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Telegramme: Allgemeine, Czernowitz.

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Nr. 207. Czernowitz Dienſtag, den 6. September 1904.

Uebesicht.

Vom Tage.

Der deutſche Landtagsklub hat ſich konſtituiert

Bunte Chronik.

Der deutſche Kronprinz hat ſich verlobt. Der Streik von Marſeille droht ſich auf ſämtliche Mittelmeerhäfen zu erſtrecken.

Czernowitzer Angelegenheiten.

Das II. Staatsgymnaſium wurde feierlich eröffnet.

Letzte Telegramme.

Bei dem Brande eines Wirtshauſes ſind 14 Menſchen ver - brannt. Der Fleiſcherſtreik in New-York iſt beigelegt. In einer oſtſibiriſchen Stadt wurde eine Goldmine entdeckt. Ruſſiſche Kriegsſchiffe haben den Hafen von Port Arthur verlaſſen. In Petersburg hält man den Feldzug für verloren.

Der Miniſterpräſident in Czernowitz.

Der Miniſterpräſident hat geſtern morgens Czernowitz und die Bukowina verlaſſen, wobei ihn die gleichen Ehrungen, deren Gegenſtand er bei ſeiner Ankunft war, bis zur Fahrt an die Landesgrenze begleiteten. Der Stimmung, in die ihn der ſo ungewöhnlich warme Empfang verſetzt hatte, fand ihren Niederſchlag in den Worten, die Se. Exzellenz am Samſtag abends in der erzbiſchöflichen Reſidenz ſprach und die in das goldene Buch der Bukowina, der emſig vorwärts eilenden, verheißungsvollen , einge - tragen werden müſſen: Der Staat vergißt die Bukowina nicht und wird ihre geiſtigen und materiellen Hilfsmittel zu ſtärken wiſſen ... Ich benütze aber die willkom - mene Veranlaſſung, um meiner Befriedigung darüber Ausdruck zu verleihen, was ich ich möchte ſagen ſtaunenden Auges wuhrgenom - men habe. Ich habe immer eine gute Meinung von der Entwicklung der Bukowina gehabt, die mirdarüber zugekommenen Berichte gaben mir reichlich Anhaltspunkte. Aber ich war doch außerordentlich überraſcht, als ich das rege geiſtige und wirtſchaftliche Leben wahr -nahm, als ich ſah, wie ſehr die Bewohner be - müht ſind, ſich die reiche Kultur des Weſtens zu eigen zu machen. Da gibt es kein Zagen, keine Unterbrechung oder Unterbindung, da muß weiter geſchritten werden. Dann noch einige kräftige Taten und das Land wird zu einem Ausfallstore der Ziviliſation, zu einer Stätte europäiſcher Gedanken werden. Alles regt ſich, alles ſtrebt empor, jeder bemüht ſich, die Spuren der kärglichen Vergangenheit zu verwiſchen. Nur weiter, meine Herren, nur weiter! Man hat mich aber auch hier von allen Seiten mit ſo viel Herzlichkeit empfangen, daß ich meinen Dank an Alle nur in dem auf - richtigen Wunſche zuſammenfaſſen kann: Das Land und ſeine tüchtige Bevölkerung mögen ſich der Früchte ihres Schaffensvoll erfreuen.

Wir laſſen die weiteren Berichte über Anweſenheit und Abreiſe des Miniſterpräſidenten folgen:

In der erzbiſchöflichen Reſidenz.

Für Samſtag abends hatte Se. erzbiſchöfliche Gnaden zu einem Nachtmahl geladen. Die ſimple Bezeichnung kon - traſtierte ſeltſam mit Raum, Geſellſchaft und Tafel, welche die Beſucher erwarteten. Alles, was durch Name, Rang oder Stand hervorragt, war erſchienen. Der Frack überwog bei weitem, zwiſchendurch bewegten ſich hohe Militärs und Ver - treter der Geiſtlichkeit. Die Beamtenſchaft hatte die Uniform, die bei den offiziellen Empfängen getragen wurde, zumeiſt mit der bürgerlichen Geſellſchaftstoilette vertauſcht. Allgemeine Auf - merkſamkeit erregten die neugewählten Landtagsabgeordneten Buburuzan und Lewicki, die in der farbenprächtigen Nationaltracht erſchienen waren. In dem hohen, pflanzenge - ſchmückten Empfangsſalon machte der Erzbiſchof mit vollendet weltmänniſchem Charme die Honneurs. Vor dem Souper ver - ſammelte ſich die Geſellſchaft im großen Synodenſaal, wo ſich bald eine rege Konverſation entwickelte. Knapp nach 9 Uhr kam Dr. v. Koerber in Begleitung des Landespräſidenten. Dr. v. Repta ging ihnen bis zur Türe entgegen und richtete an den Miniſterpräſidenten einige Worte der Begrüßung, dieeinen ungemein herzlichen Charakter trug. Dr. v. Koerber beugte ſich tief über die Hand des geiſtlichen Würdenträgers und ließ ſich hierauf im Synodenſaale einige Perſönlichkeiten vorſtellen, mit denen er kurze Zeit angeregt konverſierte. Unter den Klängen einer Polonaiſe die Tafelmuſik beſorgte die Kapelle des 41. Inf. -Reg. unter perſönlicher Leitung des Kapellmeiſters Koſteletzky begab ſich die Geſellſchaft in den impoſanten Speiſeſaal, wo eine große und 5 kleine geſchmackvoll dekorierte Tafeln angerichtet waren. An der Tête der Haupttafel nahm der hochwürdige Gaſtgeber Platz, rechts von ihm ſaß der Miniſterpräſident, links Prinz Hohenlohe. Die nächſten Plätze hatten Landeshauptmann Lupul, Ober - landesgerichtspräſident Tchorznicki, der kaiſ. ruſſiſche Konſul Staatsrat Alexander Dolivo-Dobrowolski und der königl. rumäniſche Konſul Konſtantin Cogalniceanu inne.

Beim Champagner erhob ſich der Erzbiſchof und brachte den Kaiſertoaſt aus. Er ſagte:

Hochverehrte Feſtgäſte!

So oft wir in dieſen Hallen im fröhlichen Beiſam - menſein uns befanden, hatten wir ſtets vor Allem unſeres allergnädigſten Kaiſers in Ehrfurcht und mit Freude ge - dacht. Heute iſt die Erinnerung an Se. Majeſtät umſo lebhafter, und freudige Gefühle erfüllen unſere Herzen umſo mächtiger, als wir die ſeltene Ehre haben, den erſten Ratgeber Sr. Majeſtät in unſerer Mitte zu ſehen und aus dem Munde Hochdesſelben zu erfahren, daß Se. Majeſtät, Gott ſei es gedankt, zum Wohle des Reiches und zum Glücke ſeiner Völker geſund ſind und ſich des beſten Wohlbefindens erfreuen. Indem wir nur bei dieſer frohen Botſchaft dem Drange unſerer Gefühle Folge geben, rufen wir aus vollem Herzen: Se. Majeſtät unſer allergnädigſter Kaiſer und Herr lebe hoch!, hoch!, hoch!

Unter den Klängen der Volkshymne durchbrauſten ent - huſiaſtiſche Hoch -, trǎeascǎ - und Mnohaja lita-Rufe die mächtigen Kuppeln des Saales.

Als ſich der Jubel gelegt hatte, fuhr der hochwürdigſte Herr Metropolit fort:

Hochverehrte Feſtgäſte!

Zu unſerem Bedauern iſt der Aufenthalt Sr. Exzellenz des Herrn Miniſterpräſidenten in der Bukowina ſehr kurz,

Feuilleton.

Louiſe von Koburg. (Nachdruck verboten.)

Es iſt eine Kette ſelten romantiſcher Ereigniſſe, die das Schickſal der Prinzeſſin Loniſe von Koburg ausmachen. Man mag es ſchon als ein romantiſches, vielleicht als ein verhäng - nisvolles Moment anſehen, ein Kind des Königs Leopold von Belgien zu ſein, und Luiſe iſt eine Tochter dieſes Monarchen, deſſen perſönliche und private Lebenswege die Welt ſchon oft beſchäftigt haben. Sie wurde im Jahre 1858 am 18. Fe - bruar als Prinzeſſin von Belgien geboren, ſteht alſo jetzt im 46. Lebensjahr. Für gewöhnlich iſt dieſes Alter nicht mehr das einer maßlos leidenſchaftlichen Liebe, und wenn man ſich die Taten der unglücklichen Prinzeſſin erklärlich machen will, ſo kann es nur durch die Annahme geſchehen, entweder, daß die Zurechnungsfähigkeit dieſer Frau nicht die normale ſei oder daß ſie durch die Unbill ihrer Schickſale in die Bahn des Exzentriſchen und Außergewöhnlichen gelenkt wurde, wo ſie gewöhnliche ſterbliche Menſchenkinder nicht immer ganz zu verſtehen vermögen. Im Jahre 1875 hat ſie ſich oder hat man ſie mit dem Prinzen Philipp von Koburg in Brüſſel verheiratet. Wie wenig harmoniſch das eheliche Verhältnis zwiſchen ihm und der ehemaligen Prinzeſſin von Belgien geweſen iſt, ſolange die beiden zuſammenlebten, iſt allgemein bekannt. Prinz Philipp von Koburg iſt ein Bruder des Fürſten Ferdinand von Bulgarien und auch dieſer Mann iſt nicht ganz wie ſonſtige Menſchenkinder geartet. Damit man aber gewahr werde, wie viel von außergewöhnlichen Menſchen das Schickſal hier zuſammengewürfelt hat, ſei daran erinnert, daß eine Schweſter der Prinzeſſin Luiſe von Koburg die frühere Kronprinzeſſin Stephanie von Oeſterreich, die jetzige Gräfin Lonyay iſt, deren ganzes Leben ebenfalls ein einziger Roman war, in dem die Kapitel durchaus nicht immer ſchönen und heiteren Inhaltes zu nennen ſind. Kann es ſchließlich verwundern, daß bei einer ſolchen Welt lauter aus dem Gleichmaß und der Norm geworfener Menſchen auch die Prinzeſſin Louiſe von Koburg ein Weſen von ſeltſamemGepräge geworden iſt! Im Elternhauſe keine Sonne und keine Liebe, bei der Schweſter kein volles Verſtändnis, bei dem nie geliebten und in der Tat auch nicht zur Liebe einladenden Gatten keine Heimat, ſo iſt die unglückliche Prinzeſſin 37 Jahre alt geworden. Da trat in Wien eines Tages der flotte Reiter - lieutenant Geza von Mattaſich Keglevich in ihren Weg. Sie macht eine Ausfahrt in den Prater und bemerkt einen Offizier in einem ſchönen aber gefährlichen Kampf mit einem heiß - blütigen, widerſpenſtigen Rappen, der den Reiter auf ſeinem Rücken nicht dulden wollte. Aber wie ſich das Tier auch bäumt und ſchäumt und feindlich geberdet, ſein Reiter iſt ihm überlegen an Kraft und Geſchicklichkeit, es muß ſich fügen und gehorſam und widerſtandslos ſchreitet es dahin, wohin Schenkel und Zügel das fordern. Aber die Fügſamkeit des Rappen lohnt nicht allein die Bravour des ſchneidigen Leutnants; mit ihr zugleich hat er im Augenblick das Herz der vorüber - fahrenden fremden Prinzeſſin erobert.

Hingeriſſen von dem Eindruck der Kampfſzene läßt ſie ihren Wagen halten, es kommt zu einer reſpektvollen Be - grüßung aus der Ferne, es kommt zu einer wohl mehr abſicht - lichen als zufälligen weiteren Begegnung an demſelben Morgen im Prater, es kommt zu häuſigeren und regelmäßigen Be - gegnungen dortſelbſt, und wie ein Jahr darauf, es war im Februar 1896, die Prinzeſſin mit ihrer Tochter Dora nach Abbazia reiſt, um die verwitwete Kronprinzeſſin Stephanie, ihre Schweſter zu beſuchen, da weiß es Mattaſich zu ermög - lichen, daß er bei einem öffentlichen Ball der Frau Prinzeſſin vorgeſtellt wird. Nun iſt die Möglichkeit geſchaffen, öffentlich und ohne Scheu vor der Welt mit ihr zu verkehren. Dieſer Verkehr iſt denn auch ein ziemlich reger. Mattaſich beſorgt den Stall der Prinzeſſin und reitet ihre Pferde. Aber das Verhältnis fällt auf, erregt Anſtoß und der Oberlieutenant empfängt eines ſchönen Tages durch einen Hofgendarmen ein Schreiben, das ihn für den nächſten Tag in die Kanzlei eines Generaladjutanten des Kaiſers beordert. Dort erfährt er, daß man an allerhöchſter Stelle wünſcht, daß der Herr Oberleutnant in Wien unſichtbar werde; die Gründe würden ihm ſchon ſelbſt bekannt ſein. Mattaſich muß ſich ehrenwörtlich verpflichten, die Kaiſer - ſtadt innerhalb 14 Tagen zu verlaſſen. Nun reiſt die Prin - zeſſin nach Nizza und Mattaſich natürlich ihr nach. Ein ganzesJahr verbringt er ungeſtört in ihrer Geſellſchaft, niemand ſcheint das Glück der beiden Liebenden trüben zu wollen. Auf einmal erſcheinen im Auftrage des Gemahles der Prinzeſſin zwei längſt erwartete Zeugen, der jetzige ungariſche Honved - miniſter Baron Fejervari und der Feldmarſchalleutnant Graf Wurmbrandt und fordern von dem Geliebten der Prinzeſſin Genugtuung. Wohl nicht ganz mit Unrecht wird gemunkelt, daß dieſe Herausforderung erſt auf ein Drängen von aller - höchſter Wiener Stelle erfolgte. Der Zweikampf fand alsbald, am 18. Februar 1898 im Militärreit-Lehrinſtitut in Wien ſtatt. Die Gegner wechſelten zweimal erfolglos die Kugeln und griffen nachher zur Klinge. Hierbei verletzte der Ober - leutnant ſeinen prinzlichen Gegner an der rechten Hand. Der Friede war mit dieſem Waffengang aber keineswegs wieder hergeſtellt. Eigentlich erſt jetzt ſollten für Mattaſich und ſeine fürſtliche Freundin traurige Tage beginnen. Liebende haben ſelten oder nie Geld, von dieſer Regel ſollte auch dieſes nicht ganz ebenbürtige Paar keine Ausnahme machen. Aber Luiſe von Koburg als direktes Gegenteil ihres beinahe geizigen Vaters hat ſich um den Geldmangel nie Sorgen gemacht und aus Rückſicht auf ihre Kaſſe ihren Wünſchen niemals Gewalt angetan. In Händen von Geldverleihern befanden ſich Wechſel im ungefähren Betrag von 350.000 Gulden mit der Unter - ſchrift der ehemaligen Kronprinzeſſin Stefanie. Dieſe Unter - ſchrift wurde plötzlich, drei Wochen nach dem Duell, von den Inhabern der Wechſel hinſichtlich ihrer Echtheit angezweifelt. Mattaſich betrachtet dieſen auffälligen Umſtand heute noch als einen Racheakt des beleidigten Prinzen und Ehegatten. Es hat ſich nie mit voller Deutlichkeit erwieſen, ob die Unter - ſchriften echt, ob ſie nachgeahmt, von wem ſie nachgeahmt, zu weſſen Gunſten ſie nachgeahmt waren, wohin das Geld ge - kommen iſt oder kommen ſollte. Dem Oberleutnant aber wurde, als dem der Tat Verdächtigen der Prozeß gemacht, er wurde vrrhaftet und am 22. Dezember 1898 verurteilt. Das Urteil war nicht gelind, es lautete auf ſechs Jahre ſchweren Kerkers mit beſonderer Strafverſchärfung am 15. und 25. jeden Monats und mit Einzelhaft während jedes erſten und ſiebenten Monats im Jahre. Die Prinzeſſin war inzwiſchen als geiſtig unzurechnungs - fähig in ein Sanatorium nach Döbling bei Wien gebracht worden, ſpäter vertauſchte ſie dieſen Aufenthalt mit einem

2Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 6. September 1904.

dennoch glaube ich mit Recht ſagen zu dürfen, daß Se. Exzellenz den Eindruck erhalten hat, daß der Empfang Hochdesſelben auf dem Bukowiner Boden ein würdiger, warmer und herzlicher war. Dieſer galt zwar in erſter Linie dem Miniſter, dem erſten Beamten Sr. Majeſtät, welcher aus der unmittelbaren Umgebung des Aller - höchſten Thrones kommt, wohin unſere Blicke ver - trauensvoll gerichtet ſind. Dennoch würde ich die Tatſache nicht in ihrem vollen Umfange wiedergeben, wenn ich die Art und Weiſe des Empfanges Sr. Exzellenz in der Bukowina nur auf die erwähnten Momente zurück - führen würde; denn einen weiteren Grund der angeführten Erſcheinung bildet die Dankbarkeit, welche wir Bukowiner Sr. Exzellenz ſchulden. Se. Exzellenz war ſeit jeher dem Kronlande Bukowina wohlwollend und das Land hat ſo manche nicht unbedeutende Errungenſchaft Sr. Exzellenz zu verdanken.

Bei der Wärme und Herzlichkeit des Empfanges fiel nicht wenig, Se. Exzellenz wolle mir die Bemerkung ent - ſchuldigen, die Perſönlichkeit Sr. Exzellenz in die Wag - ſchale. Tut es doch wahrlich wohl, einen in leitender Stellung ſtehenden Mann zu ſehen, welcher in ſeinen auf - richtigen patriotiſchen Beſtrebungen ſich durch keine, ſich ſtets einſtellenden Schwierigkeiten abſchrecken läßt. Und mit ſolchen haben wir Oeſterreicher ſeit einigen Jahrzehn - ten zu kämpfen; denn während in unſeren Tagen die De - viſe Sr. Majeſtät, mit vereinten Kräften zu wirken, mehr denn je ihre Geltung und Anwendung auf allen Gebieten der menſchlichen Tätigkeit findet, während ſogar ſelb - ſtändige, mächtige Staaten in nähere Verbindung treten, um den gemeinſamen Gegner umſo ſicherer abzuwehren und die innere Wohlfahrt der Reiche deſto leichter zu fördern, reiben wir Oeſterreicher uns in gegenſeitigen Kämpfen auf, trotzdem wir Mitglieder eines und desſelben Reiches und auch für die Zukunft angewieſen ſind, mit einander zu leben. Unter ſolchen Umſtänden Männer zu ſehen, die nicht verzagen und den Mut nicht ſinken laſſen, iſt ein Troſt und eine Ermunterung. Und in dieſer Beziehung bietet Sr. Exzellenz der Herr Miniſter - präſident namentlich uns, die wir im Dienſtesverhältnis ſtehen, durch ſeine Unverzagtheit, Umſicht, Objektivität, Geduld und Ausdauer ein leuchtendes Beiſpiel. Indem ich Sr. Exzellenz für die mir durch den heutigen Beſuch zuteil gewordene Ehre und für die der Bukowina erwieſene Fürſorge meinen ergebenſten Dank ausſpreche und die Bitte hinzufüge, dem Lande Bukowina auch für die Zu - kunft das Wohlwollen zu erhalten, erſuche ich Sie, meine hochverehrten Herren, das Glas auf das Wohl unſeres hohen Gaſtes mit dem Rufe zu erheben: Se. Exzellenz der Herr Miniſterpräſident lebe hoch!, hoch!, hoch!

In das dreimalige Hoch ſtimmten die Feſtgäſte freudig und jubelnd ein.

Nunmehr dankte Se. Exzellenz, indem er auf die reichen Prieſtertugenden des hochwürdigen Gaſtgebers und

Sanatorium in Purkersdorf und ſchließlich ſiedelte ſie in die Heilanſtalt Linderhof bei Koswig in der Nähe Dresdens über, von wo ſie jetzt den Ausflug nach Bad Elſter unternahm und ihre Flucht bewerkſtelligte. Mattaſich aber hat vier Jahre ſeiner ſchweren Strafe wirklich verbüſſen müſſen, dann hat ihm ein kaiſerlicher Gnadenakt den Reſt erlaſſen. Sein Charakter als Offizier und Adeliger jedoch waren unwiderbringlich dahin. Zu den nächſten Sorgen des Eingekerkerten hat es nach ſeiner Entlaſſung gehört, die Behauptung von der mangelnden Zurech - nungsfähigkeit der internierten Prinzeſſin zu entkräften und eine Begegnung mit ihr herbeizuführen und wenn tunlich ſie auf alle Gefahren hin aus ihrer Gefangenſchaft zu befreien. Nicht alle ſeine Pläne gelangen. Nur eine Begegnung mit der geliebten Frau brachte er zu Stande. Aerztliche Atteſte bekräf - tigen die Unzurechnungsfähigkeit der Gefangenen aufs neue und bei der Internierung in dem Sanatorium blieb es. Mattaſich aber ſog aus der Begegnung, wo die Prinzeſſin, an einen Baum gelehnt, ſagte, es gibt noch einen Gott, neue Kraft für die Weiterbetreibung ſeiner Abſichten, und an ſie jetzt augenſcheinlich auch ausgeführt und ſeine Ziele erreicht. Die Prinzeſſin iſt ihren Wächtern entkommen, ihre Spur iſt noch nicht gefunden und vielleicht iſt ihr die ſo ſehr erſehnte nnd gewünſchte Freiheit wirklich für immer wiedergegeben. Beſchloſſen wird das Schickſal der vielgeprüften Frau damit noch nicht ſein; denn immer noch bindet ſie das eheliche Band an den Koburger. Ihren Fall werden die einen jetzt als eine willkommene Bereicherung der fürſtlichen Skandalchronik verſchlingen, die einen werden für ihn ein verzeihendes oder entſchuldigendes, die anderen ein verdammendes Urteil haben, die einen ein mediziniſches, die anderen ein pſychologiſches. Wie aber die beiden Namen Luiſe von Koburg und Luiſe von Toskana eine merkwürdige Aehn - lichkeit haben, ſo iſt es vielleicht auch gleich oder ähnlich um ihre Schickſale und Leiden, ihre Verirrungen und ihre Sünden, ihre Verantwortlichkeit und ihre Unzurechnungsfähigkeit beſtellt; man wird ſie hier entſchuldigen und dort verurteilen müſſen, hier verſtehen und dort nicht begreifen können, hier krank und dort ſchuldvoll finden. Als Endergebnis aller Betrachtungen wird man ſich aber vielleicht zum Schluſſe geſtehen müſſen, das man ſowohl die eine wie die andere dieſer beiden Frauen als eine Unglückliche anſehen muß und daß man ſeinen Schöpfer in vielen Fällen dafür zu preiſen hat, daß man nicht auf jener vielbeneideten Höhe geboren wurde, wo die Großen wohnen.

deſſen ſegensreiches Wirken im Intereſſe des Landes hinwies und mit den bereits oben angeführten Worten ſchloß. Die Rede des Miniſterpräſidenten wurde ſtellenweiſe von an - haltendem Beifall unterbrochen, dem am Schluſſe ſtürmiſcher Jubel folgte. Der ſchwarze Kaffee wurde in den Geſellſchafts - räumen der Reſidenz eingenommen. Der Miniſterpräſident hielt, ſichtlich animiert, in zwangloſer Weiſe Cercle und beehrte viele Anweſende mit einer Anſprache. Um 11 Uhr zog er ſich in Begleitung Sr. Durchlaucht des Prinzen Hohenlohe zurück und gegen 12 Uhr verließen auch die anderen Beſucher die gaſtlichen Räume der erzbiſchöflichen Reſidenz.

Der Abſchied.

Sonntag um 9 Uhr vormittags verließ der Miniſter - präſident, nachdem er einer ſtillen Andacht in der Jeſuiten - kirche beigewohnt hatte, die Stadt, um ſich von hier nach Stanislau zu begeben.

Am Bahnhofe hatten ſich zum Abſchiede die Spitzen der kirchlichen, weltlichen und militäriſchen Behörden eingefunden und am Perron am Ausgange des Warteſaals I. Klaſſe Auf - ſtellung genommen. Man bemerkte u. A. Landespräſidenten Prinz Hohenlohe mit Hofrat Fekete und dem Beamtenkörper der Landesregierung, Erzbiſchof Dr. v. Repta mit dem erzb. gr. -or. Konſiſtorium, Landeshauptmann Lupul mit dem Landesausſchuß, Landesgerichtspräſident Klar mit den richter - lichen Beamten, Bürgermeiſter Baron Kochanowski mit dem Magiſtratspräſidium, Hofrat Knipfer, die Generäle Wanka und v. Hornik, Kultuspräſident Dr. Straucher, Hofrat Ullmann mit dem Beamtenkörper der Güterdirektion, Betriebsleiter Dr. Hnidey, Landesgendarmeriekommandanten Weinmann, die Geiſtlichkeit aller Riten, Landeskulturrats - präſidenten Theodor v. Flondor, Handelskammerpräſidenten kaiſ. Rat Langenhan, Obervorſteher Wegner mit den Gerichtskanzleibeamten, u. v. A.

Der Miniſterpräſident verabſchiedete ſich mit Worten des Dankes für den freundlichen Empfang und gab ſeiner Be - friedigung über das in Czernowitz Geſehene und Gehörte wiederholt Ausdruck.

Als das Zeichen zum Einſteigen gegeben wurde, folgten die Erſchienenen Dr. von Körber bis zum Salonwagen, Landespräſident Prinz Hohenlohe gab dem ſcheidenden hohen Gaſte im Zuge das Geleite bis zur Landesgrenze nach Nepolokoutz. Als der Train ſich in Bewegung ſetzte, trat Dr. Körber ſalutierend an das Koupeefenſter und nahm nochmals nach allen Seiten hin grüßend Abſchied von der Beamtenſchaft des Landes.

In der Grenzſtation Nepolokontz.

Die knapp vor der Grenze der Bukowina gelegene Bahnſtation Nepolokoutz, woſelbſt der Früheilzug kurzen Aufenthalt hat, war über Veranlaſſung des dortigen Gemeindevorſtehers Anſchel Dauber feſtlich geſchmückt worden. Ein mächtiger Triumphbogen erhob ſich gegenüber dem Warteſaale, um welchen ſich die Gemeindevertretung von Nepolokoutz unter Führung des Gemeindevorſtehers, der Ausſchuß der dortigen Raifeiſenkaſſe, die iſrael. Gemeinde mit der Thora, und die Schulkinder gruppiert hatten. Außerdem waren erſchienen: Die Reichsratsabgeordneten des Bezirkes Nikolaj v. Waſſilko und Profeſſor Pihuliak, ſowie die rutheniſchen Landtagsabgeordneten Lewicki, Mallek, Kalitowski und Prof. Dr. Smal-Stocki. Der Bürgermeiſter von Wiznitz Luwiſch, Bezirksſchul - inſpektor von Wiznitz Nikorowicz mit der Lehrerſchaft dieſes Bezirkes, Erzprieſter des Czeremoszer Dekanats Oſtaszek, die Gemeindevorſteher des Putillaer Gebirges und zwar von Podzacharycz, Roſtoki, Marenicz, Uscie-Putilla, Spetki, Stebne und Dolhopole; weiters mehrere Gemeinde - vorſteher des Waszkoutzer Bezirkes. Das dunkle Grün des mächtigen Triumphbogens, von dem große ſchwarz-gelbe und rot-blaue Fahnen herabwehten, hob ſich prächtig von den bunten. Farben der maleriſchen Tracht der Huzulenabordnung ab. Für die Ordnung ſorgte der mit der Vereinsfahne aus - gerückte rutheniſche Sicz-Verein in Nepolokoutz.

Fahrplanmäßig 8 Uhr 28 Minuten dampfte der Lemberger Eilzug in die Station, und raſchen Schrittes verließ Miniſterpräſident Dr. von Koerber, dem Landes - präſident Prinz Hohenlohe ſowie der Präſidialvorſtand im Miniſterium des Innern Hofrat v. Bleyleben folgten, ſeinen Salonwagen auf den Abg. Nikolaj von Waſſilko zuſchreitend, den er durch Händedruck begrüßte. Abg. Nikolaj v. Waſſilko hielt folgende Anſprache:

Eure Exzellenz! Hochwohlgeborener Herr Miniſter - präſident! Als Reichsratsabgeordneter dieſes Bezirkes bin ich an der Spitze ſämtlicher rutheniſcher Abgeordneten der Bukowina und der hier anweſenden Abordnungen der Bezirke Wiznitz, Waszkoutz und Kotzman - hier erſchienen, um Eurer Exzellenz beim Verlaſſen des Bukowiner Bodens ein herzliches Lebewohl zuzurufen. Mit Genugtuung kon - ſtatiere ich, daß der herzliche vertrauensvolle Empfang, welcher geſtern Exzellenz beim Betreten dieſer Provinz von uns zuteil wurde, Ihnen bei Ihrer Weiterreiſe durchdas Land und vor allem auch in unſerer Landeshauptſtadt unter Beteiligung ſämtlicher dieſes Land bewohnenden Nationen und Konfeſſionen ungeſchwächt überall bereitet wurde.

Eure Exzellenz haben ſich zweifellos überzeugt, daß mannigfache berechtigte Anforderungen an die Staatsver - waltung der Erfüllung und Vollendung ſeitens der Re - gierung harren, welche, trotzdem ſich in dieſer Provinz ſämtliche Nationen unter einem die materielle und kulturelle Wohlfahrt des Landes voranſtellenden, die nationalen Reibungsflächen möglichſt zu vermeiden ſuchenden Programm einigten, ohne ſtaatliches Entgegenkommen nicht verwirklicht werden können. Der ſtaatsmänniſche Blick Eurer Exzellenz iſt auch gewiß zur Erkenntnis gekommen, daß das rutheniſche Volk dort, wo demſelben gerechte Behandlung und geſetzmäßiges Entgegenkommen zuteil wird, dies bankbarſt anzuerkennen verſteht. Wollen Eure Exzellenz gütigſt dieſe Wahrnehmungen mit auf Ihren Weg nehmen, begleitet von unſeren herzlichen Wünſchen für Ihre ſo ſchwierigen ſtaatsmänniſchen Aufgaben! Seine Exzellenz unſer Miniſter - präſident lebe hoch! (Slawno!)

Darauf erwiderte Miniſterpräſident Dr. v. Koerber:

Ich danke Ihnen meine Herren! Ich habe in der kurzen Zeit, die ich in Ihrer Mitte verweilte, die erfreuliche Wahrnehmung gemacht, daß das Land auf dem Wege des Fortſchrittes weiter ſchreitet und ſämtliche dazu be - rufenen Faktoren zur Hebung des Landes beigetragen haben. Ich beglückwünſche alle jene Herren, die dazu das ihrige getan haben; ſchreiten Sie auf dieſem Wege rüſtig fort! Nochmals meinen beſten Dank! (Dem Abgeordneten Nikolaj von Waſſilko herzlich die Hand ſchüttelnd: Ich muß mich kurz faſſen, denn ſonſt fährt mir der Zug davon! )

Abg. Nikolaj v. Waſſilko ſtellte noch den Gemeinde - vorſteher von Nepolokoutz Anſchel Dauber vor, dem der Miniſterpräſident die Hand gab, worauf mit freundlichem Gruß nach allen Seiten Miniſterpräſident Dr. v. Koerber in Begleitung des Hofrates v. Bleyleben nach Verab - ſchiedung vom Prinzen Hohenlohe, ſeinen Salonwagen beſtieg und der Zug ſich in Bewegung ſetzte. Die Horn - ſignale des Siczvereines ertönten, die blau-gelbe rutheniſche Fahne wurde geſenkt und der erſte Miniſterpräſident, welcher die Bukowina beſucht hatte, verließ das Land!

Landespräſident Prinz Hohenlohe konverſierte noch angelegentlich mit den Abgeordneten, ließ ſich ebenfalls den Gemeindevorſteher von Nepolokoutz vorſtellen, richtete herzliche Worte an die bäuerlichen Gemeindevertretungen aus dem Gebirge, begrüßte den Gemeindevorſteher von Wiznitz und begab ſich geleitet von Betriebsleiter Dr. Hnidey auf eine Dreſine, mit der er die Rückfahrt nach Czernowitz antrat.

Ueber den Verlauf des Empfangstages wäre noch nachzutragen:

Die Vorſtellung der politiſchen Beamten. *)Blieb in Folge eines techniſchen Verſehens bei Zuſammen - ſtellung des Blattes zurück.

Bei der Vorſtellung der Regierungsbeamten im Sitzungs - ſaale des Regierungsgebäudes richtete Seine Durchlaucht der Landespräſident Prinz zu Hohenlohe an Seine Exzellenz den Herrn Miniſterpräſidenten folgende Anſprache:

Indem ich die Ehre habe, die Beamten der k. k. Landes - regierung, ſowie alle Vorſtände der Bezirkshauptmannſchaften ganz ergebenſt vorzuſtellen, bitte ich mir zu geſtatten, den Gefühlen aufrichtigſter Freude darüber Ausdruck geben zu dürfen, daß es uns vergönnt iſt, Euere Exzellenz in unſerer Mitte, an der Stätte unſerer Arbeit begrüßen zu dürfen.

Nicht nur unſeren höchſten Vorgeſetzten erblicken wir in Euerer Exzellenz, ſondern auch den wohlwollenden väter - lichen Freund, der gerechten Sinns ein vertrauensvoll ge - ſprochenes Wort gütig anhört und auch zu helfen bereit iſt, wenn dies notwendig erſcheint.

Deshalb erlaube ich mir Euerer Exzellenz eine Bitte vorzutragen in einer Angelegenheit, die eben ſo wichtig iſt für die Beamtenſchaft des Landes, wie für die geſamte Bevölkerung.

Es iſt dies die Bitte um Vermehrung der ſyſtemi - ſierten Stellen.

Vom Augenblicke an, da ich das Amt hier übernahm, war mein ganzes Streben darauf gerichtet, mit meinen ſchwachen Kräften in den Intentionen Eurer Exzellenz für eine raſche und klagloſe Verwaltung im öffentlichen Intereſſe zu wirken. Ich habe hiebei die bereitwilligſte und verſtändnis - vollſte Unterſtützung in der hier verſammelten Beamtenſchaft gefunden, wofür ich gar nicht genug dankbar ſein kann und was am heutigen Tage Euerer Exzellenz zur Kenntnis zu bringen meine Pflicht iſt. Die menſchliche Leiſtungsfähigkeit hat aber ihre Grenzen und bei der ſtets wachſenden Arbeits - laſt ſind wir kaum mehr im Stande, unſere Pflicht ſo zu erfüllen, wie wir es ja ſo gerne möchten.

36. September 1904. Czernowitzer Allgemeine Zeitung.

Es iſt ſchmerzlich zu ſehen, wie ſo manche Angelegenheit trotz angeſtrengteſter Arbeit nicht ſo ſchnell erledigt werden kann, wie es dringend notwendig wäre, und manche wichtige Arbeit habe ich ſchon bei Seite legen müſſen, weil die zur Ausführung notwendigen Kräfte einfach nicht mehr ausreichten.

Ich übertreibe nicht, wenn ich ſage, daß mir die zu - fällige Erkrankung eines jeden Beamten ernſtliche Verlegenheit bereitet, und daß die Geſundheit gerade der tüchtigſten Mit - arbeiter infolge von Ueberarbeitung geradezu gefährdet iſt.

Vertrauensvoll habe ich meine Bitte gewagt und ver - trauensvoll erhofft die Beamtenſchaft Abhilfe von der weiſen Einſicht Euerer Exzellenz.

Wir wollen den heutigen für uns ſo ſelten freudigen Tag nicht vorübergehen laſſen, ohne in die Hände Euerer Exzellenz das Gelöbnis zu erneuern, daß wir unentwegt mit vollſtem Eifer unſere beſten Kräfte im Allerhöchſten Dienſte einſetzen werden, daß wir um keines Haares-Breite vom einzig ſicheren Boden des Geſetzes abweichen werden und daß uns als ideales Ziel unſerer Arbeit immer vor - ſchweben wird das große allgemeine öffentliche Wohl.

Auf dieſem Wege leuchtet uns voran als glänzendes Vorbild die Perſon Euerer Exzellenz und wir wollen uns der Ehre eines ſolchen Führers würdig zeigen .

Seine Exzellenz der Herr Miniſterpräſident erwiderte:

Indem ich Eurer Durchlaucht für die freundlichen Worte beſtens danke, hoffe ich auch zuverſichtlich, bei den k. k. Behörden die Beweiſe treueſter Pflichterfüllung zu finden. Eure Durchlaucht haben ſogleich nach Ihrem Amts - antritte mit kräftiger Hand die Führung der Geſchäfte über - nommen, und die Bevölkerung der Bukowina gewöhnte ſich alsbald, in dem Landeschef und der Landesregierung ihre Freunde zu erblicken. Ich kann Eurer Durchlaucht nicht genug dafür danken, daß Sie den Grundſatz der Regierung, daß die Behörden der Einwohnerſchaft zu jeder Zeit mit Rat und Tat zur Seite zu ſtehen haben, auch in dieſem Lande zur Richtſchnur der Beamten machten. Die Diener des Staates müſſen unparteiiſch, wohlwollend und unbeſtechlich ſein, denn ihre Moral wird zur Moral des Landes. Die Kräfte der Bukowina ſind erſt in der Entfaltung begriffen und es wäre traurig, wenn ſie durch unfähige oder übelwollende Beamte in falſche Bahnen geleitet würden. Ich bin überzeugt, daß Sie, meine Herren, Tadelloſigkeit in jeder Hinſicht bewahren werden, glauben Sie aber auch mir, daß ich dem Verdienſte eines jeden die vollſte Anerkennung entgegenbringe .

Mit Freude habe er entnommen, mit welchem Eifer und welcher Hingebung die Beamten ihren Pflichten nachkommen und er habe es ſich von ſeinem Amtsantritte angelegen ſein laſſen, auf eine Vermehrung ebenſowohl der Bezirkshauptmann - ſchaften, als, wo es notwendig iſt, der ſiſtemiſierten Beamten - ſtellen hinzuwirken.

Die Wünſche der Polen in der Bukowina.

Zum Empfange der unter Führung des Herrn Paſſakas beim Miniſterpräſidenten erſchienenen Vereine ſei nachgetragen, daß derſelbe im Namen der in der Bukowina anſäſſigen Polen um Einführung des polniſchen Sprachunterrichts in den Mittel - und Volksſchulen der Bukowina, Erteilung des Reli - gionsunterrichts in der polniſchen Sprache für polniſche Kinder, Anſtellung eines Lektors für die polniſche Sprache an der Czernowitzer Univerſität und um die Errichtung eines Volks - ſchulinſpektorats für die polniſche Sprache bat. Dr. v. Koerber erwiderte, daß er von dieſen Wünſchen den Unterrichtsminiſter Dr. v. Hartel in Kenntnis ſetzen und dieſelben unter - ſtützen werde.

Die Beſichtigung der Vierbrauerei.

Beim Rundgang in der Bierbrauerei beſichtigte Seine Exzellenz den Neubau eines Zement-Dachſtuhles, der nach Syſtem Henebique (Paris) von den hieſigen Baumeiſtern Salter & Proske als alleinigen Konzeſſionären für die Bukowina ausgeführt wird. Der Miniſterpräſident äußerte ſich ſehr lobend über das Geſehene.

Der Krieg.

Der Kampf um Liaojang.

(Reuter-Meldung)

Der Kampf in der Umgebung von Liaojang dauert auch heute fort.

(Reuter-Metdung)

Die Japaner haben Liaojang Sonntag um 9 Uhr morgens beſetzt.

Von der Belagerung Port Arthurs.

Aus Petersburg wird gemeldet, die Zahl der von den Japanern auf der Tigerhalbinſel bei Port Arthur gelandeten Truppen ſei bedeutend. General Stöſſel, der in den letzten Tagen den Itſchanhügel wieder eroberte, hofft die japaniſche Umfaſſungslinie noch an einer anderen wichtigen Stelle zu durchbrechen. Die Beſetzung der Tigerhalbinſel durch Japaner war Veranlaſſung, daß die im Hafen eingeſchloſſenen, ſchwerbedrohten Kriegsſchiffe geſternwiederum auszufahren verſuchten, aber ein Mißgeſchick des Minen ſuchenden Kriegsſchiffes Dragant vereitelte das Vorhaben.

Ein Bericht Sacharows.

(Offiziell)

Ein vom 2. d. M. datiertes Telegramm des Generalleutnants Sa - charow an den Generalſtab meldet: Unſere Truppen griffen heute die Höhen von Sykvantun an. Nach einem erbitterten Kampfe wurde die ganze Höhenkette weſtlich von Sykvantun von ihnen genommen. Es wurde feſtgeſtellt, daß wir zahl - reichen japaniſchen Truppen gegenüberſtanden, deren Front ſich von den Höhen bei den Jantai-Minen bis zum Taitſiho erſtreckte. Die Abteilung des Generalmajors Orlow, welche die Jantai-Minen deckte und ein wenig vorgerückt war, ſtieß auf überlegene feindliche Streitkräfte in ſtarker Stellung und war genötigt, den Rückzug anzutreten. Generalmajor Orlow wurde verwundet. Die Gefahr einer Umgehungsbewegung des Feindes wurde jedoch durch die Rückkehr zur Station Jantai beſchworen. Die tapferen Regimenter des erſten Sibiriſchen Armeekorps waren herbeigeeilt, und General Stackelberg hielt die angreifenden Japaner auf. In dieſem Kampfe wurde der Kommandant des zweiten Sibiriſchen Regimentes Oberſt Ozersky ſchwer verwundet. Um 9 Uhr abends ließ der Kampf auf der ganzen Linie nach und man hörte nur noch Kanonendonner in Liaojang. Die Truppen der Garniſon Liaojang haben nach einem telegraphiſchen Berichte einen zweiten Angriff des Feindes zurückgewieſen. Um ſich Klarheit über die feindlichen Streitkräfte zu ver - ſchaffen, ergriffen von der weſtlichen Front zwei Regimenter die Offenſive. Nach einem heißen Kampfe wurde konſtatiert, daß dieſe beiden Regimenter mit überlegenen feindlichen Truppen von mehr als zwei Diviſionen engagiert waren. Die Geſamtverluſte der Armee ſind noch nicht genau feſt - geſtellt, doch überſteigen ſie nach den bisher eingelaufenen Berichten die Zahl von 3000 Toten und Verwundeten.

Vom. Tage.

Der deutſche Landtagsklub.

Der deutſche Land - tagsklub, dem die Abgeordneten Skedl, Wiedmann, Langenhan, Landwehr und Wilhelm Tittinger angehören, hat ſich heute konſtituiert. Zum Obmann wurde Profeſſor Skedl, zu deſſen Stellvertreter Kammerpräſident Langenhan gewählt.

Die preußiſchen Oſtmarken.

(Korr. -B.)

Wie mehrere Morgenblätter melden, werde im nächſten preußiſchen Etat ein namhafter Betrag für die Fortſetzung der Anſiedlungs - politik in den Oſtmarken begehrt werden.

Bunte Chronik.

Die Verlobung des deutſchen Kronprinzen.

(Korr. -B.)

Die Ver - lobung des deutſchen Kronprinzen mit der Herzogin Cecilie von Meklenburg wurde bekanntgegeben. (Wurde bereits in der Sonntagsnummer von privater Seite gemeldet. D. Red.)

Der Streik in Marſeille.

(Korr. -B.)

Die hieſigen Arbeitervereinigungen beſchloſſen für den Fall, als ſich der Streik in Marſeille auf ſämtliche Mittelmeer - häfen erſtrecken ſollte, gleichfalls in den Ausſtand zu treten.

Zuſammenſtoß.

(Korr. -B.)

Bei einem an einer Straßenkreuzung erfolgten Zuſammenſtoß eines Straßen - bahnwagens mit einem Eiſenbahnzuge wurden 7 Perſonen getötet und 25 verletzt.

Trauriges Ende einer Oeſterreicherin.

Man ſchreibt uns aus Bukareſt vom 4. d. M.: Ein blutiges Liebesdrama hat am 2. d. die Einwohner unſerer Stadt erſchüttert. Eliſe Hiller, eine Oeſterreicherin von Geburt, und ein armes Mädchen, das ſich und ihre Eltern durch ihrer Hände Arbeit ernährte, unterhielt ein Liebes - verhältnis mit dem Bankangeſtellten Moritz Penchas. Das Verhältnis dauerte ein Jahr. Während dieſer Zeit nützte Penchas das Mädchen aus, indem er ihr ſchwer er - worbenes Geld für ſich in Anſpruch nahm und ſie ſchlug, ſobald ſie ſich weigerte, ihm Geld zu geben. Trotzdem aber feſſelte ihn eine tiefe, rätſelhafte Liebe an das Mädchen; das bewies er am 2. d. M. Da er die Hiller heiraten wollte und ſeine Eltern ſich dagegen widerſetzten, weil das Mädchen arm und eine Chriſtin ſei, kam er am bezeichneten Tage in das Haus des Mädchens, wo er gegen die Hiller drei Re -volverſchüſſe abfeuerte und ſich ſelbſt eine Kugel in den Kopf jagte. Penchas ſtarb ſofort, das Mädchen liegt im Sterben, da ihre Lunge von den drei Kugeln ganz durch - bohrt iſt.

Zola-Straße und Zola-Zug.

Man ſchreibt aus Paris: Wenn der hieſige Gemeinderat wieder zuſammen - tritt, wird er auf ſeinem Bureau den Antrag vorfinden, einer der Hauptverkehrsadern der Stadt Avenue, Bou - levard oder Straße den Namen Emile Zola beizu - legen. Der Vorſtand der Liga für Menſchenrechte hat in einem ausführlichen und begründeten Schreiben vor etlichen Wochen dieſes Verlangen geſtellt. Er will ſich nicht damit begnügen, daß etwa irgend eine neue Straße weit draußen nach dem Schriftſteller benannt werde, ſondern er wünſcht, im Herzen von Paris dem Autor des berühmten Anklage - briefes das täglich wirkſame Andenken zu ſchaffen. Für den zweiten Jahrestag des Todes von Zola werden impoſante Kundgebungen vorbereitet. Am Abend des 1. Oktober will man nicht nur in Paris, ſondern in möglichſt vielen Städten des Landes eine Gedenkfeier veranſtalten. Am Mittag des 2. Oktober, der ein Sonntag iſt, geben ſich ſämtliche Mitglieder der Menſchenrechtsliga, die in dem Seinedepar - tement wohnen, ein Rendezvous auf der Place de la - publique. Alle republikaniſchen Vereine, alle Arbeiteraſſozi - ationen, Gewerkſchaften oder ähnliche Körperſchaften ſind aufgefordert worden, ſich anzuſchließen, um in einem Rieſen - zuge den Kranz auf das Grab des Dichters der Wahrheit zu tragen. Dieſer Zola-Zug hat alle Ausſicht, eine ſymbo - liſche Einrichtung zu werden im Gegenſatz zu dem immer mehr zuſammengeſchrumpften Umzuge der Patriotenliga am 14. Juli. Die Nationaliſten wagen ſich kaum noch zu rühren, und die Arbeiter tragen den Lorbeer auf den Friedhof von Montmartre. La vérité est en marche! Und ſie hat ſchon ein gut Stück Weges zurückgelegt.

Das Glück eines Waſſerträgers.

Aus Jaſſy wird uns vom 4. d. M. mitgeteilt: Wieder einmal hat das Glück bewieſen, daß es trotz ſeiner Blindheit wohl uner - warteterweiſe, aber doch zu denjenigen kommt, der es am meiſten benötigt. Der Waſſerträger Gerſchon Selig, der ſeit mehr als zwanzig Jahren mit ſeinem Waſſerfaß in den Vorſtädten herumfährt, um die dortigen Einwohner mit Waſſer zu verſehen ein, wie wohl jeder einſehen wird, wenig einträgliches Gewerbe erhielt am 1. d. von der Polizeipräfektur in Philadelphia ein rekommandiertes Schreiben, in welchem ihm mitgeteilt wird, daß er von einem Ver - wandten, einem verſtorbenen Gaſtwirt, die reſpektable Summe von 150.000 Dollar (600.000 Franks) geerbt hat. Der nun mit einemmale reichgewordene Gerſchon Selig hat ſich auch ſchon in Begleitung eines Bekannten, der ihm das Geld für die weite Reiſe vorſtreckte, nach Amerika begeben, um die Erbſchaft in Empfang zu nehmen.

Parfüms.

Eine Modedame rauſcht vorbei; eine be - täubende Wolke eines ſtarken Geruches umfließt ſie und ſchlägt uns ins Geſicht. Wir wenden uns voll Widerwillen auf dieſe Weiſe entſtehen die Parfümhaſſer, die bei uns ſo zahlreich ſind. Aber merken wir es uns wohl, daß es nur die ſchlechten Gerüche ſind, die wir haſſen, und daß der ver - feinerte Kulturmenſch, der ſeinem Auge, ſeinem Ohr, ſeiner Zunge ſeine Genüſſe zuführt, die Naſe nicht leer ausgehen laſſen darf. So ſorgt auch die Mode für eine Fülle feiner, zarter und exquiſiter Gerüche; Patſchuli und andere ſchwüle ſüßliche Gerüche ſind auf Nimmerwiederſehen von jedem eleganten Toilettentiſch verbannt. Streift uns heute eine Dame, die ein wirklich feines, modernes Parfüm hat, dann werden wir nicht zurückfahren, ſondern entzückt ſein von dem zarten Duft, der wie hergeweht auf weichen Lüften aus einem alten ſpätblühenden Garten kommt, ein Duft, wie gewoben aus etwas Reſeda und welkenden Teeroſen, ein Duft, der zum Träumen einlädt, und den vergangenen Zauber ſtiller Stun - den aufweckt und dann wieder verweht. Solche vornehme, diskrete, lyriſche Wirkungen hat das Parfüm von heute. Alles Schwere, Schwüle, Starke, alle vollen und füßlichen Gerüche ſind verpönt; ganz zart, von einer herben Lieblichkeit des Welkens umhaucht, ſchnell verſchwebend iſt der geheime Duft, der den Kleidern der modernen Dame entſtrömt. Die feine Modedame wird natürlich ihr eigenes Parfüm haben, das ſie ſelbſt zuſammenſtimmt. Sie wird die Miſchung von Eſſenzen, die ſie mühſam gefunden, als Geheimnis bewahren und ſo ſorglich hüten wie nur einen anderen der mächti - gen Reize, in denen die Macht ihrer Schönheit ruht. Um den dernier cri du chic davonzutragen, iſt es vor allem notwendig, ſich eines Riechkiſſens zu bedienen, des alten Inventarſtücks, aus den Wäſcheſchränken der Großmütter geholt, doch diesmal nicht naiv und ſchlicht, ſondern mit einem bewußten Raffiniment verwendet. Denn die Mütter legten die kleinen Riechkieſten in ihre Handſchuhe, unter die Taſchentücher und die Wäſche, und es blieb dann ein ſchüch - terner, matter Geruch zurück. Die moderne Dame trägt das Riechkiſſen überall, in der Korſage und im Saume des Ju - pons; im Griff des Sonnenſchirmes iſt eine Oeffnung, um es hineinzutun, und in der Feder des Hutes wiegt ſich, uns unſichtbar ein ſolch duftendes Ding. Ein ganz kleines Riech - kiſſen birgt ſich in einer Ecke des Taſchentuches, ein anderes ruht in der Handfläche des Glacéhandſchuhes. Die Her - ſtellung dieſer Riechkiſſen erfordert viel Mühe, da ſie ſehr dünn und flach ſind und aus feinſtem Material verfertigt werden. Am beſten nimmt man eine einzige Lage feiner Baumwolle und zerſchneidet ſie in zwei Schichten, ſtreut dann wohlriechendes Pulver dazwiſchen und preßt die Baumwolle wieder feſt zuſammen. Am Abend trägt die moderne Dame ein ſchmales Riechkiſſen in ihrer Korſage und manchmal hat ſie ſogar auch in den Arabesken und Puffen ihrer Coiffure ein ganz kleines Kiſſen. Es iſt eben vor allem not - wendig, von möglichſt vielen Stellen einen feinen und zarten Duft ausgehen zu laſſen, der wie eine Wolke allſeitig umhüllt, denn aus dem alten Riechkiſſen, das den Geruch auf eine beſtimmte Stelle konzentrierte, ſind heute möglichſt viele Wohlgeruchsſpender geworden, die ein ganz ſchwaches Par - fum verhauchen.

4Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 6. September 1904.

Czernowitzer Angelegenheiten.

Die Eröffnung des k. k. II. Staats - gymnasiums

am Ferdinandsplatze fand heute um 11 Uhr vormittags in feierlicher Weiſe ſtatt. Das ſtattliche Gebäude mit ſeinen lichten luftigen Räumen, das erſte ſpeziell für Schulzwecke entſprechend gebaute Schulhaus in der Bukowina, prangte in reichem Flaggen - ſchmuck. In dem mit der Kaiſerbüſte und Guirlanden dekorierten geräumigen Veſtübil des Hauſes hatte der Direktor Kornel Kozak mit dem Lehrkörper der Anſtalt Aufſtellung genommen, um die Gäſte zu begrüßen. Es waren außer den Direktoren und Profeſſoren ſämtlicher Mittelſchulen die Spitzen der Be - hörden erſchienen:

Erzbiſchof Dr. v. Repta, Generalmajor v. Hornik, Bürgermeiſter Baron Kochanowski, Reg. -Rat Dr. Reiß, Mag. -Dir. Reg. -Rat Wiedmann u. ſ. f.

Im Namen des Baukomitees und in Vertretung des Obmannes desſelben (Reg. -Rat v. Peſſic) begrüßte Ober - baurat Haberlandt den Landespräſidenten Prinzen Hohenlohe und lud ihn zur Eröffnung der Anſtalt ein.

Hierauf ergriff Landespräſident Prinz Hohenlohe das Wort:

Geſtern und vorgeſtern Nachmittags habe ich der Er - öffnung von wichtigen humanitären Anſtalten in Czernowitz beigewohnt; ſchon heute verſammeln wir uns wieder, um einen Schulpalaſt der Benützung feierlich zu übergeben.

Wenn jemand meinen ſollte, daß mich derlei Feiern ermüden, ſo möchte ich ihn des geraden Gegenteiles verſichern.

Ich würde mir drei ſolcher Feiern für jeden Tag wünſchen, weil jede einen Schritt nach vorwärts bedeutet, jede die Erfüllung eines von der Bevölkerung, oft ſeit langem gehegten Wunſches verkündet.

Und heute beſonders haben wir Grund zur Freude, handelt es ſich doch um eine Errungenſchaft auf dem Gebiete der Schule, jenem großen Gebiete, das die Zukunft bedeutet und auf dem meiner Anſicht nach gar nicht genug gearbeitet werden kann.

Wer ein Land verwaltet, ohne das Schulweſen ſorgſam zu beſtellen, treibt Raubbau. Und welch große Bedeutung ein modern eingerichtetes, lichtes, luftiges Schulhaus für den Unterricht hat, das wird Ihnen nicht nur der gewiegte Pädagoge ſagen, ſondern wird wohl jeder Laie einzu - ſchätzen wiſſen.

Gottes Segen ruhe auf dieſem Hauſe; es iſt beſtimmt, den Knaben die Möglichkeit zu bieten, auch in ihrer geliebten Mutterſprache ſich für die Wiſſenſchaft vorzubereiten, nützliche Mitglieder der menſchlichen Geſellſchaft zu werden und das aufgewendete Kapital wird tauſendfältige Zinſen tragen.

Die Stadtgemeinde Czernowitz hat durch Schenkung des Baugrundes neuerlich ihre verſtändnisvolle Sorge für die Schule bekundet und ich ergreife gern die Gelegenheit, ihr hiefür den Dank der Staatsverwaltung zu ſagen. Wärmſten Dank gebührt auch dem Baukomité unter Führung des Herrn Landes-Regierungsrates von Peſſic und Herrn Oberbaurates Haberlandt. Auch erachte ich es als meine Pflicht dem rührigen und ſachkundigen Bauleiter Herrn Ingenieur Finkelſtein für ſeine ausgezeichnete Arbeit die rückhaltsloſeſte Anerkennung auszuſprechen, ſowie dem Herrn Baumeiſter, den Gewerbetreibenden und Arbeitern dafür zu danken, daß ſie einen glänzenden Nachweis für die Leiſtungsfähigkeit einheimiſcher Kräfte erbracht haben.

Ueber die Freude an dem gelungenen Werke wollen wir aber nicht vergeſſen, daß in Czernowitz in Schulſachen noch vieles andere zu tun übrig bleibt und von hier weg wollen wir uns ſofort mit ganzer Energie an die Aufgaben wenden, die unſer noch auf dieſem Gebiete harren.

Und ſo rufe ich, indem ich den Neubau des II. Staats - gymnaſiums in Czernowitz für eröffnet erkläre:

Vivant sequentes!

Baurat Beill verlieſt hierauf die Urkunde der Schluß - ſteinlegung, worauf Landespräſident Prinz Hohen - lohe die feierliche Schlußſteinlegung mit den zeremoniellen Hammerſchlägen und den Worten: Für Kaiſer und Reich, Wahrheit und Wiſſen, auf daß dies Haus den Zweck erfülle und nützliche Staatsbürger heranziehe! vornimmt. Die Honoratioren ſetzten das Zeremoniell der Schlußſteinlegung fort, worauf die marmorene Gedenktafel am Eingange des Hauſes enthüllt wurde.

Sodann fand im Zeichenſale der Anſtalt die eigentliche interne Schulfeier ſtart, bei der Direktor Koſak die Feſtrede hielt. In derſelben begrüßte er zunächſt die erſchienenen Gäſte (namentlich Prinz Hohenlohe und Dr. v. Repta), bat den Landespräſidenten der Unterrichtsverwaltung in geeigneter Weiſe die Bitte der Direktion des Lehrkörpers und der Schüler der Anſtalt zu unterbreiten und gelobte, die Erziehung der Jugend im Sinne der Religion, der Moral und der Staats - geſetze zu leiten.

Der Schülerchor der Anſtalt ſtimmte den Feſtgeſang von Gluck an, worauf Profeſſor Kriſtof in deutſcher und Profeſſor Kobylanski in rutheniſcher Sprache über die Entſtehung und Entwicklung der Anſtalt, die heuer ſchon die achte Klaſſe erhielt, referierten.

Nach einer Schlußrede des Direktor Koſak, die in ein Hoch auf den Kaiſer ausklang, fand die erhebende Feier mit der Abſingung der Volkshymne durch den Schülerchor ihren Abſchluß.

Die Eröffnung der freiwilligen Rettungsſtation.

Das wohltätige Werk, das ſich in den Dienſt der leiden - den Menſchheit ſtellt und für die Bevölkerung der Stadt Czernowitz ein Retter in der Not ſein wird, iſt nun vollendet. Die freiwillige Rettungsſtation iſt geſtern eröffnet und ihrer Beſtimmung übergeben worden. Die feierliche Einweihung der Inſtitution, die geſtern um 4 Uhr im Hofraume der Station der Rettungsgeſellſchaft, Eliſabethplatz 4, ſtatt - fand, nahm einen würdigen Verlauf und erhielt durch die Anweſenheit Sr. Durchlaucht des Landespräſidenten Prinzen Hohenlohe eine beſondere Weihe. Außer dem Landeschef erſchienen zahlreiche Vertreter der Behörden, Bürgermeiſter Kochanowski und Vizebürgermeiſter Regierungsrat Reiß, Generalmajor Wanka, Oberſt Dworzak, Erzbiſchof Dr. v. Repta, Hofrat Knipfer, Regierungsrat Dr. Kluczenko, Stadtphyſikus Dr. Röhmer, Oberſtadtarzt Dr. Flinker, die Stadtärzte Dr. Luttinger und Becker, Konſiſtorialrat Hanicki, Rabbiner Weiß, Feuerwehrkommandant Wieſe und zahlreiche Aerzte und Beamten. Im Hofraume wurde ein reizend geſchmücktes Zelt errichtet, auf beiden Seiten nahmen die Feuerwehrmannſchaft und die Muſikkapelle der Feuerwehr Aufſtellung.

Obmannſtellvertreter Regierungsrat Dr. Reiß eröffnete die Feier mit folgender Anſprache:

Eure Durchlaucht!

Hochanſehnliche Verſammlung!

In Vertretung des Herrn Vereinspräſidenten fällt mir vor Allem die ehrenvolle Aufgabe zu, namens des Ausſchuſſes der Czernowitzer freiwilligen Rettungsgeſellſchaft Eure Durchlaucht unſeren hochverehrten Herrn Vereinsprotektor und alle hochgeehrten Herren, welche die beſondere Güte hatten, zur Feier der Eröffnung der Rettungsſtation ſich einzu - finden, insbeſondere die Repräſentanten der hohen geiſtlichen, ſtaatlichen, militäriſchen und autonomen Behörden, ſowie die Vertreter unſerer Bürgerſchaft, auf das herzlichſte zu begrüßen und für das freundliche Erſcheinen beſten Dank zu ſagen. Ihre Anweſenheit, meine hochgeehrten Herren, gibt beredtes Zeugnis hiefür, daß wir daran gehen, ein gutes und gemeinnütziges Werk zu ſchaffen, eine Inſtitution ins Leben zu rufen, deren Abgang bisher in unſerer Stadt eine fühlbare Lücke aufwies, eine Inſtitution, die allen Bewohnern zugute kommt und berufen iſt, das koſtbarſte Menſchengut das Leben zu ſchützen. Ihre Anweſenheit beweiſt aber auch, daß der Czernowitzer freiwilligen Rettungs - geſellſchaft in allen Kreiſen der Bevölkerung bereits all - ſeitige aufrichtige Sympathien entgegengebracht werden.

Der junge Verein bedarf aber auch dieſer Sympathien, ſowie der allgemeinen Förderung und der weiteſtgehenden Unterſtützung, wenn er das Werk der Nächſtenliebe auch tatſächlich erfüllen ſoll. In dieſer Beziehung können wir aber mit großer Beſriedigung darauf hinweiſen, daß die Czernowitzer freiwillige Rettungsgeſellſchaft unter einem günſtigen Stern und unter glücklichen Auſpizien ihee Tätig - keit begann, indem Se. Durchlaucht unſer allverehrter Herr Landespräſident über den Verein ſeine ſchützende Hand hält. Se. Durchlaucht war es, der die Idee der Bildung der Rettungsgeſellſchaft in des Wortes ſchönſter Bedeutung propagierte, dem Ausſchuſſe mit Rat und Tat zur Seite ſtand und durch die gütige Uebernahme des Protektorates und durch ſeinen mächtigen Einfluß den Verein lebensfähig machte.

Meine hochgeehrten Herren! Wenn man darangeht, ein Werk der Hilfe und Humanität zu inaugurieren, ſo drängt ſich jedem Oeſterreicher der Gedanke von ſelbſt auf, zu dem höchſten Förderer jedes humanen Wirkens, zum oberſten Schützer und Schirmer aller Werke der Menſchenliebe und Wohlfahrt im Staate, zu unſerem erhabenen Monarchen in Ehrfurcht und Dankbarkeit hinaufzublicken.

Ich bin, meine hochgeehrten Herren, Ihrer jubelnden Zuſtimmung ſicher, wenn ich Sie einlade, mit mir in den begeiſterten Ruf einzuſtimmen: Seine Majeſtät unſer aller - gnädigſter Kaiſer lebe hoch, hoch, hoch!

Die Anweſenden ſtimmten in die Hochrufe begeiſtert ein.

Sodann ergriff der Chefarzt der Rettungsgeſellſchaft Be - zirksarzt Dr. Wolf das Wort und ſchilderte in kurzen Zügen die Entſtehungsgeſchichte der Inſtitution. Die Folgen führte der Redner aus von ſchweren Unfällen, deren Opfer nicht die nötige Hife raſch erhalten konnten, haben in der Preſſe und im Publikum zu Erwägungen geführt, wie dem Uebel abzuhelfen ſei. Man habe viele Verſuche gemacht, aber alle blieben erfolglos. Erſt dem Eingreifen Sr. Durchlaucht des Landespräſidenten ſei es zu verdanken, daß wir heute in der glücklichen Lage ſind, dieſe Inſtitution zu eröffnen. Herr Dr. Wolf ſchloß ſeine Ausführung, die wir wegen Raummangels heute nicht ganz wiedergeben können, indem er auf die be - ſonders ſegensreiche Tätigkeit des Landespräſidenten hinwies, unter deſſen Aegide auch die anderen Gebiete der Sozial - hygiene zum Wohle aller die nötige Förderung erfahren werden, und verſicherte, der Dank für die gütige Einflußnahme des Landeschefs werde dadurch bekundet werden, daß ſeine Abſichten mit allen Kräften unterſtützt werden.

Herr Apotheker Füllenbaum berichtete ſodann über den Stand der Rettungsgeſellſchaft. Gegenwärtig gehören der Geſellſchaft an 11 Stifter, 156 unterſtützende und 36 aktive Mitglieder, darunter 6 Aerzte und 3 ſtändige Sanitätsgehilfen. Die aktiven Mitglieder ſind zumeiſt Mitglieder der freiwilligen Feuerwehr.

Hierauf ergriff Landespräſident Prinz Hohenlohe das Wort zu folgender Anſprache:

Mit Freude begrüße ich die Vollendung eines Werkes, das einen neuen, wichtigen Fortſchritt in der Entwicklung unſerer Stadt bedeutet, und es erfüllt mich mit Stolz, daß ich auch ein klein wenig zur Förderung der neuen Inſtitution beitragen konnte.

Ganz entſchieden muß ich es aber ablehnen, daß mir ein ſo hervorragendes Verdienſt daran zugeſchrieben wird, wie dies geſchehen iſt.

Was wäre meine beſcheidene Anregung und Förderung geweſen, ohne die tatkräftige rührige Arbeit der Herren Dr. Wolf, Füllenbaum, kaiſ. Rat Schnirch, ohne das entgegenkommende Verhalten der Freiwilligen Feuer - wehr; ſeit Monaten haben die genannten Herren unbeirrt durch kleinliche Zweifel, ohne ſich durch irgend ein Hindernis abſchrecken zu laſſen, ihr ſchönes Ziel weiter verfolgt und endlich erreicht.

Sie haben dadurch dargetan, daß es in Czernowitz wahrhaft fortſchrittliche Männer, im beſten Sinne des Wortes gibt, daß Stadt und Land tatſächlich fortſchreiten und daß die ſchönen Worte, die wir geſtern mit Freude aus dem Munde Seiner Exzellenz des Herrn Miniſter - präſidenten gehört haben, auch wohlbegründet waren.

Die Bedeutung des neu geſchaffenen Werkes hat Herr Dr. Wolf bereits in viel beſſerer Weiſe gewürdigt, als ich dies zu tun im Stande wäre; es bedarf auch keiner weiteren Worte, denn niemand wird es beſtreiten wollen, daß die ſchönſte Betätigung wahrer Humanität darin beſteht, den Bedrängten im Augenblicke der Not brüderliche Hilfe zu leiſten.

Das Werk iſt vollendet, laſſen Sie uns nun Sorge tragen, es zu erhalten, damit es zur bleibenden Zierde der Stadt Czernowitz, zum dauernden Hort für viele Unglückliche werde.

Indem ich die Tätigkeit der Czernowitzer Freiwilligen Rettungsgeſellſchaft für eröffnet erkläre, wünſche ich ihr kräftiges Gedeihen für alle Zukunft.

Nachdem die Feier geſchloſſen war, intonierte die Muſik - kapelle der Feuerwehr einen Marſch und der Landespräſident ſowie die übrigen Gäſte beſichtigten unter Führung des Dr. Wolf und Apothekers Füllenbaum die Räume der Station und die Einrichtung derſelben. Der Landespräſident ließ ſich über Verſchiedenes informieren, äußerte ſich ſehr anerkennend über das ganze Arrangement und verlieh ſeinem lebhaften Wunſche wiederholt Ausdruck, daß die Inſtitution ſich zu einer wohltätigen entwickeln möge. Hierauf trugen ſich der Landes - präſident ſowie die Vertreter der verſchiedenen Behörden in das Gedenkbuch ein, womit die Feier ihr Ende nahm.

Namens der Wiener Freiwilligen Rettungsgeſellſchaft hatte Chefarzt Dr. Charas folgendes Begrüßungstelegramm geſendet:

Leider verhindert, der heutigen Eröffnungsfeier beizu - wohnen, ſenden wir auf dieſem Wege die aufrichtigſten und herzlichſten Wünſche für ein ſtetes Blühen, Wachſen und Gedeihen der Czernowitzer Freiwilligen Rettungsgeſellſchaft. Mögen ihre rühmenswerten Beſtrebungen von dem allerbeſten Erfolge gekrönt ſein.

Neue Advokaten.

Die Advokaten Dr. Jakob Kopel Finkel mit dem Wohnſitze in Sereth und Dr. Moſes Beras in Storozynetz wurden in die Advokatenliſte ein - getragen.

Czernowitz.

Die Neue Freie Preſſe bringt unter dieſem Schlagworte die folgenden Ausführungen: Aus dieſer erfreulich aufblühenden und tapfer vorwärtsſchreitenden Landeshauptſtadt der Bukowina, dſe gerade heute durch den Beſuch des Miniſterpräſidenten im Vordergrund des Inter - eſſes ſteht, kommt uns ſeit zwei Tagen eine Anzahl von brieflichen und telegraphiſchen Zuſchriften zu, die ſämtlich darin übereinſtimmen, daß zwei Feuilletonartikel, die unter dem Titel: Aus der Bukowina am 31. Auguſt und am 1. September in unſerem Blatte erſchienen ſind, dort eine eigentümliche und ganz unerwartete Aufregung hervorgeruſen hätten. Der Inhalt dieſer, zum Teil von ſehr angeſehenen und hochachtbaren Perſönlichkeiten herrührenden Zuſchriften läßt ſich dahin zuſammenfaſſen, daß in jenen Aufſätzen ein ganz unrichtiges, der Wahrheit nicht entſprechendes Bild von der Stadt Czernowitz und ihrer Bevölkerung gegeben ſei, daß die Bewohner ſich dadurch verletzt und dem Spotte preisgegeben fühlen, und daß die Einſender teils verwundert, teils entrüſtet darüber wären, daß die Neue Freie Preſſe dieſer unwahren Darſtellung, hinter welcher einzelne auch an - tiſemitiſche Geſinnung und Abſicht vermuten, Raum gegeben habe. Die Leſer jener Reiſeſchilderungen, die nicht der Bu - kowina angehören, werden ſicherlich nicht weniger erſtaunt ſein als wir, daß ſie eine ſolche Wirkung hervorbringen konnten. In den beiden Aufſätzen war nicht Czernowitz und auch nicht die Bukowina, ſondern ein Beſuch bei dem Wunderabbi von Sadagora geſchildert. Von der Stadt Czernowitz war nur in wenigen Zeilen die Rede, und dieſe beſchränkten ſich auf die ſicherlich nicht verletzende Mit - teilung, daß der Verfaſſer ſich an der Sauberkeit der Straßen, an den ſchmucken Häuſern und den blühenden Vor - gärtchen erlabt habe. Außerdem war allerdings mit einigen Strichen auch eine Gruppe orthodoxer Juden gezeichnet, die in der bekannten traditionellen Tracht mit dem Schläfen - locken und ihrer Art zu ſprechen, ein minder erfreuliches Bild darboten, und war von einem Kaffeehaus die Rede, in welchem der Verfaſſer durch die ſehr entgegenkommenden Manieren der weiblichen Bedienung in Verwunderung geſetzt wurde. Daß irgend ein Leſer jene Gruppe von Juden mit der Czernowitzer Bevölkerung identifizieren oder die Szene in dem Kaffeehauſe als ein für die Stadt typiſches Sitten - bild anſehen werde, konnte weder vom Verfaſſer noch von uns vorausgeſehen werden. Wenn die ungeſchminkte Dar - ſtellung ſolcher Schattenſeiten jedes größeren Gemeinweſens als eine der ganzen Bevölkerung zugefügte Beleidigung an - geſehen würde, wo gäbe es eine Stadt, die noch nicht be - leidigt wurde? Wenn man die unzähligen Schilderungen lieſt, die faſt täglich von Reiſeſchriftſtellern von dem Apachen - leben auf den äußeren Boulevards von Paris, von der Be - völkerung der öſtlichen Stadtteile von London, von den in gewiſſen Straßen New-Yorks angeſammelten jüdiſchen Auswanderern aus Rußland, ja von gewiſſen Seiten des56. September 1904. Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nachtlebens in Berlin und ſelbſt in Wien gegeben werden, ſo trifft man auf Bilder, mit denen verglichen die wenigen Bemerkungen über das, was Herr Porzo in Czernowitz wahr - genommen hat, ein wahres Idyll bilden, und doch hat man noch nicht gehört, daß die Bevölkerung von Paris, London, New-York, Berlin oder Wien ſich dadurch verletzt gefühlt hat. Da wir nicht den geringſten Grund haben, anzunehmen, daß der Verfaſſer der in Czernowitz ſo mißgünſtig aufge - nommenen Aufſätze, der ſich eines geachteten Schriftſteller - namens ſeit vielen Jahren erfreut, etwas anderes erzählte, als was er ſelbſt geſehen und erlebt hat, ſo war unmöglich vorauszuſehen, daß ſeiner Darſtellung der Vorwurf der Unwahrheit werde gemacht werden. Aber ſelbſt wenn dieſer ſich als zutreffend erweiſen ſollte, ſo ſpricht der ganze harmlos-humoriſtiſche und ſicherlich unoffenſive Charakter der Erzählung dafür, daß dem Verfaſſer nichts ferner lag, als Czernowitz und ſeine Bevölkerung zu verunglimpfen, von der Zumutung antiſemitiſcher Tendenz ganz zu ſchweigen, die ſowohl durch die literariſche Vergangenheit des Ver - faſſers als durch den vieljährigen Kampf unſeres Blattes gegen die antiſemitiſche Volksverdummung ausgeſchloſſen wird. Da uns jedoch die Beſchwerden, welche von höchſt achtens - und beachtenswerten Perſonen an uns gelangt ſind, nicht zweifeln laſſen, daß trotz alledem in Czernowitz jene Artikel als ein ungerechtfertigter und verletzender Angriff auf die Stadt und ihre Bewohner aufgefaßt werden, halten wir es nicht für überflüſſig, ausdrücklich feſtzuſtellen, daß weder dem Verfaſſer, noch uns in den Sinn kam, der Stadt, die ſchon durch ihre deutſche Univerſität ein unſchätzbares Kulturelement für den ganzen Oſten der Monarchie geworden iſt, oder ihrer gebildeten und raſtlos vorwärtsſtrebenden Bevölkerung nahezutreten. Wir glauben, dieſe ernſte Wert - ſchätzung der Bukowina und ihrer Hauptſtadt ſo oft erwieſen zu haben, daß die offenbar mißverſtändliche Auffaſſung eines Reiſefeuilletons nicht hinreichen kann, um ſie zu verkennen.

Sterbefälle.

Geſtern ſtarben hier Johann Feuer, Forſtinduſtriebeamter, im Alter von 72, und Arthur Schnirch im noch jugendlichen Alter von 20 Jahren. Der letztere, ein Neffe des kaiſerlichen Rates Ignatz Schnirch, erlag einem tückiſchen Leiden, an dem vor Jahren ſchon ein Bruder im gleichen Alter ſtarb.

Von der landwirtſchaftlichen Landesmittel - ſchule.

Der Jahresbericht der landwirtſchaftlichen Landes - mittelſchule in Czernowitz liegt uns vor. Dem Berichte geht eine Einleitung voran, die in überſichtlicher Darſtellung die Entwicklungsgeſchichte des Inſtitutes ſchildert, das aus den kleinſten Anfängen zu einer renovierten Anſtalt emporwuchs. Die ſeit mehr als 30 Jahre beſtehende landwirtſchaftliche Schule nahm ſtetig in ihrer Entfaltung zu und entwickelte ſich ſo raſch, daß ſie nun zu den beſtfrequentierten Anſtalten gehört. Schüler verſchiedener Nationalitäten und Konfeſſionen ſind hier vereinigt, um ſich mit den wiſſenſchaftlichen Zweigen der Landwirtſchaft vertraut zu machen. Die Schülerfrequenz des Schuljahres 1904 weiſt die ſtattliche Zahl von 84 Schülern, die ſich aus Deutſchen, Rumänen, Ruthenen und ſogar Franzoſen rekrutieren. Der Jahresbericht enthält ferner eine überſichtliche Darſtellung der Lehrordnung der Pläne.

Feldfrevel.

Der Klokuczkaer Inſaſſe Michael Za - zuleak hat ſeit einiger Zeit wahrgenommen, daß von ſeinem Kartoffelfelde Kartoffeln entwendet werden. Vorgeſtern wurde die wegen eines ähnlichen Deliktes bereits beanſtändete Leopolda B. aus Roſch auf dem Felde des Anzeigers dabei betreten, als ſie friſch gegrabene Kartoffeln fortſchaffen wollte. Die Täterin wurde dem Strafgerichte angezeigt. Der Roſcher Grundwirt Jakob Strobel hat in der Nacht vom 2. auf den 3. ein Individuum in ſeinem Kukurutz - felde dabei überraſcht, als er im Begriffe war, Maiskolben zu entwenden. Er erfaßte dasſelbe und wollte es der Polizei - expoſitur vorführen; es gelang jedoch demſelben ſich unter Zurücklaſſung ſeines Rockes, ſeinen Händen zu entwinden. In dem der Polizei überbrachten Rocke wurde eine Taſchen - uhr, ein Geldbeutel mit einem geringen Geldbetrage, ein Dienſtbuch ſowie ein Militärpaß auf den Namen Iwon Zurkan vorgefunden. Letzterer ſcheint demnach mit den Täter identiſch zu ſein, die Nachforſchungen nach demſelben wurden eingeleitet.

Wirtshausexzeſſe.

Geſtern gerieten die Fuhrleute Johann Repczynski und Waldimir Korawski im Wirtshauſe des Flüſſig in der Tempelgaſſe mit anderen Gäſten in einen Streit, welcher in eine arge Rauferei aus - artete. Hiebei bedienten ſich die Genannten der Gläſer und Flaſchen als Wurfgeſchoſſe und richteten ſo einen Schaden an ſolchen in der Höhe von 32 Kronen an. Die Exzedenten wurden der Polizei ſtellig gemacht und nach erfolgter Er - nüchterung und Feſtſtellung ihrer Identität entlaſſen. Die Strafamtshandlung gegen dieſelben wurde eingeleitet. Die Taglöhner Johann Prokſch und Peter Gowacki inſzenierten geſtern im Wirtshauſe des Eiſenberg einen Raufhandel, der eine große Menſchenſammlung zur Folge hatte. Die Täter wurden der Polizei ſtellig gemacht und die Strafamtshandlung gegen dieſelben ſofort durchgeführt.

Ein abgefaßter Dieb.

Geſtern gegen 4 Uhr mor - gens beanſtändete der Wachpoſten ein Individuum namens Michael Kozniakowski aus Kryſtanopol, welches mit mehreren Flaſchen Liqueur und Kognak beladen, die Richtung zum Volksgarten einſchlagen wollte. Zur Polizei überſtellt und über die Provenienz der Getränke befragt, gab derſelbe an, letztere tagsvor von einem ihm unbekannten Mädchen am Auſtriaplatz zum Geſchenke erhalten zu haben. Die ge - pflogenen Erhebungen ergaben jedoch die Unrichtigkeit dieſer Rechtfertigung, indem feſtgeſtellt wurde, daß der Ueberſtellte dieſe Getränke nebſt anderen Viktualien und einen Winterrock dem Kuczurmarerſtraße 72 wohnhaften Schankwirten Iſrael Grütz, bei welchem er Unterkunft hatte, entwendet und ſich nächtlicherweiſe mit den entwendeten Gegenſtänden durchs Fenſter geflüchtet hat. Letztere wurden dem Eigentümer rückgeſtellt, der geſtändige Täter wird dem Strafgerichte eingeliefert werden.

Wetterprognoſe.

(Telegraph. Ber. der meteorologiſchen Zentralanſtalt.)

Morgen:

Bewölkung und Niederſchlag: Veränderliches Wetter mit ſtellenweiſen Niederſchlägen.

Wind: wechſelnd, mehr weniger windig.

Temperatur: warm.

Nähere Beſtimmung: keine.

Uebermorgen: Allmähliche Beſſerung.

Korreſpondenzen.

Suczawa. (Platzmuſik Vortrag.)

Die vor zirka 3 Monaten ins Leben gerufene Suczawaer Militär-Veteranen - muſik feierte am 4. d. M. ihr erſtes Debut. Präzis 12 Uhr mittags hatten die ſtrammen Muſiker, in ihren kleidſamen Uniformen vor der k. k. Bezirkshauptmannſchaft Poſto ge - faßt und nach Abſpielung der Volkshymne hatten die zahl - reich vertretenen Zuhörer Gelegenheit, einer guten trefflich geſchulten Militärmuſik zu lauſchen. Herrn Lehrer Woi - witka, dem perſönlichen Leiter der Kapelle, gebührt das Verdienſt, daß manche kaum des Leſens und Schreibens kundigen Leute in dieſer kurzen Zeit ſolche Fortſchritte machen konnten. Der erſte Eindruck diesmal war wirklich der beſte und wird hoffentlich auch ein bleibender ſein. Wenn ſich die jungen Muſiker auch weiterhin ſo bewähren, werden ſie ſich über Mangel an Entgegenkommen ſicherlich nicht zu be - klagen haben. Frl. Wilhelmine Mohr, Journaliſtin und Schriftſtellerin aus Wien, hält hier am 6. d. M. im Hotel Langer einen Vortrag über Frauenbewegung und der Frauen - kongreß in Berlin 1904.

Waszkoutz. (Ein Dynamitattentat.)

In der Nacht von Donnerſtag auf Freitag ereignete ſich ein ſchreck - licher Vorfall. Um 2 Uhr nachts hörte Herr D. Schauer in ſeinem Zimmer plötzlich eine ſchreckliche Detonation. Die Scheiben klirrten, der große Wandſpiegel, der Waſchtiſch und eine Marmorplatte ſprangen in Splitter. Durch einen äußerſt glücklichen Zufall wuden die Schlafenden nicht ver - letzt. Die Nachbarn wurden alarmiert und nach kurzen Suchen fand man die Urſache der Detonation: Aus der Wand wurde ein Ziegel herausgehoben und eine Dynamit - patrone hineingelegt, die Zündſchnur fand man früh in der Nähe des Hauſes. Die Gendarmerie wurde ſofort verſtändigt, die Ausforſchung des Attentäters wurde angeordnet, jedoch fehlt bis jetzt jede Spur. Begreiflicher Weiſe herrſcht eine ſchreckliche Aufregung unter der Einwohnerſchaft. Alles ſtürmt in die Wohnung des Herrn Schauer, um die Verwüſtung, die die Bombe angerichtet, anzuſehen. Man vermutet einen Racheakt.

Rechtspflege.

Perſonalnachrichten.

Landesgerichtsrat Oehl hat einen vierwöchentlichen Urlaub angetreten. Während dieſer Zeit wird Landesgerichtsrat Georg Iſſecescul die Amts - leitung des Bezirksgerichtes in Strafſachen führen. Landes - gerichtsrat Emanuel Dresdner hat einen ſechswöchentlichen Urlaub angetreten. Die Landesgerichtsräte Dr. Albert Salter, Dr. Florian Lupu, Dr. Ernſt Mandiczewski und Gerichtsſekretär Dr. Achil Rappaport ſind vom Urlaube eingerückt.

Schwurgericht in Suczawa. Gattenmord.

Vor den Schranken des hieſigen Schwurgerichtes ſpielte ſich heute ein ergreifendes Drama, das das Ende einer erſchütternden Tragödie war ab. Der in Burla wohnhafte Waſili des Iwon Torak hatte ſeine Frau im Verdachte eines unerlaubten Verkehres mit einem anderen. Dies war oft, wie die Zeugen ausſagen, die Urſache von Zank und Hader zwiſchen den Eheleuten. Von Eiferſuchtsqualen ergriffen, hegte er ſchon längſt den Gedanken, ſeine Frau dafür exemplariſch zu beſtrafen. Am 29. Mai l. J. ſollte die unſelige Tat ausgeführt werden. Als er an gedachtem Tage abends von einer Kirch - weih in trunkenem Zuſtande nach Hauſe kam, geriet er mit ſeiner Frau in einen heftigen Wortwechſel, der ſchließlich dazu führte, daß Torak ſeine Gattin mit einem Holzblock tötete. Der Angeklagte geſteht ſeine Tat wehmütig und von Gram gebrochen ein und bittet nur den Umſtand zu berückſichtigen, daß er im Momente der Tat nicht zurech - nungsfähig und von Eiferſucht gequält war. Der Ange - klagte wurde laut Verdikt der Geſchworenen, die ſämtliche an ſie gerichtete Fragen bejahten, zu fünf Jahren ſchweren Kerkers und einem Faſttage an jedem 29. Mai verurteilt. Der Gerichtshof ſetzte ſich aus den Herren OLGR. Sauerquell als Vorſitzender, LGR. Roſenfeld und Flaſch als Beiſitzende und Auskultant Hausvater als Schriftführer zuſammen. Die Anklage vertrat Staatsanwalt-Subſtitut Dr. Sbiera. Als Verteidiger fungierte Dr. Lutia.

Letzte Telegramme. (Die bis 2 Uhr nachmittags eingetroffenen Telegramme ſiehe die Rubriken Vom Tage, Bunte Chronik und Rechtspflege. )

Die Reiſe des Miniſterpräſidenten.

(Korr. -B.)

Der Miniſter - präſident Dr. v. Koerber iſt heute früh hier eingetroffen und von ſämtlichen Behörden empfangen worden.

Die Verlobung des deutſchen Kronprinzen.

(Priv. -Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Herzogin Cecilie von Mecklenburg, die Braut des deutſchen Kronprinzen, iſt eine ſchlanke Blondine und ſteht gegenwärtig im 18. Lebensjahre.

Louiſe von Koburg.

(Priv. -Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Prinzeſſin Luiſe von Koburg weilt gegenwärtig in Winterthur in der Schweiz, nach einer anderen Verſion in Paris, wo ſie von hervorragenden Pſychiatern unterſucht werden ſoll.

(Priv. -Tel. der Cz. Allg. tg. )

Luiſe von Koburg ſoll in Zug (in der Schweiz) eine Zuſammenkunft mit Leopold Wölfling, dem ehemaligen Erzherzog Leopold Ferdinand, gehabt haben. Die belgiſche Liga der Menſchenrechte richtete an den Schweizer Bundesrat telegraphiſch die Bitte, die Prinzeſſin nicht aus - zuliefern.

Todesfall.

(Priv. -Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Der Generaldirektor der Alpinen-Montangeſellſchaft Guido Hell iſt heute im Alter von 50 Jahren geſtorben.

Automobilunfall.

(Priv. -Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Baron Carlo Erlanger wurde bei einem Automo - bilunfall getötet.

Eine Goldmine in Rußland.

(Korr. -B.)

Im hieſigen Stadtgebiete iſt eine Goldmine entdeckt worden.

Ein großer Brand in New-York.

(Korr. -B.)

In der Attor - neyſtraße brannte heute ein großes Miethaus nieder. Beim Brande ſind 14 Menſchen umgekommen und 20 ver - letzt worden. Die Opfer ſind ſämtlich ruſſiſche Juden geweſen.

Der Fleiſcherſtreik in New-York beigelegt.

(Korr. -B.)

Die Fleiſcher beſchloſſen, deu Streik gegen die Fleiſchtruſts einzuſtellen.

Der Krieg.

Der Kampf um Port-Arthur.

(Korr. -B.)

Aus Tſchifu wird gemeldet: Die Beſchießung Port-Arthurs wird Tag und Nacht fortgeſetzt. Ruſſiſche Schiffe beſchießen die Stellung der Japaner. Am 29. Auguſt verließen der Retwiſan , Pereſwjet , Bajow und Pallada den Hafen, ohne von den Japanern angegriffen zu werden. Eine vom Lande auf den Pereſwjet einfallende Bombe tötete fünfzehn Mann. Das Zuführen von Lebensmitteln wird immer ſchwie - riger. Eine amtliche Bekanntmachung ſeitens der Ruſſen und der Japaner in Tſchifu beſagt, daß in den Ope - rationen vor Port Arthur eine Pauſe eingetreten ſei.

(Priv. -Tel. der Cz. Allg Ztg. )

Die Japaner eroberten das Fort Palung - ſchad. Die Verluſte der Ruſſen betrugen 3000, der Japaner 8000 Mann. 14 Regimenter ſind zur Verſtärkung der Japaner eingetroffen.

Die Pläne Kurokis.

(Priv. -Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Wie der Lokal-Anzeiger meldet, will General Kuroki im September Mukden erreichen und zugleich die Einnahme Port Arthurs erzwingen, dann aber den Truppen Ruhe gönnen. Dasſelbe Blatt meldet, daß die Petersburger militäriſchen Kreiſe den Feldzug für ver - loren halten.

〈…〉〈…〉

Die Fortſetzung des Romanes befindet ſich auf Seite 6.

6Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 6. September 1904.

Weltflüchtig.

(Nachdruck verboten).

(37. Fortſetzung.)

Aber als er eben nach einem Wagen rufen wollte, da fiel ihm ein, daß ja auch Bertha die feindliche Stilübung geleſen haben und daß ſie natürlich tief unglücklich ſein müſſe. Das arme Ding war ja doch viel zu harmlos, als daß ſie über eine ſo bodenloſe Dummheit ſich mit gebühren - dem Gleichmut hinweg zu ſetzen vermochte. Da war es doch ſeine erſte Pflicht, ihr zu ſagen, daß ſie ſich nichts daraus machen dürfe.

Olaf wußte, daß Bertha ihren Großvater aufſuchen wollte; er kannte zwar nicht die Stunde, für welche der Beſuch geplant war, aber es ließ ſich doch unſchwer erraten, daß Bertha nach dem geſtrigen Abend das Verlangen haben werde, ſo bald als möglich in die Arme des alten Mannes zu eilen. Er rief einen Wagen an und befahl dem Kutſcher, nach Pankow hinauszufahren.

Dort hieß ihn Bertha willkommen. Sie hatte ihn durch den Kirchgarten ſchreiten ſehen und war ihm bis zur Haus - tür entgegen gekommen. Sie ſei auch eben erſt gekommen, erzählte ſie, und ſie werde vielleicht während des ganzen Tages und der Nacht bleiben. Der Großvater ſei gar nicht recht wohl, und ſie könne es wirklich nicht gut verantworten, ihn ſo ganz allein zu laſſen.

Olaf hielt ihre Hand feſt, und dabei ſah er ihr forſchend in die klaren Augen.

Iſt es wirklich nur das? fragte er leiſe, oder fürchten Sie ſich, nach dem Grunewald zurückzukehren?

Fürchten? Ach nein warum ſollte ich auch?

Ich habe mich nicht ganz klar ausgedrückt. Ich wollte fragen, ob Frau Carſtenn Ihnen den Aufenthalt draußen verleidet? Was iſt aus dem geſtrigen Abend geworden? Ich war Ihretwegen recht ſehr in Sorge.

Bertha ſah zu Boden; es widerſtrebte ihr, ihm gleich beim Wiederſehen von den Szenen zu erzählen, die ſie geſtern und heute mit Frau Carſtenn erlebt hatte.

Frau Carſtenn iſt leidend, wie mir ſcheint, und ich glaube, auch recht unglücklich; es wäre unrecht, wenn ich ſie verklagen wollte. Abrr wollen Sie nicht hereinkommen? Großvater erwartet uns.

Der Kantor ſaß in einem alten Lehnſtuhl, und Olaf ſah auf den erſten Blick, daß der alte Herr ſich in den wenigen Tagen auffallend verändert hatte; ſeine Wangen waren noch mehr eingefallen, und ſeine Augen lagen tief in den Höhlen. Bertha hatte recht, der Kantor war krank.

Starck ſtreckte ihm die Hand entgegen.

Gott zum Gruß, Herr Johanſen! ſagte er mit mattem Lächeln, und ſeien Sie mir nicht böſe, daß ich Ihnen nicht entgegen komme. Das Alter ſitzt mir doch ſchon recht ſehr in den Knochen, und mein Wille allein tut’s nicht mehr. Ich bin recht froh, daß Sie gerade heute gekommen.

Gerade heute? Olaf warf Hut und Mantel über einen Stuhl, während er fragend von Einem zum Andern ſah. Was iſt denn an dem Tage ſo Beſonderes?

Ach, im Grunde iſt es ja auch gar nichts , ant - wortete Bertha, Großvater grämt ſich nur ſo über die uner - freuliche Kritik, die mir in dem Morgen-Jounal ge - widmet iſt.

Olaf ſah überraſcht auf Bertha herab. Die ungekünſtelte Ruhe, mit der ſie das ſagte, verblüffte ihn um ſo mehr, als er genau das Gegenteil davon erwartet hatte.

Na , meinte er, das iſt ja am Ende nur begreiflich, denn allzu freundlich hat’s der Tintenjunge mit Ihnen nichtim Sinn. Aber Sie ſelbſt ſcheinen ſich gar nicht ſonderlich aufzuregen, he? Offen geſtanden, ich habe gefüchtet Sie in Tränen aufgelöſt zu finden.

Und Sie haben uns darum aufgeſucht, nicht wahr?

Na ja, das iſt doch natürlich! Sie haben doch in den Sachen keine Erfahrung, und ich kann unmöglich zugeben, daß Sie mir gleich zu Anfang das bißchen Kourage über Bord werfen.

Bertha reichte Olaf die Hand.

Ich danke Ihnen, ſagte ſie herzlich, aber ich bin jetzt wirklich ganz ruhig darüber. Anfangs freilich, da habe ich tüchtig geweint, und ich war ganz entſetzlich mutlos. Aber dann habe ich mir doch überlegt, daß entweder Sie Unrecht hatten, als Sie mich an mein Talent glauben ließen, oder daß dieſer Herr Velden unrecht hat, da er mir mein Talent abſtreiten möchte. Und da ſagte ich mir denn doch, daß Sie es ehrlicher mit mir meinen als dieſer fremde Menſch, und daß Ihre Anerkennung doch nicht ſo ohne Weiteres durch ſeinen Tadel aufgehoben werden könne.

Olaf hielt ihre Hand feſt.

Ja, wiſſen Sie auch, daß Sie ein Teufelsmädchen ſind? fragte er erſtaunt. Ich habe Sie zwar gleich von Anfang an für etwas Beſonderes gehalten, aber ſo viel ge - ſunden Menſchenverſtand habe ich Ihnen, offen geſtanden, doch nicht zugetraut. Uebrigens haben Sie ganz recht, dem Kerl hat alles Andere eher als Ihre Leiſtung vor dem Geiſte geſtanden, als er dies ſchrieb wenn es überhaupt geſtattet iſt, bei ihm von Geiſt zu reden. Ich will ihm zwar nicht nachſagen, daß er wider beſſeres Wiſſen einer Bosheit die Zügel hat ſchließen laſſen aber daß er nichts von der Muſik verſteht, das will ich ihm meinetwegen ſchriftlich geben.

(Fortſetzung folgt).

Telegraphiſche Kurſe vom 5. September 1904 (Wechſelſtube Bukowinaer Bodenkreditanſtalt)

Bukowinaer Bodenkreditanſtalt-Aktien .......524·
Bukowinaer Bodenkreditanſtalt-Pfadbriefe 5 Proz. 104. 105·
Bukowinaer Bodenkreditanſtalt-Pfandbriefe 4 Proz. 99·50100·
Oeſterr. Kredit ................649·
Ungar. Kredit ................757.
Anglobank ................282·
Bankverein ................541.
Bodenkredit ................942·
Länderbank ................433·
Unionbank ................526·
Staatsbahn ................63〈…〉〈…〉 ·
Lombarden ................88·
Elbethalbahn ................422·
Rodweſt. ................414·
Buſchtehrader lit. B ...............1043·
Lemberg-Czernowitzer ..............575.
Dampfſchiff ................867·
Alpine ..................445.
Brüxer Kohlen .................640.
Dynamit Nobel .................
Prager Eiſen ..................2344.
Rima-Muranyer ...............509·
Tabak ....................343.
Türkenloſe ..................129·
Waffen ..................484·
Weſtböhm. Kohlen ...............201.
Wiener Straßenbahn A. .............
Wiener Straßenbahn B. .............
Rubel ................253· 254·
Marknoten ..............117·35117.32
Montan ...................
Poldi ....................
Rudolfshütte ..................
Hirtenberger ..................

Amtlicher Kurs - und Markt-Bericht der Czernowitzer Frucht - u. Produktenbörſe.

Preiſe in Kronen per 50 Klg. ab (Parität) Czernowitz.

VonBis
KhKh
Weizen: Prima .......940955
Mittel .......
Roggen: Prima .......720730
Mittel .......
Gerſte: Brauerware ......6507
Brennerei-Malzware ...
Hafer: Herrſchaftsware .....630640
Marktware ......
Uſanzeware .......
Oelſaaten: Winterreps, prompt ..
Rüben ......
Leinſaat ......
Hanfſaat prompt ...925975
Kleeſaat, prima ...
mittel ...
Mais: Prima, prompt .....730740
Neumais: prompt .....
Cinquantin: Prima prompt ...
Hülſenfrüte: Bohnen lange ...
Erbſen ......
Feuchel: ..........89
Spiritus pr. 10.000 Liter perz roher,
prompexkl. Steuerab Czernowitz.4647

Balnten - und Effekten-Kurſe in Czernowitz

Wechſelſtube Bernhard Grünfeld.

GeldWare
Rubelnoten .............253. 254.
Leinoten ..............94.7095.10
Marknoten ...............117. 117.40
Napoleonsd’or ............19. 19.10
Dukaten ..............11.20 11.40
Amerik. Dollars ............4.804.90
Kanada-Dollars ............4.604.70
Buk. Propinat .............103. 104.
Buk. Landesanl .............98. 99.

Effekten - und Wechſel-Kurſe an der öffentlichen Börſe in Wien.

Geldkurs in Kronenwährung.
Einheitliche 4% konv. Rente, Mai-November ....99.35
4% Jänner-Juli .....99.35
Reute 4·2% in Roten, Februar-Auguſt ..100.10
4·2% in Silber, April-Oktober ..100.15
Oeſterreichiſche Goldrente ...........119.20
Kronenrente 4% .........99.30
Inveſtitionsrente 3½% ........90.95
Ungariſche Goldrente 4% ...........118.95
Kronenrente 4% ..........97.10
Inveſtitionsrente 3½%88.95
Oeſterr. -ungar. Bank-Aktien ..........1614.
Kreditaktien ................649.
London vista ................239.65
Deutſche Reichsbanknoten für 100 Mark d. R. -W. ..117.25
20-Mark-Stücke ...............23.45
20-Fank-Stücke ...............19.03
Italieniſche Banknoten ............95.
Rand-Dukaten ...............11.34
〈…〉〈…〉
76. September 1904. Czernowitzer Allgemeine Zeitung
〈…〉〈…〉
8Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 6. September 1904.
〈…〉〈…〉

Eigentümer und Herausgeber: Dr. Philipp Menczel und Joſef Kaufmann. Verantwortlicher Redakteur: Alois Munk. Druck von Jakob Riemer, Czernowitz.

About this transcription

TextNr. 207, 06.09.1904.
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Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Benjamin FiechterSusanne HaafNote: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).2018-01-26T13:38:42Z grepect GmbHNote: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T13:38:42Z Amelie MeisterNote: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.2018-01-26T13:38:42Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic informationNr. 207, 06.09.1904. . Jakob RiemerCzernowitz1904. Czernowitzer Allgemeine Zeitung

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IDS Mannheim

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; mkhz2

Editorial statement

Editorial principles

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

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  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T11:23:29Z
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