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Badener Zeitung (vormals Badener Bezirks-Blatt).

Abonnement Baden: Zum Abholen vierteljährig K 2·50, halbjährig K , ganzjährig K 10· . Mit Zuſtellung ins Haus Baden: Vierteljährig K , halbjährig K , ganzjährig K 12· . Oeſterreich-Ungarn: Mit Zuſendung vierteljährig K 3·30, halbjährig K 6·50, ganzjährig K 13· . Einzelne Mittwoch-Nummer 12 h., Samstag - Nummer 16 h. Inſerate werden per 80 mm breite Petitzeile mit 16 h für die erſte, und mit 14 h für fünf nacheinander folgende Einſchaltungen berechnet, größere Aufträge nach Uebereinkommen und können auch durch die beſtehenden Annonzen-Bureaux an die Adminiſtration gerichtet werden. Intereſſante Mitteilungen, Notizen und Korreſpondenzen werden nach Uebereinkunft honoriert. Manuſkripte werden nicht zurückgeſtellt. Redaktion und Adminiſtration: Baden, Pfarrgaſſe Nr. 3.

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Erſcheint Mittwoch und Samstag früh.

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(Die Samstag-Nummer enthält die Gratis-Beilage Illuſtriertes Unterhaltungsblatt .)

Nr. 73. Mittwoch, den 12. September 1906. 27. Jahrg.

Ausgleichsverſuche.

Oeſterreich hat die Ausgleichsverhandlungen mit Ungarn eröffnet. Weil Ungarn auf dem Standpunkte ſeiner Selbſtherrlichkeit ſteht, mußte es wohl ge - ſchehen, daß der öſterreichiſche Miniſterpräſident nach Budapeſt ging. Willſt du etwas von mir, ſo komm und hole es dir, wenn ich es hergebe! Obſchon man vorläufig noch wenig über die Vorgänge infor - miert iſt, ſo hat man doch einen Einblick in dieſelben. Die drei Telegramme aus Budapeſt ſind kurz: das erſte meldet die Ankunft unſeres Premiers, das zweite erzählt über die lange Dauer der Verhandlungen zwiſchen ihm und Miniſter Dr. Weckerle, das dritte endlich deutet das Reſultat der Beſprechungen an.

Nachdem die beiden Staatsmänner von 10 Uhr morgens bis 7 Uhr abends verhandelt und jedenfalls über den Entwurf, den Körber mit Szell hergeſtellt hatte, geſprochen hatten, drehten ſie demſelben den Hals um und legten ihn sub acta, wo man ihn eventuell noch finden und hervorziehen kann.

Aber das neue ungariſche Haus hat ihn nie zu Geſichte bekommen und im öſterreichiſchen ergaben ſich ſo viele Unannehmbarkeiten, daß der Entwurf zurückgezogen wurde. Es konnte ja der öſterreichiſchen Regierung nichts mehr daran liegen, da er gar nicht paßte und ſchließlich von Ungarn abgelehnt war, wenn ſich Oeſterreich nicht beugte. So dachten ſchon wenige an den Wechſelbalg und er wurde doch bei irgendeiner Gelegenheit angeſehen. Aus dieſem An - ſehen erfloß die Ueberzeugung, daß man einen neuen Vertrag oder Vergleich oder wie das Inſtrument heißen wird, ſchaffen ſollte.

Daher ergriff die öſterreichiſche Regierung die Initiative und die ungariſche verhielt ſich nicht mehr ablehnend. Das iſt ſchon ein kleiner Erfolg für dieIdee des Ausgleichs. Daß es aber dabei gar viele Steine des Anſtoßes hüben und drüben zu beſeitigen gab, beweiſt die Langwierigkeit der Beſprechung und die Ausdauer der Verhandelnden! So mir nichts dir nichts können gewiſſe Vorteile, manchesmal auch gewiſſe liebgewordene Vorurteile nicht aufge - geben werden und dazu gab es noch eine Menge veralteter Anſichten auszumerzen. Das ſahen die beiden Miniſter ein und behandelten das ganze als eine grundlegende Durchbeſprechung der vorliegenden und neu vorgelegten Punkte. Da nun eine Reihe von wirtſchaftlichen und techniſchen Fragen, wie das dritte Telegramm beſagt, einer Klarſtellung bedürfen, ſind ſie übereingekommen, dieſe zunächſt einer kommiſſio - nellen Vorberatung unterziehen zu laſſen. Dieſe Kommiſſion wird durch Entſendung von Delegierten beider Regierungen gebildet werden, die abwechſelnd in Wien und Budapeſt tagen und am 18. September in Wien zuſammentreten wird. Das iſt ein zweiter idealer Erfolg für die Verhandlungen, obzwar noch keiner für den Ausgleich. Der beiderſeitige gute Wille jedoch iſt ohne Zweifel ſchon viel wert. Wie dann das Ganze ausfallen wird, wird man trotzdem auch aus dieſen Einzelheiten nicht ſofort beſtimmen können.

Zur ſelben Zeit wird auch das öſterreichiſche Parlament verſammelt ſein. Wie es bekannt ge - worden, tritt der Wahlreformausſchuß ſchon am Mittwoch, den 12. September, zuſammen. Er findet Arbeit genug, denn es hat ſich zu den noch nicht erledigten Punkten eine ganze Menge neuer Streit - fragen hinzugeſellt, die eine bedeutende Arbeitskraft erfordern werden. Aus allen Kronländern, von allen Volksſtämmen, faſt von jeder Partei, ſind Bedenken gegen die bis jetzt feſtgeſtellte Reform vorgebracht, Beſchwerden und Klagen erhoben und neue Anträge konzipiert worden, ſo daß das Werk ein merklich anderes Geſicht bekommt, wenn allen Wünſchen nach -gekommen werden ſollte. Das aber iſt füglich nicht nicht möglich, denn dann exiſtiert die Wahlreform nicht mehr und das allgemeine, gleiche Wahlrecht iſt den Weg alles Vergänglichen gegangen.

Daß die vom Wahlreformausſchuſſe feſtgeſetzten Normen noch manchen Angriff im Vollhauſe und im Herrenhauſe erfahren dürfte, darauf muß man im voraus gefaßt ſein. Wenigſtens verſucht wird es werden und das Haus wird ſchwerlich in die Lage kommen, die übrigen wichtigen Vorlagen zu ſtudieren und durchzuführen. Mit den Ausgleichsverhand - lungen aber wird es nur von weitem liebäugeln können.

Die nächſte Zukunft wird es lehren, wie das ſcheidende Parlament ſeine letzten Arbeiten beſchließt. Zu wünſchen wäre es, daß es, wenn ſchon nicht alle, ſo doch die meiſten Arbeiten vollendet!

Miniſter Apponyi als Jubilar.

Dieſer Tage feiert der ewige Miniſterkandidat , wie man den Grafen Apponyi meinem Gedenken nach zuweilen ſcherzweiſe nannte, ſein 25jähriges Jubiläum als Abgeordneter von Jaſzberenyi. Er hatte, es muß gerade vor 25 Jahren geweſen ſein, damals auch in einer anderen Stadt kandidiert und Schreiber dieſer Zeilen hatte das Vergnügen gehabt, ihn ſprechen zu hören. Er muß ungariſch auch tüchtig geſprochen haben, denn die Korteſe wurden nicht müde, die Helfianer mit Applaus niederzupracken. Durch ſeine deutſche Rede aber hätte er den Erfolg für ſich ge - habt, wenn die Deutſchen nicht ſchon alle unter der Führung eines deutſchen Schloſſers für Helfi vorge - ſtimmt hätten. Aber dieſe Erinnerungen ſind längſt veraltet: Nur eines kann man hier betonen, wie treu ſeitdem die Jaſzberenyier zu ihrem Abgeordneten

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Feuilleton.

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Die P[e]rle von Porto Roſe.

(Fortſetzung.) III.

Auf der Halbinſel Luſtiza bei Roſe lebte man nach altem Brauch.

Hugo kam zu Vladić, zeichnete, malte und er - zählte. Eudoxia war eine dankbare Zuhörerin, zumal da Hugo ſich jetzt ſchon italieniſch und auch ſerbiſch gut ausdrücken konnte. Das hatte er während der Abweſenheit von Dalmatien gelernt und es machte auf Eudoxia bedeutenden Eindruck.

Ueber die letzten Briefe ſprachen ſie nicht; doch das Auge konnte die Gefühle nicht verbergen und oft verfinſterte ſich Marino’s Antlitz, der ja oft an - weſend war. Doch einen richtigen Grund zu klagen hatte er nicht, denn Eudoxia verkehrte jetzt mit ihm ſo lieb, wie niemals früher; gegen Hugo war ſie wie eine Schweſter oder gut[e]Fzeundin.

Oft ſegelten ſie in der Bucht und zuweilen ver - ſuchten ſie, wer das Segel und das Ruder beſſer zu leiten vermag.

Alle erfreuten ſich an dieſen Segelpartien, ſo daß ſie für eine der nächſten Wochen, eine kleine Wettfahrt verabredeten.

Das war für Hugo eine neue Arbeit. Ein alter Fiſcher gab ihm Unterricht in der Führung des Segels und des Steuerruders und oft blieben die beiden den ganzen Nachmittag auf dem Meere, am Abend aber erklärte ihm der alte Nikefor dies und jenes und bereitete ihn für die Regatta vor.

Als er ſchon geübter war, lud er einſt Eudoxia und deren Mutter auf ſein Boot. Das war böſe. Marino zitterte vor Zorn, als er es hörte, da er zu Beſuch kam und machte dem Mädchen vor allem Vorwürfe, daß es auf dem Meere mit einem Fremden umherfahre und den Bräutigam allein laſſe. Doch Vater Nikefor beruhigte den ereiferten jungen Mann und der ungemütliche Sturm war bald gedämpft.

Am nächſten Tage erhielt Marino die Nachricht, daß er am Abend von Mijat erwartet werde. Er zuckte zuſammen, doch jetzt leuchtet es teufliſch in ſeinen Augen auf und kaum kann er die Nacht er - warten, da ihm jener das Mittel zur Rache geben ſollte

Ihr ſehet alſo, daß es für den keine Gefahr gibt, der am Steuerruder ſitzt, nur der Vorderteil des Kahnes wird zerſchmettert. Der Zeitpunkt kannaufs genaueſte beſtimmt werden , ſpricht Mijat, indem er eine Maſchine mit Räderwerk vorweiſt. Ihr braucht nur zu ſagen, an welchem Tage, um welche Stunde und auf welche Minute Ihr es wünſcht! Oder denkt ihr vielleicht nicht mehr daran? fügt er ſpöttiſch hinzu, als Marino gedankenvoll vor ſich hinſtarrt. Ihr könnt ja das Mädchen auch jenem Fremdling überlaſſen! Was braucht Ihr ein Weib, da Ihr auf jeden Finger zehn bekommen könnt!

Schweig und höre! befiehlt Marino bleichen Antlitzes. Am nächſten Feiertage um 5 Uhr nach - mittag ſoll es ſein. Du bringſt mich im Kahne nach Roſe und während ich zu Vladić gehe, gehſt du auf mein Segelboot, das ich dir bezeichnen werde, und bringſt die Maſchine an. Wenn wir abſegeln, fährſt du mir nach, damit ich mich rechtzeitig rette. Sei vorſichtig, damit dich niemand beobachte oder gar erkenne .

Ich weiß, ich weiß! Mir könnt Ihr vertrauen. Und jetzt die Bezahlung .

Nach getaner Arbeit!

Herr, jene zweihundert reichten nicht aus. Gebt noch darauf!

Daß dich der Teufel ! Wie viel willſt du noch?

Fünfzig Gulden noch und meinen Lohn! Es

Neu übernommen! Beehre mich einem P. T. Publikum die höfliche Mitteilung zu machen, dass ich die Restauration im Hotel Zentral in Baden übernommen und eröffnet habe. Für exquisite Küche, gute. naturreine Weine etc. und aufmerksame Bedienung wird gesorgt. Um zahlreichen Zuspruch bittet Josef Stein, Restaurateur. Restaurant Zentral-Hotel‘ = Baden, Bahnhofplatz. =

2Mittwoch Badener Zeitung 12. September 1906 Nr. 73.

hielten. Eine ſolche Erſcheinung iſt anderswo ſelten; auch bei uns lieben die Wähler Abwechslung, um zu ſehen, was der neue Mann kann.

Miniſter Graf Apponyi wurde in Jaſzberenyi von ſeinen Freunden begleitet, mit ungeheurem Jubel aufgenommen. Dieſe feurigen Anſprachen, die Ban - derien, das Geleite der Menſchen, die Ausſchmückung der Stadt, die Deputationen aus anderen Städten und Ortſchaften beweiſen deutlich, daß ſich mit ihm auch die ehemaligen Gegner verſöhnt haben und es würde zu weit führen, wollte man hier alles ſchildern; nur einen Spiegel könnte man unſeren Wählern vorhalten, wie von ihnen ein Abgeordneter empfangen wird. Soll man den Magyaren politiſche Reife vor - werfen oder Freude an politiſchen Kundgebungen oder eine taktſichere Feſtigkeit, die auch das Ausland be - wundert? Die von der Volksſchule oder der Puszta aus eingeprägte überſchwängliche Vaterlandsliebe des Ungars zeitigt dieſes gewiſſe Etwas, was den Nichtmagyaren imponiert oder in den Kerker führt! Gut, daß ſich Bileams Eſel rechtzeitig in negativer Reproduktion eingeſtellt hat! Weiß Gott, wie ſehr ich die Magyaren gelobt hätte und ich hatte das wirklich nicht tun wollen. Man muß unter ihnen bei wogendem politiſchen Wagen und Wagen - triebe gelebt haben, um ſich zutode zu ärgern über das politiſche Lob, das man ihnen zollt! Das iſt nun klar.

Apponyi wurde hoch gefeiert und am Feiertags - bankette ließ er ſeine Gott weiß wievielte Rede los. Denn der Ungar hier eine gram - matiſche Bemerkung: Der Ungar verträgt in der Einzahl ſchon lang nicht mehr die ſchwache Biegung des Ungarn , wie Willomitzer in der letzten Ausgabe noch lehrt, ſondern nur des Ungars (da ſieht man den Schnurrbart wackeln!), dem und den Ungar! Im Plural ſind ſie die alten Ungarn! Es iſt wirklich merkwürdig, wie dieſer Sprach - gebrauch ſich gefeſtigt hat. Alſo, der Magyar will ſeinen geliebten Deputierten ſo oft als nur möglich hören!

Den telegraphiſchen Auszug aber können wir bringen! Wie kurz und eigentümlich der Königsſpruch eines Ungars iſt!

Zuerſt ſagt Apponyi in einer knappen Er - läuterung, daß ein ſolcher Trinkſpruch auf den Mo - narchen nicht wie oft anderwärts eine blaſſe Phraſe mit dem üblichen Hoch! ſein dürfe. Wir geben unſeren Gefühlen für unſeren König Ausdruck ( Weil wir ihn lieben ein Zwiſchenruf!) Dieſe Regierung betrachtet es als ihre Aufgabe, daß bei Schluß dieſer Uebergangsperiode die Nation und mit der Nation zugleich der König ſtärker ſeien, als ſie es zur Zeit des Amtsantrittes der jetzigen Regierung geweſen. Ein jeder wahre Getreue des Königs ſpricht auf dieſe Weiſe. Wer nicht ſo ſpricht und wer nicht ſagt, daß der König im Verein mit der Nation ſtark ſein ſoll iſt ein ſchmeich - leriſcher Höfling! Wir werden den König in ſeiner edlen Geſinnung beſtärken, daß er ſeine Kraft nur mit der Nation ſuche. Denn überdieſe Kraft können nicht einmal die Pforten der Hölle ſiegen!

Iſt das nicht kräftig? Iſt das nicht nations - und königstreu? Der König iſt nur ſtark im Vereine mit dem Volke (der Magyaren!). Darum ſchmachten ſo viele nichtmagyariſche Redakteure wegen Belei - digung der ungariſchen Nation im düſteren Kerker, weil ja weil ! Das iſt offen und klug geſagt der Unterrichtsminiſter hat den Kultusminiſter übertroffen!

Die Feſtlichkeiten von Jaſsberenyi haben auch die Feſtigkeit der Magyaren im Sprechen und Behaupten bewieſen. Da iſt es not, wenn man das alte Liedchen wieder anſtimmt: Michel, paß auf u. ſ. w.

Manövererfolge.

Jetzt hat man es kennen gelernt: der Radfahrer, der Radſitzer (Motocykliſt) und die Automobile ſind die Retter der Armee im Felde! Abends hatten wir es geleſeu und im Traume ſchauten wir mit ver - zagtem Herzen einer ſchrecklichen Schlacht zu. Durch die Ebene, anders könnte es ja nicht ſein, ſchwärm - ten Radfahrer einzeln oder in Gruppen, die ſtärkſten hatten einen Feſſelballon im Schlepptau, mit dem ſie auch gut fortkamen. An den Axenſeiten waren ſelbſt - ladende und ſchießende Gewehre angebracht, welche bei der Annäherung der feindlichen Radpatroullen ein mordsmäßiges, übrigens unſchädliches Feuer unter - hielten. Uns kam das komiſch vor, aber was will man? Eine neue Zeit iſt über uns gekommen. Die neun - bis zwölftägigen Eingrabungsſchlachten in der Mandſchurei ſind ſchon überwunden! Wie die Welt damals ſtaunte! Tauſende und Hunderttauſende kämpften da in ſelbſtgegrabenen Löchern gegen einander; ein Schlachten war es, in der Dauer von mehr als einer Woche, während welcher Zeit eine Unmenge von Geſchoßen in die Luft und auf die Gegner verſtreut wurden! Die Welt ſtaunte damals. Und ſie hatte recht. Solch einen Krieg des Widerſinns hat ſie, die Welt, eben noch nicht erlebt!

Jetzt wird es ganz anders werden! Oder es iſt anders geworden. Nachdem die Radſchützen ſich im Gelände umgeſchaut hatten, kamen die Selbſtfahrer dahergeraſt jeder mit einer Mitrailleuſe oder einem Maſchinengewehre ausgerüſtet, natürlich vorne mit einem nötigen Panzer. Das war ein Rennen auf den Wegen und durch die Aecker! Man konnte ſeine Freude damit haben! Aber endlich erſchien die die Armee der gepanzerten Automobile! Die Radfahrer beider Arten hatten ſich in die Flanken verflüchtigt. Die Scharen der Schlachtſchnaufer rückten vor. Das gab ganz gewaltige Angriffe, die mit Umfahren und Ausbiegen, dann mit Dreinfahren und Aufſpießen pariert wurden. Je zwei Maſchinengewehre hatten die Automobile am gepanzerten Vorderteil hinten eine Schnellfeuerkanone. Man kann ſich eine ſolche Kanonade eigentlich nur im Traum vorſtellen!

Doch bei den heurigen Manövern ſollen ſie ſich erprobt haben die vom freiwilligen Automobil - korps! Ein ſchönes Paradebild mögen ſie ja gelieferthaben; aber nur nicht ſchießen! Solche Spielverſuche ſind für die Zukunft der Armeetüchtigkeit geradezu gefahrbringend und verderblich. Selbſt kämpft der Mann wenn er ſchon kämpfen muß oder will!

Politiſche Ueberſicht.

Ein merkwürdiges und ſeltſames Bild zu den Anbiederungsverſuchen zwiſchen den Tſchechen und Magyaren bilden die Reibereien der tſchechiſchen So - koliſten und der Magyaren und Magyaronen von Fiume und, wenn es wahr ſein ſollte, was wir uns kaum vorſtellen können, der zwiſchen magyariſchen und ſlaviſchen Truppen, die jetzt in und um Raguſa konzentriert ſind, ausgebrochene ganz ernſthafte Kampf! Ein Nationalitätenkampf in der Armee. Das wäre für Öſterreich-Ungarn doch das Traurigſte!

Daß ſolche Sokoliſtenausflüge im allgemeinen als Provokationen angeſehen werden können, hat man ſchon anderwärts erlebt; aber ob es ſein muß, hat man bei irgend einer anderen, wahrſcheinlich noch be - kannten Gelegenheit in Cilli auch nicht erfahren. Denn derartige Ausflüge werden noch immer veranſtaltet, ſind von Skandalen begleitet und endigen mit dem Fiasko der nationalen Annäherung. Heißſporne hier, Heißſporne dort, Heißſporne in jedem Lager. Dieſe ſollte man alſo überhaupt nirgends mittun laſſen, ſondern ſie ſchon überreden, zu Hauſe zu bleiben. Auch die Fiumaner Kroaten haben mit der Koalition paktiert! Wußten das die Italianiſſimi von Fiume nicht, daß ſie ſich über die gemeinſamen Freunde der der Magyaren hermachten und einen förmlichen Auf - ruhr hervorriefen? Aber man erſieht hieraus, daß der alte gegenſeitige Haß, der in der Jugend geweckt und mit allen erlaubten und unerlaubten Mitteln großgezogen worden war, noch heute nur Böſes wirkt; das iſt der Fluch der böſen Tat ... Die Kroaten ſollten eine Brücke für die Tſchechen zu den Magyaren bilden, und wie man aus den Telegrammen ver - nehmen konnte, wurden große Worte geſprochen, um in den nächſten Minuten im Hallo! und Hurra! der damit Nichtzufriedenen unterzugehen! Die Italie - ner, die in Dalmatien ihre Macht ſchon längſt verlo - ren haben und jetzt nur noch in Zara herrſchen, be - reiteten den Sokoliſten auch keinen lieben Empfang vor; darum dachte man ſchon daran, auf ein Landen zu verzichten! Alſo Feindſeligkeiten überall, zuerſt kindiſche Proteſte, dann Hiebe von kräftigen Fäuſten, Steinregen und Revolverſchüſſe, ſo präſentiert ſich die groß gemalte Einigkeit der öſterreichiſchen Völker! Einbrüche in fremdes Gebiet ſind verwerflich; ſie ru - fen das Streben nach Repreſſalien hervor!

Wenn ſich aber dieſe eigens gezüchtete Feind - ſeligkeit zwiſchen Tſchechen und Magyaren bei unſe - ren Truppen auf dem Manöferfeld bewahrheiten ſollten, dann iſt aber das Verhältnis ein ſehr böſes! Die Unterſuchung wird es klarlegen, was an dem iſt und was wir davon zu halten haben!

Am Samstag ward es bekannt, daß der Kaiſer

iſt mir angenehmer, wenn Ihr mich ſofort entlohnt. Weiß Gott, ob Ihr ſpäter an den kleinen Dienſt denket!

Gauner! Du brauchſt mich nicht zu mahnen. Ich habe dir den Lohn gebracht. Hier haſt du deine zwanzig Dukaten .

Gierig greift Mijat nach dem Golde, zählt die Münzen und legt ſie vor ſich hin.

Das iſt zu wenig. Dafür tue ich nichts .

So gib her, ich werde es ſelbſt machen .

Nein. Das verſteht Ihr nicht. Sobald Euer Plan geglückt iſt, gebt Ihr mir noch zwanzig .

Zehn, nicht einen mehr. Wie du willſt. End - weder du gehorchſt oder gibſt das Geld zurück .

Mit dieſen Worten greift er nach dem Geld, das noch auf dem Tiſche lag.

Mijat legt ſeine Hand darauf. Nicht nicht laſſet doch; ich will alles durchführen!

Du weißt, was zu tun iſt. Sei vorſichtig .

Sagt nur das nicht! Gute Nacht!

Marino entfernte ſich.

Jetzt freue dich, du ſchöne, treue Braut! ſpricht er bei ſich. Weder ich, noch er! Du feierſt deine Hochzeit auf dem Meeresgrunde!

In der Stube verſorgt Mijat das Geld und redet bei ſich hinter Marino.

Jetzt habe ich dich in meiner Gewalt! Jetzt wirſt du mir dafür büßen, was du mir vor fünf Jahren angetan haſt, indem du mich wegen Dieb - ſtahls verklagteſt! Glaubſt du, ich habe das ver - geſſen? Und was hatte ich dir genommen? EinFäßchen Rum für die Kehle! Dein Geld habe ich, dafür ſollſt du meine Rache haben! Die letzten zehn Dukaten ſchenke ich dir .

Lachend und grinſend verbirgt er die gefähr - liche Höllenmaſchine unter dem Bette.

Was hat mir die Familie Vladić getan?

Jetzt wird er nachdenklich. Eine zufriedene Fröhlichkeit umfängt ihn, als er ausruft:

Wird das eine Freude für mich ſein!

Hell und klar brach der Morgen des Feiertages, des 8. September, an. Für dieſen Tag war die Segelpartie beſtimmt.

Hugo erging ſich auf den Hügeln. Eine innere Macht trieb ihn hinaus in die Natur; hier beriet er ſich: Was ſuche ich denn noch hier? Eudoxia kann ich doch von ihrer Ueberzeugung nicht abbringen und ich ſelbſt führe ein eigentümlich Leben, das mit der Zeit verächtlich werden könnte!

Das Blut ſtieg ihm in die Wangen, als er ſo überlegte und er beſchloß abzureiſen. Doch jetzt fällt es ihm ein: Und was wird aus Eudoxia werden? Sie iſt ſo ſehr an ſeine Gegenwart gewöhnt, ſie würde ihn vermiſſen und trauern. Da ſah er ein, daß er bleiben müſſe.

Schon vor einigen Tagen hatte dieſer innere Kampf begonnen, ohne daß Hugo etwas entſchieben hätte. Heute will er dem Mädchen die Entſcheidung anheimſtellen, ob er bleiben ſollte oder nicht.

Als er ins Dorf zurückkam, verſammelten ſichgerade im Hafen bekränzte und mit Myrtengrün bedeckte Boote, welche eine fromme Schar in die Sutorina bringen ſollten, wo ein kleines, weißes Kirchlein zum Gottesdienſte einlud. Es war ein Marienfeſttag, an dem von allen Seiten die Katho - liken bei jener Kirche zuſammenzukommen pflegten. Die übrigen Bewohner, die nicht mitfuhren, ſtehen vor ihren Häuſern und ſehen den Abſegelnden nach.

Eudoxia ſtand auf dem Balkone, deſſen Geländer mit Oleandern und anderen Blumen geſchmückt war. Als Hugo ſie bemerkt hatte, grüßte er, feſt ent - ſchloſſen, ihr die Entſcheidung vorzulegen.

Er begibt ſich ins Haus, wo ſie ihn freundlich wie immer empfängt und an der Hand auf den Balkon führt.

Wie eine dunkelblaue Fläche breitet ſich vor ihnen das Meer aus, nur leiche Bogenwellen glänzen in der ſtrahlenden Sonne. Aus allen Richtungen der weiten Buchtungen erſcheinen Segel - und Ruderſchiffe. Geſang und fröhliches Lachen erſchallt von denſelben und mächtig gleitet ein Dampfer mitten durch ihre Schar gegen Cattaro, wie ein Schwan die Reihen kreiſchender Enten durchſegelt.

Dort ſchwimmt das Schiff, das mich vielleicht ſchon morgen von hier entführt , ſprach Hugo leichthin.

Eudoxia ſchaudert zuſammen.

Was? Sie wollen fort? fragt ſie mit zittern - der Stimme.

Gern bliebe ich bei Ihnen mein Leben lang!

3Nr. 73. Mittwoch Badener Zeitung 12. September 1906.

auf Anraten der Aerzte die projektierte Reiſe nach Dalmatien aufgegeben habe. (Dort finden näm - lich in dieſen Tagen Landungsmanöver zwiſchen zwei Schiffsdiviſionen und den aus ganz Dalmatien, aus Bosnien und der Herzegovina zuſammengezogenen Landtruppen ſtatt.)

Sobald ſich die erſte Beunruhigung durch die Verſicherung, daß der Kaiſer nur an einer leichten Erkältung leide, ſeine Regierungsgeſchäfte in gewohnter Weiſe beſorge, gelegt hatte, wurden aber mancherlei Vermutungen über die Gründe zu dieſem Entſchluſſe laut: Die einen ſagten, es ſei ein Proteſt von Bal - kanſtaaten oder von deren beſondern Beſchützern daran ſchuld, andere meinten, daß der Kaiſer unter keinem paſſenden Titel das dem Sultan gehörige Land habe beſuchen können, da dieſes nur von einem hohen Beamten Öſterreich-Ungarns verwaltet werde! Eine dritte Gruppe war der Anſicht, daß die Vorgänge beim Beſuche der tſchechiſchen Sokoliſten im Litorale und in Cetinje die Inſpektionsreiſe vereitelt hätten! Nun ſind das nur vage Kombinationen. Öſterreichs Völker ſind erfreut und Gott dankbar, daß ſie es wiſſen, ihr Kaiſer ſei geſund!

Lokal-Nachrichten.

Hoher Beſuch im ſtädtiſchen Rollet[t]- Muſeum.

Montag, den 10. d. M., um 3 Uhr nachmittags, beehrten Ihre kaiſ. Hoheiten Erzherzogin Maria Alice und der junge Erzherzog Albrecht das ſtädtiſche Rollett-Muſeum mit ihrem Beſuche. Die hohen Herrſchaften waren in Begleitung des Fräu - leins Mercier und des Herrn Dr. theol. Meszáros erſchienen und wurden in Abweſenheit des Kuſtos Profeſſor Dr. R. v. Reinöhl von deſſen Stellver - treter Herrn Bürgerſchul-Fachlehrer E. Ebenführer, ferner von Fräulein Lina Rollett, der Tochter des Dichters, und Herrn Schriftſteller Paul Tauſig empfangen und durch die Räume des Muſeums ge - leitet. Bei eindreiviertelſtündlichem Verweilen beſich - tigten die hohen Herrſchaften die vielen Sehenswür - digkeiten der Sammlungen; ſie zeigten für alles regſtes Intereſſe und verſtändnisvolle Wißbegierde. Sie wurden nicht müde, nach allen Einzelheiten der ihnen erläuterten Merkwürdigkeiten zu fragen, waren vom Geſehenen äußerſt befriedigt und konnten ſich vom Muſeum nur ſchwer trennen. Beſonderes Wohl - gefallen fand der junge Erzherzog als paſſionierter Sammler an den ſchönen Schmetterlingen, während Erzherzogin Alice namentlich für die weiblichen Handarbeiten viel Intereſſe zeigte. Zum Schluſſe ſchrieben ſich die hohen Beſucher zur bleibenden Er - innerung ins Gedenkbuch ein.

Hofnachrichten.

Sonntag vormittags fand in der Weilburg die Taufe der neugeborenen Prinzeſſin ſtatt. Als Taufpatin fungierte Erzherzogin Marie Rainer, in deren Stellvertretung Erz - herzog Rainer erſchien. Als Stellvertreter des Kaiſers erſchien Erzherzog Leopold Salvator; ferner waren bei der heiligen Handlung zugegen der Großvater der neugeborenen Prinzeſſin, Herzog Robertvon Parma, Bezirkshauptmann Freiherr v. Egger, Stationskommandant Oberſt Krebs v. Sturm - wall, ſeitens der beiden Gemeinden Baden und Weikersdorf die beiden Vizebürgermeiſter Bruſatti und Gall u. ſ. w. Den Taufakt ſelbſt vollzog der herzoglich Parma’ſche Schloßkaplan Monſignore Tra - ver〈…〉〈…〉. Die Neugeborene erhielt die Namen Marie Antoinette. Nach der Taufe fand ein Diner zu 32 Gedecken ſtatt, zu dem die vorgenannten Perſön - lichkeiten zugezogen waren. Erzherzog Friedrich und Erzherzogin Iſabelle überſiedeln am 12. d. M. von der Weilburg nach Preßburg, während Erz - herzogin Marie Anna, die Mutter der neuge - borenen Prinzeſſin Marie Antoinette, mit ihrem Gemahl noch für einige Zeit hier verweilt.

Schulnachricht.

Das Schuljahr beginnt an den allgemeinen Volks - und Bürgerſchulen in Baden am 15. September d. J. Die Aufnahme der neueintretenden Schulkinder findet am 12., 13. und 14. September, von 8 12 Uhr vormittags, in den Schulkanzleien ſtatt. Diejenigen Kinder, welche nicht in Baden geboren ſind, haben einen Taufſchein, reſp. Geburtsſchein, alle ohne Ausnahme jedoch einen Impfſchein beizubringen. Jene Kinder, welche bei Beginn des Schuljahres (15. September l. J.) das ſechſte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, dürfen nur dann aufgenommen werden, wenn ſich deren Eltern mit der zur Aufnahme ſolcher Kinder geſetzlich geforderten Bewilligung des Ortsſchulrates ausweiſen können. Formularien zu dem Zwecke ſind an den Einſchreibtagen in den Schulkanzleien erforderlich. Samstag, den 15. d. M., haben ſämtliche Schul - kinder um ¾8 Uhr morgens ſich in ihren Klaſſen zu ver - ſammeln, weil um 8 Uhr der Schulgottesdienſt ſtattfindet.

Kirchenmuſik.

Obwohl es nicht Gepflo - genheit iſt, ſich mit Kirchenmuſik-Kritik, außer in Fachzeitſchriften, zu befaſſen, hat uns doch die Mit - teilung, daß in der Hofkirche (Frauenkirche) Samstag (Marie-Geburt) und Sonntag (Maria-Namen) drei Soli geſungen werden, hiezu angeſpornt. Grund zur Kritik der Kirchenmuſik in unſeren Gotteshäuſern wäre allerdings im weiteſten Sinne vorhanden, doch dieſe Art Muſik und Geſang dient eben zur Ehre Gottes und da iſt keine kritiſche Betrachtung recht am Platze. Maria-Geburt konnten wir alſo außer den überwältigenden Tönen der neuen Orgel vor allem der von dem Obmanne des Wiener M. -G.-V. Lieder - heim , Herrn Haureich, geſungenen Einlage Domine ne in furore tuo lauſchen. Das war Geſang! Man hörte nicht nur eine ſehr wohlklingende Stimme, ſondern vernahm auch des Sängers tiefes, inniges Verſtänd - nis und Empfinden mit der im Liede ausgedrückten Bitte. Das zweite Solo, von der ruſſiſchen Opern - ſängerin Anna Rosnowa vorgetragen, wurde eben - falls äußerſt gelungen zu Gehöhr gebracht. Als Chor - geſang wurde von einigen Damen und Herren eine Meſſe von Kemptner ſehr treffſicher aufgeführt, was umſo höher anzuſchlagen iſt, als man hiebei mit keinen Proben rechnen kann. Sonntag gelangte die herrliche Schubert’ſche Deutſche Meſſe zum Vortrage, wobei ſich letzterwähnter Umſtand jedoch nur für die ſcharfen Kritiker etwas bemerkbar machte. Oderſollte die Orgel im Verhältniſſe zum Chor etwas zu kraftvoll ſein? Das an dieſem Tage von Fräulein Grete Springer geſungene Ave Maria ließ uns eine ſehr gut geſchulte, klangvolle Stimme erkennen. Zum Schluſſe wollen wir noch der Organiſtin, Frau Göllinger, lobend Erwähnung tun, die in meiſterhafter Weiſe ihre Sängerſchar zuſammenhält.

Fremdenfrequenz.

Die letzterſchienene Kurliſte vom 11. September weiſt 8.561 Parteien mit 28.346 Perſonen aus (gegen 26.913 des gleichen Tages des Vorjahres). Die anhaltend günſtige Witterung brachte namentlich an den beiden Feier - tagen eine ziemlich lebhafte Fremdenfrequenz mit ſich, welche denn auch zur Folge hatte, daß ſo manche gaſtliche Stätte mit einem Ausverkauft paradieren konnte. Aufmerkſamen Beobachtern wird es nicht entgangen ſein, daß namentlich die Fern-Schnellzüge uns eine ziemlich anſehnliche Anzahl Kurgäſte brachten, die Baden als Uebergangsſtation benützen, und er - wieſenermaßen findet ſich auch zur beginnenden Herbſt - ſaiſon ein kaufkräftigeres Publikum ein, als dies in der Hochſaiſon der Fall zu ſein pflegt und dieſer Umſtand mag uns vielleicht einigermaßen für den durch den Schulbeginn unvermeidlichen Ausfall an Sommergäſten entſchädigen.

Gemeindeausſchußſitzung.

Geſtern Dienstag ſollte eine Gemeindeausſchußſitzung ſtattfinden, auf deren Tagesordnung Mitteilungen des Vorſitzenden, die Wahl der Delegierten der Stadtgemeinde Baden zum V. deutſchöſterreichiſchen Städtetag in Wels und Vornahme einer Ergänzungswahl an Stelle des ver - ſtorbenen Vertrauensmannes Herrn Julius Meiſel gemäß § 199 P. -St.-G., ſtanden. Da trotz mehr als halbſtündigen Wartens nicht die nötige Anzahl Ge - meindevertreter erſchienen waren, konnte die Sitzung nicht eröffnet werden.

* Wetterbericht.

Nachdem die Sonne längere Zeit hindurch, beſonders aber in den letzten Tagen, ihre wärmſten Strahlen auf die Erde geſandt hatte, trübte ſich in den Nachmittagsſtunden des Sonntags der Himmel, es kamen mehrere Gewitterwolken von Weſten her und es gab einige kleine Güſſe. Doch bald heiterte ſich der Himmel wieder aus, es ward dunſtig ſchwül, bis dann abends und in der Nacht ein ergiebiger Regenfall eine Abkühlung brachte, die in den Morgenſtunden mit 13° C notiert wurde. Die aufſteigende Sonne aber erwärmte bald wieder die Luft und den gut angefeuchteten Boden. Einen aus - giebigen Guß erhielten wir jedoch Montags. Um die Mittagsſtunde türmten ſich gewaltige Gewitterwolken am Himmel auf, die ſich dann auch bald entluden, u. zw. in ſo ausgiebiger Menge, daß binnen wenigen Minuten Straßen und Plätze überſchwemmt waren und die Temperatur empfindlich beeinträchtigt wurde. Dem Ackersmann mag der Regen nicht unerwünſcht ge - kommenſein, denn jetzt heißt es die Winterſaaten beſtellen!

Jahresverſammlung der Guſtav Adolf-Stiftung in Baden.

Der evangeliſche Verein der Guſtav Adolf-Stiftung hält Samstag, den 15. und Sonntag, den 16. d. M. in Baden ſeine 44. Jahresverſammlung ab. Das Programm derſelben iſt folgendes: Freitag, den 14. d. M.,

Doch wozu? Seien wir offen gegen einander. Es iſt Ihnen bekannt, wie ich Sie liebe

Wehe! Sprechen Sie nicht weiter, teurer Hugo zum erſten Male nannte ſie ihn beim Namen quälen Sie nicht mein Herz, das ohnedies traurig genug iſt. Haben Sie Erbarmen mit mir und bleiben Sie mein Freund wie bisher von der Abreiſe aber ſprechen Sie nicht mehr!

Und doch muß ich! entgegnet Hugo, ihrem Blicke ausweichend. In einem nutzloſen Kampfe quälen wir uns ab und können uns nicht retten, ſo lange Sie den unglückſeligen Gedanken nicht fallen laſſen, der Sie nur mit Schmerz überhäuft Marino lieben Sie nicht und doch wollen Sie ihm die Hand reichen!

Wenn Sie ſo denken, dann iſt es freilich beſſer, daß Sie abreiſen , unterb[r]icht ihn das Mädchen betrübt. Es iſt vielleicht beſſer für Sie, wenn Sie mich allein laſſen .

Bleich ſind ihre Wangen, das brennende Auge hat keine Tränen.

Aber um Gotteswillen, Eudoxia, wo gibt es dagegen Hilfe? Hören Sie mich, ſagen Sie es dem Marino offen, daß Sie ihn nicht mögen, daß Sie ſein Weib nicht werden können .

Nein, nein! Ich hatte es ihm zugeſagt und wenn er mich nicht ſelbſt freigibt, kann ich mich dieſer Feſſeln nicht entledigen. Freigeben aber wird er mich nie, obwohl mein Herz dahinſiechen wird. Er pocht auf ſein Recht und kein Menſch kann es ihm ab - ſprechen, und ich am wenigſten!

Das iſt doch unmenſchlich! Sie haben ſich ihm doch nicht mit Leib und Seele verkauft!

Eine Braut darf ihrem gegebenen Jaworte nicht untreu werden. Kein Menſch würde mich mehr anſehen!

Und Ihr Lebensglück wollen Sie einem Vor - urteile opfern, einem voreilig, dazu noch gegen den Willen der Eltern gegebenen Worte! Ihr junges Leben wollen Sie unter ein Joch beugen, das Sie bis zum Tode drücken ſoll? Und nicht allein Ihr eigenes Glück, Eudoxia, opfern Sie hin, ſondern auch das eines anderen wegen einer unbedachten Zuſage .

Wie Sie mich kränken! Wenn ich anders handeln könnte heute ſage ich es Ihnen offenherzig: wenn ich anders dürfte, niemals ſollten Sie durch mich einen Schmerz erfahren. Eine andere würde vielleicht den Tod wählen ich nehme feſten Herzens auf mich, was immer die Zukunft bringen mag; ich weiß wohl, ſie bringt mir nur Schmerz und Leid!

Alſo ſehen Sie, Eudoxia, daß es wohl beſſer iſt, wenn ich fortziehe. Schauen Sie, wie der Rauch aus dem Schlote ſteigt. Morgen führt mich der Dampfer in die Heimat!

Und ich bleibe hier doch reiſen Sie, es muß ja ſo ſein! Wer weiß es, was noch geſchehen könnte! Wir wollen als Freunde ſcheiden; nur das verſprechen Sie mir , ſpricht Eudoxia halbleiſe.

Niemals vergeſſe ich dein, du ideales, tapferes Mädchen! Der himmliſche Vater möge dich ſegnen und dir die Bürde erleichtern, die du ſo eigenſinnigauf dich nimmſt , antwortet Hugo und drückt ihr die Hand.

Nicht eigenſinnig! erwidert Eudoxia. Es gab eine Zeit, da ich nur Marino kannte und da ich mit ihm glücklich zu werden hoffte. Damals ver - lobte ich mich ihm. Und es kam eine Zeit, da ich ihm im Herzen untreu wurde . Jetzt iſt alles vorbei! Laſſen wir dieſe Gedanken. Wir wollen den heutigen Tag verleben, als hätten wir gar nichts geſprochen .

Wie Sie wollen, Eudoxia! Für das Trauern dürfte uns noch Zeit genug zugebote ſtehen .

Kommen Sie jetzt, auf daß wir dem Vater unſere Barke in Ordnung bringen helfen. Wie freue ich mich auf die nachmittägige Fahrt! Es wird ja meine letzte Freude ſein . Wo werden Sie morgen um dieſe Zeit ſein?

Bevor Hugo antwortet, führt ſie ihn in die nächſte Stube, wo der alte Kapitän alle Taue unter - ſucht und einem Schiffer Aufträge erteilt, wie die Boote herzurichten ſeien für die nachmittägige Wett - fahrt in der Bucht.

Bald erſcheint auch Marino.

Was treibt ihr denn hier? Wozu dieſe Vor - bereitungen? Eudoxia und Ihr , ſprach er zum Vater gewendet, werdet doch mit mir fahren!

Gut! entgegnete Hugo mit er wungener Fröhlichkeit, die Mutter wird mein Boot benützen. Bin neugierig, wer zuerſt am Ziele ankommt .

Leichte, lichtgraue Nebelſchwaden zogen ſich um die Gipfel der kahlen Hochberge, ein Zeichen, da[ß]

4Mittwoch Badener Zeitung 12. September 1906. Nr. 73.

abends 8 Uhr: Geſellige Zuſammenkunft im Hotel zur Schäferin ; Samstag, den 15.: Vorverſamm - lung in der Kirche, nachmittags gemeinſamer Ausflug in die Umgebung, abends 8 Uhr: Geſelliges Zu - ſammenfinden im Hotel Stadt Wien ; Sonntag, den 16.: Feſtgottesdienſt und öffentliche Hauptver - ſammlung; Montag, den 17.: Vormittags 9 Uhr: Spaziergang ins Helenental zur alten Krainerhütte .

Was wird an der kaufmänniſchen Fortbildungsſchule in Warenkunde und in Kalligraphie gelehrt?

Siehe die letzten drei Nummern dieſes Blattes. Warenkunde. Lehr - ziel: Kenntnis der allerwichtigſten Waren des Welt - handels nach ihren Haupteigenſchaften, ihrer Ge - winnung, Verwendung und ihren am meiſten vor - kommenden Verfälſchungen. Die Auswahl muß ſich nach den lokalen Bedürfniſſen der einzelnen Schulen richten. Der Unterricht ſoll möglichſt Anſchauungs - unterricht ſein. III. Klaſſe: wöchentlich 1 Stunde. a) Aus dem Pflanzenreiche: die wichtigſten Nahrungs - und Genußmittel, Hölzer, Gerb - und Spinnſtoffe, b) aus dem Tierreiche: Seide, Wolle, Häute, Fett, Federn u. ſ. w. und c) aus dem Mineralreiche: Kohle, Petroleum, Eiſen, Salz, Kalk u. ſ. w. An - knüpfend ſollen die wichtigſten Fabriksartikel, welche aus den Rohſtoffen gewonnen werden, beſprochen werden, wie Gewebe, Metallwaren, Säuren ꝛc. Kalligraphie. Lehrziel: Heranbildung einer ge - fälligen und geläufigen Handſchrift. I. Klaſſe: wöchent - lich 1 Srunde. Vielfache Uebung in Kurrent - und Lateinſchrift. II. Klaſſe: wöchentlich 1 Stunde. Das kaufmänniſche Schreiben (kurrent und engliſch) mit Rück - ſicht auf die Methode im Schnellſchreiben; die Rondſchrift in verſchiedenen Größen; kaufmänniſche Signaturen.

Eine Generalprobe von 1001 Nacht

fand Montag vormittags um ½9 Uhr ſtatt. Zu der - ſelben war ſeitens der Direktion der geſamte Gemeinde - ausſchuß geladen geweſen.

Der landwirtſchaftliche Bezirks - verein Baden

unternimmt Sonntag, den 16. d. M. eine Exkurſion nach Dornau zur Beſichtigung der dortigen Landes-Rebanlagen.

Verſammlung der Ortsgruppe Kottingbrunn des Vereines Freie Schule .

Samstag, den 15. d. M., 7 Uhr abends, findet in Kottingbrunn in Schnöller’s Gaſthaus eine Verſammlung der Ortsgruppe Kottingbrunn des Ver - eines Freie Schule ſtatt, deren Tagesordnung ſich mit den Beſtimmungen der neuen Unterrichtsordnung betreffend die Verpflichtung der Schulkinder zur Teilnahme an den religiöſen Uebungen beſchäftigt.

Jugendlicher Leichtſinn.

Die beiden Fabriksarbeiter Ferdinand Oborill und Johann Brandſtätter, zwei im jugendlichſten Alter ſtehende Burſche, ſtahlen am 8. d. M. aus einer Zeughütte in Gainfarn drei Kilogramm Sprengpulver. Im Sack - tuche und in einem Hute transportierten ſie das ge - ſtohlene Gut weg. Vor dem Hauſe Nr. 11 verſtreute Oborill einen Teil und während er mit dem Ein - räumen beſchäftigt war, entfiel dem Brandſtätter die

in den höheren Luftſchichten der Nordoſtwind die Oberhand gewinnt. Die Bora hängt am Gebirge , ſagt das Volk.

Eine kühle Briſe wehte vom Feſtland her, als am Nachmittage vier Segelboote durch die Meerenge ins offene Meer ſchoſſen, wo ſie ſich vor dem Inſel - fort Mamula in eine Reihe ſtellten. Die Diener folgten auf eigenen Kähnen nach.

Am linken Flügel hielt Marina’s Segelboot. Am Vorderdeck ſaß Eudoxia, am Steuerbord der alte Kapitän. Marina machte ſich mit den Segeltauen zu ſchaffen und beſprach ſich mit ſeiner Braut.

Auf dem nächſten Boote befanden ſich Hugo, Mutter Vladić und ein alter Fiſcher; weiterhin zwei andere bemannte Segler aus Roſe.

Vento in puppo Vor dem Winde hin rief der Kapitän.

Die Segel blähten ſich, ſpannten ſich, faßten Luft und die Boote ſchoſſen vor dem Winde hin über die Waſſeroberfläche. Anfangs ſegelten ſie in gleicher Reihe; da zieht Marina plötzlich ungeſchickt am Segeltau und dreht das Segel ſo, daß ſein Boot ſich gegen das Land wendet.

Was gibt es denn? fragt Vladić.

Die Taue haben ſich verwickelt! antwortet Marino. Kommt, Vater Nikefor, bringt ſie in Ordnung, unterdeſſen will ich ſteuern .

Gut! Aber halt feſt und geradeaus, damit wir wieder in die Reihe gelangen , ſpricht der Alte und macht ihm Platz, um ſelbſt am Mitteldeck das Segel zu befeſtigen.

Schluß folgt.

Zigarre aus dem Munde und direkt auf das Pulver, das zur Exploſion gebracht wurde und die Kleider Oborill’s in Brand ſteckte. Auf die Hilferufe eilten Leute herbei, welche ihm die Kleider vom Leibe riſſen, während Brandſtätter ſich flüchtete. Oborill hatte jedoch bereits ſolche Brandwunden erlitten, daß er in ſchwer - verletztem Zuſtande in das hieſige Spital trausportiert werden mußte. Gegen die beiden Burſche wurde die Anzeige erſtattet und Brandſtätter auch bereits dem Bezirksgerichte eingeliefert.

Unglückschronik.

Sonntag mittags wurde in einem hieſigen Reſtaurant der Kurgaſt Herr B. von einem Schlaganfalle heimgeſucht und mußte in das Spital transportiert werden. Freitag wurde in Nöſtach der Taglöhner Anton Biswanger, der in einer Sandgrube beſchäftigt war, von einer herab - fallenden Erdmaſſe verſchüttet und mußte in ſchwer verletztem Zuſtande in das Spital nach Baden trans - portiert werden. Am ſelben Tage fiel der in der Schönauer Baumwollſpinnerei beſchäftigten Tag - löhnerin Roſa Gebhart ein Warentransportaufzug auf den Kopf, wodurch ſie ſchwere Verletzungen erlitt und ebenfalls in das hieſige Spital transportiert werden mußte.

Selbſtmord.

Der Taglöhner Johann Pokorny aus Ober-Waltersdorf feuerte am 7. d. M. in ſelbſtmörderiſcher Abſicht drei Schüſſe gegen ſeinen Körper ab und wurde in das Rath’ſche Spital trans - portiert, wo er ſeinen Verletzungen erlegen iſt. Ein unheilbares Leiden trieb den Mann in den Tod.

Vergiftung durch Tollkirſchen.

Auf eine grauenhafte Art verunglückten Samstag nach - mittags 5 Kinder in Wagram bei Leobersdorf. Die - ſelben badeten ſich um die genannte Zeit im Wr. Neu - ſtädter Kanale. Auf dem Heimwege nahmen ſie ihnen unbekannte Beeren zu ſich, nach derem Genuße ſie zu hauſe heftig erkrankten. Dem herbeigerufenen Ge - meindearzt, der ſchon an den äußern Erſcheinungen Vergiftung konſtatieren konnte, gelang es jedoch trotz der ſofort verabreichten Gegenmittel nur zwei der Kinder zu retten. Ein zehn - und ein elfjähriger Sohn des Fabriksarbeiters Joſef Czakat ſtarben noch im Laufe der Nacht und ein zwölfjahriges Mädchen Sonn - tags früh, während die 6 und 8jährigen Söhne des im gleichen Hauſe wohnenden Fabriksarbeiters Joſef Lehnfeld vielleicht am Leben erhalten bleiben dürf - ten. Durch die Ausſagen der letztgenannten Kinder iſt es erwieſen, daß die Kinder Tollkirſchen zu ſich ge - nommen haben.

Kwizda’s Touriſtenfluid

findet immer mehr und mehr Anwendung ſeitens der Touriſten, Radfahrer, Reiter, Jäger, ſowie überhaupt aller Sportleute, da durch Einreibungen mit Kwizda’s Fluid die Muskeln und Sehnen geſtärkt und jede Ermüdung raſch beſeitigt wird.

Für Säuglinge mit chroniſchen Darm - katarrhen

gibt es kein beſſeres Nährmittel als Kufekes Kindermehl, welches zuerſt ohne Milch, ſpäter mit Milch gereicht, die Gärungen im Darme beſeitigt und den die Er - krankung verurſachenden Mikroorganismen einen ungünſtigen Nährboden darbietet, dabei leicht verdaut und vom erkrankten Darme aufgenommen wird. Es tritt bei der Ernährung dieſer Kinder mit Kufekes Kindermehl nicht nur ein Verſchinden der Durchfälle ein, ſondern auch das Körpergwicht hebt ſich in günſtiger Weiſe.

Müſſen die Eltern ihre Kinder zu den religiöſen Uebungen ſchicken?

Die Ortsgruppe Leobersdorf des Vereines Freie Schule veranſtaltete am 8. September in Detter’s Gaſthaus in Leobersdorf eine allgemein zugängliche Verſammlung mit der Tagesordnung: Müſſen die Eltern ihre Kinder zu den religiöſen Uebungen ſchicken? (Referent Herr Schmid.)

Die Verſammlung war erfreulicherweiſe ſo gut beſucht, daß nicht nur der Saal, ſondern auch ein größerer Nebenraum gut beſetzt waren. Das Haupt - kontingent der Teilnehmer ſtellte die Arbeiterſchaft Leobersdorfs mit ihren Frauen; außerdem waren von der Zentrale des Vereines Herr Sonnen - leitner, von der Ortsgruppe Baden Herr Prof. Süß und von der Ortsgruppe Kottingbrunn eine ſehr zahlreiche Abordnung mit ihrem Obmanne Herrn Roſſecker erſchienen.

Der Obmann der Ortsgruppe, Ingenieur Hill - brand, eröffnete die Verſammlung und begrüßte die Gäſte. Nach Erläuterung des Zweckes der Ver - ſammlung, wobei er auf die jüngſt in Böhmen ſtatt - gefundene Proteſtbewegung gegen die vom böhmiſchen Landesſchulrate erlaſſenen Durchführungsbeſtimmungen zur neuen Schul - und Unterrichtsordnung, die mit der Aufhebung dieſer Beſtimmungen endete, hinwies, erteilte er dem Referenten, Herrn Schmid, das Wort.

Dieſer führte aus: Die neue Schul - und Unter - richtsordnung, wo ſie von der Verpflichtung zu den religiöſen Uebungen ſpricht, ſteht im Widerſpruch mit dem Art. 14 unſerer Staatsgrundgeſetze. Der Zwang zu den reliöſen Uebungen iſt aber nicht nur ungeſetz - lich, ſondern auch ſchädlich für die Charakterbildung der Kinder, denn dadurch wird Heuchelei und Wider - wille gegen die Religion hervorgerufen. Die Religion muß aus innerem Drange nicht durch äußerlichen Zwang betätigt werden.

Er zitiert aus der Erziehungsvorſchrift des ehe - maligen Wiener Erzbiſchofs Vinzenz Eduard Milde mehrere Stellen, wo genau dieſelben Anſichten aus - geſprochen ſind.

Insbeſondere wendet ſich der Referent gegen die ſchädlichen Folgen der Ohrenbeichte in moraliſcher Hinſicht. Der Zwang zu den religiöſen Uebungen iſt nichts anderes als das Beſtreben des Klerikalismus, die Schule wie zu den Zeiten des Konkordats ganz in ſeine Gewalt zu bekommen. Die Freie Schule ruft zum Kampfe auf gegen das ſchwarze Volksgift. Der Redner zeigt an der Hand des Hirtenbriefes des Prager Erzbiſchofs, wie der Klerikalismus die Beſtrebungen des Vereines zu mißdeuten ſucht, und verweiſt auf Frankreich, wo die Trennung der Kirche von der Schule nicht nur lange ſchon beſteht, ſondern auch in letzter Zeit die Trennung der Kirche vom Staate durchgeführt wurde, ferner auf Spanien, das infolge ſeiner Unterjochung durch den Klerikalismus eines der kulturell zurückgebliebenſten Länder Europas war, wo man nun aber auch zu den Waffen greift, um den Volksfeind abzuwehren.

Am Schluſſe ſeines Reſerates verlas Herr Schmid folgende Reſolution, die begeiſtert und einſtimmig angenommen wurde:

Die Teilnehmer der von der Ortsgruppe Leobers - dorf des Vereines Freie Schule am 8. September veranſtalteten Verſammlung erachten, daß der in der neuen Schul - und Unterrichtsordnung ausgeſprochene Zwang der Kinder zu den religiöſen Uebungen der in unſeren Staatsgrundgeſetzen vom 31. Dez. 1867 im Art. 14 gewährleiſteten Glaubens - und Gewiſſens - freiheit widerſpricht; ſie erheben gegen jede Aus - legung dieſer Geſetze in klerikalem Sinne, gegen jede Beſchränkung der Glaubens - und Gewiſſensfrei - heit und gegen jeden Verſuch, unſere Volksſchule dem ſtaats - und volksfeindlichen Klerikalismus aus - zuliefern, lebhaften Proteſt und erklären, daß ſie die Beſtrebungen des Vereines Freie Schule zur Be - kämpfung des Klerikalismus, zum Ausbau unſerer Schule in modernem Geiſte zum Wohle unſeres Volkes und Vaterlandes jederzeit auf das kräftigſte mit Aufbietung aller geſetzlichen Mittel unterſtützen werden.

Herr Hillbrand hob die auf den religiöſen Zwang bezughabenden Stellen des Referates hervor und kam zu dem Schluſſe, daß der Abfall vom Glauben, über den die Klerikalen ſtets klagen, ihr eigenes Werk iſt, denn die Religion, die eine Sache des Gefühls und der inneren Ueberzeugung ſein ſollte, wird von ihnen zu einer ſchablonenhaften Be - tätigung rein äußerlicher Gebärden herabgewürdigt, wovon ein tiefer angelegter Menſch nicht befriedigt ſein kann. Wenn ſich der Klerikalismus dabei ſelbſt ſein Grab gräbt, ſo könnte uns dies nur recht ſein, wenn nicht auch dabei die ſittliche und geiſtige Erziehung unſerer Kinder Schaden leiden würde. Das muß aber verhindert werden. Er fordert daher die Teilnehmer der Verſammlung, welche ſchulpflichtige Kinder haben, auf, die vom Vereine verfaßten Er - klärungsformulare wegen Nichtbeſuch der religiöſen Uebungen ausgefüllt an die Schulleitungen zu ſenden.

Herr Sonnenleitner aus Wien erläutert den Zweck der vom Vereine Freie Schule einge - leiteten Proteſtbewegung und erklärt unter Hinweis auf das Beiſpiel Frankreichs, daß ein Teil des Ver - eines für die vollſtändige Entfernung des Religions - unterrichtes aus der Schule iſt. Der Religionsunter - richt iſt nicht Sache der Schule, denn dieſe ſei für alle Konfeſſionen gleichmäßig da, ſondern Sache der Kirche. Der konfeſſionelle Unterricht ſolle in der Kirche, und zwar von jenen Prieſtern vorgenommen werden, die das Vertrauen der Eltern haben.

Prof. Süß (Baden) erinnert zunächſt an den herrlichen Verlauf der Gründung der Leobersdorfer Ortsgruppe; er kommt dann nochmals auf den Angriff zu ſprechen, welchen in den letzten Tagen ein vielvermögender Kirchenfürſt gegen die Freie Schule richtete. Zweierlei werde dem Vereine be - ſonders vorgeworfen: Religionsloſigkeit und Staats - gefährlichkeit. Die Vereinsmitglieder müſſen ſich erſtens vor dem eigenen Gewiſſen darüber Rechenſchaft geben, ob dieſe Vorwürfe berechtigt ſind oder nicht, dann aber müſſen ſie deſſen gewärtig ſein, daß ſie jeden5Nr. 73. Mittwoch Badener Zeitung 12. September 1906. Augenblick von einem Freunde oder Gegner der Ver - einsbeſtrebungen um eine Auskunft befragt werden könnten und eine Antwort geben müßten.

Auf den erſten Vorwurf ſei zu erwidern, daß die Vereinsmitglieder als freiſinnige moderne Men - ſchen den Kern der Sache die Religion nicht mit der Schale der Konfeſſion , die Haupt - ſache nicht mit der Nebenſache verwechſeln und des - halb jeder Konfeſſion Unparteilichkeit entgegenbringen und Gerechtigkeit widerfahren laſſen; aus dieſem Grunde haben ſie mehr Religion als jene einſeitigen Menſchen, welche nur ihre Konfeſſion, in die ſie meiſt durch den Zufall der Geburt hineingeraten ſind, als Unterpfand irdiſchen Glückes und himmliſcher Seligkeit anſehen und auf die anderen Konfeſſionen ihrer Mitmenſchen von oben herabblicken. Dieſer Standpunkt der Vereinsmitglieder laſſe ſich ohne weiters gegen jeden Biſchof, Paſtor und Rabbiner vertreten.

Was die zweite Beſchuldigung anbelangt, ſo ſei nichts falſcher als dieſe; im Gegenteil, der Verein trage einem eminent ſtaatlichen Bedürfniſſe Rechnung. Die Bevölkerung ſei durch Konfeſſionen geſpalten; dies liege nicht im Vorteile des Staates, denn z. B. als Soldaten müſſen alle Staatsbürger ohne Rück - ſicht auf ihr Glaubensbekenntnis einträchtig Schulter an Schulter kämpfen, als Steuerzahler ſollen ſie, entſprechend ihrer Leiſtungsfähigkeit, in gleicher Weiſe den Staatsbedürfniſſen genügen. Den ſchlimmen Folgen der konfeſſionellen Spaltungen werde abge - holfen durch einen interkonfeſſionellen Unterricht, der aber noch lange kein konfeſſionsloſer zu ſein braucht; denn wenn die jungen Leute der verſchiedenen Kon - feſſionen, auch die Konfeſſionsloſen, auf derſelben Schulbank beiſammenſitzen, überzeugen ſie ſich am gründlichſten davon, daß Tüchtigkeit nicht an eine Konfeſſion geknüpft iſt und werden dadurch zum Nach - denken über jene Lehren erzogen, wonach eine einzelne Konfeſſion als die allein berechtigte und heilbringende hingeſtellt wird. Vielleicht werde man dadurch ſeiner Konfeſſion einigermaßen, entfremdet, aber für den Staat erſt recht gewonnen. Daran ſchließe ſich wahre Nächſten - und Menſchenliebe. Die Geſchichte beſtätige dies: Solange ſich weite Kreiſe der Bevölkerung dem Geiſte unſeres Reichs-Volksſchulgeſetzes nicht ent - fremdeten, habe es hierzulande ein ziemlich feſtge - fügtes Staatsweſen gegeben; erſt als unter Taaffe das Gefüge gelockert, die Bevölkerung konfeſſionell verhetzt wurde und die Klerikalen hauptſächlich durch den Antiſemitismus wieder in den Sattel gehoben wurden, ſei der Wirrwarr hereingebrochen und habe ſchließlich die andere Reichshälfte ergriffen; das Ende des Wirrwarrs ſei noch immer nicht abzu - ſehen; nur durch Betätigung freiſinniger Grundſätze werde eine Beſſerung eintreten.

Endlich noch eine Bemerkung: Den beſprochenen Angriff habe ein gewaltiger Kirchenfürſt unternommen; zur Zeit unſerer freiſinnigen Väter habe nicht bloß ein Erzbiſchof, ſondern der Papſt ſelbſt in ſeiner Unfehlbarkeit unſere freiheitlichen Geſetze als ver - dammenswert bezeichnet; nichtsdeſtoweniger haben ſich unſere Väter nicht einſchüchtern laſſen, ſondern haben an den Geſetzen feſtgehalten. Redner ſchließt mit dem Wunſche, die Verſammelten mögen nicht unwürdige Kinder ihrer Väter ſein.

Der Obmann der Ortsgruppe Kottingbrunn, Herr Roſſecker, teilt der Verſammlung mit, daß ſeine Ortsgruppe eine Verſammlung mit der gleichen Tagesordnung in der folgenden Woche abhalten werde und ladet zur Teilnahme ein.

Hierauf ſchloß die von Begeiſterung für die Sache der Freien Schule getragene Verſammlung, die recht deutlich durch ihren zahlreichen Beſuch und die Einſtimmigkeit der gefaßten Reſolution zeigt, daß die Verhetzungen und Anwürfe von ſeite der Gegner des Vereines nicht imſtande ſind, eine gute und wahre Sache umzubringen, ſondern eher ihr neue Anhänger zuzuführen.

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Korreſpondenzen. [Eigenberichte der Badener Zeitung .]

Mödling.

(Die beiden Feiertage),

welche als die letzten freien Tage in der günſtigen Jahreszeit von den Ausflüglern mit beſonderer Vorliebe zu größeren Touren be - nützt werden, haben diesmal auch für Mödling und Umgebung wieder tauſende von Gäſten gebracht und wohl nie vorteil - hafter als diesmal erwies ſich die Einrichtung, die Fe[r]n-Eilzüge ab Neuſtadt über Pottendorf zu leiten. Denn kaum hatte von Vöslau angefangen ein Lokalzug eine dieſer Stationen verlaſſen, als ſchon neuangekommene Ausflügler in Maſſen der Beförderung gegen Wien harrten. Die Witterung war erſt gegen Ende des zweiten Feiertages ungünſtig geworden und am ſpäten Abend trat ein ausgibiger Regen ein, der die letzten Ausflügler verjagte.

(Die Sicherheitszuſtände)

in Mödling ſind trotz der noch immer nicht genügenden Anzahl von Wachorganen im ganzen recht befriedigende. Nur ſelten ereignet ſich ſelbſt auf den meiſt menſchenleeren Wegen in der Umgebung der Stadt, auf dem Liechtenſtein ꝛc. ein bennruhigender Vorfall, wie z. B. die vor einigen Tagen gegen die Muſikersgattin Frau Swoboda vorgekommene, von der Dämmerung be - günſtigte Attake. Die Behörde fahndet nach dem Burſchen, der bis zur Stunde noch nicht dingfeſt gemacht werden konnte. Der zweite Fall, wobei die als gewälttätig bekannte Magd Schremſer eine andere Magd namens Kurzwaller auf der Straße überfiel und dann durch einen ihr bekannten Spenglergehilfen Paſchler mißhandeln ließ, erweiſt ſich als ein gewöhnlicher Straßenexzeß.

(Die Kunſtausſtellung)

wurde bereits geſchloſſen. Als erſte derartige Ausſtellung in Mödling hatte ſie zweifel - los einen ſchönen Erfolg zu verzeichnen. Unter den 1500 Be - ſuchern ſind auch viele Wiener geweſen.

(Waldbrand.)

In der Vorwoche geriet wohl infolge der Unvorſichtigkeit eines Spaziergänge[r]s durch Wegwerfen eines brennenden Hölzchens ein Teil des Waldes bei Gaaden in Brand. Es wurden bis zur Löſung etwa 400 Quadrat - meter Fläche vom Feuer ergriffen.

(Bei der Hauptverſammlung der Südmark )

in Wr. -Neuſtadt waren auch viele Angehörige dieſer deutſchen Vereinigung aus Mödling anweſend. Auch Miniſter Profeſſor Marchet hat die Verſammlung〈…〉〈…〉 abtlich begrüßt und den Verband zu weiteren Erfolgen wärmſtens beglückwünſcht. Untern den mitw[i]rkenden Mitgliedern des Wr. -Nenſtädter Südmark-Quartetts befand ſich auch das hier bekannte Ehepaar Dr. Heißenberger. Erſt mit dem letzten Zuge kehrten viele Teilnehmer an dem Feſte wieder heim. Einige Daten über die Südmark , die ja in unſeren Bezirken viele An - hänger beſitzt, mögen hier Platz finden. Der Verein zählt 270 Ortsgruppen mit einer Einnahme von 120.568 K, worunter die Spenden e[t]wa ein Drittel davon betragen, ferner ein Geſamtvermögen von 428.000 K. Unter den Einnahmen ſind als beſte Poſten die Südmarkzünder mit 6508 K und die Wehrſchatzmarken mit 5538 K. Die Südmark hat im ab - gelaufenen J[a]hre in verſchiedenen öſterreichiſchen Ländern Geld für Schulzwecke geſpendet, darunter für Bauern und Grund - beſitzer in Kärnten, Krain, Steiermark, Küſtenland und Niederöſterreich die Summe von 30.303 K. Außerdem hat ſie die verſchiedenen Büchereien ſowie Ortsgruppen ꝛc. reichlichſt unterſtützt.

(Unfall.)

In der letzten Nummer haben wir erzählt, wie geſchickt ein Radfahrer einem unvorſichtigen Sportgenoſſen auswich und dadurch großes Unheil verhütete. Nicht ſo glück - lich war der Beamte T., dem vor einigen Tagen, als er durch die Neudorferſtraße fuhr, der zehnjährige O. Fröſchel ins Rad lief und von dieſem niedergeworfen wurde. Im erſten Augenblicke dachten die wenigen Zeugen des Unfalls, daß der Knabe ſchwer verletzt ſei. Dies war nicht der Fall; der Knabe blutete wohl infolge von Hautabſchürfungen am Hals, an den Händen ꝛc. ziemlich heftig, erlitt aber bloß leichte Verletzungen, ſo daß ſein Allgemeinbefinden ein gutes iſt.

Theater.

Stadttheater in Baden.

Freitag, den 7. d. M., zum Vorteile des Herrn Dominik Löſcher Das ſüße Mädel . Mit einer Aufführung dieſer melodiöſen, wenn auch ſchonziemlich abgeſpielten Reinhardt’ſchen Operette beging der allſeits beliebte und geſchätzte Charakterkomiker Löſcher vor beinahe ausverkauftem Hauſe, unter ſtürmiſchen, von den diverſen Benefizüberraſchungen begleiteten Beifallsbezeugungen ſeinen Ehrenabend.

Herr Löſcher, der ſich, wie bekannt, beim Sommerpublikum wie in den Kreiſen unſerer ſtän - digen Theaterbeſucher derſelben großen Wertſchätzung erfreut, trotzdem ihm eigentlich dieſe Saiſon nicht gerade immer Paraderollen ſeines reichhaltigen Re - pertoires beſcherte und er ſich auch mittelſt Epiſoden den Dank des Publikums verdienen oder ſich in dem Beſtreben undankbare und trockene Aufgaben aus eigenem etwas aufzupolieren, oft einer kaum der Mühe lohnenden anſtrengenden Arbeit unterziehen mußte.

In der neueren Operette wird ja auch das Fach des Charakterkomikers mitunter ſtiefmütterlich behandelt; die paar älteren Werke, wie Blaubart , Sieben Schwaben , Helena , Zigeunerbaron , die die alles überſtrahlende luſtige Witwe aufkommen ließ, oder Wäſchermädl , Schützenlieſel und Frühlingsluſt geben zwar dem Komiker was des Komiker iſt, können aber den Unzulänglichkeiten ſo vieler Partien nicht die Wage halten.

Als Graf Liebenburg ſen. öffnete der geſchätzte Benefiziant Herr Löſcher, ſpielſicher und partien - feſt wie immer, alle Schleußen der Beredſamkeit und der Komik und gelangte auch mit dieſen durch eine wirkſame Doſis Blaſiertheit unterſtützten Vorzügen zum Siege.

Die Lola Winter ſang Frau Herma wie früher zum Entzücken ihrer Zuhörerſchaft und Herrn Schütz Graf Hans entlockte die launiſche Dame ſeine glanzvollſten Töne, ſeine weichſten Pianiſſimo.

Sehr brav hielt ſich auch Fräulein Ellen als Lizzi. Das ernſte Vorwärtsſtreben und der große Fleiß der jungen Dame berühren äußerſt angenehm und auch das Publikum weiß dieſe Eigenſchaften zu ſchätzen und anzuerkennen. Der große Applaus nach dem ſehr hübſch vorgetragenen Liedchen des Fräuleins bildete die wohlverdiente Quittung für die hübſche Leiſtung. Auch Fräulein Schneider darf als Fritzi die Anerkennung nicht verſagt bleiben. Wenn ſie manchmal auch ein wenig zu derb kam und im Tanze ihre Vorgängerin ſelbſtverſtändlich nicht einholen konnte, ſo gab ihr gerade dieſe Rolle wiederholt Gelegenheit, in den Vordergrund zu rücken und ſich dort ſtellenweiſe ſogar recht gut zu behaupten.

Herrn Gerhardt’s Florian und Herrn Ott’s Proſper Plew[n]y, beide beſtens bekannt in dieſen Partien, ſorgten ausgiebig für die Heiterkeit.

Das zu Anfang des zweiten Aktes auftretende Kinderballett (ſieben Mädchen und drei Knaben) er - zielten einen durchſchlagenden Erfolg und mußten die Miniaturtänzer ihre Evolutionen und Tänze auf ſtürmiſches Verlangen wiederholen.

Samstag, den 8., fand nachmittags die dritte Aufführung der Operette Das Schwalberl aus dem Wienerwald , und zwar in ziemlich ſchleppendem Tempo, ſtatt und abends gelangte die luſtige Operette Das Wäſchermädel zur Auf - führung. In beiden Fällen gut beſuchtes Haus.

Sonntag, den 9., ebenfalls zwei Vorſtellungen, den nachmittäglichen Wolf Bär Pfefferkorn auf Reiſen und abends Die luſtige Witwe mit ihrem ſtets im Gefolge habenden aus - verkauften Hauſe.

Montag, den 10. d. M., zum erſten Male: 1001 Nacht , phantaſtiſche Operette in einem Vorſpiel und zwei Akten von Leo Stein und Karl Lindau. Muſik von Johann Strauß, bearbeitet von Ernſt Reiterer. In Szene geſetzt von Direktor Alfred Schreiber. Die neuen Dekorationen aus dem Atelier des Herrn F. Hais in Wien, die neuen Koſtüme vom Obergarderobier Herrn Karl Bauer.

Unter den günſtigſten Auſpizien wurde die heurige Saiſonneuheit der Wiener Sommerbühne im Prater auch hier bei uns vom Stapel gelaſſen. Sind es die jubelnden und zündenden Melodien aus Johann Strauß Indigo , die Kapellmeiſter Reiterer mit Hilfe der bekannten Librettiſten in ein orien - taliſches Milieu verwoben und deren Wiedererſtehung ſo erwärmt, iſt es der Zauber des Orients, der uns aus Pracht und Glanz der Dekorationen und Koſtüme entgegenzuleuchten ſcheint und ſo das Auge gefangen hält? Wie dem auch ſei, der Novität war ein ſchöner, durchſchlagender Erfolg beſchieden, zu dem gewiß auch die brillanten Leiſtungen unſerer Operettenmitglieder einen reichlich guten Teil bei - getragen.

Fürſt Suliman-Moſſu (Herr Schütz) ſang groß - artig, Fräulein Salden’s Leila feierte förmliche Orgien mit hohen Tönen, Frau Herma’s reizende6Mittwoch Badener Zeitung 12. September 1906. Nr. 73. Wally bewies, daß dieſe Künſtlerin auch aus einer unbedeutenden Rolle etwas Erſtklaſſiges zu machen verſteht und Herrn Löſcher’s Eddin trug, als einziger Vertreter der Komik, wahre Triumphe davon. Eine eingehende Beſprechung des Werkes nnd ſeiner Beſetzung folgt wegen Raummangels in nächſter Nummer.

Theater in Mödling.

Der glanzvollen Vorſtellung von Pufferl folgte eine ebenfalls noch gut beſuchte Aufführung die zehnte in dieſem Spieljahr der Luſtigen Witwe , dann die letzte Kindervorſtellung mit dem beliebten Max und Moriz , endlich Wiener Blut ſowie das Süße Mädel . Trotz des günſtigen Wetters machte namentlich die letztere Aufführung wieder ein ſehr volles Haus. Die Leitung der Bühne hat, wie ſchon früher erwähnt, ſeit Jahren ſolche Kaſſenerfolge nicht aufzuweiſen gehabt. Auch die letzte Woche bringt noch Zugſtücke, wie Der Weg zur Hölle , dann O, dieſe Schwiegermüt - ter und endlich ein kleines theatraliſches Ereignis, nämlich die Erſtaufführung der Poſſe Das Beet - hovenhaus von Hermann Hoffmann, der ſich be - reits früher als Verfaſſer des hier zur Aufführung gelangten Stückes Die lieben Offiziere be - merkbar gemacht hat. Dieſem Abend wird mit Inter - eſſe entgegengeſehen, da mehrere Bühnenleiter, darunter Direktor Gettke, der Vorſtellung angeblich beiwohnen werden und die Poſſe ſpäter auch in Raimundtheater aufgeführt werden ſoll. Schließlich ſei erwähnt, daß an dieſem Abende zugleich das Benefize des Schauſpielers Mühlberg ſtattfindet, der ſich ja in der Zeit ſeiner hieſigen Wirkſamkeit Sympathien erworben hat.

Eingeſendet.

Sehr geehrter Herr Redakteur!

Sie würden mich zu außerordentlichen Dank verpflichten, wenn Sie die Güte hätten, nachſtehende Zeilen in Ihrem geſchätzten Blatte aufzunehmen!

Herr Guſtav Waldheim recte Goldſchmied hat an das löbliche Theaterkomitee und Herrn Direk - tor Schreiber je ein Schreiben gerichtet, in welchem er ſeiner Verwunderung Ausdruck gibt, daß weder das Theaterkomitee, noch Herr Schreiber, ja nicht ein - mal ein einziges Mitglied des Enſembles es der Mühe wert gefunden hat, ihm, dem Herausgeber der weltverkannten Kurgäſte-Zeitung, das Be - dauern auszudrücken, daß ich es gewagt habe, ihn durch ein gelungenes Extempore von der Bühne herab anzugreifen. Er hofft dafür aber ganz beſtimmt, daß ich für dieſe unerhörte Freveltat nicht mehr reenga - giert werde.

Was das löbliche Theaterkomitee und Herr Direktor Schreiber auf dieſe Einmengung in eine interne Angelegenheit antworteten, weiß ich nicht, was jedoch die Mehrzahl meiner Kollegen und Kolle - ginnen betrifft, kann ich offen eingeſtehen, daß die - ſelben unverholen ihrer Freude über mein Extempore Ausdruck gaben und mir dazu gratulierten.

Außerdem erkläre ich hiemit, wie ich dies ſchon bei der Gerichtsverhandlung tat, daß mein Vertrag nur bis 15. September währt, leider, denn es würde mir nur ein außerordentliches Vergnügen bereiten, dem Herrn noch länger ein Dorn im Auge zu ſein!

Alſo, Herr Goldſchmied, gedulden Sie ſich bis zum 15. September, an dieſem Tage können Sie zu meiner Abſchiedsvorſtellung kommen!

Dies alles bringe ich nur deshalb zur Kennt - nis eines geehrten Publikums, damit Herr Gold -ſchmied nicht etwa auf die wahnwitzige Idee ver - fällt, zu behaupten, er hätte mich um mein Enga - gement gebracht.

Für die Veröffentlichung dieſer Zeilen beſtens dankend, zeichne ich hochachtend

Aufruf!

Die ehemaligen Schüler der Volks - und Bürger - ſchule in Baden werden hiemit in Kenntnis geſetzt, daß ſich ein Komitee gebildet hat, das es ſich zur Aufgabe geſetzt hat, dem verſtorbenen verdienſtvollen Bürgerſchuldirektor Herrn Emanuel Fitzga der als Lehrer wie als Menſch und Mitbürger uns unvergeßlich bleiben wird, an der Sätte ſeines Wirkens eine Erinnerungstafel zu ſetzen.

Wer ſich noch an ſeine Schulzeit unter dem Herrn Oberlehrer und Direktor Fitzga zurückerinnern kann, wird gewiß ohne jedes weitere Bedenken dieſes ſein Wirken anerkennen, und darum erſuchen die Ge - fertigten um Unterſtützung ihrer Idee und bitten alle ehemaligen Schüler, zur Errichtung dieſes Liebes - zeichens beizutragen. Jede, auch die kleinſte Spende, wird dankbar angenommen und in den Lokalblättern ſeinerzeit ausgewieſen.

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7Nr. 73. Mittwoch Badener Zeitung 12. September 1906
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8Mittwoch Badener Zeitung 12. September 1906 Nr. 73
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About this transcription

TextNr. 73, 12.09.1906.
Author[unknown]
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Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Benjamin FiechterSusanne HaafNote: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).2018-01-26T13:38:42Z grepect GmbHNote: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T13:38:42Z Amelie MeisterNote: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T13:38:42Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic informationNr. 73, 12.09.1906. . Johann WladarzBaden (Niederösterreich)1906. Badener Zeitung

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IDS Mannheim

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; mkhz2

Editorial statement

Editorial principles

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

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  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T11:23:24Z
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