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Die Macht und der Einfluß eines Volks - ſtammes beruht auf deſſen Kultur. Die Welt - geſchichte iſt eigentlich nichts anderes als der Beweis dieſes Ausſpruches und in keinem Staate tritt dieſe Wahrheit ſo zutage wie in Oeſterreich. Dieſes mächtige und große Reich ſteht infolge einer ſchlechten, unglück - lichen, korrupten Regierung, infolge einer Niederlage in Italien, wo ſeit Jahrhunderten ſo viel deutſches Blut zwecklos vergoſſen wurde, vor dem Abgrund des Verderbens. Es bricht über dieſes Reich eine finanzielle Kataſtrophe herein, ein Staatsfinanzkrach, wie er außer der franzöſiſchen Aſſignatenepoche in der Geſchichte noch nicht verzeichnet war. Kein inländiſcher und noch weniger ein aus - ländiſcher Wucherer wagt es, ſelbſt zu denhöchſten Wucherzinſen, dieſem in ſich zuſam - menbrechenden Staate etwas zu borgen. Der Zerfall ſcheint unausbleiblich. Unter den vielen Völkern dieſes Reiches gibt es nur einen Volksſtamm, der zur Rettung des Ganzen berufen werden kann, es iſt der deutſche. Um dieſe Rettung zu ermöglichen, mußte je - doch dieſem Volksſtamm ſein Können, d. h. die Macht ſeiner großen Kultur, vollſtändig zurückgegeben werden. Das iſt der eigentliche Sinn des Februarpatentes und der Miſſion Schmerlings. Als die Deutſchen in die Möglichkeit der fruchtbaren Ausnützung ihrer hohen Kultur allmählig verſetzt wurden, hatten ſie auch die Aufgabe der Rettung Oeſterreichs glänzend gelöſt.
Es kam die ſchreckliche Niederlage des Jahres 1866, die natürliche Folge des Um - ſtandes, daß Schmerling fallen gelaſſen wurde, und wieder waren jene Elemente zur Re - gierung und Macht gelangt, welche in Oeſter - reichs Geſchichte für ewige Zeit mit der Schuld belaſtet ſtehen, ihr Vaterland in den Fünfziger - Jahren vollſtändig zerrüttet und wehrlos ge - macht zu haben. Gerade das Unglück desJahres 1866 zeigte die Macht deutſcher Kultur im hellſten Strahlenkranze, und ſo wurde ihr geſtattet, Oeſterreich nochmals zu retten. Alles, was heute Oeſterreich an Kraft und Größe beſitzt, iſt nur der Reſt des Er - folges jener arbeitsfreudigen, von den Tſchechen beſchimpften Kulturträger. Aber die Deutſchen ſind nun einmal mit einer ſchweren Krankheit erblich belaſtet, die hauptſächlich dann einen akuten Charakter erhält, wenn ſie irgendwo zu einer beſonderen Entwicklungshöhe ge - langte. Uneinigkeit, bis zur unausſtehlichſten Rechthaberei geſteigert, machte den Aufenthalt im damaligen rein deutſchen Miniſterrat zu einer reinen Höllenqual und als noch der bosniſche Kalkulationsfehler dazu kam, wurde ein eiſerner Ring um ihre Machtſphäre ge - ſchloſſen. Zur Minorität im Abgeordneten - hauſe verurteilt, durch traurige Erfahrungen von der ſchweren Krankheit zeitweiſe geheilt, entwickelt ſich die deutſchliberale Partei zur höchſten Kraftleiſtung, ſie wirkt unter dem zyniſchen Regime Taaffe als der deutſch - öſterreichiſche Eckehart und es gelingt ihr, die deutſche Kultur noch einige Zeit vor dem
In der Erzherzog Karl-Ausſtellung, welche heuer zur Erinnerung an die Schlacht bei Aſpern in den Räumlichkeiten des neuen Muſeumstraktes inſtalliert war, konnte man auch viele Ausſtellungsobjekte be - trachten, die auf den unglücklichen Sohn Napoleons aus ſeiner Ehe mit Maria Louiſe, den Herzog von Reichſtadt Bezug hatten. Nun leſen ſich in Prokeſch’ Tagebüchern alle Eintragungen über dieſe intereſſante hiſtoriſche Perſönlichkeit wie ein Kommentar zu dieſen Ausſtellungsobjekten. Mit der Raſchheit eines elek - triſchen Funkens bildete ſich zwiſchen Prokeſch und dem Herzog ein intimes Verhältnis heraus, das bis zum Tode des Prinzen währte. Am 23. Juni 1830 hatte Prokeſch das erſte Zuſammentreffen mit dem Herzog, das ſich ſchon auf zwei intereſſante Geſpräch - ſtunden erſtreckte und ſchon fünf Tage ſpäter nennt Reichſtadt Prokeſch ſeinen „ Poſa “. Prokeſch’ Anſichten über Hannibal entzückten den Prinzen.
Tagsdarauf verzeichnet Prokeſch den merkwür - digen Ausſpruch Reichſtadt’s: „ Frankreich geb’ ich auf, ich kann kein Aventurier werden, noch den Li - beralen dienen wollen. Aus dem allgemeinen Chaos möchte ich mir Polen zuſammenſtellen und für mich haben “.
Unterm 30. Auguſt muß Reichſtadt Prokeſch ſchon eingeſtehen, daß es Metternich ſeiner Mutterabſchlug, daß Prokeſch zu ihm käme, doch er knüpft die Hoffnung daran: „ Was nicht iſt, kann noch werden; es wird die Zeit kommen, wo mein Wille gilt “.
Der Herzog glaubte zu wiſſen, daß die öffent - liche Meinung von ihm gering ſei, hält dies aber für beſſer. Er erblickt ſeine Aufgabe darin, ſich nur mit Leib und Seele an Oeſterreich hängend zu geben. Er weiß genau, daß die Armee nur ſeine Stütze iſt, nicht die kaiſerliche Familie, in der aber nur Erz - herzog Karl gilt.
Prokeſch, ſelbſt ein Militär von Bedeutung, fällt nun über den Herzog ein ſehr bemerkenswertes Urteil, indem er über ihn ſchreibt: „ Ich habe heute den Herzog von Reichſtadt geſprochen. Ich laſſe mir den Kopf abhacken, wenn er nicht mehr militäriſche Ta - lente hat, als der geſchickteſte unſerer Generale. Aber in der Anleitung zu ſeinen militäriſchen Studien iſt über dem Kleinen und Zufälligen das Große und Notwendige auf die Seite geſetzt. Friedrich von Preußen ſagte: „ La guerre est une science pour les hommes de genie, un art pour les médiocres et un métier pour les ignorants “.
Reichſtadt war ſehr wankelmütig, ſchon unterm 3. September gibt er wieder ſeinem heißen Wunſche nach dem Throne von Frankreich Ausdruck.
Am 8. November las der Prinz Prokeſch das Teſtament Napoleons vor und ſügte die Bemerkung daran, daß im Artikel 4 des § 1 die Vorſchrift für ſein ganzes Leben läge. Sein Mentor Dietrichſtein gibt Prokeſch gegenüber auch der Anſicht Ausdruck, daß er für den Prinzen keine andere Zukunft ſehe, als den Thron von Frankreich, nur fürchtet er deſſen Ungeduld, Hang zur Trägheit und extravagante Kriegs - luſt. Er meint aber, daß der Herzog jede Lockung ſeitens der Familie Napoleons, außer ſie käme von Lucian oder Joſef, zurückweiſen müſſe.
Unterm 29. November nimmt Reichſtadt dem Prokeſch das Wort ab, daß er in jeder ernſten Lage auf ihn zählen könne. Eine Handzeichnung, ein Pferd ſeines Vaters nach Vernet, ſchenkt er Prokeſch und dieſer gab ſie im Jahre 1855 an Napoleon III.
Auch über Herzensneigungen weihte Reichſtadt Prokeſch ein, ſo geſtand er ihm ſeine Neigung zur Gräfin Karoly geb. Fürſtin Kaunitz, was aber Pro - keſch heftigſt bekämpft.
Mit Beginn 1831 findet Prokeſch den Herzog in größter Erregung über die Vorfallenheiten in Paris. Er möchte Frankreichs Thron, fürchtet aber, daß die Zeit dränge und geſteht ſelbſt ein, daß er noch nicht hinlänglich vorbereitet ſei. Er wurde in ſeinem Verlangen nach dem franzöſiſchen Throne umſo mehr beſtärkt, als Kaiſer Franz zu ihm ſagte: „ Wenn das franzöſiſche Volk es verlange und die Alliierten es zugeben, hätte ich nichts dagegen “. Auch ſpricht der Kaiſer einmal ſeinen Hintergedanken aus, daß „ in Frankreich alles querüber gehen möge, um Orleans mit Reichſtadt zu erſetzen “.
Daß unter ſolchen Auſpizien der Prinz, wie Prokeſch verzeichnet, „ vor Ungeduld zerriſſen iſt “, nimmt nicht Wunder. Aber den Grundſatz ſpricht der Prinz aus, daß er nur auf den Ruf der franzöſiſchen Armee, nicht aber auf jenen der Bajonette der Alli - ierten nach Frankreich gehen möchte.
Als Prokeſch nach Italien geſchickt wird, um von Reichſtadt entfernt zu werden, ſchenkt er ihm ſeine Uhr, wogegen Prokeſch ihm ein albaneſiſches Gewehr gibt.
Nach Prokeſch’ Rückkehr von Italien im Herbſte findet er den Prinzen viel ruhiger. Letzterer eröffnet ſich Prokeſch als Deiſten und Anhänger der konſti - tutionellen Monarchie mit Bedingung des Diktorats in Kreiſen. Prokeſch hat auch Gelegenheit, Reichſtadt aus einer argen Verlegenheit Dietrichſtein gegenüber
Herabſinken in Oeſterreich zu bewahren. Graf Taaffe hat eigentlich nur tat - ſächlich mit dem ſtaatserhaltenden Moment der deutſchliberalen Partei regiert.
Da erſann eines Tages ein deutſcher Prinz ein Mittel, um der deutſchen Kultur, welche durch ein Staatsgrundgeſetz vermeint - lich geſichert ſchien, den Garaus zu machen und man war anfänglich ſo leichtſinnig, über den Liechtenſtein’ſchen Schulantrag zu lachen. Heute iſt er aber auf manchen recht unge - ſetzlichen Wegen zur Geltung gelangt und Prinz Alois hat ſeinen jeſuitiſchen Schnallen - ſchuh feſt auf den wehrloſen Nacken der ganzen Lehrerſchaft Oeſterreichs triumphierend geſetzt. Rom war zur höchſten Macht in Oeſterreich gelangt und die Jugendbildner wurden in den Dienſt des größten Feindes jeglicher Kultur, namentlich aber der deutſchen, geſtellt. Ein Spionierdienſt, wie er ſelbſt zur Zeit des größten Deſpotismus in Oeſterreich nicht denkbar war, wurde ganz öffentlich ein - gerichtet und die deutſche Kultur Oeſterreichs öffentlich verhöhnt, ja dem Spotte ungebildeter Maſſen ausgeliefert. Wer ſich unter den Lehrern nicht im geheimen fügte, mit deſſen materieller Zukunft war es vorbei. Die Deutſchen waren aber inzwiſchen ſo verarmt und ſchwach geworden, daß ſie ſich ihr höchſtes Gut, ihre Kultur, ohne Widerſtand rauben ließen. Der Antiſemetismus des radikalen Germanen Schönerer hatte einen ſolchen Erfolg, daß die Kleriſei nur nach dieſem Er - folge zu greifen brauchte, um der deutſchen Kultur den Todesſtoß zu geben. Delila hat dem Rieſen Simſon durch eine Friſur à la Fiesco jeder Kraft benommen und die Deutſchen Oeſterreichs tragen nun, wenn auch nicht auf - fällig ſichtbar, die Tonſur.
Da trat ein Mann von großer Willens - kraft auf, beſeelt von dem ſelbſtloſeſten Opfer - mut, verbrannte ſeine Schiffe, um ſich den Rückzug unmöglich zu machen, und ſtellte ſich an die Spitze eines Kampfes gegen die über - mütigen Räuber des wertvollſten Schatzes der Deutſchen Oeſterreichs. Er verſprachſeinen Mitkämpfern keine Ehren, keinen irdiſchen Lohn, nur Opfer hätten ſeine Mit - kämpfer zu bringen! Aber wenn der Sieg errungen ſein würde, dann hätten viele Milli - onen Menſchen in Oeſterreich wieder die Hoffnung, ihre frühere Menſchenwürde und die Kraft, ihre materielle Not zu bekämpfen, zu gewinnen.
Man kann ſich keine größere ideale Auf - gabe, keinen größeren Opfer - und Wagemut, aber auch keinen größeren wirklichen öſter - reichiſchen Patriotismus kaum denken!
Das iſt die große Bedeutung der Grün - dung des Vereines „ Freie Schule “. Ein Schulhaus, ausgeſtattet mit den modernſten Behelfen der ernſteſten Jugendbildung, und darin eine Lehrerſchaft, erfüllt von dem idealſten Beſtreben, dem Kinde den Segen wahrer Ethik auf den dornenvollen Lebensweg mit - zugeben. Das Inſtitut ſollte den Beweis der Größe des Verbrechens erbringen, welches der Klerikalismus in der Gegenwart an den Staatsbürgern Oeſterreichs begeht. Daß die Kleriſei mit der von ihr geleiteten politiſchen, ſogenannten chriſtlichſozialen Partei, den Verein „ Freie Schule “als ein Werk des Teufels mit allen erlaubten und noch mehr mit allen nur denkbaren unerlaubten Mitteln bekämpft, das iſt wohl ſelbſtverſtändlich. Jeder Gewerbe - treibende würde das Gleiche tun und denje - nigen rückſichtslos bekämpfen, welcher ihm ſeine beſte Kundſchaft nimmt. Aber daß ſich Deutſche finden, die vorgeben frei - heitlich geſinnt zu ſein und mit der niederträchtigſten Hinterliſt dem Verein „ Freie Schule “jeden Boden abgraben wollen, das iſt ein Verrat an dem Deutſchtum Oeſterreichs, wie er gefährlicher und jeſuitiſcher noch nicht vorgekommen iſt. Die „ Badener Zeitung “hat dies geahnt, als ſie den Artikel „ Herrenhausmitglied Braß “vor zwei Jahren veröffentlichte.
Herr Hermann Braß iſt der Typus jener reichen deutſchen Induſtriellen, welche aus diverſen, nebenbei laufenden Gründen ihre freie Zeit, die ſie nicht zweckmäßiger aus -nützen können, zu einem gefährlichen politi - ſchen Dilettantismus verwenden. Nun hat es der früher radikal-deutſchnationale Hermann Braß richtig bis zum Herrenhausmitgliede gebracht. Der Weg, den er hiebei zurücklegte, iſt eigentlich ein ungewöhnlicher, aber in Oeſterreich mehren ſich die Beiſpiele, wie Deutſchradikale, welche plötzlich vom Höhen - ſchwindel befallen werden, umfallen. — Unter dem vom deutſchradikalen Antiſemiten zum Miniſter avanzierten Prade wurden den Tſchechen im geheimen die unglaub - lichſten Konzeſſionen gemacht. Herr Hermann Braß wollte nun, im Herrenhaus angelangt, doch von ſich reden machen, das von ihm bisher angewandte Geld ſollte doch nicht ganz nutzlos ausgegeben ſein. Dort im Herren - hauſe, unter den großen Kapazitäten, ging dies freilich nicht; ſo ſtieg er wieder herab unter das gemeine Volk und gründete den Verein „ Freie deutſche Schule “. Heute iſt es aber aller Welt klar geworden, daß dieſes Unternehmen nur den einen Zweck haben ſollte, dem ernſten Verein „ Freie Schule “mittelſt eines Bluffs ein Bein zu ſtellen. Die von dem Verein des Herrn Hermann Braß vor kurzem veröffentlichte Flugſchrift bildet den klarſten Beweis der rein politiſchen Machenſchaft dieſes Herrenhausmitgliedes. Die chriſtlichſozialen Blätter ſtimmen uniſono ein Halleluja an und es iſt gar nicht ausge - ſchloſſen, daß Hermann Braß einmal der Seligſprechung unterzogen wird, ja bei der heutigen Praxis Roms kann er es zu einem wirklichen Heiligen ſchein bringen.
Die „ Badener Zeitung “aber ſagte am 14. Auguſt 1907 am Schluſſe des früher angeführten Aufſatzes: „ Herrn Hermann Braß wird bei der nächſten Seſſion des Herren - hauſes ſo mancher Kirchenfürſt die Hand für dieſen Liebesdienſt mit verſtändnisvollem Schmunzeln drücken. Er wird in ſeinem Unternehmen von dem deutſchradikalen Ab - geordneten K. H. Wolf, welcher mit den Stimmen der Chriſtlichſozialen den deutſch - freiheitlichen Kandidaten beſiegte, unterſtützt. Sollten ſolche Männer als ernſte Vertreter
zu ziehen, die ihm aus ſeiner entdeckten Korreſpondenz mit Moritz Eszterhazy in Neapel erwuchs.
Reichſtadt erzählt Prokeſch, daß Kaiſer Franz mit ihm nach dem Eſſen gerne plaudere. U. a. fielen einmal die Worte: „ Lebte mein Vater noch, ich würde mit Leib und Seele für ſeine Rückkunft nach Frank - reich arbeiten “, worauf der Kaiſer den charakteriſti - ſchen Ausſpruch tat: „ Du würdeſt recht daran tun, ich würde dich vielleicht, nicht öffentlich (sic!) aber insgeheim, mit Geld unterſtützen “.
Reichſtadt erörterte mit Prokeſch ſogar den Ge - danken einer heimlichen Flucht nach Frankreich.
Reichſtadt ſchenkte Prokeſch ſehr wertvolle Auto - gramme, ſo ein Schreiben an ihn von der Kaiſerin Karoline, eines von ſeiner Mutter, eines von der Erzherzogin Sofie, dann ein Schreiben Napoleons an Marmont aus Schönbrunn, 23. brumaire, an 14 1 heure après-midi, dann ein Blatt aus einem damals ſehr beliebten Erbauungsbuche Albachs „ Heilige Anklänge “, das er von ſeinen Großeltern erhielt und worauf Kaiſerin und Kaiſer ihre Namen geſetzt hatten.
Noch am 30. Jänner 1832, als Reichſtadt ſchon erkrankt war, ſchenkte ihm Prokeſch ein Paar türkiſche Pantoffel und den Wehabitenmantel.
Am 22. Juli ſtarb Reichſtadt im Schlafzimmer ſeines Vaters in Schönbrunn. Die Obduktion des Leichnams ſtellte feſt, daß der Raum für die Lunge zu enge war, dieſe überall angewachſen und ganz mit Eiter infiltriert war.
Marie Louiſe ſchenkte Prokeſch noch den Lieb - lingsſäbel des Prinzen. Er hinterließ eine Bibliothek von 1136 Büchern, meiſt kriegswiſſenſchaftlichen Inhaltes.
Höchſt intereſſant ſind alle Aufzeichnungen, welche ſich auf ſeine in diplomatiſcher Sendung in der Zeit vom 12. Februar bis 11. Auguſt 1832 gemachte Romreiſe beziehen. Einiges beſonders mir bemerkens -wertes will ich anführen. Zur Fahrt, der erſten Etappe der Reiſe, von Wien bis Mürzzuſchlag brauchte man damals von 2 Uhr früh bis abends. Als Reiſe - lektüre hat er ſich Eugen Sues „ Attar Gull “mit - genommen. In Trieſt mußte er wegen Choleragefahr eine Quarantäne durchmachen. In Bologna, wo er am 24. Februar, alſo nach 11tägiger Fahrt, ankam, lernte er den Kardinal Albani kennen, den er als ein kleines, 84jähriges ſchmutziges Männchen ſchildert, mit einigen Reſten von Verſtand und Sinnen.
Am 22. März hatte er um Ave Maria Audienz beim Papſte Gregor XVI. in ſeinem kleinen Studier - zimmer. „ Sitzend, ſo daß unſere Knie ſich berührten, plauderten wir “. Dann ſucht der Papſt ein Schreiben in allen Kaſten, allen Laden, und kann es nicht ſinden, mittlerweile erzählt ihm Prokeſch von Jeru - ſalem. Der Papſt zeigt ihm Geſchenke der Irokeſen, aus Pantoffeln und einer koſtbaren Binde beſtehend.
In Rom macht Prokeſch intereſſante Bekannt - ſchaften: den Landſchaftsmaler Koch, der einſt ein Tiro[l]er Hirtenknabe war und dann wundervolle Kom - poſitionen aus Dante, Oſſian und der Bibel ge - ſchaffen hat. Hier kommt er auch mit Keſtner, dem Sohn von Werthers Lotte, zuſammen. Nicht für Keſtner’s Mutter ſchoß ſich Jeruſalem tot, ſondern dies geſchah nur zu einer Zeit, als Goethe in Lotte ſehr verliebt war. Er deduziert dies aus einem Briefe Goethes an einen Jugendfreund in Hannover. Hier nimmt er auch Einſicht in einen Brief der Frau Aja, in welchem ſie von ihrem Sohne Wolfgang per „ der Herr Doktor “ſchreibt. Bei einer Soiree der Lady Conventry lernt er deren Töchterchen kennen[,]ein intereſſantes Mädchen von 20 Jahren, welche Lateiniſch, Griechiſch, Deutſch, Italieniſch und Engliſch lieſt und ſchreibt, ſchön zeichnet und malt, ſehr unterrichtet und dabei kindlich und beſcheiden wie ein Laudmädchen iſt.
Am 5. April erfährt er in Rom von dem am22. März erfolgten Tode Goethes, was ihn zu der Bemerkung veranlaßt: „ Kann denn ein ſolcher Geiſt ausgeloſchen ſein? “
Intereſſant iſt, wie Prokeſch aus Anlaß einer Soiree bei der Gräfin Logano die einzelnen Natio - nalitäten in ihren weiblichen Vertreterinnen charak - teriſiert: „ Seele in den Geſichtern aller Italienerinnen, die der Engländerinnen verlederten, die Franzöſinnen zu geiſtreich, um nicht abgenützt zu ſein “.
In der Charwoche wohnt er den kirchlichen Ze - remonien in der päpſtlichen Kapelle bei: „ Mich rühren die Symbole und Zeichen einer Zeit, die nicht mehr ſind “. Am Oſterſonntag macht er die Bemerkung: „ Die Kommunion des Papſtes rührend, der alte Mann faſt in Krämpfen in Bewegung. “
Durch die Prinzeſſin von Dänemark wird er dem ſoeben angekommenen Walther Scott vorgeſtellt: „ Keine Spur von Geiſt in dieſem Biergeſichte “.
Bei St. Aulaire iſt er einmal Tiſchgenoſſe mit Mr. Thiers, dem nachmaligen erſten Präſidenten der franzöſiſchen Republik. Bei Lützow lernt er den Kom - poniſten Donizetti kennen, „ einen jungen Mann von gefälligem Aeußern “.
Durch den Kurier Grafen Emanuel Zichy wird er infolge des Todes Gentz’ nach Wien rückberufen, die Abreiſe verzögerte ſich aber noch längere Zeit.
Bei einem Konzerte bei St. Aulaire hört er die Malibran, Marini und Comporoſi, damalige Geſangs - Koryphäen, ſingen.
Es iſt ein eigentümliches Zuſammentreffen, daß er am 21. Juli, alſo einen Tag vor dem in Schön - brunn erfolgten Ableben des Herzogs von Reichſtadt, die Mutter Napoleons, Lätitia Bonoparte, kennen lernt. Er mußte der 84jährigen Frau viel vom Herzog von Reichſtadt erzählen, und ſie will aus den Er - zählungen ſo manche Aehnlichkeit mit ſeinem großen Vater herausfinden: „ Auch der Kaiſer lernte als
des Deutſchtums angeſehen werden, dann iſt dies das Grabgeläute deutſcher Kultur in Oeſterreich.
Wir haben dies geſchrieben, um jene Deutſchen, welche ihr heiligſtes Gut wirklich verteidigen wollen, inſtändigſt zu bitten, die wirkliche „ Freie Schule “mit aller Kraft zu unterſtützen und wir hielten es geradezu für eine Ehrenſache der „ Badener Zeitung “, uns in dieſem Sinne vor aller Welt zu äußern.
Erzherzog Rainer und Erzherzogin Marie, die in den letzten Tagen den Beſuch der Herzogin Robert v. Württemberg, einer Tochter des Erzherzogs Albrecht, hatten, ſind Dienstag nach einem dreiwöchentlichen Aufenthalt nach Schloß Hernſtein überſiedelt, woſelbſt ſie den Reſt des Sommers zu verbringen gedenken. — Geſtern Dienstag traf Erzherzogin Iſabella mit ihren Töchtern im Schloſſe Weilburg zum Sommeraufent - halte ein. Ihr Gemahl Erzherzog Friedrich weilt bekanntlich derzeit zur Kur in Karlsbad und ſoll nach Beendigung derſelben ebenfalls nach Baden kommen.
In Kloſterneuburg ſtarb Samstag der dem hieſigen Poſtamte zugeteilt ge - weſene Poſtoffizial Herr Johann Goſch nach einem langen Leiden im 49. Lebensjahre. — Montag ver - ſchied hier die Arztenswitwe Frau Barbara Kohl geb. Pfundner im hohen Alter von 84 Jahren.
In Baden ſind zum Kurgebrauche, reſp. Sommerfriſche eingetroffen: Marie Gräfin Grundemann („ Grüner Baum “), Bertha Gräfin Orſich-Slavetiſch, der königl. bayriſche Geſandte Heinrich Freiherr von Fiſcher, Leopoldine Baronin Funkel v. Aſchbrunn mit Frau Roſa Baronin Funkel v. Aſchbrunn (Joſefihof), Ernſt Graf Thurn (Grüner Baum), Prinz Egon von Thurn und Taxis (Grüner Baum), Fürſtin Hermanze Gagarin mit Prinzeſſin Maria Valesca Gagarin.
Morgen Donnerstag, ¾11 Uhr vormittags, findet in Wien im Feſtſaale der Univerſität die Promotion des Herrn Richard Bernkopp, Sohnes des Oberlehrers Herrn Ignaz Bernkopp in Tribuswinkel, zum Doktor beider Rechte ſtatt. — Dienstag mittags promovierte an der gleichen Univerſität der am hieſigen Gymnaſium tätige Supplent Herr Kuppe zum Doktor der Philoſophie.
Zahnarzt Dr. F. Smolcič ordiniert wie früher Baden, Kaiſer Franz Joſefſtraße 51, täglich perſönlich.
Alſo am letzten Samstag ſpielte ſich das Roſenfeſt ab — mit allen Konſequenzen. Pardon, das heißt, man mußte wieder einmal zugeſtehen, daß es ſo viele der Spielarten an Roſen gibt, als ihrer Frauennamen im Kalender ſtehen. Und weil denn alle dieſe dem lieben Gott ſehr aus Herz gewachſen ſind, wie ſie da vom Neujahrs - bis zum Silveſtertage ſämtlich heißen, ſo verſcheuchte er die dunklen Wolken von ſeinem ſchmunzelnden Angeſicht und hatte ein Einſehen. Wohin? Nun denn, in die fabelhaft ſchön erleuchteten Alleen, wo doch ſo reizende Roſen aller Züchtungen auf - und abwandelten, mit den Tautropfen (um 500 Kronen das Stück) im Ohrläppchen, jede einzelne hübſch eingehüllt in ihren Tüll -, Mouſſelin - oder Battiſtkelch, und ſich auf ihrem zartbeſtrumpften Doppelſtengelchen wiegend, in ſchüchterner Abwehr der Bienen, Weſpen und Hummeln, die ſie umbummeln. Und da wären wir denn unverſehens ſchon bei den Konſequenzen angelangt. So dir geſchenkt ein Knöſplein was, ſo begieße es fürſorglich ein wenig mit Walzermuſik und ſtell’ es in ein Champagnerglas und du wirſt ſehen, was es alles Schönes — — „ treibt “. Merkwürdig, wie’s doch bei all dieſen Sommerfeſten in der erſten ſchwachen Stunde ſo furchtbar ſittſam und zurückhälteriſch zugeht, wenn die duftenden Zentifolien noch ſo ausſchauen, als ob ſie nicht bis hundert zählen könnten, wenn ſich die Strohwitwer noch nicht recht an eine Surrogattin herantrauen und wenn das „ Mädchen aus der Ge - ſellſchaft “mit der fünfeckigſten Geberde der Welt aus ihrem momentanen Zeltleben heraustritt und dem ahnungsloſen Vorbeiziehenden mit der keuſchen Bitte im Wege lagert: „ Eine Roſe, bitte, junger Herr, eine Roſe; koſtet nur eine Krone! “..... Enttäuſcht wirft man der Flehenden einen umflorten Blick zu und denkt ſich im Stillen: Alſo auch du nicht ohne Dornen! Dann aber, wenn die Koriandoli die Luft verfinſtern und die Roſen alle Zucht vergeſſen und zu wilden werden, wenn ſie ſich im Sturme der Leidenſchaft mit Wonne entblättern laſſen und manches Röslein zerzauſt das gekräuſelte Köpfchen trotzig in die Höhe wirft, dann erſt werden ſie ihres kurzen Daſeins inne, vergeſſen mit eins das Stechen und verlegen ſich aufs Betäuben. — Tanz gab’s und Scherz, Walzertraum und ſchwüle Julinacht, weiße, höfliche Manſchetten und entzückende Prinzeßkleidchen mit Oberlicht, koſtbare Varietäten und Hundsroſen, Augen - duelle und Militärmuſik, gefüllte Kaſſen und leere Portemonnaies, gehobene Stimmung und ebenſolche Spitzenjupons, ſehnende Herzen und hie und da auch gähnende Mündchen. Der Jubel und die Fröhlichkeit dauerten bis zu jener Frühſtunde, da die daheimge - bliebenen Roſen ſchon langſam mit der Morgen -toilette begannen, während jene erſt vom Balle müde heimgeſchleift wurden, den bunten Schmetterlingsflitter von den Blättern ſchüttelten, ſich die ſo leicht ge - brochenen Dornen wieder zurecht richteten und ach, ſo dringend ein wenig des Auffriſchens bedurften. Man würde ſicherlich nach durchtanzter Nacht die Frauen nicht mit Roſen vergleichen, wenn man ſich nicht mit Walzerklängen im Ohre heimlich fragen müßte, wo denn eigentlich der Unterſchied ſtecke zwiſchen einer Marſchall Niel und einer „ Geſchiedenen Frau “, zwiſchen einer „ Luſtigen Witwe “und einer Pompadour?
Das Feſt wurde von unſerem rührigen Ver - ſchönerungsvereine unter der Leitung ſeines Präſes - ſtellvertreters des GR. La[ſ]chitz unter Mitwirkung von Damen aus der Geſellſchaft veranſtaltet. In den ſechs Zelten fungierten die Damen: Lina König, Vilma Haidner, Mathilde Hanft, Emma König, Hanſi Sukfüll, Mitzi Hanauſek, Guſti Prager, Joſefine und Valerie Schmidt. Paula Blau, Tilly Halpern, Cer - line Balten, Re[ſ]a v. Rothenburg, Laura Wally, Elſe Haßmann, Bertha Klein, Riſa Klein, Julie Scheck, Lena und Lotte Scheck, M. Watzenauer, Karoline Bähr, Emma Herlitſchka, Grete Porndo[r]fer, Mitzi Schwarz, Fanni Weber, Fritzi Weislein, Kohllieb Elſa Alten, Ottilie Alten, Amelie, Grete und Olga Braun. Um 10 Uhr nachts war Blumen-Prämien - verteilung, bei welcher auf folgende Beſitzer der Eintrittskarten Prämien entfielen: Nr. 3548, 400, 3514, 1054, 3802, 2501, 3737, 4451, 880, 4413, 1380, 2139, 1891, 1336, 1971.
Eine zarte, feine Schöne, die für Freude und Sonnen - ſchein geſchaffen ſchien, bleibt verlaſſen in Paris zurück, da alle Welt auf Reiſen geht: die Lingerie - toilette. Die Mode hat ihr große Verſprechungen gemacht und ſie hatte ſich denn auch recht kokett und allerliebſt für den Sommer herausgeputzt. Nun fragt niemand nach ihr. Gleichgültig ſtreift ſie ein Blick der Dame, die den Modeſalon beſucht, um noch ſchnell vor der Abreiſe einen warmen Mantel zu be - ſchaffen. Im letzten Sommer galt es, bei Fernfahrten im Automobil dem Staub Trotz zu bieten, und ſo ward der Tuſſormantel als geeignet befunden. Jetzt muß man unter warmen Hüllen Schutz vor Regen und kühler Temperatur ſuchen. Rauhaarige Stoffe aus ſchottiſchen und aus engliſchen Wollgeweben ſcheinen dem ſtärkſten Wetter ſtand - halten zu können und ihre matten bedeckten Farben - miſchungen beſitzen nichts von der Empfindlichkeit ſonſtiger Sommermodedinge. Die bekannte Nordfolk - form iſt für den Zuſchnitt erkoren. Mit ihren doppelt übereinander tretenden Vorderteilen gewährt ſie die Wärme, die der Julihimmel bis jetzt noch v[e]rſagt. Die Weite dieſer Faſſon bietet Bequemlichkeit genug, doch ein Gürtel faßt die Falten im Rücken zuſammen
Knabe ſo ſchwer, begriff nur langſam und die Lehrer zweifelten oft an ihm “. Lätitia rühmte ihre Söhne Joſef und Lucian und klagte viel über Maria Louiſe. Prokeſch nahm beim Abſchied den Eindruck einer braven, ſchwergekränkten, heldenmütigen Frau mit ſich. Am 22. Juli hatte er nochmals Audienz beim Papſte, den er als guten, aber kindiſchen und ſeine Zeit ver - tändelnden Mann vermerkt. Er verließ am 24. Juli Rom und[e]rfährt in Bologna am 1. Auguſt den Tod Reichſtadt’s.
Bei ſeiner Rückkehr am 11. Auguſt empfängt er aus der Hand Metternich’s, als ein Andenken an den Papſt, eine Doſe in Brillanten.
Am 30. Auguſt war das Begräbnis der Mutter von Fanny Elßler. Prokeſch trägt unter ſeinen Tagebuchnotizen unterm 17. September ein: „ Auch Fanny iſt gealtert “.
Auf Autoren-Honorare wirft die Tatſache ein Licht, daß Gerold Prokeſch für ſeine Reichſtadt - Broſchüre 10 Dukaten anbot, dieſer aber darüber ſo entrüſtet war, daß er das Manuſkript ſofort an Schneller ſandte.
Am 25. November 1832 fand im Hauſe des Hofrates Kieſewetter die Vermählung von deſſen Tochter Irene mit Prokeſch ſtatt. Als Beiſtände fun - gierten vier Oberſte: Graf Paar, Graf Schlick, Peter Zanini und Baron Schön.
Am 25. Dezember wurde im Hauſe des Hof - rates Kleyle der Weihnachtsbaum angezündet, bei welcher Gelegenheit Prokeſch den Luſtſpieldichter Bauernfeld kennen lernte.
Im Jahre 1833, vom Februar bis September, unternahm Prokeſch eine Reiſe nach Egypten, er brachte davon für die Menagerie von Schönbrunn Antilopen und einen Hermaphroditbock mit.
Am 16. September desſelben Jahres war Prokeſch bei der Zuſammenkunft des Kaiſer Franz mit KaiſerNikolaus in Münchengrätz zugegen. Er ſchildert Kaiſer Nikolaus als einen ſchönen Mann mit vieler mili - täriſcher Haltung, er dürfte nicht unterrichtet, aber kräftigeren Schlages als unſere Prinzen ſein. Dieſe Zuſammenkunft trägt dem Fürſten Metternich eine Doſe mit dem Porträt des Kaiſers im Werte von 26.000 Rubel und Prokeſch das Komthurkreuz des Annenordens in Brillanten ein.
Im Jahre 1834 macht Prokeſch mit dem bayri - ſchen Kronprinzen Max einen Ausflug nach Brünn. Er macht einen ſehr unterrichteten und anregenden Eindruck. Er klagt über feine und Otto’s (Königs von Griechenland) Erziehung, ſchildert letzteren durch Pfäfferei faſt verdummt. Während des rührenden Empfanges in Syra war er vor Skrupel totenblaß, ob ſeine letzte Beichte wohl giltig war. Einen komi - ſchen Eindruck macht auf Prokeſch der König von Bayern mit ſeinen gewaltſamen und heftigen Bewe - gungen, er faßt Prokeſch oft am Rocke, bis dieſer ihn zuletzt in einen Winkel manövriert, um ihn zur Ruhe zu zwingen. Deſſenungeachtet gewinnt er bei näherem Umgange.
Am 18. Oktober 1834 reiſt Prokeſch in den Orient, wo er bis 1849 blieb, dann den Geſandten - poſten in Berlin und Frankfurt verſah und Ende 1855 Internuntius in Konſtantinopel wurde. Er ſtarb am 26. Oktober 1876.
Nun noch ein paar Schlaglichter aus den Tage - büchern zur Illuſtration des geſellſchaftlichen und ſchöngeiſtigen Wien des Vormärz.
Man beſuchte viel das Theater, deſſen Reper - toire ein für den heutigen Geſchmack unſeres blaſierten Publikums kein paſſendes geweſen wäre, ſo verzeichnet Prokeſch unterm 20. Mai 1830: in Kotzebues „ Menſchenhaß und Reue “geweſen, was mich rührt. Am 1. November wurde Raupachs „ Schuld und Sühne “aufgeführt. Anläßlich einer Aufführung von„ Don Carlos “raiſonnierte Prokeſch ſummariſch: Schlechte Aufführung, Korn vergreift den Marquis Poſa, die Demoiſelle Gley (nachmalige Rettich) die Eboli und Demoiſelle Peche die Eliſabeth.
Dagegen ſcheinen die Opernvorſtellungen auf Prokeſch mehr Eindruck gemacht zu haben. Er hört in „ Othello “die berühmte Paſta und Rubini ſingen, rühmt unterm 21. Jänner 1831 von Roſſinis: „ Wilhelm Tell “„ ſchöne Muſik, treffliche Chöre “. Mit Paar und Irene Kieſewetter beſucht er im Joſef - ſtädter-Theater Bellinis liebliche Oper „ Die Kapuletts und Montagues “, in der Sabine Heinefetter, auch eine Geſangsheroine, den Romeo ſang.
Im Hauſe ſeines Schwiegervaters, des Hofrates Kieſewetter, wurde viel muſiziert, dort war auch Baron Schönſtein, ein damals berühmter Schubert - Sänger, ein gern geſehener Gaſt. Irene Kieſewetter, die nachmalige Gattin Prokeſchs, ſpielte vortrefflich Klavier und ſtudierte, wie eine Tagebucheintragung vom 15. Dezember 1830 entnehmen läßt, auch Generalbaß. Es wurde klaſſiſche Muſik gemacht: Beethoven, Jenger: Paſtoral-Symphonie, Mozart, ja, ſelbſt alte Muſik, Pſalmen von Marcello, wird auf - geführt. Auch im Hauſe der Geſchwiſter Fröhlich wird die Muſik kultiviert, u. zw. ſogar alte Muſik von Kaldara und Adolfini. Die Zuhörer ſind Maler, Dichter, Muſiker.
Im dritten Geſellſchaftskonzert wurde im Jahre 1831 Beethovens Paſtoral-Symphonie vortrefflich aufgeführt, dann ſang die Tochter der Schauſpielerin Löwe eine Arie aus Bellinis: „ La straniera “und Thalberg trug ein von ihm verfaßtes Klavierkonzert vor. Sowohl Lachner als Randhartinger haben Ge - dichte Prokeſchs in Muſik geſetzt. Ja ſelbſt Irene Kieſewetter komponierte ein Lied: „ Das Leiermädchen “, deſſen Text von Prokeſch herrührte. Wirft man noch einen Blick auf die von Prokeſch verzeichnete Lektüre,
und ſorgt ſo dafür, daß der ſackartige Eindruck vermieden wird. Lange enge Manſchetten halten die Stoffülle des loſen Aermels am Ellbogen zurück und ſchließen mit kleinen Stoffknöpfen. Schon wollten wir den Vorzug der großen Taſchen rühmend hervorheben, die unter den breiten Klappen verborgen, zu vermuten waren, da zeigte es ſich, daß dieſe lediglich Staffage bildeten. Ein ſolches oder ähnliches Modell als Reiſe - und Automobil-Mantel iſt das begehrte Garderobe[-]ſtück des unfreundlichen Hochſommers. Dem Luxus - bedürfnis kann durch weiche Ledermäntel von ſtumpfen Farben Rechnung getragen werden, und das kühle Wetter gibt den Vorwand, die kleidſamen dunklen Pelze als große Kragen mit Chalerevers auf die Mäntel zu ſetzen. Alles bewährte Waffen zum Schutz gegen die Unbilden der Witterung, ſonſt nur im Winter in Gebrauch. Die kleine Capote, die ſich im Frühjar vergebens bei der Mode einzuführen ſtrebte, als Automobil-Kopfbedeckung mag ſie will - kommen ſein. Knapp umrahmt der Capotehut das Köpfchen und ſein ſchmaler Rand ermöglicht es, den Schleier vor das Geſicht zu ziehen. Die leichten Tuſſorgewebe kommen in dieſem Sommer dafür kaum mehr in Betracht, die derberen Strohſtoffe und Phan - taſieborden liefern feſteres Material und laſſen mehr Freiheit der Nuance. Daß dieſe Hüte von bedeckten Farben ſind, iſt ſelbſtverſtändlich. Außer beige, khaki, taupe kommt höchſtens noch mattviolett zur Wahl. Große Roſetten an den beiden Seiten, durch Band über der Front verbunden, dienen als Zierrat. Von den Farben der Hüte ſind auch die breiten Chiffon - bindebänder, die um den Hals geſchlungen werden und gleichzeitig auch als Schleier dienen können. Iſt der Automobilmantel aus Leder, ſo wird auch die Capote aus dieſem Material hergeſtellt und durch Gazewindung mit Bindebändern freundlich ausgeputzt. Wildlederhandſchuhe in braun oder grau, von denen manche mit Stulpen verſehen ſind, gehören zur Ver - vollſtändigung des Auto-Anzuges.
auf dem Joſefs - platz hatte man vergangenen Sonntag das merkwür - dige Schauſpiel einer Bewachung der Paſſagiere durch Gendarmerie. Zwei Gendarmen wurden mit der Auf - rechterhaltung der Ordnung betraut und hatten alle Mühe, das wie wild ſich geberdende Publikum in die Schranken zu weiſen, um einerſeits Unglücksfälle zu verhüten, andererſeits Ruhe und Ordnung zu ſchaffen. So ſehr dieſe neue vernünftige Einrichtung mit wahrhafter Freude begrüßt werden muß, weil ſie einem entſchieden ſeit langem unerträglichen Uebel abhilft, iſt es doch ein trauriger Beweis dafür, daß man zur Gewalt der Gendarmen ſchreiten muß, um die Ausflügler und anderen Benützer der elektriſchen Bahn Sitte, Anſtand und Benehmen zu lehren. Auch diesmal ging es nicht ganz ohne Wortwechſel und
ſo muß man zur Erkenntnis kommen, daß man es hier mit einem Manne von feinſtem literariſchem Geſchmack zu tun hat. Ich will nur einiges anführen, was Prokeſch mit Irene Kieſewetter las u. a.: „ Mattiſon und Salis “, Schulzes „ Bezauberte Roſe “, „ Petrarca “, Johannes Müllers „ 24 Bücher der Ge - ſchichte “, Göthes „ Werther “, Börne (mit dem Zu - ſatze: lachen viel darüber), Grillparzers „ Sappho “, die Irene ſehr ergreift, Werners „ 24. Februar “, „ Ahnfrau “, „ Das Leben ein Traum “ꝛc.
Bei Paar las Prokeſch einſt Szenen aus „ Don Carlos “und am 9. Jänner 1831 mehrere Stellen aus „ Benjamin Conſtant “. Wenn auch Prokeſch nicht angibt, aus welchen Werken Conſtants geleſen wurde, iſt es nicht unwahrſcheinlich, daß es aus dem erſt zu Ende der zwanziger Jahre erſchienenen Romane „ Adolfo “war, der auf Grillparzer einen ſo großen Eindruck machte, daß er unterm 11. März 1829 in ſein Tagebuch eintrug: „ Mit einem Einblick in das menſchliche Herz geſchrieben, das denjenigen ſchaudern macht, der ſich in einer ähnlichen Lage befunden hat oder befindet. “
Ueber H. Heines Reiſebilder urteilt Prokeſch: „ Ein Buch voll Geſchmackloſigkeiten und Geiſt, voll Wahrheit und Lüge, voll Teufel und Engel “.
Dagegen ſchwärmt er ſehr für Peter Hebels: „ Allemanniſche Gedichte “.
Von Baron Zedlitz’ Drama „ Taſſos Tod “ver - merkt er: „ Nicht genial, aber doch ſehr wertvoll “.
Dieſe Tagebücher bieten eine ebenſo intereſſante als anregende Lektüre, dieſelben enthalten Eintragungen von allgemeinem Intereſſe und werden von einem einſtmaligen Schilderer des Vormärz nicht unberück - ſichtigt gelaſſen werden können. Die Firma Reißer hat durch deren Verlag einen Beweis öſterreichiſchen Patriotismus geliefert.
lautes Geſchrei ab, denn es iſt ein etwas ſehr ge - miſchtes Publikum, das da Sonntag abends aus allen Weltgegenden auf dem Joſefplatz zuſammenſtrömt und in geradezu ſinnloſer Wildheit und aller Be - ſonnenheit ſpottend auf die fahrenden Waggons auf - ſpringt, wie eine Horde betrunkener Indi - aner, den Nächſten neben ſich nicht achtend, über die Wagentreppen hinaufdrängt, dabei gröhlt und ſchreit, ſo daß man verſucht wäre, an unſere heutige Stufe der Ziviliſation zu vergeſſen. Erſt ein in dem allgemeinen Gewühl von den unbarmherzigen Rädern eines Waggons überfahrenes Kind oder zwei, drei Beinbrüche dürften dieſem Publikum jene Ruhe wieder geben, die herzuſtellen endlich zwei aufgepflanzte Bajonette berufen wurden. Daß dabei die vielen gar nicht mitfahrenden Begleitperſonen den ohnehin ſehr beſchränkten Raum den Paſſagieren wegnehmen, ver - ſchärft die Situation natürlich noch mehr. Wenn ſich aber die Leute daran gewöhnen würden, ein wenig auf den eigenen Trotz zu verzichten und nicht eigen - ſinnig ſich auf einen wegfahrenden Train zu kapri - zieren und wenn ſie endlich zu der ſo billigen Ein - ſicht kommen wollten, daß das Seelenheil nicht im geringſten gefährdet iſt, wenn man ſtatt um 9 Uhr 20, um 9 Uhr 40 fährt, aber auch erſt dann wird man auf die jetzt ſo wohltätige Mithilfe der Gendarmerie verzichten dürfen.
Mehr und mehr ſehen wir den Pferdebetrieb durch den elektriſchen und den Automobilbetrieb abgelöſt. Der Motorwagen verdrängt den Pferdewagen. Darum klagten ja auch die Lohnkutſchenbeſitzer, als das Poſt - automobil für die Fahrten von Baden nach Heiligen - kreuz, Alland I und II, Klauſen-Leopoldsdorf einge - führt wurde, daß es nun mit der Ausnützung ihrer Pferde und Lohnwagen aus ſei. Auf dieſer Linie iſt aber in Wirklichkeit das Gegenteil eingetreten. Wohl wurden die täglich verkehrenden Poſtautomobile zur wirkſamen Reklame und machten das Publikum durch die Aufſchriftstafeln auf die Endſtationen aufmerkſam, ſtieg von Woche zu Woche die Zahl derer, die nun raſch von Baden nach Alland und Klauſen-Leopoldsdorf wollten. Aber dank der Unzulänglichkeit und dem ewigen Siechtum der Autos kam es nicht zu der ge - fürchteten Kaltſtellung des privaten Lohnfuhrwerkes, ſondern im Gegenteil zu einer ungeahnten Inanſpruch - nahme desſelben. Vorläufig iſt das Pferd in dem Wettkampfe Sieger geblieben, ge - radezu der Retter in der Fahrnot geweſen. Das zeigte wieder recht lebhaft der verfloſſene Sonn - tag. Das große Automobil machte Samstag nach mehrtägigem Unwohlſein ſeine erſte Verſuchausfahrt und blieb bei der Krainerhütte ſtecken. Ein am Sonn - tage wiederholter Verſuch ſchloß mit Aufgabe der Fahrt bei der Cholerakapelle ab. Der Wagen kam zwar Sonntag nochmals zum Fahren, vermochte aber nicht, auch den Anhängewagen mitzunehmen. So ſtanden für den Vormittagsverkehr am Sonntag, der infolge des prächtigen Wetters ein zahlreiches Pub - likum auf die Wagen warten ſah, nur die unzuläng - lichen drei kleinen Wagen zur Verfügung, die auch in gewohnter Heringsfüllung abgingen. Für die Menge der Rückgebliebenen mußten die Wagen von Klimek aus Alland einſpringen, die aber auch nicht alle aufnehmen konnten. Abends wiederholte ſich in Alland die ſtarke Nachfrage. Da ſich aber das Gros nicht auf das zweifelhafte Eintreffen des großen Autowagens verlaſſen wollte, ſahen ſie ſich ſchon in den frühen Nachmittagsſtunden um die Privatomni - buſſe um und beförderten die Wagenbeſitzer Höfling und Klimek eine ſtattliche Zahl von Reiſenden, Klimek allein 34, ſo daß die Autos ganz mäßig beſetzt die Fahrt machten. Dasſelbe fand an dieſem Tage in Klauſen-Leopoldsdorf ſtatt. Bei der Ankunft des voll - beſetzten Autos erkundigten ſich die wartenden Gäſte bezüglich der Rückfahrt am Nachmittage. Da es nun zuerſt hieß, daß die angekommenen Paſſagiere das Vorrecht hätten, dann wieder, daß man auf die nach Baden Fahrenden Rückſicht nehmen müſſe, die nach Alland zu Fuß gehen können, zogen es die meiſten vor, ſich der Privatwägen zu verſichern und wurden von den Wagenbeſitzern Gramm, Weingartgshoffer und Zinner über 30 Paſſagiere befördert, während das Auto nur teilweiſe beſetzt blieb. So erbringt jeder ſchöne Tag einerſeits den Beweis, wie groß die Zahl der zu Befördernden iſt, von Woche zu Woche ſteigt und bei geordneten Verhältniſſen ſich noch weiter ſteigern könnte, andererſeits, wie unzu - länglich die für ſo ausgiebige Inan - ſpruchnahme zur Verfügung ſtehenden Autobetriebsmittel ſind. Noch iſt das erſte Jahr des Automobilbetriebes nicht abgelaufen undſchon kann man ernſt behaupten: 1. daß die zur Verfügung ſtehenden Autowagen ſich nicht bewährt haben, dem Verkehre nicht gewachſen ſind und durch ihre ewige Reparaturnot in den Poſtbetrieb eine ſehr unerfreuliche Unordnung bringen; 2. daß die Wagen - type in ihrer ganzen Einrichtung abſolut nicht ent - ſpricht. Unterhalb der Sitzplätze iſt aller Raum faſt ganz von den verſchiedentlichen Utenſilien der Chauf - feure in Anſpruch genommen. Die zur Aufnahme leichten Gepäcks beſtimmten Hängevorrichtungen haben die angenehme Eigenſchaft, ihren Inhalt dem Beſitzer oder einem anderen immer wieder auf den Kopf oder in den Schooß zurückzuwerfen. So müſſen die Fah - renden, die doch außer Stock oder Schirm etwas in der Hand zu tragen haben, bei der ohnehin engen Beſchränkung des Innenraumes auch noch das Hand - gepäck neben oder auf ſich nehmen und kann man ſich denken, wie lieblich eine ſolche Fahrt an einem heißen Tage, in einem Wagen, der mit 12 Sitzenden und 5 Stehenden beſetzt iſt, ſein kann. Polizeilich wird man wohl erſt eingreifen, bis ein ſchwerer Ohnmachtsanfall auf die Enge des Raumes und das Unziemliche der Stehplätze aufmerkſam gemacht haben wird. Wie nett jemand ausſieht, der in Beſuchtoilette ſtatt in weniger empfindlichem Touriſtenkleide zur Stadt zu fahren hat, das kann man ja jeden Tag beim Ausſteigen der Fahrgäſte in der Endſtation ſehen; 3. daß ſeitens der Poſtverwaltung durch die ganz unpraktiſche Fahrordnung, die z. B. keinen Anſchluß an die Poſtfahrt Preßbaum — Klauſen - Leopoldsdorf kennt, für die Fahrt der Klauſener nach Baden ganz unbrauchbar iſt und die zu geringe Zahl und ſchlechte Beſchaffenheit der Wagen der erſichtlich dringliche Bedarf nicht zur geſchäftsmäßigen Aus - nützung kommen konnte, ein Vorwurf, gegen den ſich die Verwaltung einmal zu ver - teidigen haben wird, wenn die Gemeinden zur Deckung des Defizits werden heran - gezogen werden.
Heute Mittwoch wird die „ Geſchiedene Frau “, Donnerstag „ Die luſtige Witwe “, Freitag „ Dollar - prinzeſſin “(Debut des Frl. Käthe Schreiber), Samstag „ Der fidele Bauer “zur Aufführung gebracht.
Heute Mittwoch abends findet das einmalige hochintereſſante Gaſtſpiel der Mitglieder vom Wiener Kabarett „ Die Hölle “(Mela Mars, Rudolf Oeſterreicher, Viktor Norbert u. a., Bela Laszky) im Etabliſſement Sacher im Helenen - thal ſtatt. Wie vorauszuſehen, war der Kartenvor - verkauf ein derartig ſtarker, daß der Saal heute bereits ausverkauft iſt. Die noch in geringer Anzahl vorhandenen Karten ſind im Vorverkauf in Karl Zweymüller’s Buch - und Muſikalienhandlung, Haupt - platz 3 (Telephon 258), ſowie beim Portier des Eta - bliſſements Sacher und eventuell noch übrige an der Abendkaſſa erhältlich.
der unter den Badegäſten einiges Aufſehen erregte, wird uns von einem Augenzeugen gemeldet. Um etwa 4 Uhr nachmittags geriet einer der Bade - gäſte in der Schwimmabteilung in die Gefahr des Ertrinkens und nur dem raſchen Eingreifen des Schwimmeiſters Herrn Mild, der den Vorfall be - merkte, war es zu danken, daß der Ertrinkende, nicht ohne Gefahr, in Sicherheit gebracht werden konnte. Das Publikum äußerte ſich in anerkennenden Worten über die raſche Aktion des wackeren Schwimmeiſters.
Die ſchon mehrmals angekün - digte Entwäſſerung des Wiener-Neuſtädter Kanales, die aber immer wieder aufgeſchoben wurde, ſoll nun, wie aus einer ſeitens der auſtro-belgiſchen Eiſenbahn - geſellſchaft verausgabten Kurrende an die Intereſſenten verlautet, doch eintreten, und zwar iſt hiefür der 9. Auguſt beſtimmt. Die Entwäſſerung ſoll ſich auf die Zeit von 2½ Monaten erſtrecken. Bekanntlich ſollen während dieſer Zeit auf der Strecke zwiſchen Neuſtadt und Wien mehrere ſchadhaft gewordene Brückenüberſetzungen ausgewechſelt und der Kanal ſelbſt einer gründlichen Reinigung unterzogen werden.
Sonntag mittags erlitt Frau Ludmilla Kriegler in der Wilhelmſtraße einen Schlaganfall und mußte durch die Rettungs - abteilung in das Rath’ſche Spital trausportiert werden.
Der bei einem Mödlinger Fabrikanten bedienſtete Chauffeur Johann Püffel führte am 16. d. M. mit ſeinem Automobil B 302 auf der Reichsſtraße bei Möllersdorf den Radfahrer Joſef Brenner aus Möllersdorf nieder und wollte ſich nach dieſer Helden -5Nr. 58 Mittwoch Badener Zeitung 21. Juli 1909tat aus dem Staube machen. Die Paſſanten der Reichsſtraße ſchlugen jedoch Lärm, zwangen den Chauffeur zum Anhalten und überdies mußte er ſich noch bequemen, den ſchwerverletzten Radfahrer in ſein Automobil zu nehmen und ihn nach Mödling ins Spital zu führen. Gegen Püffel wurde die Anzeige erſtattet.
Das in der Eliſabethſtraße bedienſtete Dienſtmädchen Božena Schmied zog ſich Sonntag nachmittags beim Hantieren mit einer Spirituslampe durch eigene Un - vorſichtigkeit im Geſichte und an den Händen ſo ſtarke Brandwunden zu, daß ſie durch die Rettungsabteilung in das Rath’ſche Spital transportiert werden mußte.
Von zwei Herren wurde Sonntag im Vöslauer Bade ein größeres Depot, zirka 5000 K wert, zum Aufbewahren über - geben, und zwar mit den bisher geübten Regeln der Vorſicht. Wie unangenehm überraſcht waren aber die eigentlichen Beſitzer, die Fabrikanten Hugo Hochner und Arthur Löbl, als ſie ihr Depot nicht mehr ausgefolgt erhalten konnten, da es ſchon kurz vorher behoben worden war. Ein abgefeimter Dieb hatte den ganzen Vorgang ſcharf beobachtet, ſtahl den Herren die ausgefolgte Marke aus der Kabine und behob mit Hilfe derſelben und unter Angabe des Loſungs - wortes den Betrag ſamt goldener Herren-Remontoir - uhr und Kette. Für den Diener, der hunderte von Gegenſtänden übernimmt, iſt es nicht möglich, ſich die einzelnen Perſonen ſo genau zu merken, deshalb wäre es vielleicht empfehlenswert, derartige größere Depots mit Photographie zu verſehen oder auf eine andere Art weiter ſicherzuſtellen.
Dienstag, um 2 Uhr früh, geriet in Pfaffſtätten eine dem Wirtſchaftsbeſitzer Georg Aigner gehörige Scheuer in Brand und wurde ſamt ihrem Inhalte ein Raub der Flammen. Da das Brandobjekt in der Nähe der Rennſtallungen des Trabrennplatzes gelegen iſt, war für dieſe große Gefahr vorhanden, doch herrſchte glücklicherweiſe völlige Windſtille, ſo daß der Brand auf das Objekt beſchränkt blieb. Auf dem Brandplatze erſchienen die Feuerwehren von Baden I, Pfaffſtätten, Baden II, Tribuswinkel, Weikersdorf, die Traiskirchner Orts - und Fabriksfeuerwehr von Miskolczy & Co. Die Entſtehungsurſache des Brandes iſt unbekannt.
Dem Geſchäftsleiter Alois Werner wurde Montag abends in der Jo - hannesgaſſe vor dem Gaſthauſe Ott ein Fahrrad im Werte von 120 K von einem unbekannten Täter geſtohlen.
Der im Schloſſe Braiten bei Herrn Baron Bach bedienſtete Gärtner Anton Me - licharek wurde vor einigen Tagen auf der Straße zwiſchen Oeynhauſen und Günſelsdorf von unbe - kannten Tätern überfallen und ſchwer verletzt. Paſſanten, die ihn auffanden, veranlaßten ſeinen Transport in das hieſige Krankenhaus.
zog ſich am 14. d. M. der Schuhmachersſohn Fer - dinand Nehyba aus Gumpoldskirchen eine ſchwere Verletzung zu und mußte der Verunglückte in das Rath’ſche Spital transportiert werden.
Montag abends wurde auf dem Joſefsplatze der 14jährige Sohn des hier zur Sommerfriſche weilenden Buchdruckereibe - ſitzers Beck, Robert Beck, von einem Poſtautomobil niedergeſtoßen und leicht verletzt. Das Publikum und auch die anweſende Mutter des Kindes nahm gegen den Lenker des Automobils, den Chauffeur J. Fried, Stellung, doch verſichern einige Zeugen, daß den Chauffeur kein Verſchulden treffe, da er nicht nur im kritiſchen Momente langſam fuhr, ſondern auch Signale abgab, die von beiden eben nicht be - achtet wurden. Der Vorfall, der ein gerichtliches Nachſpiel haben dürfte, rief eine große Menſchen - menge zuſammen. — Während des ſonntägigen Rennens ſtieß auf dem Wagenſtandplatz des Renn - platzes ein Automobil mit einem Einſpänner zu - ſammen, wobei deſſen Vorderräder zertrümmert wurden. Da der Lenker des Autos den Betroffenen ſofort entſchädigte, wurde keinerlei Anzeige erſtattet. — Montag abends ſtieß der Lenker des Automobils A 194 in der Autonsgaſſe ein Kind nieder, welcher Vorfall zur Anzeige gebracht wurde.
Bei prächtigem Wetter und reger Beteiligung wurde letzten Sonntag wieder fleißig geſchoſſen und erhielten Herr Köck das erſte, Direktor Dr. Sorgo daszweite und K. Schmeidel das dritte Beſt. Abge - geben wurden 540 Schüſſe. Als neues Mitglied iſt Lehrerin Frl. Auguſte Urban beigetreten. Die Bilanz pro 1908 ergab: 1. Herr J. Kreuzinger 1170 Schüſſe (10225 Kreiſe), 8·739% der Kreiſe; 2. Herr L. Köck 728 Schüſſe (17572 Kreiſe), 8·147% der Kreiſe; 3. F. Hartleben 819 Schüſſe (6694 Kreiſe), 8·144% der Kreiſe; 4. K. Schmeidel 1239 Schüſſe (9423 Kreiſe), 7·605% der Kreiſe; 5. Direktor Dr. Sorgo 408 Schüſſe (2870 Kreiſe), 7·034% der Kreiſe. Außerhalb der Schützenhalle hatten ſich zahlreiche Gäſte eingefunden, darunter auch einige Freunde des Schachſpieles, die hier unter freiem Himmel mehrere Partien abſolvierten. Sehr wünſchenswert wäre eine Herrichtung des vom Orte heraufführenden Weges, der beſonders nach ſtarkem Regenwetter recht unpaſſabel iſt. Dieſer prächtigſte Spaziergang zur Schießſtätte mit einladenden Wald - wieſen und ſchönen Waldwegen verdiente nicht etwa lediglich wegen der Schützen, ſondern für die Sommer - gäſte entſprechende Berückſichtigung. Vielleicht unter - nimmt es der Allander Verſchönerungs - verein, der alle die Waldwege mit gut angebrachten Sitzbänken bedacht hat und heuer wieder an ver - ſchiedenen ſchönen Stellen neue aufgeſtellt hat, im Zuſammenwirken mit den maßgebenden Behörden die Herſtellung dieſes Weges durchzuführen.
Durch die beiden neuen Schulen am Griesfeld iſt dem hier erſtehenden neuen Stadtteil „ Neu-Berndorf “der ſtädtiſche Stempel aufgedrückt. Die innere Ausſchmückung der Schulen wird nach Fertigſtellung eine Sehenswürdigkeit bilden. Architektoniſche Verzierungen und Relieffiguren, welche auf das Handwerk und die Künſte der verſchiedenen Völker lehrreich hinweiſen, wechſeln in jedem Klaſſen - zimmer ab. Herrenhausmitglied Arthur Krupp trägt die nicht unbedeutenden Koſten für dieſe ſpeziell beor - derten Künſtlerarbeiten. Unterhalb der Beamtenkolonie wir[d]gegenwärtig das Haus für den Schulzahnarzt fertiggeſtelt; alſo auch einen Zahnarzt bekommen die Berndorfer Schulkinder. — Wie aus verläßlicher Quelle verlautet, ſoll noch im Laufe des heurigen Jahres der Bau von 35 neuen Häuſern in Angriff genommen werden, die alle am Griesfeld zu ſtehen kommen. Auch am Fuße des Griesfeldes, zu beiden Seiten der Hernſteinerſtraße, wird fleißig gebaut. Das gegen Steinhof ſich ausdehnende, auf ſeiner Weſtſeite von Nadelwäldern begränzte Griesfeld hat eine überaus ſchöne Lage und iſt zur Entwicklung eines neuen Stadtteiles ſehr geeignet.
Während der diesjährigen Hauptverſammlung der Ortsgruppe des Deutſchen Schulvereines Brunn - Enzersdorf wurden nachſtehende Herren in die Leitung gewählt: Bürgermeiſter Adolf Hruza (Obmann), Sturm (Obmannſtellvertreter), Winkelmann (Zahl - meiſter), Dworſchak (Zahlmeiſterſtellvertreter), Schiffner und Rainer (Schriftführer).
Im Raufhandel verſetzte der Weingärtner Almann dem Weingärtner M. Glie - derer mit einer Weingärtnerhaue ſieben ſchwere Wunden bei. Der Verletzte wurde nach Mödling ins Krankenhaus geführt.
In Gegenwart des fürſtl. Liechtenſteinſchen Oberver - walters von Ruber, des Mödlinger Bezirksober - kommiſſärs Dr. Hedbavny, Bezirksrichter Dr. Triebenbacher, der Bürgermeiſter von Maria - Enzersdorf und Brunn fand die von uns angemel - dete Einweihung der reſtaurierten Wallfahrtskirche durch den Wiener Weihbiſchoff Dr. G. Marſchall unter großem Gepränge ſtatt, wobei im Spalier die herzige „ Enzersdorfer Landwehr “, putzige Knaben des hieſigen Kindergartens, in militäriſcher Adjuſtierung beſonders angenehm auffielen. Seit dieſer Reſtau - ration hat die weithin bekannte Wallfahrtskirche einen Faſſungsraum für 2000 Perſonen.
Geſtern fand die Trauung des Frl. Leopoldine Olbrecht mit Herrn Johann Goldſchmidt, einem Sohne des hieſigen Gaſt - hofbeſitzers und Gemeindebeirates gleichen Namens, ſtatt.
Das Ergebnis der heurigen Reifeprüfung an unſerem Realobergymnaſium unter dem Vorſitze des Landesſchulinſpektors Dr. Vrba war ein ſehr befriedigendes. Alle Kandidaten erhielten ein Zeugnis der Reife, darunter die Abiturienten Belai, Gerſtendörfer, Sarauer (Sohn des Vizebürgermeiſters) und Thauſing mit Auszeichnung.
In der laufenden Woche gibt es in Mödling drei Veran - ſtaltungen, die alle Beachtung verdienen: Morgen Donnerſtag einen „ Ronacherabend “im Mödlinger Sommertheater zugunſten unſeres tüchtigen Regiſſeurs Wilhelm Janſen mit ausgezeichneten Gäſten, Freitagin den ſchönen Räumen des Brunner-Brauereihof - hotels ein Gaſtſpiel der Mitglieder des Wiener Kabaretts „ Hölle “und Samstag die Erſtaufführung des Volksſchauſpieles „ Am Scheideweg “von Robert Krenn in Gegenwart des hier als Sommergaſt weilenden Autors. H. H.
Der bei Herrn F. Baltſch in Mödling bedienſtete Diener Joſef Anderl zog ſich vorige Woche durch Sturz einen Schlüſſelbeinbruch zu und wurde ins Mödlinger Krankenhaus expediert. Der Arbeiter der Röhrenkeſſelfabrik vorm. Dürr, Gehre & Co., K. Vögel wurde von einem nieder - fallenden Rohr derart getroffen, daß ihm das Schlüſſel - bein gebrochen wurde. Auch er wurde ins Mödlinger Krankenhaus transportiert.
Der Hilfsarbeiter Anton Sorger erhielt am 17. d. M. in der Mödlinger Zahlſtelle der Allg. Krankenunterſtützungskaſſa K 6·40 Krankengeld ausbezahlt. Zwei Stunden ſpäter kam er wieder und verlangte von dem Leiter Ferdinand Buchberger für weitere Zwei Tage Krankengeld. Da ihm dies nicht zukam, wurde ihm natürlich die Zahlung verweigert, worauf er in den Schalter griff und die Geldſchüſſel rauben wollte. Buchberger drängte ihn zurück, worauf Sorger flüchten wollte. Buch - berger hielt ihn zurück und nun fing Sorger mit ihm zu ringen an. Der Schloſſergehilfe Mareſch kam auf den Lärm hinzu und befreite Buchberger aus ſeiner kritiſchen Lage. Sorger wurde der Polizei übergeben.
Letzten Donnerstag vollzog ſich im Schützenheim der Veitsauer Schützen - geſellſchaft die von ihrem verdienſtvollen Schützen - meiſter Herrn Ruhnau angeregte und in Szene geſetzte Symbolfeier, welche, von Schützen und gela - denen Gäſten zahlreich beſucht, einen recht gemütlichen Verlauf nahm. Als Symbole wurden Büchſe, Ruck - ſack und Krügel gewählt. In einer vom Schützengeiſt durchdrungenen kernigen Anſprache verwies Herr Ruhnau auf dieſe wichtigen Schützenutenſilien. Fräulein Lilli Ruoff, das reizende Töchterlein des hier auf Sommerfriſche weilenden Buchhalters der Berndorfer Fabriksniederlage in Wien, machte als Ehrenjungfrau den erſten Schluck aus dem mit köſt - lichem Naß gefüllten Schützenhumpen, wobei es fol - genden Trinkſpruch ausbrachte: „ Hoch Büchſe, Ruck - ſack, Krügel, du dreieiniges Symbol, ich trinke dir zu Ehren und auf der Schützen Wohl “. Um das Arrangement des Abends machte ſich außer dem Schützenmeiſter auch ſein Stellvertreter, Herr Förſter Peller ſehr verdient. Der Meiſterſchütze an dieſem Abend war Herr Steen aus Dänemark, der ſich vorübergehend geſchäftlich in Berndorf aufhält; er erreichte zwei einander übertreffende Zentrumsſchüſſe und erhielt die Tiefſchußprämie ausgefolgt. Nachdem auch für das leibliche Wohl der Schützen ſeitens des Wirtes Herrn Prendinger in der gewohnten ausge - zeichneten Weiſe geſorgt war und weiters das flotte Schützenterzett Gelegenheit zum Tanze gab, ſo ward allen Wünſchen Rechnung getragen. Der fidele Abend wird allen Teilnehmern wieder in angenehmer Er - innerung bleiben.
Freitag, den 16. d. M., fand in Hinſicht auf die krankheitshalber erfolgte Abſage des Herrn Harden ſtatt der Operette „ Die Sprudelfee “eine Repriſe der „ Fledermaus “ſtatt und Samstag, den 17. d. M., gelangte bei beinahe ausverkauftem Hauſe „ Der fidele Bauer “zur Wiederholung.
Die Partie des Vinzenz war aus oberwähntem Grunde umbeſetzt worden und ſang daher Herr Jirka6Mittwoch Badener Zeitung 21. Juli 1909 Nr. 58den Anführer der Oberwanger Bauernburſchen. Herr Jirka zeigte ſich als geradezu prädeſtiniert für dieſe Rolle. Abgeſehen von den ſtimmlichen Vorzügen, die er ſeiner Aufgabe reichlich zuwenden kann, beſitzt er den Humor und die Schneidigkeit, welche der kernigen Bauerngeſtalt des Vinzenz ſo wohl anſtehen, er paßt in das Milien wie ſobald kein zweiter. Jedenfalls wäre es angebracht und der Direktion beſonders zu empfehlen, Herrn Jirka auch fernerhin im Beſitze dieſer Rolle zu laſſen, was zugleich eine wahrſchein - lich willkommene Entlaſtung des Herrn Harden bedeuten würde.
Sonntag, den 18. d. M., kam nachmittags „ Der fidele Bauer “zur 12. Aufführung, abends ging vollſtändig neuinſzeniert die ſchöne Suppé’ſche Operette „ Boccaccio “über die Bretter.
Dem Liebhaber älterer, noch aus der Blütezeit der Operette ſtammender Werke, dem Freunde präch - tiger Chöre und formvollendet aufgebauter Enſemble ſätze oder dem ſich an der farbenfriſchen, ewig jung bleibenden Melodik eines der drei Großen aus der Operettenwelt Millöcker — Strauß — Suppé gerne Er - labenden, wurde damit ein Genuß geboten, der ſchon ob ſeiner Seltenheit der vollen Würdigung ſeitens des muſikfreudigen Publikums nicht entging. Zeigt ſich zudem das muſikaliſche Bühnenwerk durchwegs ſo tüchtig ſtudiert, wie dies diesmal der Fall, ver - künden die präzis und klangſchön gebrachten Chöre ein erkleckliches Maß an Sorgfalt, welches die Sänger und ihr umſichtiger Dirigent der Sache angedeihen ließen und arbeiten die Soliſten ſo ſanges[f]reudig und ſpieleifrig am ſchönen Gelingen des Ganzen wie diesmal, dann geſellt ſich im Publikum zu den Ge - fühlen der Freude und Anerkennung noch das der Dankbarkeit. Jeder Nummer folgte ſtürmiſcher Beifall und zahlreiche jubelnde Hervorrufe nach den Akt - ſchlüſſen dokumentierte das Intereſſe, das man all - ſeitig an der Einfügung der Suppé’ſchen Operette ins Repertoire nahm.
Im Mittelpunkte der gelungenen Aufführung ſtand Fräulein Fiſcher’s Boccaccio. Bildſchön aus - ſehend, ſtellte die Künſtlerin ihren bekannten Sanges - kräften Züge eines gewinnenden Temperamentes zur Seite, den Geſamteindruck ihrer Leiſtung zu einem ungemein ſympathiſchen erhebend. Ihr reihte ſich als Partnerin Frau Herma würdig an, welche, die Fiametta zum erſtenmale ſingend, glänzende Beweiſe ihres Stimmaterials und ihrer reizenden Koloratur gab. Fräulein Wally (Iſabella) fand ſich mit ihrem Couplet recht gut ab, als Beatrice bewährte ſich ein Fräulein Anna Bleier, eine hübſche Bühnener - ſcheinung, in jeder Richtung hin ſehr brav und die Peronella erhielt in Fräulein Haßmann eine Dar - ſtellerin von dezenter Komik.
Von den Herren ſind ſelbſtverſtändlich die drei ehrſamen Bürger: Lotteringhi (Direktor Schütz), welcher ſein Faßbinderlied mit ſiegreicher Kraft hinaus - ſchmetterte, Lambertuccio (Schwab), deſſen „ Wie Gott will “nicht endenwollende Beifallsſtürme ent - feſſelte, und Scalza (Klitſch) zu nennen, weiters Herr Eichinger als Prinz von Palermo.
Herrn Heim (Leonetto) können wir nur aber - mals und dringend eine ſorgfältigere Behandlung der Proſa empfehlen. Als ſehr verwendbar erwies ſich Herr Walter in der kleinen Partie des Kolporteurs.
Sowohl die Nachmittags - wie die Abendvor - ſtellung waren ausnehmend gut beſucht.
Am 18. d. M. wurde die Ver - handlung gegen den Hilfsarbeiter Friedrich Neu - müller aus Baden wegen angeblicher Schändung zu Ende geführt. Neumüller war angeklagt, an zwei ſchulpflichtigen Mädchen im Kinematographentheater in Baden während der Vorſtellung das Verbrechen der Schändung begangen zu haben. Der von Dr. Kenner verteidigte Angeklagte wurde freige - ſprochen, weil der Gerichtshof nicht die Ueber - zeugung gewinnen konnte, daß der Angeklagte, der ein Kinderfreund iſt und eines der Mädchen auf ſeinen Schoß genommen hatte, ſich dieſes Verbrechens ſchuldig gemacht habe, zumal derſelbe bisher unbe - ſcholten iſt und auch die Hauptzeugen ſehr entlaſtend für ihn ausſagten.
Druck und[Verlag]der B[u]chdruckerei Johann Wladarz, vormals H. Haaſe, in Baden. — Verantwortlicher Schriftleiter Rudolf Bauer.
Benjamin FiechterSusanne HaafNote: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).2018-01-26T13:38:42Z grepect GmbHNote: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T13:38:42Z Amelie MeisterNote: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T13:38:42Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe
Fraktur
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