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Die Tſchechen haben nun ihren Landsmann - miniſter Profeſſor Randa; ſie erklären jedoch in allen Tonarten, das genüge keineswegs, um ſie zu einer Aenderung ihrer Taktik oder gar ihrer Politik zu veranlaſſen. Dazu müßte von Seite der Regierung zuerſt eine „ reelle Grundlage “, müßten „ tatſächliche Prämiſſen “geſchaffen werden. Ueberſetzt man das aus dem nebelhaften in ein verſtändliches Deutſch, ſo müßte man ſagen, die Tſchechen verlangen außer dem Zugeſtändniſſe des Landsmannminiſters, das ihnen Dr. v. Körber, entgegen ſeinen Verſprechungen, einſeitige nationale Zugeſtändniſſe nicht mehr machen zu wollen, ohne Einvernehmen mit den Deutſchen dennoch gemacht hat, noch andere einſeitige Zugeſtändniſſe. Die Tſchechen ſtehen alſo da wo ſie geſtanden, als ſie zunächſt die tſchechiſche innere Amtsſprache und die tſchechiſche Univerſität in Mähren begehrten, nur daß ſie diesmal keine beſtimmt bezeichneten Forderungen aufſtellen, ſondern bloß im allge - meinen ſagen, ſie müßten etwas bekommen, ſie müßten etwas haben; ohne dem gehe es nicht, ohne dem laſſen ſie Oeſterreich nicht leben, nicht zur richtigen Entwicklung gelangen.
Es iſt alſo die alte, bekannte Poſtulaten - politik, die ſich nur ein wenig anders heraus - geputzt hat. Einmal ſagt ſie glattweg, was ſie will, das andere Mal läßt ſie uns im Zweifel darüber, ob ſie fünf Gulden oder fünfzig Gulden haben will. So machen es die Wiener Fiaker, wenn ſie ein Fahrgaſt fragt was er ſchulde: „ Euer Gnaden wiſſen es ohnehin “. Gibt derGaſt zu wenig, dann iſt der Fiaker damit ſelbſt - verſtändlich nicht zufrieden; gibt er aber genug oder mehr als genug, dann verlangt der Fiaker immer noch ein Trinkgeld darauf. So haben es die Tſchechen von jeher gemacht, ſie haben immer mehr wollen und bei der ſeit vierzig Jahrrn von den Regierungen den Tſchechen gegenüber einge - haltenen Politik iſt auch gar nicht abzuſehen, daß die Tſchechen es jemals anders machen werden. Man kann ſich nun unter den reellen Grundlagen und Prämiſſen viel, viel mehr vorſtellen als bloß die zwei letzten Hauptforderungen, aber auch viel weniger Die Tſchechen glauben offenbar, daß das Entgegenkommen der Regierung mit dem Lands - mannminiſter Ausſichten weit über jene beiden Forderungen hinaus eröffne. Die Regierung da - gegen meint, die Tſchechen ſeien bereits ſo mürbe, daß ſie auch weniger nehmen würden als jene zwei Zugeſtändniſſe, die ſie als eine Vorausbe - zahlung für die bloße Geneigtheit, mit den Deutſchen in Unterhandlungen einzutreten, verlangten. Jeder - mann kann das eine oder das andere glauben, je nachdem er gerade gut oder ſchlecht aufgelegt iſt. Die Regierung läßt verkünden, die Tſchechen würden im Reichsrate kaum weiter Obſtruktion mochen, ſeitdem ſie wieder einen Landsmann miniſter haben und die Polen verkünden, daß die Tſchechen ganz beſtimmt nicht weiter obſtruieren werden. Die Tſchechen aber nehmen den Lands - mannminiſter hin, wie ſie bisher noch jedes Zu - geſtändnis hingenommen haben: ſie ſtecken es in den Sack und halten weiter den Hut hin.
Wer ſoll denn nun glauben, daß mit diefer Neubildung des Kabinettes wirklich etwas ge -ſchehen ſei zur Feſtigung unſerer inneren Ver - hältniſſe oder auch nur zur Anbahnung einer Beſſerung der inneren Lage? Daß die Deutſchen durch den tſchechiſchen Landsmannminiſter nur noch mißtrauiſcher und vorſichtiger geworden ſind, als ſie es ohnehin ſchon infolge der jüngſten Maßnahmen in Schleſien, Innsbruck, Dalmatien u. ſ. w. waren, iſt doch gewiß keine Verbeſſerung der Lage in der inneren Politik, mag man auch das Gewicht der Deutſchen für Oeſterreich noch ſo gering berechnen und das der Slaven noch ſo hoch veranſchlagen. Die Unzufriedenheit der Deutſchen wird im Vergleiche zum Stirnrunzeln der Slaven, und wäre es auch nur das der Slo - venen, ſtets als das geringere Uebel angeſehen, bis endlich wieder einmal den Deutſchen die un - erſchöpfliche Geduld ausgeht und ſie durch die Gewichtsſchätzungen der Regierung einen dicken Strich machen. Bis dahin wiſſen ſich dieſe Re - gierungen, wenn die Tſchechen oder andere bocken und die Dinge wieder zu dem berühmten: „ Es muß etwas geſchehen “, gediehen ſind, ſtets nur damit zu helfen, daß ſie den Unzufriedenen irgend ein Begütigungsgeſchenk, ſei es auf Koſten des Staates oder des Deutſchtums machen. Diesmal kam Herrn v. Körber der Rat in den Sinn, den Tſchechen als Reichsrats-Eröffnungsfrühſtück den Landsmannminiſter vorzuſetzen. Vielleicht hat er dann noch zum Mittag - und Abendmahl etwas in ſeinem Speiſekaſten; vielleicht öffnet er deſſen Türe ein wenig zum Einblick für jene, die er gewinnen will. Jedenfalls ſind die Hoffnungen der Tſchechen neu belebt und Profeſſor Randa konnte bei ſeinem Abſchiede von Prag die zweite tſchechiſche Uni -
(Fortſetzung.)
Der Bauer hatte vor der Türe die ganze De - batte mitangehört und wartete geſpannt auf den Ausgang derſelben; er war bis hieher entſchieden an der Seite ſeiner Ehehälfte, bei ihrer letzten Aeußerung aber fuhr er empört auf und trat raſch in die Stube hinein.
„ Na, das gibt’s net, daß i meine Weibsleut alloan af an Kirchta geahn laſſ’, das g’hört ſie net, da muaß i a dabei ſein “.
Weiß Gott wie ſich die Bäuerin dieſe Aeußerung auslegte, ſie warf ihrem Gebieter ein holdſeliges Lächeln zu und ſagte: „ Aber Alter, i han dir die ganz’n zwanz’g Jahr was mer verheirat’ ſand, do nia koan Anlaß net geb’n “, und dabei verſetzte ſie ihm einen zärtlichen Schlag auf die Schulter. Der Bauer aber war ganz zufrieden mit dieſer Mißdeutung ſeiner Worte und die Kirchtagsfahrt zu dreien wurde eine beſchloſſene Sache.
Etwas ſpäter trafen ſich die Kathl und der Franzl beim Gartenzaun und ſie erzählte ihm in fliegender Haſt das ſoeben Erlebte. Der Burſche aber faßte die Sache ganz anders auf, er machte einen Schnalzer mit der Hand in der Luft und ein Freuden - ſtrahl flog über ſein Geſicht. „ Das g’freut mi aber! Und wann mei Schatz af’n Kirchta is, oft muaß i a dabei ſei — i fahr mit’n Toni mit. Schatzerl ofttanz mer an Steiriſch’n, daß alles paſcht! “ſagte er noch in heiterſter Laune, dann ſtoben ſie ausein - ander, denn die Leitenbäuerin ließ ſich hören und als Franzl wieder über den Hof hinüberſchritt, da ſang er in ſeiner übermütigen Weiſe.
„ Steiriſch tanz’n kann net a Niader,
I kann’s ſelber net, aber meine Brüader. “
Das Gebaren des Burſchen machte auch Kathl wieder heiterer und in ſehr wechſelvoller Stimmung ließ ſie den Sonntag herankommen.
Am genannten Tage um ſieben Uhr früh ſtand das einſpännige Steirerwägelchen des Leitenbauern ſchon in Bereitſchaft vor dem Hauſe und gleich da - hinter der Leiterwagen des Hofbauern mit ſeinen zwei Schecken.
Thereſe ſtand am Fenſter ihres Stübchens, ver - ſteckt hinter den hohen Topfgewächſen, und beobachtete die Vorgänge da drüben. Vom Kapellenbauernhof beſuchte heute niemand den Kirchtag — den beiden Bauersleuten verbot es ſchon die Pietät für ihren Sohn — und auch Thereſe war trotz heftigen Zu - redens der Hofbäuerin nicht zu bewegen, ſich ihr anzuſchließen. Ja, die Schwarzböckin ſelbſt gab ſich alle Mühe, ihre Tochter zu überreden, hoffte ſie doch von Spiel und Tanz einen günſtigen Einfluß auf den rätſelhaften Gemütszuſtand ihres Kindes — auch die Hofbäuerin hatte ihre geheimen Pläne — aber The - reſe ließ nicht ab von ihrem entſchiedenen „ Na “und ſo verzichtete auch die Nachbarin auf das Kirchenfeſt in St. Wolfgang.
Nun tat ſich die Türe auf beim Leitenbauern, die Bäuerin in großem Staat trat als die erſte heraus und auf den Wagen zu; ſie trug einen dunklen Ripsrock, eine breite, ſchwarze Atlasſchürze, eineebenſolche Jacke mit Perlenborten benäht, und den Kopf hob ſie wie eine ſouveräne Fürſtin. Hinter ihr kam die Kathl. Der Sepp hatte nicht zu viel geſagt, daß ſie ein bildſauberes Deandl war, das mußte ſich ſelbſt Thereſe in ihrem bitteren Haß eingeſtehen. Das blendend weiße Mullhemd mit den kurzen, bauſchigen Aermeln, das Sammetmieder kleidete ſie vortrefflich und der niedere, runde Hut, der auf den dicken Flechten ſaß, ſtand ihr allerliebſt. Die ſchwarzen Augen funkelten vor Vergnügen und auf den Wangen lagerte das friſche Rot der Alpenroſe.
Nun kam auch der Toni heraus aus ſeinem Hauſe und nach einigen kurzen Worten mit den Nachbarsleuten beſtieg auch er mit dem Franzl und den anderen Dienſtleuten den Wagen und fort ging es. Thereſe wandte ſich von dem Fenſter ab, eine Träne im Auge zerdrückend, rüſtete ſie ſich für ihren Kirchgang.
Die kirchlichen Zeremonien in Wolfgang waren ſchon längſt vorüber und im Wirtshauſe, das zwei mit bunten Bändern geſchmückte Nadelbäume vor der Einfahrt als den eigentlichen Feſtplatz kenn - zeichneten, ging es recht lebhaft zu. Muſikklänge, untermiſcht mit Händeklatſchen und Füßeſtrampfen, tönte einem ſchon von weitem entgegen und die ver - ſchiedenartigſten Gerüche entſtrömten der Küche. Die Jugend war ſchon im vollſten Tanzen begriffen und die Alten taten ſich gütlich in den Nebenräumen bei Speiſe und Trank.
Ganz im hinterſten Stübchen, ſonſt die Schlaf - ſtube der Wirtsleute, von wo man nicht den geringſten Ausblick auf den Tanzboden hatte, hatten ſehr dienſt -
verſität ſeinen Hörern ins Stammbuch ſchreiben. So haben wir es wie bei den Tſchechen mit der alten Poſtulatenpolitik, bei der Regierung mit der alten Politik der Belohnung eigenſinniger Störrigkeit und der Schlichtung aller Verlegen - heiten durch Gefährdung der nächſten und ent - fernteren Zukunft zu tun. Auf dieſe Art iſt den Tſchechen ihre Poſtulaten -, Etappen - und Broſamen - politik nicht abzugewöhnen. Anſtatt das mit eiſerner Folgerichtigkeit durchzuſetzen, indem den Tſchechen gezeigt wird, was ſie zu verlieren haben und durch ihre Halsſtarrigkeit, welche alle ſchädigt, gefährden, erhalten ſie durch den Landsmann - miniſter die bündige Verſicherung, daß ihnen nichts geſchehen wird, ſie mögen obſtruieren oder nicht oder ſonſt tun und laſſen, was ihnen be - liebt. Und das ſoll die Tſchechen zur Nachgiebig - keit ſtimmen?
Die Regierung des Geſammtſtaates liegt in den Händen eines Präſidenten und eines Kongreſſes, der aus einem Senat und einem Reprä - ſentantenhauſe beſteht. Der Präſident ſowie ſein Vertreter, der Vizepräſident, wird auf vier Jahre gewählt, dergeſtalt, daß die über 21 Jahre alte männliche Bevölkerung der einzelnen Staaten eine der Größe derſelben entſprechende Anzahl Wahlmänner aufſtellt, die den Präſidenten und Vizepräſidenten ernennen. Die Mitglieder des Senates erhalten ihr Mandat von den geſetzgebend[e]n Körperſchaften der einzelnen Staaten auf ſechs Jahre, und zwar ſo, daß aller zwei Jahre ein Drittel der Senatoren ausſcheidet und durch Nenwahlen erſetzt wird. Da jeder Staat, gleichviel ob groß oder klein, zwei Senatoren zu entſenden hat, ſo beträgt die Zahl derſelben insgeſamt 90. Das Repräſentantenhaus endlich geht aus allge - meinen und direkten Wahlen hervoe, die innerhalb der einzelnen Staaten aller zwei Jahre ſtattfinden, und bei denen jeder Staat eine ſeiner Bevölkerungs - zahl entſprechende Abgeordnetenzahl zu ernennen hat. Die Geſamtzahl der Mitglieder des Repräſentanten - hauſes betrug gemäß dem Zenſus von 1900: 386. Wählbar zum Präſidenten iſt nur ein geborener Unionsbürger, wählbar zum Senat unr ein Einwohner des betreffenden Staates, der das 30. Jahr zurück - gelegt hat und ſeit neun Jahren Unionsbürger iſt, und wählbar in das Repräſentantenhaus nur ein 25 Jahre alter, ſiebenjähriger Unionsbürger. Imübrigen unterliegt die Wahlberechtigung gewiſſen Abänderungen von Staat zu Staat, und in Califor - nien, Oregon und Idaho ſind Chineſen, in Montana und anderweit Indianer davon ausgeſchloſſen, während ſie in Wyoming, Colorado, Idaho und Utah auch auf die Frauen ausgedehnt iſt. Die Tagungen finden im Kapitol zu Waſhington ſtatt.
Was die Funktionen der verſchiedenen Regierungs - organe betrifft, ſo liegt dem Präſidenten vvr allen Dingen die ausübende Staatsgewalt ob: der Ober - befehl über Heer und Flotte, die Befugnis, Verträge mit anderen Staaten zu ſchießen, Geſandte und Koſuln ſowie die anderen hohen Beamten des Geſamt - ſtaates zu ernennen und abzuſetzen, in den beiden letzten Beziehungen iſt er aber an die Zuſtimmung des Senates gebunden. Das Recht der Kriegserklärung hat er nicht und ebenſowenig das Recht, Geſetzentwürfe einzubringen. Bei der Geſetzgebung ſteht ihm aber ein beſchränktes Vetorecht zu, indem ein von ihm nicht unterſchriebenes Geſetz nur in Wirkſamkeit tritt, wenn es bei nochmaliger Beratung von einer Zwei - drittelmehrheit der beiden Häuſer des Kongreſſes genehmigt wird. Außerdem hat er die Verpflichtung, über die richtige Handhabung der Geſetze zu wachen. Als Vorſtände der oberſten Unionsämter ſtehen ihm acht Miniſter (secretaries) zur Seite: der Staats - ſekretär, dem die Leitung der äußeren Angelegenheiten obliegt; der Schatzamtsſekretär, dem das Finanz -, Münz - und Zollweſen unterſteht; der Inlandamts - tekretär, dem die Verwaltung und Vergebung der ausgedehnten öffentlichen Ländereien, die Indianer - angelegenheiten, das Patentweſen, das Penſionsweſen, der Zenſus u. ſ. w. zufallen; der Kriegsamtsſekretär, der Marineamtsſekretär, der Juſtizamtsſekretär, der Ackerbauamtsſekretär und der Poſtamtsſekretär. Dieſe Miniſter werden von dem Präſidenten ernannt und entlaſſen und ſind ihm allein verantwortlich, während er ſelbſt für alle Handlungen der Exekutive dem ſouveränen Volke veranwortlich iſt, vom Repräſentan - tenhauſe unter Anklage geſtellt und vom Senat ver - hört und gerichtet werden kann.
Die geſetzgebende Gewalt für die gemeinſamen Angelegenheiten der Föderativrepublik hat der Kon - greß, derart, daß jeder Geſetzentwurf (bill) der Zuſtimmung beider Häuſer bedarf, ehe er Geſetz (law) wird, natürlich unter Vorausſetzung der Unterſchrift des Präſidenten oder unter Rückſichtnahme auf deſſen Vetorecht. Außerdem hat allein der Kongreß das Recht der Kriegserklärung, und ebenſo wie den Präſidenten, kann das Repräſentantenhaus auch alle anderen Zivil - beamten des Geſamtſtaates unter Anklage ſtellen, während dann der Senat als oberſter Staatsgerichtshof auftritt. Dem Repräſentantenhauſe ſteht ferner das Recht der Präſidentenwahl zu, ſobald dieſelbe in der oben angegebenen Weiſe nicht zuſtande kommt, weil keiner der Kandidaten eine abſolute Stimmenmehrheit erhält. Steuergeſetze können ausſchließlich durch Vor - ſchläge aus dem Repräſentantenhauſe zur Beratunggelangen, und der Senat kann nur an der Umgeſtal - tung derſelben mitwirken.
Die Bundesgerichtshöfe, denen die Hand - habung der für den Geſamtſtaat geltenden Geſetze obliegt, die aber zu den Gerichtshöfen der einzelnen Staaten in keinerlei Beziehungen ſtehen, zerfallen in einen oberſten Bundesgerichtshof, neun Kreisgerichts - höfe und 55 Unterkreisgerichtshöfe. Die Richter ernennt der Präſident unter Zuſtimmung des Senates. Bei der Einteilung des Staatsgebietes in Gerichts - bezirke iſt natürlich in erſter Linie die Verteilung der Bevölkerung maßgebend geweſen, und ſo entfallen auf die appalachiſche Landeshälfte ſieben, auf die cordilleriſche nur zwei von den Kreisgerichtsbezirken.
Die Regierung der Einzelſtaaten beſteht ans einem Governor, dem ein ſtellvertretender Governor zur Seite ſteht, und aus einer nach dem Zweikammer - ſyſtem eingerichteten Geſetzgebenden Verſammlung, deren Befugniſſe in ähnlicher Weiſe gegeneinander abgegrenzt ſind wie in dem Geſamtſtaate. Die Er - wählung dieſer Behörden erfolgt aber in den ver - ſchiedenen Staaten in verſchiedener Weiſe, und die Wahlberechtigung iſt nicht in allen Staaten die gleiche. Nur ſeinen erſten Miniſter ernennt der Governor, die übrigen gehen ebenfalls aus Volkswahlen hervor, und die Zahl ſowie die Aufgabe und Benennung derſelben iſt je nach der Größe und Eigenart des Staates verſchieden. Uebrigens iſt der Kreis der Angelegenheiten, welche der Geſetzgebung und der Exekutive der Einzelſtaaten untertiegen, ſehr groß, und namentlich fällt in ihn faſt das geſamte bürger - liche Recht, das Munizipalrecht, ein großer Teil des Finanzweſen, die öffentlichen Arbeiten, das Unter - richtsweſen u. ſ. w.
Die Hauptgründe für das nordamerikaniſche Föderativſyſtem ſucht J. Bryce ganz richtig vor allem in der hiſtoriſchen Tatſache, daß die Bildung des Staatsweſens von getrennt beſtehenden Kolonien ihren Anfang nahm, ſodann in der Ueberzeugung der Be - völkerung, daß eine lokaliſierte Regierung die beſte Bürgſchaft politiſcher Freiheit ſei, und endlich in der Erkenntnis der Schwierigkeit, ein ſo großes Land und Volk von einem Mittelpunkte aus und durch eine Regierung zu verwalten.
Was die ſogenannten Territorien betifft, deren es zurzeit (abgeſehen von Hawai und Puerto Rico) fünf gibt, ſo ſind dieſelben ſozuſagen unfertige Staaten, denen es vor allen noch an einer genügenden Bevölkerungszahl fehlt. Ihre Regierungsform iſt äußerlich derjenigen der Einzelſtaaten ähnlich, ihre Verfaſſung iſt ihnen aber von der Zentralregierung vorgeſchrieben, und ihren Governor ſowie ihre Richter ernennt der Bundespräſident.
Noch mehr als in der Unionsverfaſſung und in der Verfaſſung der Einzelſtaaten kommt der demokra - tiſche Geiſt, der das Staatsweſen durchweht, in der Gemeinde - und Coutyverfaſſung zur Gel - tung. Den Gemeinden ſteht die denkbar vvllkommenſte Selbſtverwaltung zu, und in den kleineren Ortſchaften
fertig der Toni und der Franzl an einem der langen Tiſche Platz geſchaffen für die Leitnerin und ihren Mann. Von den Sitzen in der Hinterſtube war die Bäuerin für den Anfang wohl nicht ſehr entzückt, deſtomehr aber von der Dienſtfertigkeit des jungen Hofbauern.
Als der Tanz begonnen hatte, führte der Toni die Kathl hinein und gleich darauf flogen ſie, den Klängen der Muſik folgend, über den Tanzboden hin. Die Leitenbäuerin konnte ſichs nicht nehmen laſſen, ihnen nachzugehen und unter der Türe, ein - gekeilt zwiſchen anderen Zuſchauern, verfolgte ſie mit den Blicken das hübſche Paar bis ſie es aus den Augen verlor. Die Dirnen alle, die teils an ihr vorübertanzten, teils herumſtanden, unterzog ſie einer ſtrengen Muſterung und natürlich, einen Vergleich mit ihrer Aelteſten hielt keine aus. Mit der Befrie - digung, daß Kathl das ſchönſte Mädchen auf der heutigen Kirmeß ſei, zog ſie ſich wieder in die Hinter - ſtube zurück; dort ſtellte ſie ſich in ihrer ganzen Be - häbigkeit vor den Spiegel hin und belächelte ver - gnügt ihr eigenes Ich, das ihr daraus entgegenſah. Der Sepp hatte Recht — „ d’Scheanheit hat’s vo der Muatter. “
Als ſie ſich wieder an der Seite ihres Mannes niederließ, ſagte dieſer: „ Hiazt war g’rad der Brünnl - bauer da und hat mer an Stupfer geb’n weg’n der Kathl für ſein Peter “.
„ No? “ Die Leitnerin ſtreckte den Hals und ſah ihren Ehegemal etwas ſtrenge an. „ Und was haſt eahm g’ſagt? “
„ I han net jo und net na g’ſagt “.
„ I ſag aber — na! “ſagte mit großem Nach - druck auf das letzte Wort die Leitenbäuerin.
„ I denk mer, ſo dumm war die G’ſchicht juſt net —. Der Brünnlbauer ſteht ſie net ſchlecht und hat na den vanzig’n Suhn, die Tochter is ſcho aus - g’heirat und ’s Bauernort g’hört ’n Peter — — “. Er wollte noch weiterreden, aber das Weib ſchnitt ihm plötzlich die Rede ab. „ Na han i ſcho g’ſogt — und die G’ſchicht is aus! Der Brünnlbauern-Peter kriagt mei Kathl net in[ſ]ei armſelige Wirtſchaft eini — war a Sünd a um ſo a ſchean’s Deandl — dö kann a größers Glück mach’n “.
„ Armſelige Wirtſchaft? “ſagte der Bauer ganz verwun ert, „ mir ziemt, er ſteaht ſi beſſer wia mir! “
Hier wurde der Disput unterbrochen. Der junge Hofbauer kam und ſetzte ſich neben die Bäuerin, ihr Mann wandte ſich ſeinem anderen Tiſchnachbarn zu.
„ Dös g’freut mi, Leit’nbäuerin, daß ös amol mit der Kathl af an Kirchtag gang’ ſeid’s “, ſagte der Toni.
Die Bäuerin lächelte vergnügt über den Geſell - ſchafter, den ſie nun an ihrer Seite hatte und ſie bedauerte insgeheim nur, daß dies die Schwarzböckin nicht ſehen konnte. „ I muaß ja ’n Deandl a amol a Freud’ mach’n — wer woaß wia lang ſ’ no mei g’hört “, begann ſie, ſofort anzüglich werdend, „ und ſie hat net amol recht wöll’n, die Kathl, ’s war ſchad’ ums Geld hat’s g’moant — i ſag’ der’s, Toni, das Deandl is na für d’Wirtſchaft und ſunſt für nix net! Und wann’s a koa Huab’n net kriagt als Heiratsguat, derentweg’n wird’s do heunt oder morg’n a beſſere Bäuerin ſei als wia manche andere. Wia d’Muatta d’Kinder erziagt, af das kimmt’s an und ſunſt af nix! “ſetzte ſie noch hinzu.
Der Toni ließ ſie reden und ſagte nichts, nur mit einem Kopfnicken pflichtete er ihr artigkeitshalber bei.
„ Der Brünnlbauern-Peter gibt mer ſcho gar koaRuah net, er will d’Kathl hab’n um an niad ’n Preis! “fuhr die Leitnerin, etwas ſtark aufſchneidend, nach einer kleinen Pauſe fort.
Bei dem Gehörten, da fuhr der Toni über raſcht auf. „ Der Brünnlbauern-Peter? No das war freili koa ſchlechte Heirat net — aber mir ziemt, Leitnerin, ös ſeid’s a g’ſcheidt’s Leut und laßt’s ſcho der Kathl ihr’n eig’nen Will’n. Leb’n muaß ſie mit’n Mannsbild, oft ſull ſie ſi a van ausſuach’n, der ihr g’fallt und den’s a gern hat “.
„ Halt ja! Dös ſag’ i a! Ba vaner Heirat is allerweil d’Liab d’Hauptſach — und wo d’Liab net is, durt is a koa Seg’n in Haus und d’rum miſch i mi a net eini — den’s Deandl gern hat, den ſull’s a hab’n “.
Der Toni ergriff nach dieſen Worten mit der Linken die Hand der Bäuerin, mit der Rechten ſchlug er auf ihre Schulter. „ Leitnerin, das is a Red’, dö mer g’fallt vo enk! Aber vergeßt’s na net d’rauf was heunt g’ſagt habt’s — ’s kann ſei, daß i enk ſelber amol ban Wort nimm! “
„ Allemal, Toni! Zan niada Stund! “ſagte die Bänerin mit großer Würde, innerlich war ſie ſehr vergnügt, aber äußerlich ließ ſie nichts davon merken, daß ſie um die Liebſchaft ihrer Tochter bereits wußte.
Der Toni goß aus ſeiner Weinflaſche zwei Gläſer voll und zur Bekräftigung des Geſagten tranken beide aus. Dann ſuchte er wieder die tan - zende Geſellſchaft auf und ließ die Leitnerin zurück in einer beneidenswerten Stimmung. Dem Bauern war das Geſpräch der beiden zum größtenteile ent - gangen, er behandelte mit ſeinem Nachbarn gerade den Saatenſtand und wurde erſt aufmerkſam, als ſie die Gläſer aneinanderſtießen.
Neuenglands beteiligen ſich ſämtliche Gemeindeglieder unmittelbar an ihr, indem ſie ſich im ſogenannten town - meeting verſammeln und Vertrauensmänner aus ihrer Mitte mit der Ausführung ihrer Beſchüſſe beauftra - gen. In den größeren Städten nähert ſich die äußere Form der Verwaltung mehr derjenigen der europäiſchen Gemeinden mit Bürgermeiſtern (mayors) unb Stadt - räten (city councils, bez. aldermen), der Einfluß der Bürgerſchaft auf die Tätigkeit der Verwaltungsbehörde bleibt aber auch hier viel großer. Ganz richtig ſagt S. Low in dieſer Hinſicht: „ In Europa herrſchte bisher, faſt ohne auf Widerſpruch zu ſtoßen, der Gedanke, daß es eine regierende Klaſſe geben und daß die große Maſſe des Volkes regiert werden müſſe. In den Vereinigten Staaten verfängt dieſer Gedanke nicht und hat auch niemals verfangen. Hier wird keinerlei Unterſchied zwiſchen Regierenden und Regierten anerkannt, und das ganze Regierungsproblem wird einfach ſo verſtanden, daß die Geſamtheit die Kunſt, ſich zu regieren, ſelbſt lernen und anwenden muß. “
Das ſtehende Bundesheer, das angeworben wird, beſtand bis zum ſpaniſch-amerikaniſchen Kriege unr aus 2170 Offizieren und 25,220 Mann, wurde aber 1901 auf 3820 Offiziere und 59,866 Mann verſtärkt, und eine ähnliche Verſtärkung erfuhr ſeit dem Vorgehen der Union gegenüber Spanien auch die Flotte, die zurzeit 275 Schiſſe mit 31,000 Mann und gegen 1200 Geſchützen zählt. Daneben unterhalten die einzelnen Staaten Milizheere, die zur Aufrecht - erhaltung der Ordnung innerhalb der Staatsgrenzen verwandt werden.
Fragt man ſich, wie die beſchriebene ſtaatliche Organiſation tatſächlich gearbeitet hat, ſo wird man nicht umhin können zu geſtehen, daß dies in vielfacher Hinſicht in der vorzüglichſten Weiſe geſchehen iſt. In erſter Linie haben die demokratiſchen und förderaliſtiſchen Inſtitutionen der großen Republik eine viel größere Halibarkeit und Stabilität an den Tag gelegt, als man ihnen in Europa zugetraut hat. Ganz wie es die Verfaſſungsurkunde vorausſah, haben ſich die Präſidenten der Union jederzeit in ſchlicht bürgerlichem Kreiſe gehalten, und keiner hat jemals die geringſten Aſpirationen gehegt, ſeinen Stuhl mit einem Throne zu vertauſchen. Auch nicht einen Dik - tator von der Art der ſüdamerikaniſchen und mexi - caniſchen hat Nordamerika zu ſehen bekommen — ſelbſt nicht in der Zeit des großen Bürgerkrieges. Der Imperialismus hat ſeine Wurzeln und Stütze eben allerwärts auf Erden in dem Militarismus gehabt, und weil die Vereinigten Staaten in der natürlichen Lage, in der ſie ſich befinden, eines Rie - ſenheeres leicht entraten können, werden irgend welche Herrſchergelüſte, auch wenn ſie einmal auftauchen ſollten, dem Beſtande der republikaniſchen Staatsform niemals gefährlich werden können. Bisher war der Präſident immer ſtark in kritiſchen Zeiten, aber ſchwach in den gewöhnlichen, ſo wie es die Verfaſſung wollte. Die Grenzlinie, die zwiſchen der Befugnisder Einzelſtaaten und derjenigen der Zentralregierung gezogen wurde, iſt ebeufalls im allgemeinen jederzeit auf das ſtrengſte beachtet worden, und das weitgehende Selfgoverment, das den Einzelſtaaten ſowie den Gemeinden eingeräumt iſt, hat das gemeinſame Han - deln, wo ſolches etwa geboten war, außer in dem erwähnten Falle, niemals beeinträchtigt. Keine Nation darf ſich heute rühmen, einen lebendigeren Patriotis - mus zu beſitzen als die amerikaniſche.
Auf die Entwicklung der wirtſchaftlichen Hilfs - quellen hat die demokratiſch-föderaliſtiſche Staatsver - faſſung ebenfalls in der günſtigſten Weiſe mitgewirkt, und in dieſer Beziehung war ſie wohl im allgemeinen die einzig zweckmäßige und richtige für das Land. Abgeſehen davon, daß die autokratiſche Monarchie, wenn ſie der Union durch irgend einen Umſtand auf - gedrängt worden wäre, bei einer aus ſo bunten und zum Teil aus ſo unbändigen Elementen gebildeten Bevölkerung zu allerlei ſchimmen Reibungen und Wirren geführt haben würde, ſo würde ſie das Wirtſchaftsleben auch viel zu ſehr an ihre Gängel - bänder und unter ihre Bevormundung genommen habun, und ein ſo raſcher und gewaltiger Aufſchwung, wie dieſes tatſächlich genommen, wäre dabei nicht möglich geweſen. Freilich hat der raſche Aufſchwung auch mancherlei Uebel in ſeinem Gefolge gehabt; man denke z. B. an den traurigen Zuſtand der amerikaniſchen Forſte, an den raubbaumäßigen Be - trieb der Minen in den Gebieten des Weſtens, an die Monopole der „ Eiſenbahnkönige “und „ Truſts “, und bis zu einem gewiſſen Grade ſind auch dieſe Uebel der politiſchen Organiſation zur Laſt legen.
Die Stellung, welche die Union dem Auslande gegenüber einnimmt, iſt trotz ihres ſchwachen ſtehenden Heeres eine durchaus würdige und in manchen Be - ziehungen geradezu eine gebietende, ſo daß auch darin die Verfaſſung ihre Probe glänzend beſtanden hat. Bezüglich gewiſſer innerer Fragen iſt es vielleicht weniger der Fall geweſen und namentlich um die Rechtspflege, um die öffentliche Sicherheit, um die Ehrlichkeit und Unbeſtechlichkeit der Beamten und Kongreßmitglieder, um die Verwendung öffentlicher Gelder, um die Indianerangelegenheiten und der - gleichen könnte es wohl erheblich beſſer beſtellt ſein. Die Korruption hat ſich namentlich in den großen Städten zu einer ſchlimmen Krankheit entwickelt und wirkt von dort aus auch auf die Staatslegislaturen zum Teil in höchſt bedenklicher Weiſe ein. Daß der große amerikaniſche Freiſtaat ſich als ein voll - kommener Idealſtaat bewährt habe, darf man alſo nicht behaupten.
Zu dem von uns veröffentlichen Prototolle der Gemeindeausſchußſitzung in unſerer letzten Mittwoch - nummer ſendet uns GA. Herzog nachſtehende „ Berichtigung “.
In dem Berichte über die „ Gemeindeausſchuß - Sitzung der Stadt Baden “in Nr. 86 der „ Badener Zeitung “finden ſich mehrere Unrichtig - keiten, meine Ausführungen betreffend, deren Richtigſtellung unter Berufung auf den § 19 Pr. -G. ich fordere, wie folgt:
„ Es iſt unwahr, daß ich ſagte, ich verſpreche mir von der Reſolution keine Wirkung, da ſie an eine falſche Adreſſe gerichtet ſei. Vielmehr ſagte ich: die chriſtlichſoziale Landtagsmehrheit wird ſich aus der Entſchließung gar nichts machen, ſie wird ſich darum gar nicht kümmern, beſonders auch deswegen, weil die Entſchließung nunmehr von derſelben Seite ausgeht, welche noch vor kurzem bei den Gemeindewahlen mit den Chriſtlichſozialen im engſten Bündniſſe ſtand. Auch ſoll ſich die Gemeindevertretung Badens vor der Landtags - mehrheit nicht demütigen, indem ſie dieſelbe um etwas bittet “.
Es iſt ferner unwahr, daß ich behauptete, daß der Führer der Antiſemiten ſage: All - deutſche und Sozialdemokraten werden nicht be - fördert. — Wahr iſt vielmehr, daß ich dieſe Behauptung in Bezug auf Dr. Lueger, den Führer der Chriſtlichſozialen aufſtellte.
Es iſt endlich unwahr, daß der Antrag Dr. Trenners mit allen Stimmen gegen diejenige Kollmanns angenommen wurde. — Denn ich habe mich ausdrücklich dagegen verwahrt, daß ich für den Antrag Trenner ſtimme und habe nur für die Anträge Grab (Kundgebung an die Regierung) und Süß (Verſtändigung des Landtagsabgeord - neten Thoma) mich auszuſprechen.
Joſef Herzog Mitglied des Badener Gemeindeausſchuſſes.
Obwohl jeder Kundige ſofort ſehen wird, daß vorſtehende „ Berichtigung “nicht im mindeſten den preßgeſetzlichen Beſtimmungen entſpricht, wir alſo nicht verpflichtet wären dieſelbe aufzunehmen, geben wir dennoch derſelben Raum, um einmal die Wahr - heitsliebe dieſes Herrn ins rechte Licht zu rücken.
Wir haben ſofort nach Erhalt dieſer „ Berichti - gung “Erkundigungen eingezogen, ob hier ein Ver - ſchulden unſeres Stenographen vorliegt, oder eine bloße Behelligung von ſeite des GA. Herzog. Wir ſind es nämlich ſeit einiger Zeit gewohnt, daß genannter Herr, dem das Gedeihen unſeres Blattes ein Dorn im Auge zu ſein ſcheint, bei jeder Gelegen - heit ſich ſowohl an unſerem Blatte reibt wie auch unſeren Schriftleiter in gröblichſter Weiſe beſchimpft, wahrſcheinlich in Ermanglung eines anderen Stoffes; denn immer und ewig auf Foller, Zöllner, Gregora, Kainz, Zeiner u. ſ. w. zu ſchimpfen, wird auf die Dauer ſelbſt ſo einem Hauerſchädel zu dumm, und ſo mußte denn auch unſer Schriftleiter in den Kreis
„ Was haſt denn du mit’n Toni ausz’mach’n g’habt? “frug er, als ſich ſein Geſellſchafter entfernt hatte, ſein Weib.
„ Die Kathl will er hab’n! “antwortete die Leitnerin in einer Weiſe, als habe ſie die Werbung bereits entgegengenommen.
Der Bauer war ſehr überraſcht, es war dies das erſte, was er in dieſer Angelegenheit hörte; in Familienſachen wurde er ſtets als Null behandelt und darum wußte er auch kein Sterbenswort von dem, was die Bäuerin am vorigen Sonntag von Sepp erfahren.
„ Der Toni die Kathl? “frug er ſehr verwundert, als habe er ſeinen Ohren nicht recht getraut.
„ Ja, ja! Der Toni die Kathl! “
„ I han allerweil g’moant, er nimmt ſie heunt oder morg’n ’s Threſerl. Die zwoa Alt’n hamt’s ja ſo ausg’macht mitnander “, ſagte der Bauer, und aus jedem ſeiner Worte ſprach noch immer das größte Befremden.
Das ärgerte die Bäuerin. „ Na freili, was denn! Weil’s der alte Diddeltapp — Gott laſſ’n ſel ruah’n — ſo wöll’n hat, hiazt muaß ’s a ſcho ſo ſei? Der Toni war zan derſchlag’n wann er die Thres nahmert ſtatt’s der Kathl. Erſcht’ns is die Kathl tauſend Mal weit ſcheaner, und zweit’ns — “hier fiel ihr in der Schnelligkeit nichts ein, was ihre Tochter der Thereſe noch voraus haben könnte, darum brach ſie plötzlich ab.
„ No “, ſagte der Bauer, „ mir war’s ſcho recht, aber was wird denn d’Hofbäuerin dazua ſag’n? “er wollte noch weiterſprechen, aber ſeine Ehehälfte fuhr empört auf. „ Was dö? Dö geaht die ganze G’ſchicht überhaupt gar nix an! Dö zwoa jungenLeut hamt ſi gern und da redt mer nix d’rein! Das wir i a ’n Toni glei ſag’n — er braucht ſie vo der Alt’n net kommandier’n z’laſſ’n, er is mairenn, Bauer is er, und d’Wirtſchaft g’hört eahm. Ueber - haupt muaß d’Alte aus’m Haus, wann die zwoa Leut heirat’n! “vollendete ſie in ſehr ſtrenger Ton - art. Dann wandte ſie ſich ab, zum Zeichen, daß ſie mit ihrem Mann vorderhand nichts mehr zu reden habe und dachte darüber nach, welche Verfügungen ſie mit dem Großknecht Franzl treffen werde. Er genoß nach ihrer Anſchauung zu große Rechte beim Hofbauern und die Leitnerin fühlte inſtinktiv, daß er ſich ihrer Autorität, die ſie am Nachbarhofe geltend zu machen ſich ernſtlich vornahm, ſobald nur die Familienbande geknüpft waren, nicht unterwerfen werde. Was aber mit ihm zu geſchehen habe, das zu beſtimmen behielt ſie ſich für ein anderes Mal vor, der ungewohnte Weingenuß hemmte heute ſchon etwas ihr Denkvermögen.
Der Ahnungsloſe aber, über deſſen Sein oder Nichtſein zu verfügen die Leitnerin ſich berufen fühlte, der tanzte in gänzlicher Unkenntnis der Gefahren für ſein Großknechtsportefeuille einen flotten Steiriſchen — und in den Armen hielt er ſeine Kathl. Das junge Mädchen ſchien all das, was es die vergan - gene Woche ſo ſchwer bedrückte und was ihr nicht geſchenkt bleiben konnte, für den Augenblick wenigſtens, vergeſſen zu haben, denn die dunklen Augen ſprühten vor Lebensluſt und Liebesſeligkeit. Ja, es waren dies vielleicht die glücklichſten Momente in ihrem jungen Daſein. Auch die Züge des Burſchen trugen den Stempel ungekünſtelter Lebensfreudigkeit und als ſich das Mädchen, den Vorſchriften des Steirertanzes folgend, wiederholt unter ſeinen Arm durchwand, daßder rote Kattunrock in der Luft herumflog, da ſang er mit ſeiner kräftigen Stimme:
Die Leitnerin ſah und hörte von all dem nichts in ihrer Hinterſtube und als ſpäter ein Bauer herein - kam und das feſche Steiriſchtanzen der Kathl mit dem Großknecht Franzl rühmte, da ſtritt ſie ſich mit ihm eine Weile herum, der Tänzer ſei der Hof - bauern-Toni geweſen. Sie erhob ſich von ihrem Sitz ſchon nicht mehr, ſie unterhielt ſich mit einigen Bäuerinnen und wenn ſie gerade keine Anſprache hatte, bemühte ſie ſich nachzudenken über die Re - formen, welche ſie dem Hofbauerngute angedeihen laſſen werde, ſobald ſie nur die Schwiegermutter des Toni war.
Als der Abend kam drängte ſie zum Aufbruch. Auch der Toni ſpannte ſeine Schecken wieder ein, er mußte ſeiner Mutter verſprechen, bis zum „ Bet - läuten “zuhauſe zu ſein, denn der Wolfganger Kirch - tag ſtand in einem Renommee, das ihn gerade bei der raufluſtigen Männerwelt recht empfehlenswert machte.
„ Weſſen das Herz voll iſt, deſſen geht der Mund über “, ein altes Sprichwort — und es be - währte ſich heute in der Tat, bei der Leitnerin im vollſten Umfange. Auf der ganzen Heimfahrt ſprach ſie von nichts anderem als von ihren Zukunftsplänen und erging ſich auch abwechslungsweiſe in Schmähungen
einbezogen werden und von dieſem Herrn, der leider auch Reichsratsabgeordneter iſt, Injurien hinnehmen.
Wir nahmen nun Rückſprache mit unſerem Steno - graphen, ferner mit mehreren Herren Gemeindeausſchüſſen, welche uns ſämtlich erklären, daß der von uns ver - öffentlichte Bericht vollkommen richtig iſt. Um nun ganz ſicher zu ſein, nahmen wir Einſicht in das amtliche Protokoll über dieſe Sitzung, wozu uns nach § 47 der Gemeindeordnung das Recht zuſteht, und ſiehe da, wir fanden alles, was wir geſchrieben, vollkommen beſtätigt, bis auf einen kleinen, ganz unweſentlichen Umſtand, der aus den Zuſammenhang geriſſen, allerdings ein kleines Mißverſtändnis wäre.
Wir ſetzen dieſe Stellen aus dem amtlichen Protokoll hieher und unſere Leſer mögen dieſelbe gefälligſt mit der in der obigen „ Berichtigung “ent - haltenen vergleichen:
ad. I. „ Ich verſpreche mir von dem An - trage gar keine Wirkung, ſchon deswegen, weil derſelbe meiner Anſicht nach an eine ganz falſche Adreſſe gerichtet iſt “.
Bezüglich des zweiten Teiles iſt unſerem Steno[-]graphen allerdings ein Lapſus paſſiert, indem ihm ſtatt des Wortes „ Chriſtlichſozialer “das Wort „ Antiſemit “in die Feder gekommen iſt. Wenn man bedenkt, daß ſelbſt den Reichsratsſtenographen, welche doch gewiß geübte Leute ſind und in ihrer ſaueren Arbeit in kurzen Intervallen abgelöſt werden, derartige Fehler unterlaufen, dann wird man auch dieſes Vergehen unſeres Stenographen entſchuldbar finden. Mißzuverſtehen wären dieſe Worte ganz gewiß nicht, da ja im vorhergehenden Satze der angeführten Stelle von den Chriſtlichſozialen die Rede iſt, jeder Leſer alſo wohl gewußt haben wird, daß hier nur Dr. Lueger gemeint ſein kann. Eine deratige Wortklauberei leiſtet ſich alſo Herr Herzog.
ad. II. ſagt das amtliche Protokoll: „ Es wird der Reſolutions-Antrag des Herrn Dr. Trenner mit allen gegen 1 Stimme (Herr Kollmann) angenommen “.
So ſieht alſo die Wahrheitsliebe des Herrn GA. Herzog aus! Unter dem Schutze der Immunität ſchleudert er die ſchwerſten Beſchuldigungen gegen Wehrloſe hinaus und unter dem Schutze des § 19 des Preß - Geſetzes will er uns zwingen, auf billige Weiſeſeine Reden, welche wir wegen Raum - mangel gleich denen anderer Redner nur auszugsweiſe wiedergeben und welche er in ſeinem eigenen Blatte auch nur ver - ſtümmelt wiedergibt, vollinhaltlich auf - zunehmen!
Was dieſes Individuum da will, iſt klipp und klar bewieſen. Um uns dagegen zu ſchützen und dem Herrn die Gelegenheit zu benehmen, uns mit „ Be - richtigungen “zu beläſtigen, ſehen wir uns gezwungen,in Hinkunft von der Veröffentlichung der Reden Herzogs Abſtand zu nehmen, wie wir dies bereits in unſerer letzten Nummer getan. Wir erklären hier ausdrücklich, daß wir nur ungern von dieſem Mittel Gebrauch machen, doch zwingen uns die Umſtände hiezu.
Es iſt eine unſäglich traurige Tatſache in unſerem öffentlichen Leben, daß immer jene Elemente, welche ſich nach außen hin bei jeder Gelegenheit für Deutſchtum und Freiheit den Mund voll nehmen, ſobald ſie nur einem Gegner wittern, der ihnen einigermaßen auf ihre Hühneraugen tritt, nach Staats - anwalt und Polizei ſchreien, ſelbſt aber die rück - ſichtsloſeſten Mittel anwenden, um zu ihrem Ziele zu gelangen. Iſt es da zu verwundern, wenn ſich die beſten, edelſten Kräfte, angeekelt von dieſem Treiben, aus unſerem öffentlichen Leben zurückziehen?
Nur die Immunität des Abgeordneten Herzog hindert uns, ihn heute ſo zu behandeln, wie er es verdiente, und da uns die Gelegenheit, dies demnächſt vor dem Schwurgerichte tun zu können, nun auch benommen wurde, müſſen wir uns in Ge - duld ergeben und die Beſchimpfungen, die wir ohne Zweifel jetzt in erhöhtem Maße zu verkoſten bekommen werden, hinnehmen.
Wohl wird GA. Herzog dabei zu erwägen haben, daß allem Ziel und Maß gegeben ſein muß. Wenn nicht, dann möge er nicht vergeſſen, daß uns noch ein Mittel bleibt, das der Selbſthilfe. Wir haben uns bisher aus gewiſſen Gründen mit der Perſon des Herrn Herzog noch wenig befaßt. In Zukunft werden wir dies angelegentlicher tun müſſen.
Am 29. v. M. verſchied nach nahezu fünfmonatlichem ſchweren Leiden der hieſige Realitätenbeſitzer Herr Johann Schieſtl, welcher ob ſeiner ſeltenen Charaktereigenſchaften, als eine wahre Zierde der Badener Bürgerſchaft, ſich bei der ganzen Bevölkerung der größten Hochachtung und Wertſchätzung erfreute und zu den beliebteſten Per - ſönlichkeiten Badens gehörte. Johann Schieſtl entſtammte einer uralten Tiroler Färberfamilie, die ſich durch einen Vertreter dieſes Geſchlechtes, namens Leopold Schieſtl (geb. 1680 zu Sterzing in Tirol), gegen Ende des XVII. Jahrhunderts in Baden ſeßhaft machte und das Färberhandwerk bis über die zweite Hälfte des vorigen Jahrhunderts hier fortführte. Ein Mitglied dieſes in der Geſchichte Badens ſich ſehr bemerkbarmachenden Stammes, Anton Schieftl, fürſterzbiſchöfl. -geiſtl. Rat und Kurat-Benefiziat zu St. Peter in Wien, bekannt durch ſeine ſchätzenswerte Sammlung von Gemälden und muſikaliſchen Inſtru - menten, ſtiftete auch in der hieſigen Stadtpfarrkirche einige wertvolle Kirchenfenſter. Von dieſem hat der nun verſtorbene, am 27. Februar 1838 zu Fiſchamendgeborene Johann Schieſtl, der ſpäter nach ſeiner Verheiratung mit Marie Rucker das aufgegebene Färbereigeſchäft in eine, nun auch nicht mehr be - ſtehende Muſter-Vordruckerei umwandelte, wohl auch den Sinn für das lokale Sammelweſen geerbt, denn nach dem Tode desſelben (1889) in gute Vermögens - verhältniſſe kommend, richtete er ſeine ganze Lebens - tätigkeit auf das Aufſammeln aller jener lokalge - ſchichtlich wichtigen Gegenſtände, die der Unverſtand früherer Zeiten in alle Winde zerſtreut hatte. So entſtand ſeine in ihrer Art und Vollſtändigkeit wohl einzig daſtehende, von allen Lokalforſchern hochgeſchätzte „ Badenſia-Sammlung “, mit welcher ſich der Ver - ſtorbene um die Geſchichte Badens unvergleichliche Verdienſte erworben. Im Jahre 1881 von der k. k. n. -ö. Statthalterei zum Patronats-Kommiſſär der Stadtpfarre Baden ernannt, ſpäter zum Verwalter der Badener Kleinkinderbewahranſtalt beſtellt und zum Obmann der Armen-Kommiſſion Baden gewählt, wirkte Johann Schieſtl auch in dieſen kommu - nalen Stellungen mit größter Gewiſſenhaftigkeit für die ihm anvertrauten Funktionen. Der im 67. Lebens - jahre ſeinem ſchönen Wirkungskreiſe Entriſſene war auch Mitglied vieler Badener Vereine und hinter - läßt außer ſeiner Witwe noch einen Sohn, den Badener Kaufmann Anton Schieſtl und zwei Töchter, von denen eine an den bekannten Architekten Karl Rainer verheiratet iſt.
Samstag früh ſtarb hier Frau Betty Nagl, die ehemalige Eigentümerin des jetzigen Hotel Bruſatti, nach einem längerem Leiden im 67. Lebensjahre. — Montag früh ver - ſchied Frau Julianna Rauch, geb. Aigner, die Gattin des bekannten Hausbeſitzers und Gaſtwirtes Herrn Friedr. Rauch, nach kurzem Leiden im 54. Lebens - jahre. — Ferner iſt hier noch der ruſſiſche Geſandte und bevollmächtigte Miniſter Herr Eugen Butzow, der hier zur Kur weilte, Sonntags geſtorben.
Monntag, den 7. November, halb 9 Uhr vormittags, findet eine Vollverſammlung der Herreu Bürgermeiſter der Gerichtsbezirke von Baden und Pottenſtein im Sitzungsſaale der Bezirkshauptmann - ſchaft ſtatt.
Der Finanzausſchuß des Landtages hat Donnerstag, den 20. v. M., die Vorlage betreffend die Landesbierumlage genehmigt. Gegen dieſelbe machte ſich begreiflicherweiſe ein Bewegung bemerkbar, nicht nur wegen der Umlage ſelbſt, ſondern auch wegen der mancherlei unklaren Beſtimmungen in dem neuen Geſetze, welche eine vielfache Auslegung er - möglichen. Trotzdem wurde dieſelbe in der Sitzung vom 29. vor. M. zum Beſchluſſe erhoben. Zur Ein - führung derſelben wird ein eigenes Landesbier - inſpektorat errichtet, wodurch der Status der Landes - beamten um mehr als hundert neue Stellen vermehrt werden ſoll.
der Hofbäuerin. Die Aeußerung der letzteren an jenem Aſſentierungstage „ Mir ziemt, Leitnerin, hiazt war’s Zeit, daß ös hoamgeahts, dö zwoa jungen Leut kemmant ſcho neammer herfür “, nannte ſie jedesmal eine „ boshaftige Stichlerei “und konnte ſie nicht oft genug zum Beſten geben. Die Antwort, die ſie ihr damals darauf gegeben hatte, ſchien ihr ſo gelungen, daß ſie noch heute über ihren guten Einfall lachen mußte.
Wie es ihrer Tochter aber auf dieſer Heimfahrt zumute war, das wußte die Leitenbäuerin wohl nicht. Kathl fühlte ſich mit rauher Hand wieder zurück - verſetzt in die Wirklichkeit und dachte mit Schaudern an die nächſte Zukunft. Mißgeſtimmt im höchſten Grade ſagte das Mädchen, ſchon ungeduldig über das Thema der Alten: „ Aber Muatter, laßt’s do ſcho amol d’Hofbäuerin in Ruah! Sie is ja eh die guate Stund ſelber “.
Schrill lachte die Alte auf. „ Aha, probier’s nar amol mit dera guat’n Stund z’hauſ’n, oft wirſt erſcht d’raufkemma, daß d’ dahoam an Eng’l haſt vo[d]aner Muatter. Dö und d’Schwarzböckin, das ſand ſcho ſo a paar guate Stund’n, mit dö’s koa Teufl net aushalt’n ka und net amol i “. Auf das „ i “legte ſie einen beſonderen Nachdruck, dann fuhr ſie fort: „ I han mi allerweil mit’n ganz’n Dorf ganz guat vertrag’n — na mit dö zwoa net! “
„ Weil d’andern alle weiter weg ſand “, ſagte darauf der Bauer — doch zu ſeinem Nutzen und Frommen hatte ſie es nicht gehört, weil ſie weiter raiſonierte.
„ Dera Schwarzböckin wir i oft nachher ſcho a mein Herrn zoag’n, d’reichſten Bauern in Saukt Peter ſand oft nachher mir! “
Die Leitnerin addierte ſchon das Hofbauerngut mit dem ihrigen, als wäre dasſelbe ſchon ihr unbe - ſtrittenes Eigentum.
Kathl ſprach am ganzen Weg ſchon kein Wort mehr und als ſie zuhauſe ankamen, ſuchte ſie ſo ſchnell wie möglich ihre Kammer auf, die ſie mit ihren vier kleinen Geſchwiſtern teilte und blieb für ihre Mutter unſichtbar.
Am anderen Tage ſah man den Sepp ſehr viel in der Nachbarſchaft herumſchleichen und jeder, der ihm in den Weg kam, wurde geſtellt und mußte Auskunft geben über den Kirchtag, ſo weit er es nur imſtande war und die geſammelten Neuigkeiten trug er dann der Thereſe zu.
Daß die Kathl das ſchönſte Deandl auf der Kirmeß war, das trug die Leitnerin ſelbſt gleich nach ihrer Rückkehr im Dorfe herum, ja ſie erzählte auch, daß der Brünnlbauer für ſeinen Sohn um die Kathl bei ihr angehalten habe und daß er ſie ohne ihre Zuſage gar nicht weglaſſen wollte von St. Wolfgang. Jeder aber, der die Verhältniſſe des Bauern kannte, wunderte ſich begreiflicherweiſe ſehr über den Korb, den ihm die Leitnerin gegeben haben ſollte, ſie aber lächelte dabei ſehr geheimnisvoll, indem ſie andeutete, daß ſie für ihre Tochter viel beſſere Ausſichten habe.
Zwei Tage waren verſtrichen nach dem Kirch - weihfeſt. Es war Nachmittags, da ſandte der Kapellen - bauer ſeine Tochter mit einem Auftrag zur Mühle hinunter und alsbald war Thereſe auf ihrem Gang begriffen und ſchritt die Dorfgaſſe hinauf. Sie ging ſehr langſam, ſie konnte ſich ja Zeit laſſen, bis zum Abend war ſie ja doch zehn Mal ſchon zurück.
Sie hatte noch nicht die letzten Häuſer des Dorfes hinter ſich, bekam ſie auch ſchon einen Be - gleiter, der Hofbauern-Franzl hatte ſie eingeholt, anſcheinend ging er auch einen Teil desſelben Weges.
„ No, Threſerl, wo geahſt denn du hin? “rief ſie der Burſche an, nachdem nur mehr eine kleine Entfernung zwiſchen ihnen lag.
Das Mädchen wandte ſich um. „ I? Der Vater ſchickt mi obi af d’Mühl, mir hiat’n no a weng a Korn zan mahl’n “, antwortete es und ſetzte gleich darauf die Frage hinzu: „ Und du? Wo geahſt du hin? “
I muaß ins Wirtshaus einiſchau’, der Schuaſter vo Wulfgang ſull d’rinn ſei, er muaß zan uns af d’Stöhr kemm, ſand alle Schuach z’riſſ’n — koa Wunder — oa Kirchta um an ander’n “.
„ Wia war’s denn af’n Sunnta ob’n? Du warſt ja a dabei “, ſagte Thereſe. Man ſah es ihr an, ſie war ſehr geſpannt, aus dem Munde des Burſchen näheres zu erfahren. Er blieb ihr aber vorderhand jede Auskunft ſchuldig, ſondern antwortete nur mit der Gegenfrage:
„ Warum biſt denn du net dabei g’weſt? “
„ Du woaßt ja ganz guat warum. Weil’s uns fert’n ’u Hansl ob’n ſo zuag’richt’ hamt, daß er hat müaß’n ’s Leb’n einbüaß’n “.
„ Ja, ja, der hat aber an ſchean Tod g’habt “, erwiderte der Burſche mit einem Auflug von Mitgefühl.
„ So? Das is ba dir a ſcheaner Tod, wann[d]as afr an Kirchta derſchlag’n wird? “
„ Halt ja! Wann mir das afr an Kirchta paſſiert, da mach’ i mer ſcho nix d’raus! Wer ſie net z’raf’n traut, der is ba mir koa Mannsbild net, und den ka a der Kaiſer net brauch’n. Afn Sunnta is aber zuagang’ ob’n, denen hamt mer’s hoamzahlt, was
Freitag, den 28. vor. M., veranſtaltete Direktor Schreiber vor dem geladenen und größtenteils auch erſchienenen Gemeindeausſchuſſe eine Generalprobe von „ Jung Heidelberg “, die ſichtlich Anklang fand.
angeſtrengte Vorunterſuchung wegen Ehrenbeleidigung in Sachen contra Herzog wurde wegen Rück - tritt des Anklägers eingeſtellt.
Ab 1. November 1904 fungieren folgende Kaſſenärzte: Herr Dr. Franz Trenner, Baden Neugaſſe 47, ordiniert von 2 — 3 Uhr nachmittags in ſeiner Wohnung für die in Baden wohnhaften Kaſſenmitglieder. Herr Dr. Anton Höberth von Schwarzthal ordiniert von ½9 — ½10 Uhr vormittags im Kaſſenlokale, Mariengaſſe Nr. 2, für die in Leesdorf und Weikersdorf unter dem Bahnviadukte wohnhaften Kaſſenmitglieder. Herr Dr. Joſef Gropper ordiniert von ½9 — ½10 Uhr vormittags im Kaſſen - lokale, Mariengaſſe 2, für die in Weikersdorf ober dem Bahnviadukte und am Mitterberge wohnhaften Kaſſenmitglieder.
Weihnachten, das Feſt der Großen und Kleinen, rückt langſam heran und bereits beginnt ſich die öffentliche Mildtätigkeit zu regen, um auch der Armen an dieſem Abende gedenken zu können. Auch die Leitung des hieſigen Krankenhauſes wendet ſich in einem Aufrufe an die Bewohner Badens, ihr Scherflein zur Veranſtaltung einer ſolchen Feier für die Kranken beizutragen. Gewiß ſind es hier ſozu - ſagen die Aermſten der Armen, welchen an dieſem Abende der Lichterbaum nicht nur Herz und Gemüt höher ſtimmen, welchen auch die Veranſtaltung einer kleinen Feier unter Mitwirkung einiger Kunſtkräfte die phyſiſchen Leiden einige Augenblicke vergeſſen machen ſoll. Gütige Spenden für dieſen edlen Zweck werden von der Verwaltung des Krankenhauſes — auch im Wege des k. k. Poſtſparkaſſenamtes — ent - gegengenommen und ſeinerzeit veröffentlicht.
Der Ortsſchulverein in Traiskirchen ver - anſtaltet zugunſten einer Weihnachtsbeteilung armer Schulkinder in Traiskirchen am Sonntag, den 13. d., 5 Uhr nachmittags, im Saale des Gemeindegaſthofes zum „ goldenen Hirſchen “eine humoriſtiſche Vorleſung des bekannten Wiener Schriftſtellers Rud. Kraßnig. Die Zwiſchenpauſen werden durch geſangliche und Orcheſtervorträge ausgefüllt. Karten zu dieſem Abend à 1 Krone (Familienkarten 2 Kronen) ſind bei den Herren Hohlweg, Petersmann und Wohanka in Traiskirchen zu haben.
Als 2. Vortrag in dem Konzert-Zyklus wird ſich zur Abwechslung ein Vortrag von Praxedes Yſaë über moderne Dichtungen mit ihren Anklängen an Myſtik und Okkultismus anſchließen. Derſelbe findet nächſten Sonntag, 4 Uhr nachmittags, ſtatt. Karten im Einzelverkaufe ſind in der k. k. Haupttrafik und am Vortragstage ſelbſt an der Kaſſa zu haben.
Sonntag abends durchſchnitt ſich der beſchäftigungsloſe Ig. Aberl, zuletzt in der Auguſtinergaſſe wohnhaft, in ſelbſtmörderiſcher Abſicht mit einem Raſiermeſſer die Halsſchlagader und war binnen wenigen Minuten todt. Die ſchleunigſt avi - ſierte Rettungsgeſellſchaft fand keinen Anlaß mehr zu intervenieren. Ueber das Motiv des Selbſtmordes, den Aberl in halbtrunkenem Zuſtande verübte, iſt nichts bekannt.
am nächſten Freitag ſendet uns ein Mitarbeiter nachſtehenden poetiſchen Gruß.
Der erſte der volkstümlichen Univerſitäts-Vorträge des Univerſitätsprofeſſors Dr. Karl Grünberg „ Zur Vorgeſchichte der franzöſiſchen Revolution “findet nicht am 13., ſondern am 20. d. M. ſtatt.
Mittwoch, den 26. v. M.: „ Arche Noah “, zugleich die dritte Aufführung der Jarno’ſchen Novität,die vor halbleerem Hauſe von ſtatten gehend, ob ihrer exakten Durchführung bis ins kleinſte hinein Anerkennung verdient. So ſeien in erſter Linie Frl. Körner (Anna) und Herr Clement (Ram - ſauer) genannt, die beide lebenswarme anheimelnde Geſtalteu ſchufen.
Aufs beſte zum Gelingen des Ganzen trugen auch noch Frl. Sewaroff (Leonore Neuwirth) und die Herren Zemann (Ingenieur Lambach), Lang - ſteiner (Sandor von Rudnay) und Sußmann (Theaterdirektor Rabenſtein) das ihrige redlich bei. In den Epiſoden ragten weiters unſer Erl in der hochkomiſchen Maske als Amateurphotograph Hugo Berndt, dann Herr Verſtl als Muſtergatte Neuwirth, endlich die Herren Roland (Kellner Franz) und Weiß (Goldfinger) hervor.
Donnerstag, den 27. v. M.: „ Die Geiſha “.
In der Repriſe boten Frau Kramm-Walliſch (Mimoſa), Frl. Körner (Molly) und Herr Clemen (Wun-Hſi) gute Leiſtungen. Einige „ Auftrittspauſen “wirkten peinlich. Es iſt doch merkwürdig, daß keine Geiſha-Aufführung ohne ſolche vorübergehen kann. Die Herrſchaften hinter der Kuliſſe nehmen ihre Aufgaben wohl allzu leicht und ſcheinen auf die Stich - worte nicht beſonders achtzugeben. Die Japanerinnen mögen ſich ferner an der Mimoſa ein Beiſpiel nehmen und erſt nach ihrer Landesſitte — gehen lernen. Die Bagatelliſierung in Gang und Haltung, Kopfbewegung und Fächerſpiel nimmt der ganzen Szenerie den Reiz und den Erfolg weg.
Freitag, den 28. v. M., geſchloſſen.
Samstag, den 29. v. M. zum erſtenmale „ Jung-Heidelberg “, Operette in drei Akten von L. Krenn und C. Lindau. Muſik von Karl Millöcker. Die neue Dekoration des erſten Aktes ſtammt aus dem Atelier des F. Heiß. In Szene geſetzt von Direktor Alfred Schreiber.
Nach dem Muſter von „ Frühlingsluft “, dem bewährten Zugſtücke der Sommerbühne des Direktors Steiner, hat Kapellmeiſter Reiterer vorhandene Mo - tive aus dem Nachlaſſe Millöckers, dieſes leider viel zu früh dahingeſchiedenen Schöpfers der entzückenden Melodien heiteren Genres, benützt und aus den zer - ſtreuten muſikaliſchen Perlen ein „ Geſamtwerk “ge - ſchaffen, das mit ſeinen hübſchen, anſprechenden Chören — als willkommene Abwechslung ſind ſolche in dieſer modernen Operette in größerer Anzahl vorhanden — einſchmeichelnden ſeriöſen Nummern und flotten Märſchen immer Anſpruch auf Eefolg machen kann und muß.
Die bekannte Librettiſten-Firma Krenn und Lindau hat dazu den Text geliefert, der heiter und unterhaltend, Studentenulke, Perſonenverwechslungen — eine derſelben bringt zwar eine etwas ſtarke Szene zutage — neue und alte Witze, kurz das ganze Um und Auf der modernen Operette enthält.
Die Dichter laſſen den Prinzen Karl Heinz aus „ Alt-Heidelberg “erſcheinen, nur dreißig Jahre ſpäter ſetzt das Stück ein, die liebe Käthe als reſolute
mer eahner no ſchuldi war’n vo fert’n. Von Anfang an war’s halt wiar af an ied’n Kirchta. D’Muſi hat g’ſpielt, geſſ’n is wor’n und trunk’n, und tanzt a, daß all’s g’wettert hat. J han a ſcheani Tänzerin g’habt und ſo is der Tag umi gang’, daß i net g’wüaßt han wia. Wias Abend worn is, hat ſi der Toni mit die Deanſtleut aufg’macht und is hoam - g’fahr’n und d’Leitueriſch’n a. J und der Steffl vo der Mühl drunt und noch a paar, mir ſand no blieb’n. Der Steffl hat allerweil g’ſtenkert af d’ Wolfganger Buam und Trutzliad’ln g’ſung’, ’s war aber alles umaſunſt, und das, weg’n was mer z’ruck - blieb’n ſand, is halt net z’ſtand kemman. Der Steffl is ſcho ungeduldi worn und er hot g’ſogt: ‚ A geah mer hoam! Wann um a zehne af d’Nacht afr ’n Kirchta die Bierglasln no alle ganz ſand und a nieda Seſſel ſeine vier Füaß hat — da han i ſcho gnua. Das is ba mir koa Kirta net!’ — So ſand mer halt gang’! Wia mer aber ſo af’n halb’n Weg ſand, ba der wild’n Klamm war mer g’rad vorbei, kimmt uns der Müllner nachig’fahr’n. ‚ Hiazt geaht’s ob’n zua — dö raf’n ſi, daß all’s drunter und drüber geaht!’ ſchreit er uns zua ban Vorbeifahr’n. Zan Z’ruckgeahn war uns der Weg ſcho a weng z’weit; ſo ſand mer halt weitergang’, aber es hat do koan von uns a rechte Ruah laſſ’n, und wia mer zan Kreuz kemman, wo ſi der Weg ſcho obibiagt af d’Mühl, da ſag’ i g’rad ‚ ah, mir hiat’n z’ruckgeahn ſull’n und hiat’ns eahner ſull’n hoamzahl’n de Schläg’ von vorig’n Jahr’, af das hamt ſi d’ander’n glei umdraht und i a und z’ruck ſan mer g’rennt af Wolfgang aufi, aber das muaß i ſcho ſag’n, ſo ſchnell war i mei Lebta no net ob’n, als wia ſelbn. Mir hamt uns glei einig’miſcht in d’Raferei und hamtd’Wolfganger durchprügelt, daß no lang d’rauf denk’n wer’n. Z’letzt hat no der Wirt ſein Teil kriagt und nachher war’s erſcht recht g’müatli. Um fünfe ſand mer hoamkemm “.
Thereſe hörte den Schilderungen des jungen Burſchen wohl zu, aber man ſah es ihr an, mit großer Engelsgeduld. Der zweite Teil des Kirchweih - feſtes ſchien ſie weniger zu intereſſieren und als Franzl geendet hatte, da frug ſie mit unverkennbarer Haſt: „ Und is wahr, daß die Kathl ’s ſcheanſte Deandl war? “
„ Aha! Haſt a ſcho davo g’hört? “ Der Burſche lachte beluſtigt auf und fuhr dann fort: „ Freili war’s d’Scheanſte und d’Wolfganger hamt ſi net weni weg’n ihrn d’Aug’n verdraht. Der Brünnlbauern-Peter hat glei ſein Vatern zan Leitner g’ſchickt um d’Hand vo der Kathl — “
„ Und was hat denn der Leitner dazua g’ſagt? “
„ Sel woaß i net! Aber das woaß i, daß der Peter ’s Deandl net kriagt und wann der Leitner a hundert Mal Jo ſogert mitſamt ſein Weib — die Ka hl nimmt na den, den’s gern hat und koan andern. Sie is akrat a ſo wiar unſer Toni und mir ziemt, ba dö zwoa da wern mer bald amol wos hör’n von an Verſpruch “.
Thereſe mußte ſehr erſchrocken ſein bei dieſen ſcheinbar ſo harmlos hingeworfenen Worten, denn eine fahle Bläſſe überzog ihr ganzes Geſicht und mit bebenden Lippen ſagte ſie: „ Moanſt richti? “ I han ollerweil g’moant, die Kathl ſahert an andern gern; du woaßt jo, mir hamt all’s ausg’redt mitanander “.
Ein Anflug von erkünſtelter Traurigkeit lag auf den Zügen des Burſchen als er erwiderte: „ I han’s ja ſelber allerweil glabt — aber i bitt di rechtſchean, wer kennt ſi denn a aus ba die Deandl — heunt ſand’s a ſo, morg’n a ſo “, und dabei machte er die entſprechende Handbewegung, dann fuhr er fort: „ A ſauberer Bua is er jo a der Toni und a guater Menſch a — das muaß eahm der Neid laſſ’n — und wann i a Deandl war, ſakradi nochamal, den müaßt i hab’n! “
Bei dem „ ſakradi nochamal “ſchlug er ſich zur größeren Bekräftigung mit der flachen Hand auf das Knie.
„ Aber hiazt muaß i ſcho geah’n, daß i’n Schuaſter derwiſch, ſunſt z’reiß’n mi d’Weibsleut, wann’s af’n Sunnta koane Schuach net hamt. — Pfüat di Gott, Thres! “
„ Pfüat di Gott a! “
Thereſe ſchlug nun den Weg ein, der zur Mühle hinunterführte und mit ſchlotternden Knien ſtieg ſie bergab, mechaniſch, ohne zu denken, welches Ziel ſie zu verfolgen hatte und welchen Zweck ihr Gang haben ſollte, ſie war zu ſehr mit ihrem Innern beſchäftigt. Daß der Toni ſein Herz der Kathl ge - ſchenkt hatte, das wußte ſie ja ſchon lange — aber die Nachricht von ihrem baldigen Verſpruch, die hatte ſie zu Tode getroffen. Ja, ein unheimliches Geſpenſt hatte ſeine Arme nach ihr ausgeſtreckt und verfolgte ſie ſchon wochenlange bei Tag und Nacht, und wenn die Natur einmal ſtärker war, dann ſchlich ſie ſich auch hinein in ihre Träume dieſe häßliche Leiden - ſchaft — die Eiferſucht. Sie hatte endlich dagegen angekämpft, hatte als frommgläubige Chriſtin Troſt und Rettung in der Religion geſucht — gefunden aber nicht! Ja, genau ſo mußte auch ihrer Muhme zumute geweſen ſein, bevor ſie ſich hinuntergeſtürzt hatte in die brauſende Flut.
(Fortſetzung folgt.)
Wirtin in „ Rüders Gaſthaus “und ſtrenge Tante erſcheint auf der Bildfläche. Da dieſe zwei bekannten Perſonen aus dem Meyer-Förſter’ſchen Schauſpiele etwas ſentimental wirken, ſind ſie eben nur epiſodiſch bedacht und Karl Heinz, des Fürſten, Sohn Erich ſteht nun im Mittelpunkte. Er und ſein Leibfuchs, der immer fidele, zu den tollſten Streichen aufgelegte Student und Reſerve-Lieutenant von Vogel. Eine bekannte Liebesgeſchichte, in der Prinz Erich ſeine Angebetete für eine Hofdame und ſie ebenfalls ſeinen hohen Rang nicht kennt, kommt ſelbſtverſtändlich zum befriedigenden Abſchluß, denn die holde Unbekannte iſt ja auch eine Erbprinzeſſin. Ein zweites Liebespaar, der ſtrengen Tante Käthe’s Nichte Lieſe und der ſtudentiſche Stiefelputzer Strumpf, ein bärbeißiger General und zwei einfältige ſchwäbiſche Bauern, Vater und Sohn, ſind die weiteren Perſonen der Handlung, die nichts neues bietet, aber mit dem Alten in geſchmackvoller Form und Faſſung wirkt.
Ueber die exakte Aufführumg kann auch nur das Beſte geſagt werden. Die gute Einſtudierung, jedes der Mitwirkenden war mit Luſt und Liebe bei der Sache, die hübſche Ausſtattung, namentlich der zweite Akt bot durch ſeinem Perſonenreichtum ein prächtiges Bild, Orcheſter, Chöre, Regie, alles klappte, daß es eine Freude war. Auch mit der neuen Deko - ration — der erſte Akt ſpielt, wie erwähnt, in Rüders Gaſthaus, und zwar zeigte dieſelbe wieder Heidelberg, nur mit dem alten und neuen Schloß und den Neckar — wurde viel Effekt erzielt.
Nun zu den Sängern. Vor allen ſind Fräulein Kramm-Walliſch und Herr Schütz zu nennen. Sie eine reizende, blonde Prinzeß, er ein eleganter Fürſtenſohn. Das klangſchöne Duett „ Es war ein - mal “, eine der beſten Geſangsnummern, ſangen ſie einfach entzückend. Auch das Abſchiedslied im erſten und das Lied an die Freundſchaft im letzten Akte brachte dem tüchtigen Sänger rauſchenden Beifall.
Ein drolliges Studentlein und Leutnantchen von Vogel war Frl. Körner. Der Diminutiv kann hier wohl angebracht werden. Mit Humor und Lebendigkeit ſpielte die Sängerin dieſen allzeit fidelen Schlingel und ſind aus ihrer Partie ein Couplet mit dem Refrain „ Ich dreh’ ihm eine Naſe “und ein Tanzduett mit dem unausbleiblichen „ Wien - Huldigungslied “von ihr und Frl. Steininger (Lieſe) — die Rolle letzterer weiſt ein flottes Entree mit Chor auf — exekutiert, beſonders zu erwähnen.
Einen prächtigen Wichſier Strumpf lieferte Herr Roland. Geſanglich hat er wenig zu tun, dafür wirkt er mit ſeiner ſchauſpieleriſchen Gewandtheit, ungemein auf die Lachmuskeln ſeiner Zuhörer.
Dem alten General von Baſedow, einen Kant - ſchukoff in gekürzter Auflage, gab Herr Löſcher die richtige Färbung und mit den beiden Höfelmann, Vater und Sohn, ſchufen die Herren Clement und Ciſowsky zwei gelungene Typen dupierter Schwaben.
Unter den Studenten ragte ferner noch der Bariton Herr Weiß (Möbius) in einer undankbaren Partie durch ſein kräftiges Organ und Herr Oeſter - reicher als der die Dauer ſeiner Studienzeit ſchon durch Jubiläen feiern könnende Student Moppel hervor.
Die Chöre funktionierten vorzüglich. Und ſie haben viel zu tun. Sogar einen Anſichtskarten-Chor gibt es. Herz, was begehrſt du noch mehr! Das Publikum nähm die Novität ſehr freundlich auf und rief die Darſteller ſowohl unter der Szene, als nach den Aktſchlüſſen wiederholt vor die Rampe. Doch halt, einer wäre beinahe vergeſſen worden. Auf ſein Konto kommt ja auch ein Teil des Erfolges. Der „ Lazarus “. Sein erſtes Auftreten hat jedenfalls den günſtigſten Eindruck zurückgelaſſen.
Sonntag, den 30. v. M. „ Jung-Heidelberg. “ Wiederholung bei ausverkauftem Hauſe und ſtürmiſchem Beifall. Direktor Schreiber und Kapellmeiſter Wallner mußten vor die Rampe.
Der Bezirksarmenrat Baden hat nächſt Pfaff - ſtätten ein Armenhaus im größerem Maßſtabe, u. zw. für 250 Arme erbauen laſſen.
In dieſem Armenhauſe ſollen bereits im April 1905 ſämtliche der geſchloſſenen Armenpflege bedürf - tige Perſonen unſeres Gerichtsbezirkes Aufnahme finden. Die Koſten des Baues belaufen ſich auf zirka 450.000 K, welche teils aus dem Armen - vermögen des Armenfondes Baden per ca. 150.000 K größtenteils aber durch ein aufgenommenes Darlehen per 300.000 K gedeckt werden.
Dieſe Summen reichen aber nicht, um alle mit dieſem Baue in Verbindung ſtehenden Koſten zu decken, es kommen noch jene der erſten Einrichtung, als: Betten, Käſten, Tiſche, Bett - und Leibwäſche ꝛc. ſowie jene der Gartenanlage und Garten-Umfriedung hinzu. Es wird ſich demnach die Notwendigkeit der Aufnahme noch eines weiteren Darlehens ergeben. In dem genannten Gebäude befindet ſich auch eine Kapelle, welche beſonders den infolge Alters und Gebrechlichkeit mühſelig gewordenen Armen Gelegen - heit bieten wird, ihre Andacht verrichten zu können, woran dieſelben wegen der immerhin beträchtlichen Entfernung anderer Gotteshäuſer gehindert wären.
In Betreff der Einrichtung und Ausſchmückung dieſer Kapelle hat der Bezirksarmenrat beſchloſſen, an den Wohltätigkeitsſinn der Bevölkerung zu appel - lieren. Der Bezirksarmenrat richtet ſomit an alle edlen Menſchen und Wohltäter die Bitte, durch Spenden welcher Größe immer behufs Erreichung des gedachten Zweckes mitzuwirken. Jede noch ſo geringe Gabe wird mit größtem Danke entgegen - genommen und öffentlich ausgewieſen.
Spenden werden entgegengenomen: Im Rathauſe Baden von Herrn Rudolf Zöllner, Bürgermeiſter und Obmann, ferner in der Kanzlei des Bezirks - armenrates Baden, Antonsgaſſe 25, und von Herrn Profeſſor Kainz, Obmann-Stellvertreter desſelben.
Druck und Verlag der Buchdruckerei Johann Wladarz,[v]orm. H. Haaſe, in Baden. — Verantwortlicher Schriftleiter:[Ru]dolf Bauer.
Benjamin FiechterSusanne HaafNote: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).2018-01-26T13:38:42Z grepect GmbHNote: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T13:38:42Z Amelie MeisterNote: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T13:38:42Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe
Fraktur
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