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Telegramme Allgemeine, Czernowitz.

Czernowitzer Allgemeine Zeitung

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Nr. 2040. Czernowitz, Freitag, den 4. November 1910.

Ueberſicht.

Vom Tage.

Das Kabinett Briand hat ſeine Demiſſion gegeben. Die Nachrichten vom Ausbruch einer Revolution in Spanien werden dementiert. Zwiſchen der Pfarte und den Ver - tretern des deutſchen Bankſyndikats werden in Konſtanti[n]opel Verhandlungen g[e]pflogen.

Letzte Telegramme.

Der kroatiſche Landtag iſt für den 21. November ein - berufen. Im engliſchen Kohlenrevier kam es zu Arbeiter - ausſchreitungen.

Die Einigung in der Frage der Barzahlungen.

Man iſt in der Frage der Barzahlungen zu einer prinzipiellen Einigung gekommen. Wohl ſcheint die Her - ſtellung dieſer Uebereinſtimmung, wenigſtens was Oeſterreich betrifft, nicht völlig dem unbeeinflußten Ermeſſen der Re - gierung entſprungen zu ſein, denn es darf immerhin einigermaßen überraſchend anmuten, daß jetzt innerhalb weniger Stunden Vereinbarungen über die Löſung einer Frage zu - ſtandekommen konnten, der vorher wiederholt, aber immer er - gebnislos, bereits die langwierigſten Verhandlungen gewidmet waren und daß ein naher Zuſammenhang zwiſchen der Andienz Graf Khnens beim Kaiſer und dem Reſultate der unmittelbar darnach zwiſchen den Vertretern der Regierungen ge - pflogenen Verhandlungen exiſtiert, ſteht in unzweifelhafter Weiſe feſt. Das letztere dürfte überwiegend einer Geltend - machung des Einfluſſes der Krone zuzuſchreiben ſein. Es entſpräche jedoch gleichwohl einer unrichtigen Auffaſſung der Sachlage, wenn man hierin kurzweg ein Eingreifen zugunſten Ungarns erblicken wollte. Tatſache iſt, daß Graf Khnen die Bankfrage und die Barzahlungsfrage aus den Zeiten der Koalitionsregierung als das momentan aktuellſte politiſche Erbe übernommen hat und daß das liberale Regime, das einzige, von welchem eine Stärkung des Gemeinſamkeitsver - hältniſſes mit Zuverſicht vorausgeſetzt und erwartet werden kann, ſich einer ſehr bedrohlichen Gefährdung ſeines Beſtandesausſetzen würde, wenn es dieſe Erbſchaft anzutreten verweigerte oder ſich ſelbſt nur in ihrer Pflege eine irgendwie auffällige Lauheit erlauben wollte. Wenn man in Betracht zieht, daß die gemeinſame Regierung als Berater der Krone in allen die Monarchie als ſolche wie das Verhältnis zwiſchen ihren ſtaatsrechtlichen Beſtandteilen tangierenden politiſchen und wirtſchaftlichen Fragen ihr Verhalten pflichtgemäß einzig nach dem oberſten Grundſatze einzurichten hat, daß alles zu geſchehen habe, was eine Kräftigung des Geſamtkörpers be - dentet und alles aus dem Wege zu räumen ſei, was der Feſtigung ſeiner Konſtitution hindernd im Wege ſteht, wird man nicht nur die Berechtigung einer dirigierenden ganz ver - faſſungsgemäßen Eingreifens ohneweiters anerkennen, ſondern im vorliegenden Falle auch ſeine volle Zweckmäßigkeit zu - geben müſſen. Man wird dies umſo eher tun können, als die Geſährlichkeit eines gegen Ungarn gerichteten Experiments doch der Frage gegenüber, ob die Barzahlungen aufzunehmen ſeien, nicht im richtigen Wertverhältniſſe ſteht. Gewiß ſind die Barzahlungen keine Omelette, ſondern eine Maßnahme, welche, als Pflicht feſtgeſetzt und unter noch nicht völlig gereiften Verhältniſſen zur Durchführung gebracht, ſchwere wirtſchaftliche Komplikationen herbeizuführen geeignet wäre. Soviel aus den bisherigen Mitteilungen über die von den Regierungen abgeſchloſſene Vereinbarung hervorgeht, handelt es ſich gegenwärtig jedoch weniger um die Beſtimmung des Zeitpunktes ihrer Auf[n]ahme; derſelbe wird ſich vorſichtig der finanziellen und inneren wirtſchaftlichen Lage beider Staaten anzupaſſen haben. Eine vorzeitige Verpflichtung auf ein beſtimmtes, vielleicht noch auf weite Friſten erſtrecktes Datum käme dem Tun eines Leichtſinnigen gleich, der Wechſel ausſtellt, unbeküm - mert darum, ob er ſie zum Fälligkeitstermin einlöſen können wird, ohne ſich dadurch in ſeiner Wirtſchaftsgebarung einen Schaden zu tun, der vielleicht zu vermeiden geweſen wäre. Das dürfte und wird hier jedoch nicht geſchehen. Es dreht ſich um die Abgabe eines formellen Verſprechens an den ungariſchen Staat; der Zeitpunkt der Erfüllung dieſes Verſprechens aber bleibt von dem vorherigen Vorhandenſein gewiſſer Bedin - gungen abhängig.

Nach dem Bankprivilegium vom Jahre 1899 iſt der öſterreichiſch-ungariſchen Bank die Verpflichtung auferlegt, die Banknoten auf Verlangen gegen das geſetzliche Metallgeld einzulöſen. Dieſe Verpflichtung iſt jedoch durch einen anderen Paragraphen über den Zwangskurs der Staatsnoten in beidenStaatsgebieten der Monarchie zeitweilig aufgehoben: Die Bank iſt nach dem Geſetze gegenwärtig zur Einlöſung der Noten zwar berechtigt, jedoch nicht ve[rp]flichtet. Die Umwandlung dieſes Rechtes in eine bindende Pflicht bildet den eigentlichen Inhalt der Barzahlungsſrage. De facto beſtehen die Bar - zahlungen längſt. Es exiſtiert kein Agio, die Kronenwährung iſt feſt begründet, und vollwertig nicht nur im Inlande, ſondern auch dem Auslande gegenüber. Auch iſt jener Artikel des Bankſtatuts der vom Zwangskurſe der Staatsnoten ſpricht, ſeit der Einziehung derſelben hinfällig geworden, ſodaß eigent - lich aus dem Rechte automatiſch eine Pflicht geworden wäre; die Aufnahme der obligatoriſchen Barzahlungen konnte jedoch bisher aus dem Grunde nicht erfolgen weil vorher die Frage zu löſen iſt, was mit den Zehn - und Zwanzigkronennoten zu geſchehen hat, welche in einem Betrage von achthundert Millionen Kronen im Umlaufe ſind, und nach dem beſtehenden Geſetze bei Auf - nahme von Barzahlungen einzuziehen wären. Dieſe ungeheure Inanſpruchnahme des Metallſchatzes aber könnte hinſichtlich des Reſtes des Notenumlaufes die Barzahlungsfähigkeit der Bank gefährden, ſodaß hiedurch Währung und Staatskredit Erſchütterungen ausgeſetzt ſein könnten. Schon aus der Verquickung zwiſchen den Valutageſetzen und dem Bankſtatut mit der Barzahlungsfrage geht hervor, daß eine Löſung der letzteren unmöglich über’s Knie zu brechen ſein wird, und, wenn von einer Einigung die Sprache iſt, es ſich vorläufig einzig um die Feſtſtellung handeln konnte, daß auch die öſterreichiſche Regierung geneigt ſei, in eine geſetzliche Sicherung der Bar - zahlungspflicht im allgemeinen einzuwilligen. Dieſe Ein - willigung wird ihre Wirkungskraft natürlich erſt im Wege eines von den Parlamenten zu beſchließenden Geſetzes er - halten und es wird auch einer ſpäteren Beſchlußfaſſung der geſetzgebenden [r]perſchaften vorbehalten bleiben, zu be - ſtimmen, wann die Aufnahme der Barzahlungen ſtattzu - finden hat.

Vom Tage.

Die Löſung der Barzahlungsfrage.

Das Fremdenblatt reproduziert ein Gerücht, wonach die Formel in der Bahrzahlungsfrag

Landesverrat.

103] (Nachdruck verboten.)

Wenn Sie meine Schweſter wären, Durchlaucht, ſo würde ich Ihnen raten, ſich dem Willen Ihres Vaters nicht zu fügen.

Ich danke Ihnen, ſagte ſie einfach.

Und ich glaube, daß Sie recht haben.

Jetzt machte ſie keinen Verſuch mehr, mich zurückzuhalten, als ich, ein Bündel Papiere in der Hand, das Zimmer verließ. In geringer Entfernung vom Hauſe erblickte ich die hohe Geſtalt des Oberſten und ich teilte ihm mit, daß er von der Prinzeſſin erwartet würde.

Um ihn darüber zu beruhigen, daß er keine Störung der Ausſprache durch mich zu fürchten habe, fügte ich der Wahrheit gemäß hinzu, daß ich im Begriff ſei, auf das Schloß zu gehen, um etliche Papiere in dem Tre[ſ]or unterzubringen.

Er nickte ſtumm und ich ſah ihn in der Tür meines Hauſes verſchwinden.

31. Kapitel.

In einer Ecke des Bibliothekzimmers, unbeweglich vor einem kleinen Schreibtiſch ſitzend, fand ich den Fürſten. Die Platte des Tiſches war mit Papieren bedeckt und da ich dem Privatſekretär des Fürſten unterwegs begegnet war, nahm ich an, daß eben eine geſchäftliche Beſprech[u]ng zwiſchen ihm und ſeinem Herrn ſtattgefunden habe.

Der Groß-Bojar hatte meinen reſpektvollen Gruß nicht er - widert, ſo daß mir die Vermutung kam, er ſei vor Erſchöpfung auf ſeinem Stuhle eingeſchlafen. Bei dem Klang der elektriſchen Glocke aber, die jedesmal beim Oeffnen des Treſors anſchlug, fuhr er nach mir herum.

Sie ſind es, Lazar?

Jawohl, Durchlaucht!

Was tun Sie hier?

Ich habe die erſten, heute fertiggeſtellten Blätter meiner Arbeit heraufgebracht.

Haben Sie ſie verſiegelt?

Jawohl! Mit dem Siegel Seiner Exzellenz.

Er gab ſeinem Stuhl eine raſche Wendung, um mir voll ins Geſicht ſehen zu können, und fragte ſcharf:

Mit dem Siegel Seiner Exzellenz? Was ſoll das heißen? Wann hat Stolojan Ihnen ein ſolches Si[e]gel über - geben?

Vor ſeiner Abreiſe, Durchlaucht! Es iſt ein alter Siegelring mit ſehr kunſtvoller Gravierung. Ich trage ihn an einer ſtählernen Kette hier um den Arm.

Laſſen Sie mich ihn ſehen! befahl er.

Ich entblößte meinen Unterarm und zeigte ihm den Ring, der mit einigen Kettengliedern an einem eiſernen Armband befeſtigt war.

Auf welche Art löſen Sie den Ring von der Kette? fragte der Fürſt, nachdem er ihn aufmerkſam betrachtet hatte.

Ich bin gar nicht imſtande, ihn zu löſen, ſondern ich muß ihn zum Siegeln benutzen, während er ſich an dem Armband befindet. Die Kette iſt mit einem Brahmaſchloß zu - ſammengefügt und Seine Exellenz Stolojan hat den Schlüſſel behalten. Er ſelbſt hat dieſe Vorrichtung zum Siegeln geheimer Aktenſtücke benutzt, als er ſeinerzeit Geſandter im Auslande war.

Auf das Genaueſte prüfte der Groß-Bojar jetzt die Kette und das Schloß.

Sie ſind überzeugt, daß niemand den Verſchluß löſen könnte, der ſich nicht im Beſitz des richtigen Schlüſſels be - findet?

Ein Kunſtſchloſſer würde vielleicht dazu imſtande ſein, Durchlaucht! Ich ſelbſt kann es jedenfalls nicht.

Mit einer ganz unzweideutigen Gebärde des Unwillens zuckte er die Achſeln.

Stolojans Praktiken ſcheinen mir nachgerade ein wenig opernhaft, ſagte er ärgerlich.

Meiner Ueberzeugung nach würden die Papiere in einem unverſchloſſenen Fach meines Schreibtiſches genau ſo ſicher auf - gehoben ſein, als in dieſem ſiebenmal verſiegelten Heiligtum dort. An den behaupteten Verrat glaube ich einfach nicht. Und ich müßte eine ſehr ſchlechte Meinung von meiner nächſten Um -gebung haben, wenn ich meine Beſitzung für ein ſo verruchte Verſchwörerneſt halten wollte, wie Oberſt Sutzko und Stolojan es uns glauben machen wollen.

Ich ſah wohl, daß er ſich in der übelſten Laune befand und ich verſagte mir deshalb, ihm die Tatſachen ins Gedächtnis zurückzurufen, die ſehr unzweideutig gegen die Berechtigung ſeiner optimiſtiſchen Auffaſſung ſprachen.

Haben Durchlaucht ſonſt noch Befehle für mich? fragte ich chrerbietig.

Befehle nein! Aber ich wünſchte allerdings mit Ihnen zu reden, Herr Lazar! Ich hörte zu meinem grenzen - loſen Erſtaunen, daß die Polizei geſtern bei Ihnen eine Haus - ſuchung vorgenommen habe. Was, zum Henker hat das zu be - deuten?

Wie es ſcheint, Durchlaucht, iſt im Laufe der letzten Tage ermittelt worden, daß der Mann, deſſen Leiche man vor einiger Zeit am Strande von Potesci gefunden, nicht ein von den Wellen aus Land geſpülter Ertrunkener war, ſondern ein Fremder, der tags zuvor in Potesci ankam und der ſich dort nach meiner Wohnung erkundigte. Und ich vermute, daß die Polizei mich darum in irgendwelchen Zuſammenhang bringt mit ſeinem Tode.

Der Fürſt ſah mich durchdringend an.

Ich muß doch wohl annehmen, daß man ſehr greifbare Anhaltspunkte für eine ſolche Vermutung zu haben glaubte. Denn es würde ſich ſonſt nicht leicht ein Richter gefunden haben, den Befehl zu einer Hausſuchung auszufertigen.

Ich für meine Perſon wüßte jedenfalls nicht, worin dieſe Anhaltspunkte beſtehen ſollten. Alles, was in dieſer Hinficht vorliegt, dürfte ſich darauf beſchränken, daß der Mann vor ſeinem Tode im Dorfe geſehen worden iſt, daß er nach mir gefragt hat und daß ich töricht genug war, die Perſon, an die er ſich mit ſeiner Frage gewendet, zum Verſchweigen dieſes Um - ſtandes zu beſtimmen.

Hallo! fiel der Groß-Bojar ein. Was iſt das? Was haben Sie getan?

Was ich zum zweiten Male gewiß nicht tun würde, Durchlaucht!

(Fortſetzung folgt.)

2Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 4. November 1910

dahin gehen ſoll, daß die Bank, welche ſeit 9 Jahren de facto eine barzahle[n]de Bank iſt, geſetzlich verpflichtet werden ſoll, an dem bisherigen Vorgehen feſtzuhalten, d. h. ihre Funktionen als bahrzahlende Bank weiter auszuüben.

Mehrere ungariſche Blätter melden wie die Neue Freie Preſſe berichtet daß die geſtern getroffenen Verab - redungen der beiden Regierungen in zwei Teile zerfallen:

1. Die öſterreichiſche Regierung anerkennt prinzipiell die Notwendigkeit der Aufnahme der Barzahlungen;

2. der Zeitpunkt der Aufnahme der Bahrzahlungen iſt nach ſorgſamer Erwägung der finanziellen Lage beider Staaten und der Situation des internationalen Geldmarktes feſtzu - ſtellen und die endgiltige ſachliche Entſcheidung in dieſer Hinſicht wird der Oeſterreichiſch-ungariſchen Bank überlaſſen.

Az Eſt meldet über den Inhalt der geſtern getroffenen Vereinbarung in der Frage der Barzahlungen folgendes: Das Weſen der Vereinbarung liegt darin, daß die Aufnahme der Bahrzahlungen innerhalb eines feſten Termins tatſächlich erfolgen kann und daß das Eintreten jener Vorausſetzungen, von denen der Zeitpunkt der Aufnahme der Barzahlungen abhängig gemacht wird und das beide Regierungen in ein Geſetz faſſen werden, von den Regierungen beider Staaten ſelbſt feſtzuſtellen ſein wird. In dem Geſetz wird namentlich ausgeſprochen werden, daß die Aufnahme der Barzahlungen angeordnet werden kann, wenn gewiſſe näher umſchriebene Umſtände der Aufnahme der Barzahlungen nicht im Wege ſtehen. Beide Regierungen werden jedoch ſelbſt feſtſtellen können, ob dieſe Bedingungen obwalten oder nicht, was gleichbedeutend damit iſt, daß jede Regierung das Recht erwirbt, die geſetzlich ausgeſprochene Aufnahme der Bar - zahlungen jederzeit zu fordern.

Nach den Informationen der N. Fr. Preſſe ſtimmen dieſe Mitteilungen über die Grundlage der Einigung mit den Tatſachen nicht überein.

Budapeſti Naplo erklärt, daß bezüglich des Termins der Barzahlungen die Parlamente nicht noch einmal eine beſondere Entſcheidung zu treffen haben werden. Der Vor - behalt einer beſonderen Entſcheidung bezüglich des Termins ſei gerade eines jener Hinderniſſe geweſen, welche die geſtrige Vereinbarung über die Aufnahme der Barzahlungen aus dem Wege geräumt hat. Ein anderer Gegenſtand der Vereinbarung war, daß die Sicherung der Aufnahme der Barzahlungen gleichzeitig mit der Erneuerung des Bankprivilegiums Ge - ſetzeskraft erlangt. Dies iſt eine natürliche Folge der vom Kabinett Khuen befolgten Taktik, welche darin beſtand, daß die Regierung in der zweiten Frage ſolange nicht verhandeln wird, ſolange die erſte Frage keine Erledigung gefunden hat. Das Kabinett Khuen legt Gewicht darauf, die Entſcheidung der Frage der Barzahlungen zu einem Zeitpunkt herbeizu - führen, daß in dem Falle, wenn ſie gezwungen wäre, die Konſequenzen eines negativen Ergebniſſes ihrer Verhandlungen abzuleiten, ihr Nachfolger noch genug Zeit habe, um die Bank - frage rechtzeitig zu erledigen. Von dem geſtern erzielten Er - gebnis iſt vorläufig ſoviel gewiß, daß das Junktim mit der Verlängerung des Bankprivilegiums die von gewiſſen volkswirtſchaftlichen Vorausſetzungen abhängig gemachte Aufnahme der Barzahlungen ſoweit ſichert, daß niemand mehr dieſe Maßregel ver - hindern kann.

Die Verſtändigung in Böhmen.

In den beiden letzten Tagen wurden vom Miniſterpräſidenten Freiherrn v. Bienerth mehrere führende deutſche Abgeordnete aus Böhmen, darunter Abge - ordneter Pacher, ferner Oberſtlandmarſchall-St[e]llvertreter Dr. Urban und Dr. Baerureither empfangen, um über den gegenwärtigen Stand der Prager Verhandlungen ausführlichen Bericht zu erſtatten. Im Laufe der Woche wird der Miniſter - präſident auch die Vertreter des Großgrundbeſitzes und der ezechiſchen Parteien empfangen.

Die Abänderung des Sprachengeſetzes.

Die einmütige Ablehnung, welche die jetzige Faſſung des Geſetzentwurfes über den Sprachen - gebrauch bei autonomen Behörden ſowohl in der deutſchen Provinz, als auch unter den Deutſchen Prags erfahren hat, läßt es als ausgeſchloſſen erſcheinen, daß die deutſchen Mit - glieder dem Geſetzentwurf in der Plenarſitzung der national - politiſchen Kommiſſion ihre Zuſtimmung erteilen. Ohne Ab - änderung der beauſtändeten Stellen iſt die Annahme des Geſetzes undenkbar. Die Verhandlungen über die Abänderungen werden aber vorausſichtlich ziemlich lange Zeit in Anſpruch nehmen, ſodaß es wenig wahrſcheinlich iſt, den Geſetzentwurf noch im Rahmen des kleinen Ausgleichs erledigen zu können. Es wird deshalb der Gedanke erwogen, das Sprachengeſetz aus dem kleinen Ausgleich auszuſcheiden und der Permanenz - kommiſſion zuzuweiſen, welche nach Erledigung des kleinen Ausgleichs die für den großen Ausgleich beſtimmten Ange - legenheiten (nationale Abgrenzung, Kreisvertretungen, Wahl - reform) fertigzuſtellen haben wird.

Dabei ließe ſich vielleicht auch ein Ausweg hinſichtlichder Minoritätsſchulen finden. Es ließe ſich eventuell eine Vereinbarung über die gleichzeitige Erledigung des Sprachen - geſetzes mit dem Geſetz über die Minoritätsſchulen treffen, das bekanntlich gegen die klaren Abmachungen jetzt plötzlich von den Czechen in den kleinen Ausgleich geſchoben werden ſoll. Für den kleinen Ausgleich würde die Landesordnung und das bis dahin fertiggeſtellte Teilelaborat über die nationale Abgrenzung erübrigen.

Die Stimmung unter den deutſchen Abgeordneten.

Aus Vorſtandskreiſen des Verbandes der deutſchen Landtagsabgeordneten gehen u. a. der Dentſchböhm. Korr. folgende Mitteilungen zu:

Man muß leider ernſtlich mit der Möglichkeit rechnen, daß die Ausgleichsverhandlungen, trotzdem ſie verhältnismäßig weit vorgeſchritten ſind, doch noch, wenigſtens für dieſesmal, ſcheitern. Sollte letzteres deshalb erfolgen, weil die Czechen auf die Schlußbeſtimmung der geplanten Novelle zur Landes - ordnung nicht eingehen wollen, ſo wäre wenigſtens vor aller Welt und insbeſondere für die politiſchen Kreiſe von ganz Oeſterreich erwieſen, daß ausſchließlich die Czechen, weil dem Diktate ihrer radikalen Elemente gehorchend, die Urſache für das Nichtzuſtandekommen einer gütlichen Vereinbarung ab - geben. Die Vorſchläge, die ſie im gegenwärtigen Stadium bekämpfen, ſind nämlich nicht mehr Anträge der deutſchen Kommiſſionsmitglieder, ſondern die Vermittlungsvorſchläge der in dieſer Richtung einigen Großgrundbestzer beider Lager.

Die Reform des galiziſchen Landtagswahl - rechtes.

Heute vormittags hielten die Demokraten in Anweſenheit des galiziſchen Landsmannminiſters Dr. Dulemba und des Abg. Dr. Glombinski eine Bera - tung ab. Im Verlaufe derſelben wurde über das Zuſtandekommen eines Kompromiſſes der polniſchen Parteien in der Landtags - wahlreformfrage und über das Verhalten in der Budgetdebatte verhandelt. Im Allgemeinen kam die Anſchauung zum Aus - druck, daß eine Verſtändigung der Polen unter einander in der Wahlreformfrage unbedingt notwendig ſei. Es wurde betont, daß man auf alle Fälle auch mit den Ruthenen in dieſer Angelegenheit eine Einigung erzielen müſſe. Ein for - meller Beſchluß wurde nicht gefaßt; es wurde bloß allgemein die Ueberzeugung ausgeſprochen, daß ſowohl die Landtags - wahlreform als auch das Budget ohne Rückſicht auf eine eventuelle Obſtruktion der Ruthenen noch in dieſer S[e]ſſion unbedingt zu erledigen ſeien. Heute abends findet eine Kon - ferenz der Obmänner der polniſchen und rutheniſchen Partei - klubs ſtatt.

Die galiziſche Gemeindewahlreform.

Die ſtädtiſche Kommiſſion für die Gemeindewahlreform beſchloß die Reform auf Grund folgender Beſtimmungen durchzuführen. Der Gemeinderat ſoll aus 100 Mitgliedern beſtehen. Es ſoll eine neue Wahlkurie geſchaff[e]n werden, in welcher alle diejenigen ſtimmen ſollen, die bis nun das Wahlrecht hatten, zuſammen mit denen, welche bisher kein Wahlrecht hatten, die aber das dreißigſte Lebens - jahr bereits überſchritten haben, polniſch oder rutheniſch leſen und ſchreiben können und mindeſtens 3 Jahre lang ununter - brochen an demſelben Orte wohnen. Ferner erhalten diejenigen Frauen das Wahlrecht, welche die Maturitätsprüfung abgelegt und das dreißigſte Lebensjahr überſchritten haben. Die Wahlen ſollen alle 6 Jahre erfolgen. In den bisherigen Kurien ſollen 95 Gemeinderäte gewählt werden, in der neuen 5.

Einberufung des bosniſchen Landtags. KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Der Landtag wurde für den 7. November einberufen.

Die Kriſe in Frankreich.

Demiſſion des Kabinetts Briand.

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(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Heute vormittags traten die Mitglieder des Kabinettes zu einem Miniſterrate zuſammen, nach d[e]ſſen Schluß ſich Briand in das Palais Elyſee begab, um dem Präſidenten die Demiſſion des Miniſteriums zu überreichen.

KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Die Sitzung des Miniſterrates war ſehr kurz. Nach den Aus - führungen des Kabinettschefs gab der Arbeitsminiſter Biviani die Erklärung ab, daß er entſchloſſen ſei, ſich zurückzu - ziehen, nichtsdeſtoweniger bleibe er ein ergebener Freund[d]es Miniſterpräſidenten. Nach einer kurzen Erklärung des Inſtizminiſters Barthon, der Briand der vollen Sympathie ſeiner Kollegen verſicherte, war der Miniſterrat beendet.

Ein neues Kabinett Briand. KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Präſident Fallieres empfang heute nachmittags Briand und betraute ihn mit der Kabinettsbildung. Briand nahm die Miſſion an.

Die Gerüchte über den Ausbruch einer Revolution in Spanien.

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(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Die Agence Havas meldet: Die in Paris zirkulierenden Gerüchte von Unruhen, die in Spanien,[n]amentlich in Barcelona, ausgebrochen ſein ſollen, entbehren vollſtändig der Be - gründung. In allen Provinzen herrſcht abſolute Ruhe.

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(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Die Agenzia Fabra erklärt: Das Gerücht von einer Revolution in Madrid iſt unbegründet. Es herrſcht voll - kommene Ruhe.

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(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Der heutige Tag iſt in Barcelona vollkommen ruhig verlaufen. In den Straßen bewegte ſich ein dichter Menſchen - ſtrom. Reiſende aus Barcelona beſtätigen, daß überall, mit Ausnahme von Sabudell, wo es infolge eines allgemeinen Ausſtandes zu unbedeutenden Reibereien kam, Ruhe herrſcht.

Bei einer Prozeſſion in Cartagena kam es zu turbulenten Szenen. Angeblich wurden auch Schüſſe abgegeben, wobei einige Perſonen verwundet wurden.

Die hieſige Polizei verhaftete mehrere Perſonen, welche verſucht hatten, Dokumente, die ſich auf den Fra[n]cisco-Ferrerprozeß beziehen, zu vernichten.

Portugal.

Die Verhaftungen ehemaliger Miniſter.

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(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Die Staatsanwaltſchaft legte gegen die Entſcheidung, mit welcher Joao France und die anderen Miniſter proviſoriſch in Freiheit geſetzt wurden, Rekurs ein.

Eine zahlreiche Menſchenmenge begab ſich geſtern in geſchloſſenem Zuge nach dem Friedhof, wo die bei der erſten republikaniſchen Erhebung am 31. Januar 1891 Gefallenen begraben ſind. Am Denkmal der Gefallenen wurde ein Bronzekranz niedergelegt. Die Ordnung wurde nirgends geſtört.

Portugieſiſche Jeſuiten in Oeſterreich.

Wie verlautet, ſind gegenwärtig hier und in der Umgebung Mittelmänner für den Ankauf von Grundſtücken für die aus Portugal ausge - wieſenen Jeſuiten tätig.

Die Verhandlungen über die türkiſche Anleihe.

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(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Der Finanzminiſter beſuchte heute vormittags G. R. Helferich. Nachmittags konferierten beide. Die Entſcheidung dürfte erſt nach der morgen erfolgenden Rückkehr des Groß - veſiers fallen.

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(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Authentiſchen Nachrichten zufolge war die heutige Beſprechung des Finanzminiſters mit Helferich die Baſis zur finanziellen Transaktion zwiſchen der Türkei und dem Syndikat der deutſchen Banken. Die Kombination eines kurzfriſtigen Vorſchuſſes wurde mit der Anleihe feſtgeſtellt. Nunmehr wird die Redaktion des Vertrages in Angriff genommen.

Das Befinden Abdul Hamids. KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Im B[e]finden des Ex[ſ]ulta[n]s Abdul Hamid ſcheint eine Ver - ſchlimmerung eingetreten zu ſein. Dem geſtern ſtattgefundenem Konſilium ſoll heute ein zweites folgen.

Griechenland. KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Die Partei Mavromichalis veröffentlicht ein Manifeſt, in welchem ſie die Wahlenthaltung rechtfertigt.

Serbien.

Skupſchtina. KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Vor dem Eingehen in die Tagesordnung kommt es infolge Wortwechſels zwiſchen dem Altradikalen Dragovic und dem Nationaliſten Agatnovic zu Tätlichkeiten, welche im Hauſe eine große Erregung hervorrufen. Während der durch den Präſidenten verfügten Unterbrechung der Sitzung gelingt es den herbeieilenden Abgeordneten die Raufenden zu trennen.

KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Der Kronprinz hatte einen ruhigen Tag, fühlt ſich objektiv beſſer und verlangt ſpontan Nahrung. Der Huſten war tags - über unbedentend. Temperatur 38·7, Puls 92, Atmung 20.

Kurze Nachrichten

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(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Die Wiener Zeitung veröffentlicht ein Allerhöchſtes Handſchreiben an den Kardinal Gruſcha anläßlich deſſen 90. Geburtstages, in welchem der Monarch die Treue34. November 1910. Czernowitzer Allgemeine Zeitungdes Kardinals für ſeinen Beruf und die Hingebung desſelben für das Kaiſerhaus und das Vaterland hervorhebt. In dank - barer Anerkennung des verdienſtlichen Wirkens des Kardinals begleitet der Monarch das fernere Wohlergehen Gruſcha’s mit den wärmſten Wünſchen und drückt die Hoffnung aus, daß das gegebene Beiſpiel des Kardinals auch fernerhin der Erzdiözeſe und der geſamten katholiſchen Kirche Oeſterreichs zum Segen gereichen werde.

BK.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Bankausweis vom 31. Oktober. 2,409 584, 212 284, 1,672.566, 57138, 977.377, 137.556, 105.566, 36.768, 246 304, 529.263 ſteuerpflichtig, 337017, 218.422.

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(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Der emeritierte Fürſt[b]iſchof von Brixen Dr. Simon Aichner iſt geſtorben.

Bunte Chronik.

Eine Revolte in der Irrenabteilung des Lemberger Militärſpitals.

In der Abteilung für Geiſteskranke des hieſigen Garniſonsſpital kam es jüngſt zu einer bedeutenden Revolte unter den Geiſteskranken. Dieſelben warfen ſich plötzlich auf die Krankenwärter und begannen die Einrichtungsgegenſtände zu zertrümmern. Mii ſchwerer Mühe gelang es, ſie zu feſſeln. Der von ihnen verurſachte Schaden beträgt gegen 1200 K.

Fälſchungen eines Advokaten.

Großes Aufſehen erregte hier die Verhaftung eines bekannten Advokaten, des langjährigen Gemeinderates Dr. Hermann Scheinfeld. Er hatte einem gewiſſen Towarnicki aus Lemberg als Deckung einer Spiel - ſchuld ein Sparkaſſebuch, auf 6000 K lautend, ſowie mehrere Wechſelakzepte übergeben. Als Towarnicki geſtern in der hieſigen ſtädtiſchen Sparkaſſe das Sparkaſſebuch zur Ab - zinſung vorwies, ſtellte es ſich heraus, daß nur ein Betrag von 60 K gebucht war, welche Summe auf 6000 K gefälſcht wurde. Auch die Unterſchrfften auf den Wechſeln eewieſen ſich als falſch. Als die Polizei in die Wohnung des Dr. Scheinfeld kam, war der Advokat verreiſt. Ein Polizeikommiſſär er - wartete ihn am hieſigen Bahnhofe und verhaftete Dr. Scheinfeld nach ſeiner Rückkehr. Er wurde in das hieſige Landesgericht eingeliefert. Wie verlautet, ſoll der Verhaſtete auch andere Betrügereien begangen haben.

Bauunglück. KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Heute nachmittags iſt der im Bau begriffene ſardiniſche Pavillon der im Jahre 1911 zu veranſtaltenden Aus - ſtellung eingeſtürzt, wobei 10 Arbeiter unter den Trümmern begraben wurden. Nur ein Arbeiter ſcheint ſchwerer verletzt zu ſein. Die übrigen Arbeiter ſind teils un - verletzt, teils leicht verletzt.

Vergiftung durch Kohlengas. KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

In einem neuerbauten Hauſe ſtarben heute nachts drei Arbeiter im Schlafe infolge Vergiftung durch Gas, das aus den Trockenöfen ausgeſtrömt war. Die Unterſuchung wurde eingeleitet.

Die Cholera. KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Heute kamen in Konſtantinopel zwei Erkrankungen und drei Todesfälle an Cholera vor.

Aeronantik und Aviatik. KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Der Chef des Signaldienſtes der Bundesarmee empfiehlt in ſeinem Jahresberichte den Ankauf von mindeſtens 20 Aeroplanen.

Ein Erfolg des öſterreichiſchen Ettrich-Monoplans.

Die deutſche Heeresverwaltung hat bei dem Ingenieur Ettrich 20 Ettrich-Monoplane beſtellt.

Unwetter.

Ueber die Verheerungen des hef - tigen Südweſtſturmes, der geſtern in einer Stärke von 8 bis 10 im ganzen Nordſeegebiete herrſchte, liegen den Morgen - blättern zufolge, nur vorläufige Nachrichten vor.

Bei Scharhörn ſind drei kleine Segler mit der ganzen Beſatzung untergegangen. Die Namen der Schiffe ſind noch nicht feſtgeſtellt. Bei der Helgoländer Düne ſtrandete das Schiff Johann . Die Beſatzung wurde durch das Helgoländer Rettungsboot geborgen. Auf der Unterelbe ging das Kohlen -ſchiff Hanſa unter. Es riß ſich im Sturm von den Ankern los und geriet auf Grund. Die Beſatzung brachte ſich auf dem eigenen Rettungsboot in Sicherheit. An der Weſtküſte von Jütland ſtieg das Waſſer in mehreren Häfen ſoweit, daß es die nächſtgelegenen Stadtteile überſchwemmte. In Thiſted wurden zwei Männer, die ſich auf die Hafenmole begeben hatten, von einer Sturzwelle erfaßt und mit ins Meer gezogen. Fünf Schiffer, welche verſuchten, die beiden Ver - unglückten zu retten, wurden gleichfalls von den Wellen erfaßt und ſtürzten ins Meer. Drei von ihnen konnten ſich retten, die vier übrigen ſind ertrunken.

In Südbayern, beſonders in der bayriſchen Hochebene, haben geſtern ſchwere Föhnſtürme geherrſcht und großen Schaden angerichtet, namentlich auch den Drahtverkehr vielfach unter - brochen.

Geſtern nachmittags ging über die Stadt ein wolkenbruchartiger Regen nieder. Ja vielen Stadtteilen und in den meiſten Vororten iſt großer Schaden angerichtet worden. Ein 150 Klgr. ſchwerer Eiſenmaſt der drahtloſen Telegraphenſtation des Eifelturmes wurde zur Erde geſchleudert. Perſonen wurden nicht verletzt. In der Avenue Parmentiere ſtürzte ein 150 Meter hoher Schornſtein plötzlich auf die Straße hernieder und traf unten auf dem Pflaſter einen gerade vorübergehenden Paſſanten ſchwer am Kopfe. Blutüberſtrömt mußte er ins Hoſpital gebracht werden.

Schiffsuntergang.

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(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Der Kapitän des hier eingetroffenen Fiſchereidampfers Präſident Herwig meldet, er ſei vorgeſtern auf der Höhe von Fair Isle mit dem Fiſchereidampfer Augsburg zuſammengeſtoßen; dieſer ſei untergegangen. Sechs Mann der Beſatzung ertranken, die reſtlichen dreizehn wurden in Aberdeen gelandet.

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(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Einer Lloydsmeldung zufolge iſt die Augsburg mit voller Ladung 300 Meilen von Irland geſunken. Kapitän Maat, der zweite Ingenieur und vier Matroſen wurden gerettet, ſechs Matroſen ſind ertrunken.

Arbeiterbewegung.

Der Streik der Gepäckträger greift immer weiter um ſich. Alle Laſtwagen - und Droſchken - kutſcher haben um Anſchluß erſucht. Am ſchlimmſten leiden die Bankiers unter dem Ausſtande, weil die Bargeldſendungen ausſchließlich durch die Expreßgeſellſchaften beſorgt werden. Die Tätigkeit dieſer Expreßgeſellſchaften hat aber in der ganzen Stadt vollſtändig aufgehört. Die Erbitterung wächſt auf beiden Seiten, die Zuſammenſtöße werden immer zahlreicher.

Kleine Rundſchau.

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(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Die bayriſche meteorologiſche Zentralſtation nimmt gegenwärtig mit der Zugſpitze Verſuche zur Einrichtung der drahtloſen Telegraphie vor.

In italieniſchen Blättern wird die wenig glaubwürdige Nachricht verbreitet, daß die Gräfin Tarnowska die Abſicht geäußert habe, ſofort nach ihrer Frei - laſſung aus dem Gefängniſſe ihren Geliebten, Dr. Naumov zu heiraten. Die Gräfin iſt bekanntlich im Mai d. J. wegen Ermordung ihres Gatten, des Grafen Komarowski, zu acht Jahren und 4 Monaten Gefängnis verurteilt worden und verbüßt gegenwärtig dieſe Strafe.

Unſere geehrten P. T. Abonnenten werden aus Anlaß des Monatswechſels dringend gebeten, das Abonnement durch Ein - ſendung des Pränumerationsbetrages recht - zeitig zu erneuern. Rückſtände erſuchen wir gleichfalls bis zum 10. November zu begleichen. Zugleich laden wir zum Bezuge unſeres Blattes höflichſt ein. Neueintretende Abonnenten er - halten auf Wunſch die bereits erſchienenen Teile des laufenden Romans gratis nachgeliefert. Hochachtungsvoll Adminiſtration der Cz. Allg. Ztg.

Czernowitzer Angelegenheiten.

Landespräſident Dr. v. Blcyleben

hat ſich heute nach Wien begeben.

Perſonalnachrichten

Reichsratsabgeordneter Luka - ſiewicz iſt[ge]ſtern zu längerem Aufenthalt nach Wien abgereiſt. Der Rechnungsrat der Landesregierung Aurel Kuhn iſt vom Urlaub rückgekehrt.

Prüfung.

Landesregierungskonzeptspraktikant Dr. Zdenko v. Weſſely hat hier die politiſch-praktiſche Prüfung mit ſehr gutem Erfolge beſtanden.

Militäriſches.

Die höhere Gagegebühr wurde zu - erkannt dem Kommandanten des 8. Ulanenregimentes Oberſten Heinrich Freiherr v. Gablenz-Eskeles und dem Major des 41. Infanterieregimentes Arthur Neumann. Mit Warte - gebühr auf die Dauer eines Jahres wurde beurlaubt der Oberleutnant Ernſt Buchner des 41. Infdnterieregimentes. Zum Militärmedikamenten-Akzeſſiſten in der Reſerve wurde ernannt der Einjährig-Freiwilligen-Pharmazeut, Magiſter der Pharmazie Siegfried Deligdiſch bei der Apotheke des Garniſonsſpitals Nr. 14 in Lemberg. (Aufenthaltsort Czer - nowitz.

Städtetag in Wien.

Gemeinderat Dr. Norſt hat ſich heute nach Wien begeben, um an dem dortigen Städtetag teilzunehmen.

Die Teilung des gr. -or. Konſiſtoriums.

Während von der einen Seite die geſtrige Meldung unſeres Wiener Korreſpondenten, daß in Wien Verhandlungen wegen Teilung des gr. -or. Konſiſtoriums in eine rumäniſche und rutheniſche Sektion gepflogen werden, bloß als Gerücht be - zeichnet wird, welches den Ereigniſſen vorauseile, beſtätigt eine andere ſeriöſe politiſche Perſönlichkeit die Meldung mit dem Hinzufügen, daß der Herr Erz[b]iſchof Dr. v. Repta tat - ſächlich aus dieſem Anlaſſe in Wien weile und daß ſchon vielleicht mit Neujahr 1911 die Trennung vollzogen ſein werde.

Die Proviſionsaffäre.

Während geſtern noch Aus - ſichten vorhanden waren, daß der Gemeinderat am Leben bleiben wird, ſcheint nach den uns heute vorliegenden Meldungen hiefür keine Hoffnung mehr vorhanden zu ſein. Für Samſtag wird die Auflöſung erwartet. Bis dahin dürften auch 24 bis 25 Gemeinderäte ihre Mandate niedergelegt haben. Morgen findet noch eine Beſprechung der deutſchen, polniſchen, rumäniſchen und rutheniſchen Gemeinde - räte ſtatt. Von den rumäniſchen Gemeinderäten haben Skalat und Kiſſelitza die R[e]ſignationsmitteilung bereits unterſchrieben, von den polniſchen ſämtliche bis auf Kory - tinski, von den deutſchen ſämtliche bis auf Ludwar. Als auserſehener Regierungskommiſſär wird heute wieder Hofrat Barleon genannt (geſtern war Bezirks - hauptmann Krahl der meiſt genannte), von Beiräten werden genannt: Oberrat Dr. Wolf, Finanzrat Doktor Wolanski, Polizeioberkommiſſär Nedwed, doch ſind noch Aenderungen nicht ausgeſchloſſen.

Spende.

Der Landespräſident hat den zu ſeinen Händen erlegten, von einem ungenannten Wohltäter geſpendeten Betrag von 4000 K dem katholiſchen Waiſenhauſe in Czer - nowitz übermittelt.

Journaliſtiſches.

Die Leitung des deutſchen Schutz - vereinsblattes Der Bukowiner Bote hat der ſtädt. Lehrer und Gemeinderat Heinrich Kipper übernommen. Die Nummer vom 1. November dieſes Blattes iſt ſoeben erſchienen.

Fünfzigjähriges Prieſter-Jubiläum.

Am 10. No - vember a. St. beg[e]ht der Generalvikar der gr. -or. Erzdiözeſe Miron Calinescu, die 50. Wiederkehr des Tages, an welchem er zum Prieſter geweiht wurde. Aus dieſem Anlaſſe fand geſtern in Czernowitz eine Vorbeſprechung zahlreicher gr. -or. Prieſter aus der Bukowina ſtatt. Die Verſammlung beſchloß, den Tag durch eine Feier großen Stils zu begehen.

Gerichtliches.

Das Lemberger k. k. Oberlandesgericht hat ernannt zu Kanzleioffizialen in der X. Rangsklaſſe unter Belaſſung auf ihren bisherigen Dienſtorten nachſtehende Kanz - liſten: Georg Seretian in Radantz. Oskar Kautor in Radautz und Juda Drechsler in Wiznitz.

Familiennachrichten.

Herr Iſidor Landau in Dobronoutz hat ſich mit Frl. Anna Friedmann aus Czernollitz verlobt Herr Julius Engler, cand. iur. in Czernowitz, hat ſich mit Frl. Jetti Schneider, Tochter des Meier Schueider aus Storozynetz, verlobt.

Todesfall

Am 1. d. iſt Herr Joſef Brotfeld im Alter von 64 Jahren geſtorben. Der Verblichene erfreute ſich wegen ſeines biederen, rechtſchaffenen Weſens vieler Sympathien. Das Leichenbegängnis fand geſtern nachmittags unter zahlreicher Beteiligung ſtatt.

Die Vollverſammlung des Juriſtenvereines

der Staatseiſenbahnverwaltung findet am 5. und 6. d. in Prag ſtatt. An derſelben nimmt Bahnkommiſſär Julius Birn - baum als Vertreter der Ortsgruppe Czernowitz teil.

Landeskonferenz der Bukowiner ſozialde - mokratiſchen Partei

Samſtag und Sonntag tagte hier die Landeskonferenz der Bukowiner ſozialdemokratiſchen Partei. Ueber den Verlauf derſelben kommt uns folgende Mitteilung zu: Am 29. und 30. Oktober tagte im Arbeiterheim die dies - jährige Landeskonferenz der Bukowiner Sozialdemokraten. Die Konferenz wies einen ſtarken Beſuch auf; namentlich die Provinz - ſtädte waren außerordentlich ſtark vertreten. Das Präſidium bildeten die Herren Gaidoſch, Zeplichal, Vogel und Dragulian. Die ruſſiſch - und galiziſch-ukrainiſche ſozial - demokratiſche Partei war durch einen Delegierten vertreten, der eine mit großem Beifall aufgenommene Anſprache hielt. Aus dem Referate des Sekretärs, Herrn Dan, war zu entnehmen, daß die Zahl der politiſch Organiſierten immer mehr zunehme,4Czernowitzer Allgemeine Zeitung 4. November 1910. daß die Einnahmen der Parteiſteuer ſich ſeit dem letzten Berichtsjahre verdoppelt haben. Abg Grigorovici erſtattete einen ausführlichen parlamentariſchen Tätigkeitsbericht. Lokomotiv - führer Oppitz berichtete über den internationalen Sozialiſten - kongreß in Kopenhagen. Namens der Parteikontrolle referierte Frau Dr. Grigorovici, über deren Antrag der abtretenden Parteileitung das Abſolutorium erteilt wurde. Die Konferenz nahm eine Reſolution an, in der dem Abgeordneten Grigo - rovici Dank und Vertrauen votiert wird Eine zweite Reſolntion, die angenommen wurde, begrüßt die Entſcheidung des Kopen - hagner Kongreſſes zugunſten der einheitlichen Ge - werkſchaftsbewegung. Lehrer Bezpalko re - ferierte über Organiſation . An ſein Referat knüpfte ſich eine längere Debatte, in der die Ausdehnung der Orga - niſation auf das flache Land begrüßt wurde. Ueber das Programm für den Landtag referierte Herr Doktor Piſtiner. Eine ungemein ſachliche Diskuſſion ſchloß ſich an dieſes Referat. Die Konferenz beſchloß noch zwei Reſolutionen, in der einen wird das allgemeine Wahlrecht für den Czer - nowitzer Gemeinderat verlangt die andere richtet ſich gegen die Lebensmittelteuerung. In die Parteileitung wurden gewählt die Herren Zeplichal, Lewicki, Piſtiner, Tropper, Bezpalko und Vogel. Der Leitung gehören überdies Abg. Grigorovici und Sekretär Dan an. Eine eigene ver - trauliche Sitzung wurde den Vorbereitungen zu den Land - tagswahlen gewidmet.

Urania.

Außer den drei öffentlichen Vortragsabenden am 3, 4. und 6. d. M., findet am Montag, den 7. d. M. noch eine Arbeitervorſtellung ſtatt. Bezeichnend für das rege Bildungsbedürfnis der Arbeiterſchaft iſt, daß ſie ſich ſelbſt die beiden Themen Die phyſikaliſchen Wunder des E[r]dballs und Die Kunſtform in der Natur gewählt hat und wird dieſer Urania[a]bend allem Anſcheine nach einen Maſſenbeſuch auſweiſen. Für den Vortrag von heute und Sonntag genießen Staatsbeamte und L[e]hrer eine 33⅓% Ermäßigung und werden die Kartenanweiſungen im B[e]amtenkaſino ausgefolgt.

Wetterprognoſe für morgen:

Meiſt heiter, ſtellen - weiſe Bodennebel, lebhafte Winde, abnehmende Temperatur, unbeſtimmt, ſchlechtes Wetter.

Theater, Kunst und Literatur.

Repertoire des Stadttheaters.

  • Freitag, 4. November halb 8 Uhr abends bei ermäßigten Preiſen Der Troubadour Oper in 4 Akten von G. Verdi.
  • Samſtag, 5. November 3 Uhr nachm. (Schülervorſtellung): Der Fechter von Ravenna Trauerſpiel in 5 Akten von Fried. Halm; abends halb 8 Uhr (Susp. 11): Die keuſche Suſanne Operette in 3 Akten von Jean Gilbert (Novität).
  • Sonntag, 6. November 3 Uhr nachm. : Der Prinzgemahl Luſtſpiel in 3 Akten von Xanrof und Chaniel; abends halb 8 Uhr (Susp. 12): Die k[e]uſche Suſanne Operette in 3 Akten von Jean Gilbert.

Rechtspflege.

Schwurgericht.

Heute begann die für ſechs Tage anberaumte Ver - handlung gegen Viktor David Schäfer, der wegen des Verbrechens des Betruges und der Veruntreuung unter Anklage ſteht. Der Gerichtshof beſteht aus LGR. Handl als Vorſitzendem und den LGR. Dr. Dawid und Doktor Turcan als Votanten. Die Anklage vertritt St. -Stellvertreter Dr. Lazarus, die Verteidigung führt A[d]v. Dr. Julius Steruberg. Als Schriftführer fungiert Auskaltant Dr. Schapire.

Dem Angeklagten wird folgendes zur Laſt gelegt: Viktor Schäfer hat in der Zeit vom 12. November 1907 bis 10. Februar 1908 zu Lukaw〈…〉〈…〉 tz a. S., Berhometh a. S., Mihowa, I[ſ]pas, K〈…〉〈…〉 ſſelitza, Mold. -Banilla, Bahna und Wiznitz von ca 92 Darlehenswerbern unter d[e]m T[i]tel von Vorſpeſen der Darlehensbeſchaffung Geldbeträge erhalten, wobei er den betreffenden Perſonen die baldige Bewilligung von Darlehen ſeitens auswärtiger (weſtöſterreichiſcher) Kredit - inſtitute in ſichere Ausſicht ſtellte. Dabei ſetzte Schäfer den Darlehenswerbern auseinander, daß dieſe von ihm einkaſſierten Vorſpeſen lediglich den Zweck hätten, die für die Beſchaffung des Darlehens notwendigen Baarauslagen, als die Koſten der Schätzung der ſchuldneriſchen Grundſtücke, Stemp[e]laus - lagen, die Koſten der notariellen Errichtung der Schuld - ſcheine und die Portoauslagen zu decken. Falls das Darlehen nicht bewilligt wurde, hätte Schäfer den Darlehensbewerbern dieſe als Vorſpeſen eingehobene Beträge rückerſtatten ſollen. Schäfer war alſo ſo entnehmen wir der Anklageſchrift keinesfalls berechtigt, aus den einkaſſierten Vorſpeſen ſeine Reiſeauslagen und E[r]haltungskoſten zu decken, da er das Honorar für ſeine Vermittlung erſt nach Bewilligung des Darlehens mittels Abzuges von der Darlehensvaluta zu be - ziehen hatte. Auf dieſe Weiſe hat Schäfer innerhalb dreier Monate, vom 12. November 1907 bis 10. Februar 1908 Vorſpeſen in der G[e]ſamtſumme von 4,767 Kr. eingehoben. Als die zumeiſt bäuerlichen Vorſchußgeber ſahen, daß ent - gegen dem Verſprechen des Beſchuldigten die Darlehensvaluta nach einigen Wochen nicht eintraf, wurden ſie mißtraniſch und erſtatteten mehrfach Strafanzeigen wider den Be - ſchuldiaten. Derſelbe wurde am 10. Februar 1908, als er einen Paß ins Ausland beheben wollte, verhaftet. Schäfer gab vor dem Unterſuchungsrichter unumwunden zu, daß erſämtliche Beträge, die er von den Darlehenswerbern ein - gehoben, für ſich verwendet habe, daß er kein Geld beſitze und nicht in der Lage ſei, dieſe Vorſpeſen zurückzu[e]rſtatten. Dabei gebrauchte Schäfer die Taktik, durch Vorweiſung eines Geſchäftsbüch[e]lchens den Unterſuchungsrichter glauben zu machen, daß er die eingehobenen Beträge nur zu Ausgaben zw[e]cks E[r]langung der Darlehen, alſo gewiſſermaßen im Intereſſe ſeiner k[r]editſuchenden Auftraggeber, verwendet habe. Doch erwies ſich nach Ueberprüfung der einzelnen Poſten dieſes Büchelchens, der größte Teil als fingiert und erdichtet. Dies geht namentlich daraus hervor, daß der Vertreter der galiziſchen Hypothekenbank, an die Schäfer mehrere Beträge gezahlt haben wollte, erklärte, daß Schäfer der Bank vollſtändig unbekannt ſei und mit ihr nie G[e]ſchäfte gemacht habe, zumal da die Hypothenkenbank j[e]de Mitwirkung von Agenten prinzipiell ablehne. Der Beſchuldigte hatte alle zur Bezahlung von Schatzgebühren, Vertragserrichtungskoſten und Porto[ſ]p[e]ſen erhaltenen Beträge zur Berichtigung ſeiner Schulden und zur Beſtreitung ſeines Haushaltes verwendet. Seine Einwendung, er habe die Vor - ſpeſen in der Erwartung für ſich verwendet, aus der zu verdienenden Proviſion künftig Erſatz leiſten, beziehungsweiſe eine Komp[e]nſation vornehmen zu können, iſt unſtichhältig, da er eine ſolche Erwartung infolge der abweislichen Haltung der angegangenen Kreditinſtitute gar nicht hegen konnte.

Der Anklageſchrift legt weiters Schäfer folgendes zur Laſt: Schäfer hat im Februar 1910 zu Lemberg durch die liſtigen Vorſtellungen, daß er Architekt in Czernowitz ſei, als ſolcher eine große Pr[a]x[i]s erworben habe, daß er die Pläne für die Realität des Oſias Beral in Stanislau, Schwieger - vater de[ſ]Dr. Wilhelm Roſenberg, durchgeſehen und aus - gearbeitet habe, daß es ihm dank der Protektion ſeines[n]ahen Verwandten, des Reichsratsabgeordneten Dr. Straucher gelungen ſei, eine Konzeſſion zur Erwirkung und Durch - führung von Darlehen zu erlangen, jedoch nicht mit dem Wohnſitz[e]Czernowitz, ſondern in Sadagora und in Wien, wo ſein Bureau ſich I. Bezirk, Schottenring 8 befindet, daß die unterſteiermarkiſche Sparkaſſe in G[r]az die Bank ſei, welche ihm die Vertretung für Galizien übergeben habe, daß dieſe Bank Darlehen auf 50 Jahre in der Höhe von 70% des Schätzwertes gegen 4%ige Verzinſung eeteile, wobei die Amortiſation kaum ½ jährlich ausmache, daß er weiters ſchon ein Darlehen bei dieſer Bank erwirkt habe u. zw. auf das Gut Choroſtokow des G[r]afen Liwienski im Betrage von 2,000.000 K und dieſes Darlehen bereits zugezählt ſei, während die Bewilligung eines Darlehens auf das Paſſagehaus des Wolf Beriſch Hausmann im Betrage von 1.500 000 K im Zuge ſei, die unten angeführten Perſonen in Irrtum geführt und ſie durch die weitere liſtige Vorſpiegelung, er ſei in der Lage, ihnen Hypothekardarlehen zu den obigen Bedingungen zu verſchaffen, und benötige Vorſchüſſe zur Bezahlung der Schätzung ihrer Realitäten, in Irrtum geführt und[z]u der Ausfolgung von Geldbeträgen a conto der angeblichen Schätzungskoſten be - wogen, wodurch die ſpäter Genannten an ihrem Vermögen einen den Betrag von 200 K überſteigenden Schaden erleiden ſollten und einen ſolchen in der Höhe von zuſammen 1400 K auch wirklich erlitten haben u. zw. hat Schäfer folgende Perſonen unter falſchen Vorſpiegelungen zur Auszahlung von Geldbeträgen bewogen:

1. am 1. und 2. Februar 1910 den Advokaten Doktor Wilhelm Roſenberg, als Vertreter des Kreditnehmers Berl Finkler der Geldbeträge von je 300 K

2. am 4. Februar 1910 die Kreditwerber Siegmund Schwieger und Joſef König eines Geldbetrages von 300 K.

3. am 22. Februar 1910 den Advokaten Dr. Wladimir Godlewski als Vertreter des Kreditnehmers Dr. Theodor Ballaban des Geldbetrages von 300 K.

4. am 24. Februar 1910 den Kreditnehmer Berl Finkler des Geldbetrages von 200 K.

Die Verhandlung.

Nach Verleſung der Ankla[g]eſchrift bringt der Vorſitzende, L. -G.-R. Handl vor, daß gegen Viktor Schäfer bereits am 2. Februar 1910 die Hauptverhandlung vor einem Erkenntnisſenate ſtattfinden ſollte. Der Gerichtshof erklärte ſich jedoch für unzuſtändig und verwies die A[n]gelegenheit vor das Schwurgericht. Die Nichtigkeitsbeſchwerde der Staats - anwaltſchaft über dieſen Beſchluß wurde abgewieſen.

Der Angeklagte gibt bei ſeiner hierauf folgenden Ein - vernahme an, daß er ſich nicht ſchuldig fühle. Ueber Verlangen des Vorſitz[e]nden gibt Schäfer einen kurzen Ueberblick über ſeinen Lebenslauf bis zum Tage ſeiner Verhaftung. Darnach war er zuerſt Baupraktikant, hierauf erhielt er eine Stelle als Magazinsvorarbeiter bei der Bahn. Bis zum Jahre 1896 verblieb Schäfer in ſeiner Stellung bei der Bahn, im Jahre 1896 mußte er zum Militär einrücken, wo er nach 3jähriger Dienſtzeit die Charge eines Rechnungsunteroff[i]ziers erreichte. Schäfer erhielt hernach eine fixe Stellung bei der Verſicherungs - geſellſchaft Univerſale. Nachdem er hier gekündigt hatte und eine kurze Zeit bei der Verſicherungsgeſellſchaft Donau tätig war, übernahm Schäfer die Agentur der Mähriſchen Verſicherungsgeſellſchaft für den Sadagurer Bezirk. Als im Jahre 1906 der Landesausſchuß beſchloß, der Landesbank die Vermittlung der mähriſchen Verſicherungsgeſellſchaft bei Gewährung von Darlehen zu unterſagen, war Schäfer ohne jegliche Subſiſtenzmittel und hatte jetzt auch keine Ausſicht, als Agent der mähriſchen Verſicherungsgeſellſchaft das für ſeinen Lebensunterhalt Nötige zu erwerben. Schäfer reichte daher um Verleihung einer Konzeſſion für ein Darlehens - vermittlungsbureau in Sadagura ein, die ihm auch bewilligt wurde. Der Angeklagte führt j[e]tzt weiter aus, daß er von den einzelnen Darlehenswerbern Geldbeträge als Vorſpeſen in Empfang genommen habe. Ueber Befragen des Vorſitzenden, worauf er dieſes Geld verwendet habe, das ja nur zur Beſtreitung der Koſten für Dokumente und das Porto be - ſtimmt war, gibt Angeklagter zu, daß er dieſes G[e]ld zur Bezahlung ſeiner Schulden verwendet habe, doch hätte er, falls das betreffende Darlehensgeſchäft nicht zu Stande gekommen wäre, nur ſoviel hievon für ſich behalten, als eben zur Deckung ſeiner Speſen notwendig geweſen wäre, daßbiebei keine betrügeriſche Abſicht vorgelegen ſei, beweiſe der Umſtand, daß er auch einige in Aktion befindlichen Dar - lehensgeſchäfte zuſtande brachte, als er während der Vor - unterſuchung auf freien Fuß geſetzt wurde. Die Beſchaffung der Darlehen habe ſich nur deswegen in die Länge gezogen, weil er das Ende der zur Z[e]it herrſchenden Geldkriſe ab - warten wollte. Was das ihm zur Laſt gelegte Lemberger Faktum anbelange, erklärt der Angeklagte, daß er ſich daſelbſt nicht als Baumeiſter ausgegeben habe, ſondern nur irrigerweiſe von verſchiedenen Perſonen als ſolcher tituliert wurde. Er habe nicht angegeben, daß ſich ſein Bureau in Wien I., Schottenring 8 befigde. Dies ſei nur ſeine Adreſſe für ſeinen Aufenthalt in Wien geweſen. Die einzelnen Summen habe er in Lemberg als Kaution für die Schätzungskoſten empfangen. Da er jedoch kein Geld hatte, verwendete dieſe Summe für die Fahrt nach Wien und Graz in Angelegenheit des betreffenden Darlehensgeſchäftes. Den Namen einer unterſteierma[r]kiſchen Sparkaſſe in Graz habe er nur deswegen vorgeſpiegelt, um nicht vorzeitig zu verraten, wo er das in Rede ſtehende Darlehen aufnehmen wollte.

Um 1 Uhr mittags unterbricht der Vorſitz[e]nde die Ver - handlung bis 4 Uhr nachmittags. In der Nachmittags - verhandlung beginnt die Zeugeneinvernahme.

Oekonomiſches.

Preiskonvention im Holzhandel Oeſterreich - Ungarns.

Die Verhandlungen zwiſchen den öſterreichiſch - ungariſchen Holzexportfi[r]men bezüglich Anbahnung einer Preiskonvention ſind nunmehr zum Abſchluß gediehen. Es gehö[r]en derſelben faſt alle bedeutenden Holzfi[r]men der öſter - reichiſchungariſchen Monarchie an. Es ſind beſonders die Preiſe für den Holzexport nach Griechenland, England, I[t]alien und dem Ocient f[e]ſtgeſetzt worden.

Erleichterung der Schlachtviehzufuhr nach Wien.

Der Ack[e]rbauminiſter hat, wie aus Wien gemeldet wird, über Erſuchen des Reichsverbandes der Vi[e]h[-]und Fleiſchhändler und des Wiener Gremiums der Viehhändler geſtattet, daß von nun an Rinder - und Borſtenvieh aus ſeuchenfreien Gemeinden, wenn auch deren Nachbargemeinden verſeucht ſind, ohne Einholung einer beſonderen behö[r]dlichen Bewilligung auf den Wiener Z[e]tralviehmarkt gebracht werden könne.

Korreſpondenzen.

Radautz.

(Die Wirkung des Aufrufes zur Gründung eines jüdiſchen Volksrates.) Profeſſo[r]Dr. Kellners Aufruf zur Gründung eines jüdiſchen Volksrates iſt hier mit großer Befriedigung aufgenommen worden. Dies kam auch darin zum Ausdruck, daß ſich ganz ſpontan am Mittwoch, den 2. d. M. ein Komitee, beſtehend aus allen Schichten der jüdiſchen Bevöl - kerung bildete und den Beſchluß faßte, Herrn Dr. Kellner einzuladen, an einem der nächſten Tage hier eine öffent - liche Volksverſammlung abzuhalten und ſeine Ideen zu ent - wickeln. Das Komitee hat damit den erſten Schritt zu einem ſchon lange als notwendig erachtetem Werke getan. Das Komitee, dem die Herren Profeſſor Dr. Spitzer, Moſes Ber Mick, Richter Rachmuth, Bernhard Bix, Doktor Adolf Harth, Salamon Hirſch, Dr. S. Gütter, Chanine Korn, Dr. Rubin Lang, Iſrael Menſchel, O[f]fizial Preſſer, Seide Eifermann, Dr. M. Rath, D. J. Hecht, abſ. jur. Jakob Lapajowker, Emanuel Ramer. Ch. Schärf, abſ. jur. Moſes Horowitz, Guſtav Schaffer, Herſch Mahler, Joſef Margulies und Moſ[e]s Reiſch angehören, wird auch die Vorbereitungen für die Verſammlung treffen.

Bojau.

(Eine ſtürmiſche Verſammlung.) Für geſtern (Mittwoch) hat Dr. Feuerſtein eine Ver - ſammlung in der Synagoge abhalten laſſen, zu welcher Doktor Straucher eingeladen war. In ſeiner Begleitung waren die Kultusvorſteher Dr. Frucht und Fleminger er - ſchienen. Das Komitee hat aber auch die Herren Dr. Mayer Ebner, Dr. Mendel Kinsbrunner und Löbl Taubes aus Czernowitz zu dieſer Verſammlung geladen, weil die Bojaner Bürgerſchaft in einer öffentlich geführten Diskuſſion eine volle Aufklärung über die politiſchen Verhältniſſe wünſchte. Dr. Feuerſtein eröffnete die maſſenhaft beſuchte Verſammlung mit einer Anſprache und erteilte dem Dr. Straucher das Wort, der in längerer Rede auf die Juden hinwies, die ſich nicht zu erkennen geben und ihr Judentum nicht hochhielten, ſodann auf die Landtagswahlen zu ſprechen kam und dartat, wie ſehr das Judentum in Stadt und Land in Gefahr geraten ſei. Bei den Landtagswahlen müſſen die Juden nicht ehrſüchtige Streber wählen, ſondern indem er die bekannten Worte aus dem Kellner’ſchen Aufrufe zitierte Männ[e]r der Wahrheit und Feinde der Habſucht. Mandate rief Dr. Straucher ſollen nur wahrhaft nationale Juden bekommen, Mandate müſſe man verdienen und erdienen. Hierauf ſprach Löbl Taubes, lebhaft begrüßt, indem er es vorerſt als richtig bezeichnete, daß Dr. Straucher die oben erwähnten Qualifikationen für die Landtagskandidaten fordert. Man müſſe aber nach Czernowitz hinſehen, ob Dr. Straucher die jüdiſchen Mandate tatſächlich mit nationalen Juden beſetzt habe. Der Redner unterzog das Syſtem des Dr. Straucher einer ſcharfen, durch leb - hafte Zurufe von der Verſammlung wiederholt gebilligten Kritik. Auch das Verhalten Dr. Strauchers bei Schaffung der Reichsrats und Landtagswahlordnung erfuhr durch den Redner eine beſondere Beleuchtung. Dr. Straucher replizierte während der Rede mit Zwiſchenrufen und ergriff ſodann das Wort zur Replik, die dar[i]n gipfelte, daß die Behauptungen Taubes54 November 1910. Czernowitzer Allgemeine Zeitungunwahr ſeien. Die Herren Dr. Frucht und Fleminger ſtanden davon ab, in dieſer Verſammlung das Wort zu ergreifen und entfernten ſich mit Dr. Straucher ſofort aus der Verſammlung. Die Bürgerſchaft verlangte die Fortſetzung der Verhandlung. Sofort ergriff Dr. Meyer Ebner das Wort. Der Redner erinnerte unter zuſtimmenden Zurufen der Verſammlung. daß er vor 15 Jahren im ſelben Gotteshauſe in Bojan öffentlich geſprochen habe und ſonach hier kein Fremder ſei. Redner müſſe die Auseinanderſetzung deswegen auswärts, alſo auch hier in Bojan, abführen, weil in Czernowitz Verſammlungen bei ge - ſchloſſenen Türen ſtattfinden und wenn ſchon eine öffentliche Ver - ſammlung ſtattgefunden habe, ihm das Wort nicht erteilt wurde. Ueberdies herrſche in dieſen Verſammlungen ein derartiger Terrorismus, daß ein oppoſitioneller Redner für Leib und Leben fürchten müſſe. Dr. Straucher habe für den 6. d. M. einen ſogenannten Nationalrat einberufen. Redner fragt aber die Verſammlung, ob dieſelbe von einem ſolchen National - rate etwas wiſſe und ob die Nationalräte gewählt worden ſeien? Hingegen habe Profeſſor Dr. Kellner die Initiative zur Schaffung eines jüdiſchen Volkerates ergriffen, der aus freien öffentlichen jüdiſchen Verſammlungen hervorgehen ſoll. Dieſer Volksrat ſoll die Juden in allen politiſchen, wirtſchaft - lichen und kulturellen Fragen beraten und führen. Profeſſor Kellner ſei der geeignete Mann zur Durchführung dieſer Idee, er ſei als Gelehrter bekannt und habe als Jude in der ganzen Welt einen ausgezeichneten Namen. Nachdem der Redner ge - ſchloſſen hatte, wurden zwei Reſolutionen unter ſtürmiſchem Beifall zum Beſchluſſe erhoben und hierauf die Verſammlung ge - ſchloſſen. Die Reſolutionen lauten: 1. Die heute in Bojan tagende Verſammlung jüdiſcher Bürger begrüßt die von Herrn Univerſitätsprofeſſor Dr. Leon Kellner unternommene Aktion zur Organiſierung der Bukowiner Judenſchchaft und Einſetzung eines aus freien Wahlen hervorgehenden Volksrates auf das freudigſte und erklärt, daß ſie dieſe Aktion auf das Kräftigſte unterſtützen wird. 2. Die heutige Verſammlung ſpricht es aus, daß nur in öffentlichen jüdiſchen Verſammlungen Gewählte die Juden der Bukowina auf Judentagen vertret[e]n können.

Suczawa.

(Die Erweiterung des elektriſchen L[i]cht - und K[r]aftnetzes nach Bahnhof-Itzkany. Pflaſterung der Kaiſer Franz Joſef-Straße. Von der Lokalbahn überfahren.) Donnerſtag, den 27. Oktober l. J. hielt der Stadtvorſtand eine S[i]tzu[n]g in Anweſenheit des Hofrates Dr. Tſchiggfrey und des Oberingenieur Demant von Seiten der Bahnbetriebsleitung und im Beiſein des Ingenieurs Huppert von Seiten des Elektrizitätswerkes, ab. Die Sitzung beſchäftigte ſich mit der Frage des Anſchluſſ[e]s des Bahnhofes Itzkany und ſeiner Anlagen an das Suczawaer Elektrizitätswerk. Hof[r]a[t]Dr. Tſchiggf[re]y verſicherte, daß ihm die Ausgeſtaltung der Bahnhofsanlagen in Itzkany beſonders angelegen ſeien, da Itzkany öſterr. Endſtation der L[e]mberg - Czernowitz Jaſſy-Linie ſei und als Einbruchs - und Grenz - ſtation repräſentativ ausgeſtattet ſein müſſe. Hofrat Dok[t]or Tſchiggfrey trug einige ſeiner diesb[e]z[üg]l[i]chen Pläne den ver - ſammelten Stadträten vor; u. a. auch die Errichtung eines Heizhauſes mit der dazu gehörigen Betriebsſtätte und den erforderlichen Pumpanlagen mit elektriſchem Antrieb. Dieſer letztere Plan dürfte aber erſt in einem ſpäteren Zeitpunkte realiſiert werden. Im Frühjahre 1911 werden nur die Bahn - hofsanlage und das Pumpwerk am Suczaw[a]fluſſe mit elektriſchem Licht und Kraft ausgeſtaltet werden. Für obige Zwecke ſei von der Regierung der geſamte Betrag von 800.000 K in Ausſicht geſtellt, welcher aber ſukzeſſ[i]ve d. h. in jährlichen Teilbeträgen in das ſtaatliche Budget Aufnahme finden wird. I[n]derſelben Sitzung wurde auch die Elektriſierung der Lokalbahnſtrecke zwiſchen Suczawa und Itzkany angeregt, welche F[r]age ſchon ſeit längerer Zeit ve[n]tiliert wird. Hofrat Tſchiggfrey meinte, daß ſich vorerſt die Bukowiner Lokalbahngeſellſchaft von der Rentabilität dieſes Proj[e]ktes überzeugen müſſe, ehe er poſitive Verſp[r]echungen gebe. Sicherem Vernehmen nach wird die zirka zwei Kilometer lange Kaiſer-Franz-Joſefeſtraße in nächſter Z[e]it mit Granit gepflaſtert werden. Da dieſe Straßenpartie zur Reichsſtraße gehört, verlangt der Staat von der Gemeinde eine entſprechende Beitragsleiſtung, doch ſind dieſe Verhandlungen noch lange nicht abgewickelt. Es wäre ſehr erwünſcht, wenn die Gemeinde - vertretung in dieſer Frage einen E[n]tſchluß faßte und die Verhandlungen mit dem Staate zu einem günſtigen Abſchluß brächte, denn durch die Pflaſterung würde endlich die Straß[e]ſamt den G[e]hſteigen die ſehr notwendige Verb[e]ſſ[e]rung er - fahren, als auch die Staubplage gewiſſermaßen gelegt werden. Uebrigens müßte die Gemeinde ſchon aus Reinlichk[e]itsrück - ſichten dieſes die Bevölkerung ſoſehr angehende Projekt fördern. Der Pflaſterung der Straße wird aber eine Regulierung der - ſelben vorhergehen müſſen. Donnerſtag, den 27. v. M. wurde der Lippowan Amſine Nichitowicz von der Suczawaer Lokalbahn in der Nähe der Station Itzka[n]y Bad überfahren. Derſelbe wurde im ſchwerverletzten Zuſtande ins Suczawaer Krankenhaus gebracht, woſelbſt er bald darauf ſtarb. Laut Angabe des Zugperſonals ſollen die Verletzungen von einer vorhergehenden Schlägerei herrühren; die R[e]cherchen der Polizei und das Ergebnis der Obduktion wiederſprechen aber dieſen Angaben. Die Obduktion der Leiche ergab als Todesurſache Gehirnerſchütterung und Schädelbruch.

Fraſſin.

(Verſammlung.) Sonntag den 30. v. M. fa[n]d hier eine rutheniſche Verſammlung ſtatt, in welcher die Abg. Pihuliak und Spenul ſprachen. Urſprünglich hätte die Verſammlung unter freiem Himmel abgehalten werden ſollen; da dies ſeitens der Rumänen nicht zugelaſſen wurde, fand ſie ſchließlich in einer Privatwohnung ſtatt. Abg. P[i]huliak beſprach die wirtſchaftliche Lage der Ruthenen in der Fraſſiner Geg[e]nd. Es wurde der Beſchluß gefaßt, eine rutheniſche Raiffeiſenkaſſe zu errichten; in einer Reſolution wurde ferner die Angliederung einer rutheniſchen Klaſſe an die Volksſchule in Fraſſin gefordert.

Letzte Telegramme.

Die Tagung der Delegationen.

(Priv. -Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Die ungariſche Delegation hält am 8. d. M. die nächſte Plenarſitzung ab. In derſelben wird, da in der gleichzeitig ſtattfindenden Sitzung der öſterreichiſchen Delegationen das auswärtige Budget verhandelt wird, zunächſt das Heeresbudget zur Verhandlung gelangen.

Der Prozeß gegen den Advokaten Dr. Finkler.

(Priv-Tel. d. Cz. Allg. Ztg. )

Doktor Leo Finkler, der wegen Betrug und Veruntreuung an - geklagt war, wurde freigeſprochen.

Die Erkrankung Abdul Hamids.

(Priv. -Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Die Neue freie Preſſe meldet aus Saloniki: Am Krankenlager Abdul Hamids fand heute vormittags wiederum ein Konſilium ſtatt, dem auch zwei Militärärzte zu - gezogen waren. Poſitive Angaben über den Zuſtand Abdul Hamids ſind nicht zu erlangen.

Einberufung des kroatiſchen Landtages.

(Priv. -Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Der kroatiſche Landtag wurde für den 21. November einbe - rufen. Die Tagung beginnt ſomit genau drei Monate nach Auf - löſung des früheren Landtages.

Fabriksbrand.

(Korr. -B)

Ein großes Feuer brach geſtern abends in der Maſchinfabrik Janz aus und ver - nichtete die Zentrifugen - und Landwirtſchaftsmaſchinenabteilung. Der Schaden iſt ſehr beträchtlich.

Die Lage in Spanien.

(Korr. -B.)

In ganz Spanien herrſcht Ruhe. Ja Sabadell dauert der allgemeine Ausſtand fort.

England und die deutſche Flotte.

(Korr. -B.)

Der Zivillord der Admiralität Lambert betonte in ſeiner Rede die Halt - loſigkeit der Alarmnachrichten über die deutſche Flotte und ſprach ſich nachdrücklichſt dagegen aus, daß Schiff, ohne daß ſie nötig ſeien, gebaut werden. Er erklärte, die Zweimächte - ſtandard werde auch einſchließlich Amerikas aufrechterhalten werden.

Die Arbeiterunruhen im engliſchen Kohlenrevier.

(Korr. -B.)

Die ausſtändigen Bergarbeiter griff[en]Züge, in welchen Arbeitswillige zu den Schächten fuhren, an und zertrümmerten die Fenſter. Die Arbeitswilligen flohen und wurden verfolgt. Die Ausſtändigen griffen die Häuſer der Bergwerksbeamten an und ſchlugen die Fenſter ein. Die in den Bergwerken arbeitenden Bergleute getrauen ſich aus Furcht vor Angriffen nicht die Schächte zu verlaſſen.

Eine Liebestragödie.

(Priv. -Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Heute früh hat in einem hieſigen Hotel ein Off[i]zier ein Mädchen erſchoſſen und ſich dann ſelbſt entleibt. Er ſtarb erſt nach einer Stunde. Der betreffende Offizier iſt Oberleutnant des Landwehrinfanterieregimentes Nr. 3 in Leoben. Das Mädchen iſt eine Bürgerstochter aus Kotzenberg in Steiermark.

Cin Ueberſeeflug.

(Korr. -B.)

Der Aviatik[e]r Mäccurdy beabſichtigt Samſtag vom Dampfer, Kaiſerin Auguſte Viktoria ſobald er 50 Meilen vom Haſen entfernt ſein wird, nach N[e]wyork zu fliegen. Eine Torpedoflotille wird auf der Flugſtrecke patronillieren.

(Korr. -B.)

Der K[r]onprinz ver - brachte die Nacht gut, früh ſtellte ſich etwas Schweiß ein. Das ſubjektive Befinden iſt ausgezeichnet.

Telegr. Handelsbericht vom 3. November 1910.

Die Budapeſter Produktenbörſe notiert:

Weizen ..........K 10·54 10·55 per 50 kg.
Mais .......... 5·53 5·54
Oelſaaten .......... 00·00 00 00

Telegraphiſche Kurſe vom 3. Nov. 1910.

(Wechſelſtube der Bukowinaer Landesbank)

4%ige Bukow. Landesbank-Fonds-Schuldverſchreibung 95·00, 95 00; 4%ige Bukow. Bodenkredit-Pfandbriefe 101·25, 102·25, 5%ige Bukow. Bodenkredit-Pfandbriefe 101·25, 102·25; Oeſterr. Kredit 666·75, Anglobank 316·00, Bankverein 555·75, Boden - kredit 1295·00, Eskompte-Geſ. 754 00, Länderbank 532·00, Unionbank 632·00. Staatsbahn 754 00, Lemberg-Czernowitzer 556 00, Dampfſchiff 1178 00, Alpine 764·75, Brüxer-Kohlen 766 00, Prager Eiſen 2893·00, Rima-Muranyer 682·00, Weſtböhmiſche Kohlen 537·00, Draſche 832·00, Hirtenberger 1135·00, Türkenloſe 255·40, Rubel 254·25, 255·25, Mark - noten 117 60, 117 61; Privat 462·64, Ruſſ. 103 75, Lom - barden 120·00, Mai-Rente 91·68, Ungar. -Kronenrente · . Karpathen 818·00, Schodnica 514 50, Skoda 400 75, Tabak 374 00, Ung. -Kredit 856·50.

Effekten - und Wechſelkurſe der Wiener Börſe

Einheitliche 4%ige konv. Rente Mai-November 93·15; Jänner-Juli 93 10; Einheitliche Rente 4·2% in Noten, Februar Auguſt 96 75, in Silber, April-Oktober 96·75, Oeſterr. Gold - rente 115 55, Oeſterr. Kronenrente 4% 93 05, Oeſterr. In - veſtitionsrente % 82 85, Ungar. Goldrente 4% 111·30, Ungar. Kronenrente 4% 91·60, Ungar. Inveſtitionsrente % 81·15; Oeſterr. -ung. Bank-Aktien 18·63, Kreditaktien 666·25, London vista 240 62½, Deutſche Reichsbanknoten für 100 Mar[k]der R. -W. 117·52½ 20 Mark-Stücke 23·51, 20 Frank-Stück[e], 19·08, Italieniſche Banknoten 94 86, Rubel 254·25.

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6Czernowitzer Allgemeine Zeitung 4. November 1910
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74. November 1910 Czernowitzer Allgemeine Zeitung
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8Czernowitzer Allgemeine Zeitung 4. November 1910
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About this transcription

TextNr. 2040, 04.11.1910.
Author[unknown]
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Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Benjamin FiechterSusanne HaafNote: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).2018-01-26T13:38:42Z grepect GmbHNote: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T13:38:42Z Amelie MeisterNote: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.2018-01-26T13:38:42Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic informationNr. 2040, 04.11.1910. . Buchdruckerei „Gutenberg“Czernowitz1910. Czernowitzer Allgemeine Zeitung

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IDS Mannheim

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; mkhz2

Editorial statement

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

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  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
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ImprintBerlin 2019-12-10T11:23:28Z
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