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Telegramme Allgemeine, Czernowitz.

Czernowitzer Allgemeine Zeitung

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Nr. 1588. Czernowitz, Freitag, den 30. April 1909.

Ueberſicht.

Die Orientkriſis.

Die Krönung Mohameds V. wird erſt in 40 Tagen erfolgen. Kiamil Paſcha ſoll verhaftet worden ſein. Die Maſſenverhaftungen und Maſſenhinrichtungen dauern fort. Der Exſultan Abdul Hamid iſt in Saloniki eingetroffen, wo er wahrſcheinlich vor ein Kriegsgericht geſtellt werden wird. Daß über ihn das Todesurteil gefällt werden wird, iſt nicht[u]nwahrſcheinlich.

Letzte Telegramme.

In Serbien bereiten ſich neuerlich ernſte Ereigniſſe vor - Im Offizierskorps macht ſich eine antidynaſtiſche Strömung bemerkbar. Die Unabhängigkeitspartei ſtrebt ein Miniſterium Wekerle Koſſuth unter Ausſchaltung der 67er Partei an.

Ein Phantaſiestück.

c. So nannte das Fremdenblatt das in einem franzöſiſchen Blatte aufgetauchte Gerücht, daß die Dreibund - mächte eine Aktion zur Teilung der Türkei planen. In der Tat unter obwaltenden Verhältniſſen, ſolange die Türkei noch im Stadium des Bauens und Organiſierens iſt, ſolange noch um die Erneuerung der Türkei gekämpft wird, iſt jedes derartige Vorhaben nicht nur ein phantaſtiſches, ſondern ein unpolitiſches. Die Türken haben nämlich bewieſen, daß ſie kämpfen können, daß ſie auch einig ſein können, wenn ſie dazu durch die äußerſte Not getrieben werden.

Aber die Phantaſie von heute iſt ſo oft die Tatſache von morgen. Phantaſie heißt ja nur vorausgegriffene Wirk - lichkeit, eine vorauseilende Einſicht. Und deshalb rollt auch das franzöſiſche Gerücht ein Problem auf, das in der vielleicht nahen Zukunft in allem Ernſte die europäiſche Diplomatie wird beſchäftigen müſſen. Denn mit der Ent - thronung des alten und der Einſetzung des neuen Sultaus iſt die türkiſche Kriſe bei weitem noch nicht gelöſt. Schon jetzt hört man von einem neuen Kronprätendenten, dem Prinzen Juſſuf, der in ſeiner Art ein Märtyrer des Freiheitsgedankens iſt, eine machtvolle Perſönlichkeit, ein Liberaler, mit alttürkiſchem Einſchlag und dabei ein Anhänger des Autonomismus. Undim Wege ſteht noch der Prinz Sabah-Eddin, eine Haupt - ſtütze der Liberalen Union . Wie es in ſolchen Fällen zu - geht, wiſſen wir ja aus der Geſchichte Spaniens, das ewig mit der karliſtiſchen Bewegung, d. h. der Bewegung zugunſten eines Kronprätendenten, zu ſchaffen hat. Jeder Prätendent ſichert goldene Berge zu und wird das Zentrum für alle Unzufriedenen. Der Unzufriedenen aber ſind in der neuen Türkei gar zu viele, und ſie werden immer zahlreicher werden. Die Jungtürken haben nämlich ein Programm, dem ſie nicht entſagen können, ohne ihre Macht zu verlieren. Das Pro - gramm iſt das zentraliſtiſche - und betont das Vorherrſchen des Ottomanentums.

Aber die Hilfsmittel, deren die Jungtürken ſich bedienten, ſind am wenigſten geeignet, dieſe ihre Idee zu verwirklichen. Das Zentrum der neuen Türkei iſt Saloniki. Und wie Stam - bul der Vorpoſten Aſiens iſt, wie man vom goldenen Horn nach der kleinaſiatiſchen Küſte hinüberſchauen kann, nach dem Lande der Trägheit, der Träumerei und der Willenloſigkeit, ſo iſt Saloniki die Schwelle zum weſtlichen Europa, die Ueberwindung des Orients. Und an dieſer Ueberwindung wird die Türkei ſich verbluten. Ueber Saloniki kann Stambul nicht herrſchen, die Herrſchaft Salonikis aber heißt die Auflöſung der Türkei. Denn in Saloniki iſt der Knotenpunkt der Natio - nalitäten, die im ottomaniſchen Reich nebeneinander wohnen und ſich in den Haaren liegen. Es iſt die Türkei im Kleinen. Jetzt werden erſt alle Machtgelüſte der bisher unterdrückten oder im Schach gehaltenen Volksindividualitäten zur Geltung kommen. Und wird die neue Regierung, d. h. die Jungtür[k]en, nicht willig ſein, ſo werden dieſelben Elemente, die ſie im Kampfte gegen die Reaktion unterſtützt haben, ſich gegen ſie wenden und Gewalt brauchen. Und da werden die Jungtürken unterliegen müſſen und mit ihnen die Türkei als hiſtoriſch gewordener Staat

Es handelt ſich bloß darum, ob die europäiſchen Mächte bis dahin bereit ſein werden. Denn an den Geſchicken der Türkei iſt das ganze maßgebende Europa mehr intereſſiert, als man es ſehen laſſen will. Nicht bloß der Dreibund, nicht bloß Rußland, Frankreich und England, ſondern auch die Balkanſtaaten, alſo Serbien, Bulgarien, Griechenland. Jedes dieſer Länder hat einen Fuß in der Türkei, jedes von ihnen hat dort Zukunftspläne. Die Türkeihat ſich bisher nur dank der Rivalität der Mächte gehalten. Es iſt aber nicht ausgeſchloſſen, daß die Rivalität eines ſchönen Tages in ein Einvernehmen, in eine planmäßige Aktion ſich verwandeln wird. Und dann iſt das Phantaſie - ſtück von heute Proſa, trockene Wirklichkeit. Jedenfalls ſtehen die Jungtürken vor einer ſchweren, ſchier unlösbaren Aufgabe. Europa hat aber kein Intereſſe, ihnen die Löſung zu erleichtern.

Die Jungtürkiſche Herrſchaft in Konſtantinopel.

KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Bei den diplomatiſchen Miſſionen wurden die Wachen bis auf je einen Militärſchüler, Gendarmen und Poliziſten zurückgewieſen. Der Be - lagerungszuſtand dürfte bis zur Beendigung der kriegsgerichtlichen Aburteilungen aufrecht bleiben,

Verhaftung Kiamil Paſchas?

KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Der frühere Großveſier Kiamil Paſcha ſoll, wie gerüchtweiſe verlautet, verhaftet worden ſein.

KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Kiamil Paſcha ſoll engliſchen Schutz verlangt haben.

Die Neubildung des Kabinetts. KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Der gegenwärtige Großvefier Tewfik Paſcha wurde mit der Neubildung des Kabinettes betraut.

Der Exſultan Abdul Hamid.

KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Die Berichte über die näheren Umſtände der Wegführung Abdul Hamids ſind außerordentlich widerſprechend. Sicher ſcheint aber, daß Abdul Hami[d]

Seine Kreolin.

19] (Nachdruck verboten.)

Wiſſen Sie etwas Näheres? fragte er raſch. In dieſem Augenblicke wurden Schritte auf dem Gange draußen hörbar. Wir können hier nicht darüber reden, fügte er hinzu. Sind Sie heute abends zu Hauſe?

Jawohl.

Dann komme ich bei Ihnen vorbei, fuhr er fort und wandte ſich zum Gehen.

Warten Sie eine Minute, rief ich ihm nach. Ich wohne nicht mehr bei Frau Friſch.

Nicht?

Nein ich wohne im Marathon .

Im Marathon ?

Jawohl, Nr. 14; Higgins wird Sie hinaufführen.

Er ſtarrte mich einen Augenblick überraſcht an; dann ging die Tür auf, und Herr Royce trat ein, gefolgt von zwei Angeſtellten.

Ich erwarte Sie alſo heute abends, fügte ich hinzu und weidete mich an ſeinem Staunen.

Er nickte mechaniſch und ging fort, als ob er im Traume wandelte.

Das iſt ſo ziemlich der letzte Ort auf Erden, wo ich erwartet hätte, Sie zu treffen, begann Godfrey, als er ſich in ſeinem Stuhle zurücklehnte und rund im Zimmer herum - blickte.

Und doch iſt nichts ſo Wunderbares daran, betonte ich. Ich mußte meine Wohnung verlaſſen und fand, daß dieſe paſſend für mich ſei.

Es iſt Ihre Paſſion, erwiderte er lächelnd. Seit der Affäre mit Fräulein Holladay wenigſtens. Das Geheimniswerden Sie nie herausbringen. Aber ich bin froh, daß Sie hier wohnen. Ich habe eine Ahnung, daß wir gerade am Beginn der Entwirrung eines ſehr auffallenden Geheimniſſes ſtehen, und Sie können viel dabei helfen.

Dann war alſo der Mord nicht das Ende davon?

Nein, ich glaube, er war erſt der Anfang. Erzählen Sie mir jetzt, wie es kam, daß Sie geſtern abends mit Frau Tremaine zuſammen waren.

Tremaine hatte eine wichtige geſchäftliche Zuſammenkunft, erklärte ich ihm, die er unmöglich verfehlen konnte. Er hatte ihr verſprochen, ſie ins Theater zu führen, und ſich ſchon Billette geſichert. Nun wollte er ihr die Enttäuſchung erſparen und bat mich, an ſeiner Stelle zu gehen.

Und ſie hatte nichts dagegen?

Nicht im geringſten, wie mir ſcheint.

Sie ſchien ſich prächtig dabei zu unterhalten?

Jawohl. Sie iſt das ungezwungenſte Geſchöpf, das ich je geſehen. Sie würde Sie intereſſieren, Godfrey.

Ich zweifle nicht im entfernteſten daran. Aber Tremaine intereſſiert mich auch. Sie wiſſen nicht zufällig, welcher Art dieſe geſchäftliche Zuſammenkunft war? fragte er und ſah mich eigentümlich lächelnd an.

Nein; ich nehme an, daß ſie ſeine Eiſenbahnlinie betraf.

Seine Eiſenbahnlinte?

Ich berichtete ihm kurz über das Projekt Tremaines.

Ja, vielleicht betraf es das, bemerkte Godfrey, aber nur indirekt ſehr indirekt. Er verbrachte den Abend in Dickie Delroys Loge in der Oper.

Jetzt war es an mir, überraſcht zu ſein.

Wiſſen Sie das beſtimmt?

Ganz ſicher; ich ſah ihn ſelber dort. Tremaine iſt, wie ich hörte, vor einiger Zeit bei Delroy eingeführt worden und hat in der Geſellſchaft Furore gemacht der Grund hierzu iſt leicht genug zu verſtehen. Es iſt nicht das erſtemal, daß er in Delroys Loge war.

Aber ſagen Sie mir, wandte ich immer erſtaunter ein, wie hat er denn das fertig gebracht?

Ich weiß nicht. Ein ſo gewandter Menſch wie er weiß ſich oft alle Türen zu öffnen. Sogar mehr als das: er hat Delroy für ſein Eiſenbahnprojekt zu intereſſieren gewußt, und Delroy iſt offenbar von ihm ebenſo bezaubert wie Sie.

Jawohl, gab ich offen zu, ich bin es.

Ich ſah auf den erſten Blick, daß er ein Schlaukopf iſt. Ich glaube, dieſes Eiſenbahnprojekt iſt nur eine Falle er ſieht nicht aus wie ein Menſch, der ſeine Zeit damit ver - ſchwendet, Luftſchlöſſer zu bauen.

O, wenn Sie ihn hören würden, proteſtierte ich.

Ich wollte, ich könnte es.

Ich kann Sie ja vorſtellen als einen Reporter, der Stoff zu einem Bericht ſucht zum Beiſpiel.

Nein, das wäre ungeſchickt. Ich werde es auf irgend eine andere Weiſe verſuchen.

Ich glaube nicht, daß es eine Falle iſt, fuhr ich fort. Er iſt zu ſehr damit beſchäftigt. Ueberdies ſehe ich gar nicht ein, warum wir irgend welchen Grund hätten, ihn zu ver - dächtigen. Wenn es eine Falle wäre, was beabſichtigt er dann damitt?

Das iſt es gerade, was wir ausfindig machen müſſen.

Godfrey, begann ich nach einiger Ueberlegung plötzlich, ich möchte Ihnen zwei Punkte unterbreiten, nach meiner An - ſicht wichtige Punkte. Aber erſt bitte ich Sie, erzählen Sie mir genau, wie das Verbrechen erfolgt iſt. Ich habe den Verdacht, daß einige Einzelheiten nicht im Rekord ſtanden. Stecken Sie ſich erſt eine Zigarre an!

Er nahm eine Zigarre und zündete ſich ein Streichholz an.

Es ſind eine Reihe von Einzelheiten vorhanden, gab er lächelnd zu, welche das Publikum nicht erfahren hat. Die meiſten würden Fräulein Croydon unnötigerweiſe belaſten.

(Fortſetzung folgt.)

2Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 30. April 1909.

anfänglich enengiſch gegen die Wegführung proteſtierte, ſich jedoch ſchließlich fügte und ſehr niedergeſchlagen mit kleinem Gefolge, darunter angeblich ſechs Frauen, unter großer und ſehr ſtrenger Ueberwachung, wie ein Gefangener wegtransportiert wurde.

KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Nicht nur die Nationalverſammlung und Schefket Paſcha, ſondern, wie verlautet, auch der neue Sultan haben Abdul Hamid die Sicherheit ſeines Lebens in unzweifelhafter Weiſe zugeſichert.

Wie verlautet, wird der Leibeunuch Nadir Agha morgen gehängt.

KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Zur Abreiſe des geweſenen Sultans wird noch gemeldet: Abdul Hamid ſchien am Bahnhof nicht mehr deprimiert zu ſein, er unterhielt ſich leutſelig mit den Anweſenden. Mit ihm reiſten elf Frauen, Prinz Abdurhamin, ein jüngſt geborener Sohn, ſowie zwei Eunuchen. Die Frauen waren alle ſichtlich eilig ange - kleidet, nur halb oder gar nicht verſchleiert. Die Wegführung des Sultan’s wurde von Huſſein Paſcha und dem Oberſten Galib überwacht.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Eine maßgebende Perſönlichkeit äußerte ſich über des enttrohnten Sultans Schickſal folgendermaßen: Er wird ſtreng bewacht werden und Zeit ſeines Lebens Gefangener bleiben; an Mitteln zum Leben ſoll’s ihm nicht fehlen, aber Geld, um neue Intriguen zu ſtiften, wird er nicht beſitzen. Sein Leben wird geſchont, doch es iſt nicht unmöglich, daß der ehemalige Sultan aus Verzweiflung über ſein Los ſelbſt Hand an ſich legt.

Sultan Mehmed V. KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Die Krönung und die Umgürtung des neuen Sultans mit dem Schwerte in der Moſchee Ejub erfolgt erſt nach 40 Tagen. Ueber die im Yildiz vorgefundene Ueberfülle an Waffen und Koſtbar - keiten werden intereſſante Angaben gemacht. Abdul Hamid ſoll nur das erhalten, was ſein Privateigentum iſt. Alles andere wird Staatsgut.

Die Voſſiſche Zeitung entwirft folgende Charakteriſtik über den neuen Sultan: Abdul Hamid iſt jedenfalls abge - tan. Sein 64jähriger Bruder Reſchad hat als Mehmed V. den Thron beſtiegen. Er wird als eine behäbige und paſſive Natur geſchildert, als ein Mann alſo, wie ihn die Jung - türken brauchen. Sie erhoffen nichts von ihm und befürchten nichts von ihm. Jemand muß an der Spitze des Staates ſtehen, und ſei es auch nur dem Namen nach. Reſchad wurde Sultan, weil nach alter Ueberlieferung der Türkei das älteſte Mitglied des Hauſes Osman zum Thronfolger auserſehen iſt. Die türkiſche Verfaſſung hat dieſe Ueberlieferung anerkannt. Die Jungtürken hielten ſich alſo an die Verfaſſung, als ſie Reſchad zum Sultan erhoben. Sie werden ihm alle gebührenden Ehren angedeihen laſſen, doch wird er kaum etwas anderes ſein, als beſtenfalls ihr Prokuraführer.

Die Glückwünſche Frankreichs. K. -B.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Der Miniſter des Aeußern Pichon erſchien heute in der türkiſchen Botſchaft und drückte dem Botſchafter die Glückwünſche zur Thronbeſteigung des Sultans Mehmed V. aus. Auch die franzöſiſche Regierung ſandte tele - graphiſche Glückwünſche an die türkiſche Regierung.

Das Strafgericht der Jungtürken.

(Orig. -Korr.)

Nach dem Siege das Strafgericht. Die Jungtürken gehen auch hierin überaus gründlich, vielleicht allzugründlich, zu Werke. Große Trupps von Gefangenen zogen geſtern durch die Straßen, Mann an Mann gefeſſelt. Es waren weiß - bärtige Leute, Offiziere und Unteroffiziere unter ihnen. Iſt ſchon dieſer Anblick geeignet, menſchliches Mitgefühl ſelbſt bei den Gegnern dieſer Unglücklichen hervorzurufen, ſo wandelt ſich dieſe Teilnahme in lebhaften Unwillen, wenn man ſieht, wie von dieſen Gefangenen viele geprügelt und verwundet werden. In den Kreiſen der Diplomatie und unter den Ausländern macht dieſes Benehmen der Sieger den denkbar ungünſtigſten Eindruck. Auch die maſſen - haften Verhaftungen, die ſeit einigen Tagen zu Hun - derten auf die unſicherſten Anhaltspunkte hin vorgenommen werden, beweiſen, daß die Jungtürken von den jüngſten Ereigniſſen nichts gelernt haben und in die Achmed Riza-Politik der Rache und des Haſſes zurückver - fallen. Es ſind viele Hunderte von Iildisbeamten, Sekretären, Adjutanten, Dienern, Köchen, Gärtnern uſw., ſowie von Hodſchas und Softas und nicht weniger als achthundert Poliziſten und Spione des alten Regimes verhaftet. Faſt alle, Hodſchas, Poliziſten und Spione, führten große Geldmittel mit ſich, die wie die dreißigtauſend Pfund der verhafteten Soldaten unzweifelhaft aus dem Iildis ſtammen. Bei den Hodſchas allein wurden 12.000 türkiſche Pfund, ungefähr 225.000 Mark, gefunden. Nach der Herkunft des Geldes befragt, zuckten ſie ſtumm die Achſeln oder machten unglaubhafte Angaben.

Unter den hervorragenden Perſönlichkeiten, die den Jung - türken in die Hände fielen, b[e]finden ſich: Ali Djewod Bey, der erſte Sekretär (Chef des Zivilkabinetts) des Sul - tans; Tahir Paſcha, der Tüfenkoſchi Baſchi (Chef der Büchſenſpanner), der Kurde Ahmed Tſchauſch, der An - führer der Meuterer, die am 13. April auf dem Platze vor der Achmedjé-Moſchee rebellierten, und der ſchwarze Palaſt - eunuche Nadir Aga. Dieſer hatte in der letzten Zeit eine wichtige politiſche Rolle geſpielt und gilt neben dem Prinzen Buchaneddin und Ahmed Tſchauſch als der Haupturheber der Meuterei vom 13. April. In der europäiſchen Preſſe wird er irrtümlich als Obereunuch des ſultaniſchen Harem (Kislar Aga) bezeichnet.

Konſtantinopel iſt von Hodſchas und Softas entblößt. Viele Geiſtliche ſind vor dem Truppeneinmarſch Schiff nach Aſien geflüchtet und ſollen dabei ungeheuer viel Geld mitgenommen haben. Man befürchtet daher, daß ſie die aſiatiſchen Provinzen revoltieren werden.

Der Gouverneur von Tſchataldſcha wurde gefangen nach Saloniki gebracht und wird wegen Widerſtandes gegen das Verfaſſungsheer von dem Kriegsgericht abgeurteilt.

Muſſafer Bey, Kapitän des Kreuzers Peikiſchefket , hat aus Verzweiflung über die Niederlage des Sultans Selbſtmord begangen.

Eine Unterredung mit Mohammed V. (Spezialbericht des Korreſpondenten des Berliner Lokalanzeiger ).

Die Pforten von Dol - mabagdje, hinter deſſen Mauern Reſchad ſeit 33 Jahren in ſtrenger Gefangenſchaft, abgeſchnitten von jedem Verkehr mit der Außenwelt, ſein Leben vertrauerte, haben ſich heute für mich, den erſten Europäer, der dieſes durch Kunſtſchätze und Naturſchönheiten einzig daſtehende Gefängnis betrat, geöffnet. Ein vom General Schefket-Paſcha ausgeſtellter Paſſierſchein ermächtigte mir den Zutritt zur Palaſtwache. Als ich aber dem dienſthabenden Offizier meinen Wunſch vortrug, Reſchad zu ſprechen, wich er ob meiner Kühnheit zurück. Seine Ge - bärde ſagte: Rimmer mehr! Ich ließ aber nicht locker und erreichte zunächſt, ins Empfangzimmer geführt zu werden. Als ich den langgeſtreckten Hof betrat, erregte meine, die Anweſenheit eines Europäers, ungeheure Senſation. Die in einer Ecke zuſammengekauerten Eunuchen, die ſich ob der Wandlung der Dinge noch immer nicht faſſen können, ſprangen entſetzt empor. Aus allen Gebäuden des Palaſtes liefen erſt ſeit drei Tagen eingeſetzte, Reſchad ergebene, jungtürkiſche Würdenträger herbei, und als ich das Empfangszimmer betrat, waren hier ſchon anweſend der vor einigen Tagen aus 27jährigem Exil zurückgekehrte Leibarzt Reſchads, Dr. Hairi - Bei, ferner der erſte Sekretär Ibrahim-Bei, der ſeit 33 Jahren nicht aus dem Palaſt herausgekommen, der Zweite Sekretär Mahmud-Bei und der Dritte Sekretär Sabit-Bei. Mein Erſcheinen hatte bei allen dieſen Herren unbeſchreibliche Freude hervorgerufen. Sie ließen meine Hände nicht frei, und Sairi-Bei und Sabit-Bei, die glänzend frazöſiſch ſprechen, riefen ein über das andere Mal: Das iſt die neue Zeit, die mit Ihnen hereintritt. Gott ſegne Sie! Dann wurden Koffee, Süßigkeiten und Zigaretten in goldenen Gefäßen und auf goldenen Tabletten herbeigebracht. Endlich konnte auch ich zu Wort kommen und meine Bitte vortragen, von Reſchad empfangen zu werden. Hairi-Bei und Ibrahim - Bei übernahmen es, Reſchad meinem Erſuchen geneigt zu ſtimmen. Während ſie bei Reſchad weilten, wagte ich, den Kommandanten der den Palaſt bewachenden Gendarmerie, Kapitän Ethem-Bei, unvermittelt zu fragen; Wann wird die Herrſchaft überſiedeln? Und prompt bekam ich die Antwort: Hoffentlich morgen . Da kehrten der Arzt und der erſte Sekretär zurück mit der freudigen Botſchaft: Seine Hoheit ſei bereit, mich zu ſehen. Ich überſchritt den Hof nochmals, und von dem Gefolge Reſchads geführt, paſſierte ich durch ein Spalier von Eunuchen eine Marmortrepue und gelangte in eine große Marmorſäulenhalle. Hier ſah ich plötz - lich einen europäiſch gekleideten jungen Mann mit blondem Schnurrbart und einem Panamahut auf dem Kopf. Meine Begleitung verbeugte ſich tief, und Hairi-Bei flüſterte mir zu: der älteſte Sohn Reſchads, Zia Eddin Effendi . Ich machte meine Referenz, und er, den ich ſonſt für einen europäiſchen Gentleman gehalten hätte, winkte mir lachend einen Gruß zu und erklärte einer neben ihm ſtehenden, nach der letzten europäiſchen Mode gekleideten Dame, wer ich ſei. Da öffnete ſich rechts eine große Tür. Hairi faßte mich an der Hand, zog mich nach ſich, und im nächſten Augenblick ſtand ich vor Reſchad, der in den nächſten Stunden ſchon Sultan und Kalif ſein wird. Ein unterſetzter, nicht allzudicker Mann, der die lange Gefangenſchaft mit beiſpielloſer Spann - kraft überſtanden hat. Seine Feinde behaupten, er ſei kein großes Kirchenlicht, aber ſeine lebhaften, klaren, grauen Augen ſtrafen dieſe Behauptung Lügen. Trotz des grauen, buſchigen Schnurrbarts, der über die bevorſtehende Unterlippe fällt, ſieht man ihm ſein Alter von 64 Jahren nicht an. Ich mache die tiefſte Verbeugung, deren ich fähig bin, er richtet mich aber hoch und ſchüttelt und ſtreicht mir die Hand, und ſein Geſicht lacht vor Freude. Ich ſtammle einige Worte, er aber ſagt: Sie ſind ein Journaliſt, ein deutſcher Journaliſt. Ich liebe die Journaliſten, ich liebe die Preſſe, denn es iſt ihre Aufgabe, Wiſſen und Aufklärung unter den Völkern zu verbreiten und die Menſchen dem Glück entgegenzuführen. Sagen Sie allen Deutſchen, die wir ſo hoch ſchätzen, daß ich, ſolange ich denken kann, für die Konſtitution gelebt habe, immer nur ein treuer Diener der Konſtitution ſein werde. Bei ihr iſt das Heil des Staates und des Volkes. Von Euch Europäern habe ich gelernt, und Eure Lehren, Eure Wiſſenſchaft ſoll bei uns auf fruchtbaren und dankbaren Boden fallen. Verkünden Sie, daß ich ein Freund der Mächte bin und nur den Wunſch hege, daß die Türkei mit allen Mächten in Freundſchaft und Liebe verkehre . Mit Glück - und Segenwünſchen entließ mich Reſchad. Ich wurde in das Empfangszimmer geführt, wo Hairi-Bei zu mir ſagte: Jetzt haben Sie den Sultan Mehmed Reſchad V. geſprochen. Siebeide werden dieſen Tag niemals vergeſſen. Als ich wieder auf der Straße war, wurden gerade di[e]Proklamationen ver - teilt, die dem Volke mitteilten, daß Abdul Hamit abgeſetzt ſei.

Vom Tage.

Sitzung des Abgeordnetenhauſes

(Schluß aus dem geſtrigen Blatte.) K. -B.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

In fortgeſetzter Verhandlung des rutheniſchen Dring - lichkeitsantrages betreffend die Abſchaffung beziehungs - weiſe Zweiteilung des galiziſchen Landsmannminiſteriums, deſſen erſter Teil von den Antragſtellern zurückgezogen wurde, erklärte der Abg. E. von Stransky, ſeine Partei gebe zu, daß die Ruthenen einen außerordentlich ſchweren Kampf zu führen haben. Redner befaßt ſich eingehend mit den Ver - hältniſſen der Deutſchen Galiziens.

Abg. Renner erklärt, die Sozialdemokraten werden für die Dringlichkeit ſtimmen, weil ſie keine Gelegenheit vorübergehen laſſen wollen, ohne die mit den nationalen Miniſterien verbundene Korruption zu beleuchten.

Abg. German betont, daß der galiziſche Landsmann - miniſter der Fürſprecher der Intereſſen des ganzen Landes und ſämtlicher darin wohnenden Nationen ſei, und weiſt die Anſchuldigungen Stransky’s zurück.

Abg. Starek bezeichnet die Inſtitution der Lands - mannminiſter für überflüſſig.

Abg. Silniger erklärt, die Majorität der ſlaviſchen Union ſei gegen die Dringlichkeit des vorliegenden Antrages. Sie wünſchen, daß in Galizien Ruhe und brüderliche Ein - tracht herrſche. Redner kritiſiert in ſcharfer Weiſe das Ver - halten des deutſchen Landsmannminiſters und erklärt, es wäre ſehr wünſchenswert, wenn die Böhmen in Wien und Niederöſterreich ſo geſtellt wären wie die Deutſchen in Galizien. Seine Partei werde gegen die Dringlichkeit ſtimmen.

Die Debatte wurde hierauf geſchloſſen.

Der Generalredner (pro) Abg. Hudec (Prag) erklärt die Forderung der Ruthenen nach einem nationalen Vertreter im Kabinett für berechtigt. Die Sozialdemokraten werden für die Dringlichkeit ſtimmen.

Nach tatſächlichlichen Berichtigungen der Abg. Gabel und Okuniewski und nach dem Schlußworte des Antrag - ſtellers Sawicki wurde die Dringlichkeit des Antrages abgelehnt und zur Tagesordnung, dem Berichte des volks - wirtſchaftlichen Ausſchuſſes betreffend die Abänderung und Ergänzung einiger Beſtimmungen der Gewerbeordnung übergegangen. Nachdem der Berichterſtatter Abg. Licht das Referat erſtattet hatte, wurde die Verhandlung abgebrochen und die Sitzung geſchloſſen. Die nächſte Sitzung findet Freitag ſtatt.

(Aus dem Polenklub.)

Im Polenklub macht ſich ein heftiger Widerſtand gegen die vom Finanzminiſter Ritt. von Bilinski zu unterbreitende Konſumſteuervorlage geltend. Die Polen werfen dem Finanzminiſter vor, daß er das Land materiell und politiſch ſchädige, indem er das Budgetrecht der Landtage in Bezug auf die Verbrauchsab - gaben aufhebe und die Wiener Zentralgewalt als eine Kon - trolle der Landesvertretungen einſetze. Sie wollen die Ein - bringung der Spiritus - und Bierſteuervorlage abwarten und dann eine Sitzung des Klubs ad hoc einberufen und den Finanzminiſter hierzu einladen.

Die ungariſche Kriſe. KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Im Klub der Unabhängigkeitspartei ſprach Präſident Putſch heute ſeine Meinung darin aus, er glaube nicht, daß von Wien aus ein abſolutiſtiſches Kabinett wurde inauguriert werden. Er ſei überzeugt, daß höheren Ortes der Wille der Parlamentsmajorität werde in Betracht gezogen werden, der bekanntlich auf die Errichtung einer ſelbſtändigen ungariſchen Bank abziele. Deshalb ermuntere er die Mitglieder der Partei zu weiterer Ausdauer.

Beratungen der Majoritätsparteien.

Heute begannen die Vorbe - ſprechungen der Führer der Mehrheitsparteien in der Wohnung des Handelsminiſters Koſſuth. Es wurde über eine neue Löſung des Problems der Vertagung der Bankverhandlungen, konferiert. Bekanntlich haben geſtern abend ſowohl Graf Andraſſy als auch Graf Aladar Zichy erklärt, daß die Aufrechterhaltung der gegenwärtigen Situation und der ge - genwärtigen Parteikonſtellation die einzig reale Baſis, für die Aufrechterhrltung des gegenwärtigen Regimes bieten. Es müſſen alſo von allen Seiten Anſtrengungen gemacht werden, um die derzeit auf verſchiedenen prinzipiellen Grundlagen ſtehenden Parteien zu einer einheitlichen Regierungsmehrheit330. April 1908. Czernowitzer Allgemeine Zeitung. zuſammenzuſchmieden. Es wird gelingen, die Bankfrage aus - zuſchalten, ohne daß der prinzipielle Standpunkt der Unab - hängigkeitspartei damit berührt wird, und man hofft, damit ſchon in den allernächſten Tagen ein einheitliches Regierungs - programm präziſieren zu können.

Falſche Meldungen. KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Die Meldung eines Wiener Blattes über Demonſtrationen von Italienern gegen die Statthalterei iſt gänzlich unbegründet.

Ein Dementi. KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Die Blättermeldung von einer bevorſtehenden Entrevue zwiſchen den Königen von Serbien und Bulgarien wird ämtlich dementiert.

Die Zölle im rumäniſchen Handelsvertrag.

Die N. Fr. Pr. berichtet: Alle Nachrichten, die über den Inhalt des rumäniſchen Handelsvertrages in die Oeffent - lichkeit dringen, gehen übereinſtimmend dahin, daß für die öſterreichiſche Induſtrie wenig erreicht worden iſt. Die Ver - einbarungen ſind eigentlich die nackte Meiſtbegünſtigung mit einem kleinen Auſputz in dem einen oder anderen Ausſuhr - artikel. Wohl ſind gegenüber den bisherigen Konventional - und autonomen Tarifen Zollermäßigungen erzielt worden, allein, ſie beziehen ſich auf Artikel, die insgeſamt nur einen Wert von 2 Millionen Kronen haben. Da die Geſamtausfuhr nach Rumänien im Jahre 1907 zirka 112 Millionen Kronen betragen hat, ſind Zollherabſetzungen für kaum 2 Prozent unſeres bisherigen Exports durchgeſetzt worden. Die öſter - reichiſchen Induſtriellen erlangen alſo wenig mehr als die Fortdauer des jetzigen Meiſtbegünſtigungsverhältniſſes, aber auch dafür mußten Opfer gebracht werden, da die rumäniſche Regierung erklärte, für die einfache Meiſtbegünſtigung gar keine Konzeſſion machen zu können. Die Feſtlegung der Minimalzölle für Getreide, die jede Grenzbegünſtigung aus - ſchließt, hat die öſterreichiſche Regierung eines wichtigen Kompenſationsmittels beraubt. Dazu kommt infolge des agrariſchen Widerſtandes die Unmöglichkeit, den Import von lebendem Vieh zu geſtatten, worin vom Beginn der Ver - handlungen die Hauptforderung Rumäniens gelegen war. Die Konzeſſionen, die über die Meiſtbegünſtigung hinausgehen, beziehen ſich auf die folgenden Artikel: Bei Mineralwäſſern (bisheriger Ausfuhrwert 80.000 Kronen) betrug der Zoll 2·40 Lei und wird jetzt, wie verlautet, bis auf eine ſtatiſtiſche Gebühr ermäßigt werden. Jene Sorte Kabel - und Eiſendraht, welcher ſchwächer iſt als ein halber Millimeter, wird auf den Zollſatz gebracht, der für ſtarke Sorten zu entrichten war. In Leinen haben nur die feinſten Gewebe eine Be - günſtigung erhalten, die übrigens nicht ſehr weſentlich iſt. Die Wäſchekonfektion hat am beſten abgeſchnitten, da nicht nur die Kragen, ſondern auch die übrige Konfektionsware teils direkte, teils indirekte zolltechniſche Begünſtigungen er - fährt. Die Zollermäßigungen betragen an und für ſich zirka 25 Prozent; durch die zolltechniſche Behandlung ſteigert ſich dieſe Begünſtigung noch für eine Anzahl von Artikeln. Der Zoll für Hufnägel wird herabgeſetzt. Bei dem geringen Export, welcher bisher in dieſem Artikel beſtand, läßt ſich nicht ermeſſen, wie der neue Zoll wirken wird. Für beſtimmte Sorten von Porzellan iſt eine Ermäßigung des Zolles ein - getreten, welche aber nicht die Maſſenartikel betrifft. Alle übrigen Artikel, wie Z[e]lluloſe, Porzellan und Kreidepapier, Zelluloidperlen, Granit und Baſaltſtein, Kohlenſäure ꝛc., ſind bisher in ſo geringen Quantitäten ausgeführt worden, daß die Zollbegünſtigungen nur von ganz untergeordneter Be - deutung ſind. Ein Teil dieſer Artikel, wie zum Beiſpiel Zelluloſe, bildet übrigens den Gegenſtand der Ausfuhr ſeitens Rumäniens. Von Bedeutung erſcheint eine Ermäßigung des Zolles auf Weinſteinſäure. Er wird auf jenen Zollſatz ge - bracht, der vor Erſtellung des neuen rumäniſchen autonomen Tarifes in Geltung war.

Bunte Chronik.

Unfall eines Kahns. K. -B.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

In Nyergeſujfaln wollten 12 Arbeiter auf einem Kahn die Donau überſetzen. Der Kahn kippte jedoch um, wobei 4 Arbeiter ertranken.

Schiffsunglück. K. -B.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Nachts ſtieß der Dampfer Salona der ungariſch-kroatiſchen Schiffahrtgeſellſchaft mit dem italieniſchen Segler Sama Crocc , fünf Stunden von Venedig entfernt, zuſammen. Der Segler ſank, nachdem er in Brand geraten war, die Beſatzung wurde jedoch gerettet. Auf der Salona entſtand eine Panik, während welcher mehrere Perſonen verletzt wurden.

Das engliſche Königspaar.

K. -B.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Das engliſche Königspaar nahm einige Beſichtigungenvor und begab ſich nachmittags nach Baia, wo es morgen mit dem italieniſchen Königspaar zuſammentrifft Entrevue mit dem italieniſchen Königspaar in Baia.

K. -B.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Das italieniſche Königspaar iſt abends nach Baia abgereiſt.

Exploſion eines Keſſels. K. -B.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Nachmittags erfolgte in den hieſigen Hartſtein - Werken die Exploſion eines Kefſels, der 100 Meter weit geſchleudert wurde. Im weiten Umkreiſe wurden erhebliche Verwüſtungen angerichtet. Zwei Per - ſonen wurden getötet, ein Arbeiter ſchwer verletzt.

[Die Rache des Offiziersburſchen.]

Ein un - erhörtes Verbrechen wurde in Verſailles von einem Offiziers - burſchen verübt. Seit 18 Monaten ſtand der 25 Jahre alte Artilleriſt Louis Priol als Ordonnanz bei dem Hauptmann der Artillerie Briard, der Vater zweier Töchter von 19 und 16 Jahren und eines 15jährigen Sohnes war. Geſtern nachmittag, als ſich die ältere Tochter Suzanna mit dem Dienſtmädchen allein im Hauſe befand, rief ſie der im dritten Stock befindliche Offiziersburſche unter einem Vorwand hinauf, Fräulein Suzanna folgte ahnungslos dem Rufe, doch kaum war ſie oben angelgngt, erhielt ſie von Priol einen Fauſt - ſchlag, der ſie betäubte. Sodann gab der Burſche aus dem Revolver vier Schüſſe auf die Ueberfallene ab. Blut - überſtrömt ſtürmte die Verwundete hilferufend die Stiege hinab. Ein rafch herbeigeholter Arzt ließ das Opfer ins Spital bringen. Eine Kugel war ins Ohr, eine zweite in den H[a]ls gedrungen. Die zwei anderen hatten die linke Hand geſtreift. Der Zuſtand der Verwundeten wird als ſehr ernſt bezeichnet. Der Attentäter wurde im Hauskeller verhaſtet. Er erklärte, ſein Verbrechen ſei ein Racheakt, weil Fräulein Suzanne ihn einen Verrückten genannt hatte. In Wirklichkeit ſoll der Elende an die Tochter ſeines Hauptmanns infame Zumutungen geſtellt haben und von ihr nach Gebühr zurück - gewieſen worden ſein, und ſich deshalb gerächt haben. Kapitän Briard erfuhr erſt abends, als er aus Paris heimkehrte, von dem Unglück, das ſeine Familie betroffen hatte.

[Die Monczalowskiaffäre.]

Aus Lemberg wird gemeloet: Jaroslaw Moczalowski, der wie bekannt wegen Spionage zu Gunſten Rußlands zu drei Monaten Kerkers verurteilt worden war und ſich drei Tage Bedenkzeit vorbe - halten hatte, nahm geſtern das Urteil an.

[Die Rückkehr der bosniſchen Reſerviſten.]

Aus Lemberg wird berichtet: Heute um 9 Uhr vormittags langten hier 700 Reſerviſten des 30. Infanterieregimentes an, ebenſo paſſierten Lemberg die rückkehrenden R[e]ſerviſten des Zloczower 80. Infanterieregimentes, die ſämtlich von ihren Angehörigen und Freunden erwartet werden. Die nach Bosnien abgegangenen Reſerviſten der Lemberger Artillerie - Regimenter treffen Morgen um 11 Uhr nachts in Lemberg ein und werden vom Offizierskorps und der Militärmuſik feierlichſt empfangen werden.

Unſere geehrten P. T. Abonnenten werden aus Anlaß des Monatswechſels dringend gebeten, das Abonnement durch Ein - ſendung des Pränumerationsbetrages recht - zeitig zu erneuern. Rückſtände erſuchen wir gleichfalls bis zum 10. Mai zu begleichen. Zugleich laden wir zum Bezuge unſeres Blattes höflichſt ein. Neueintretende Abonnenten er - halten auf Wunſch die bereits erſchienenen Teile des laufenden Romans gratis nachgeliefert.

Czernowitzer Angelegenheiten.

Kaufmänniſcher Verein in Czernowitz. Die Arbeitsloſigkeit in Czernowitz. Die teueren Strompreiſe. Die Demolierung des alten Telegraphengebäudes. Die Reduzierung der Waſſerſteuer für Kaufleute.

Am Samſtag, den 24. d. M. fand im Saale des Commis - und Buchhalterunterſtützungsvereines eine zahlreich beſuchte Vollverſammlung der Kaufmannſchaft von Czer - nowitz ſtatt, bei welcher über verſchiedene, die Kaufmannſchaft betreffende Fragen verhandelt wurde.

Der Präſident, Herr Landtagsabgeordneter Wilhelm Tittinger, begrüßte die zahlreich erſchienenen Kaufleute und erteilte dem Referenten, Herrn Hermann Mittelmann das Wort, welcher über folgende Punkte referierte: 1. Die Arbeitsloſigkeit und deren Folgen für den Czernowitzer Kauf -mannſtand. 2. Die Rabattſätze beim elektriſchen Lichte. 3. Unſere Kaufleute beim alten Telegraphengebäude. 4. Die Reduzierung der Waſſerſteuer. 5. Mietzinswucher und ſeine Folgen. Der letzte Punkt der Tagesordnung, der die Gründung einer Speditionsanſtalt für Kaufleute betraf, wurde wegen vorgeſchrittener Zeit abgeſetzt. Derſelbe wird in einer größeren kaufmänniſchen Verſammlung zur beſonderen Beratung ge - langen.

Bei Punkt 1. der Tagesordnung Arbeitsloſigkeit wies der Referent auf die vollſtändige Stagnation im Bauweſen hin, bemerkte, daß ca. 600 Bauhandwerker ſamt Familien direkt auf den Bettelſtab gebracht ſind, daß ſämtliche Ziegeleien ihre Arbeiter entlaſſen und daß viele Bauhandwerker ſich ſogar zu allen möglichen Stellen der Kommune angeboten haben. Es ſei daher ſehr zu verwundern, daß die Regierung, Landesvertretung und die Kammer dieſer drohenden Kriſe ruhig zuſehen. Anders ſtehen die Verhältniſſe im Nachbarlande Galizien, wo der Polenklub für reichliche Arbeit geſorgt hat. Ein reges Leben iſt bemerkbar, da gibt es Bezirks - und Waſſerſtraßenbauten, ſtaatliche und ſtädtiſche Arbeiten, Arbeiten der k. k. Staatsbahnen und der Kaiſer Ferdinand-Nordbahn. Die Inveſtitionen für die letztere allein betragen in Galizien ca. 80.000.000 K. Auf der ganzen Strecke von Kolomea bis Krakau iſt eine rege Tätigkeit bemerkbar, ſelbſtverſtändlich, wenn der Gewerbetreibende verdient, ſo hat auch der Kaufmann etwas davon. Bei uns müſſen die Handwerker in der Volksküche ſpeiſen. Während in der Bukowi[n]a die Ziegel bis auf 14 Gulden geſunken ſind, ſind ſie in Galizien bis auf 23 Gulden geſtiegen. Der Referent verlas eine Reſolution, in welcher die Vertreter der Regierung, des Landes und der Handelskammer unverzüglich aufgefordert werden, eine Enquete zur Beratung ein - zuberufen, in welcher Weiſe dieſem Uebel abgeholfen werde. Ebenſo empfiehlt der Referent die Herſtellung einer wirt - ſchaftlichen Vereinigung aller 14 Bukowiner Abgeordneten, damit dieſelben in allen ernſten Fragen, wo es ſich um das Wohl des Landes oder der Stadt handelt, den nationalen Chauvinismus beiſeite laſſen. Dieſe Reſolution gelangte ſodann zur einſtimmigen Annahme.

Bei Punkt 2 der Tagesordnung teilte der Referent die verſchiedenen Mängel bei Einhaltung der Rabatt-Tarife im Elektrizitätswerk mit, kritiſierte das mangelhafte Entgegen - kommen des Verwaltungsrates der Kaufmannſchaft gegenüber und forderte einen Ausnahmstarif für die Kaufleute von Czernowitz, welche die größten Stromabnehmer ſind. Eine zur Verleſung gelangte Reſolution, mittelſt welcher der Verwaltungs - rat des Czernowitzer Elektrizitätswerkes aufgefordert wird, der Kaufmannſchaft von Czernowitz etwas mehr Entgegen - kommen zu beweiſen und einen Ausnahmstarif für den Stromverbrauch zu ſchaffen, gelangte zur einſtimmigen An - nahme. Die Kaufleute verſprachen auch in dieſem Falle die Hauptſtraße und den Ringplatz am Abend beſſer zu be - leuchten, um auf dieſe Weiſe auch den Fremdenverkehr zu fördern.

Bei Punkt 3 der Tagesordnung berichtete der Referent über die im Monate Oktober vorausſichtlich ſtattfindende Abtragung des alten Telegraphengebändes, wodurch die dortſelbſt ſich befindenden 14 Kaufleute direkt auf das Straßenpflaſter geſetzt werden. Der Herr Präſident des kauf - männiſchen Vereines, Landtagsabgeordneter Wilhelm Tittinger, hat in dieſer Angelegenheit ſowohl bei dem Herrn Landes - präſidenten als auch bei Herrn Hofrat Knipfer interveniert und ein weitgeheodes Engegenkommen gefunden. Um dieſen Kaufleuten für die Zeit bis zur Erbauung des neuen Finanz - palais aus der Not zu helfen, wurde beſchloſſen, pro - viſoriſche Buden einheitlich und elegant in der Haupt - ſtraße herzuſtellen und diesbezüglich an den Gemeinderat der Landeshauptſtadt Czernowitz um die Genehmigung heranzu - treten. Der vom Stadtbaumeiſter Proske entworfene Plan wurde bereits vom Herrn Baudirektor Woithchowski ge - nehmigt, welcher dieſer Angelegenheit ſehr wohlwollend gegen - überſteht. Eine diesbezügliche Reſolution nebſt einem Appell an ſämtliche Gemeinderäte der Landeshauptſtadt, dieſen Kaufleuten zu helfen, gelangte zur einſtimmigen Annahme. Ganz beſonders ſei zu erwähnen, daß bei allen dieſen Fragen die Diskuſion eine ziemlich lebhafte war, an der ſich die Herren Gemeinderat Elias Wender, Salomon Donnen - ſaft, Hermann Bianovici, Noc, Joſef Gottlieb u. ſ. w. beteiligten. Ueber Antrag des Herrn Donnen - ſaft wurde gleichzeitig dem Gemeinderate Herrn Elias Wender für ſein wackeres Eintreten in allen kaufmänniſchen Fragen der Dank votiert. Bei Punkt 4 der Tagesordnung über die Reduzierung der Waſſerſteuer für Kaufleute von 4 auf 2 Perzent, wies der Referent auf die am 14. Oktober 1907 ſtattgefundene Gemeinderatsſitzung hin, in welcher die Aenderung des Waſſerregulativs beſchloſſen wurde, und zwar daß vom 1. Mai 1908 bis zum Tage der Sanktionierung die mehreingezahlten 2 Perzent an die Kaufleute wieder rück - geſtellt werden. Der Herr Vizepräſident kaiſ. Rat Wenzel Fontin übernahm nunmehr den Vorſitz, und es gelangten die reſtlichen Punkte der Tagesordnung zur Verhandlung. Der Referent wies nun auf den in Czernowitz herrſchenden Mietzinswucher hin, führte eine größere Zahl von Beiſpielen an, nach welchen jährliche Mietzinſe von 2400 auf 5000 und von 4800 auf 10.000 K erhöht wurden und gelangt nunmehr zum Ergebnis, daß die Kaufleute in der rückſichts - loſeſten Weiſe in ihrer Not ausgebeutet werden. Referent iſt der Anſicht, daß dieſem Uebel unbedingt radikal abge - holfen werden müſſe. Es entſpinnt ſich eine lebhafte Debatte, an der ſich die Herren Gottlieb, Noe, Wilhelm Ippen, Wender, Donnenſaft ꝛc. beteiligten. Die Verſammlung faßte ſodann den Beſchluß, in einem Rundſchreiben ſämtliche kauf - männiſche Korporationen und Handelskammern Oeſterreichs um die Verhältniſſe in den einzelnen Städten zu befragen und diesbezügliche eingehende Erkundigungen einzuziehen. Nach Zuſammenſtellung dieſes Materials wird ſodann der kaufmänniſche Verein ſeine endgiltigen Beſchlüſſe faſſen. Nach erſchöpfter Tagesordnung erfolgte hierauf Schluß der Sitzung.

4Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 30. April 1909.

Aenderungen im Berechtigungsweſen der Mittelſchulen.

Die im vorigen Jahre begonnene Mittelſchulreform iſt von dem Miniſter für Kultus und Unterricht Grafen Stürgkh, nachdem kürzlich die Gymnaſien und Realſchulen neue Lehrpläne erhalten haben, nunmehr durch die Regelung des Berechtigungs - weſens der neuen Mittelſchulen fortgeſetzt und in gewiſſem Sinne zum vorläufigen Abſchluß gebracht worden. Es handelte ſich vor allem um die Feſtſetzungen der Berechtigungen der im letzten Sommer ins Leben gerufenen beiden neuen achtklaſſigen Mittelſchularten der Realgymnaſien und der Reformrealgymnaſien. Die nun erfolgte Regelung läßt ſich in Kürze dahin kennzeichnen, daß die Zeugniſſe der neuen Mittelſchulen grunbſätzlich als gleichwertig mit denen der Gymnaſien und Realſchulen anerkannt werden. Im einzelnen wurden freilich wegen der für weitere Studien erforderlichen Vorkenntniſſe gewiſſe Einſchränkungen gemacht, die in der Organiſation der neuen Anſtalten begründet ſind. Dem - gemäß wurden die Berechtigungen in folgender Weiſe geregelt:

Die Abſolventen des Realgymnaſiums werden zu den juriſtiſchen, mediziniſchen und zu gewiſſen philoſophiſchen Studien und Prüfungen bedingungslos zugelaſſen. Zur Lehramtsprüfung aus Philoſophie, klaſſiſcher Philologie ſowie aus der Fachgruppe Latein und Franzöſiſch, ferner aus Geſchichte und zu den entſprechenden Rigoroſen iſt eine Ergänzungsprüfung aus Griechiſch ſpäteſtens zwei Jahre vor Abſchluß der Studien vorgeſchrieben. Außerdem wird den Juriſten und Medizinern ſowie den Hörern der anderen humaniſtiſchen Fächer an der philoſophiſchen Fakultät das Studium des Griechiſchen nachdrücklichſt empfohlen. Hinſichtlich des Zutrittes zum Studium der Theologie wird eine beſondere Verfügung nachfolgen. An die techniſchen und tierärztlichen Hoch - ſchulen, ſowie an die Hochſchule für Bodenkultur werden die Abſolventen bedingungslos zugelaſſen. Die Abſolvierung der ſechſten Klaſſe berechtigt zum pharma[z]eutiſchen Studium.

Faſt das gleiche wie für das Realgymnaſium gilt für das Reform-Realgymnaſium, nur haben die Abſolventen beim Eintritte in die Techniſche Hochſchule ihre Fertigkeit im geometriſchen Zeichnen (wie die Gymnaſiaſten) nachzuweiſen und ſind an der Hochſchule für Bodenkultur verpflichtet, im erſten Semeſter darſtellende Geometrie zu hören.

Für alle neuen Typen gemeinſam iſt, daß in allen Fällen, wo es ſich nur um den Nachweis einer gewiſſen allge - meinen Bildung handelt, wie etwa für die Einjährig-Freiwilligen - Begünſtigung, für den Eintritt in Fachſchulen oder für praktiſche Berufe, wo bisher der Bildungsnachweis durch Zeugniſſe ſowohl vom Gymnaſium als auch von der Realſchule erbracht werden konnte, auch die Zeugniſſe über die entſprechenden Klaſſen der neuen Mittelſchultypen zuläſſig ſind.

Aus Anlaß der Zuerkennung der vorſtehend erörterten Be - rechtigungen an die Abſolventen der neuen Mittelſchultypen wurde auch die Zulaſſung der Abſolventen der Realſchulen zu den Univerſitäts-Studien neu geordnet. Von nun an erlangen Realſchulabſolventen ſchon nach Ablegung einer Prüfung aus Latein und philoſophiſcher Propädeutik, zu der ſie aber früheſtens ein Jahr nach der Realſchul-Reifeprüfung zugelaſſen werden, dieſelben Rechte, wie die Abſolventen eines Realgymnaſiums. Die weitergehenden Berechtigungen der Gymnaſiaſten erreichen ſie erſt nach einer weiteren Prüfung aus Griechiſch.

Die ſkizzierten Prüfungen ſtellen unzweifelhaft eine ganz einſchneidende Maßnahme dar, da z. B. künftighin für Juriſten, Mediziner und für alle Hörer realtſtiſcher Disziplinen an den philoſophiſchen Fakultäten das Studium des Griechiſchen nicht mehr obligatoriſch ſein wird. Im Vergleiche zu den Verhältniſſen anderer Länder, ſpeziell in Preußen, wo ſeit einer Reihe von Jahren die Berechtigungen der neunklaſſigen Mittelſchulen auf Grundlage einer faſt völligen Gleichwertigkeit geregelt ſind, bietet die neue Verordnung ein geringeres Maß von Be - günſtigungen. Sie anerkennt zwar grundſätzlich die Gleich - wertigkeit der Studien und Zeugniſſe der neuen Mittelſchularten, ſchreibt aber, wie erwähnt, für gewiſſe ſachliche Hochſchulſtudien Ergänzungsprüfungen vor, welche die Gewähr bieten, daß die Studierenden auch die erforderlichen Vorkenntniſſe beſitzen, um mit Erfolg an dieſe Studien herantreten zu können.

Das Maiavancement.

Zum Oberſtleutnant des 22. LJR. wurde der Major Rudolf Meißner ernannt, zum Major der Haupt - mann Alfred Mejor unter gleichzeitiger Transferierung zum LJR. Nr. 20 in Stanislau. Zum Hauptmann avan - cierte der Oberleutnant Dominik Dill des LJR. Nr. 4 in Klagenfurt unter gleichzeitiger Transferierung zum LJR. Nr. 22 in Czernowitz; zu Oberleutnants wurden er - nannt die Leutnannts Jaroslaus Zenisek und Anton Wurz, zu Leutnants die Fähnriche Guſtav Schipp Victor Riha, Leo Reiſchl und Hermann Schneider. Zum Landwehrunterintendant wurde der Haupt - mann Franz Spiegel beim Miniſterium für Landesver - teidigung ernannt. Schließlich wurde der Landwehrbezirks - feldwebel Iſak Berghoff zum Landesevidenzaſſiſtenten bei der Bezirkshauptmannſchaft in Gurahumora ernannt.

Das Landwehrverordnungsblatt meldet ferner: Der Oberſt des 22. LJR. Eduard Kareß (Radautz) wurde zum 1. LJR. in Wien transferiert. Der Gendarmerie-Oberleutnant Thodt wurde zum Rittmeiſter befördert. Der Hauptmann Joſef Baranowski des 34. LJR. (Jaroslau) wurde zum Major ernannt.

Der Hauptmann Gregor Groſſar des 41. JR. wurde zum 90. JR. (Jaroslau) transferiert.

Perſonalnachricht.

Der nach Prag berufene Pro - feſſor Dr. Robert von Mayr hat geſtern Czernowitz verlaſſen. Herr Profeſſor von Mayr nimmt am 3. Mai ſeine Vor -[l]eſungen an der Prager deutſchen Univerſität auf.

Eine Deputation beim Landespräſidenten.

Dienſtag, den 27. d. ſprach beim Land[e]spräſidenten Dr. R. von Bleyleben eine Deputation unter Führung des[A]bge - ordneten Br. Dr. Alexander Hormuzaki in Betreff der Umwandlung der gr. -orient. höh. Töchterſchule in ein gr. -or. Mädchenlyzeum vor. Der Landespräſident empfing die Deputation aufs Liebenswürdigſte und verſprach ihr, ſeine im Landtase gemachte Zuſage einlöſen zu wollen und ſeinen Einfluß dahin geltend zu machen, daß das gedachte Lyzeum mit dem 1. September d. J. aktiviert werde. Hierauf be ab ſich die Deputation in derſelben Angelegenheit zum Referenten Landesſchulinſpektor Simionovici. Derſelbe ſagte gleich - falls der Deputation eine wohlwolle Berückſichtigung des Anſuchens zu. Er werde in der nächſten Landesſchulratsſitzung über dieſen Gegenſtand referieren und den Beſchluß dem Miniſterium mitteilen.

Generalverſammlung der Czernow. Elektri - zitätswerk - und Straßenbahngeſellſchaft.

Heute um 4 Uhr nachimittags fand die X. ordentliche Generalver - ſammlung der Czernowitzer Elektrizitäts - und Straßenbahn - geſellſchaft unter Vorſitz des Präſidenten des Verwaltungs - rates Fel[i]x Baron Fürths ſtatt. Anweſend waren 14 Aktionäre in Vertretung von 3853 Aktien mit 385 Stimmen. Als landesfürſtlicher Kommiſſär fungierte Regierungsrat Boſil Ritter von Duzinkiewicz. Nach Entgegennahme des vom Verwaltungsrate Zentralinſpektor Kraſa verleſenen Ge - ſchäftsberichtes und des durch den R[e]viſionsausſchuß Ober - rechnungsrat Tellmann erſtatteten Reviſionsberichtes wurden der Geſchäftsbericht und die Anträge des Ver - waltungsrates ohne Debatte einſtimmig angenommen und dem Verwaltungsrate Entlaſtung erteilt. In den Verwaltungsrat wurden die ausſcheidenden Herren Dr. Kajetan Stefanowicz und Profeſſor Karl Wolf wiedergewählt, ebenſo erfolgte die Wiederwahl des Herrn Tellmann zum Reviſor und des Herrn A. M. Brunnſtein zum Erſatzmann. Die Dividende von 8 Prozent, das ſind 32 K pro Aktienkupon, gelangt ab 15. Mai 1909 bei der Geſellſchaftskaſſe Handelskammer - gebäude erſten Stock, woſelbſt ſich nunmehr die Bureaux der Geſellſchaft befinden, zur Auszahlung.

Todesfälle.

Am 28. d. ſtarb hier der Tabaksfabriks - direktor a. D. Herr Karl Edmund Kuszczak im 74. Lebensjahre und wird morgen um 5 Uhr nachmittags vom Trauerhauſe: Siebenbürgerſtraße 81 aus, zu Grabe g[e]tragen. Geſtern iſt in Tartarow (Galizien) der Oberpoſtrat a. D. Herr Joſef Kunzelmann im 72. Lebensjahre geſtorben. Der Verblichene iſt von ſeiner langjährigen Tätigkeit bei der hieſigen Poſt - und Telegraphendirektion hier bekannt. Die Leiche wird hierher überführt und findet das Leiche[n]- begä[n]gnis morgen vom hieſigen Hauptbahnhofe aus ſtatt.

Vom Bukowiner Landesmuſeum.

Aus Sereth ſind dem Bukowiner Landesmuſeum folgende Funde zuge - kommen: Von Lehrer Simion Mironovici ornamentierte Kacheln ausgegraben in ſeinem Garten an der Kirchengaſſe; von Kaufmann Andreas Maniſſali, ein gebrannter, teilweiſe glaſierter koniſcher Tontopf, deren eine größere Anzahl anläßlich eines Straßenkanalbaues in der Nähe der katholiſchen Kirche zutage gefördert wurden; von Herrn Ziegeleibeſitzer Peter des L[e]opold Tomaſchek ein zwei - händiges Ritterſchwert, gefunden im Winkel Saska an der nach Hadikfalva führenden Straße. Ferner durch Vermittlung des Herrn Korreſpondenten Hermann Mittelmann von Herrn Baron Gyilanti in Fries bei Hedri (Ungarn) zwei photographiſche Abbildungen der Grabſtätte und des Sarkophages des General-Majors Spleny ſowie zwei Anſichtskarten des dem Spender gehörigen Schloſſes auf dem Gutſe Fries. Den geehrten Spendern wird für ihr dem Landes-Muſeum bekundetes Intereſſe und Wohlwollen ſeitens der Muſeumsleitung der wärmſte Dank ausgeſprochen. Als Mitglied iſt dem Landesmuſeum Herr Prälat Joſef Schmidt beigetreten. Die Finniſche Altertumsgeſellſchaft in Helſingfors iſt mit dem Bukowiner Landesmuſeum in Schriftentauſch getreten.

Wetterprognoſe.

Wechſelnd bewölkt, mäßige Winde - mild, vorerſt noch ſchlecht, dann allmähliche Beſſerung.

Literariſcher Abend.

Für den Montag den 3. Mai um 8 Uhr abends im Theaterſaale ſtattfindenden Abend gibt ſich in allen Schichten der Bevölkerung ein ſehr reges Intereſſe kund. Den Veranſtaltern gelang es, den bekannten Wiener Schriftſteller Felix Salten zur Mitwirkung zu gewinnen, welcher einen Vortrag über Juden von Heute halten wird. In dem zur Aufführung kommenden Bühnenſtück Ich bin Salomo wirken unſere einheimiſchen Dilletanten mit, die ſchon des öfteren Gelegenheit hatten, Zeugnis von ihrem Können abzulegen. Die Nachfrage nach Entreekarten iſt eine ſehr rege und wird das Publikum erſucht, die vor - gemerkten Karten längſtens bis Samstag abzuholen. Der Kartenvorverkauf befindet ſich bei: Buch - und Papierhandlung Roſa Birnbaum, Rathausſtraße (Paſſage Beck), Muſi - kalien - und Papierhandlung G. Hutter, Herrengaſſe, Papierhandlung Joſef Gottlieb, Hauptſtraße und im Komiteelokale, Prtersplatz 2.

Der Vierſtreit.

Heute fand vor dem Verwaltungs - gerichtshofe in Wien eine weitere Verhandlung über die von den Bierbrauern beziehungsweiſe Pächtern des Bieraufſchlags eingebrachten Beſchwerden ſtatt. Erſtere wurden von den Advokaten Dr. Heinrich Kiesler und Regierungsrat Dr. Rechen, letztere vom Advokaten Dr. Wachtel vertreten. Die Verhandlung währte vier Stunden. Die Urteilsver - kündigung findet abends ſtatt.

Einführung von Abmeldezetteln für Wohn - parteien.

Die Polizeidirektion hat um dem Publikum die Müglichkeit zu bieten, die erfolgte Abmeldung jederzeit nach - weiſen zu können, für die Abmeldung der Wohnparteien vom 1. Mai 1909 angefangen eigene Abmeldezettel eingeführt. Dieſelben ſind gleichwie die Anmeldezettel im Meldungsamte, in ſämtlichen Wachſtuben und in den mit dem Verſchleiße der Anmeldezettel betrauten Trafik[e]n erhältlich. Die Abmelde -zett[e]l ſind genau und leſerlich mit Tinte auszufüllen und in zwei Parien beim h. ä. Meldungsamte oder bei der zuſtän - digen Wachſtube abzugeben, wo eine Pare zurückbehalten, das zweite mit dem amtlichen V[i]ſum v[e]rſehen der Partei zum Beweiſe der erfolgten Abmeldung rück[ge]ſtellt wird.

Das kaiſerlich ruſſiſche Konſulat in Czer - nowitz

erſucht uns mitzuteilen, daß die Amtslokali - täten des Konſulats ſich ab 4. Mai im Hauſe Univer - ſitätsgaſſe 10 befinden werden.

Zionverein Erez Iſrael .

Samstag. den 1. Mai 4 Uhr nachmittags veranſtaltet der Zionverein Erez Iſrael im Feſtſaale des jüdiſchen Nationalhauſes eine allgemein zu - gängliche Verſammlung, bei der Herr Löbel Taubes einen Vortrag über das Thema Zioniſtiſche Gegenwarts - und Zukunftsarbeit halten wird. Gäſte, auch Damen, ſind will - kommen.

Czernowitzer Männergeſangverein.

Wir werden erſucht mitzuteilen, daß die morgen Freitag ſtattfindende Probe wegen des Urania-Theaters ſchon um 6 einhalb Uhr abends beginnt. Die P. T. ausübenden Mitglieder werden daher erſucht, pünklich vollzählig zu erſcheinen.

Die Nachſaiſon in der Provinz.

Die vom Schau - ſpielenſemble des Stadttheaters unternommene Tournee in der Provinz hat geſtern infolge entſtandener Zwiſtigkeiten unter den Mitgliedern ein vorzeitiges Ende gefunden. Der größte Teil der Vorſtellungen wurde in Suczawa ab - folviert, wohin die Geſellſchaft zuerſt abgereiſt war. Nach mehrmaligen Gaſtſpielen in Radautz kehrte das Enſemble nach Suczawa zurück, um weitere Vorſtellungen zu abſolvieren. Hier kam es zum Krach, weil der erſte Held und die erſte L[i]ebhaberin nicht mehr mitwirken wollten. Der materielle Erfolg war ein guter. Die Mitglieder des Enſembles ſind geſtern in Czernowitz eingetroffen und haben heute die Weiter - reiſe nach Wien angetreten.

Vergebung von Waſſerleitungsarbeiten in Kaczyka.

Die Bukowiner Handels - und Gewerbekammer er - ſucht uns, Intereſſenten aufmerkſam zu machen, daß bei der k. k. Salinenverwaltung in Kaczyka im laufenden Jahre der Bau einer Trink - und Ankehrwaſſerleitung zur Ausführung gelangt. Die koſtenüberſchlagsmäßige Baukoſtenſumme beträgt 64.925 K 22 h. Behufs Hintangabe der Ausführung dieſes Baues an einen bewährten Unternehmer findet bei der k. k. Salinenverwaltung am 14. Mai 1909 um 11 Uhr vormittags eine ſchriftliche Offertverhandlung ſtatt. Die mit einer Stempel marke von 1 Krone verſehenen Offerten ſind verſiegelt bis ſpäteſtens 14. Mai 1909, 10 Uhr vormittags beim Vor - ſtande der k. k. Salinenverwaltung zu überreichen.

Bei Anſchaffung einer Nähmaſchine

ſehe man nicht ausſchließlich auf den Preis. Eine minderwertigr Maſchine iſt häufigen Störungen unterworfen, arbeitet unzuverläſſig und verurſacht bei geringerer Arbeitsleiſtung mehr Unkoſten, als die Erſparnis und Ankauf ausmacht. Wer wirklich billig kaufen will, wähle nur das Neueſte und Beſte, wie es in der Pfaff - Nähmaſchine in höchſter Bollendung geboten iſt. Die Pfaff-Näy - maſchinen ſind von anerkannt hervorragender Güte und ver - einigen mit leichtem, ruhigem Gang eine außergewöhnliche große Dauerhaftigkeit. Alle Teile ſind aus den beſten Rohſtoffen her - geſtellt und mit der peinlichſten Genauigkeit und Zuverläſſigkeit gearbeitet. Die Pfaff-Nähmaſchinen ſind von vielſeitiger Ver - wendbarkeit; ſie nähen, ſtopfen und ſticken und werden in den verſchiedenen Ausführungen für den Familiengebrauch, Näherinnen, Handwerken und Fabriken geliefert.

Oeſterreich voran.

Unter allen Staaten, welche die Gab[e]lsberger’ſche Stenographie in den Schulunterricht ein - geführt haben (O[e]ſterreich, Bayern, Sachſen, Oldenburg u. ſ. w.) nimmt O[e]ſterreich inſoferne den erſten Rang ein, als ſein ſtenographiſcher Schulunterricht am intenſivſten iſt. Von den im letzten Zähljahre an deutſchen Schulen in der Ga - belsberger’ſchen Stenographie neu unterrichteten 94.192 Perſonen entfallen auf Oeſterreich 33.015, d. ſ. 35.05 Perzent, alſo mehr als der dritte Teil. In Oeſterreich iſt die Gabels - berger’ſche Stenographie und nur dieſes Syſtem ſelbſtverſtändliche Vorausſetzung bei faſt allen gebildeten Ständen. Wer in ſeiner Jugend nicht Gelegenheit hatte, dieſe geiſtbildende Schrift zu erlernen, kann dieſes Ver - ſäumnis nachholen. Der Verein ſtenographiekundiger Lehrer und Lehrerinnen Böhmens erteilt nach bewährter Methode brieflichen Unterricht in der Gabelsberger’ſchen Stenographie. Die Gebühr für Lehrmittel, Anweiſungen und Korrektur beträgt 6 Kronen. Am Schluſſe des Unterrichtes Zeugnis. Anfragen ſind an die Leitung des genannten Vereins in St. Joachimstal in Böhmen zu richten. Antwortmarke beilegen!

Gattenmord in Dorna-Watra.

(Priv. -Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

G[e]ſtern nachts hat in der Attinenz Argeſtru der Bauer Andrie Loſtun ſeine Gattin Gaſchitza mittelſt eines Pflockes erſchlagen. Das Motiv der Tat iſt Eiferſucht.

Sommerfahrplan 1909. Der heutigen Nummer unſeres Blattes liegt der Sommerfahrplan für 1909 im Taſchenformat bei.

Rechtspflege.

Diebſtahl.

Vor einem Erkenntnisſenate des hieſigen Landesgerichtes in Strafſachen hatte ſich jüngſt der in Lukawetz zuſtändige Pentelei Moskaliuk wegen des Ver - brechens des Diebſtahls zu verantworten. Der Sachverhal - iſt folgender: Die Bäuerin Waſſelina Kondrat - lewicz in Lukawetz beſaß vier Schweine, die eines ſchönen Tages in einem unbewachten Momente in einen benachbarten530. April 1909. Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Garten des Herſch Katz hinüberliefen. Zur ſelben Z[e]it trieb gerade Pen[te]lei Moskaliuk mehrere Schweine auf der Straße vorüber und Katz, in der Meinung, daß die vier Schweine zu denen, die Moskaliuk vertrieb, gehören und ſich nur verlaufen hatten, forderte denſelben auf, die Schweine von ſeinem Garten wegzutreiben. Der anfangs erſtaunte Bauer ließ ſich dies nicht zweimal ſagen, trieb die Schweine davon und machte ſich eiligſt aus dem Staube. Als ſich ſpäter die Wahrheit über den Vorfall herausſtellte, wurde die Verfolgung Moskaliuks aufgenommen. Der Gerichts - hof erkannte den Angeklagten für ſchuldig und verurteilte ihn zu einer Strafe von 2 Monaten ſchweren Kerkers und zur Zahlung des Schaden - und Koſtenerſatzes.

Schmuggel.

Vor einem Erkenntnisſenate des hieſigen Landesgerichtes in Strafſachen hatten ſich zehn Bauern, welche in der Nacht vom 19. Auguſt acht Borſtenſchweine aus Rumänien nach der öſterreichiſchen Grenze herüber - geſchwärzt hatten, zu verantworten. Sie erhielten Strafen von 2 bis 10 Tagen Arreſt.

Ein betrügeriſcher Kanzleibeamte.

Der im kulturtechniſchen Landesamte angeſtellte Baumeiſter Poltin beauftragte den Amtsdiener Petro Danilewicz, als er für einige Tage verreiſte, auf ſeine Rechnung einen Vorſchuß von 300 K zu beheben und ihm dieſe Summe nach ſeiner Rückkehr einzuhändigen. Danilewicz befolgte dieſen Auftrag, behob die angegebene Summe und verſteckte ſie in einer im kulturtechniſchen Landesamte befindlichen Badekammer unter einigen daſelbſt umherliegenden Aktenſtücken. Als der Baumeiſter Poltin zurückkehrte und Danilewicz die 300 K aus dem Verſtecke hervorholen wollte, fand er zu ſeinem E[r]ſtaunen das Geld nicht mehr vor. Der Verdacht lenkte ſich ſofort auf den Kanzliſten Joſephus Skriba, da derſelbe immer in Geldverlegenheiten war. Die Polizei fand bei ihm auch den Betrag vor, von dem nur 13 K fehlten. In der heutigen Verhandlung rech[t]fertigt ſich der Angeklagte dahin, daß er das Geld zu dem Zwecke an ſich genommen habe, um es für den Baumeiſter Poltin aufzubewahren und ihm nach deſſen Rückkehr das Geld einzuhändigen. Da - gegen ſpricht aber der Umſtand, daß Skriba, trotzdem er wußte, daß das Geld geſucht werde, von dem Beſitze des - ſelben nichts verlautbaren ließ. Nach der Einvernahme des Petro Danilewicz und der Verleſung der Zeugenaus - ſage des Baumeiſters Poltin zog ſich der Gerichtshof zur Beratung zurück. Das Urteil lautete auf ſchweren Kerker in der Dauer von einem Monat, verſchärft durch einen Faſttag in jeder Woche, und zur Tragung der Gerichtskoſten.

Die geehrten Provinzabonnenten werden ebenſo höflichſt als dringendſt gebeten, die Rückſtände bezw. die Pränumerations - gebühr umgehend zu begleichen.

Nachtrag.

Aufrechterhaltung der Militärdiktatur.

Wie die Wr. Allg. Ztg. meldet beſteht bei den jetzt herrſchenden Faktoren in Koſtantinopel die Abſicht, die Militärdiktatur vorläufig aufrecht zu er - halten, bis folgende drei Geſetze in der Kammer beſchloſſen ſein werden:

1. Ein Preßgeſetz, das der Zügelloſigkeit der Preſſe Einhalt tun ſoll;

2. ein Vrrſammlungs - und Vereinsgeſetz;

3. eine Ergänzung des Landſtreichergeſetzes, durch welches die Internierung verdächtiger Perſonen er - möglicht wird.

Aeußerungen des neuen Sultans.

Außer den gemeldeten Worten ſoll der neue Sultan nach der Sabah dem erſten Abgeſandten Habib geſagt haben: Dreiunddreißig Jahre habe ich meine Kaltblütigkeit bewahrt. Mein Wunſch iſt, gemäß dem Scheri und der Verfaſſung zu regieren.

Nach Verehrung des Mantels des Propheten habe der Sultan geſagt: Bis jetzt war ich nicht frei in meinen Handlungen. Künftighin will ich mit Gottes Hilfe der Nation dienen.

Der offizielle Text des Fetwas.

Der offizielle Text des von der Nationalverſammlung über den Thronwechſel gefaßten Beſchluſſes lautet:

Dienstag den 27. April 1909 um halb 7 Uhr (das iſt halb 3 Uhr nachm[i]ttags) hat die aus Senatoren und Deputierten zuſammengeſetzte Nationalverſammlung von den beiden in dem vom Scheich-ul-Islam verleſenen und unter - zeichneten F[e]twa enthaltenen Arten einſtimmig die Ent - thronung vorgezogen. Infolgedeſſen wird Sultan Abdul Hamid II. des islamiſchen Kalifats und des ottomaniſchen Sultanats für verluſtig erklärt und der legitime Thronfolger Mehmed Reſchad Efendi zum Kalifen und Sultan mit dem Namen Sultan Mehmed V. proklamiert.

Letzte Telegramme. [Die bis 2 Uhr nachmittags eingetroffenen Telegramme ſiehe die Rubriken Vom Tage , Bunte Chronik und Rechtspflege .]

Nach dem Thronwechſel.

Die Nationalverſammlung.

(Korr. -B.)

Die National - verſammlung beſchloß mit groß[e]r Majorität, daß der neue Sultan den Eid auf die Verfaſſung binnen einer Woche vor der Nationalverſammlung wiederhole, und billigte einſtimmig die Depeſche Mahmud Schewkel’s, worin die von der Armee als notwendig anerkannte Transportieru[n]g Abdul Hamid’s mitgeteilt wird.

Abdul Hamid in Saloniki.

(Korr. -B.)

Ex Sultan Abdul Hamid iſt in Begleitung von elf Frauen und zwei Prinzen nachts hier eingetroffen und wurde in die Villa Allatini gebracht, wo er interniert und ſtreng militäriſch be - wacht wird.

(Korr. -B.)

Die Fahrt Abdul Hamid’s iſt ohne Zwiſchenfall verlaufen. Er verbrachte die Fahrt meiſt vor ſich brütend, halb ſchlummernd und verlangte weder Speiſe noch Trank, nur ein Glas Waſſer. Der Bahn - hof war bei der Ankunft von Truppen umzingelt. Abdul Hamid wurde unter ſtarker Kavallerieeſkorte nach der Stadt gebracht. Die Frauen ſchlugen ihre Schleier zurück und blickten neugierig aus den Wagenſenſtern. Auf den Straßen waren ſtarke Militärpoſten. Während das Volk die Thron - beſteigung mit Muſik und Geſang feierte, wurde Abdul Hamid in die Villa Allatani gebracht, die unter Militärbewachung ſteht. Die Villa wurde in aller Eile für die neuen Bewohner hergerichtet.

Weitere Verhaftungen.

(Korr. -B.)

Von den Männern ds alten Regimes und den Anhängern der liberalen Union wurden viele verhaftet, darunter auch der Kammerherr Ragid Paſcha und der Eigentümer des Blattes Serbeſtie.

Der Ex-Sultan vor Gericht.

(Priv. -Tel. d. Cz. Allg. Ztg. )

In einflußreichen jungtürkiſchen Kreiſen wird eifrig dafür agitiert, daß der Exſultan Abdul Hamid wegen erwieſener Mitſchuld an dem reaktionären Aufſtand vor Gericht geſtellt werde und daß dieſes ein Todesurteil fälle. An dieſer Agitation nahmen insbeſondere die chriſtlichen Anhänger der Jungtürken teil, welche für die Tatſache Beweiſe haben, daß Abdul Hamid ſich türkiſcher Emiſſäre bediente, um die Chriſtenmetzeleien in Kleinaſien und insbeſondere in Adanazu zu veranlaſſen. Die Agitation dürfte von Erfolg begleitet ſein, weil man der Schlauheit Abdul Hamids zu - mutet, daß er noch Mittel und Wege finden wird, um neue Aufſtände anzuzetteln.

Blutgericht in Konſtantinopel.

(Priv. -Tel. der Cz. Allg Ztg. )

Die Jungtürken nahmen in Konſtantinopel 10.000 Ver - haftungen vor. Die Verhafteten werden vor ein in Permanenz b[e]findliches Kriegsgericht geſtellt werden. Bis jetzt wurden 200 Off[i]ziere, 200 Unteroffiziere, 50 Soldaten, 70 Hodſchas und 40 Polizeiſp[i]tzel hingerichtet.

Die ungariſche Kriſe.

(Priv. -Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

In der Unabhängigkeitspartei gewinnen immer jene Elemente die Oberhand, welche an der Regierung bleiben wollen. Sie ſtreben die Bildung eines Kabinetts Weckerle-Koſſuth an unter Ausſchaltung aller auf der 67er Baſis ſtehenden Miniſter. Die Unab - hängigkeitspartei läßt erkennen, daß ſie bereit ſei, für militäriſche Konzeſſionen die Bankfrage zurückzuſtellen. Graf Tisza erſcheint morgen beim Kaiſer in Audienz. Er erklärt aber ſchon jetzt, daß er jede Beteiligung an der Kabinettsbildung ab - lehne.

Die Entrevne in Baia.

(KB)

Das italieniſche und das engliſche Königspaar ſind hier eingetroffen.

Die Lage in Serbien.

(Priv. -Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Im ſerbiſchen Offizierskorps iſt eine immer mehr wachſende Gärung gegen die Dynaſtie be - vorſt[e]hend. Die Lage hat ſich ſehr zugeſpitzt. Es ſind ernſte Ereigniſſe bevorſtehend.

〈…〉〈…〉
6Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 30. April 1909.

Telegraphiſche Kurſe vom 29. April 1909.

(Wechſelſtube der Bukowinaer Landesbank)

4% Buk. Landesbank-Fond-Schuldverſchreibung 91·35 92·35 4% Buk. Bodenkredit-Pfandbriefe 100·50 101·52 5% Buk. Boden - kredit-Pfandbriefe 94·75 95 75 Oeſterr. Kredit 640. [5]0 Anglo - bank 300·00 Bankverein 531 00 Bodenkredit 1093·00 Eskompte - geſellſchaft 608·[0]0 Länderbank 444·25 Unionbank[5]4[5].00 Staats - bahn 703.00 Nordweſt 46050 Elbethalbahn 460.50 Lemberg - Czernowitzer 559〈…〉〈…〉 0 Dampfſchiff 926·0〈…〉〈…〉 Alpine 671.50 Brürer Kohlen 720·00 Prager Eiſen 2568·0〈…〉〈…〉 Rima-Muranyer 568〈…〉〈…〉 0 Weſtböhm. Kohlen 433 25 Draſche 720·00 Hirtenberger 1060.00 Türkenloſe 18650 Rubel 251 75 252 75 Marknoten 117·13 117·18

Effekten - und Wechſel-Kurſe

Einheitl. 4% konv. Rente, Mai-November 95 95 Einheitl. 4% konv. Rente Jäuner-Juli 95·90 Einheitl. Rente 4·2% in Noten, Februar-Auguſt 99·55 Einheitl. Rente 4·2% in Silber, April-Oktober 99 65 Oeſterr. Goldrente 116·80 Oeſterr. Kronen - rente 4% 95·8[5]Oeſterr. Inveſtitionsrente 3½% 86·10 Ungar. Goldrente 4% 112·90 Ungar. Kronenrente 4% 93 05 Ungar. Inveſtitionsrente 3½% 83.30 Oeſterr. -ungar. Bant-Aktien 17·73 Kreditaktien 640 10 London vista 239·47 Deutſche Reichsbank - noten für 100 Mk. d. R. -W. 117. 0b 20 Mk. -Stücke 23·45 20 Fr. - Stücke 19·03 Italieniſche Banknoten 94·50 Rubel-Kurs 252·00.

Telegr. Handelsbericht vom 29. April 1909.

Die Budapeſter Produktenbörſe notiert:

Weizen .........K 14.36 bis K 14·37 pr. 10 Ka.
Mais ......... 〈…〉〈…〉 7〈…〉〈…〉 6 50
Oelſaaten ........ 14·79 14·80 50
〈…〉〈…〉
〈…〉〈…〉
730. April 1909. Czernowitzer Allgemeine Zeitung
〈…〉〈…〉
8Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 30. April 1909.
〈…〉〈…〉

Eigentümer und Herausgeber: Dr. Philipp Menczel und Joſef Kaufmann. Verantwortlicher Redakteur: Arnold Schwarz. Buchdruckerei Gutenberg , Czernowitz.

About this transcription

TextNr. 1588, 30.04.1909.
Author[unknown]
Extent8 images; 9342 tokens; 3663 types; 71326 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Benjamin FiechterSusanne HaafNote: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).2018-01-26T13:38:42Z grepect GmbHNote: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T13:38:42Z Amelie MeisterNote: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.2018-01-26T13:38:42Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic informationNr. 1588, 30.04.1909. . Buchdruckerei „Gutenberg“Czernowitz1909. Czernowitzer Allgemeine Zeitung

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LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; mkhz2

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