleben vor ſeinem geiſtigen Auge vorüberziehen ſah, der muß ihm vollſte Anerkennung zollen.
Wie wir bereits gemeldet, wird Profeſſor Strakoſch Samſtag, den 9. April d. J., hier wieder eine ſeiner berühmten Vorleſungen halten. Das Programm enthält drama - tiſche Vorträge (Demetrius und Tell von Schiller), epiſche („ Frau Judith “von Kis und „ Belſazar “von Heine), humoriſtiſche („ Der Meiſtertrunk von Rothen - burg “von A. Wechle). Befonders müſſen wir her - vorheben, daß auch Dichtungen von Herrn Alfred v. Ehrmann zu Gehör gebracht werden.
Anläßlich der Chaawoche entfällt die dieswöchentliche Geſangsprobe am Mittwoch den 30. März. Die nächſte Probe findet dagegen am Mittwoch, den 6. April l. J., um ½8 Uhr abends im Hotel „ Schäferin “ſtatt. Da bereits fleißig für die Sommerliedertafel geprobt wird, ſo werden alle Mitglieder um pünktliches und beſtimmtes Erſcheinen dringend gebeten.
wurde am 28. d. M., um die Mittagsſtunde, der 18jährige, in Berndorfwohnhafte Fabriksarbeiter Ludwig Frank von e[p]ileptiſchen Krämpfen befallen. Er wurde durch die Rettungsgeſellſchaft in das Rath’ſche Spital überführt.
Die bei einem hieſigen Großfuhrmann bedienſtete Dienſtmagd H. ſtellte ſich am 28. d. M., um halb 7 Uhr früh, in der Wilhelmſtraße einem herannahenden Motorwagen entgegen, wobei ſie dem Lenker desſelben fortwährend zurief, er möge nicht aufhalten. Als der Wagen zum Stehen gebracht wurde und man ſich des Mädchens bemächtigte, zeigte ſich bei ihm ein derart aufgeregtes Benehmen, daß ſie behufs weiterer Beobachtung in das Rath’ſche Spital gebracht werden mußte. Wie man uns mitteilt, äußerte ſich das Mädchen zu ihren Dienſtgebern wiederholt, daß ſie ſich das Leben nehmen werde.
Ausweis der für die unter dem Protektorate Ihrer kaiſ. und königl. Hoheit der Durch - lauchtigſten Frau Erzherzogin Maria Rainer ſtehenden Schul - küche eingelaufenen Spenden: Frau Fanny Hanſy 5 Kr., Un - genannt 5 Kilo Fett. Indem hiemit den P. T. Spendern der wärmſte Dank ausgeſprochen wird, diene zur Kenntnis, daß weitere gütige Spenden Herr Adolf Grimus v. Grimburg (Heiligen-Geiſt-Apotheke), Hauptplatz 6, ſowie Frau Katharina Hallenſtein, Grabengaſſe 26, und Frau Katharina Schwarz, Hauptplatz (Apotheke) entgegennehmen.
Am 26. März l. J. fand in Wien auf dem Boden des II. ſtädt. Strombades in der Brigittenau eine intereſſante Brandprobe mit „ Elektroglas “ſtatt. Dieſelbe wurde über Erſuchen der Firma F. L. Kepler, Bodenbach a. E., ſeitens des Wiener Stadtbauamtes abgehalten und waren zu derſelben die Spitzen verſchiedener Bauämter und viele Fachleute geladen. — In einem gemauerten Häuschen von zirka 6 Quadratmeter Fläche waren auf 3 Seiten Glasfenſter, in Eiſen - rahmen montiert, eingemauert. — Die Stärke des vollkommen durchſichtigen Glaſes variierte zwiſchen 6 und 20 Millimeter. — Die Fenſter waren aus Glasſcheibchen von 8 — 12 Zentimeter Seitenlänge hergeſtellt und waren die einzelnen Scheibchen unter - einander mit Kupferſproſſen aus metalliſch reinem Kupfer auf elektrolytiſchem Wege verbunden. — Im Inneren waren, von außen ſichtbar, Probekörperchen mit verſchiedenen Schmelzpunkten aufgeſtellt, um die Temperatur im Inneren zu kontrollieren. — Nachdem nach ungefähr einem halbſtündigen lebhaften Feuer eine Temperatur von 1000 Grad erreicht war, rich - tete die Feuerwehr kräftige Waſſerſtrahlen auf die Fenſter. Nachdem ſich der Dampf verzogen hatte, konnte feſtgeſtellt werden, daß den Fenſtern in ihrem Verbande nichts geſchehen war, daß auch nicht ein Täfelchen zerſprungen und herausgefallen war. — Allerdings wies das Glas eine ſpinnwebartige Struk - tur auf, doch leiſteten dieſe Verglaſungen dem leb - haften Feuer erfolgreichen Wi[d]erſtand. — Dieſe neue Erfindung hat den Zweck, in Feuermauern ꝛc. feuerſichere Verglaſungen herzuſtellen und dürfte die - felbe nach erfolgter Erklärung der Zuläſſigkeit durch das Wiener Stadtbauamt eine beachtenswerte Neu - erung auf dem Gebiete des Hochbaues bedeuten. — Insbeſondere werden durch dieſe Erfindung das ſogenannte „ Fenſterrecht “und viele Grundrißlöſungen einer gedeihlichen Erledigung zugeführt werden können. — Der Proſpekt dieſer Firma zeigt die vielſeitige Verwendung dieſer Verglaſungsweiſe und iſt es für Fachkollegen wohl der Mühe wert, ſich mit dieſer Neuerung zu beſchäftigen. —
Zum Zwecke eines einheitlichen Vorgehens auf dem Gebiete des Kindergartenweſens haben die Herren Bezirksſchulinſpektor Schulrat Dr. Heinrich Sonnek und der ſtädtiſche Kindergarten - inſpektor Bürgerſchuldirektor Wilhelm Fritſch eine muſtergiltige Ausſtellung im Schulmuſeum (9. Bezirk, Grünetorgaſſe 11) arrangiert. Wir neunen vor allem die reizenden Märchendarſtellungen, die von außer - ordentlichem Geſchicke und feinem Empfinden zeugen. Vorzüglich ſind namentlich Proben über das Thon - formen (Schwämme und Gebäck). Die 21 ſtädtiſchen Kindergärten müſſen — nach den Proben zu ſchließen — muſterhaft geleitet ſein. Brünn iſt auch bekannt als die Stadt der Kindergärten. Die Ge - meindevertretung hat keine Mittel geſcheut, den Bedürfniſſen der Bevölkerung entſprechend, deutſche Kindergärten zu errichten. Die Aufnahme der Kinder erfolgt unentgeltlich. Schulärzte haben die ſanitären Verhältniſſe zu überwachen und die Kinder monatlich einmal zu unterſuchen. In den Kindergärten befindet ſich je ein Badezimmer für die Zöglinge. An jedem Kindergarten wirken 3 — 6 „ Tanten “(Kindergärt -4Mittwoch Badener Zeitung 30. März 1904. Nr. 26. erinnen), denen eine Wärterin beigegeben iſt. Die Geſamtzahl der Kinder im Jahre 1903 betrug daher auch 3769. Wien, die Reichshaupt - und Reſidenzſtadt, zählte im Jahre 1903 im ganzen 11 kommunale Kindergärten und 14 Kindergärtnerinnen; 4 ſyſtemi - ſierte Stellen waren unbeſetzt. Brünn, die Provinz - ſtadt, zählte im ſelben Jahre 21 Kindergärten mit 85 Kindergärtnerinnen!!
Ueber dieſen argvernachläſſigten Zweig unſerer Huma - nitätsbeſtrebungen ſprach Samstag, den 12. d. M., Herr Oberlehrer Hans Schiener im öſterreichiſchen Schulmuſeum. Die Zahl der Schwachſinnigen in Oeſterreich läßt ſich nicht feſtſtellen, da bei der letzten Volkszählung die Schwachſinnigen nicht mitgezählt wurden. Im allgemeinen kann man annehmen, daß auf 10.000 Perſonen 15 — 20 Idioten, die Schwach - ſinnigen nicht mitgerechnet, kommen. In Wien gibt es etwa 1000 Schwachſinnige, von denen 150 An - ſtalten beſuchen; die anderen ſind in Volksſchulen untergebracht oder genießen gar keinen Unterricht. Mindeſtens 4000 Schwachbefähigte ſitzen in den un - terſten Klaſſen der Volksſchulen und werden mittelſt Abgangszeugniſſes aus denſelben entlaſſen. In Oeſter - reich ſind insgeſamt 805 Idioten in Anſtalten unter - gebracht. 407 Kinder werden bloß verpflegt, 398 erhalten auch Unterricht. In Deutſchland beſtehen bereits 60 Anſtalten und 140 Hilfsſchulen, in denen an 17.000 Kinder erzogen, bezw. unterrichtet werden. In Berlin werden mehr als 1000 ſchwachſinnige Kinder in 95 Klaſſen unterrichtet. In Hamburg gibt es bereits 26 Klaſſen mit 683 ſchwachſinnigen Kindern, ſo daß in dieſer einen Stadt 285 Kinder mehr ent - ſprechenden Unterricht genießen als in ganz Oeſter - reich. 70% der aus den Hilfsſchulen entlaſſenen Schüler ſind imſtande, einen Beruf zu ergreifen. Dieſes Ergebnis ſollte ein Anſporn zur Errichtung neuer Hilfsſchulen ſein. Heute führen viele dieſer Armen ein freudloſes Leben in den Familien, andere ſind in Irren -, Armen -, Krankenhäuſern und Ver - brecherzellen untergebracht. Daß viele Schwachſinnige Verbrecher werden, iſt erklärlich. Die Triebe des Schwachſinnigen geben ſich in der Aeußerung eines rückſichtsloſen, durch keine Gegenvorſtellung gehemmten Egoismus kund. Betrug, Meineid, Brandſtiftung, Notzucht kommen oft auf Rechnung des angeborenen Schwachſinnes. Wenn die Schule den Schwachſinnigen entläßt, müſſen andere Kreiſe ſich desſelben annehmen. Es wären Pfleger zu beſtellen, welche den Schwach - ſinnigen zu bewachen und zu beraten hätten. In Wien hat ſich jüngſt der Verein „ Fürſorge für Schwachſinnige “gebildet. Dieſer Verein hat in Wien, 18. Bezirk, Anaſtaſius Grüngaſſe 10, eine Auskunfts - ſtelle errichtet, wo ſich die Eltern ſolcher Kinder Rat holen können. Der Redner ſpricht ſchließlich die Erwartung aus, das Unterrichts-Miniſterium werde den Anſtoß zur Schaffung eines Geſetzes geben, durch welches für die Erziehung und den Unterricht ſchwach - ſinniger Kinder geſorgt wird. Ferner möge es eine ſtreng durchgeführte Zählung der ſchwachſinnigen Kinder anordnen und ſchließlich die Zwecke des Ver - eines „ Fürſorge für Schwachſinnige “fördern. Der Vortrag wurde von den Anweſenden, unter denen man Vertreter des Miniſteriums, des Landes - und Bezirksſchulrates ſah, mit großem Beifall aufgenommen.
An den Wiener Anſtalten ſind dermalen 4852 Lehrperſonen in Tätigkeit, hievon ſind genau ein Viertel proviſoriſch angeſtellt. Den 111 Bürgerſchuldirektoren und Direktorinnen ſtehen faſt 9 mal ſo viel (913) de - finitive Bürgerſchullehrkräfte gegenüber. Auf 910 definitive Volksſchullehrkräfte kommen 256 Schul - leitungen. Nach einer ſorgfältigen, aber nicht einwand - loſen Zählung amtieren gegenwärtig in Wien 2403 Lehrerinnen.
Einen Lehr - kurs (vierte Klaſſe) im Sinne der Miniſterialver - ordnung vom 26. Juni 1903 beſchloſſen zu er - richten: Die Ortsſchulräte, reſp. Stadtvertretungen von Wels, Iſchl, Mähriſch-Neuſtadt, Winterberg, Tannwald, Morchenſtern, Liebenau, Rumburg, Mähr. - Trübau, Brüx und Linz. Hievon ſind 9 Knaben - und 4 Mädchen-Lehrkurſe. Allen Kronländern voran ſchreitet Böhmen.
Die Vorarbeiten für die einen Programmpunkt des Verbandes bildende „ Auskunftsſtelle für Sommer - wohnungen in Niederöſterreich “ſind nun ſo weit gediehen, daß im Stadtbureau (Stubenring 20), alle gewünſchten Auskünfte, ſowohl über Sommerwohnungen, als auch über die Verhältniſſe in den Sommerfriſchen und Kurorten Niederöſterreichs erteilt werden können. Auch liegen dort Proſpekte, Beſchreibungen und An -ſichten von Orten in großer Zahl auf. Zu erwähnen iſt noch, daß die Auskunftserteilung an die Parteien eine vollſtändig koſtenloſe iſt.
Zum erſtenmale wurde heuer dem offiziellen Ver - zeichniſſe für die Lehrtexte der öſterreichiſchen Mittel - ſchulen auch ein ſolches der für vaterländiſche Mädchen - Lyzeen allgemein zuläſſigen Lehrbücher beigeſchloſſen. Es ſoll hiedurch der Lehrerſchaft die Möglichkeit ge - boten werden, ſich über die bisherige Produktion auf dieſem Gebiete und die noch nötigen Ergänzungen Klarheit zu verſchaffen. Für fleißige Schulbücher - fabrikanten iſt hier noch ein weites, unbebautes Feld. So exiſtieren keine ſpeziell für Mädchen-Lyzeen be - rechneten Lehrbücher für Religion, für lateiniſche und griechiſche Sprache, für philoſophiſche Propädeutik, für geometriſches Zeichnen und darſtellende Geometrie, wie für Chemie. Außer einem Posso allo studio della storia in italieniſcher Sprache von Coſtantini Edvige iſt kein einziges Lehrbuch in einer anderen Landes - ſprache als der deutſchen erſchienen. Unter den Autoren marſchieren an der Tete nach Anzahl der verfaßten Lehrbücher Boeruer-Kukula, Fetter-Alſcher, Dr. Nader, Dr. Wurzuer und Dr. Tupetz. Unter den Verlägen dominierten Deuticke-Wien (16 Bände) und Tempsky - Prag (13 Bände). Im k. k. Schulbücher-Verlag er - ſchienen nur 9 Werke. Für den deutſchen Sprach - unterricht erſchienen 8, für Franzöſiſch 9, für Engliſch 6, für Geographie und Geſchichte 7, für Arithmetik und Geometrie 5, für Naturkunde 13 Werke und für Stenographie nur 1 Lehrbuch (Kramſall Emil, Syſtem Gabelsberger).
Wie die „ Pädagogiſche Korres - pondenz Bergmann “von wohlinformierter Seite erfährt, wird demnächſt ein Erlaß des Unterrichts - miniſteriums publiziert werden, der die Förderung des Schwimmens durch die Schule zum Gegenſtand hat. Wir ſind ſchon jetzt in der Lage, auszugsweiſe hierüber zu berichten. Der wohltätige Einfluß des Schwimmens auf die Erhaltung und Stärkung der Körperkraft wie der Geſundheit macht es wünſchens - wert, daß nicht nur den Zöglingen der Lehrer - und Lehrerinnenbildungsanſtalten (neu! Anm. d. R. K. B.), ſondern auch den Kindern der höheren Klaſſen der allgemeinen Volks - und Bürgerſchulen Gelegenheit gegeben werde, das Schwimmen zu erlernen und fleißig praktiſch zu üben. Der Miniſter für Kultus und Unterricht erſucht daher die Landesſchulbehörden, geeignete Maßnahmen zu treffen. Insbeſondere ſollen ſie die Gemeinden und jene Vereine, welche ſich die körperliche Ausbildung der Jugend zur Aufgabe machen, für dieſen Gegenſtand intereſſieren. Es wird alſo an die Jugendſpiel -, Turn -, Schwimm - und Sportvereine herangetreten werden, damit ſie über - all dort, wo die örtlichen Verhältniſſe es geeignet erſcheinen laſſen, Schwimm - und Badeanſtalten zu dem in Rede ſtehenden Zwecke errichten oder den Zöglingen der Lehrer - und Lehrerinnenbildungsan - ſtalten die koſtenloſe, oder doch nur mit geringen Koſten verbundene Erlernung und fleißige Uebung des Schwimmens zu ermöglichen.
beginnt in Mödling ſchon mit den Oſtertagen, da die Hoteliers zu dieſer Zeit ihre Räume dem Publikum öffnen. Der vom Voxjahre her allen Kurgäſten, Sommerfriſchlern und Einheimiſchen in beſter Erinnerung ſtehende tüchtige Reſtaurateur Geduldig eröffnet die Lokalitäten des Kurſalons am 2. April und wird auch heuer alles aufbieten, um dem Publikum alle Bequemlichkeiten und Aufmerkſamkeiten zu bereiten, die man von einem ſolchen Etabliſſement erwarten kann. Leider iſt gerade jetzt dem Beſitzer des Kurſalons eine arge Unannehmlichkeit durch die Reno - vierungsbauten an der Waſſerleitung erwachſen. Der Park iſt nächſt dem Kurſalon arg mit Ziegeln und Steinen verſchüttet, ſo daß die Paſſage zum Eingang dadurch beeinträchtigt wird. Hoffentlich dauern dieſe unerfreulichen Zuſtände nicht mehr ſehr lange. — Ebenfalls zu Oſtern eröffnet auch das Hotel Hajek ſeine Räume den Gäſten, die ſich alljährlich in ſchöner Zahl einſtellen. Nicht zuletzt ſollte man eigentlich des neuer - bauten Ho[t]els „ Eiſenbahn “Erwähnung tun. — Und nun komme, Frühling, und bringe Gäſte in Mengen, Mödling hat ſich zu ihrem Empfange gerüſtet.
ſindet am 7. April in der Mädchen-Bürgerſchule ſtatt. Unter anderem wird auch eine Vorbeſprechung zu den Wahlen in die Bezirkslehrerkonferenz abgehalten.
mit dem Rade iſt der Wiener A. Lorenz, als er gerade nach Laxenburg fuhr. Er wurde, wie es ſcheint, ziemlich bedeutend im Geſichte verletzt von Paſſanten auf der Straße liegend aufgefunden, dann im Radfahrerheim gelabt und dann nach Wien gebracht. Hiebei leiſtete Herr Roſſin, in deſſen Hotel ſich das Radfahrerheim befindet, tatkräitigen Beiſtand.
Selbſt für den bedächtigſten Radfahrer lauern auf allen Seiten die Gefahren. Das zeigteſich wieder deutlich, als der Rafahrer F. Adametz vor kurzem durch die Wienerſtraße fuhr. Beim Waiſenhauſe ſtand ein Wagen uud hinter dieſem, dem Radler nicht ſichtbar, lief plötzlich ein fünfjähriges Bürſchchen hervor und direkt auf den Radfahrer zu. Dem Kleinen wiederfuhr allerdings nichts weiter, als daß er einige Hautritzer erlitt und einen Schreck bekam. Da - gegen gab es für Adametz böſe Folgen. Er war knapp neben dem Wagen gefahren und riß das Rad, damit der Kleine nicht überfahren werde, dermaßen heftig auf die rechte Seite, daß es ſchwer beſchädigt wurde; weiters wurde er angezeigt und hatte die Aufregung einer Verhandlung durchzumachen. Aller - dings kam er nach den Ergebniſſen des Verhörs mit den Zeugen ohne Strafe davon; immerhin aber ſieht man, wie ſchwer es für den Radfahrer iſt, allen Unfällen auszuweichen.
Der in der Helferſtorferſtraße in Maria-Enzersdorf wahnhafte Schneidermeiſter Rudolt Holy hat ſich am 24. d. M. erhenkt. Wie verlautet, ſollen die zer - rütteten Vermögensverhältniſſe den Mann in den Tod getrieben haben.
ereignete ſich am 17. d. M. abends in dem Hanſe des Gaſtwirtes Georg Leſer, Enzersdorfer - ſtraße 18, ein aufregender Vorfall. Der Mann wurde ohne jedwede vorherige Anzeichen plötzlich irrſinnig und rief unter den eben auweſenden Gäſten furchtbare Aufregung hervor. Er wollte zuerſt ſeine Frau erſtechen, wandte ſich dann gegen den ihr zur Hilfe herbeigeeilten Schwager und konnte endlich von Gäſten unter Aſſiſtenz der Sicherheitswache gebändigt werden. Der Irrſinnige wurde in das Mödlinger Krankenhaus überführt.
Oſterſonntag: „ Die Goldprobe “, Luſtſpiel in drei Akten von Augier uud Sandon. Oſtermontag: „ Galeotto “, Drama in drei Akten und einem Vorſpiele von Echegary. Beginn beider Verſtellungen 3 Uhr nachmittags. Bei der Beliebtheit, welcher ſich das Enſemble während der heurigen Saiſon erfreute, wünſchen wir den beſten Erfolg.
Freitag, den 25. d. M., mit Fräulein Iſa Haſſaty als Gaſt, zum erſtenmale: „ Amor am Start “, Luſtſpiel in 3 Aufzügen mit melodrama - tiſcher Muſik von Arthur Demokritos.
Der talentierte Verfaſſer, der unter dem Pſeu - donym „ Demokritos “, gleich dem bekannten lachenden Philoſophen aus Abdera, die menſchlichen Thorheiten nach altbewährtem griechiſch-antiken Rezepte nach Gebühr, mit Kunſt und Regel zu würdigen verſteht, hat mit ſeinem modernen Luſtſpiele „ Amor am Start “eine ſehr beachtenswerte Bühnenarbeit erbracht, die bei geeigneterer Beſetzung, beſſerem Studium und Zuſammenſpiel und ganz ohne Streichung gewiß auch einen weit größeren Erfolg als den der hieſigen, wohl etwas überhaſteten Erſtaufführung erzielt hätte. Trotzdem kann aber der Dichter mit der Badener Premiere, der Feuerprobe ſeines für die Allgemeinheit zu tief angelegten Stückes recht zufrieden ſein, denn dieſelbe gab wenigſtens die volle Gelegenheit, das philoſophierende Bühnenwerk, das trotz ſeiner bei jeder Anfängerſchaft unvermeidlichen Mängel viele Vorzüge aufweiſt, auf den bühnenliterariſchen Wert zu prüfen und das Endurteil über das Ganze dürfte gewiß nicht zu Ungunſten des dichtenden Anonymus „ Demokritos “ausfallen, weil das Luſtſpiel „ Amor am Start “eine beachtenswerte Schöpfung iſt, der nur eine paſſende Einrichtung und der ſogenannte Ausſchliff fehlt. Ja, noch mehr. Wenn der Verfaſſer, gleich dem alten Demokritos, auch „ das höchſte menſch - liche Glück in der völligen Seelenruhe “finden könnte und er in dieſer nicht jedermann gegebenen Stimmung der Gegenwart einige zeitgemäße Konzeſſionen machen würde, die nun einmal von der Zugkraft eines Luſt - ſpieles, kräftigere Koſt, wie etwa eine komiſche Durch - laufsperſon, diverſe Zünder oder Schlager mit den zum Beifall herausfordernden richtigen Abgängen begehrt und ſich zu derartigen modernen Zutaten entſchließen dürfte, ſo wird die ſchätzenswerte, tief - durchdachte und in manchen Einzelheiten ſehr gelungene Arbeit auch die bleibende Repertoirfähigkeit erhalten. Gelegenheit hiezu wäre leicht vorhanden. Was könnte der Dichter aus den Perſonen des Franz und der Fini machen, wenn dieſelben textlich größer bedacht und vielleicht durch Dialektverſchiedenheiten kontraſtiſch ausgezeichnet würden. Wie zum Beiſpiel Hawel in „ Mutter Sorge “dieſe ſelbſt ſichtbar für die Bühne perſonifizierte, ſo ließe auch der pikante Stoff und hauptſächlich das glanzvolle Maskenſpiel des letzten Aktes ein perſönliches Erſcheinen des geflügelten Liebesgottes zu, der mit ſeinem geheimnisvollen Kommen und Gehen in den Gang der Handlung eingreifen könnte u. ſ. w.
Nach dieſen im Intereſſe des ganzen gemachten Vorbemerkungen ſei der Handlung des Stückes ſelbſt gedacht.
Der gutherzige, nun ſeinen 50. Geburtstag feiernde Lebemann Hans v. Stromberg, der in ſteter Verehrung jener Weiblichkeiten, die der männlichen5Nr. 26 Mittwoch Badener Zeitung 30. März 1904. Sinnlichkeit zum Spielzeug oder Opfer dienen, groß gezogen, keine anderen Freuden der Liebe als den bloßen ſinnlichen Genuß kennt, wirft ſich zum Be - ſchützer ſeiner beiden Nichten Maud und Riza auf, da dieſelben die Söhne des Rittmeiſters v. Lanzen - kampf, Kurt und Manfred, lieben und weder von deren Vater noch von der Mutter ſeiner Schützlinge, ſeiner eigenen Schwägerin, Leopoldine v. Stromberg, eine leichte Einwilligung zu dieſen Herzensbündniſſen erhoffen.
Hans von Stromberg beſchließt nun die beiden Elternteile ſelbſt zu verheiraten und iſt nur einmal der Rittmeiſter der Mann ſeiner Schwägerin, dann iſt das Glück der Kinder auch geſichert. Geſagt, getan. Zuerſt ſondiert der gute Herr Onkel ſeine ſchöne, ſchon zu lange um ſeinen verſtorbenen Bruder trauernde und erſt 35 Jahre alte Schwä[g]erin, legt ihr eine Art Heiratsverpflichtung nahe, offeriert ihr einen zukünftigen Gatten und will dann mit Hilfe ſeiner jugendlichen Alliirten, den Kindern der derart zu verkuppelten Perſonen und einer künſtlich ge - ſchaffenen Heiratsannonze auch den nur in ſeinen militäriſchen Rückerinnerungen lebenden, Pferde und Sportliebenden, penſionierten Rittmeiſter für die Ehe mit einer gleichgeſinnten Seele intereſſieren, was ihm auch durch ſeine Beredſamkeit und durch die Nachhilfe der Heiratsannonze in der Zeitung gelingt.
Doch wer Andern eine Grube gräbt, fällt ſelbſt hinein. Ein von ihm veranſtaltetes Maskenfeſt in ſeinem Hauſe ſoll ſchließlich die geplante Entſcheidung herbeiführen, aber es kommt bei dieſem, wie es nun ſchon der Zufall will, ganz anders. Der Rittmeiſter von Lanzenkampf erwählt ſich bei der Suche nach ſeiner Braut nicht die ihm zugedachte Perſon, ſondern ſeine eigene Nichte Emilie und der Verfechter der ungebundenen, freien, ſündigen Liebe, der gute Strom - berg, kommt endlich gebeſſert zur Erkenntnis, daß es auch eine andere Art der Hingebung zweier Herzen, die echte, die wirkliche Liebe gibt und erwählt ſich entzückt von der Schönheit ſeiner als Venus erſchie - nenen Schwägerin, dieſe zur ferneren Lebensgefährtin. „ Der bisher Blinde wurde ſehend und glücklich in der Liebe zu einer ſchönen Frau, der Liebe mit den Sinnen und dem Herzen. “
Mehrere andere Figuren, die jugendlich tuende, männertolle und ſich vor der Bazillen-Gefahr fürch - tende Geſellſchafterin Klärchen Buße, die ſchließlich — o Ironie des Schickſals — ſogar einen mit Bazillen arbeitenden Gelehrten zum Manne erhält, drei köſtlich charakteriſierte, nach reichen Frauen Aus - ſchau haltende Offiziere, der Diener Franz des Ritt - meiſters und das Stubenmädchen des Herrn von Stromberg, fügen ſich recht geſchickt in den Gang der Handlung, die ob ihres Problemes, der Liebe mit den Sinnen und dem Herzen und des Läuteruugs - prozeſſes eines gereiften Mannes vom Wahn zum Ideal, eine recht intereſſante zu nennen iſt.
Was die Aufführung anbelangt, ſo war dieſelbe teilweiſe gut und verdient insbeſondere der geſchätzte Gaſt Fräulein Iſa Haſſaty Erwähnung. Dieſelbe, eine ſchöne Bühnenerſcheinung, gab die Witwe von Stromberg recht beachtenswert, ſcheint aber keine Berufsſchauſpielerin zu ſein. Als Riza debutierte ein Fräulein Linna Woiwode mit recht hübſchem Erfolg, doch gibt die kleine Rolle wenig Gelegenheit zu beſonderem Hervortreten. Die Dame verfügt bei hübſchem Ausſehen über ein ziemlich ſicheres Auftreten und ſcheint überhaupt Talent zu beſitzen.
Sehr brav war Frau Maſchek als Klärchen Buſſe, deren Bazillenfurcht leider durch einen Text - ſtrich im Manuſkript nicht zum vollen Ausdrucke kam. Fräulein Herma als Stubenmädchen Fini, Fräulein Frank (Emilie, Nichte des Rittmeiſters), Fräulein Steininger (Maud) ſtanden auf ihrem Platze.
Die Herrenrollen lagen in den Händen der Herren Erl (Hans v. Stromberg), Maſchek (Ritt - meiſter v. Lanzenkampf), Lipensky (Kurt), Brady(Manfred) und Oeſterreicher (Prof. Dr. Bleib - treu). Auch Herr Trimmel verdient als Diener des Rittmeiſters ein Speziallob. In der Epiſode machten ſich noch die Herren Ciſowsky, Reuther und Eichinger bemerkbar.
Die Szenerie des dritten Aktes mit den Geſtal - ten der Venus, der Gerechtigkeit, der Pallas Athene, des Gretchen, des Jokey, einer Jokiſe, eines Drago - ners, eines Pferdes, des König Salomon, Napoleons I., Tannhäuſer, einer Amazone und einer Nonne bot ein recht bewegtes ſchönes Bild, nur war die Figuren - ähnlichkeit der maskierten Jokiſe, Amazone und Venus, auf welche die Perſonsverwechslung der Handlung baſiert, keine allzu glaubwürdige.
Auch die Ausſtattung der übrigen Akte, zu welcher auch ein ganzes, jeden Oſteologen hocherfreuen - des Pferdeſkelett, der einſtige Goliath des Ritt - meiſters, gehörte, war bis auf das kleinſte Bühnen - requiſit vorzüglich detailliert und eine für eine Provinzbühne ungewöhnliche Schauſtellung.
Ein Luſtrum ging dahin, ſeit Meiſter Johann Strauß, der zweite ſeines Namens, ſeiner Bedeutung nach der Erſte in der glorreichen Dynaſtie der Walzer - könige, zur ewigen Ruhe gebettet worden iſt. Draußen auf dem Wiener Campo santo, in jenem geheiligten Rund, wo unſere großen Tondichter ſchlummern, neben den Gräbern Beethoven’s, Schubert’s und Brahm’s, erhebt ſich auch ſein Totenmal und ver - kündet dem trauernden Beſucher der ſtillen Stätte, daß Johann Strauß zu den Auserwählten ge - hört, denen die öſterreichiſche Kaiſerſtadt ihren Ruhm als Kapitale der deutſchen Muſik verdankt.
Der Tote hat die ihm gebührenden Ehren erhalten.
Nun iſt es Zeit, an den Lebenden zu denken, an den unſterblichen Sohn Wiens, deſſen leichtbe - ſchwingte, göttliche Melodien ihn tagtäglich wieder auferſtehen laſſen von den Toten, um uns jauchzend und ſingend ſeiner ewigen Gegenwart zu verſichern. Der Lebende gehört zu den Lebenden. Es drängt uns mit der vollen Gewalt unſerer Liebe und Verehrung, ihm ein weithin ſichtbares, die Jahrhunderte über - dauerndes Zeichen unſerer herzlichen Sympathie zu errichten. Wir wollen ſeines Anblickes froh werden, wollen den unruhigen Feuerkopf mit der buſchigen Haarmähne und den durchdringenden luſtigen Augen vor allem Volke erhoben wiſſen, daß wir ihn Kindern und Kindeskindern zeigen und ſagen können: Seht, das iſt unſer vielgeliebter Meiſter Johann! Wir wollen ihm, dem unerſchöpflichen Spender zahlloſer Freuden und Genüſſe, die Erſtlinge der von Jahr zu Jahr ſich erneuernden Jugend darbringen, wollen ihm das friſche Grün von den Höhen des Wiener - waldes reichen, ihm das flüſſige Gold von den ſonnigen Hängen ſanft geneigter Rebenhügel zutrinken, ihm die duftigſten Blumen vom Buſen anmutiger Tänzerinnen zu Füßen legen.
Ein Strauß-Denkmal in Wien ſei die künſt - leriſche Vollſtreckung, der monumentale Ausdruck dieſes unſeres guten Willens! In ihm wiſſen wir uns eins mit den Bewohnern unſerer von Strauß verherr - lichten ſchönen Stadt, wie mit allen über die ſingende und tanzende Welt ausgeſtreuten Verehrern ſeiner launigen Tonmuſe. Wohin immer ihre fröhliche Bot - ſchaft drang, verſcheuchte ſie der Schwermut düſtere Schatten, führte den von Feſſeln der ſtrengen Kon -vennienz eingeengten Menſchen zur freien Natürlichkeit ſeines geſelligen Weſens zurück und lehrte ihn auf einſchmeichelnde Art, dem ernſten Leben die heiterſte Seite abzugewinnen. Mit den bezaubernden Weiſen Strauß’ſcher Muſik flatterte ein Stück liebenswürdigen echten Wienertums über Länder und Meere fort, und die „ Schöne, blaue Donau “erfriſcht und ergötzt durch das melodiſche Spiel ihrer Wellen auch ſolche, die niemals an ihren Ufern ſaßen.
Den ſchnellen Singſchwalben binden wir unſeren Aufruf unter die Flügel. Mögen ſie mit ihm überall offene Türen und Herzen finden für die Bitte, uns bei dem geplanten Werke zu helfen und zu fördern! Geſtützt auf die beiſpielloſe Popularität unſeres Ton - dichters, wenden wir uns nicht nur an die Mächtigen und Reichen, ſondern noch mehr an den kleinen Mann, den begeiſterten Liebhaber Strauß’ſcher Tänze und Geſänge. Auf der Wage der Liebe gewogen, fällt auch die geringſte Gabe ſchwer und voll ins Gewicht. *)Die Adminiſtration unſeres Blattes iſt bereit, etwaige Spenden für den Denkma fond entgegenzunehmen und wird dieſe Beträge ſeinerzeit ausweiſen.
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Benjamin FiechterSusanne HaafNote: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).2018-01-26T13:38:42Z grepect GmbHNote: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T13:38:42Z Amelie MeisterNote: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T13:38:42Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe
Fraktur
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