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Badener Zeitung (vormals Badener Bezirks-Blatt).

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Erſcheint Mittwoch und Samstag früh.

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(Die Samstag-Nummer enthält die Gratis-Beilage Illuſtriertes Unterhaltungsblatt .)

Nr. 32. Mittwoch, den 20. April 1904. 25. Jahrg.

Die Tſchechen in der Enge.

Normal und kühl denkende Tſchechen ſcheint es nicht zu geben. Eine Periode ungeahnten Glückes hat ſie alle verwirrt gemacht und ſie können es nicht begreifen, daß es Grenzen für ihre Wünſche gibt, daß ſie Widerſtand finden, daß auch noch andere Leute leben, mit denen ſie rechnen müſſen. Die Einſicht, daß ſie mit der Obſtruktion nichts mehr erreichen werden, iſt ihnen ſchon aufgedämmert; davon gibt es vielfache Anzeichen. Allein davon abzulaſſen, das will ihnen nicht in den Sinn. Mit ihren letzten Forderungen der tſchechiſchen inneren Amtsſprache und der tſchechiſchen Univerſität in Brünn haben ſie ſich erſt recht vor eine unüberſteigliche Wand geſtellt, vor der ſie nun ratlos daſtehen, weil ſie nicht hinüber können. Zurück wollen ſie aber doch nicht. So wird denn die nächſte am 19. d. M. be - ginnende Tagung des Reichsrats die Tſchechen abermals in der Obſtruktion ſehen, wenn ſie auch wahrſcheinlich auf den Rat der Polen die Dele - gationswahlen nicht gewalttätig hindern werden. Es war töricht von ihnen, Forderungen aufzu - ſtellen, die ſie nicht durchſetzen können. Denn weder die Regierung Körber’s noch die eines Nachfolgers könnte über das Veto der Deutſchen, wie es eben wieder in Brünn nachdrücklich aus - geſprochen wurde, hinweggehen. Die Tſchechen be - lügen ſich ſelbſt, wenn ſie glauben, es ſei nocheine Regierung denkbar, die ihnen trotz allem Widerſpruch der Deutſchen in ſolchen Lebens - fragen zu Willen ſein werde. Das iſt einfach aus - geſchloſſen. Wer aber unmögliches anſtrebt, der bereitet ſich nur ſelbſt Niederlagen.

Was haben die Tſchechen nicht ſchon alles angeführt, um ihre Obſtruktion zu begründen. Zunächſt hieß es, ſie müßten zeigen, daß man ihnen nicht ungeſtraft das Unrecht der Aufhebung der erſchlichenen Sprachenverordnungen Badeni’s zugefügt habe, daß auch ſie imſtande ſeien, dem Parlamente mit Erfolg in die Speichen zu greifen. Jetzt werden wir belehrt, die Obſtruktion gelte eigentlich dem prinzipiellen Veto der Deutſchen, nach welchem die Tſchechen nur dann etwas be - kommen dürfen, wenn die Deutſchen das erlauben. Daß die Deutſchen Einſprache erheben, wenn ſie geſchädigt werden ſollen, das will den Tſchechen nicht einleuchten. Wenn ſie fordern, ſo nehmen ſie niemals Rückſicht auf diejenigen, denen ſie damit Schaden zufügen. Das brauchen wir, ſagen ſie und darum müſſen wir es haben, ohne Rück - ſicht auf Wohl und Wehe der Deutſchen, des Staates oder weſſen immer. Und wenn die Ge - ſchädigten ſchreien, dann wollen die Tſchechen erſt recht deren Schädigung und machen Obſtruktion, wenn auf dieſe Rückſicht genommen wird. Das iſt doch ganz natürlich, daß z. B. die Deutſchen zu einer tſchechiſchen Univerſität in Brünn ein unwiderrufliches Niemals ſagen. Das gebietetihnen ihre Wohlfahrt, ihre Zukunft. Brünn iſt für das Deutſchtum in Oeſterreich eine Hand, die es ſich nicht willig amputieren laſſen kann.

Wenn der Abgeordnete Fiedler jüngſt meinte, dieſes Nein der Deutſchen auf die tſchechiſche Forderung für Brünn ſei für die Tſchechen be - leidigend, ſo iſt dies einfach kindiſch. Wenn die Deutſchen ſo viel Opfermut für die Tſchechen aufwenden ſollen, daß ſie ſich freiwillig ein Glied abhacken laſſen, weil es den Tſchechen unbequem iſt, ſo müßten die Deutſchen in aller Beſcheiden - heit fragen, wo denn die Liebesgaben für die Deutſchen zu erfragen ſind? Die Deutſchen in Oeſterreich haben nichts mehr zu verſchenken.

Allerdings haben die Deutſchen den Grund - ſatz aufgeſtellt, einſeitige Zugeſtändniſſe der Re - gierungen an die Tſchechen unter keinen Um - ſtänden mehr zu dulden, und eine öſterreichiſche Regierung hat erkannt, daß dieſes Veto, wenn man es ſo nennen will, ein gerechtfertigtes iſt. Das kehrt ſich jedoch ebenſo gegen die Deutſchen wie gegen die Tſchechen, und die Tſchechen müßten eigentlich damit einverſtanden ſein. Das werden ſie aber ſolange nicht ſein, als nicht eine Re - gierung kommt, welche einſeitig nationale Forde - rungen der Deutſchen erfüllt, die nationale Ab - grenzung in Böhmen und Mähren durchführt u. ſ. w. Von dieſem Augenblicke an würden die Tſchechen zu dem Veto gegen einſeitige Zu - geſtändiſſe bekehrt ſein und laut darnach als der

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Fenilleton.

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Tierſchutz und Schule. Referat, erſtattet in der Bezirks-Lehrerkonferenz in Baden am 7. April 1904.

Es iſt nicht daran zu zweifeln, daß jede Lehr - kraft bei ſich bietender Gelegenheit den Abſcheu gegen Tierquälerei im Kinde zu wecken ſuchte und auf den Nutzen des Vogelſchutzes hinweiſt. Allein ein Erlaß des Unterrichtsminiſteriums bezeichnet die auf dieſem Gebiete erzielten Erfolge als unzureichend. Damit dürfte es auch ſeine Richtigkeit haben, denn der erziehliche Einfluß der Volksſchule wird zumeiſt bedeutend überſchätzt. Gerade in dem Alter, in welchem die Charakterbildung dauernd Fuß faſſen könnte, wird der Schüler dem Einfluſſe des Lehrers entzogen, Elternhaus und Geſellſchaft machen ihn zu dem, was er ſchließlich iſt, zum Kinde ſeiner Zeit, und gedanken - los treibt er dahin mit der großen Maſſe in dem breiten Strome der Allgemeinheit. Ich verweiſe nur darauf, daß die Revoluttonäre vom Jahre 1848 in der gewiß frommen Konkordatſchule erzogen wurden, während die Antiſemiten von heute großenteils die interkonfeſſionelle ſogenannte Neuſchule beſucht haben. Damit will ich ſagen, daß es eben nicht hinreicht, wenn der Lehrer bloß innerhalb der vier Wände ſeiner Schulſtube für den Tierſchutz eintritt, worauf ich ſpäter zurückkommen werde.

Wir haben zunächſt zwiſchen bewußter und unbewußter Tierquälerei zu unterſcheiden. Zu letzterer ſind jene Tiermartern zu rechnen, die ſich aus Ge - dankenloſigkeit oder Bequemlichkeit derart zur all - täglichen Gewohnheit herausgebildet daben, daß ihrgrauſamer Charakter nicht zum Bewußiſein kommt, wenigſtens nicht ſo zwingend, daß das Gewiſſen geweckt würde. Damit will ich mich in erſter Linie und vorzugsweiſe beſchäftigen.

Da gibt man z. B. Kindern lebende Tiere als Spielzeug: Hunde, Katzen u. ſ. w. Niemand bedenkt, was ſo ein Tier oft ausſtehen muß. Der Hund wird zerzauſt, am Schweife, an den Ohren gezogen man ſtaunt manchmal, wie er ſich mißhandeln läßt, ohne ſeine überlegene Kraft zur Abwehr zu ge - brauchen. Ein gutes Vieh , heißt es dann. Ob der Hund vielleicht nur darum ſtill hält, weil er Schläge noch mehr fürchtet, darnach fragt kein Menſch. Katzen verteidigen ſich ſchon eher, wenn es ſo ein kleiner Schlingel zu arg treibt. Dann aber ſchilt man ſie falſch . Nein, die Katze iſt deshalb noch lange nicht falſch; ſie wehrt ſich einfach, weil ſie noch nicht bis zur hündiſchen Ergebenheit gezähmt iſt.

Man kauft den Kindern Schmetterlingsnetze und leitet ſie zum Inſektenſammeln an. Falls damit kein wiſſenſchaftlicher Zweck verfolgt wird, iſt es ein Morden aus Vergnügen, eine Jagd im kleinen.

Das Fangen der Singvögel iſt verboten, aber einſperren darf man ſie. Schreit dann ſolch ein unſchuldiger Sträfling im Vogelhauſe verzweifelt um die verlorene Freiheit, ſo meint man wohl gar, er ſinge dankbar ſeinem Kerkermeiſter fröhliche Frühlings - lieder. Vielen Menſchen iſt es ganz unbegreiflich, wie ein Tier bei genügendem Futter unglücklich ſein könne. Aber ich denke, gerade ein Vogel, der ſo recht eigentlich für weite Räume geſchaffen iſt und faſt immer in Familien oder Geſellſchaften lebt, empfindet Gefangenſchaft und Einſamkeit doppelt ſchmerzlich. Bei Kanarienvögeln will ich gern eine Ausnahme gelten laſſen. Ungezählte Generationen derſelben ſind im Bauer ausgebrütet worden; ſie kennen die Freiheit nicht. Aber ich habe einmal zugeſehen, wie man einementflohenen Schwarzblättchen das Vogelbauer nachtrug und es mit aller Zuvorkommenheit einlud, zum offenen Türchen gefälligſt wieder hineinzuſpazieren. Da habe ich mir denn gedacht, man ſollte doch an den Landſtraßen Wegzeiger anbringen mit der Auf - ſchrift: Nächſter Weg ins Zuchthaus! Die Ver - brecher würden ohne Zweifel eilig dem Winke folgen und ſich dahin begeben, wo man aller Nahrungs - ſorgen enthoben iſt.

Aehnlich verhält es ſich auch mit dem Hunde, der ſein Leben an der Kette verbringt; nur vergißt man hier manchmal, daß der arme Burſche auch Durſt haben könnte und reicht ihm oft wochenlang keinen Tropfen Waſſers.

Wenden wir uns zu den Grauſamkeiten der Küche. Fröſche, Krebſe, Fiſche (insbeſondere Aale) müſſen häufig ein förmliches Martyrium durchmachen. Eine arge Tierquälerei iſt das Stopfen der Enten und Gäuſe, um ſie zu mäſten. Fünf bis ſechs Wochen werden die Tiere ganz eng eingekerkert und dabei mit Futter überladen, das man ihnen zwangsweiſe in den Hals ſtopft. Unter ſo unnatürlichen, qual - vollen Verhältniſſen bekommen ſie eine Fettkrankheit und Lebervergrößerung. Darauf iſt es aber gerade abgeſehen. Die tägliche Erſtickungsangſt, die Ver - dauungsbeſchwerden, die Zwangsſtellung gelten für nichts. Gerechter Himmel , ſagt Jean Paul, aus wie vielen Marterſtunden der Tiere lötet ſich der Menſch eine einzige Feſtminute der Zunge zuſammen .

Der Durchſchnittsmenſch unterwirft ſich nicht allein ſelbſt ſklaviſch den Modetorheiten, ſondern läßt auch die Tiere darunter leiden. Hunden verſtümmelt man die Ohren und den Schwanz, Pferden werden nicht nur die Schweifhaare abgeſchnitten, auch der Ausläufer des Rückgrates wird verkürzt und die Blutung durch glühendes Eiſen geſtillt. Pferde werden durch dieſe Operation gegen Inſekten wehrlos.

2Mittwoch Badener Zeitung 20. April 1904. Nr. 32.

Gerechtigkeit ſelbſt rufen. Vorläufig ſchämen ſich aber die Tſchechen in ihrer Verlogenheit nicht zu behaupten, eine Erfüllung ihrer Wünſche ſei lediglich an die Zuſtimmung der Deutſchen ge - knüpft und deshalb müßten ſie Obſtruktion machen.

Warum zerbrechen ſich nicht die tſchechiſchen Führer die Köpfe darüber, wie zu einer Ver - ſtändigung mit den Deutſchen zu gelangen wäre? Es iſt leicht Forderungen zu ſtehlen und den Beleidigten zu ſpielen, weil der andere, dem dieſe Forderung ins Fleiſch ſchneidet, ſich zur Wehre ſetzt. Die Tſchechen haben ſich angewöhnt, das Deutſchtum als eine Art Leiche auf dem Schlachtfelde anzuſehen, der man, ohne daß ſie was dagegen haben kann, die Stiefel ausziehen oder ſonſt wegnehmen kann, was man gerade braucht. Da die Tſchechen endlich die Erfahrung machen mußten, daß der Totgeglaubte noch lebendig iſt und ſich nicht begraben laſſen will, ſpielen ſie die Beleidigten. Es wäre klüger und menſchlicher, wenn ſie ſich mit ihm auseinanderſetzen wollten. Die deutſche Obſtruktion im böhmiſchen Landtage iſt ein Beweis, daß die Deutſchen eine weitere Plünderung durch eine rückſichtsloſe Majorität nicht mehr zugeben. Sie haben auch der Regierung das Verſprechen abgerungen, einſeitige nationale Zugeſtändniſſe nicht mehr zu machen und ſie haben die Kraft, das Worthalten zu erzwingen. Damit ſollten die Tſchechen endlich rechnen und ihre Politik darnach einrichten. Die Deutſchen haben keine Angriffspläne wider die Tſchechen, aber den tſchechiſchen Eroberungs - und Beute - zügen wollen und werden ſie nicht länger ſich preisgeben. Mit maßloſen Forderungen werden ſich die Tſchechen nur immer ſtärker in die Enge einkeilen.

Soziale Geſetzgebung hüben und drüben.

Sie ſind merkwürdig kluge Köpfe, unſere Herren Miniſter, das weiß man ſchon längſt. Der ſo lange von den Induſtriellen und Arbeitern angeſtrebte Reformentwurf des Unfallverſicherungsgeſetzes iſt fertig und liegt in irgend einer Schublade, wahrſcheinlich auch parfümiert, wohl verwahrt. Er ſoll jedoch erſt dann das Licht der Sonne erblicken, reſpektive vor das Parlament gelangen, wenn in demſelben ein Milien geſchaffen iſt, in welchem das Geſetz Ausſicht hat, ſachlich beraten zu werden . So äußerte ſich wenigſtens erſt kürzlich ein Herr Sektionschef, als die Experten für die Reviſionsberatungen der Gefahren - klaſſen nicht früher in das Detail der Aufgabe ein - treten wollten, bevor ihnen nicht die geplante Reform in ihren Hauptzügen bekanntgegeben iſt. Sollte eswirklich ſo ſein? Sollte wirklich nur die Sorge darum, daß dieſe Geſetzesvorlage auch ſachlich beraten wird, unſeren Regierungschef davon abhalten, gerade dieſe Geſetzesvorlage vor das Forum des Parlaments zu bringen? Wir glauben es nicht! Es ſcheint uns viel - mehr, daß dieſelbe nur deshalb zurückgehalten wird, um zur gegebenen Zeit ein Tauſchobjekt abzugeben, um widerſpenſtige Parteien für eine Staatsnot - wendigkeit zu gewinnen. Dieſe Tendenz entſpricht auch weit mehr allen früheren Regierungstaktiken, ganz beſonders aber der gegenwärtigen.

Man ſcheint die Abſicht zu haben, bei der ſo oft verſprochenen Reform des Unfallverſicherungsgeſetzes den berechtigten Wünſchen der Induſtriellen wenig Rechnung zu tragen und weil man in induſtriellen Kreiſen die Abſicht merkt, ſo fürchtet die Regierung naturgemäß auch die Verſtimmung und hüllt die beabſichtigte Reform in ein tiefes Geheimnis. Was ſonſt könnte die Regierung veranlaſſen, den Entwurf nicht dem Induſtrierat, den induſtriellen Korporationen und den Handelskammern zur Begutachtung vorzulegen? Oder ſollten dieſelben wieder, wie ſchon ſo oft, über - rumpelt werden? Will man auch bei dieſer ſo heiß erſehnten Reform den Eigendünkel ſo weit treiben, daß man ſagt: wenn die Reform nicht ſo angenommen wird, wie ſie iſt, ſo findet eine Reform überhaupt nicht ſtatt? Will man die Induſtriellen gegen die Arbeiterſchaft ausſpielen, welche eine Reform des Unfallverſicherungsgeſetzes ebenſo ſehnſüchtig anſtrebt, wie die Arbeitgeber?

Einer ſolchen Abſicht muß, wenn ſie wirklich beſtehen ſollte, mit aller Energie entgegengetreten werden. Das derzeit in Kraft ſtehende Unfallverſiche - rungsgeſetz iſt ein ſo durch und durch unbrauchbares und verwerfliches Machwerk, daß es einer gründ - lichen Reform bedarf und der neue Entwurf muß daher von allen Seiten geprüft und begutachtet werden. Dazu iſt es aber notwendig, daß derſelbe ſo raſch als möglich den in Betracht kommenden Korporationen vorgelegt werde.

Der vom ungariſchen Handelsminiſterium verfaßte Geſetzentwurf betreffend die Unfallverſiche - rung der Angeſtellten in gewerblichen, kaufmänniſchen und Verkehrsunternehmungen gibt gewiß manche Anhaltspunkte für die Richtung, in welcher unſer Geſetz reformiert werden muß.

Es ſchadet nicht, wenn wir von unſeren Nach - barn jenſeits der Leitha einmal lernen, wie ein der - artiges Geſetz beſchaffen ſein muß, um es, wenn auch nicht beliebt, ſo doch wenigſtens populär und für die Betroffenen erträglich zu machen. Dies hat unſer Unfallverſicherungsgeſetz, trotz der vielen nach - träglich erſchienenen Verordnungen, oder vielleicht auch gerade wegen derſelben, nicht erreicht. Keine Geſetzeslaſt wird ſo drückend empfunden wie dieſe Kein Geſetz iſt wegen ſeiner Schikanen ſo verhaßt! Der in demſelben herrſchende Bureaukratismus, das möglichſte Zurückdrängen derjenigen von der Ver - waltung, die die Koſten aufzubringen haben und andere Urſachen mehr ſind es, die das Geſetz nie populär machen können.

Ungarn hat verſucht, den Verhältniſſen Rechnung zu tragen und deshalb dürfte der betreffende Ent - wurf auch dort eine freundliche Aufnahme finden.

Nach dem ungariſchen Entwurf ſoll eine Landes - Unfallverſicherungskaſſe geſchaffen werden, welche eine auf Wechſelſeitigkeit beruhende Genoſſenſchaft derjenigen Arbeitgeber darſtellt, die nach dem Geſetze verſicherungspflichtige Betriebe innehaben. Die Landes - kaſſen werden einem ſtaatlichen Arbeiterverſiche - rungsamt unterſtellt. Dieſe iſt die einzige Be - hörde, welche über die Landeskaſſen zu wachen hat und an welche alle Beſchwerden und Rekurſe zu richten ſind. Es gibt keinen Inſtanzenzug wie bei uns, keine Rekurſe an die Statthalterei und an das Miniſterium. Aber auch dieſes ſtattliche Verſicherungs - amt iſt nicht als ein rein bureaukratiſches gedacht, denn in dasſelbe ſollen auch Delegierte aus den Kreiſen der Arbeitgeber und ſolche aus den Kreiſen der Verſicherten, alſo aus den Kreiſen der Arbeiter, entſendet werden. Zur leichteren und raſcheren Ab - wicklung der Geſchäfte werden Bezirksausſchüſſe gebildet, welche der Kaſſendirektion unterſtehen und mit einem ziemlich weitgehenden Wirkungskreis aus - geſtattet werden.

Schon dieſe wenigen Angaben zeigen, wie ſehr verſchieden der ungariſche Entwurf von unſerem Unfallverſicherungsgeſetz iſt.

Dieſe zwei erſten Paragraphe entſprechen ſo ziemlich den Beſtimmungen des § 1 des öſterreichiſchen Geſetzes. Aber dennoch, wie verſchieden von dieſem, wie klar und deutlich! Der § 1 des ungariſchen Ent - wurfes ſetzt feſt, daß alle in verſicherungspflichtigen Betrieben Beſchäftigten, die nicht mehr als 2400 Kr. jährlich verdienen, verſicherungspflichtig ſind. Dadurch werden alle, welche ein höheres jährliches Einkommen haben, und dies iſt gewiß bei einer großen Anzahl der induſtriellen Beamten, Buchhalter, Prokuriſten. Direktoren ꝛc. der Fall, als nicht verſicherungspflichtig erklärt, ſelbſt dann, wenn ſie in verſicherungspflich - tigen Betrieben beſchäftigt ſind.

Wer da weiß, wie gerade der Umſtand, daß nach dem öſterreichiſchen Geſetze alle Beamten eines verſicherungspflichtigen Betriebes, ohne Rückſicht auf ihr Einkommen verſicherungspflichtig ſind, zu fortge - ſetzten Reibereien zwiſchen Unternehmern und Unfall - verſicherungsanſtalten führt, der wird gewiß mit uns übereinſtimmen, wenn wir verlangen, daß unſer Geſetz in dieſer Richtung reformiert werde!

Dieſe Beſtimmung des öſterreichiſchen Geſetzes iſt es aber auch, welche es den Unfallverſicherungs - anſtalten ermöglicht, mit ihren polypenartigen Fang -

Der Sport holt ſich gleichfalls ſo manches Opfer aus dem Tierreiche. Die Rennpferde werden angetrieben, große Strecken in fabelhaft kurzer Zeit zu durchraſen, indem man ſie ſtachelt und peitſcht, bis ſie nicht ſelten erſchöpft zuſammenbrechen. Es iſt das eine Grauſamkeit, welche durch den Hinweis auf die angebliche Verbeſſerung des Zuchtmaterials nicht entſchuldigt werden kann.

Auch die Jagd iſt eine Liebhaberei, welche mit den Leiden des Tieres ihr Spiel treibt. Dort, wo ſich der Menſch wilder Tiere erwehren muß, wo er ſeinen Lebensunterhalt durch Jagd erwirbt, dort kämpft er eben ſeinen Kampf ums Daſein. Allein es iſt eine ſeltſame Luſt, ein recht tigermäßiges Ver - gnügen, harmloſe, ängſtliche Tiere des Waldes niederzuknallen, während ſie von Treibern verfolgt, von Hunden gehetzt, in gräßlicher Todesangſt nach einem Auswege ſuchen. Und das iſt nicht alles: Manches Reh entkommt mit Schrottkörnern im Leibe, mancher Haſe läuft noch auf drei Beinen davon, um vielleicht nach tagelanger Qual in einem Winkel zu verenden. Ein denkender Menſch, der nur etwas Ge - müt beſitzt, wird ſich ein anderes Vergnügen ſuchen.

Der Menſch bedarf des Fleiſches als Nahrung ich wenigſtens werde es nicht beſtreiten aber es iſt gewiß unnötig, Schlachttiere tot zu martern. Da legt z. B. der Fleiſchhauer die Kälber gefeſſelt ſo auf ſeinen Wagen, daß die Köpfe an den Seiten des Wagens oder hinten herabbaumeln. Der Wagen hat natürlich keine Federung. Was muß ſo ein Tier ausſtehen, bis ihm endlich der Hals durchſchnitten wird und weiter bis es ausgeblutet hat! Roſegger bemerkt dazu: Wäre ich der liebe Gott, ich würde der Abwechslung halber den Geſellen, der heute Fleiſcher iſt, morgen Kalb ſein laſſen und übermorgen ihn höflich fragen, was er über die Sache denkt? Vielleicht käme doch eine gute Verſtändigung zuſtandeund ein billiger Vergleich zwiſchen Tier und Menſch die ſchöne Welt würde dadurch ſehr viel ge - winnen und das Menſchenherz noch mehr .

Und wäre wirklich die Mühe gar ſo groß, wenn man Kalb und Schwein wie den Ochſen durch einen Schlag betäuben wollte, bevor man ſie ſticht? Man würde dadurch dem Tiere die Todesangſt erſparen, welche es ſicher nicht minder ſchrecklich fühlt als ein Menſch. Daß in der Hinſicht manches erreicht werden kann, beweiſt folgender Bericht: Der Berliner Tier - ſchutzverein hat nach einer eingegangenen amtlichen Enquete mit Hilfe der übrigen Tierſchutzvereine, der Behörden, Bürgermeiſter und einer Anzahl verſtän - diger Pfarrer und Lehrer durchgeſetzt, daß von 50 Millionen Kälbern, Schweinen und Schafen, welche früher oft mit ſchartigen Meſſern in Schlachthäuſern und auf offener Dorfſtraße viviſeziert wurden, nun doch ſchon zirka 30 Millionen vor dem Abſtechen mittelſt Keule, Stiftmaske oder Schußapparat betäubt werden; bei einem Drittel der deutſchen Gemeinden iſt es bis jetzt beim Alten geblieben. Wir haben bis jetzt die Erfahrung gemacht, daß überall da, wo nur ein barmherziger, verſtändiger Mann in der Gemeinde ſich um die Sache angenommen hat, die Betäubung der Schlachttiere vor der Blutentziehung einge - führt wurde .

Die Schule als ſolche vermag da freilich nur wenig zu ſchaffen, aber außerhalb der Schule kann der Lehrer immerhin ſeinen Einfluß geltend machen. Als Gemeinderat kann er z. B. den Antrag ſtellen, daß aus öffentlichen Mitteln ein Betäubungsinſtrument angeſchafft und unentgeltlich zur Verfügung geſtellt werde. Gehört er nicht ſelbſt zum Gemeinderate, ſo iſt er vielleicht mit dem Bürgermeiſter befreundet und gelangt durch eine diesbezügliche Unterredung ans Ziel. Auch ſonſt bietet ſich wohl hie und da Ge - legenheit, in dieſem Sinne zu wirken.

Eine gute Grundlage für die Beſtrebungen des Tierſchutzes muß allerdings bereits in der Volksſchule geſchaffen werden. Der Menſch , ſagt Kaut, iſt von Natur aus weder moraliſch gut noch böſe; er iſt von Natur gar kein moraliſches Weſen . Die Gewohnheit wird ihm zum Recht. Neue Ideen ein - zuführen, iſt deshalb ſehr ſchwer.

Zunächſt muß das Kind aufhören, das Tier als eine Sache zu betrachten, es muß ſich deſſen bewußt werden, daß ein Tier ganz ähnlich denkt und empfindet, wie ein Menſch. Man verweiſe auf den hohen Grad von Intelligenz beim Hunde, auf die Beweiſe von Mutterliebe, auf die Unterordnung der Herdentiere, auf den Ameiſenſtaat, welcher nicht nur ein ſoziales Gemeinweſen darſtellt und Vorräte ſammelt, ſondern ſelbſt Ackerbau und in gewiſſem Sinne (wenigſtens bei einzelnen Arten kommt es vor) auch Viehzucht treibt. Ein guter zoologiſcher Unterricht wird ſchon das rechte zu finden wiſſen. Am beſten dürfte es ſein, wenn ſich das Kind in konkreten Fällen in die Lage des Tieres hineindenkt. Entſprechende Geſchichten aus dem Tierleben leiſten gute Dienſte, um ein lebhafteres Mitgefühl zu erregen.

Die Gründung von Tierſchutz Schülervereinen wäre mindeſtens an Landſchulen ins Auge zu faſſen. Geldbeiträge ſind unnötig. Die Mitglieder werden einfach aufgeſchrieben und verpflichten ſich, einerſeits ſelbſt kein Tier zu martern, andererſeits nicht zu dulden, daß in ihrer Gegenwart andere Kinder Tier - quälereien vornehmen. Gelegentliche Spenden von hübſch ausgeſtatteten Tierſchutz-Büchlein, welche man koſtentos erhält, würden dem ganzen immerhin einigen Reiz verleihen.

Schließlich will ich noch darauf aufmerkſam machen, daß durch das Ausroden alter Bäume viele nützliche Vögel ihre Niſtplätze verlieren. Statt wie früher in geſchützten Aſtlöchern, bauen manche Vögel

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armen immer weitere Kreiſe zu umfaſſen und ſie als Einnahmsquellen zu fruktifizieren. Es iſt dies bei dem leider chroniſchen, von Kennern der Situation längſt für unheilbar erklärten Deckungs defizit der Anſtalten wohl ganz begreiflich, aber deshalb für die Indu - ſtriellen nicht weniger unangenehm. Merkwürdig iſt nur, daß bei dem Beſtreben der Unfallverſicherungs - anſtalten, immer mehr Beamte in den Kreis der Ver - ſicherung einzubeziehen, das Deſizit nicht nur nicht ſchwinden will, ſondern immer größer wird. Die Faſſung des § 1 des öſterreichiſchen Unfallverſiche - rungsgeſetzes macht es den Anſtalten möglich, Beamte in die Verſicherung einzubeziehen, auch wenn dieſelben abſolut keinerlei Gefahr im Betriebe ausgeſetzt ſind. Rekurſe bleiben in ſolchen Fällen faſt immer erfolg - los. Wie denn anders: die erſte Inſtanz, die Statt - halterei läßt den Rekurs von der Anſtalt begutachten und in der zweiten Inſtanz, bei dem Miniſterium, geht es nicht viel beſſer. So hat man z. B. ſämt - liche Beamte der Wiener Niederlage einer Textilfirma, auch die Buchhalter und Prokuriſten, mit dem Hinweis darauf für verſicherungspflichtig erklärt. es könnte einmal ein Stück Zeug herabfallen und einen Beamten beſchädigen. Allerdings müßte in dieſem Falle das Stück Zeug, allen Geſetzen der Schwerkraft zum Hohn, hinauffallen, da ſich das Warenlager zu ebener Erde befindet, die Beamten aber im Halbſtock amtieren. Auch in dieſem Falle blieben die Rekurſe erfolglos und die Verſicherungsbeiträge müſſen bezahlt werden, obwohl die Unfallsgefahr der Beamten nicht größer iſt, als nach dem bekannten Sprichwort die Gefahr für die Naſe, wenn man rücklings ins Gras fällt.

Wenn nun der ungariſche Entwurf alle jen[e]von der Verſicherung ausſchließt, welche ein höheres Ein - kommen als 2400 Kronen haben, ſo trägt er dadurch nur der Anſchauung Rechnung, daß den Beamten in höherer Stellung auch ſo viel moraliſche Kraft und Selbſtbeſtimmungsrecht eingeräumt werden muß, daß ſie ſich, wenn ſie wirklich in Betrieben, wo eine Gefahr vorhanden oder nicht ausgeſchloſſen iſt, ſelbſt verſichern. Und dieſer Standpunkt iſt ſicherlich nur zu billigen. Sehen wir doch, daß in Staaten, die in wirtſchaftlicher Richtung am weiteſten voraus ſind, z. B. England, Amerika, für die Volksverſicherung am wenigſten vorſorgen. Selbſt iſt der Mann! Ein nach moderner Anſchauung geleiteter Staat darf ſeine Bürger nie und nimmer bevormunden, ſondern er muß beſtrebt ſein, dieſelben zu ſelbſtdenkenden und ſelbſtändigen Männern zu erziehen. Freilich, in dem alten Oeſterreich, wo auf allen Gebieten noch der alte vormärzliche Polizeiſtaat wirtſchaftet, ſcheint das etwas zu viel verlangt!

§ 2 des ungariſchen Entwurfes zählt klar und deutlich alle jene Betriebe auf, die geſetzlich ver - ſicherungspflichtig ſind. Wer ſich mit Mühe die §§ 1 und 2 des öſterreichiſchen Geſetzes durch wiederholtesStudieren verſtändlich gemacht, der weiß noch lange nicht, welcher Betrieb bei uns verſicherungspflichtig iſt. Er muß vielmehr erſt noch das Geſetz vom 20. Juli 1894, betreffend die Ausdehnung der Ver - ſicherungspflicht, ferner die Miniſterialverordnung vom 18. November 1894, endlich die Erläuterungen zu den auf die Verſicherungspflicht bezüglichen Beſtim - mungen des Unfallverſicherungsgeſetzes, aufmerkſam ſtudieren, und wenn er all dies mit vieler Mühe hinter ſich hat, dann muß er den Miniſterialerlaß vom 19. Juni 1889, durch welchen dieſe Erläute - rungen ergänzt werden, ſich zu eigen machen. Iſt ihm auch dies gelungen, ſo iſt noch unerläßlich, daß er die Verordnung des Miniſteriums des Innern vom 27. Juli 1894, mittelſt welcher die Ausführung des Artikels III des Geſetzes vom 20. Juli 1894, be - treffend die Ausdehnung der Unfallverſicherung und die Friſt für die von den Unternehmern verſicherungs - pflichtiger Betriebe zu erſtattenden Betriebsanzeigen feſtgeſetzt werden, ſtudiert.

Hat er ſich durch alle dieſe Paragraphen, Nach - tragsgeſetze , Verordnungen und Erläſſe glücklich durchgefreſſen und iſt er inzwiſchen nicht über den bureaukratiſchen Amtsſtil wahnſinnig geworden, hat er dann noch einige verwaltungsgerichtliche Entſchei - dungen ſtudiert, die ſich zudem in ein und derſelben Frage oft genug widerſprechen, und iſt er ſonſt ein nicht unbegabter Menſch, ſo kann er dann vielleicht ſo viel wiſſen, als § 2 des ungariſchen Entwurfes klar zum Ausdruck bringt. Guten Appetit!

Lokal-Nachrichten.

Todesfälle.

In der Nacht von Freitag auf Samstag ſtarb hier die Mutter des k. k. Ober - ſtabsarztes Dr. Schuller, die k. k. Statthalterei - ratswitwe Emma Schuller, im 80. Lebensjahre. Samstag ſtarb hier die k. k. Hauptmannswitwe Frau Amalie Edle v. Leclaire im 84. Lebensjahr. Der bekannte Cafétier Johann Hanslofsky iſt am 18. d. M. morgens nach kurzem Krankenlager im 52. Lebensjahre geſtorben.

Gemeindeausſchußwahl im I. Wahl - körper.

Die infolge Proteſtes angeordnete Wahl von zwei Ausſchußmännern und vier Erſatzmitgliedern des I. Wahlkörpers wurde Montag vormittags, reſp. nachmittags vorgenommen. Von Seite der liberalen Partei wurden die Herren k. k. Obergeometer Friedrich Goethe und Spediteur und Hausbeſitzer Cyrill Hubler aufgeſtellt, während die chriſtlichſoziale Partei, welche ſeinerzeit erklärt hatte, ſich der Wahl zu enthalten und jetzt lebhaft in den Kampf eingriff, die Herren Hotelier Rechtberger und Hausbeſitzer Rudolf Schratt aufſtellte. Als gewählt ging von 60 abgegebenen Stimmen nur Herr Hubler mit36 Stimmen hervor, während Herr Goethe mit 25 Stimmen und Herr Schratt mit 29 Stimmen in die Stichwahl kamen, aus der wieder Herr Schratt mit 36 Stimmen als gewählt hervorging. Herr Obergeometer Goethe erhielt nur 18 Stimmen. Bei der nachmittags vorgenommenen Erſatz - männerwahl wurden von 46 abgegebenen Stim - men die Herren Rechtberger mit 34, Profeſſor Lechner mit 27, Alois Winbauer mit 28 und Moriz Rollett mit 25 Stimmen gewählt. In der Minorität blieben die Herren Biondek mit 22, Johann Beuchl mit 20, J. Wladarz mit 18, Dr. Smolcic mit 5 und Friedrich Goethe mit 2 Stimmen. Wir glauben nicht fehlzugehen, wenn wir dieſen Ausgang der Wahl dem Profeſſoren - Kollegium unſeres Gymnaſiums aufs Kerbholz ſchreiben. Hoffentlich iſt ſeinem Trias damit der Wille getan und es kommt kein Proteſt mehr, damit endlich einmal der Ausſchuß ſich konſtituieren und die Erledigung der Agenden ſtattfinden kann.

Kurkommiſſions-Sitzung.

Morgen Donnerstag findet um 3 Uhr nachmittags eine Sitzung der Kurkommiſſion ſtatt. Die Tagesordnung iſt fol - gende: 1. Vortrag des Präſes; 2. Bericht und An - trag des Inſertionskomitees bezügl. Verwendung des präliminierten Betrages von 4 000 Kr.; 3. Bericht des Stadtbauamtes betreffend die Verbeſſerung der elektriſchen Beleuchtung im Kurhauſe; 4. Anſuchen des Kapellmeiſters Komzak um Rückvergütung des an die Autorengeſellſchaft zu zahlenden jährlichen Pau - ſchale; 5. Beſprechung über die Tätigkeit des Kur - taxausſchuſſes zu Beginn der Saiſon.

Pferde-Prämiierungen.

Zur Hebung der Pferdezucht in Niederöſterreich findet im Jahre 1904 die Verteilung von Staatspreiſen in den Monaten Mai und Juni ſtatt. Aus dem Bezirke Baden werden Pferde des Geſtütsſchlages in die Konkurrenzſtation Bruck a. L. am Sonntag, den 15. Mai, zugelaſſen, wenn eine Anmeldung bis längſtens 5. Mai bei Herrn Bezirkstierarzt Prinz in Bruck a. L. ſtattgefunden hat.

Mandatsmüde.

In der ſonntägigen Ge - neralverſammlung der Bezirkskrankenkaſſa teilte der Vorſtand derſelben, Herr Rudolf Schwabl, den verſammelten Delegierten mit, daß er ſich wegen Arbeitsüberbürdung gezwungen ſehe, ſeine Vorſtands - ſtelle niederzulegen.

Mayerhofer contra Direktor Heißi - ger.

Vergangenen Samstag fand vor dem hieſigen Bezirksgerichte über Klage des Hiſtorienmalers und Journaliſten Mayerhofer eine Verhandlung ſtatt, in welcher die Zuhörer Gelegenheit hatten, Herrn Direktor Heißiger in einer neuen Rolle mit Er - folg debutieren zu ſehen. Gegenſtand der Anklage war ein Schreiben Heißiger’s an die Redaktion des Badener Boten , in welchem er ſich nichts weniger

ihre Neſter in Erdlöcher, wo ſie von Füchſen und anderen Raubtieren leicht aufgefunden werden. Die Errichtung von Niſtkäſten, beſonders in Obſtgärten, wird damit zur dringenden Notwendigkeit, will man anders die Bäume vor den gefräßigen Inſektenlarven bewahren.

Wie Sie ſehen, öffnet ſich auf dem Gebiete des Tierſchutzes ein weites Arbeitsfeld für die Tätigkeit des Lehrers. Manches iſt ja bereits geſchehen, aber viel bleibt noch zu tun. Doch ſei es nun viel oder wenig was da der einzelne leiſtet, es iſt nicht umſonſt getan.

Hedin in Gefangenſchaft der Tibetaner. *)Die Tibetaner haben ſich bisher ſtets heftig gewehrt, europäiſche Forſchungsreiſende in ihr Land h[i]neinzulaſſen. Gegen den erfolgreichſten Aſienforſcher unſerer Tage, den Schweden Dr. Swen v. Hedin, haben ſie ſogar eine ganze Armee mobil gemacht, um ihm den Durchzug nach der heiligen Stadt Lhaſſa zu verwehren! Hedin’s Bericht: Im Herzen von Aſien (F. A. Brockhaus in Leipzig), iſt ein klaſſiſches Reiſe - werk mit feſſelnder illuſtrativer Ausſtattung.

Aus: Hedin, Im Herzen von Aſien. Zwei reich illuſtrierteBände, eleg. geb. 20 M. Verlag von F. A. Brockhaus, Leipzig.

Nachdem wir wenigſtens in unſerer unmittelbaren Nähe wieder Ruhe hatten, tauchten zwei Nomaden auf, die uns vom nächſten Zeltdorfe Fett und ſauere Milch brachten und erklärten, daß ihr Häuptling ihnen verboten habe, ſich dafür bezahlen zu laſſen. Als wir ihnen eine Porzellantaſſe ſchenken wollten, ſagten ſie, daß ſie das Geſchenk ohne Erlaubnis des Häuptlings nicht annehmen könnten, kamen aber ſpäter mit dem Beſcheid wieder, daß ihm der Tauſch recht ſei.

Auf dieſe Weiſe ſorgten unſere Nachbarn den ganzen Tag für unſere Unterhaltung. Die letzten und ausdauerndſten waren jedoch vier Männer, die uns gegen drei Uhr beſuchten. Einer von ihnen war ziemlich frech und unterſuchte alle umherliegenden Sachen. Dabei kam ein Kompaß zum Vorſchein, der bei ihm großes Intereſſe erregte. Er fragte, was das ſei, und erhielt eine genaue Beſchreibung, wobei er ſagte:

Freilich, freilich, ſolche haben die Chineſen auch .

Ein paarmal zeigte er auf mich und erklärte:

Der da iſt kein Burjate .

Er war außerordentlich zudringlich und fragte, wie es komme, daß wir dieſe kleine Seitenſtraße eingeſchlagen hätten, ſtatt dem großen Pilgerwege zu folgen.

Wißt ihr nicht, daß es euch den Kopf koſten kann, daß ihr dieſen Weg gegangen ſeid? Alle, die auf dieſem Wege nach Lhaſa gehen, werden hinge - richtet.

Der Lama verſuchte die Situation zu retten, indem er erklärte, daß wir die große Karawane vom Lopnor an begleitet hätten und es unſere Abſicht ſei, von hier nach Lhaſa zu gehen. Der Mann erwiderte darauf, daß nur der Gonverneur von Nakktſchu die Erlaubnis dazu erteilen könne.

Im übrigen waren ſie freundlich ungezwungen und verſprachen uns morgen allerlei Lebensmittel zu ſchenken. Als wir dieſe läſtigen Spione gar nicht loswerden konnten, gingen wir ins Zelt und legten uns ſchlafen. Aber nicht einmal das half. Der Himmel war wieder dunkel und die Wolkendecke dichter ge - worden, und als wieder ein Platzregen herabſtrömte, krochen ſie alle vier in das Zelt, wo wir es ſelbſt unter gewöhnlichen Verhältniſſen ziemlich eng hatten. Erſt in der Dämmerung gingen ſie ihrer Wege.

Ich wurde bei Tagesanbruch durch das Stimmen -gewirr der erſten heute zu Beſuch kommenden Tibe - tauer geweckt. Im Laufe des Tages (7. Auguſt) kamen ſie gruppenweiſe, ſo daß wir kaum eine halbe Stunde allein ſein konnten. Beſtändig tauchten neue Geſichter auf, und ſelten kommt derſelbe Mann zweimal. Es iſt, als würde die Wache beſtändig abgelöſt. Nur der Dreiſte von geſtern machte uns auch heute einen Be - ſuch und ſchenkte uns einen Napf voll ſaurer Milch, einen Sack voll trockenen, vortrefflichen Argols und einen Blaſebalg, der uns beſonders nötig war.

Ein anderer Tibetaner blieb volle drei Stunden bei uns, trank Thee und Tſamba mit uns, rauchte und tat, als ſei er hier zuhauſe. Sein Geſicht war von einem förmlichen Urwalde ſchwarzer, zottiger Haarſträhnen ohne eine Spur von Ordnung umgeben. Die Locken , die die Augen verdecken, ſind geſtutzt und tragen keineswegs zur Verſchönerung des ganzen bei; ein Teil des Nackenhaares iſt jedoch in einen Zopf geflochten. Dieſer iſt unten mit einem mit Perlen oder gefärbten Steinen beſetzten Bande zuſammen - gebunden und mit einem oder mehreren Gavo oder Götzenbilderfutteralen geſchmückt. Beim Reiten wird der Zopf um den Kopf oder Hut gewunden.

Dieſer Mann, der nicht wieder gehen wollte, ver - riet uns zu deutlich, daß er ein Spion war, der den Auftrag erhalten hatte, uns in der Nähe zu beob - achten. Er war aufrichtig genug, uns zu bitten, über Nacht nicht durchzubrennen, da es ihm fonſt das Leben koſten würde. Nach Lhaſa ſeien es noch fünf Tagereiſen, ſagte er. Doch gibt es dorthin entſchieden auch eine organiſierte reitende Poſt mit Pferdewechſel, denn wir machten ſpäter ausfindig, daß ein dorthin geſandter Eilbote in zwei Tagen Antwort brachte, alſo einen Tag bis Lhaſa und einen Tag von Lhaſa gebraucht hatte. Das Tal, in dem wir uns befanden, hieß Dſchallokk und der uns im Weſten zunächſt - liegende Berg Bontſa.

4Mittwoch Badener Zeitung 20. April 1904. Nr. 32.

als ſchmeichelhaft über die Tätigkeit Mayerhofer’s als Berichterſtatter ausſpricht und das übrigens auch in unſerem Blatte abgedruckt erſchien. Der Verhandlung wohnte ein zahlreiches Auditorium bei. Direktor Heißiger ſchilderte dem Richter in längerer äußerſt ſachlich gehaltener Rede das Keſſeltreiben, das gegen ihn veranſtaltet wurde und zur Maßregelung zweier Journaliſten führte, darunter auch Mayerhofer, und ſtellte ſeine Behauptungen unter Beweis. Er wider - legte alle ſeinerzeit in den Wiener Blättern enthal - tenen unrichtigen Berichte, wobei ſich der Zuhörer eine gewiſſe Erregung über dieſe Berichte bemächtigte. Da Mayerhofer zugab, jene Berichte eingeſendet zu haben, jedoch die Einvernahme mehrerer von ihm namhaft gemachter Zeugen begehrte, vertagte der Richter die Verhandlung.

Ein gewalttätiger Dienſtgeber.

Am 9. d. M., abends, wurde der bei dem Wirtſchafts - beſitzer Karl Grandl in Alland bedienſtete Kutſcher Wilhelm Berdonner von ſeinem Dienſtgeber nach einem kurzen Wortwechſel zu Boden geworfen, wobei er eine Verrenkung des rechten Oberſchenkels erlitt und in das hieſige Spital trausportiert werden mußte.

Gewalttätige Burſchen.

Der in Trumau wohnhafte Taglöhner Mich. Schäffberger wurde am 9. d. M., nachmittags, als er durch die Ortſchaft Münchendorf ging, von unbekannten Burſchen ohne Urſache überfallen, zu Boden geworfen und mit Fußtritten regaliert, wobei er nebſt anderen Ver - letzungen einen Bruch der rechten 9. und 10. Rippe erlitt. Er wurde in das hieſige Rath’ſche Spital transportiert und die Recherchen nach den Helden eingeleitet.

Dürervereinsausflug.

Am Sonntag, den 24. d. M., veranſtaltet der Dürerverein ſeinen erſten Ausflug nach Laxenburg. Abfahrt: 1 Uhr nachmittags. Zuſammenkunft: 12·50 Uhr am Bahn - hofe. Gäſte, welche ſich bei Herrn Kürſchnermeiſter Rudolf Sigmund, Hauptplatz, melden wollen, herzlichſt willkommen.

Volkstümlicher Univerſitätsvor - trag.

Nächſten Freitag findet der fünfte der volks - tümlichen Univerſitätsvorträge ſtatt. Der vortragende Privatdozent Dr. Heinrich Kretſchmayr wird über Kaiſer Friedrich Barbaroſſa, Lothar III., Konrad III., die Kreuzzüge und den durch ſie zu verzeichnenden Um - ſchwung der allgemeinen Weltauffaſſung, Friedrich I. Barbaroſſa und die Wiederaufnahme der Weltpolitik und das ſtaufiſche Syſtem ſprechen. Anfang des Vortrages halb 8 Uhr, Ende halb 9 Uhr. Es iſt eigentümlich, daß der Beſuch dieſer Vorträge den hieſigen Gymnaſiaſten verboten wurde, während anderer - ſeits die Zöglinge der Militärakademie denſelben beiwohnen dürfen.

Durchfahrt des Deutſchmeiſter - Regimentes.

Samstag mittags paſſierten dreiBataillons des auf der Fahrt von Bosnien nach Wien begriffenen Deutſchmeiſter-Regimentes mit einem Militär-Transportzug den Frachtenbahnhof Pfaff - ſtätten und hielten dort eine etwa halbſtündige Raſt. Begreiflicherweiſe ſehnten ſich die Regimentsangehörigen, ihre Vaterſtadt wiederzuſehen, zumal nach ſo langer Fahrt.

Geſchäftsverkauf der Firma Rud. Pötſchner.

Der durch eine lange Reihe von Jahren bei der Firma Franz Kreſſe in Kondition geweſene Herr Reinsperger-Werner hat die ſeit dem Jahre 1824 beſtehende Spezerei - und Kolonialwaren - handlung des Herrn Rudolf Pötſchner (Weilburg - ſtraße 3) käuflich an ſich gebracht und wird ſelbe in Verbindung mit einer Delikateſſen-Handlung ab 1. Mai 1904 weiterführen.

Von nah und fern.

Die Sparwut in der Poſtverwaltung.

Unſer Handelsamt hat entſchieden Pech. Sein erſtes größeres Debüt unter dem derzeitigem Chef, die bekannte Verordnung über das Detailreiſen, iſt be - kanntlich ſo unglücklich ausgefallen, daß Herr von Call bemüſſigt war, in einer Reihe weiterer Ver - ordnungen den status quo ſo ziemlich wieder herzu - ſtellen, wenngleich von ſeinem Auftreten als Retter des Gewerbes immerhin für die Wäſcheinduſtrie noch ſehr unangenehm fühlbare Spuren zurückgeblieben ſind. Ein zweiter Verſuch des Handelsamtes, ſeine Daſeinsberechtigung zu dokumentieren, hat wenigſtens das für ſich, daß dabei die gute Abſicht des Chefs desſelben nicht angezweifelt werden kann. Freilich iſt den Intereſſenten mit der guten Abſicht wenig gedient, wenn ihre Verwirklichung nicht verbürgt iſt. Wir meinen die Aenderungen, welche mit 4. April d. J. im Wiener Poſtverkehre eingeführt wurden und eine Vereinfachung der Briefeinſammlung, eine möglichſt un[mittel]bare Ableitung des für den Fernverkehr auf - gegebener Materials auf die von Wien abgehenden Züge durch Adaptierung der ſechs Bahnhofpoſtämter für den Briefſpeditionsdienſt und eine Verbeſſerung der Zuführung der in Wien aufgegebenen Pakete zu den Fernbahnhöfen bezwecken. Es läßt ſich nicht leugnen, daß die erwähnten Neuerungen ſich bei zweckentſprechender Durchführung tatſächlich als Ver - beſſerungen fühlbar machen könnten. An dieſer Durch - führung hat es aber die öſterreichiſche Halbheit gänzlich fehlen laſſen. Von allen Seiten kommen Klagen über poſtaliſche Verzögerungen und Verſtöße. Aehnliche Beſchwerden langen auch aus anderen Kronländern ein. Die Geſchäftswelt erleidet durch ſolche Verzö - gerungen ganz koloſſale, gar nicht berechenbare Ver - luſte. Um nur ein konkretes Beiſpiel zu nennen: viele Firmen laufen Gefahr, daß ihnen die k. k.

Ich kam mir ungefähr vor, wie Karl XII. in der Türkei. Wir waren in ein fremdes Land einge - drungen, ein lächerlich kleiner Haufe gegen eine erdrückende Uebermacht. Die Tibeter verhinderten uns, dorthin zu gehen, wohin wir wollten, zugleich aber war es ihnen darum zu tun, uns möglichſt ſchnell wieder loszuwerden. Wir waren gleichzeitig ihre Gäſte und ihre Gefangenen, und ſichtlich war höherenorts Befehl erteilt worden, daß wir mit größter Rückſicht behandelt werden ſollten und uns kein Leid zugefügt werden dürfe. Nur der Lama war düſter und ſchwer - mütig. Er erinnerte ſich ganz genau Kamba Bombos von Nakktſchu, der die mongoliſche Pilgerkarawane, mit welcher der Lama nach Lhaſa gereiſt war, ſo gründlich unterſucht hatte. Wenn Kamba Bombo ihn wiedererkennen ſollte, ſei er verloren, und auch im entgegengeſetzten Falle ſei ſein Schickſal mehr als ungewiß. Er erzählte von einem mongoliſchen Lama, der durch irgend ein Verſehen ſein Recht, die heilige Stadt zu beſuchen, verwirkt habe und der, um ſein Vergehen abzubüßen, von Dakuren (Urga) nach Lhaſa in Gebetſtellung, d. h. auf den Knien, gerutſcht ſei. Er habe ſich mit den Händen auf die Erde ge - ſtützt, die Knie nachgezogen, die Hände weiter geſetzt, und ſo habe er die ganze lange Reiſe gemacht, zu der er ſechs Jahre gebraucht habe! Und als er nur noch eine Tagereiſe vom Stadttore entfernt geweſen ſei, habe ihm der Dalai-Lama das Betreten der Stadt unterſagt, und unverrichteter Dinge habe er wieder umkehren müſſen. Der Lama ſagte noch, daß der Mann ſeinen Bußgang auf den Knien, die ſchließlich hart und hornig wie die Liegeſchwielen der Kamele geworden ſeien, noch zweimal wiederholt habe, aber das Herz des Dalat-Lama doch nicht er - weicht worden ſei.

Ein paar hundert Meter ſüdlich von uns wurde heute ein Zelt aufgeſchlagen, in welchem der Spionvon geſtern, Ben Nurſu, wie er uns ſelbſt offenherzig mitgeteilt hatte, künftig reſidieren ſollte, um uns unter Augen zu haben.

Um die Mittagszeit ſahen wir 15 Reiter nach Süden ſprengen; wir nahmen an, daß ſie dem Kamba Bombo, der wahrſcheinlich nicht mehr ſehr weit ent - fernt ſein konnte, entgegenritten.

Beſtändig tauchen neue, unbekannte, neugierige Geſichter um uns herum auf. Der einzige wirkliche Stammgaſt in unſerem Zelte iſt Ben Nurſu, der beinahe bei uns wohnt und mit uns ißt. Dafür muß er ſich aber auch nützlich machen; er muß Leben ins Feuer blaſen, wenn es regnet. Es kommt beinahe nie vor, daß uns jemand beſucht, ohne etwas Eßbares mitzubringen. Sie nehmen ſich unſer mit rührender Fürſorge an. Wie man ſagt, geſchieht dies auf be - ſonderen Befehl des Dalai-Lama. Die Behörden in Lhaſa erhalten ganz gewiß täglich Bericht aus unſerem Lager. Die Reiter, die aus jener Richtung kommen und dorthin reiten, ſind Kuriere und Eilboten. Wir erfuhren auch, daß die Lebensmitteln, die wir von den Nomaden erhalten, ihnen ſpäter aus Lhaſa erſetzt werden. Auf dieſelbe Weiſe wird bei einer Mobil - machung verfahren. Die Soldaten ſind berechtigt, ſich alles, was ſie wollen, von den Nomaden zu nehmen, und dieſe erhalten dafür Entſchädigung aus der Hauptſtadt. Wir hatten alſo durch unſeren fried - lichen Zug den Tibetern entſetzlich viele Mühe ge - macht, und Dſchallokk war gewiſſermaßen ein mili - täriſcher Knotenpunkt geworden. Es wimmelte hier von Stafetten, Spionen, Kundſchaftern und Kurieren. Das Land erhob ſich wie zur Verteidigung gegen einen feindlichen Einfall ...

Staatsbahnen die Frachtenkredite kündigen, da die durch die Poſtſparkaſſe ausgelegten Frachtenbelege nicht rechtzeitig eintreffen. Daß durch die Unregel - mäßigkeiten auch ſonſt im Offertenverkehr, im Verkehr mit den Banken, wie überhaupt in den ganzen ge - ſchäftlichen Gebarungen höchſt unliebſame Verſchie - bungen eintreten, iſt ſonach klar und der Unwille und das Mißtrauen begreiflich, mit welchem die diesmalige gutgemeinte Reform überall aufgenommen wird. Man hat eben maßgebendenorts das Unangenehme mit dem Nützlichen verbunden und neben dem Lob über die Verbeſſerungen auch ein hübſches Sparſümmchen für die aufgelaſſenen Briefpoſtſpeditionen und die Stadtpoſtſpedition des Hauptpoſtamtes einheimſen wollen. Wir, die wir ſelbſt durch das mangelhafte Funktionieren der Brief - und Zeitungspoſt arg in Mitleidenſchaft gezogen wurden, haben es uns nicht verdrießen laſſen, bei ſechzehn Poſtämtern uns über die Urſachen der bedauerlichen Verſchleppungen zu erkundigen. Wir fanden unſere Vermutungen beſtätigt. Das Poſtperſonale ſteht der ihm geſtellten Aufgabe ohnmächtig gegenüber. Es fehlt an Arbeitskräften und wo man für Aushilfe geſorgt hat, ſind es un - geſchulte Leute, welche mehr ſchaden als helfen. Nun iſt die Reform elf Tage in Kraft und die Verſtöße, die ſich noch immer zeigen, können nicht mehr als Kinderkrankheiten entſchuldigt werden. Bei ſolchen einſchneidenden Aenderungen heißt es die Sparwut beiſeite laſſen und alle Vorkehrungen zu treffen, um die normalen Funktionen des Verwaltungsmechanismus nicht lange zu unterbinden. Andernfalls muß man ſich auch für gutgemeinte Neuerungen bedanken. So, Herr von Call, reformiert man nicht!

Die erſte evangeliſche Schule in Tirol.

Am 11. d. M. wurde in Untermais bei Meran eine evangeliſche Schule eingeweiht, die erſte in Tirol.

Parolebefehle aus der Zeit Fried - rich’s II.

Da man ſich augenblicklich mehr denn je mit militäriſchen Dingen befaßt, iſt es vielleicht nicht ohne Intereſſe, von einigen Parolebefehlen aus der Zeit Friedrich’s des Großen zu hören, aus einer Zeit, in der, wenn es an einem Tage nichts neues gab, der Befehl erſchien: Alle alten Ordres wohl nach - zuleſen! Einer Zuſammenſtellung der Frankfurter Zeitung entnehmen wir folgende Befehle:

16. Oktober 1750. Die Kompagnien ſollen darauf ſehen, daß die Leute nicht beſoffen in die Parade kommen.

13. November 1751. Es ſoll an der Weiberliſte hinten der Abgang angezeigt werden, ob ſie ver - heiratet oder geſtorben ſeien, auch dabei das Quantum angezeigt werden, was ſie vorm Jahr bekommen haben. Kinder von 14 Jahren bekommen nichts, als auch die Weiber, die ſich wieder verheiratet haben.

13. Auguſt 1753. Wenn Damen von Conditions ein - und auspaſſieren, ſollen ſie dem Grafen Haak gemeldet werden.

7. Juni 1780. Die Officiers ſollen nicht nach ihrem Belieben zu den Thoren herausgehen, ſondern ſich jederzeit vorher bei ihren Commandeurs melden.

15. Oktober 1780. Der Ingenieur-Kupitän Geger hat um eine monatliche Zulage erſucht. Vom Regiment ſind ihm per Compagnie 4 Sgr. monatlich ſo lange accordiert, wenn er Stunde gibt.

21. März 1781. Wenn künftig ein Kerl im Zuge nicht ordentlich marſchiert, ſo kommt der Com - mandeur der Comp. in Arreſt, dieweil er ſorgen muß, daß die Leute dressiert ſeien.

10. Januar 1781. Die Zöpfe ſollen nicht zu hoch und nicht zu niedrig gefaßt ſein, auf die Friſur ſoll beſſer geſehen werden, daß jeder Kerl drei ge - hörige Locken hat, es ſei denn, daß er zu wenig Haare hat, ſo muß er doch zwei haben.

31. Dezember 1781. Ihre Majeſtät der König laſſen allen Herrn Officiers zum neuen Jahr gratulieren und die nicht ſo ſind, wie ſie ſein ſollten, möchten ſich beſſern.

Häuſer-Schematismus

für den Kurrayon Baden, umfaſſend die Gemeinden Baden u. Weikersdorf, iſt in der Buch - und Steindruckerei Joh. Wladarz, Baden, Pfarrgaſſe 3, erſchienen und nur daſelbſt zu haben.

Preis: Kronen 5·50.

5Nr. 32. Mittwoch Badener Zeitung 20. April 1904.

Korreſpondenzen. [Eigenberichte der Badener Zeitung .]

Mödling.

(Auf der elektriſchen Straßenbahn)

Mödling ſollen verſuch[ſ]weiſe Zeitkarten ausgegeben werden, welche für die Monate Mai bis inkluſive September Giltig - keit haben und zum Preiſe von 40 Kronen für Mödling - Vorderbrühl und 60 Kronen für Mödling-Hinterbrühl gegen Anmeldung in beliebigen Stationen der Südbahnſtrecke Wi〈…〉〈…〉 en, Wr. Neuſtadt und Erlag einer Beſtellgebühr von 6 Kronen zu beheben ſind. Bei der ſtarken Frequenz von ſtändigen Sommergäſten dürfte ſich dieſe Neueinführung wohl lohnen.

(Der Verein der Naturfreunde)

in Mödling hält am 28. d. M. im Hotel Kaiſer von Oeſterreich einen Vortragsabend ab, für welchen ein ſehr intereſſantes Thema in Ausſicht genommen iſt. Beginn 7 Uhr abends.

(Hymen.)

Am 16. d. M. wurde in der hieſigen Pfarr - kirche die Tochter des Direktors der Röhrenkeſſelfabriks - Aktiengeſellſchaft in Mödling, Fräulein Annie Mahlke, mit dem Reſtaurateur Herrn Toni Pfletſchinger aus Weißen - bach bei Gloggnitz getraut. Das junge Paar trat eine Hoch - zeitsreiſe noch Abbazia an.

(Todesfälle.)

Vorige Woche verſchied die allen Aus - flüglern und Touriſten wohlbekannte Anningerwirtin Frau Marie Hithaler im Alter von 29 Jahren. Welcher Beliebt - heit ſich die Verblich[e]ne in der Umgebung erfreue, bewies der impoſante Trauerzug, der dem Sarge folgte und bei welchem der Verein der Naturfreunde, ſowie andere touriſtiſche Sektionen vertreten waren. In Hinterbrühl ſtarb nach längerer Krank - heit der Oberlehrer Herr Eduard Hanſer im 66 Lebensjahre. Der Verblichene war Ortsſchulratsſtellvertreter und Schulauf - ſeher, Beſitzer des goldenen Verdienſtkreuzes und der Ehren - medaille für 40jährige treue Dienſtzeit ſowie Ehrenmitglied verſchiedener Vereine. Sein Tod hat in allen bekannten Kreiſen lebhafteſte Teilnahme, exweckt.

Perchtoldsdorf.

(Liedertafel.)

Am Samstag, den 16. d. M. veranſtaltete der Perchtoldsdorfer Männer - Geſangverein einen Unterhaltungsabend für ſeine Mitglieder und geladenen Gäſte, der ſehr gelungen verlief. Die Chöre: Hollerswamm , Erlkönig , Froſchkantate und Menſch und Sänger wurden prä[z]iſe und ſchneidig zum Vortrage ge - bracht, was die Leitung durch den trefflichen Chormeiſter Herrn Prof. Robert Teibler auch vorausſehen ließ. Frl. Mizzi Schäftner entzückte durch ihr herrliches Klavierſpiel und Herr Ferdinand Kiefhaber durch ſeinen vorzüglichen Violin-Vortrag. Herr Franz Rupp jun. erntete mit ſeinen Solo-Vorträgen verſchiedener Lieder in ſteiriſcher Mundart und Jodler reichen Beifall. In dem Einakter Die verfolgte Unſchuld leiſteten Frl. Nelly Hoffmann und Herr H. Habek in den Hauptrollen vorzügliches und auch die Herren Kollmann jun. und Oskar Steingruber ſpielten die Rollen ſehr gut. Zum Schluſſe führten die Herren Kollmann jun. und Ludwig Schmitt eine Pantomime Beim Barbier auf, die großen Heiterkeits - erfolg erzielte. Im Laufe dieſes Abends wurden auch den Herren Graf sen., Johann Plotz und Karl Urban, als Zeichen der Anerkennung ihrer dem Geſangvereine während der Zeit ihrer mehr als 30jährigen Mitgliederſchaft geleiſteten Dienſte vom Vorſtande Herrn Georg Teibler je ein goldener Ring mit einer Anſprache überreicht, was von den anweſenden Gäſten und Mitgliedern mit lebhaftem Beifalle aufgenommen wurde. Es wäre nur zu wünſchen, daß die Juwohner unſeres Marktes dem M. -G.-V. größeres Intereſſe entgegenbringen würden.

Vöslau.

(Elektriſches Licht, Nernſt-Lampe.)

Das Elektrizitätswerk hat ſeit 1. d. M. ſämtliche Pauſchalierungen anfgehoben, um eventuellen Mißb[r]äuchen entgegentreten und ſich vor unreeller Ausnützung der Anlage, ſei es mit oder ohne Abſicht, ſchützen zu können. Aus den den Abnehmern zuge - ſandten Strombezugsbedingungen iſt folgendes beſonders wichtig. Die Herſtellung und Erhaltung erfolgt aus chließlich durch das Elektrizitätswerk und wird auf öffentlichem Grund oder Gemeindebeſitz unentgeltlich beigeſtellt. (Bisher war es nicht der Fall.) Bei vorzunehmenden neuen Juſtallationen durch einen auswärtigen Inſtallateur müſſen die eventuellen Anordnungen des Werkes unbedingt berückſichtigt werden, worauf nach deren Fertigſtellung von dieſem eine koſtenloſ[e]Ueberprüfung vorgenommen wird. Vorhandene Mängel machen eine neuerliche Ueberprüfung notwendig, welche nach einem beſtimmten Tarif entlohnt werden muß. Das Werk leiſtet mit Ausnahme der Glaswaren und Grühlampen zweijährige Garantie. Die Zählermiete wurde bedeutend herabgeſetzt, richtet ſich nach dem Umfange der Anlage. Zum Beiſpiel bei 4 Lampen beträgt ſie 20 Heller, bei 10 Lampen 70 Heller (Bisher ohne eine Ausnahme 1·40 Kr.). Für durch ſchadhafte Leitung entſtandenen Stromverluſt wird keinerlei Entſchädigung geleiſtet. Dieſer Verluſt wird durch jeden Laien erkannt, wenn nämlich der Zähler auch bei Nichtbenützung der Anlage fortſchreitet. Letztere leidet durch Feuchtigkeit und dies kann die Urſache geſährlicher Kurzſchlüſſe werden. Das Uebermalen der Leitungen iſt zu ver - meiden. Die Bleiſicherungen müſſen immer nach derſelben bemeſſen ſein und dürfen gegen ſolche mit einem größeren Querſchnitte beſtimmte nicht ausget[a]uſcht werden. Ueberall, beſonders aber in feuchten Räumen, Magazinen ꝛc. empfiehlt es ſich, einen die ganze Anlage außer Tätigkeit ſetzenden Hauptſchalter anzubringen. Das Auswechſeln der Glühlampen ſoll nur im ausgeſchalteten Zuſtande geſchehen. Auch der Stromiſt billiger geworden, überdies wird ein Rabatt gewährt, u. zw. bei Verbrauch einer 16 Normal-Kerzen-Lampe im Betrage von 2 bis 3 Kr. 5%, bis 4 Kr. 10% u. ſ. w. Eine Hektowatſtunde koſtet 8 Heller, für Moloren 4 Heller. Zur genauen Berechnung des Rabattes iſt es notwendig, Ver - änderungen in der Zahl oder Art der Lampe dem Werke be - kannt zu geben. Nun wird hier mit Licht geſpart, wo und wie es nur möglich iſt. Eine vorteilhafte Handhabe bietet dazu die Nernſtlampe, die zwar per Stück bis 5 Kronen koſtet, aber eine 25 Kerzenſtärke bei einem Stromverbrauch von 3 Heller per Stunde liefert, was den früheren 10 Normal - Kerzeu-Lampen gleichkommt. Montag, den 11. d. M. wurde die Bahnſtraße mit 50 normalkerzigen Nernſtlampen probe - weiſe beleuchtet, was einen Lichteffekt erzeugte, der unſere großen Bogenlampen überflüſſig machte. Leider konnte es nur eine Probe ſein.

Gainfarn.

(Zur Beleuchtung.)

Nach der Stimmung des Gemeinderates wird es mit dem Waſſergaswerk nichts, obgleich Herr Ingenieur Kraif und ſeine Anhänger ſo intenſiv dafür Propaganda machen und es bleibt bei der ſchon erprobten Benzinbeleuchtung, falls ſich nicht eine Geſellſchaft findet, welche die Errichtung des Waſſergaswerkes in der allernächſten Zeit noch in die Hand nimmt. Da dies nicht zu hoffen iſt, ſo wird die Firma Pollak den Auftrag erhalten, 50 Benzinlampen inkluſive Aufſtellung ꝛc. um den Preis von 1000 fl. zu liefrrn, deren Gebrauch jährlich ebenfalls auf 1000 fl. zu ſtehen kommt. Hiermit wird zwar eine beſſere Beleuchtung geſchaffen, jedoch benimmt ſich die Gemeinde im vorhinein jeder Ausſicht auf eine leicht zu erzielende Einnahme, während ein Waſſergas - werk in vorausſichtlich kürzeſter Zeit einen Reingewinn ab - werfen würde.

Hirtenberg.

(Eine aufregende Szene)

ſpielte ſich vergangenen Mittwoch auf dem Bahnkörper der Station Enzesfeld (zwiſchen Leobersdorf und Hirtenberg) ab. Ein Laſten - zug war eben von dieſer Station abgefahren, die Schrauken der nach Hirtenberg führenden Straßen geſchloſſen, als ein altes Mütterchen, die in Hirtenberg in der Verſorgung lebende Frau Agnes Zeiler, den Abgang des Zuges und die geſchloſſene Sch[r]anke nicht achtend, unter letzterer durchſchlüpfte und die Schienen paſſieren wollte. Da plötzlich ſtrauchelte ſie und fiel quer auf die Schienen, ohne ſich wieder aufraffen zu können. Der Zug war indeſſen bis auf 20 Meter näher gekommen, ohne daß der Zugführer, weil dort die Bahn gerade eine Biegung machte, etwas von dem Unfalle bemerkte und die Frau unbedingt in wenigen Minuten zermalmt worden wäre. Da im kritiſchen Moment, gelangte der Materialverwalter der Hirtenberger Patronenfabrik und Hauptmann der Hirtenberger Ortsfeuerwehr, Herr Mathias Gernedl, mit ſeinem Fuhrwerk an die geſchloſſene Bahnſchranke und erfaßte im Moment die kritiſche Situation der auf den Schienen unbeweglich daliegenden Frau. Es war für ihn gerade noch Zeit, dem Zugführer mit dem Hute zu winken, um ihn aufmerkſam zu machen, daß et - was außergwöhnliches geſchehen ſei, was ihm auch glücklich gelang. Der wackere Zugführer, an ähnliche Fälle wahrſcheinlich gewöhnt, gab ſofort Signal zum Bremſen, ſodaß der Laſtzug in langſameres Tempo gebracht wurde. Im gleichen Moment war aber auch ſchon Herr Gernedl vom Wagen geſprungen, mit einem Satz auf den Schienen, wo er, ein k[r]äftiger Mann, die Frau um die Mitte faßte und auf die Straße brachte, als ſchon der Zug die ominöſe Stelle paſſierte. Nur dem ziel - bewußten Eingreifen beider Männer war es gelungen, ein Menſchenleben zu retten und wird die Staatsbahn den beiden wackeren Leuten wohl die verdiente Anerkennung zu[t]eil werden laſſen.

Theater.

Stadttheater in Baden.

Mit 1. Mai l. J., dem offiziellen Beginn der neuen Badener Kurſaiſon, öffnet ſich auch wieder die Pforte zu unſerem Muſentempel und mit dieſem Tage tritt Direktor Heißiger in das zweite Jahr ſeiner hieſigen Direktionsführung, das mit einem ſchönen Sommer und einer guten Kurſaiſon ihn wohl für die vielen Unannehmlichkeiten des erſten Direktions - jahres entſchädigen könnte.

Die Löſung der Badener Theaterfrage vor Jahresfriſt hat mit der Gegner - und Anhängerſchaft der alten und neuen Direktion der neuen Bühnen - leitung viele Sorgen gebracht und dieſe auch unbe - dingt geſchädigt, ſo daß bei einem nicht allzu günſtigen Sommer und einer in der gewohnten Schablone ver - bliebenen Winter-Campagne die finanzielle Einbuße der Direktion eine ganz beträchtliche genannt werden muß. Trotz dieſer für jeden Direktor nicht beſonders erfreulichen Tatſache hat Direktor Heißiger, dem nur Unkenntnis der hieſigen Verhältniſſe und ein zu koſtſpieliger Bühnen-Apparat vorgehalten werden kann,doch wacker und ehrenvoll auf ſeinem Poſten ausge - harrt und unverdroſſen eine Novität um die andere auf die Bühne gebracht, ſo daß man das erſte Jahr ſeiner hieſigen Theaterleitung als das repertoirreichſte faſt aller verfloſſenen Saiſons bezeichnen kann.

Dies iſt ſchon ein Verdienſt, das nach Gebühr zu würdigen iſt. Mögen auch Fehler in der Leitung unterlaufen ſein, immer blieb das Streben der Di - rektion ein ideales und damit eine über die gewohnte Alltäglichkeit der Provinzbühne erhebende Leiſtung, der man bei voller Objektivität die Anerkennung nicht verſagen darf. Ja noch mehr, Direktor Heißiger, der die Kinderkrankheiten ſeiner hieſigen Direktions - führung überwunden, hat ſich auch nun zu Aende - rungen in ſeinem Perſonalſtande herbeigelaſſen, die unbedingt nur zugunſten des geſamten Badener Bühnenweſens ein langſames Einlenken in jene Bahnen geſtatten, welche die Erfahrung, daher lang - jährige Uebung und die lokalen Verhältniſſe ſchon längſt als feſte Norm feſtgeſetzt hat. Dadurch wird Direktor Heißiger und das Publikum umſomehr auf die beiderſeitige Rechnung kommen, als die Macht der Gewohnheit größer als der vielverlockende Reiz der Neuheit oder Abwechslung iſt und eine Badener Bühnenleitung überhaupt derzeit, ſo lange nicht ein neuer Theaterbau größere Einnahmsquellen verſprechen kann, noch nicht über den Rahmen der ſommerlichen, durch das Wetter bedingten, und winterlichen, durch bei Zugſtücken ſicheren Einnahmen experimentieren kann.

Die wirklich notwendige Ausmuſterung in dem Mitgliederſtande, der teilweiſe für den Rang der Badener Bühne gewiß nicht vollwertig erſchien, vom Publikum ſympathiſch begrüßt, weiſt auf den Ernſt der Direktion, das Darſtellungsmaterial zu verbeſſern, hin, und bezeugt damit ehrliches Streben nach vorwärts.

Mit dem Aufräumen minderwertiger oder dem Publikum nicht genehmer Fächer wird auch nicht nur das Repertoire an Abwechslung, guten Novitäten und den noch immer gangbaren älteren Bühnen - werken gewinnen und ſo dazu beitragen, daß eine Ueberanſtrengung der M[i]tglieder mit überflüſſigen Proben vermieden werden kann.

Daß ein allzugroßer Mitgliederſtand, abgeſehen von dem zu hohen, daher direktionell unerſchwinglichen Gagenetat, ſelbſt jeder Bühnenleitung nur Unan - nehmlichkeiten aller Art bietet, iſt eine längſt ge - machte Erfahrung. Auch Baden verträgt keine Doppel - Beſetzungen. Lieber wenige, aber gute Kräfte und der altbewährte Ruf der Badener Bühne wird dann auf jedem Gebiete der Darſtellungskunſt ein zwar lokalen Verhältniſſen angepaßter, aber immer ein guter und bleibender ſein.

Die Direktion Heißiger, die oft mit Einzel - leiſtungen, wie in Oper und Operette, ſo hervor - ragendes, ja glänzendes geleiſtet, wird dann auch in anderen Fächern, im Schau - und Luſtſpiel, Poſſe und Schwank gleiche Leiſtungen bieten und damit auch die Theaterluſt nicht an die Einſeitigkeit des Repertoires zu binden haben.

Als neu engagierte Mitglieder treten in den Verband unſerer Bühne: Herr Paul Hubl, I. Held und Liebhaber, Herr Leo Bowacs, jugendlicher Held und Liebhaber, beide vom Stadttheater in Olmütz; dann Fräulein Renée Imrey, bekannt durch ihr winterliches Gaſtſpiel als Monna Banna, I. Heldin und Liebhaberin, Fräulein Karoline Woiwode, Naiv-Sentimentale, Fräulein Ella Hannak, I. Opern - und Operettenſängerin, und Fräulein Helene Bürger. II. Soubrette und Lokalſängerin. Als draſtiſcher Komiker wurde Herr Alfred Sturm engagiert.

Für den Chor kamen als neu: die Damen Elf〈…〉〈…〉 Malten und Reſi Springer, dann die Herren Gottfried Quatemba, Karl Tobiſcher, Wilhelm Czap, Joſef Schul, Karl Gregorich, Karl Jirba und Armin Laufer.

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6Mittwoch Badener Zeitung 20. April 1904. Nr. 32.
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7Nr. 32. Mittwoch Badener Zeitung 20. April 1904
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8Mittwoch Badener Zeitung 20. April 1904 Nr. 32.
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Druck und Verlag der Buchdruckerei Johann Wla[darz , vor]m. H. Haaſe, in Baden. Verantwortlicher Schriftleiter: Rudolf[Bauer].

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TextNr. 32, 20.04.1904.
Author[unknown]
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Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Benjamin FiechterSusanne HaafNote: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).2018-01-26T13:38:42Z grepect GmbHNote: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T13:38:42Z Amelie MeisterNote: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T13:38:42Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic informationNr. 32, 20.04.1904. . Johann WladarzBaden (Niederösterreich)1904. Badener Zeitung

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LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; mkhz2

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Editorial principles

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

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  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T11:23:23Z
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