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Telegramme Allgemeine, Czernowitz.
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Vom Tage.
Der ruſſiſche Marinegeneralſtab veröffentlicht eine offizielle Darſtellung über die Bjorkoer Affäre. — Der ruſſiſche Völker - rechtslehrer Martens iſt geſtorben.
Bunte Chronik.
In Gegenwart des Kaiſers fand geſtern in Wien die Grundſteinlegung für das techniſche Muſeum ſtatt.
Letzte Telegramme.
Sultan Mehmed wird in der nächſten Zeit den europäiſchen Höfen Beſuche abſtatten. — Das Budget wird vorausſichtlich Donnerstag im Abgeordnetenhauſe erledigt ſein. — Wekerle reiſt heute nach Wien. Die Situation in der ungariſchen Kriſe wird heute beſſer beurteilt.
Alle Berichterſtattung über den jeweiligen Stand der ungariſchen Kriſe wird zuſchanden an dem raſchen Wechſel der Stimmungen jenſeits der Leitha. Samſtag mittags hing in Budapeſt der Himmel voller Geigen. Die Miſſion Lukacs wurde als ge - lungen bezeichnet, und auf allen Redaktionstiſchen lag eine fertige Miniſterliſte zum freundlichen Ge - brauch für die p. t. Leſer. Abends überzog ſich das über dem ungariſchen Globus ausgeſpannte Firmament wieder mit ſchwarzen Wolken, und nun ſteht das Gewitter vor der Entladung.
Ob es ſich wirklich entladen wird, iſt noch nicht ganz ſicher. Wohl ſcheinen die mit Lukacs unter - nommenen Verſuche einer friedlichen Entwirrung die allerletzten geweſen zu ſein, welche die Krone ohne Schädigung ihrer Machtſtellung in Ungarn unter - nehmen zu ſollen glaubte, allein auch Juſth und Hollo ſind nicht ſo unbeugſam, wie ſie ſich gerne geben, und ihre politiſche Erfahrung wird ſie belehrt haben, daß dem nationalen Widerſtand, den ſie gerne organiſieren möchten, lange nicht mehr jene ur - ſprüngliche Kraft innewohnt, die man noch vor einem halben Jahrzehnt an ihm beobachten konnte. Dasauffallende Kokettieren der intranſingenten Magyaren mit den Nationalitäten läßt vielmehr auf ein Gefühl der Schwäche ſchließen, von dem die tapferen Ritter erfaßt ſind Es iſt auch mehr als zweifelhaft, ob die Nationalitätenführer den Verlockungen folgen werden. Als nämlich Koſſuth nach der Macht ſtrebte, war er in der Suche nach Bundesgenoſſenſchaft nicht ſehr wäh - leriſch, und die Serben innerhalb und außerhalb Ungarn wiſſen manches vertrauliche Geſpräch wieder - zugeben, das er mit ihnen damals führte, um nach Löſung der Kriſe alles in Abrede zu ſtellen. Dieſes Schickſal zu teilen, haben die Nationalitäten Ungarns, in erſter Reihe die Rumänen, keine Luſt und ſie werden deshalb aller Vorausſicht nach der freund - lichen Einladung keine Folge leiſten.
Die Zuſage, die Juſth und Genoſſen den Natio - nalitäten machen, betrifft die Wahlreform. Gerade um dieſe dreht ſich aber der Streit. Die Koalition, in welcher die Unabhängigkeitspartei die erſte Geige ſpielt, hielt den Pakt mit der Krone nicht und rückte, als der Monarch die Erfüllung urgierte, mit neuen Forderungen heraus, die in der ſogenannten Bankgruppe ihren Urſprung hatten und die zur Genüge bewieſen, daß die Poſtulaten - richtiger Er - preſſerpolitik kein Ende finden könne in Ungarn, wenn die Klique, die heute das Land beherrſcht, am Ruder bleibt. Wenn alſo Juſth die Nationalitäten gegen die Krone ausſpielen will, befindet er ſich auf dem Holzwege. Die Krone iſt es, welche eine un - verfälſchte Wahlreform forderte und noch immer fordert, und eine Schwächung der Krone iſt gleichbedeutend mit der Perpetuierung jenes Zuſtandes, der die Na - tionalitäten und die magyariſchen Volksmaſſen der Oligarchenherrſchaft ausliefert.
In der morgigen Audienz Wekerle’s muß die Entſcheidung fallen. Die Krone iſt gut unterrichtet. Sie weiß es genau, daß der Lärm der ſogenannten Bankgruppe mit hohlem Blech erzeugt wird und daß es nur einer ſtraffen Anziehung der Zügel bedarf, um die ungeberdigen Herren zur Raiſon zu bringen. Wenn nicht alle Anzeichen täuſchen, iſt der Monarchdiesmal entſchloſſen, dem Terror eines Häufleins von katilinariſchen Exiſtenzen nicht zu weichen und die machthungrigen Achtundvierziger vor ein Aut-Aut zu ſtellen. Die Auflöſung des ungariſchen Reichstages und die Neuwahlen werden ein ganz überraſchendes Ergebnis haben. Die Unabhängigkeitspartei hat in den vier Jahren der Herrſchaft ſo gründlich abge - wirtſchaftet, daß ſie ſelbſt bei der heutigen Wahl - ordnung auf großen Erfolg nicht rechnen kann. Es wird darum ein heißer Sommer werden für Ungarn, ein Sommer, der manche Hoffnung vernichten und die Saat, die jetzt offenbar üppig in die Halme ſchießt, verſengen wird.
Heute vormittag hat bei Koſſuth eine wichtige Konferenz ſtattgefunden. Es hatten ſich Apponyi und Andraſſy eingefunden. Die Miniſter konferierten zwei Stunden lang. Man glaubt, daß dieſe Konferenz von entſcheidendem Einfluſſe ſein werde, weil eine Annäherung zwiſchen Koſſuth und Andraſſy im Arzuge ſei.
Im Laufe des Tages haben ſich die Chanzen der Miſſion Lukac’s wieder bedeutend verſchlechtert. In der Unabhängigkeitspartei macht ſich eine ernſte Bewegung gegen die Juſthgruppe geltend und es muß immer damit gerechnet werden, daß Lukacs ſeine Miſſion in die Hände des Königs zurücklegen werde. Im Laufe der Verhandlungen hat ſich ergeben, daß von einem Kabinett Koſſuth nicht die Rede ſein könne, ſondern an die Spitze eines ſogenannten Unabhängigkeits - kabinetts ein 1867er Vertrauensmann der Krone treten würde. Ueberdies hätte die Krone vier Vertrauenswänner der 1867er Gruppe in das zu Kabinett delegieren. Da nun auch der Honved - miniſter und der Miniſter für Kroatien nicht der Unab - hängigkeitspartei angehören würde, ſo würde in dieſem Kabinett die Unabhängigkeitspartei in der Minorität ſein. Dies, ſowie die Tatſache, daß in der Bankfrage nicht die geringſte Konzeſſion erzielt werden kann und Lukacs ein
36] (Nachdruck verboten.)
Willſt auch du mich verletzen?
Einen Augenblick lang ſaß er bewegungslos wie ein Stein da; dann fiel er ihr zu Füßen, faßte ihre Hand und bedeckte ſie mit Küſſen.
Verzeih’ mir! rief er aus. Verzeih’ mir! Ich tat dir unrecht. O, Grace, ſag’ mir nur ein Wort — ein einziges Wort — ſage mir —
Lieber Junge, antwortete ſie und beugte ſich bewegt und zärtlich über ihn. Geſtern nacht ſagteſt du mir, daß du mir, daß du mir vertrauſt.
Aus ganzer Seele!
Und die Königin Katharina braucht die Hilfe ihres Pagen, wie ſie es vorausſetzte. Ich muß nur Zeit zur Ueber - legung haben, Zeit, den Knäuel zu entwirren. Morgen will ich dir berichten — morgen nacht — bis dahin —
Er umarmte ſie und küßte ſie auf den Mund.
Ich habe nie an dir gezweifelt, ſagte er. Und ich werde eher mein Leben hingeben, als daß ich von dir laſſe. —
Am anderen Ende der Halle ſchloß ſich ganz, ganz leiſe eine Tür.
Viertes Kapitel.
John Drysdale begleitete am nächſten Morgen die beiden zur Stadt — nicht daß er ihre Geſellſchaft geſucht hätt -, denn ſein Unwille über Delroys Oberflächlichkeit hatte nicht im geringſten nachgelaſſen, während ſeine Verachtung und ſein Verdacht Tremaine gegenüber noch eher während der letzten Stunden zugenommen hatte. Aber der Gedanke, einen Tag allein in dem Hauſe zuzubringen, war ihm unausſtehlich, beſonders da er fühlte, daß Grace Croydon ihm ſicherlich aus dem Wege gehen würde, bis die Stunde der Erklärung gekommen wäre.
Er wäre überhaupt auf die Auseinanderſetzung mit Delroy hin in die Stadt zurückgekehrt, hätte ihn nicht das Gefühl davon zurückgehalten, daß er ſeiner Braut von Nutz’n ſein könnte. In dieſem Augenblick konnte er Grace Croydon nicht in den Händen Tremaines zurücklaſſen; er mußte ſie beſchützen, nicht allein ihm ſelbſt, ſondern auch ihr zuliebe.
Solcherlei Gedanken machte er ſich während der Fahrt; ſeine Gefährten waren in die Einzelheiten ihres Geſchäftes vertieft und überließen ihn völlig ſich ſelbſt. Am Bahnhofe verabſchiedete er ſich und fuhr in ſeiner Verzweiflung ſo[f]ort auf die Redaktion des „ Rekord “um nach Godfrey zu fragen. Er fühlte, daß er eines ſtarken, kühlen Kopfes bedurfte, der ihn aus der verwirrten Lage befreien ſollte. Leider war Godfrey, wie er erfuhr, verreiſt.
Delroy und Tremaine hingegen begaben ſich geradewegs zum Bureau bei der Wall Street, wo die Beſprechung ſtatt - finden ſollte. Noch heute erinnert man ſich dort an jene Zuſammenkunft; die unglaublichſten Legenden werden darüber erzählt — wie ein Konſortium konſervativer, kaltblütiger, geriebener Kapitaliſten gebildet wurde, das, durch Tremaine für ſein Projekt begeiſtert, Mittel zur Verfügung ſtellte; ein Projekt, das nach dem ſpäteren Bericht der Ingenieure etwa ebenſo ausführbar war wie eine Brücke zum Monde! Es gibt heute noch Teilnehmer jener Zuſammenkunft, welche an die von Tremaine aufgetiſchten Fabeln glauben und überzeugt ſind, daß eine Bahn durch Martinique fabelhafte Summen ahwerfen würde.
Um die Mittagszeit war die Beſprechung beendet, und Tremaine erklärte ſeine Abſicht, mit dem nächſten Zuge, nach Edgemere zurückzufahren.
Ich fühle mich etwas ermüdet, erklärte er und ſah tat - ſächlich auch ſo aus. Wann kommen Sie hinaus?
Ich gehe erſt noch zu Tiffany, gab Delroy zur Ant - wort, um mit ihm über das Halsband meiner Frau zu reden. Ich habe es am Samſtag dort gelaſſen. Wenn er ein Seebad für nötig hält, werde ich es mitbringen, und wir werden ſehen, was das Verfahren wert iſt.
Vielleicht gar nichts, meinte Tremaine, oder vielleicht weiß Tiffany ein beſſeres.
Das werden wir bis heute abend erfahren, ſchloß Delroy und winkte einer Droſchke. Adieu bis dahin!
Als Tremaine Edgemere erreichte, machte er einen Rundgang durch Halle, Bibliothek und Billardzimmer; als er ſie alle leer fand, ging er leiſe auf ſein Zimmer und brachte dort eine Stunde zu. Dann machte er einen Spazier - gang und rauchte zahlloſe Zigaretten. Falls der Grund für ſeine frühe Rückkunft die Hoffnung geweſen war, noch einmal mit Fräulein Croydon zuſammenzutreffen, ſo wurde er darin enttäuſcht, da ſie — vielleicht wußte ſie von ſeiner Rückkehr — ihre Zimmer nicht verließ.
Delroy und Drysdale kamen zuſammen mit dem Fünfuhrzug zurück und eilten in das Haus. Sie fanden Tremaine behaglich in einem Rohrſeſſel der Halle ſitzen, und wenn auch der Blick, den Drysdale auf ihn warf, genug ſagte, hatte er wenigſtens ſo viel Selbſtbeherrſchung, ein un - überlegtes Wort zu vermeiden. Allerdings machte er ſich bittere Vorwürfe darüber, nicht an die Möglichkeit einer früheren Rückfahrt Tremaines gedacht zu haben, deren Beweggrund er natürlich ſofort erraten hatte.
Wir haben gerade Zeit, die Vorkehrungen noch vor dem Eſſen zu treffen, begann Delroy und hielt ein langes Holz - käſtchen in die Höhe.
So, ſagte Tremaine in gleichgültigem Tone, Sie haben es mitgebracht? Tiffany rät alſo dazu?
Ja — aber kommen Sie in die Bibliothek, ich werde Ihnen alles erzählen. Thomas, rufen Sie Frau Delroy und Fräulein Croydon, ſie möchten einen Augenblick in die Bibliothek kommen. Ich möchte die Perlen gleich in ihr Bad bringen.
Drysdale, der Tremaine beobachtete, glaubte auf ſeinem Geſicht wieder jenes raſche, triumphierende Aufblitzen zu be - merken, aber ſofort war er wieder verſchwunden, ſo daß es vielleicht nur Einbildung war. Die Damen kamen gleich darauf in die Bibliothek. Delroy packte ein kleines Paket aus und legte den Inhalt auf den Tiſch; es war ein äußerſt engmaſchiges, aus ſtärkſtem Stahldraht verfertigtes Gitter - käſtchen.
(Fortſetzung folgt.)
2Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 22. Juni 1909.Vertreter der Bankgemeinſamkeit iſt, bewirkt es, daß man dem weiteren Verlaufe der Verhandlungen mit der größten Skepſis entgegenſieht. — Parallel mit der Aktion Lukacs wird eine andere Entwirrungsaktion gefühlt, die dahin geht, daß das gegenwärtige Kabinett Wekerle noch bis zur Schaffung der Wahlreform zuſammenbleibt. Es handelt ſich um eine Rekonſtruierung des Kabinetts Wekerle, das der Juſthgruppe das Verſprechen abringen ſoll, die Wahlreform bei Zurückſtellung der Bankfrage im Parlament zu verab - ſchieden. Dieſer Plan wurde in der Konferenz eingehend beſprochen, der Koſſuth, Graf Apponyi und Andraſſy beiwohnten. Würde es gelingen, die Juſthgruppe zur An - nahme dieſer Propoſition zu gewinnen, ſo hätte die Kriſe ihre proviſoriſche Löſung gefunden. Die Unabhängigkeitspartei würde ein Portefeuille mehr, das des Ackerbaues, erhalten und im Herbſte würde das Parlament die Wahlreform er - ledigen. Es iſt wahrſcheinlich, daß Dr. Wekerle am Dienſtag in ſeiner Audienz dem Kaiſer dieſen Vorſchlag unter - breiten werde.
Der Obmann des Polenklubs, Dr. Glombinski, erklärte kategoriſch, daß die von den czechiſchen Blättern gebrachten Meldungen über die Vorbereitung von Sprachgeſetzen für Galizien vollſtändig unrichtig ſeien.
Abgeordneter Sta - pinski erklärte in einer hieſigen Korreſpondenz, daß er ſeine Anträge, betreffend die Reſolution des Präſidiums des Polen - klubs aus dem Grunde zurückgezogen habe, weil er zur Ueber - zeugung gelangt ſei, daß der Polenklub in Zukunft tatſächlich eine Politik der freien Hand verfolgen werde.
Unlängſt brachten wir eine Meldung, in welcher die „ Poln. Korreſpondenz “die Be - hauptung, daß die Rechte der polniſchen Sprache im Oberſten Kaſſationshofe durch das Juſtizminiſterium eingeſchränkt wurden, als unbegründet bezeichnet. Nun heißt es in der „ Gazeta Powszechna “ſehr unwirſch: „ Die obige Richtig - ſtellung iſt eine bewußte Lüge, die dazu dient, um die öffent - liche Meinung unſeres Landes zu täuſchen. Es iſt dagegen Tatſache, daß gegenwärtig der Gebrauch der polniſchen Sprache bei den Verhandlungen d[e]s Oberſten Kaſſationshofes ver - boten wurde und verdienen derartige lügneriſche Infor - mationen an den Pranger geſtellt zu werden. “
Geſtern fanden die Ergänzungswahlen in den galiziſchen Landtag aus dem Großgrundbeſitze der Wahlbezirke Stanislau und Sanok ſtatt. Bei denſelben wurden die beiden Kandidaten Dr. v. Czay - kowski, Großgrundbeſitzer und Mitglied des Herrenhauſes, und Dr. St. Starowieyski, Großgrundbeſitzer, einſtimmig gewählt.
Dem heutigen Miniſterrate wird ein vom Unterrichts - miniſter ausgearbeitetes Mazbaſa über den Vertrag mit der Orientbahn unterbreitet werden, das zweifellos unterzeichnet und morgen dem Parlamente zugeſendet wird. Dienſtag dürfte der Vertrag in der Kammer zur Diskuſſion gelangen. Die Zuſtimmung der Kammer iſt ſicher zu erwarten.
Die „ Norddeutſche Allgemeine Zeitung “ſchreibt: Sicher iſt, daß in Oeſterreich - Ungarn kein verſtändiger Politiker aggreſſive Ab - ſichten gegen Italien im Schilde führt, weder jetzt noch in Zukunft. Im Intereſſe Italiens ſelbſt können Erörterungen, wie ſie Luzzatti im „ Corriere della Sera “und Zeppa in der „ Kölniſchen Zeitung “bekämpfen, nicht gelegen ſein. Dieſe Einſicht wird, wie zu hoffen iſt, wieder zur Vorherr - ſchaft gelangen und dann dem nicht nur zweckloſen, ſondern ſchädlichen Spielen mit dem Gedanken an eingebildete Ge - fahren ein baldiges Ende bereiten.
Der Reichstag verwies die von der Regierung eingebrachte Erſatzſteuervorlage einſtimmig an den Ausſchuß.
Miniſter Pichon teilte dem Miniſter - rate den Inhalt einer heute eingelaufenen türkiſchen Note zur Kretafrage mit. Die Pforte erſucht darin die vier Schutz - mächte, noch ein Jahr, das iſt bis 1. Juli 1910, Kriegs - ſchiffe in der Sudabai zu halten. Dieſes Anſuchen ſtützt ſich auf gewiſſe im Jahre 1908 in Konſtantinopel abgegebene diplomatiſche Erklärungen. Frankreichs Antwort auf das tür - kiſche Anſuchen iſt wegen des noch fortdauernden Gedanken - austauſches zwiſchen Paris und London kaum vor Mitte nächſter Woche zu erwarten. Von der allgemeinen Poſtunion erwartet die Pforte, daß ſie den das Bildnis des Königs von Griechenland zeigenden kretenſiſchen Briefmarken die inter - nationale Giltigkeit verſagen werde. Nach hier eingegangenen Nachrichten hat man in Konſtantinopel mit Befriedigung vernommen, daß den etwa in Kreta für das helleniſche Par - lament zu wählenden Vertretern der Zulaß in das Parlament verweigert werden ſoll. Allein trotz dieſer und anderer An - zeichen, dafür, daß die griechiſche Regierung den Kretenſern Geduld und Ruhe empfiehlt, iſt man hier nicht frei von Be - ſorgniſſen, beſonders im Hinblick auf die energiſche Sprache Mahmud Schefket-Paſchas.
Ueber die Angelegenheit des engliſchen Dampfers „ Woodburn “veröffentlicht der Generalſtab der Marine folgende Mitteilungen: Angeſichts der mehrfach vorgekommenen Fälle, daß ſowohl ruſſiſche als auch ausländiſche Handelsdampfer ſich dem Standorte des in den ruſſiſchen Territorialgewäſſ[e]rn befindlichen Geſchwaders der Kriegsflotte näherten und un - geachtet der Warnung der Wachtſchiffe in den Schutzbereich des Geſchwaders eindrangen, wurde es im letzten Jahre für nötig befunden, ergänzende Regeln, welche für ſolche Fälle feſtzuſetzen, Regeln für die finniſchen Schären durch den Generalgouverneur von Finnland eingeführt und in engliſcher Ueberſetzung in den diesjährigen Januar-April - Ausgaben der vom engliſchen Handelsamte herausgegebenen Notizen für Seefahren abgedruckt ſind.
Am 16. d. M. ging der engliſche Handelsdampfer „ Woodburn “unter Führung eines finniſchen Lotſen aus den Schären ſeewärts. Bei der Annäherung des Dampfers an die in Pitkopas auf der Standartreede liegenden, die Kaiſerjacht begleitenden Kriegsſchiffe fuhr das wachhabende Torpedoboot dem Dampfer „ Woodburn “entgegen, ging an ſeine Seite und befahl ihm, den Kurs zu ändern und den Schutzbereich des Geſchwaders zu verlaſſen. Da die „ Woodburn “ungeachtet der Befehle den Kurs auf die Kaiſerjacht beibehielt, gab das Torpedoboot drei blinde Schüſſe und als der Dampfer ſeine Richtung trotzdem nicht änderte, einen ſcharfen Schuß gegen die oberen Teile des Dampfers ab. Als gleichzeitig das Torpedoboot „ Emir Buckharski “bemerkte, daß der „ Woodburn “fortfuhr, auf die Kaiſerjacht loszuſteuern und bereits die Linie des Schutzkreiſes überſchritten hatte, gab es ebenfalls zunächſt einen blinden, dann einen ſcharfen Schuß aus einem 75mm-Geſchütz ab, der den unteren Teil des Schornſteines der „ Woodburn “traf. Sofort wurde auf An - ordnung des Flaggkapitäns, Generaladjutanten Milow ein Offizier an Bord der „ Woodburn “entſendet, um die Beſchädigungen des Dampfers zu beſichtigen und feſtzuſtellen, warum die Befehle der Wachtſchiffe nicht befolgt worden waren. Es zeigte ſich, daß das 75 Millim-Geſchoß die Bekleidung des Schornſteines durchſchlagen und das Dampfrohr ſowie die auf dem Oberdeck befindlichen Reſerve - mechanismen zerſchmettert hatte, außerdem war ein Heizer durch Splitter des Geſchoſſes am Oberſchenkel leicht verwundet. Bei der Befragung des Kapitäns ergab ſich, daß der Lotſe, der das Schiff geſteuert hatte, die Linie des Schutzkreiſes ſchneiden wollte; der Kapitän hatte lediglich die Anordnungen des Lotſen befolgt.
Im Leitartikel vom 17. d. beſpricht der hieſige „ Czas “die Spaltung des Ruthenenklubs und beſchäftigt ſich hiebei insbeſondere mit dem in der „ Czernowitzer Allgemeinen Zeitung “vor Kurzem erſchienenen Artikel, der die Sezeſſion der Bukowiner ru - theniſchen Abgeordneten aus dem Ruthenenklub in aus - führlicher Weiſe erörterte. Das führende konſervative Organ der Polen bemerkt hiezu unter anderem: Infolge der Se - zeſſion der Bukowiner rutheniſchen Abgeordneten aus dem Ruthenenklub müſſen wir uns auf den Vorwurf gefaßt machen, daß die „ polniſche Regierung “die Ruthenen Galziens zum Radikalismus zwingen, während die Herrſchaft der Deutſchen in der Bukowina die dortigen Ruthenen derart befriedige, daß für ſie der Radikalismus vollkommen über - flüſſig ſei. Obwohl wir nun über die deutſche Herrſchaft am Pruth hier kein Urteil abzugeben beabſichtigen, muß dennoch konſtatiert werden, daß weder im Mittel - und Hochſchul - weſen noch auf dem Gebiete der Amtsſprache die Ruthenen in der Bukowina ſolche Eroberungen verzeichnen können, wie die Galiziens. Erſt im Vorjahre erhielten die Bukowiner Ruthenen ihr erſtes rutheniſches Gymnaſium in Wiznitz, wobei ſie es ſich insbeſondere zur Aufgabe geſtellt haben, zu verhindern, daß ſich dort der ukrianiſch-radikale Geiſt einniſte (?). Die Sezeſſion der Bukowiner rutheniſchen Abgeordneten iſt gleichſam als Verurteilung des ſchädlichen Radikalismus der galiziſchen Majorität der rutheniſchen Ab - geordneten zu betrachten. Sogar bei den Deutſchen, die oft mit den Ruthenen gegen uns hielten, erregten einige durch die rutheniſchen Abgeordneten herbeigeführten Vorfälle imParlamente Unwillen. Ueber die Geſamtheit der ra - dikalen Politik des Ruthenenklubs, die uns ſo ſchmerzlich be - rührte, gaben nun die Bukowiner Ruthenen ihr Urteil ab. Trotzdem die Bukowiner Ruthenen den Radikalismus der galiziſchen nach außenhin mit der Behauptung zu rechtfertigen ſuchen, daß dieſelben durch ihre verzweifelte Lage in Galizien hiezu verleitet wurden, iſt es Tatſache, daß ſie dieſen Radi - kalismus für ſchuldig halten. Die Bukowiner Ruthenen wollen alſo ihre Konnationalen erſt öffentlich anklagen, aber auch nicht den Weg betreten, den die Mehrheit des Ruthenenklubs eingeſchlagen hat.
Die hieſige Polizei - direktion verbot die Abhaltung einer Proteſtverſammlung gegen die Losreißung des Chelmerlandes von Ruſſiſch-Polen, welche von den in Prag ſtudierenden Polen Oeſterreichs und Ruß - lands einberufen werden ſollte. Dieſes Verbot rief in den polniſchen Kreiſen Prags eine große Erregung hervor.
Unter Teilnahme des Kaiſers fand heute vormittags die feierliche Grundſteinlegung für das Gebäude eines techniſcheu Muſeums für Induſtrie und Gewerbe ſtatt. Zur Feier hatten ſich eingefunden: Erzherzog Rainer, Miniſterpräſident Br. Bienerth mit den Miniſtern Dr. Haertl, Wrba, Graf Stürgkh, Ritt. Dr. Braf und Weiß - kirchner und Bürgermeiſter Dr. Lueger mit zahlreichen Gemeinderäten ꝛc. ꝛc. Nach der Anſprache des Obmannes des Arbeitsausſchuſſes Krupp an den Kaiſer, begrüßte Bürger - meiſter Dr. Lueger den Monarchen, der in herzlichen Worten dankte. Sodann nahm der Weihbiſchof Marſchall die Weihe des Grundſteines vor, wobei der Männergeſangs - verein einige Geſänge vortrug. Nach den üblichen Hammer - ſchlägen erfolgten die Vorſtellungen, worauf der Kaiſer die auf dem Feſtplatze ausgeſtellten Bauprojekte beſichtigte. Das angeſammelte Publikum bereitete dem Monarchen ſowohl auf der Hinfahrt als auch auf der Rückfahrt ſtürmiſche Ovationen.
Kaiſer Wilhelm iſt aus Danzig hier eingetroffen.
Profeſſor Martens iſt auf der Reiſe nach Livland ge - ſtorben. Der Völkerrechtslehrer Friedrich von Martens iſt am 15. Auguſt 1843 zu Pernau in Livland geboren, abſolvierte das Studium der Rechte an der Petersburger Univerſität, hörte dann noch in Wien, Heidelberg und Leipzig Vorleſungen, trat 1868 in das ruſſiſche Miniſterium des Auswärtigen und wurde hier dem Reichskanzler Gortſchakow für beſondere Aufträge attachiert. Seit 1871 war er Profeſſor des Völkerrechtes an der Petersburger Univerſität, ſowie Profeſſor des Staatsrechtes an der kaiſerlichen Rechtsſchule. Martens hat eine Reihe von Werken über Staatsrecht veröffentlicht. Im Jahre 1891 hat er im Auftrage der ruſſiſchen Regierung als Schiedsrichter zwiſchen England und Frankreich in der Neufundlandsfrage fungiert. An beiden Haager Friedenskonferenzen hat er als Vertreter Rußlands teilgenommen.
Die ſechzehnte Delegiertenverſammlung des Verbandes der deutſchen Journaliſten und Schriftſteller wurde heute eröffnet und Steinbach aus Wien zum vierten Male zum Vorſitzenden gewählt.
Auf dem Rennplatze in Auteuil kam es heute wegen des Ausſtandes der Stallburſchen zu Demonſtrationen eines Teiles des Publikums. Zwei Hürden wurden in Brand geſteckt und Offiziere mit verſchiedenen Gegenſtänden beworfen. Zahlreiche Verhaftungen wurden vorgenommen.
Geſtern langten hier ungefähr 20 ruſſiſche Studenten unter Führung des Profeſſors Pogodin an und wurden von den hieſigen Ruſſofilen, ins - beſondere von den Mitgliedern des „ Narodnyj Sowiet “, empfangen. Heute reiſen ſie über Wien und Budapeſt nach Konſtantinopel ab.
Unter rieſigem Intereſſe begann heute vor dem Belgrader Gerichtshofe der Spionageprozeß Müller und Genoſſen. Die Hauptangeklagten ſind Major Jan - kowitſch, Oberleutnant Giorgjewitſch und der öſterreichiſche Untertan Karl Müller. Jankowitſch gibt zu, in Verbindung mit dem geweſenen öſterreichiſch-ungariſchen Militärattaché Major Tancos geſtanden zu ſein. Seine ihm gegebenen Informationen ſeien jedoch alle falſch geweſen und hätten nur zur Irreführung des Attachees gedient. Der Prozeß wird mehrere Tage dauern.
Der Poſtzug von Madras iſt zwiſchen Minjur und Ennore verunglückt. Fünfzehn Eingeborene ſind um - gekommen.
Die Expedition nach dem nordöſtlichen Grönland iſt heute unter Leitung Mikkelſens an Bord der „ Alabama “unter lebhafter Teilnahme der Bevölkerung in See gegangen.
Der engliſche Kreuzer „ Sapphs “iſt heute nachts bei Dungeneß infolge dichten Nebels mit dem gleichnamigen Dampfer zuſammengeſtoßen. Die Beſatzung des Kreuzers wurde gerettet und der Kreuzer im ſinkenden Zuſtande nach Dover gebracht. Der Dampfer blieb unbeſchädigt.
Aus Warſchau wird der „ Voſſiſchen Zeitung “berichtet: Etwa 50 Reiſende, die ſich in einem Poſtwagen nach Kaliſch begaben, wurden in einem Walde in der Nähe von Kaliſch von bewaffneten Banditen überfallen und beraubt. Einige des Ueberfalles verdächtigen Perſonen ſind verhaftet worden.
Aus Sofia wird berichtet: Am ſtädtiſchen Gymnaſium in Plewna iſt es zu einer Revolte gekommen, die mit einem blutigen Zuſammenſtoße zwiſchen Studenten und Polizei endete. Mehrere Schüler der fünften Klaſſe gerieten mit einem Gymnaſialprofeſſor in einen Konflikt, worauf ſämtliche Schüler ausgeſchloſſen wurden. Sie demonſtrierten gegen das Urteil, worauf das Profeſſorenkollegium die Polizei zur Entfernung der widerſpenſtigen Schüler herbeirief. Es kam zu einem Zuſammenſtoße, bei dem viele Studenten verletzt wurden.
Fedko Dawydiak, iſt ernſtlich erkrankt, ſo daß er ins Gefängnis - ſpital transferiert werden mußte.
Das „ Neue Wiener Tagblatt “meldet: Zu der zuerſt von einem engliſchen Provinzblatte gebrachten Meldung über eine bevorſtehende Zuſammenkunft des Zaren mit Kaiſer Franz Joſef wird in unterrichteten Kreiſen bemerkt, daß von einer ſolchen Abſicht des Kaiſers von Rußland nichts bekannt und eine dahin - gehende Meldung von keiner Seite eingelaufen ſei. Die Mög - lichkeit eines Beſuches des Zaren bei Kaiſer Franz Joſef wird jedoch als naheliegend bezeichnet. Es ſei gar nicht ausge - ſchloſſen, daß das umfangreiche diesjährige Reiſeprogramm des Zaren auch nach dieſer Richtung hin werde erweitert werden. Jedenfalls könnte der Zar in einem ſolchen Fall eines herzlichen Empfanges ſicher ſein.
Schon vor längeren Jahren kam man in London auf den Gedanken, als Erſatz für die immer ſeltener und immer teurer werdenden Dienſtboten Chineſen zu nehmen. Indeſſen ſtand man hiervon bald, wohl aus „ Furcht vor der gelben Gefahr “, ab. Statt deſſen fand man für die fehlenden weiblichen Arbeitskräfte nach und nach einen Erſatz in den vielen ſtellungsloſen jungen Männern: Handlungsgehilfen, Kellnern, Hausdienern, Geſellen, Lehrlingen die auf gut Glück nach London gekommen waren, eine paſſende Tätigkeit aber noch nicht finden konnten. Dieſer Erſatz hat ſich derart bewährt, daß bereits mehrere Agenturen entſtanden ſind, die „ Haushaltungsboys “liefern. Die meiſten von ihnen ſind Ausländer, unter ihnen viele Italiener und Schweizer, aber auch Dentſche und Franzoſen. Die jungen Männer haben alle häuslichen Arbeiten zu verrichten, namentlich die Reinigung der Zimmer, das Staubwiſchen, das Bettmachen. In vieler Beziehung ſind ſie den weiblichen Dienſtboten vorzuziehen, namentlich, wenn es ſich um ſchwerere Arbeiten handelt, zum Beiſpiel beim Um - ſtellen der Möbel, Tragen von Koffern, Herbeiſchleppen des Brennmaterials und beim Fenſterputzen. Für ihre Arbeit er - halten ſie Wohnung, Verpflegung und einen wöchentlichen Lohn von ſechs bis zehn Mark. Die Arbeitgeber erklären, daß die „ männlichen Dienſtmädchen “eine wahre Wohltat ſind. Erſtens ſtehen ſie morgens früh auf und ſuchen ihre Ehre darin, die gröbſte Arbeit ſchon erledigt zu haben, ehe die Herrſchaft auf den Beinen iſt. Dann erſcheinen ſie nie mit ſchmutzigen Fingern und, wenn es draußen ſchellt, während ſie auf dem Boden liegen und ſcheuern, brauchen ſie ſich nur die Hände abzutrocknen und den Rock überzuwerfen. Außerdem fällt die Verpflegung des Bräutigams oder Vetters fort, ohne den ein richtiges Dienſt - mädchen nicht leben kann.
Aus armeniſchen Kreiſen wird der „ Voſſ. Ztg. “geſchrieben: Seit den Metzeleien ſind ſchon viele Wochen verfloſſen, und dieſe lange Zeit hätte den Eindruck der ſchrecklichen Ereigniſſe wohl bereits gemildert, wenn ſich die am Leben gebliebenen Armenier nicht in einer troſtloſen Lage befänden und wenndie Haltung der Regierung ihnen gegenüber nicht zu Bedenken Anlaß gäbe. Das armeniſche Stadtviertel von Adana liegt in Aſche. In den Nachbardörfern ſind nur wenige Armenier übriggeblieben. Die Zahl der Verwundeten und Kranken iſt ſo groß, daß es unmöglich iſt, mit vorhandenen Mitteln ihnen halbwegs Hilfe zu leiſten. Das Elend ſpottet jeder Beſchreibung und die einlaufenden Geldmittel kommen dem gegenüber kaum in Betracht. Die Sterblichkeit erreicht eine erſchütternde Höhe. Trotzdem hören die behördlichen Plackereien nicht auf. Ob - dachloſe Armenier, die in Zelten Zuflucht gefunden haben, werden genötigt, ſich in beſtimmte ſchmutzige und überfüllte Herbergen zu begeben, wo die Sterblichkeit noch zunimmt. Außerdem iſt es den Armeniern auf das ſtrengſte verboten, ihre Wohnorte zu wechſeln. Alle Bemühungen der Regierung ſind darauf gerichtet, die Schuld an den Metzeleien auf die Armenier zu ſchieben. Auch das Militärgericht arbeitet vielfach in dieſem Sinne. Es iſt daher begreiflich, daß die Armenier ſich auch weiterhin gefährdet fühlen und keine Sicherheit haben, daß ſich die Metzeleien nicht eines Tages wiederholen, zumal da in der Provinz die Gewalt vielfach noch in den Händen von Beamten aus der hamidiſchen Schule liegt.
Wie die „ Bohemia “berichtet, iſt es nach langen Bemühungen einem Prager Schneidergehilfen gelungen, eine Art kugelſicheren Panzers herzuſtellen, der ſich bei den bisher vorgenommenen Verſuchen beſtens bewährt hat. Der Panzer beſteht aus einer 35 Zenti - meter hohen und 45 Zentimeter breiten Platte, die 1½ Zenti - meter dick iſt und ein Gewicht von 2½ Kilogramm hat. Das Material ſtellt ſich als eine haltbare Maſſe dar, die äußerlich einem Gemiſch von Wachs und Filz gleicht und in der die Geſchoſſe ſtecken bleiben, was als beſonderer Vorzug erſcheint, da durch den Abprall von anderen Panzean, wie die bisherigen Erfahrungen gelehrt haben, ſehr leicht ſchwere Ver - letzungen der Nachbarſchaft erfolgen können. Der Schutzſchild kann in einem Ausſchnitt am Gewehre befeſtigt werden. Das frühere Modell des Panzers hatte bei gleichem Format eine Stärke von 7 Zentimeter Die Verſuche die mit dieſem alten Modell vor dem Kriegsminiſter Schönaich vorgenommen wurden, ergaben befriedigende Reſultate, doch hat jenes Modell wegen ſeines großen Gewichtes keine praktiſche Verwendbarkeit. Da aber das neue Modell ein Fünftel der urſprünglichen Stärke hat, iſt deſſen Verwendbarkeit in den Bereich naher Mög - lichkeit gerückt. Ueber Auftrag des Prager Korpskomman - danten wurde vor einiger Zeit mit der praktiſchen Erprobung des neuen Panzers begonnen. Die erſten vor einem kleinen Kreis auf dem Schließplatz nächſt Prag vorgenommenen Verſuche ergaben ein über alles Erwarten günſtiges Reſultat. Schon auf 150 Schritte Diſtanz blieben alle Geſchoſſe in der Platte ſtecken. Die Verſuche werden vor einer eigenen Kommiſſion noch mehrmals erneuert werden. Man will die Platte zur Erprobung ihrer Widerſtands - fähigkeit nicht nur dem Einzelfeuer, ſondern auch dem Feuer ganzer Abteilungen und der Maſchinengewehre ausſetzen.
In die Geſamtdarſtellung des öſterreichiſchen Rechtes, welche im Verlage von Duncker & Humblot erſcheint iſt, wie die „ N. Fr. Pr. “berichtet, als 7. Abteilung des 2. Bandes nunmehr ein Grundriß des Militärſtrafrechtes eingefügt worden. Verfaſſer iſt der frühere Hauptmann-Auditor und Privatdozent an der Univerſität in Czernowitz Dr. Georg Lelewer, der bereits durch mehrere Publikationen den Ruf eines begabten Vertreters der öſterreichiſchen Strafrechtswiſſen - ſchaft erworben hat. Der vorliegende Grundriß iſt eine äußerſt verdienſtvolle Arbeit; ſchon zunächſt deshalb, weil wir über - haupt keine ſyſtematiſche Darſtellung des Militärſtrafrechtes in Oeſterreich beſitzen, ſondern nur einen Kommentar, der übrigens heute in theoretiſcher Beziehung in weſentlichen Punkten veraltet iſt. Lelewer behandelt in einem allgemeinen Teile die Beſonderheiten des Militärſtrafſyſtems überhaupt, ſowohl was die Rechtsquellen, als auch was den Kreis der ihm unterworfenen Perſonen und endlich die Abweichungen gegenüber den allgemeinen Beſtimmungen des Zivilſtrafgeſetz - buches anbelangt. Im beſonderen Teile werden die Militär - delikte, die ſtrafbaren Handlungen wider die Kriegsmacht des Staates und die vom öſterreichiſchen Zivilſtrafgeſetz ab - weichenden Beſtimmungen über die gemeinen Delikte behandelt. Die Darſtellung iſt eine äußerſt klare und neben der ernſten Wiſſenſchaftlichkeit, die aus ihr ſpricht, darum beſonders wert - voll, weil die ſtrafrechtliche Judikatur der Militärgerichte, welche bekanntlich ohne Kontrolle der Oeffentlichkeit arbeitet, in vorzüglicher Weiſe verwendet erſcheint. Eine gute Darſtellung des Militärſtrafrechtes iſt aber heute bei der allgemeinen Wehrpflicht und bei dem Umſtande, daß im Kriegsſalle zweieinhalb Millionen Menſchen unter die Herrſchaft des Militärſtrafgeſetzes fallen, von großer Bedeutung, nicht bloß für den Militärjuriſten, ſondern auch für den Ziviljuriſten, der hiedurch in ein ihm ſonſt ferner liegendes Gebiet in ausgezeichneter Weiſe eigeführt wird. Zur Charakteri - ſierung des Geiſtes, von dem die Arbeit durchdrungen iſt, ſei die Aeußerung Lelewers über das gegenwärtige Militärſtraf - recht angeführt: „ Unſer Militärſtrafrecht leidet an der früher allgemein verbreiteten und auch heute noch vielfach geteilten irrigen Meinung (vergleiche zum Beiſpiel Dangelmater, Philoſophie des Militärrechtes 32), daß alle militäriſchen Inſtitutionen ſchon im Frieden für den Krieg eingerichtet ſein müſſen und daß das Militärſtrafrecht auch eine ſolche militäriſche Inſtitution ſei. Darin liegt ein Grundfehler der Militärſtrafgeſetzgebung, dem ſo manche verſehlte Geſetz - gebungsarbeit, wie in mancher Beziehung auch die neue deutſche Militärſtrafgerichtsordnung, zur Laſt fällt. Die Militärſtrafgeſetzgebung iſt keineswegs eine ſolche militäriſche Inſtitution, wie zum Beiſpiel die Organiſation oder die Be - waffnung des Heeres, die allerdings nur den einen großen Zweck haben, die Armee auf den Ernſtfall vorzubereiten und daher auch ſchon im Frieden nur mit Rückſicht auf ihre Kriegsbrauchbarkeit einzurichten ſind. “
Der uns im Wortlaute vorliegenden Rede des Abgeord - neten Simionovici ſei noch in Ergänzung unſeres tele - graphiſchen Berichtes Nachſtehendes entnommen:
Der Abgeordnete verwies zunächſt auf die Zuſage des Miniſterpräſidenten Beck, daß er (Beck) die Anregung einer großen Hilfsaktion für die Bukowina mit der größten Auf - merkſamkeit verfolgen und, falls die zu pflegenden Erhebungen eine entſprechende Grundlage liefern werden, gewiß alles tun werde, um dieſes Land, das ſo treu die Grenzwacht im Oſten halte, einer beſonders wirtſchaftlichen Förderung teilhaftig werden zu laſſen.
Obwohl nun, führte Abg. Simionovici aus, nahezu ein Jahr ſeit dieſer feierlichen Zuſage verſtrichen iſt, ſei die von Beck verſprochene ſtaatliche Hilfsaktion nicht nur nicht eingeleitet worden, ſondern es ſei nicht einmal bekannt, welches Reſultat die zum Zwecke der Inaugurierung dieſer Hilfsaktion in Ausſicht geſtellten Erhebungen zu Tage geſördert haben.
Redner verwies auf den großen Notſtand in der Buko - wina und führte des weiteren aus, daß die angeblich un - günſtige Finanzlage des Staates ſchon aus dem Grande kein ernſtliches Hindernis bilden könne, weil ſich in einem Jahre die Finanzlage nicht rapid ändern konnte und weil anderer - ſeits in der Bukowina mit verhältnismäßig geringen Mitteln Großes geleiſtet werden konnte.
Nachdem Redner die Teilung der Lehrer - und Lehrerinnen - bildungsanſtalt urgiert hatte, wendete er ſich der Frage der Errichtung rumäniſcher Parallelklaſſen im Radautzer Staats - gymnaſium zu und meint, daß es wohl richtig ſei, daß das Radautzer Gymnaſium von wenigen rumäniſchen Schülern be - ſucht werde. Dies ſei aber gerade auf den Mißſtand zurück - zuführen, daß keine rumäniſchen Klaſſen exiſtieren. Mit der Errichtung derſelben würde ſich die Frequenz desſeben durch die rumäniſchen Schüler beſonders heben.
Längere Zeit verweilte Redner bei der Frage der Er - richtung einer Kanzel für rumäniſche Geſchichte, wobei er gegen die Einwendung des Unterrichtsminiſters polemiſierte, daß dieſe Frage auch eine Agitation unter den ruſſiſchen Studenten für die Errichtung einer Kanzel für ruſſiſche Geſchichte hervorgerufen habe. Die Rumänen hätten in der Bukowina eine hiſtoriſche Bedeutung. Vor 100 Jahren ſei die rumäniſche Sprache die einzig gebräuchliche in der Bukowina geweſen, während es Ruſſen in der Bukowina nur inſoferne gegeben hat, als unter Kaiſer Joſef etwa 4000 Lipowaner ins Land kamen. Die Begründung des Miniſters, daß dieſe Kanzel die deutſche Vortragsſprache auch gefährden könnte, ſei unbegründet, da auch rumäniſche und rutheniſche Literatur in der betreffenden Sprache vorgetragen werde. Die Rumänen ſeien diejenigen, welche in keiner Weiſe den deutſchen Charakter der Univerſität tangieren wollten.
Nachdem Abg. Simionovici noch auf die Aus - führungen des Abg. Pihuliak, der ſeine Kirchenfragen vorgetragen hatte, erwiderte hatte, ſtellt er die Bitte auf Errichtung von rumäniſchen Handwerkerſchulen in Radautz und Suczawa und auf Ausgeſtaltung der Fachſchule für Holz - beorbeitung in Kimpolung durch Angliederung einer Abteilung für Zimmerei. Zur Begründung ſeiner Bitte führt Redner aus, daß die Rumänen in der Bukowina einſt einen blühenden Handwerkerſtand hatten, welcher in Zünften organiſiert, die noch gegenwärtig bewunderten Bau - und Kunſtdenkmäler in der ſüdlichen Bukowina geſchaffen hat. Infolge widriger Umſtände ſei dieſer Handwerkerſtand zurückgegangen und könne nur durch eine entſprechende Aus - geſtaltung des Gewerbeſchulweſens zu neuer Blüte gebracht werden. Schließlich urgierte Redner die Errichtung eines Bezirksgerichtes in Ober-Wikow.
Die theologiſche Fakultät unſerer Univerſität wählte zu ihrem Dekan für das Studienjahr 1909 den Profeſſor des Bibelſtudiums und der Exegeſe des neuen Bundes Dr. Baſil Georgiu und die philoſophiſche Fakultät für das beregte Studienjahr zu ihrem Dekan den Profeſſor der klaſſiſchen Philologie Dr. Julius Jüthner.
Wie uns aus Prag telegraphiert wird, wurde für die erledigte Lehrkanzel für Anatomie und Phyſiologie der Pflanzen des Profeſſors Moliſch dem Miniſterium folgender Vorſchlag erſtattet: Primo loco Profeſſor Dr. Friedrich Czapek (Czernowitz), secundo loco Profeſſor Anton Neſtler (Prag.)
Der Landespräſident hat die Dienſtesreſignation des Veterinäraſſiſtenten Jofeſ Strek zur Kenntnis genommen und den diplomierten Tierarzt und Aſſiſtenten an der tierärztlichen Hochſchule in Lemberg Johann Kwiecinski zum Veterinäraſſiſtenten im Status der politiſchen Verwaltungsbehörden der Bukowina ernannt und dem Veterinärdepartement der Landesregierung zur Dienſt - leiſtung zugewieſen.
Prälat Schmid begab ſich geſtern nach Lukawetz, wo die Einweihung der neuerbauten Kirche ſtattfand.
Samſtag, fand unter dem Vorſitze des Handelskammerpräſidenten v. Langenhan eine Sitzung des 1. und 4. ſtändigen Ausſchuſſes der Handels - und Gewerbekammer ſtatt. In der - ſelben wurde beſchloſſen, dem Plenum der Handels - und Gewerbekammer den Antrag vorzulegen, daß für die zu er - richtende Handelsakademie in Czernowitz ein Betrag von 75.000 Kronen in Barem und 25 Jahre hindurch in jedem Jahre 2.000 K votiert wurde. Bekanntlich hat der Gemein - derat für die zu errichtende Handelsakademie einen Beitrag von 25.000 K gewiedmet.
Heute um 4 Uhr nachmittags ſand das Leichenbegängnis des Samſtag ver - ſtorbenen Univerſitätsprof. Dr. Johann Wrobel vom Trauer - hauſe (Franz Joſefsplatz 1) aus ſtatt. Es war ein impoſanter Trauerzug, der dem Leichenwagen folgte. Als Vertreter der Univerſität waren Rector magnificus Dr. Zelinka mit den Dekanen Dr. Ehrlich, Dr. Czapek und Dr. Tarnawski erſchienen. Außerdem bemerkte man: Landeshauptmannſtell - vertreter Dr. Smal-Stocki, viele Univerſitätsprofeſſoren und Dozenten, die Beamten der Univerſitätsbibliothek, Po - lizeirat Lunz, Rittmeiſter Fiſcher, viele Studenten, da - runter Vertreter faſt ſämtlicher Kouleurs u. v. a. Der Leichen - zug bewegte ſich zur katholiſchen Kirche, wo Prälat Schmidt die Einſegnung der Leiche vornahm. Von hier begab ſich der Zug auf den Friedhof, wo die Beiſetzung der Leiche erfolgte — Zur weiteren Charakteriſtik des verſtorbenen Profeſſors der klaſſiſchen Philologie, Herrn Dr. Johann Wrobel, wird uns noch mitgeteilt: Wrobel war ein außerordentlich fleißiger und arbeitſamer Gelehrter. Als Junggeſelle lebte er ganz abgeſchieden und widmete ſich ganz dem Studium ſeines geliebten Rufinus, mit deſſen Werken er Wochen, Monate und Jahre verbrachte. Noch knapp vor ſeiner letzten Erkrankung war er täglich in der Univerſitätsbibliothek, um dort, über die mächtigen Folianten gebückt, eifrig Notizen zu machen. Ein Anhänger der alten Schule, lag ſeine Stärke in ſeiner Aus - dauer, mit der er den Eigentümlichkeiten der griechiſchen Klaſſiker nachging. In ſeinem privaten Leben war Wrobel ein Sonderling. Seine perſönlichen Bedürfniſſe waren äußerſt gering, Gute und reichliche Nahrung war der einzige Luxus, den er ſich gönnte. Darauf iſt es zurückzuführen, daß die bei ihm bei der Inventarauf - nahme vorgefundenen Erſparniſſe ziemlich bedeutende ſind. Man fand Sparkaſſabüchel auf namhafte Beträge, für die ſeit 1875 die Zinſen nicht behoben waren. In den Zünd - ſteinen, Spucknäpfen, Wörterbüchern, in Schüſſeln und Tellern fand man Papiernoten, Gold - und Silbermünzen in reicher Zahl. Die nächſten Verwandten des Verblichenen ſind ein in Galizien lebender Bruder und eine in Czernowitz wohnhafte Schweſter, die Handwerkerswitwe Zahel. Dieſen dürfte, wenn nicht in einem Teſtament beſondere Verfügungen getroffen ſind, die ganze Erbſchaft zufallen.
Das Lemberger „ Slowo Polskie “meldet: Der Czernowitzer Magiſtrat richtete an den Magiſtrat in Lemberg ein Schreiben, in dem es heißt: Es wurde in Erfahrung gebracht, daß in Lemberg eine Steuer für Koffer exiſtiere, welche Kaufleute und Reiſende mit ſich führen; es handelt ſich hier ſelbſtver - ſtändlich um die Koffer der Reiſenden, welche mit Waren - proben herumreiſen. Das „ Slowo Polskie “bemerkt hiezu: In Lemberg exiſtiert eine ſolche Steuer noch nicht, deshalb konnte der hieſige Magiſtrat dem Czernowitzer keine poſitive Antwort vermitteln.
Die diesjährige Generalverſammlung des Landesverbandes findet Samſtag, den 3. d. M. 6 Uhr abends im Waldparkhotel in Dorna ſtatt. Sonntag, den 4. d. M. früh fahren die Teilnehmer nach Valeputna und unternehmen von dort aus mit de[n]aus Czernowitz früh morgens einlangenden Gäſten gemeinſam die Beſteigung des Giumaleu, auf deſſen Gipfel um 12 Uhr mittags die feier - liche Einweihung des Kaiſer-Jubiläumskreuzes ſtattfindet. Die Teilnehmer an dieſer Feierlichkeit reiſen noch Sonntag abends von Pożoritta gemeinſam nach Czernowitz beziehungs - weiſe Dorna zurück. Bei größerer Teilnehmerzahl wird eine bedeutende Fahrpreisermäßigung bewilligt werden. Es wird demnach erſucht, ſich bis Mittwoch, 23. d. M. abends in einem im Landesbazar, Herrengaſſe Nr. 11, aufliegenden Bogen eintragen zu wollen, damit die Legitimationen recht - zeitig beſchafft werden können. Abfahrt von Czernowitz Samſtag, den 26. Juni 7 Uhr 45 Minuten früh mit Schnellzug (Beſitzer von gewöhnlichen Touriſtenkarten mit dem 6 Uhr 32 Minuten früh abgehenden Poſtzuge), Ankunft in Dorna 3 Uhr 22 Minuten nachmittags. Abfahrt von Dorna Sonntag, den 27. Juni 5 Uhr früh. Ankunft in Valeputna 6 Uhr, wo gleichzeitig auch der Czernowitzer Nachtzug eintrifft. Rückreiſe von Pożoritta 4 Uhr 47 Minuten abends, Ankunft in Czernowitz 11 Uhr 36 Minuten nachts. Wer die Nacht nicht auf der Bahn zubringen will, wird auf der Hinfahrt in Kimpolung oder Dorna nächtigen. Wer ein Reitpferd auf den Giumaleu wünſcht, wird gebeten, dies in dem im Bazar a[u]fliegenden Bogen bekanntzugeben. Die Zahl der Teilnehmer wird eine große ſein, da ſich an dem 29. Juni ein zweiter Feiertag anſchließt. Das Bahnhotel in Dorna gewährt den Teilnehmern 40 Prozent Ermäßigung der Zimmerpreiſe.
Dem Reichs - ratsabgeordneten Anton Lukaszewicz iſt anläßlich des Ablebens ſeiner vielgeliebten Mutter vom Miniſterpräſidenten Br. Bienerth ein Telegramm nachſtehenden Inhaltes zu - gekommen: „ Anläßlich des überaus ſchmerzlichen Verluſtes, den Euer Hochwohlgeboren erlitten, bitte ich den Ausdruck wärmſter Teilnahme entgegenzunehmen. “ Ueberdies kondo - lierten dem Abg. Lukasziewicz Landespräſident Dr. v. Bleyleben, Landeshauptmann Baron Waſſilko, ſämtliche Spitzen der Behörden, alle Gemeinden des Za - ſtawnaer Wahlbezirkes, die Miniſter Br. Haertl, Dr. v. Bilinski, Graf Stürgh, Dr. Weißkirchner, Zaczek, der Präſident des Abgeordnetenhauſes Dr. Pattai und viele andere.
Die Abg. Lukasziewicz Pihuliak und Spenul begeben ſich heute zu den Reichs - ratsverhandlungen wieder nach Wien.
Die erſte Seſſion des neuer - nannten Staatseiſenbahnrates findet am 9., 10. und 12. Juli l. J. in den Sitzungslokalitäten des niederöſter - reichiſchen Landhauſes in Wien ſtatt. Die vorläufige Tages - ordnung dieſer Seſſion enthält als Bewertungsgegenſtände u. a. auch. Mitteilungen über das Ergebnis der Verhandlungender zur Abgabe von Gutachten über den Entwurf des neuen Eiſenbahnbetriebsreglements und über die Tarifsreform der öſterreichiſchen Staatsbahnen eingeſetzten Spezialausſchüſſe.
wurde der Finanzkommiſſär Leon Semaka in Czernow[i]tz einberufen.
für den Stadtſchul - bezirk Czernowitz, die fur zwei Tage anberaumt iſt, begann heute im Magiſtratsſaale unter Vorſitz des Stadtſchulin - ſpektors, Prof. Rafael Kaindl. Nachdem der Vor - ſitzende die ſehr zahlreich erſchienene Lehrerſchaft begrüßt hatte, ernannte er zu ſeinem Stellvertreter den Direktor Johann v. Kaminski, hielt eine Anſprache in Bezug auf das 40jährige Gedenkjubiläum des Beſtandes des Reichs - volksſchulgeſetzes und ſchloß mit Hochrufen auf den Kaiſer, die den begeiſterteſten Wiederhall fanden, worauf die Volks - hymne geſungen wurde, brachte ſodann eine Zuſchrift der kaiſerlichen Kabinettskanzlei in Bezug auf die anläßlich der vorjährigen Bezirkslehrerkonferenz erfolgte Kaiſerhuldigung der Czernowitzer Lehrerſchaft zur Verleſung. Hierauf wurden Lehrer Mitelski und Lehrerin Reichard zu Schrift - führern gewählt. Sodann hielt der Vorſitzende dem verſtorbenen Schulrat Joſef Wotta und dem Mädchenpenſionatsvorſteherin Gertrude Berger tiefempfundene Nachrufe, warf hierauf einen Rückblick auf die Ereigniſſe des letzten Schuljahres, beſprach die Unzulänglichkeit der Schul - bauten, den damit zuſammenhängenden Halbtagsunterricht. die im Zuge befindliche Schul-Neu - und Zubauten, die Be - teilung armer Schulkinder mit Milch und Brot, das Probe - kandidatenweſen, die Verwendung weiblicher Lehrkräfte an Knaben - und Mädchenſchulen, u. v. a. und betonte, daß die erzielten Erfolge der Lehrerſchaft nur dem guten Einver - nehmen zwiſchen denſelben und dem Stadtſchulinſpektor zu verdanken ſind. Ueber dieſe Erklärungen entſpann ſich über. Antrag des Lehres Chiſanovici eine rege Debatte, an der ſich die Lehrer Chiſanovici, Kipper, Bez - palko, Lehrerin Lindes u. a. beteiligten. Mit der Ver - leſung des Protokolles der vorjährigen Bezirkslehrerkonferenz endete die Vormittagsſitzung.
Wie wir erfahren, wird mit 1. Juli d. J. für die Polizeidirektorſtelle in Czernowitz die 6. Rangsklaſſe ſyſtemiſiert werden. Die für dieſe Stelle bis jetzt beſtandene 7. Rangsklaſſe wird eingezogen werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Urteilsverkündigung in dem zwiſchen Aufſchlagspächtern und Bierbrauern ſchwebenden Bierſtreit für unbeſtimmte Zeit verſchoben.
Heute ſprachen die Ge - meindevorſtände von Sadagura, Rohozna, Scheroutz, Zadobrowka und Toporoutz, beim Czernowitzer Stadtpräſidium deputativ vor und brachten die Bitte vor, die elektriſche Bahn raſcheſtens nach Sadagura auszu - bauen. Bei dieſer Gelegenheit wurde feſtgeſtellt, daß in Sadagura eine heftige Gegenagitation gegen dieſes Bahnprojekt entfaltet wird, die von den — Juden ausgeht. Die jüdiſchen Händler, Fuhrwerker ꝛc. befürchten nämlich, daß die elektriſche Bahn ihnen alle Kunden nach Czernowitz entführen wird. Die eifrigſten Anhänger des Bahn - projektes ſind die chriſtlichen Bauern von Sadagora und den umliegenden Dörfern, die ihre Erzeugniſſe nach Czernowitz auf den Markt bringen wollen. Damit iſt den ſogenannten Chriſtlichſozialen das ſtärkſte Argument aus den Händen ge - ſchlagen. Im Uebrigen beharren wir nach wie vor auf un - ſerem Standpunkte, daß der Ausbau des ſtädtiſchen Netzes vorangehen muß, ehe man ſich in waghalſige Projekte einläßt.
wird, wie wir vor kurzem berichtet haben, ihren Garniſonsort nach Czernowitz verlegen. Zu dieſem Be - hufe beſichtigte Freitag und Samſtag eine Kommiſſion aus Militärkreiſen, an der auch Beamte des Stadtmagiſtrates teilnahmen, die zur Errichtung der entſprechenden Gebäude in Betracht kommenden Plätze. Es wurde jedoch keine Einigung erzielt. Wenn dieſe Frage erledigt ſein wird, werden die Pläne dem Landesverteidigungsminiſterium zur Begutachtung einge - ſandt werden, woher dann die Bewilligung zur Inangriffnahme der Bauten herablangen wird. Die Diviſion dürfte demnach erſt in ungefähr zwei Jahren in Czernowitz ſtationiert werden.
Der Miniſter des Innern hat den Rechnungs - direktor der Finanzlandesdirektion in Brünn, Wilhelm Swoboda, von der Funktion eines Mitgliedes der Prüfungs - kommiſſion für Staatsrechnungswiſſenſchaft in Czernowitz enthoben und den Rechnungsrat der Landesregierung Aurel Kuhn und den Vorſtand des Rechnungsdepartements der Finanzdirektion in Czernowitz Oberrechnungsrat Johann Klatovsky zu Mitgliedern der genannten Prüfungs - kommiſſion ernannt.
Montag, den 28. Juni findet eine ſolche zu Ehren der beim Wetturnen in Jaſſy mit dem erſten und dritten Preiſe aus - gezeichneten zwei Mitglieder in der eigenen Turnhalle, Joſefsgaſſe 14 ſtatt. Dieſer Kneipe geht um 8 Uhr abends ein Uebungsturnen der Vereinsmitglieder voraus; eine Stunde ſpäter nimmt die geſellige Unterhaltung ihren Anfang. Zu beiden Veranſtaltungen haben ſowohl Vereinsmitglieder, als auch Gönner des Turnweſens mit ihren Familien Zutritt, und hofft der Turnrat auf eine recht zahlreiche Beteiligung. Auch der Männer-Turnverein in Jaſſy, deſſen 25 jähriges Stiftungsfeſt zu Pſingſten ſo ſchön verlaufen iſt und der der Abordnung des hieſigen Turnvereins eine in jeder Beziehung glänzende Aufnahme geboten hat, wurde zur Siegesk[n]eipe eingeladen und dürften bei derſelben durch mehrere Mitglieder vertreten ſein.
Morgen, Dienſtag 5 Uhr nachmittags findet ein Promenadekonzert der h[i]eſigen Milititär - kap[e]lle ſtatt.
Die Auf nahme in den erſten Jahrgang der vom Unterrichtsminiſterium konzeſſionierten Privat-Lehrerinnenbildungsanſtalt findet am Samstag den 3. Juli und Montag den 5. Juli ſtatt. Die Einſchreibungen beginnen am 1. Juli und werden in der Direktionskanzlei, Landhausgaſſe 3, täglich von 10 — 12 Uhr vorm. vorgenommen. Zu denſelben haben die Zöglinge in Be - gleitung ihrer Eltern zu erſcheinen und an Dokumenten vor - zulegen: Tauf - oder Geburtsſchein, das zuletzt erworbene Schul - zeugnis, das von einem Amtsarzte ausgeſtellte Zeugnis über phyſiſche Tichtigkeit, Sittenzeugnis. Die Aufnahmsprüfung zum Eintritte in den erſten Jahrgang erſtreckt ſich auf nachſtehende Gegenſtände: Religion, Unterrichtsſprache, Geographie, Geſchichte, Naturgeſchichte, Naturlehre, Rechnen, geometriſche Formenlehre. Bei der Aufnahme wird die im § 3 des vom Unterrichts - miniſterium genehmigten Statuts vorgeſchriebene Beſchränkung der Zahl von Zöglingen genau beachtet und werden bloß 40 Schülerinnen aufgenommen. Schriftliche Anfragen wollen gerichtet werden an die Direktion der Privat Lehrerinnenbildungsanſtalt, Czernowitz, Landhausgaſſe 3.
Die feſtliche Eröffnung des neuangelegten Turn - und Kinderſpielplatzes des polniſchen Turnvereines „ Sokol “findet am 4. Juli mit folgendem Programm ſtatt: 1. Feldmeſſe um halb 11 Uhr vormittags auf dem Feſtplatze, 2. Begrüßung der aus - wärtigen Gäſte durch den Bürgermeiſter, 3. Feſtreden, 4. Feſtzug (Siebenbürgerſtraße — Ringplatz — Herrengaſſe) um 12 Uhr 50 Minuten mittags, 5. Volksfeſt um 4 Uhr nach - mittags und 6. Schauturnen (Freiübungen, Keulenſchwingen, Lanzen) um halb 6 Uhr auf dem Feſtplatze, um 9 Uhr abends Rout im polniſchen Nationalhauſe. — Eintrittspreiſe: Loge 10 Kr., Sitzplätze 2 Kr., 1 Kr. 50 h und 1 Kr., Eintritt 50 h, Rout 2 Kr.
Vom 15. Juni 1909 ange - fangen übernimmt das Zentralſtempelamt in Wien auch den direkten Aufdruck von 60 Heller Betefmarken auf Poſtbegleit - adreſſen und Nachnahmepoſtbegle[it]a[dre]ſſen unter Anwendung der für den direkten Aufdruck von Poſt[w]ertzeichen auf Brief - umſchlägen ꝛc. aufgeſtellten Beſtimmungen. Das auf dieſen Formularien aufgeprägte Wertzeichen weiſt das bei den Poſt - ganzſachen der Emiſſion 1908 verwendete Markenbild in roter Farbe auf. Die eingerichteten Formularien brauchen nicht mit dem Namen und der Adreſſe des Abſenders oder Empfängers verſehen zu ſein. Auch ein Zuſchuß für Be - ſchädigungen beim Drucke braucht nicht beigegeben zu werden. Ebenſo entfällt die Beigabe eines Muſters der zu markieren - den Formularien zur Anmeldun[g], bez[i]ehungsweiſe zum Ver - zeichniſſe. Derartige, mit direktem Poſtwertzeichenaufdrucke verſehene Begleitadreſſen, die während der Wagebehandlung unbrauchbar geworden ſind, werden wie mit B[riefmar]ken markierte Begleitadr[e]ſſen behandelt.
Zu Gunſten dieſes ſeit nahezu drei Dezenten in erſprießlicher Weiſe human wirkenden Vereines findet am 24. Juni l. J. im ho. deutſch-jüdiſchen Theater eine Wohltätigkeitsvorſtellung ſtatt. Da das Reinerträgnis dieſer Vorſtellung den hilfsbe - dürftigen Witwen und Waiſen verſtorbener Vereinsmitglieder und kranken Vereinsmitgliedern zufällt, die dringend einer Erholung in einem Kurorte benötigen, ſteht zu erwarten, daß dieſe Vorſtellung ſehr gut beſucht ſein wird.
Wir erhalten folgende Zuſchrift: Die Direktion des deutſch jüdiſchen Theaters hatte am 17. d. M. zu Gunſten des Vereines „ Brüd. Eintracht “eine Vorſtellung veranſtaltet. Die gefertigte Vereinsleitung fühlt ſich angenehm verpflichtet, dem trefflichen Künſtler K. Juwelier für ſein Entgegenkommen und Herrn Schilling und Frl. Brüh für ihr künſtleriſches Auftreten auf dieſem Wege den beſten Dank abzuſtatten. Verein Brüd. Eintracht.
Maria Seminiuk aus Babin iſt beim Viehtreiben in einen infolge des ſtarken Regens an - geſchwellten Wildbach geſtürzt, ertrunken und wie vermutet wird, vom Waſſer in den Dnieſterfluß getragen worden. Ihre Leiche iſt bisher noch nicht aufgefunden worden.
wurden in der erſten Hälfte des Monates Juni 1909 242 Perſonen (darunter 21. Frauen) beherbergt, welchen 484 Doppelportionen. (Nachtmahl und Frühſtück) und 20 Extraportionen verabfolgt worden ſind. 19 Perſonen wurde zeitweilige Arbeitsgelegenheit verſchafft. Dem Czernowitzez Aſylvereine ſind weiters folgende Herren beigetreten und zwar: als Gründer (einmaliger Beitrag 50 K) Landeshauptmannſtellv[e]rtreter Profeſſor Dr. Stefan Smal-Stock; als Mitglieder und zwar mit dem Jahres - beitrage per 10 K: gr. ort. Konſiſtorial-Archimandrit ꝛc. Myron Calinescu, amr. ort. Pfarrer, Garabeth Gaina, (Suczawa) per 4 K: gr. ort. Pfarrer Ambroſie Gribovici (Gurahumo[r]a) per 2 K: Landesgerichtsrat Lazar Roſenfeld (Suczawa), Poſtaſſiſtent Ilarion Zybaczynski (Suczawa) Handel[ſ]kammerkonzipiſt i. P. Ferdinand Noſſek, Lehrer Konſtantin Sidorovici (Czahor), Gerichtsauskultant Iſidor Kottlar, Hauseigentümer Bernhard Ruff (Klokuczka); an ein - maligen Geldſpenden floßen weiters ein von folgenden Körperſchaften und Herrn und zwar: k. k. Finanzwach - kontrollsleitung Brajeſtie 8 K, k. k. Steuerbeamte in Czer - nowitz 5 K 50 h, k. k. Finanzwachbezirksleitung Okna 4 K, Zolloffizial S. Nowackt 3 K, Julius Znigoweki 50 h. Weiters ſpendete Herr Domänenpächter Fiſcher (Rohozna) fürs Aſyl 50 Liter Milch. Indem allen Vorbenannten auf dieſem Wege für das dem Vereine bewieſene Wohlwollen der verbindlichſte Dank abgeſtattet wird, wird um weitere gütige Unterſtützung des „ Czernowitzer Aſylverein “ergebenſt gebeten. Insbeſonders werden alle P. T. Vereinsmitglieder, welche den Mitgliedsbeitrag für das laufende Vereinsjahr noch nicht entrichtet haben, eingeladen, denſelben ehegefälligſt zu ent - richten, ſowie alle jene Damen und Herren, welche Aufrufe des Vereinsausſchuſſ[e]s zum Beitritte beziehungsweiſe um Zuwendung von Spenden bisher erfolglos zugekommen ſind, erſucht, dem Vereine ihre werktätige Hilfe nicht verſagen zn wollen.
522. Juni 1909. Czernowitzer Allgemeine Zeitung.Am k. k. Staatsgymaſium finden die Privatiſterprüfungen am 6. Juli 1909 ſtatt. Die Schüler haben ſich daher am 6. Juli vor 8 Uhr früh in der Direktions -[ka]nzlei zu melden, den Ausweis über das eingezahlte Schul - geld mitzubrin[g]e[n]u[n]d die Prüfungst[e]x[te]von 24 K zu erlegen.
Die vom Serether Bezirks - lehrerverein am 12. Juni l. J. veranſtaltete Gedenkfeier an - läßlich des 40-jährigen Beſtandes des Reichsvolksſchulgeſetzes nahm einen einfachen, jedoch ſehr würdigen Verlauf. Um 12 Uhr mittags hatten ſich im feſtlich dekorierten Saale des rutheniſchen Schülerheims der Bezirkshauptmann J. v. Bohoſiewicz, der Landesgerichtsrat und Landtagsabgeordnete Arthur Mallek, der Gymnaſialdirektor Anton Paul und faſt der geſamte Lehrkörper des Franz Joſef-Gymnaſiums, der evangeliſche Pfarrer R. Fiſcher und der gr. -or. Pfarrer Oluzanski, der Bürgermeiſter Franz Beill mit dem Vizebürgermeiſter J. Berall, kaiſerlicher Rat Dr. Benkendorf, die Ad - vokaten Dr. Hordynski und Dr. Blauſtein, der Brzirks - ſchulinſpektor J. Chodakowski, mehrere Vertreter des Steueramtes nebſt einigen Beamten anderer Aemter, ſowie die geſamte Lehrerſchaft des Bezirkes eingefunden. Eingeleitet wurde die Feier mit der von einem gemiſchten Chor unter Leitung des Lehrers A. Sahlean abgeſungenen Franz Joſef-Hymne. Hierauf folgte die Begrüßung der zur Feier erſchienenen Gäſte durch den Vereinsobmann, Bürgerſchullehrer Leo Böhmer, worauf der Feſtredner, Lehrer v. Schweitzer, das Wort ergriff. Derſelbe ſchilderte den Werdegang des öſterreichiſchen Volksſchulweſens, ausgehend von der Gründung der Oſtmark durch Kaiſer Karl den Großen und ſchließend mit der am 14. Mai 1869 erfolgten Sanktionierung des Reichsvolksſchul - geſetzes. Auf den Spender dieſer Perle in der öſterreichiſchen Geſetzgebung weiſend, beſchloß der Redner ſeine vollkommen gelungenen Ausführungen mit einem dreifachen Hoch auf den Kaiſer Franz Joſef I., in das die Verſammelten begeiſtert ein - ſtimmten, worauf mit der Abſingung der Volkshymne in allen 3 Landesſprachen die ſchöne Feier ihren Abſchluß fand. Am Abende desſelben Tages fand ein ebenfalls vom Bezirks - lehrervereine unter dem Protektorate des Herrn k. k. Bezirks - hauptmannes, J. v. Bohoſiewicz veranſtaltetes Tanz - kränzchen ſtatt, deſſen Reinerträgnis der Vervollſtändigung des vom Verein gegründeten Stipendiums zur Unterſtützung eines ſtudierenden, bedürftigen und würdigen Lehrerkindes gewidmet iſt. Die zahlreiche Beteiligung, ſowie die zum Teile nahmhaften Ueberzahlungen haben es trotz der nicht unerheblichen Bar - auslagen ermöglicht, den angeſtrebten Zweck zu erreichen, ſo daß die genannte Stipendiumsſtiftung demnächſt wird realiſiert werden können. Ungeachtet der faſt unerträglichen Schwüle wurde bei den Klängen der Hlinitzer Muſik unter Leitung ihres Kapellmeiſters Aleko bis 6 Uhr morgens flott getanzt.
Am 16. u. 17. d. M. brachte der Suczawaer Muſikoerein unter der bewährten Leitung ſeines Direktor Alfred Schlüter die Oper „ La Traviata “von Verdi zur Aufführung. Um es gleich zu ſagen: es war ein voller Erfolg, der die Aufführung dieſes herrlichen Werkes krönte. Die künſtleriſche Weiſe erhielt die Aufführung durch die Mitwirkung der Frau Hofrat Ida Knipfer, welche die Titelpartie ſowohl in geſanglicher, als auch in ſchauſpieleriſcher Hinſicht aufs vortrefflichſte aus - ſtattete und durch ihre herrliche Stimme ſowie durch ihr er - greifendes Spiel große Erfolge erzielte. Die ſchwierige Partie der Violetta ſtellt bekanntlich die größten Anforderungen an die ſtimmlichen und darſtelleriſchen Qualitäten. Frau Knipfer löſte ihre Aufgabe in vollendeter Weiſe, die Darſtellerin trat der großen Sängerin ebenbürtig zur Seite und beide ſchufen eine Leiſtung, die als unübertrefflich und unvergeßlich be - zeichnet werden muß. Alle Skalen der wechſelnden Gefühle und Leidenſchaften hat Frau Hofrat Knipfer unſerem geiſtigen Auge entrollt und der frenetiſche Jubel, der ihren Leiſtungen gezollt wurde, die zahlloſen Hervorrufe und Blumenſpenden mögen ihr geſagt haben, wie tief ſie ſich in unſere Herzen eingeſungen hat. In würdiger Weiſe ſtanden ihr ihre männlichen Partner zur Seite: Herr Dr. Wicentowicz, der den Alfred mit prächtiger Stimme und füdlicher Leidenſchaft ſang und ſpielte, und Herr Kommiſſär Goldenberg, der als George Germont insbeſondere mit der ergreifenden Arie: „ Hat dein heimatliches Land “rauſchenden Beifall erntete. Aber auch die kleineren Partien waren durch die Damen Goldſtein (Flora) Mimi Prokopowicz (Annina), ferner durch die Herren Srkal (Baron Douplal) Baging (Marquis) Prelicz (Doktor) ſehr gut beſetzt, und trugen die Genannten nicht wenig zum Gelingen der abgerundeten Vorſtellung bei. Eine große Ueber - raſchung brachte uns das vortreffliche O[r]cheſter der Muſik - kapelle Duma Geza, welches, durch einige Dilletanten verſtärkt, geradezu Vortreffliches leiſtete, und der ſtimmkräftige, geſchulte Chor, der ein prächtiges Bild in den Ballſzenen bot und Auge und Ohr in gleicher Weiſe erfreute. Das größte Verdienſt um die Aufführung hat ſich jedenfalls Direktor Schlüter erworben, dem es gelungen war, die Mitwirkung der Czer - nowitzer Gäſte ſich zu ſichern, und unter deſſen zielb[e]wußter Leitung Alle, Soliſten, Chor und Orcheſter ihr Beſtes boten Daß die beiden Aufführungen der „ Traviata “ausverkauft waren und ein geſellſchaftliches Ereignis bildeten, braucht wohl kaum erſt geſagt zu werden. Aus Nah und Fern ſtrömten die Gäſte in Scharen herbei, Allen voran ſelbſtredend Herr Regierungsrat Dr. v. Duzinkiewicz, ferner Herr Direktor Hans Horner und viele andere Gäſte aus den benachnarten Städten, ſelbſt aus Rumänien. Zum Schluſſe gab es begeiſterten Jubel, unzähligen Hervorrufe und ein Blumenmeer. Es waren un - vergeßliche Abende!
Geſtern langten hier Repräſentanten des „ Verbandes galiziſcher Rohölproduzenten “unter der Führung der Ing. Wolski an und begaben ſich zuerſt zu Dr. Gląbinski, hierauf um 1 Uhr Mittag ins Finanzminiſterium, wo auch Dr. Gląbinski, die Obmann - ſtellvertreter des Poleuklubs Stwiertnia und Stapinski und Miniſter Dulemba erſchienen. Nach Vorbringung der Wünſche der Rohölproduzenten und Bekanntmachung der Stellungnahme der Regierung in dieſer Frage wurde be - ſchloſſen, in der nächſten Woche die Verhandlungen fortzu - ſetzen. Die Konferenz im Finanzminiſterium währte 2½ Stunden. Wahrſcheinlich wird die Regierung mit der Forderung der Rohölproduzenten, auf Staatskoſten Reſervoirs zu errichten, einverſtanden ſein.
Das Abgeordnetenhaus ſetzt die Spezialdebatte über die dritte Gruppe des Budgets fort.
Die Situation im Parlament iſt nach wie vor günſtig. Die zweite Leſung des Budgets wird vorausſichtlich Donnerſtag erfolgen, worauf Freitag die dritte Leſung abſolviert werden wird Angeſichts der bisherigen günſtigen Erfolge iſt die Regierung demüht, noch vor den Ferien die Annahme eines einjährigen Proviſoriums für das Spiritus - kontingentgeſetz, des rumäniſchen Handels - vertrages, des Ermächtigungsgeſetzes und des Melioriationsgeſetzes durchzuſetzen, worauf Mitte Juli die Vertagung des Hauſes erfolgen ſoll.
Wie Ihnen ſchon am Samſtag gemeldet wurde, beſchloß der heute abgehaltene Miniſterrat, den Kaiſer um die ſofortige Enthebung des Kabinetts zu bitten. In v[e]r - traulicher Beſprechung beſchloß der Miniſterrat, dem Monarchen die Löſung der Kriſe mit Aufrechthaltung der Koalition vorzuſchlagen. Wekerle begibt ſich abends nach Wien und wird morgen dem Kaiſer dieſen Vorſchlag unterbreiten. Derſelbe hat aber wenig Ausſicht auf Realiſierung, vielmehr werden heute wieder die Chancen der Kombination Lukacs als ſteigend an - geſehen, da die Unabhängigkeitspartei den vollſtändigen Zerfall fürchtet, wenn ſie auch nur für kurze Zeit von der Macht abgedrängt wird.
Der Miniſterpräſident Dr. Wekerle iſt heute früh aus Klopodia hier einge - troffen. Um halb 11 Uhr vormittags fand unter ſeinem Vorſitze ein Miniſterrat ſtatt, an welchem ſämtliche Mitglieder des Kabinetts erſchienen ſind. Gegenſtand der Beratung, die bis dreiviertel 2 Uhr nachmittags währte, bildete die politiſche Situation. Bei dieſer Gelegen - heit kamen auch verſchiedene Entwirrungsvorſchläge zur Sprache. Miniſterpräſident Dr. Wekerle iſt um 5 Uhr nach - mittags nach Wien abgereiſt.
Der zumeiſt aus Arſenalarbeitern beſtehende Gemeinderat von Equen - dreville erhob Einſpruch gegen den Beſuch des Kaiſers Nikolaus in Cherbourg und forderte die Bevölkerung, auf ſich jeder Sympathiekundgebung für den Zaren zu en[t]h[a]lten.
Wie es aus einer offi - ziöſen Quelle verlautet, hätte Muktar Paſcha, der während des hieſigen Aufenthaltes mit dem Miniſter des Aeußern Pichon auch die Kretafrage erörterte, darauf hingewieſen, daß die Türkei zum Einſchreiten auf Kreta gezwungen werden könne, wenn daſelbſt ein Aufſtand ausbräche.
Die Fuhrwerkskutſcher haben heute den Streik eingeſtellt und die Arbeit wieder aufgenommen.
Aus religiöſen Ur - ſachen kam es zwiſchen den iriſchen Katholiken und Proteſtanten zu ſchweren Ausſchreitungen. Mehrere Häuſer wurden demo - liert. Berittene Polizei ſchritt ein und nahm 50 Verhaſtungen vor. Eine Anzahl von Polizeibeamten iſt verletzt.
Der „ Standard “meldet, daß der Sultan Mehmed im Herbſt eine Reiſe antritt, um eine Reihe von europäiſchen Höfen zu beſuchen, und anfangs Dezember in England eintreffen wird.
4% Buk. Landesbank-Fond-Schuldverſchreibung 91·35 92·35 4% Buk. Bodenkredit-Pfandbriefe 100·50 101·52 5% Bnk. Boden - kredit-Pfandbriefe 94·75 95 75 Oeſterr. Kredit 638.25 Anglo - bank 299·75 Bankverein 525 50 Bodenkredit 1099·00 Eskompte - geſellſchaft 603·00 Länderbank 453.50 Unionbank 552.50 Staats - dahn 724.25 Nordweſt 463 75 Elbethalbahn 463.75 Lemberg - Czernowitzer 568·90 Dampfſchiff 941·00 Alpine 644.50 Brüxer Kohlen 722·00 Prager Eiſen 2555·00 Rima-Muranyer 574.50 Weſtböhm. Kohlen 451·80 Draſche 733·00 Hirtenberger 1047.00 Türkenloſe 186·25 Rubel 253 50 254 25 Marknoten 117·43 117.52
Einheitl. 4% konv. Rente, Mai-November 96 25 Einheitl. 4% konv. Rente Jänner-Juli 96·10 Einheitl. Rente 4·2% in Noten, Februar-Auguſt 99·10 Einheitl. Rente 4·2% in Silber, April-Oktober 9920 Oeſterr. Goldrente 117·50 Oeſterr. Kronen - rente 4% 96.20 Oeſterr. Inveſtitionsrente 3½% 85·75 Ungar. Goldrente 4% 113·90 Ungar. Kronenrente 4% 93.05 Ungar. Inveſtitionsreute 3½% 82.75 Oeſterr. -[u]ngar. Bank-Aktien 17·82 Kreditaktien 638·00 London vista 240 12 Deutſche Reichsbank - noten für 100 Mk. d. R. -W. 117.45 20 Mk. -Stücke 23·[5]0 20 Fr. Stücke 19·04 Italieniſche Banknoten 94 95 Rubel-Kurs 253·00
Die Budapeſter Produktenbörſe notiert:
Weizen ......... | K 13.82 bis K ·13 83 pr. 10 Kg |
Mais ......... | „ 7·82 „ „ 7.83 „ 5 „ |
Oelſaaten ........ | „ 14·85 „ „ 1445 1470 „ |
Preiſe in Kronen per 50 Kg., ab (Parität) Czernowitz.
von | bis | |
Weizen: ............ | 14·50 | 14.75 |
Roggen: ............ | 〈…〉〈…〉.80 | 10·00 |
Gerſte: Brauerware ........ | 8.00 | 8.25 |
Hafer: Herrſchaftsware ........ | 9.25 | 9·50 |
Mais: ............. | 7.80 | 8.00 |
Kleie: Weizen .......... | 5.50 | 5.60 |
Roggen .......... | 5.80 | 6.00 |
Spiritus per 10.000 Literperzent roher, prompt, exkl. Steuer ab Czernowitz ...... | 47·50 | 48.00 |
Eigentümer und Herausgeber: Dr. Philipp Menczel und Joſef Kaufmann. — Verantwortlicher Redakteur: Arnold Schwarz. — Buchdruckerei „ Gutenberg “, Czernowitz.
Benjamin FiechterSusanne HaafNote: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).2018-01-26T13:38:42Z grepect GmbHNote: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T13:38:42Z Amelie MeisterNote: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.2018-01-26T13:38:42Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe
Fraktur
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