PRIMS Full-text transcription (HTML)
[1]

Redaktion und Adminiſtration: Ringplatz 4, 2. Stock.

Telephon-Nummer 161.

Abonnementsbedingungen:

Für Czernowitz (mit Zuſtellung ins Haus): monatl. K 1·80, vierteljähr. K 5·40 halbj. K 10·80, ganzjähr. K 21·60, (mit täglicher Poſtverſendung): monatlich K 2, vierteljähr. K 6, halbjähr. K 12. ganzjähr. K 24.

Für Deutſchland: vierteljährig ... 7 Mark.

für Rumänien und den Balkan: vierteljährig .... 10 Lei.

Telegramme Allgemeine, Czernowitz.

Czernowitzer Allgemeine Zeitung

Ankündigungen: Es koſtet im gewöhnlichen Inſe - ratenteil 12 h die 6mal geſpaltene Petitzeile bei einmaliger, 9 h bei mehrmaliger Einſchaltung, für Re - klame 40 h die Petitzeile. Inſerate nehmen alle in - und ausländiſchen Inſeratenbureaux ſowie die Ad - miniſtration entgegen. Einzel - exemplare ſind in allen Zeitungs - verſchleißen, Trafiken, der k. k. Uni - verſitätsbuchhandlung H. Pardini und in der Adminiſtration (Ring - platz 4, 2. St.) erhältlich. In Wien im Zeitungsbureau Goldſchmidt, Wollzeile 11.

Einzelexemplare 10 Heller für Czernowitz.

Nr. 2277. Czernowitz, Dienſtag, den 22. Auguſt 1911.

Ueberſicht.

Vom Tage.

Der Stillſtand in den Marokkoverhandlungen hat eine ernſte Stimmung ſowohl in Deutſchland wie in Frankreich zur Folge; einige Pariſer Blätter laſſen Kriegsdrohungen laut werden. Das deutſch-ruſſiſche Abkommen wurde in Petersburg unterzeichnet. Der Toskenaufſtand iſt beigelegt.

Bunte Chronik.

Der Eiſenbahnerſtreik in England wurde nach Ab - ſchluß eines Uebereinkommens zwiſchen den Bahnen und den Arbeiterverbänden eingeſtellt.

Letzte Telegramme.

Pariſer Blätter wiſſen von Kriegsvorbereitungen der franzöſiſchen Marine zu melden.

Regierungsmaßnahmen aus Anlaß der Fleiſchnot.

Im Nachhange zu dem Kommuniquee über den Ab - bruch der mit Ungarn in der Fleiſchfrage gepflogenen Ver - handlungen veröffentlicht die Regierung folgende Mit - teilungen über die zur Linderung der Fleiſchnot als not - wendig erkannten Maßnahmen:

Um dem oft beklagten Uebelſtande einer Abnahme unſerer Viehbeſtände durch das Schlachten zahlreicher, für die Zucht tauglicher Kälber und insbeſondere ſolcher, welche von den für Abmelkwirtſchaften beſtimmten, be - ſonders milchergiebigen Kühen ſtammen, in wirkſamer Weiſe zu ſteuern und dieſes wertvolle Material für die Nachzucht zu erhalten, hat das Ackerbauminiſterium die Erteilung von Aufzuchtprämien für zucht - taugliche Kälber in Ausſicht genommen und in einem an die politiſchen Landesſtellen hinausgegebenen Erlaſſe die Erſtattung konkreter Vorſchläge in dieſer Rich - tung ſeitens der landwirtſchaftlichen Korporationen ver - langt.

Eine weitere Maßregel gegen das vorzeitige und großenteils irrationelle Schlachten der Kälber, welche nicht bloß vom Standpunkte der Erhaltung von Zuchtmaterial, ſondern auch von jenem der Schaffung beſſer verwertbaren und mehr Fleiſch liefernden Nutz - und Schlachtviehesnotwendig erſcheint, wurde durch die in einzelnen Län - dern heuer ſehr ergiebige Futtererntee ermöglicht. Das Ackerbauminiſterium hat in jenen Ländern, in welchen großen Futtervorräte von der heurigen Ernte und teil - weiſe auch noch alte Vorräte vorhanden ſind, eine Aktion eingeleitet, welche bezweckt, aufzuchtfähige Käl - ber durch die landwirtſchaftliche Organiſationen an - kaufen und auf eigenen Aufzuchthöfen bis zum nutz - ungsfähigen Alter aufziehen zu laſſen, in welchem dieſe Tiere dann wieder an Landwirte zu mäßi - gen Preiſen abgegeben werden ſollen. Sofern dieſelben ſich dann zur Zucht eignen und die Futterver - hältniſſe die Verwendung zur Zucht geſtatten, ſollen ſie als Zuchttiere aufgeſtellt werden, ſofern dieſe Voraus - ſetzungen nicht zutreffen, ſoll deren Mäſtung und damit die Vermehrung des zum Konſum gelangenden Fleiſches veranlaßt werden.

Die zur Durchführung dieſer Maßnahmen erforder - lichen Aufwendungen ſollen aus den durch das Geſetz vom 30. Dezember 1909, R. -G.-Bl. Nr. 222, zur Förderung der Viehzucht beſtimmten Mitteln beſtritten werden.

Wenn dieſe beiden Maßregeln die in ſie geſetzten Er - wartungen erfüllen, ſo werden ſie im Laufe weniger Jahre eine bedeutende Vermehrung unſeres Viehſtandes herbeiführen, für welche durch die mitt - lerweile durchgeführte ſyſtematiſche Aktion zur Förderung der Alpenwirtſchaft und des Futterbaues die entſprechen - den Futtermittel vorhanden ſein werden. Da dieſe Maßnahmen dem Konſum eine Anzahl der jetzt zur Schlachtung gelangenden Kälber entziehen, müſſen gleich - zeitig andere Vorkehrungen getroffen werden, um den durch den Entgang des Kalb[f]leiſches entſtehenden Ausfall wieder wettzumachen.

Hiezu erſcheint in erſter Linie die Schweinezucht und Schweinemaſt geeignet, weil dieſe am ſchnellſten die gehofften Erträge liefert und dem Markt ein notwendi - ges und beliebtes Nahrungsmittel liefert. Das Acker - bauminiſterium hat daher eine Aktion eingeleitet, welche die raſche Errichtung einer größeren Anzahl von Schweinezucht - und Schweinemaſtanſtalt en nach den neueſten und zweckmäßigſten Muſtern bezweckt. Hiezu ſind in erſter Linie jene Typen von Anſtalten ge - eignet, welche in Hannover und Schleswig-Holſtein mit großem Erfolge für die Hebung der Schweineproduktion tätig ſind und bei relativ ſehr geringem Koſtenaufwand und raſcheſter Durchführung in kurzer Zeit bedeutende Erträge liefern können. Das Ackerbauminiſterium hat die Förderung der Errichtung derartiger Anſtalten mit alle Energie in die Hand genommen, und es dürfte ge -lingen, noch im laufenden Jahre einige derartiger Etab - liſſements dem Betriebe zu übergeben, welche dann jeden - falls ſchon mit Rückſicht auf die Einfachheit und Billig - keit ihrer Anlage und auf die Unabhängigkeit der Fütter - ung von dem Ausfalle der Kartoffelernte zahlreiche Nach - ahmung finden und damit eine ausgiebige Erhöhung der Produktion an Fleiſchſchweinen herbeiführen werden.

Ein fortgeſetztes Augenmerk wendet das Ackerbau - miniſterium der Vorſorge für die Beſchaffung von Futtermitteln und für die Aufſtapelung derſelben für Notjahre zu. Zu dieſem Zwecke wird in jenen Län - dern, in welchen die Futterernte heuer beſonders reiche Reſultate geliefert hat, auf die Aufbewahrung der Vor - räte für zukünftige Notjahre hingewirkt. Außerdem wird die Errichtung von Konſervierungsanſtalten für Futter - mittel, alſo insbeſondere für die Trocknung von Kartof - feln, Kartoffelkraut, Rübenköpfen und Rübenſchnitzeln und für die Aufſchließung von Stroh, wo immer dies die Verhältniſſe geſtatten, angeregt und nachdrücklich ge - fördert.

Kritiſch geprüft, beſagt dieſes Kommuniquee eigent - lich das Gegenteil deſſen, was es zu ſein ſcheint. Bis auf die angekündigte Einführung von Schweinezucht - und Schweinemaſtanſtalten nach einem ausländiſchen Muſter, welche eine beſondere Erhöhung der Fleiſchproduktion bei geringem Koſtenaufwand und innerhalb kurzer Zeit er - möglichen ſollen, ſchreibt der Proſpekt keine einzige prak - tiſche Maßnahme vor. Offenbar kann ſich die Regierung ungeachtet der zunehmenden Fleiſchteuerung und trotz der Verſchärfung, welche die Situation durch die ab - lehnende Haltung Ungarns erfährt, doch nicht wie es wünſchenswert erſchiene dazu entſchließen, ohne län - geres Hinauszögern aus dem Stehgreif Anordnungen zu treffen, welche das Uebel an dem Orte ſeines Urſprunges ſelbſt packen. Die Frage, wie die unzureichende Rind - fleiſchproduktion zu einer den Anforderungen des Kon - ſums wenigſtens annähernd entſprechenden Höhe zu ſtei - gern wäre, iſt längſt gelöſt und die zu dieſem Zwecke ein - zuſchlagenden Wege ſind in dem Kommuniquee richtig an - gedeutet, wenn ſie auch nicht ganz erſchöpft erſcheinen; dennoch ſollen abermals erſt langwierige Enqueten ein - geleitet werden und die Oeffentlichkeit bekommt Ausſichten und Abſichten vorgeſetzt, wo es ihr doch darum zu tun iſt, ein billigeres Rindfleiſch zu erhalten. Niemals war eine Rundfrage entbehrlicher, als gerade in dieſer Sache. Das Thema iſt ſchon ſo glatt beantwortet, daß auch die Re - ferenten des Ackerbauminiſteriums nur eine einzige ein - heitliche Meinung haben und zum Ausdrucke bringen

Feuilleton.

Glückspilz.

(Nachdruck verboten.)

Gräßlich ... dieſe Hitze!

Eva Bornemann ließ ſich in den Strandkorb fallen, legte ihren großen Panama neben ſich und ſchob mit den ſchlanken blaſſen Händen ihre kunſtvolle Lockenfriſur zu - recht. Dann wandte ſie ſich an ihre Kouſine, die ſich im Sande eingebuddelt hatte.

Du willſt wohl den Sonnenſtich bekommen, Milli? Was für ein Leichtſinn, ſich dieſer Glut auszuſetzen!

Milli lachte, ohne ſich zu rühren.

Aergerlich fuhr die junge Frau fort: Weißt Du, welchen Spitznamen Du hier haſt? Fliegenpilz nennen ſie Dich, weil Du immer ſo tief im Sande lagerſt, daß man bloß Deinen großen roten Lederhut ſieht.

Ja, zur Modedame habe ich nie getaugt. Der Leder - hut iſt ſicher kühler als Dein eleganter Panama, und ich fühle mich unbändig wohl als Fliegenpilz. Die Luft und die Sonne tun mir gut nach dem jahrelangen Stuben - hocken. Wirklich, ich bin Dir dankbar, daß Du mich über - redet haſt, Dich hierher zu begleiten.

Sie legte die Hände unter den Kopf und ſchloß die Augen ... Das war nun der erſte Urlaub, den ſie ſeit ihrer Studienzeit genoß. Nach dem Examen hatte ſie das Glück gehabt, einen Kollegen zu finden, der ſie erſt als Aſſiſtentin, dann als Leiterin ſeines Frauenſanatoriums engagiert: eine anſtrengende aber intereſſante Tätigkeit die ſie ſtark in Aſpruch nahm. Die Frau ihres Chefs war ihre Verwandte. Und als es ſich jetzt darum gehandelt hatte, daß Eva nach der ermüdenden Saiſon ſich ein paar Wochen im Seebade erholen ſollte, ehe ſie mit ihrem Mann die alljährliche Gebirgstour antrat, wurde Milli einge - laden, die junge Frau zu begleiten. Ihr Chef war davon überzeugt, daß die pflichttreue Aerztin ſolchen Urlaub längſt verdient hatte.

In dem weichen Sand hörte ſie plötzlich Schritte neben ſich. Milli blickte auf. Sie ſah vor Eva einen Herrn im hellen Tennisanzug ſtehen, der ſich nun auch zu ihr wandte.

Ah, da iſt ja der Glückspilz. Alſo, der gehört zu Ihnen, gnädige Frau?

Hör nur Milli, wie galant der Herr Profeſſor iſt! Nennt Dich nicht wie die anderen, Fliegenpilz, traut Dir kein Gift zu und tauft Dich Glückspilz . Und dabei han - tierſt Du doch ſo viel mit Gift! ... Profeſſor Griepenow .. meine Kouſine Milli Krüger , ſtellte die junge Frau vor.

Fräulein Doktor Krüger, von der mir meine Schweſter ſo viel erzählt hat? Sie war im Winter in Ihrem Sanatorium.

Milli rückte ihren Hut ein wenig zur Seite, ſo daß Griepenow ihr in das kluge, ruhige Geſicht blicken konnte. Er ſah ſympathiſche Züge, die Vertrauen erwecken muß - ten: große graue Augen, eine gerade kurze Naſe und einen gütig lächelnden Mund.

Was meinen, gnädige Frau ... zum Tennis wohl zu heiß ... aber eine kleine Seegelfahrt. Wären Sie bereit?

Ja, das iſt noch das einzige, was man bei dieſer Glut unternehmen kann. Machſt Du mit, Milli?

Ich halte das Wetter nicht für ſicher.

Profeſſor Griepenow hielt die Hand vor die Augen und ſah ſich um. Der Südwind wehte ſchwach. Vom grell - blauen Himmel brannte die Sonne. Weit drüben im Weſten hingen ein paar ſchwere bleigraue Wolken.

Kann ſein, daß Sie Recht haben , ſagte er zu Milli.

Aber die Wolkenwand ſteht da grüben ſchon ſeit vielen Tagen; dabei gibt’s jeden Abend bloß ein kurzes Wetterleuchten ohne Abkühlung. Und wir ſind doch noch nie eingeregnet!

Sehr logiſch! lächelte Evas Freundin.

Ach, nun biſt Du wieder der Giftpilz! Sei doch kein Spielverderber!

Ich will mal mit den Schiffern an der Brücke reden , ſchlug der Profeſſor vor, da werde ich gleichhören, was ſie vom Wetter halten. Auf Wiederſehen, meine Damen.

Eva ſah ihm nach, wie er am Strande entlang ging. Wir haben uns nämlich heute früh getroffen, als ich vom Baden kam. Denk Dir, er wohnt in demſelben Hotel wie wir. Du kannteſt ihn wohl auch den Namen nach, Milli?

Ja. Iſt er nicht Deine alte Flamme geweſen?

Eva nickte. Fünf Jahre iſt’s ſchon her, daß er ſich bei mir einen Korb geholt hat. Damals war er noch kein bekannter Maler. Hätte ich’s geahnt ... unterdeſſen iſt er Profeſſor geworden und ſpielt eine große Rolle unter den Künſtlern.

So! Und ich ſoll alſo mit Euch beiden als Wauwau oder als Elephant mitſegeln?

Ach, Du mußt doch nicht gleich an einen Flirt den - ken ... Uebrigens, meinem Manne brauchſt Du’s nicht zu erzählen, daß ich und Griepenow ... Jedenfalls wäre es mir lieb, wenn Du mitkämſt. Siehſt Du, er winkt, er erwartet uns. Wie findeſt Du ihn? Der ſchwarze Spitzbart ſteht ihm gut, nicht? Und ſo nett, daß er gar nicht pikiert war wegen damals ... Ganz harmlos be - grüßte er mich. Nein, lach doch nicht ſo malitiös! Sieh lieber, ob mein Panama richtig ſitzt. Du kommſt doch mit?

Ich werde Dich lieber am Seeſteg erwarten. Sie ſtand auf, ſchüttelte den Sand ab, nahm ihren Gummi - mantel über den Arm und ging mit der jungen Frau zur Brücke.

Die Leute ſind hier zu merkwürdig , rief ihnen Griepenow zu. Es iſt Johannistag heute, und da iſt dem Waſſer nicht zu trauen: drei Menſchenleben fordert es, ſagen ſie. Und natürlich prophezeien ſie außerdem noch ein Gewitter. Aber der junge Banſin und ſein Bruder machen das Boot zurecht; ich hab ihnen gut zugeredet.

Er half Eva beim Einſteigen und ſetzte ſich neben ſie.

Der ſchwache Wind trieb das Schiff nur langſam vorwärts. Das Waſſer war grünblau und glitzerte in der Sonne.

Griepenow hatte mit Eva geplaudert über alte Be - kannte, über ſeine Reiſen, ſein Emporkommen, und er

2Czernowitzer Allgemeine Zeitung 22. Auguſt 1911.

können, an welche die maßgebenden Stellen ſich als an einen zutreffenden Ratſchlag halten dürfen, ohne befürch - ten zu müſſen, daß ihnen das Volk die Abſolution für die angekündigte Aktion zur Förderung der Rindviehzucht verweigern wird, falls ihr nicht die unvermeidlichen En - queten vorangehen. Der Viehbeſtand muß aufgebeſſert und erhöht werden. Das iſt, wenn die Fleiſchteuerung nicht zu einer ſtändigen Miſere werden ſoll, nur durch ein Schutzgeſetz, welches die Tötung der weiblichen Kälber re - guliert und durch eine ausgiebige Aneiferung der Zucht vermittelſt Ausſetzung reichlicher Prämien möglich. Hand in Hand damit hat ſebſtverſtändlich die Förderung des Futterbaues zu gehen, da billiges Fleiſch bei teueren Futterpreiſen nicht geliefert werden kann. Andere Mittel zur Hebung der Inlandsproduktion und Erzielung eines entſprechenden Marktkontingents exiſtieren wohl kaum, es wäre denn, daß der Staat ſelbſt in großem Maßſtabe zu produzieren verſuchte. Selbſt bei ſofortigem Inkraft - treten von Maßregeln im Sinne vorgedachter Ausführun - gen kann ſich das angeſtrebte Reſultat, die Ermäßigung der Fleiſchpreiſe, natürlich nicht vor Ablauf von einigen Jahren einſtellen und die Frage, wie dem gegenwärtigen Fleiſchmangel geſteuert werden ſoll, ob im Wege der Ein - fuhr lebenden oder geſchlachteten Viehes aus Serbien, aus Rumänien oder aus überſeeiſchen Ländern, wird durch die Förderung der inländiſchen Viehzucht vorläufig gar nicht tangiert. Aber gerade die Tatſache, daß wir mehr Geld über die Grenzen ſchicken, als nötig wäre, wenn die vorhandenen natürlichen Bedingungen ausgenützt wür - den, die merkwürdige Erſcheinung, daß wir für nicht einmal gutes Geld ſoviel bekommen können als wir brauchen, weil es dem lieben Nachbar jenſeits der Leittha gefällt, den Hunger Oeſterreichs zum Gegenſtand ſeines Profitchens zu machen, illuſtrieren die ganze Son - derlichkeit der Situation, in welcher der Staat ſich be - findet und erweiſen auf das Allerſchärfſte die Notwendig - keit, wirklich ſogleich mit Maßnahmen zu beginnen, ſtatt erſt mit Abſichten herumzutändeln. Das ſerbiſche Einfuhrskontingent iſt erſchöpft, argentiniſches Fleiſch darf nicht herein, Rumänien hat zwar ein Exportſchlacht - haus, aber wie es ſcheint, kein Vieh, und wir ſelbſt haben erſt recht keins. Bleibt nur der Import aus dem durch den ſtarken Erwerbsſinn ſeiner Agrarier ausgezeichneten Ungarn, das uns alſo die unerſchwinglichſten Preiſe dik - tieren kann, ohne daß wir muckſen dürfen, denn Ver - tragstreue über alles, ſelbſt bis zum Verhungern. Das gewöhnliche Recht erklärt Verträge unmoraliſcher Natur als unverbindlich. Aus dem unmoraliſchen Weſen eines zwiſchen Staaten geſchloſſenen Vertrages, der ſich der Be - urteilung na landläufigen Rechtsanſchauungen natür - lich entzieht, ſollte wenigſtens die Moral gezogen werden, daß es empfehlenswerter iſt, ſich auf die eigenen Kräfte zu verlaſſen, als auf den intereſſenbeeinflußten, immer etwas eigennützigen guten Willen des Anderen. Die Lehren, die Oeſterreich ſchon erhalten hat, ſollten hin - reichend empfindlich geweſen ſein, es aus dem ewig rottierenden Kreiſe ſeiner Abſichten hinauszutreiben auf das Feld energiſcher Taten.

Keine weitere Einfuhr argentiniſchen Fleiſches.

Wie das k. k. Telegraphen-Kor - reſpondenz-Bureau vernimmt, hat die öſterreichiſche Re - gierung auf Grund des von den Reſſortvertretern am 17. Auguſt erſtatteten Berichtes über die am Vortage in Budapeſt gepflogenen Verhandlungen in der Fleiſchfrage bereits im Laufe desſelben Tages in einer Depeſche dieungariſcherſeits als Hauptpunkte bezeichneten Gegen - konzeſſionen abgelehnt. Nachdem auch für die Einfuhr eines in Trieſt lagernden Quantums von etwa 700 Tonnen die Zuſtimmung der königlich ungariſchen Regierung nicht zu erlangen war, ſo müſſen nach der be - ſtehenden Rechtslage alle der Regierung vorliegenden An - ſuchen um Einfuhrbewilligung argentini - ſchen Fleiſches abgewieſen werden.

50perzentige Tarifermäßigung für Horn -, Stechvieh und Fleiſch auf allen Linien der Staatsbahn.

Die Rathauskorreſpondenz meldet: Vertreter des Magiſtrats haben an einer unter Vorſitz des Sektionschefs Sonnenſchein im Eiſenbahn - miniſterium abgehaltenen Beſprechung der Vertreter der verſchiedenen Reſſortminiſterien in Angelegenheit der Fleiſchfrage teilgenommen. Nach der Mitteilung des Vor - ſitzenden iſt die Regierung bereit, eine 50 perzenitge Tarifermäßigung für Horn - und Stechvieh und für Fleiſch auf ſämtlichen Linien der öſter - reichiſchen Staatsbahnen bei einer Entfernung von mehr als hundert Kilometern zuzugeſtehen. Hinſicht - lich der Linien Marchegg Wien und Bruck Wien wird dieſe Ermäßigung ohne Beſchränkung auf die Kilometer - entfernung zugeſtanden. Dieſe Ermäßigung gilt nicht bloß für Sammel -, ſondern auch für Stückſendungen ſo - wie für das am Marxer Viehmarkte einlangende Vieh, wenn auch dasſelbe in den Wiener Schlachthäuſern nicht zur Schlachtung kommt. Bezüglich der in den Wiener Schlachthäuſern geſchlachteten Tiere wird jedoch bedungen, daß das Fleiſch aus dieſen Schlachthäuſern nur per Achſe verführt werden darf. Dieſe Begünſtigung ſoll nicht bloß für Wien und Prag erteilt, ſondern auch auf andere Städte ausgedehnt werden und ſoll ſchon Dienſtag, den 22. d. M., und zwar bis auf Widerruf, längſtens für die Dauer bis Ende November d. J., in Kraft treten. Hingegen ſoll die Gemeinde Wien die Herabſetzung der Schlacht - und der Marktgebühr in dem gleichen Umfange wie im Vorjahre und auf dieſelbe obenangeführte Zeit zugeſtehen.

Rumäniſche Fleiſchſendungen nach Wien.

Den Abendblättern zufolge wird Montag, den 21. d. M. vom neuerrichteten Schlacht - haus in Turn-Severin eine Sendung rumäniſchen Flei - ſches direkt nach Wien abgehen. Dieſer Fleiſchſendung am Montag man ſpricht von einer Waggonladung ſoll gleich in der darauffolgenden Woche eine weitere Sen - dung folgen.

Vom Tage.

Das deutſch-ruſſiſche Abkommen perfekt.

Das Abkommen zwiſchen Deutſchland und Rußland bezüglich Perſiens und der Bagdadbahn iſt heute hier vom deutſchen Botſchafter und vom ruſſiſchen Stellvertreter des Miniſters des Aeußern unter zeichnet worden.

Im Abkommen ſind eingehende Beſtimmungen bezüglich des Auſchluſſes der Bagdadbahn an das künftige Eiſenbahnnetz. Damit iſt deutſchen Handel ein wertvoller Zugang an das nördliche Perſien gewährleiſtet. Gleich in der Einlei[t]ung ſprichtdas Abkommen den Grundſatz aus, daß der Handel aller Nationen in Perſien gleichberechtigt iſt. Die Bewegungsfreiheit des deutſchen Handels auf perſiſchem Boden hat hiedurch eine neue vertragsmäßige Feſtſtellungg erfahren. Die Unterzeichnung der Noten im gegenwärtigen Zeitpunkt beweiſt, daß die Be - ziehungen Deutſchlands zu Rußland durch die marokkaniſchen Schwierigkeiten nicht berührt worden ſind.

Der Stillſtand in den Marokko - verhandlungen.

Berliner Zeitungsſtimmen.

Das Berliner Tage - blatt ſchreibt in ſeiner Sonntags-Wochenſchau über den gegenwärtigen Stand der Marokkoverhandlungen:

Die einzige und nicht gerade tröſtliche Meldung be - ſagt, daß die Unterhaltung zwiſchen Herrn v. Kiderlen - Waechter und Herrn Cambon eine Unterbrechung erfahren habe. Wie lange dieſe Pauſe dauern ſoll, darüber weiß man nichts. Daß eine ſolche Verzögerung gerade in dieſem Augenblicke nicht eben einen verheißungsvol - len Eindruck machen kann, liegt auf der Hand. Es konnte deshalb auch nicht überraſchen, daß ſich die Nervoſi - tät nicht bloß im deutſchen Volke, ſondern noch mehr in Frankreich wieder verſtärkte.

Die Kreuzzeitung mißt dem Umſtande, daß die deutſch-franzöſiſchen Verhandlungen unterbrochen wur - den, eine beſondere Bedeutung bei und ſagt, daß die Unterbrechung entweder der Vorläufer einer raſchen Beſſerung oder einer Verſchlimmerung der Lage ſein wird. Die Verhandlungen ſind offenbar an einem Punkte an - gelangt, an dem es gilt, wichtige Entſchließun - gen zu faſſen, und die franzöſiſche Regierung iſt bereits in Erwägungen darüber eingetreten, ob ſich dieſe Ent - ſchlüſſe in einem dem deutſchen Standpunkte entgegen - kommenden Sinne bewegen ſollen oder nicht.

Weiter ſagt die Kreuzzeitung : Durch das Vor - gehen Frankreichs werden wir genötigt, zur Zeit unſere wirtſchaftlichen Intereſſen in Marokko ſelbſt zu ſchützen. Verſchmäht es Frankreich nun, ſich mit uns freundſchaft - lich zu verſtändigen, ſo werden wir dieſen Schutz unſerer wirtſchaftlichen Intereſſen in Marokko auch in Zukunft ſelbſt ausüben müſſen, und andere Mächte dürf - ten ſich dann in die gleiche Lage verſetzt ſehen. Das gewalt - ſam zu verhindern, würde aber für Frankreich ein ſehr be - denkliches Unterfangen darſtellen, und deshalb ſind wir der feſten Hoffnung, daß nach der Pauſe die Verhandlun - gen fortgeführt werden und man zu einer endlichen Ver - ſtändigung gelangen wird. Je mehr man während deſſen in Frankreich mit dem Säbel raſſelt, deſto feſter wird man in Berlin auf allen Forderungen verharren müſſen, denn es würde der Ehre eines großen und ſtarken Volkes nicht entſprechen, auf die Androhung gewalt - ſamer Mittel hin auch nur einen Schritt zurückzuweichen.

Säbelgeraſſel in der Pariſer Preſſe.

Matin und Echo de Paris ergehen ſich in ihren geſtrigen Ausgaben anläßlich der Un - terbrechungen der deutſch-franzöſiſchen Marokkoverhand - lungen in wüſten Kriegshetzereien gegen Deutſchlands. So führt der Matin in ſeinem Leit - artikel eine Sprache gegen Deutſchland, die an Schärfe nichts zu wünſchen übrig läßt. Er vergleicht Deutſchland und Frankreich in ihrer Haltung bei den Verhandlungen

fand in ihr dieſelbe amüſante Partnerin bei der Unter - haltung, die ihn früher ſo gefeſſelt hatte.

Sie war noch ſchöner geworden. Ein Kunſtwerk frei - lich ... aber ein gut zurecht gemachtes, geſchmackvoll zu - ſammengeſtelltes Kunſtwerk, das man gern anſchaute. Unter dem Panama, der an einer Seite hochgeſchlagen war, ſchimmerten Haare in den hellſten Goldtönen. Die dunkeln Augenbrauen, denen der Stift ein wenig nach - geholfen hatte, ließen die blauen Augen ausdrucksvoller erſcheinen. Vielleicht war die Naſe etwas zu lang für die kindlichen Züge und den ſüßen Mund, deſſen rote Lippen unberührt ſchienen und ſtets liebenswürdig lächelten, daß die kleinen regelmäßigen Zähne zum Vorſchein kamen.

Griepenow nahm ſein Skizzenbuch vor und verſuchte, Evas Bild mit ein paar Strichen feſtzuhalten. Die junge Frau ſaß ſtill, die ſchönen Hände auf ihrem Schoß, und blickte ſiegesbewußt zu dem Maler hin ... Wie lange ſie ſchon auf dem Waſſer waren, wußten beide nicht. Plötz - lich hörten ſie die Stimme des Schiffers.

Wir müſſen wenden , ſagte er. Der Wind hat ſich gedreht. Wechſeln Sie die Plätze! Raſch!

Eva ging auf die gegenüberliegende Seite, und der Profeſſor wollte ihr folgen, als der ausbrechende Sturm den Maſt vom Segel herumwarf. Griepenow zuckte zu - ſammen und faßte mit der Linken an ſeinen rechten Mittelfinger. Aber die anderen achteten nicht darauf.

Die beiden Schiffer arbeiteten an den Segeln, gegen die der Wind mit aller Gewalt blies. Eva ſchlang einen goldgelben Schal über ihren Kopf, um den Hut feſtzu - halten. Sie wußte, daß dieſe Farbe gut zu ihrem Haar ſtand, und erwartete ein paar galante Worte des Künſt - lers. Aber Griepenow ſchien ſie gar nicht mehr zu be - merken.

Einzelne dicke Regentropfen fielen.

Wir ſind doch noch vor Ausbruch des Gewitters zu Hauſe? fragte die junge Frau ängſtlich und ſah be - klommen, wie das eben noch ſo klare Waſſer eine ſchmutzig graue Farbe annahm, und Rieſenwellen ſich türmten, die hoch aufſpritzten, wenn das Boot ſie durchſchnitt. Einer der Schiffer nahm unter dem Sitz eine Oeldecke vor und wickelte Eva darin ein. Sie ſchmollte mit dem Profeſſor, der ganz ſtill geworden und mit zuſammengebiſſenenZähnen neben ihr ſaß. Sein Finger ſchmerzte furchtbar.

Drei Menſchenleben fordert das Waſſer heute , ging’s Eva durch den Kopf. Ihr wurde ſchwindelig. Sie fühlte, wie das Boot hin - und herſchwankte. Trotz der Decke durchdrang die Näſſe ſie. Sie ſchüttelte ſich vor Kälte und dachte doch immer nur das eine: wenn ſie doch die Fahrt überlebte, ... ſollten die anderen drei auch unter - gehen, nur ſie nicht ... nur ſie nicht!

Als Eva aus dem Boot gehoben wurde, ſah ſie aus, wie ein graugelbes Kücken, das man auf den Oſterkarten ſieht. Nur die Naſe guckte ſpitz und ſcharf wie ein Schnabel aus der gelben naſſen Hülle vor. Milli brachte ſie gleich zu Bett und gab ihr Glühwein zu trinken. Nachdem Eva eingeſchlafen war, ging die Aerztin zu dem anderen Pa - tienten.

Mit Hilfe des Pikkolo hatte der Profeſſor ſich umge - zogen und ſaß mit ſchmerzhaft verzogenem Geſicht am Fenſter, als Milli ſich bei ihm anmelden ließ. Sie ſah bei der Unterſuchung ſofort, daß der Mittelfinger der rechten Hand gebrochen war.

Griepenow verbiß den Schmerz. Teufel! Und ge - rade den rechten mußte der Maſt ſich ausſuchen, um da - rauf zu fallen! Da hat meine Kunſt auf einige Zeit ein Ende, und Ihre Kunſt fängt an ... langwierige Sache? fragte er, während ſie verband.

Ein paar Wochen , gab ſie zur Antwort. Die Hand iſt möglichſt ruhig zu halten, Herr Profeſſor. Bei den Mahlzeiten werden Eva und ich Ihnen ſchon helfen. Dann ſchüttelte ſie ihm die Linke und ging.

Griepenow war nun täglich in Geſellſchaft der jungen Frau Bornemann und ihrer Kouſine am Strande zu ſehen. Je länger er mit Eva zuſammen war, deſto ruhiger und unbefangener wurde er ihr gegenüber. Luſtig, kokett und amüſant war ſie, die ſchöne Frau ... aber wie dankbar mußte er ihr doch ſein, daß ſie damals ſeine Hand ausgeſchlagen hatte. Denn, wenn er überhaupt noch hei - ratete, dann wollte er einen ganzen Kerl haben zur Le - bensgefährtin kein Kunſtwerk, das der erſte beſte Ge - witterregen ruinierte ...

Er ſaß auf ſeinem Balkon, blätterte in der Zeitung, ohne ſie zu leſen, und dachte dabei an Milli Krüger, an das Fräulein Glückspilz, wie er ſie nannte, denn der Titel Fräulein Doktor mißfiel ihm. Heute ſollte ſie ihm den letzten Verband abnehmen und ſehen, ob der Finger ordentlich geheilt war.

Da drüben kam ſie über die Straße. Schon ihren Gang anzuſehen, war für einen Künſtler eine Wohltat! Sie trippelte nicht weibiſch: ſie ging wie ein forſcher Kerl, der ſie ja auch war.

Herein! rief er freudig, als ſie anklopfte.

Milli trug ein helles Waſchkleid mit weißem Ma - troſenkragen. Sie ſah heute jünger aus als ſie war. Mein letzter Beſuch! begrüßte ſie luſtig den Profeſſor. Freuen Sie ſich! Dann löſte ſie den Verband und unterſuchte ſorgfältig den Finger. Er iſt glatt geheilt. Gratuliere! Heute dürfen Sie mir ſogar die Rechte geben und ſachte ſchütteln.

Teufel! brummte er. Wie zeig ich Ihnen denn nun meine Dankbarkeit! Dabei hielt er ihre Hand feſt und griff mit der Linken nach ihrer anderen.

Und während er ihre Hände hielt, wurde es ihm zur Gewißheit: ſo ein Mädel, das wär die rechte für ihn! Wenn ſie bloß nicht immer ſo verwünſcht ſicher und ſelbſt - bewußt ausgeſehen hätte, während ſie zu ihm ſprach. Na - türlich würde ſie ihn einfach auslachen, ſobald er ...

Aber flimmerten nicht ihre Augen ganz merkwürdig heute? Zitterten ihree Hände nicht doch ein wenig, wie ſie in den ſeinen lagen?

Was denn? Was wollen Sie denn noch? Das klang wie leiſe Glockentöne.

Sie ſelber will ich, Fräulein Glückspilz, und wenn Sie nicht ſofort Ja ſagen ...

Aber ich ſage ja .. ja ... ja ... , lachte ſie glücklich. Und dann zog ſie ihn an der Hand die Treppen hinunter, und ſie gingen Arm in Arm nach dem Strande, wo Eva ſaß und ſie erſtaunt anſah.

Bitt Sie, kommt ja gerade ſo an, als ob

Jawohl ... ganz richtig ... ſind wir auch! unterbrach ſie der Profeſſor. Schöne Frauen ſind ahnungsvolle Engel. Sie können der Familie Glückspilz gratulieren.

322. Auguſt 1911. Czernowitzer Allgemeine Zeitung

und es verſteht ſich von ſelbſt, daß der Vergleich zugunſten der letzteren Macht ausfällt, die alles getan habe, um mit dem Deutſchen Reiche zu einer Verſtändigung zu gelangen, allein in Berlin habe es an gutem Willen gefehlt. Darum raſſelt der Matin am Schluſſe gewaltig mit dem Säbel, indem er wörtlich ſagt: Die Lektion, die alle Großmächte aus dieſer Angelegenheit ziehen können, iſt folgende: Man muß es ſo viel wie nur möglich vermeiden, mit einer Re - gierung, wie es die Berliner iſt, in Unterhandlungen einzu - treten, es iſt vielmehr das Beſte, über eine ſtarke Armee und Flotte zu verfügen, um mit dem ent - ſprechenden Nach drucke auftreten zu können.

Das Echo de Paris warnt davor, die ausge - dienten Soldaten zu entlaſſen, und fordert den Kriegsminiſter auf, dieſe weiter bei den Fahnen zu belaſſen, wozu er nach dem Geſetz von 1903 berech - tigt ſei. Denn die Armee würde dadurch um nicht weniger als 225.000 Mann verringert werden, was eine zu große Einbuße gegenüber der deutſchen Effektivſtärke bedeuten würde. Im übrigen wiederholt das Blatt ſeine Drohungen, wenn auch in etwas veränderter Form,, und beteuert, daß ſich Frankreich nicht einſchüchtern laſſen werde. Noch nie hätte die Regierung auf einen ſo allgemeinen patriotiſchen Enthuſiasmus zählen können wie jetzt, wo England und Rußland nur auf den Wink Frankreichs warten, um zuſammen mit Frankreich zu marſchieren.

Deutſchfeindlicher Artikel eines belgiſchen Blattes.

Das vielgeleſene liberale Blatt La Chronique , welches ſchon ſeit Langem ſeinem Deut - ſchenhaß nicht mehr die notwendige Reſerve der politiſchen Neutralität Belgiens auferlegt, übertrifft heute alle ſeine früheren Leiſtungen mit einem Leitartikel, betitelt 1815 und 1915 , worin es der Diktatur Napoleons, unter der ganz Europa ſeufzte, die Diktatur Deutſchlands und ſeines Kaiſers gegenüberſtellt, deſſen Handlungen und unauf - hörliche Bedrohungen den Weltfrieden erſchüttern. Der Artikel ſchließt mit der Aufforderung, friedlich oder even - tuell auch kraftvoll die Diktatur Deutſchlands niederzuſchlagen.

Beilegung des Toskenaufſtandes in Südalbanien. KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Infolge Vermittlung einflußreicher Derwiſche ſowie gemachter Zugeſtändniſſe kehrten 1000 Tosken nach Argiro - kaſtro und anderen Ortſchaften zurück. Nur einige kleine Banden verbleiben in den Bergen.

Royaliſtiſche Tumulte in Nordportugal.

Diario Noticias meldet aus Guimaraes, daß ſich am letzten Sonntag dort ein ernſter monarchiſtiſcher Tumult ereignete, hervorgerufen durch das Abſpielen der neuen republikaniſchen Hymne bei einem öffentlichen Konzert einer Militärkapelle. Ein Unter - offizier des 20. Regiments brachte den Ruf aus: Nieder mit Paiva Couzeiro! , worauf er ſofort niedergeſchlagen wurde, während die Menge tauſendfach den Ruf: Es lebe Paiva Couzeiro, es lebe die Monarchie, nieder die Republik! ausſtieß. Die Klänge der Muſik wur - den durch das Pfeifen der alten Königshymne über - tönt. Die Glocken läuteten Sturm. Die Polizei war macht - los, ſie mußte Militär zur notdürftigen Wiederherſtel - lung der Ordnung requirieren. Unzählige Verhaftungen wurden vorgenommen. In Oporto ſind alle Truppen alarmbereit. Es ſcheint, daß die PräſidentenwahlAnfang nächſter Woche ſtattfindet, und daß die Kandidatur von Anſelmo Braancamp die meiſten Ausſichten hat. Braancamp gilt als gemäßigt konſervativ, was den radi - kalen Elementen, die bisher die Oberhand hatten, ein Dorn im Auge iſt.

Kurze Nachrichten

Gerüchtweiſe verlautet, daß der bulgariſche Thronfolger Kronprinz Boris ſich mit der älteſten Tochter des rumäniſchen Thronfolgers, der Prin - zeſſin Eliſabeth von Rumänien, verloben ſoll. Kronprinz Boris ſteht im 18. Lebensjahre, die Prinzeſſin iſt um acht Monate jünger als er.

Die Regierung hat das oppo - ſitionelle Blatt A Nap ſtreng gemaßregelt. Das Blatt wurde vorgeſtern wegen des Leitartikels Blutige Erin - nerungen , in welchem der Kaiſer angegriffen wurde, kon - fisziert. Der Bürgermeiſter hat nun dem Blatte auch das Kolportagerecht entzogen, da er der Verbreitung eines den Kaiſer beleidigenden Blattes nicht Vorſchub leiſten könne. Wie verlautet, ſoll dem Blatte auch die Begünſtigung der Bahn - und Poſtbeförderung entzogen worden ſein. Der Fall dürfte ſchon in der nächſten Sitzung des Abgeordneten - hauſes von der Oppoſition zur Sprache gebracht werden.

[Der 10. Zioniſtenkongreß.]

Dem ſitzungs - freien Samstag folgt ein Arbeitstag erſter Güte. Die Er - öffnungsworte Nordaus bilden einen Nachruf für Joſef Iſraels, den er als jüdiſches Künſtlertemperament feiert. Nach Erledigung diverſer Formalitäten gelang unter Um - ſtellung der Tagesordnung der Referent Dr. Katzenelſohn über die Emigrationsfrage zu Worte. Ausgehend von den unzureichenden Vorarbeiten konſtatiert er die Unzuläng - lichkeit aller der ſyſtemloſen Verſuche einer Emigration nach den verſchiedenen Ländern und Weltteilen und be - zeichnet als einzige Möglichkeit zu dauernder Löſung dieſer brennendſten aller jüdiſchen Fragen die geregelte Ein - wanderung nach Paläſtina. Es wurde folgende Reſolu - tion einſtimmig angenommen: Der 10. Zioniſtenkon - greß konſtatiert, daß die bisherigen Verſuche zur Regelung der jüdiſchen Auswanderung bei weitem ungenügend und nicht einheitlich waren. Die Organiſationen, die ſich mit die - ſem Werke befaſſen, müſſen eine großzügige Arbeit, die dem Ernſt und der Wichtigkeit der Aufgabe entſpricht, in die Wege leiten. Der Kongreß fordert beſonders von den Zioniſten und den zioniſtiſchen Organen eine ernſte Mit - wirkung bei den Emigrationsfragen, insbeſondere ſoweit ſie die Förderung der Emigration nach dem nahen Orient, vorzüglich nach Paläſtina und Syrien, betreffen. Die Nachmittagsſitzung iſt ausſchließlich dem Referate und der Debatte über die geiſtig-kulturelle Renaiſſance gewidmet. Referent Nahum Sokolow ſpricht hebräiſch; Vorſitzender und Debattenredner bedienen ſich gleichfalls ausnahms - los der hebräiſchen Sprache. Sämtliche Redner propagieren es als Pflicht der Organiſation der Ausbreitung der he - bräiſchen Sprache und Literatur die Wege zu ebnen. Am 5. Kongreßtage hält Frl. Prof. Schach ein Referat über Frauenarbeit im Zionismus . Die Referentin weiſt auf den in Haag begründeten Frauenverband für jüdiſche Kulturarbeit in Paläſtina hin, und bezeichnet als die nächſte Aufgabe den Zuſammenſchluß aller zioniſtiſchen Frauen und die Errichtung einer Zentralſtelle für zioni - ſtiſche Frauenarbeit. Das Referat findet allgemeinen Bei - fall. Der Antrag wird faſt einſtimmig angenommen. Dr. Emil Margulies, Referent der Organiſationskommiſſion, erſtattet einen Bericht über das neue Organiſa - tionsſtatut, welches dem Kongreß vorlag. Das lei - tende Organ der Bewegung ſoll ein Kollegium von 5 oder7 Mitgliedern bilden, deren Mehrzahl an demſelben Orte wohnen ſoll. Dieſes Organ ſoll einem Aktionskomitee von 25 Mitgliedern verantwortlich ſein, dieſe Mitglieder ſollen die Möglichkeit haben, öfters zwecks Beratung zuſammen zu kommen, und ein Zentralkomitee aus Vertretern aller Landesorganiſationen beſtehend, ſoll einmal im Jahre zu - ſammentreten. Nach längerer Debatte nimmt der Kongreß das neue Statut mit einigen Modifikationen en bloc an. Gegen dreiviertel 10 Uhr abends erklärt der Vorſitzende Dr. Marmorek, Paris, die Arbeitsſitzung für geſchloſſen. Sämtliche Vorlagen ſind reſtlos erledigt, das Budget für die neue Leitung bewilligt und die Wahlen für Kongreß - gericht, Ehrengericht und Nationalbibliothek vorgenom - men. So erübrigt nur noch die Wahl der Leitung, die altem Brauche gemäß einer eigenen Feſtſitzung vorbe - halten bleibt. Wenige Minuten nach 10 Uhr eröffnet Dr. Bodenheimer, Köln, dieſe Sitzung. Unter lautloſer Stille erhält Prof. Weizmann, Mancheſter, das Wort. Den Beſchlüſſen des Permanenzausſchuſſes gemäß bean - tragt er vorerſt die Wahl des Aktionskomitees, das nun - mehr aus 25 Mitgliedern beſtehen ſoll; dann erſtattet er den Vorſchlag für die neue Leitung. Da Präſident Wolf - ſohn und Jakobus Kann auf ihrem Beſchluſſe be - harren, in die engere Parteileitung nicht einzutreten, wird ein 5-gliedriges Kollegium an die Spitze der Organiſation treten. Prof. Warburg, Rechtsanwalt Hantke, Dr. Schemarjahn Lewin, Nahum Sokolow und Doktor Jakobſohn, Konſtantinopel, ſind die Männer, die für die nächſte Periode die Verantwortung tragen ſollen. Pro - feſſor Warburg erklärt ſich namens der neuen Leitung be - reit, die ſchwere Aufgabe zu übernehmen. Seine program - matiſchen Erklärungen enden mit Worten des Dankes an den bisherigen Präſidenten David Wolfſohn, die in ihrer ſchlichten Treue allgemeine Rührung erwecken. Nach ihm ſpricht Dr. Tſchlenow, Moskau, zum Schluſſe der einſtige Oppoſitionelle Ing. Uſſiſchkin, der mit Wolfſohn den Bruderkuß tauſcht. Die letzten Worte des Vorſitzenden gehen in minutenlangem Jubel unter. Mit dem Liede der Hoff - nung ſchließt die Tagung.

Bunte Chronik.

Die Cholera.

Neue Krankheitsfälle in Oeſterreich-Ungarn.

In Pola, Fiume und Mar - burg ereignete ſich je ein Fall von Cholera.

Cholerapanik in einem Eiſenbahnzuge.

In dem Perſonenzuge der Süd - bahn, der um halb 2 Uhr nachmittags in Wien eintrifft, gab es geſtern in Payerbach eine förmliche Cholera - panik. In einem Wagen dritter Klaſſe ſaßen mit an - deren Paſſagieren zwei Ehepaare aus Trieſt. Vor Mürz - zuſchlag erkrankte eine der Frauen an heftigen Erbre - chen und Durchfall. Da man Choleraverdacht hegte, wurde der Wagen in Mürzzuſchlag abgeſperrt und ſämt - lichen darin befindlichen Paſſagieren aufgetragen, behufs Iſolierung und Beobachtung die Reiſe bis Wien mitzu - machen, was unter den Paſſagieren große Aufregung her - vorief. Auf unaufgeklärte Weiſe kamen in Payerbach noch vier Perſonen in dieſen Wagen. Als ſie von den getroffe - nen Maßregeln hörten, wurden ſie ſehr erregt. Zwei Männer ſpranegn hinter der Station durch das Kou - peefenſter aus dem fahrenden Zuge und

Die Goldmühle

66] (Nachdruck verboten.)

Sie ſtanden noch eine Weile in ſtiller Andacht am Hügel. Ehe ſie ſich zum Gehen wandten, zog er ein kleines Etui aus der Taſche. Schau her, Roſemarie, was ich dir mitgebracht hab! ſagte er und öffnete das Etui. Ein leiſer Freudenruf kam über ihre Lippen. Da nimm ihn, Herzliebſte! Komm, ich will ihn dir an den Finger ſtecken ſo! Und komm, den andern ſollſt du mir anſtecken! Zitternd vor Freude nahm ſie den goldenen Reifen aus ſeiner Hand und ſchob ihn an den dargebotenen Finger. Hier an Hanſis Grabe ſoll der Bund geſchloſſen ſein, ſagte er leiſe, und ſo wahr wir ihn beide liebgehabt haben, wollen auch wir uns ewig lieben!

Amen! hauchte ſie leiſe, und eine klare Träne fiel auf ſeine Hand.

Schweigend verließen ſie den Friedhof. Im Walde nahm er ſie in ſeine Arme, und ſie ruhte lange an ſeinem Herzen. Ach, wie ſüß träumt ſich’s an deinem Herzen! flüſterte ſie und ſah glückſtrahlend zu ihm empor.

Träume nur, ſagte er zärtlich, und Gott gebe, daß all deine Träumen holde Wirklichkeit wird!

Ach, Schatz, ſagte ſie endlich, ſich aus ſeiner Um - armung löſend, verzeih mir, daß ich in meinem Glück gar net daran gedacht hab der Wind geht ſo eiſig und du biſt warm geworden auf dem Wege! Wenn du dir nur net einen Schaden zugefügt haſt an deiner Geſundheit! Komm, laß uns nun lieber heimgehen!

Wo mir’s im Herzen ſo warm iſt, Schatz? Aber du haſt recht, laß uns gehen! Wir müſſen doch nun vor allem die Eltern bitten, daß ſie uns ihr ſegnendes Jawort nicht vorenthalten.

Sie ſchritten Hand in Hand den einſamen Talweg hinauf, bis die Mühle vor ihren Blicken auftauchte.

Es war eine ſtille Verlobung, die dort gefeiert wurde. Aber ein Hauch des Friedens ging an dieſem Abend durch das ſtille Haus, das ſchon ſoviel Unfrieden und Herzeleid geſehen.

Vierzehntes Kapitel.

Die Auflöſung der Muhme ſchien nahe bevorzuſtehen. Eva konnte kaum noch von ihrem Bette weichen. Als hät - ten ſie Blei an den Füßen, ſo träge ſchlichen die Stunden dahin, und hätte ihr nicht Florian ab und zu ein Buch aus der Güldenthaler Schulbibliothek mit auf den Berg gebracht, die Einſamkeit wär oft unerträglich geweſen ein Tag wie der andere.

Sie machte ſich in dieſen Tagen beſonders ernſte Ge - danken darüber, wie es nun mit ihr werden würde, wenn erſt die Muhme nicht mehr wäre. Daß deren Tage gezählt waren und jeder Tag die Entſcheidung bringen konnte, ſah ſie ja deutlich vor Augen. Dann war ſie ganz einſam und verlaſſen, aber ſie war auch ganz frei. In die Fremde geh ich und ſuch mir mein Brot bei fremden Leuten! ſagte ſie ſich, und nie und nimmer kehr ich wieder, und wenn mir die Sehnſucht das Herz verzehrt. Ich hann die Sünd net länger tragen auf meinem Gewiſſen, daß ich den Flori ſo heiß liebe, net wie meinen Bruder, wie ich mich anſtellen muß, nein, ganz, ganz anders. Ich kann net ne - ben ihm ſtehen und mit ihm plaudern, wie eine Schweſter, wenn ſie mit ihrem Bruder redt, wo mir, während ich mit ihm red, innerlich das ganze Herz verbrennt vor heißer Liebesglut, ſchlimmer, als es Anfang war, wo er noch net mein Bruder war ich wußt’s wenigſtens net, daß er’s war. Und das war net anders, net beſſer, eher noch ſchlim - mer mit jedem Tag. Es iſt beſſer, ich geh ihm ganz aus den Augen, daß ich ihn gar nimmer ſeh, vielleicht wird alsdann mein Herz ruhiger. Und er, er muß es auch tra - gen, wenn ich’s tragen kann, er iſt doch ein Mann und net ein ſchwaches Weib, wie ich arme Dirn. Ich ſag’s ihm, wenn er wieder heraufkommt ja, ich ſag’s! Ganz be - ſtimmt, ich ſag’s! Es iſt beſſer, er weiß es beizeiten, daß er net gar zu arg erſchrickt, wenn es ſo weit iſt, daß es ge - ſchieden ſein muß. Das Häusle und das Feld werd ich ſchnell los, es ſpekuliert ſchon mehr als einer darauf, diedie Zeit net erwarten können, bis die Muhme entſchlafen iſt, und Vermögen hab ich alsdann mit meinem eigenen Erſparten ſo viel, daß ich beſtehen kann und mich net der erſten beſten Herrſchaft an den Hals zu werfen brauch. Ich muß Frieden haben!

Aber ſie ſagte es ihm doch nicht, ſooft ſie ſich’s auch vornahm, ſooft er auch kam. Er kam oft nur auf einen kurzen Augenblick, um guten Tag zu ſagen und nach dem Rechten zu ſehen, und verabſchiedete ſich bald wieder mit einem Händedruck und einem herzlichen Leb wohl, Eva, und behalt mich lieb, bis wir uns wiederſehen! Dann hätte ſie einmal aufſchreien mögen, wenn er von ihr ging, ſo ruhig, als ob er von ſeiner Schweſter ginge, die er mor - gen wiederſieht. Sie wußte ja nicht, wie er an ſich hielt und was in ſeiner Seele vorging, ſo wenig er durch ihr ruhig blickendes Auge einen Blick auf den tiefſten Grund ihrer Seele zu tun vermochte.

So war denn endlich Weihnachten herangekommen, und die Berge ſchimmerten weiß. Florian hatte Eva einige Tage vor dem Feſte ein Tannenbäumchen gebracht. Bei uns unten wird kein Baum geputzt, hatte er geſagt; für wen denn auch? Bis auf die Roſemarie iſt alles in trüber Stimmung, und Kinder ſind net da, die ſich daran freuen könnten. Das Geſinde iſt zufrieden, wenn es ſeine Zuge - hörigen reichlich bekommt. Aber du ſollſt ein Bäumchen haben; Roſen haſt ja genug, und Aepfel auch, und Nüſſe und Lichte bring ich dir noch mit herauf. Vielleicht macht’s der Muhme Freude.

Ich dank dir, Flori! hatte Eva geantwortet; aber mit den Lichten und Nüſſen laß das ſein, denn ich glaub kaum, daß die Muhme überhaupt darauf achtet. Sie ſchläft ja beinah den ganzen Tag, und wenn ſie wach iſt, ſo fragt ſie nach nichts, ſondern betet oder ſchwatzt allerlei wirres Zeug. Ich will das Bäumchen in den Garten ſtellen und Aehren darauf tun, wenn du mir einen Strauß mitbrin - gen willſt, daß die Vögel eine Freud haben. Und ich ſelbſt ich freu mich mit, wenn ich ſeh, wie luſtig die armen hung - rigen Tierle in den Aehren zauſen.

(Fortſetzung folgt).

4Czernowitzer Allgemeine Zeitung 22. Auguſt 1911.

blieben mit mehrfachen Verletzungen liegen. Mit dem folgenden Zuge wurden ſie nach Wien überführt. Sofort nach der Ankunft der verdächtigen Südbahnpaſſagiere wurden in Wien alle erforderlichen Maßnahmen getroffen. Die ſofort vorgenommene Unterſuchung ergab jedoch, daß ein Choleraverdacht ausgeſchloſſen iſt. Der einen Frau wurde plötzlich unwohl und ſie hat in dieſem Zuſtande Erbrechen bekommen. Auf Grund des negativen Reſultats der Unterſuchung wurden die Paſſagiere ſofort wieder entlaſſen.

KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Im Lager von Valona ſtarben geſtern 17 Soldaten an Cholera. Aus Uesküb und San Giovanni wurden je 5 Todesfälle an Cholera gemeldet.

Die Streiks in England.

Ausſchreitungen.KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

In Llanelly begingen heute nachts die Ausſtändigen Plünderungen und Brandſtiftungen.

Als ſie im Bahnhofe einen Güterſchuppen in Brand ſteckten, erfolgte eine Exploſion, wodurch drei Per - ſonen getötet und viele verletzt wurden. Polizei und Militär ſchritten ein, wobei viele Perſonen verletzt wurden.

Ein Streikverſuch der Zeitungsausträger. Tumulte. Viele Verletzte. KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Heute nachts kam es in Dublin zu einem Tumult, da die Zeitungsausträger ſich weigerten, die Zeitungen aus - zutragen und verſuchten, die Zeitungstransportwagen aufzuhalten. Die angeſammelte große Menſchenmenge wurde durch die Polizei zerſtreut, wobei 31 Schutzleute und über 100 Ziviliſten Verletzungen davon - trugen. 26 Perſonen wurden verhaftet.

Stillſtand in der Montan - und Metallinduſtrie. KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Da infolge des Ausſtandes der Eiſenbahner die Hochöfen gelöſcht werden mußten, feiern in Rotherham etwa 50.000 Berg - und Metallarbeiter. Auch in Middlesborough feiern aus dem gleichen Grunde mehrere Tauſend Arbeiter.

Der Eiſenbahnerſtreik beendet.

KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Der Ausſtand der Eiſenbahner iſt beendet. Eine Anzahl von Angeſtellten der London-Brighton und der London and Northweeſtern Railway hat um Wie - deranſtellung gebeten. Die Brighton-Linie kündigt an, daß Montag eine Anzahl von Zügen auf der Haupt - ſtrecke wieder verkehren wird. Auf dem Hauptbahnhof in Mancheſter langten geſtern mittags einige Züge aus Li - verpool und London an, die vom Publikum mit großer Begeiſterung begrüßt wurden.

KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Der Ausſtand der Eiſenbahner iſt zu Ende. Heute herrſcht überall Ruhe. Das Kriegsminiſterium ordnete an, daß die Truppen in ihre Bezirke zurückgeſandt werden.

Ein Kriminalroman aus dem Leben. Fachſtudien einer Hauptmannstochter, um 300.000 K zu erſchwindeln.

Am 27. v. M. erhielt ein Prager Notar einen Brief mit der Unterſchrift des Dr. Janowsky, eines bekannten reichen Gutsbeſitzers, der krank darnieder - lag, und in dem ihm dieſer mitteilte, daß er für ſeine uneheliche Tochter Zdenka Skala bei Lebzeiten noch ſorgen wolle, weshalb er auf ſein Gut ein Hypo - thekardarlehen von 250.000 K aufnehmen wolle. Das Geld ſoll die Zdenka Skala erhalten. Einige Tage ſpäter ſtellte ſich beim Notar die angebliche Zdenka Skala vor, und der Notar. richtete an die Böhmiſche Unionbank ein Schreiben wegen der Aufnahme des Darlehens. Die Sparkaſſe entſandte eine Schätzungskommiſſion auf das Gut des Dr. Janowsky, der zu dieſer Zeit ſo krank war, daß er kaum recht verſtand, was die Kom - miſſion von ihm wollte, und zu Allem Ja und Amen ſagte. Dadurch wurde der Notar nur noch mehr in der Meinung beſtärkt, daß alles mit rechten Dingen zugehe. Nun war aber auch noch ein Steuerauszug notwendig, und die Skala ſollte dieſen beſchaffen. Zu dieſem Steuerauszug war die eigenhändige Unterſchrift Dr. Ja - nowskys erforderlich. In der Vollmacht erkannte jedoch der Steuerbeamte bloß einen Stampiglienab - druck und wies die Vollmacht zurück, machte aber gleich - zeitig Dr. Janowsky auf die Sache aufmerkſam. Dieſer betraute einen befreundeten Rittmeiſter mit den Nachfor - ſchungen, und ſo kam es zur Strafanzeige. Auf Grund der Perſonsbeſchreibung, die der Notar gab, wurde die 33jährige Hauptmannstochter Helene Seitz aus Tachau als die angebliche Zdenka Skala ausgeforſcht und ver - haftet. Nach längerem Leugnen geſtand ſie den Betrugs - verſuch ein und gab an, durch das Leſen von Krimi - nalromanen ſei ſie auf die Idee gekommen, ſich in den Beſitz eines größeren Vermögens zu ſetzen. Sie habe gewußt, daß Dr. Janowsky reich und krank ſei. Um ſich ſeine Originaluntreſchrift zu verſchaffen, habe ſie ihn brieflich um die Adreſſe einer früheren Wirtſchafterin ge - beten, und auf Grund dieſer Unterſchrift habe ſie ſich bei einem Graveur eine Handſchriftſtampiglie anfertigen laſſen. In einer Prager Buchhandlung habe ſie ſich zahl - reiche juriſtiſche Bücher gekauft, aus denen ſie ſich die er -forderlichen Rechtskenntniſſe verſchaffte. Außerdem hatte ſie auch mit einem Prager Rechtsanwalt die Angelegenheit beraten, ohne ihn natürlich wiſſen zu laſſen, daß ſie einen Betrug vorhabe. So ausgerüſtet, ging ſie dann an die Ausführung des Verbrechens, das ihr bei - nahe geglückt wäre.

Rumäniſche Räuberromantik.

Der berühmte und beliebte Räuber Pantelimon ſorgt dafür, daß die Leute von ihm zu ſprechen haben. Auf der Folticeni Landſtraße traf Pantelimon unlängſt eine Frau, die ihre Kuh zu Markte trieb. Der Räuber fragte die Frau, warum ſie die Kuh verkaufe und bekam zur Antwort, daß ſie nicht das zur Erhaltung der Kuh nötige Futter beſitze. Pantelimon gab der Frau 100 Lei und ſagte ihr, daß ſie die Kuh nicht ver - kaufen ſolle. Am nächſten Tage trafen ſie wieder zuſam - men und Pantelimon fragte, was mit der Kuh geſchehen ſei. Die Frau war aufrichtig und ſagte, daß ſie die Kuh für 120 Lei verkauft habe. Du haſt alſo nicht Wort ge - halten , ſagte Pantelimon, auch gut, du mußt mir aber die 100 Lei zurückgeben, die ich dir geſtern geſchenkt habe und er nahm der Frau die 100 Lei weg. Vergangenen Montag ſoll Pantelimon in ein beim Kloſter Pomete be - findliches Wirtshaus gekommen ſein, wo er ſich Trank und Speiſe geben ließ. Es waren nur die Kinder des Wirtes im Hauſe und als der Räuber fortging, ſagte er zu den Kindern: Sagt eurem Vater, daß ihr die Ehre hattet, den Pantelimon zu bewirten. Die Behörden ſind dem Räu - ber auf der Spur. Aus Folticeni meldet man: Der Un - terſuchungsrichter war nach einer im Dorfe Concea durch - geführten Unterſuchung auf dem Heimweg zu dem Berg Staniſchora gekommen, wo ihm die Bauern mitteilten, daß Pantelimon vor 20 Minuten in der Gegend geweſen und in der Richtung einer Sennerei weitergegangen ſei. Der Richter und ſeine Begleiter gingen zur Sennerei und vernahmen dort, daß Pantelimon bereits wieder weiter gezogen ſei. Er hatte einem Hirten zwei Briefe übergeben und ſich dann ſofort entfernt. Der eine Brief war für den Verwalter des Gutes Draguſcheni beſtimmt. In dem Briefe wird der Verwalter aufgefordert, dem Räuber 3000 Lei zu ſchicken, widrigenfalls er ihm an den Kragen gehen werde. Mit dem zweiten Brief verſtändigte Panteli - mon ſeinen Verwandten J. Ruſſu, daß es ihm ſehr gut gehe und daß er mit dem Gang ſeiner Geſchäfte ſehr zufrieden ſei. Bald darauf kam aus dem 50 Kilometer weiter gelegenen Dorfe Cotirgaſi die Meldung, daß ſich Pantelimon in den Wäldern der Umgebung auf - halte und dort eingefangen werden könnte. Die aus Jaſſy kommende neueſte Nachricht meldet, daß ſich Pan - telimon gegenwärtig im Walde des Dorfes Rorgaſi auf - hält und daß er ſich als Gendarm verkleidet habe. Der Wald ſoll von 300 Verfolgern umzingelt ſein.

Die Opelwerke niedergebrannt. Tauſende von Fahrrädern und Nähmaſchinen vernichtet. KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

In den Opelwerken brach heute nachts ein Brand aus, durch welchen ein großer Teil der Fabriksaulagen einge - äſchert wurde. Tauſende von Fahrrädern und Näh - maſchinen wurden vernichtet. Bei den Bergungsarbeiten wurden 28 Perſonen verletzt. Der Schaden beträgt dreieinhalb bis vier Millionen Mark.

Czernowitzer Angelegenheiten.

Perſonalnachricht.

Konſiſtorialrat Alexander Mana - ſtyrski in Czernowitz hat einen mehrwöchentlichen Ur - laub angetreten.

Der Nachfolger Prof. Dr. Friedwagners.

Univerſi - tätsprofeſſor Dr. Eugen Herzog, deſſen Ernennung an Stelle Friedwagners wir kürzlich meldeten, wurde im Jahre 1875 in Wien geboren, ſtudierte dortſelbſt und ganz kurze Zeit in Paris und war Schüler von Hofrat Meyer - Lübke nud Hofrat Muſſafia. Von 1906 1908 ſupplierte Prof. Herzog eine Lehrkanzel in Krakau. Bekannt iſt die von ihm herausgegebene franzöſiſche Sprachgeſchichte. Daneben beſchäftigt er ſich mit Neuprovencaliſch und Spa - niſch und mit Problemen der allgemeinen Sprachwiſſen - ſchaft. So hat Prof. Dr. Herzog eine neue Löſung des Problems verſucht, warum ſich die Laute der Sprache ver - ändern. Ferner hat er eine Chreſtomatie der neufranzö - ſiſchen Dialekte auf wiſſenſchaftlicher Grundlage herausge - geben. Seine weiteren Schriften ſind: Zur Geſchichte der franzöſiſchen Infitivtitel , Material zu einer neuproven - caliſchen Syntax , Das To-Partizip im Altromaniſchen und zahlreiche kleinere Arbeiten in Zeitungen und Zeit - ſchriften. Prof. Herzog wird Ende dieſes Monats in Czer - nowitz eintreffen.

Von der Staatsanwaltſchaft.

Der erſte Staatsanwalt Dr. Demeter Tuſchinski in Czernowitz iſt vom Ur - laub zurückgekehrt und hat die Leitung der Staatsanwalt - ſchaft wieder übernommen. Staatsanwalt Dr. Norbert Lazarus in Czernowitz hat einen mehrwöchentlichen Urlaub angetreten.

Gerichtliches.

Bezirksrichter Kaſimir Leidler in Czernowitz wurde zum Vorſitzenden-Stellvertreter des hieſigen Gewerbegerichtes ernannt.

Militäriſches.

Der mit Wartegebühr beurlaubte Ober - leutnant Franz Provaznik des Landwehrinfanterie - regimentes Czernowitz Nr. 22 wurde in den Ruheſtand verſetzt, als zum Truppendienſt in der Landwehr untaug - lich, zu Lokaldienſten geeignet, unter Vormerkung für letztere. Der Leutnant im nichtaktiven Stande des Landwehrinfanterieregimentes Czernowitz Nr. 22 Karl Petrak wurde in das Verhältnis außer Dienſt ver - ſetzt als zum Truppendienſt in der Landwehr untauglich, zu Lokaldienſten geeignet. Das 8. Ulanenregiment un - ter Kommando des Regimentskommandanten, Oberſten Freiherrn von Gablonz rückte heute von hier bezw. Zuczka zu den Regimentsübungen ab, die in der Gegend zwiſchen Sadagura und Rarancze abgehalten werden. Am 5. September rückt das 8. Ulanenregiment wieder hier bezw. in Zuczka ein.

Aus dem Magiſtrate.

Magiſtratsſekretär Waſſer - mann iſt vom Urlaube rückgekehrt und hat die Leitung des 1. Departements wieder übernommen. Die Friſt zur Einbringung der Geſuche um Verleihung der beim Stadtmagiſtrate in Czernowitz zur Beſetzung gelangenden Konzeptspraktikantenſtelle läuft erſt am 5. September 1911 ab.

Todesfall.

Am 12. d. ſtarb in Olmütz Frau Mina Roſenhek, Witwe nach dem vor 15 Jahren verſtorbe - nen Oberkantor Iſak Roſenhek. Das Leichenbegängnis fand am 15. d. unter zahlreicher Beteiligung in Olmütz ſtatt. Oberrabbiner Dr. Oppenheim hielt der Ver - blichenen einen warmen Nachruf. Auf die telegr. Nach - richt von dem Tode der Frau Mina Roſenhek an die Czer - nowitzer Kultusgemeinde wies dieſe an die Kultusgemeinde in Olmütz an, das Leichenbegängnis auf ihre Koſten zu veranſtalten.

Die Offiziere des 22. Landwehrinfanterieregimentes beim Korpsoffiziersbeſtſchießen in Lemberg.

Am 19. d. fand in Lemberg das Korpsoffiziersbeſtſchießen ſtatt, an welchem ſich das Offizierskorps des Landwehrinfan - terieregimentes Nr. 22 beteiligte und beſonders im Schie - ßen hervortat. Von den 6 beteiligten Offizieren des Regi - mentes erhielten: Den erſten Schützenpreis: Hauptmann Czadan. Ehrenpreis Sr. kaiſ. und königl. Hoheit des Erzherzog Friedrich: Goldene Uhr mit den Initialen und 150 K in Gold. Den zweiten Scharfſchützenpreis: Ober - leutnant Kozicki: Eine in Gold gefaßte Kryſtallſtand - uhr und 130 K in Gold; Spende Sr. Exzellenz des Herrn Korpskommandanten. Den vierten Scharfſchützenpreis: Leutnant Gilczewski: eine Broncefigur und 100 K in Gold; Spende Sr. Exzellenz Herrn Feldmarſchalleut - nant Wagner. Den dritten Schützenpreis: Oberleutnant Hendl: eine Broncekaſſette und 70 K in Gold. Den zwölften Schützenpreis: Hauptmann Koch: 60 K in Gold.

Zur Meuterei im Garniſonsgefängniſſe.

In mehreren Wiener Blättern iſt aus Czernowitz die Meldung enthalten, daß der Profoß Thieß ſeinen Verletzungen erlegen ſei. Wir ſtellen dem gegenüber feſt, daß der Profoß Thieß, wie wir bereits in unſerer letzten Nummer meldeten, ſich auf dem Wege der Beſſerung befindet und daß eine Lebens - gefahr überhaupt nicht vorhanden iſt.

Von der Volksküche.

Am 18. d. wurden anläßlich des Geburtstages unſeres Kaiſers über 1500 Arme in der Volksküche unentgeltlich beſpeiſt und ihnen auch Freibier verabreicht.

Bahnverkehr Karlsberg Putna.

Vom 1. September l. J. angefangen wird auf der Lokalbahnlinie Karlsberg Putna, das bis nun nur an jedem Freitag verkehrende Zugpaar Nr. 1555 / 1556 auch an jedem Montag und Mitt - woch, ſomit dreimal wöchentlich verkehren.

Holzlieferungsausſchreibung.

Wie uns die Bukowiner Handels - und Gewerbekammer mitteilt, findet bei der k. k. Staatsbahndirektion Krakau eine ſchriftliche Offertver - handlung wegen Vergebung der Lieferung von Schwellen und diverſen Holzmaterialien ſtatt. Etwaige Offerte ſind längſtens bis 10. September 1911, 12 Uhr mittags bei der genannten Staatsbahndirektion einzubringen. Näheres im Bureau der Handels - und Gewerbekammer (Tür 5).

Wetterprognoſe für morgen.

Wechſelnd wolkig, Nei - gung zur Gewitterbildung, etwas wärmer, mäßige Winde.

Rechtspflege.

Geſchworenenausloſung.

Bei der Samſtag unter Vorſitz des Vizepräſidenten Kriſtel ſtattgefundenen Geſchwore - nenausloſung für die am 12. September beim hieſigen Landesgerichte beginnende dritte diesjährige Schwurge - richtsperiode wurden folgende Herren ausgeloſt: A. Haupt - geſchworene: Oskar Czerny, Bildhauer, Czernowitz, Gregor Auriti, Hauseigentümer, Czernowitz, Abraham Burg, Landwirt, Waszkoutz, Erwin Müller, Baumeiſter, Czer - nowitz, Wilhelm König, Grundwirt, Hliboka, Dr. Salo - mon Gerſchel, Advokat, Czernowitz, Maximilian Wender, Verſicherungsbeamter, Czernowitz, Hermann Goldſtein, Prokuriſt, Czernowitz, Martin des Franz Sauer, Grund - wirt, Deutſch-Terebleſtie, Dr. Maximilian Barber, Haus - eigentümer, Czernowitz, Wenzel des Franz Neſtmann, Grundwirt, Czernowitz, Julius Hudeczek, Hauseigentü - mer und Zimmermaler, Czernowitz, Moſes Rudich, Kauf - mann, Zuczka, Joſef des Johann Linzmayer, Grundwirt, Baince, Moſes Aberbach, Bankdirektor, Czernowitz, Karl Schmautz, Hauseigentümer, Czernowitz, Eugen Löwy, Großinduſtrieller, Czernowitz, Leon König, Buchhändler,522. Auguſt 1911 Czernowitzer Allgemeine ZeitungCzernowitz, Iſidor Wiegler, Buchdruckereibeſitzer, Czerno - witz, Markus Chodrower, Wechſelſtubenbeſitzer, Czernowitz, Phöbus Gottlieb, Hausbeſitzer, Kupka, Herſch Horowitz, Privatier, Werenczanka,, Kaufmann Brück, Bankdirektor, Czernowitz, Emil Bohoſiewicz, Gutsbeſitzer, Ruß-Banilla, Franz Mayer, Bankbeamter, Czernowitz, Joel Kaßwan, Propinationspächter, Hlinitza, Aron Sternberg, Grund - wirt, Repuzynetz, Sirbul Holowaty, Grundwirt, Tere - bleſtie, Oſias Mayer Schöps, Mühlenbeſitzer, Ruß-Banilla, Iſak Beral, Bankdirektor,, Sereth, Hermann Bein, Buch - druckereibeſitzer, Kotzmann, Karl Czaikowski, Verſiche - rungsbeamte, Czernowitz, Simche Fränkel, Hausbeſitzer, Wiznitz, Nathan Gottlieb, Gutspächter, Kiczera, Herz Achner, Großgrundbeſitzer, Ropcze, David Dolinski, Bür - germeiſter, Alt-Broskoutz. B. Erſatzgeſchworene: Johann Witiuk, Siechenhausverwalter, Dr. Joſef Poras, Arzt, Friedrich Mittelmann, Bankbeamte, Anton Nevecerel, Advokat, Julius Bochner, Baumeiſter, Heinrich Czoban, Hauseigentümer, Jakob Töpper, Konfektionär, Iſak Trintſcher, Kaufmann, Waſil Balan, Hauseigentümer. Sämtliche in Czernowitz.

Oekonomiſches.

Von der Frucht - und Produktenbörſe.

Der heutige Getreidemarkt bewegte ſich wieder in ſeinen engen Grenzen. Weitzen ſtellte ſich auf 22 bis 23 K, Korn auf 17 K 50 h, Gerſte über 16 K und Hafer 15 K 50 h.

Verkauf von Spiritus in Galizien und der Buko - wina.

Am 1. September 1911 tritt die Organiſation der Spiritusinduſtrie in Kraft. Den Verkauf von rektifizier - tem und denaturiertem Spiritus hat das Syndikat der Spiritusraffineure in Oeſterreich der k. k. priv. öſterr. Kredit-Anſtalt für Handel und Gewerbe übertragen. Die Filiale dieſer Anſtalt in Lemberg hat demzufolge ein Zentral-Verkaufs-Bureau für den Verkauf von Spiritus in Galizien und der Bukowina unter der Firma Spiritus - Abteilung der Filiale der k. k. priv. öſterr. Kredit-Anſtalt für Handel und Gewerbe in Lemberg organiſiert. Zweck dieſer Organiſation iſt einerſeits die Geſundung der Kon - kurrenzverhältniſſe in der Spiritusinduſtrie mit Anſchluß der Spekulation auf dieſem Gebiete herbeizuführen, an - dererſeits auch dem konſumierenden Publikum nur qua - litativ feinen Spiritus, ohne die Preiſe ungebührlich zu erhöhen, liefern zu können. Die Leitung der genannten Spritus-Abteilung erſucht alle Intereſſenten ab 1. Sep - tember 1911 ſich gefl. an die Spiritus-Abteilung der Filiale der k. k. priv. öſterr. Kredit-Anſtalt für Handel und Gewerbe in Lemberg, Kraszewskiego Nr. 7 wenden zu wollen. Demnächſt wird eine Expoſitur dieſer Abtei - lung in Czernowitz eröffnet.

Fünftägige Lagergeldfreiheit für Zuckerrüben bei der Aufgabe.

Gleich wie im Vorjahre, wird auch heuer für Zuckerrüben bei der Aufgabe in jenen Bukowiner Stationen, in welchen die Zuckerfabriken Luzan bezw. Zuczka keine Lagerplätze für die Ablagerung von Rüben gepachtet haben, bis auf Widerruf längſtens jedoch bis 31. Dezember 1911 eine fünftägige Lagergeldfreiheit ge - währt. Dieſelbe wird durch die dazwiſchenfallenden Sonn - und Feiertage nicht verlängert und kann bei eintretendem Platzmangel durch den zuſtändigen Bahnamtsvorſtand ohne weitere Förmlichkeit aufgehoben werden.

Korreſpondenzen.

Wiznitz. (Kaiſers Geburtstag.)

Wie alljähr - lich ſo wurde auch diesmal die Geburtstagsfeier unſeres greiſen Kaiſers feierlich begangen. Am 17., abends, fand ein feierlicher Umzug durch die feſtlich illuminierte und feierlich beflaggte Stadt be den Klängen der ho. Muſik - kapelle und unter Beteiligung der freiwilligen Feuerwehr des Veteranenkorps und ſämtlicher hier exiſtierenden Ver - eine ſtatt. Der Fackelzug bewegte ſich zur Wohnung des Bezirkshauptmannes, wo der Bürgermeiſter Markus Voghel in beredten, warmen Worten den Gefühlen der Liebe und Anhänglichkeit der Bevölkerung für die Perſon unſeres greiſen Kaiſers und für die Dynaſtie Ausdruck verlieh. Die Rede ſchloß mit einem dreimaligen Hoch auf Seine Majeſtät unſeren Kaiſer, in das die begeiſterte Menge unter Abſingung der Volkshymne begeiſtert ein - ſtimmte. Sodann ſprach namens des freiwilligen Feuer - wehrvereines der Kommandant Leſſner. Bezirkshaupt - mann Dr. Leo Jech erwiderte in formvollendeter, herzlich empfundener Rede, welche in den Wunſch ausklang, daß Seine Majeſtät, der edelſte Schutz und Hort aller bürger - lichen Freiheiten, welcher der Erſte war, der den von der Hochwaſſerkataſtrophe Betroffenen aus Privatmitteln einen namhaften Betrag ſpendete, der Bevölkerung durch lange, lange Jahre erhalten bleibe, da dieſes koſtbare und teuere Leben beiſpiellos in der Geſchichte daſtehe und völ - lig unerſetzbar ſei. Das dreifache Hoch , mit welchem der Bezirkshauptmann ſeine Rede ſchloß, fand begeiſterten Widerhall unter der Menge, die entblößten Hauptes unter den Klängen der Muſik die Volkshymne anſtimmte. Am 18. um 6 Uhr früh: Tagrevaille und Umzug der Muſik - kapelle durch die feſtlich geſchmückte Stadt, ſodann am Vor - mittage Feſtgotesdienſt in den Kirchen aller Glaubens - bekenntniſſe und im Tempel. Um 12 Uhr mittags fand eine Gratulation aller Behörden und autonomen Körper - ſchaften, ſowie der hier beſtehenden Vereine beim k. k. Be - zirkshauptmanne ſtatt. Von Gebäuden waren beſondersſchön und feſtlich das Gemeindehaus und die Apotheke dekoriert.

Zaſtawna. (Selbſtmord.)

Am 15. d. M. gegen 3 Uhr nachmittags hat ſich der 56jährige Koſt Pauk des Iwon aus Zaſtawna in einem Schopfen ſeines Wirt - ſchaftsgebäudes erhenkt. Die Urſache der Selbſtentleibung ſoll ein langjähriges Leiden und die heurige Mißernte ſein.

Letzte Telegramme.

Kaiſerliche Spende.

(Korr. -B.)

Der Kaiſer ſpen - dete für die durch einen Brand geſchädigten Einwohner von Zams 3000 Kronen.

Kriegsgerüchte im Zuſammenhang mit der Unterbrechung der Berliner Verhandlungen.

(Priv. -Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Die Unterbrechung in den Verhandlungen über die Ma - rokkofrage gibt mehreren franzöſiſchen Blättern Anlaß zu allerlei alarmierenden Meldungen.

So meldet das Journal aus London, daß dort geſtern Gerüchte über den bevorſtehenden Ausbruch eines Krieges zwiſchen Deutſchland und Frankreich verbreitet geweſen ſeien.

Andere Blätter berichten aus Cherburg, daß in dem dortigen Marinearſenal fieberhaft daran ge - arbeitet wird, Torpedoboote vollſtändig kriegstüchtig herzuſtellen.

Fleiſcheinfuhr aus der Moldau.

Jaſſy, 21. Auguſt.

(Priv. -Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Geſtern ſind einige Fleiſchhauer aus Wien hier einge - troffen, um mit hieſigen Intereſſenten mündliche Be - ſprechungen zu pflegen, die darauf abzielen, regelrechte Fleiſchſendungen aus der Mold au nach Wien in kurzen Zeitintervalen zu bewerkſtelligen. Die gepfloge - nen Beſprechungen haben das von den Wiener Fleiſch - hauern gewünſchte Reſultat ergeben. Es wurde ein auf die Dauer von vorläufig 6 Monaten giltiger Liefer - ungsvertrag abgeſchloſſen und von den Kontrahen - ten geſtern unterzeichnet.

Trieſt cholerafrei.

(Korr. -B.)

Die Stadt Trieſt, wo ſeit zehn Tagen keine neue Erkrankung an Cholera vorgekommen iſt, wurde für cholerafrei erklärt.

Brand großer Holzlager in Trieſt.

(Korr. -B.)

Beim Brande der Holzlagerplätze des neuen Kaiſer Franz Joſef-Hafens wurden die Holzvorräte der Firmen Segre und Gherſiach im Werte von 600.000 K zerſtört. 500.000 K ſind durch Verſicherung gedeckt. Eine Brandſtiftung iſt nicht ausgeſchloſſen.

Ein Unternehmerſkandal in Venedig in Wien.

(Priv. -Tel. der Cz, Allg. Ztg. )

In dem bekannten Vergnügungsetabliſſement Venedig in Wien kam es aus finanziellen Gründen geſtern zu einem größeren Skandal zwiſchen dem Direktor Winter und den Leitern des Sommertheaters in die - ſem Etabliſſement, den in Theaterkreiſen bekannten Brü - dern Natzler.

Den beiden Letzteren wurde geſtern der Zutritt in das Etabliſſement verweigert. Die Angelegenheit, die in Wien großes Aufſehen erregt, wird ein gerichtliches Nach - ſpiel haben.

Die Arbeiterſtreiks in England.

(Korr. -B.)

Die Eiſenbahner kehren ruhig zur Arbeit zurück. Aus der Provinz wer - den Unruhen gemeldet. In Lincoln kam es Samstag nachts und Sonntag früh zu ernſten Ausſchreitungen. Mehrere Tauſend Perſonen griffen das Stationsgebäude an, zertrümmerten die Fenſter - ſcheiben und verurſachten großen Schaden. Militär unter - drückte den Aufruhr.

(Korr. -B.)

In der geſtrigen Abendverſammlung des Ausſtandskomitees wurde be - ſchloſſen, alle Angehörigen des Schiffahrtsgewerbes, da das Ergebnis der Verhandlungen mit den Verladern noch aus - ſtändig ſei, anzuweiſen, die Arbeit heute nicht aufzuneh - men. Der Beſchluß erſtreckt ſich auf 50.000 Mann.

Amtlicher Kurs - und Marktbericht. der Czernowitzer Frucht - und Produktenbörſe.

Preiſe per 50 kg, in Kronen ab (Parität) Czernowitz.

Weizen 11·60 11·84 Roggen 8·75 9·00 Gerſte (Br[auerei]- ware) 8·00 8·75, Hafer (Herrſchaftsware) 7·00 7·10 M[ais]7·35 7·50, Kleie (Weizen) 6 00 6·20, Roggen 6·20 6·30 Spiritus, per 10.000 Literperzent, roher, prompext, kl. Steuer per Czernowitz 54·00 54·50.

Telegraphiſche Kurſe vom 21. Auguſt 1911 der Bukowinaer Landesbank

4½ige Bukow. Landesbank-Fondſchuldverſchreibungen 99·50 100·50; 4%ige Bukow. Bodenkredit-Pfandbriefe 93·50, 94·50 5%ige Bukow. Bodenkredit-Pfandbriefe 100·50, 101·50; 4%ige Bukow. Landesbank-Pfandbriefe 93·50, 94·50; 4%ige Bukow. Landesbank-Communalſchuldverſchreibungen 93· 94· ; Oeſterr. - Kredit 655·65, Anglobank 329 90 Bankverein 548·75, Boden - kredit 113·00, Eskompte-Geſ. 787 50, Länderbank 549·50, Unionbank 627 25, Staatsbahn 744·10 Lemberg-Czernowitzer 560·00 Dampfſchiff 1180 00, Alpine 638·75, Brüxer-K[o]hlen 779·75 Prager Eiſen 2760 00, Rima-Muranyer 697·75, Weſtböhmiſche Kohlen 682·50, Draſche 868·00, Hirtenberger 1205 00 Türkenloſe 250·75, Rubel 253·75, 254·75, Mark - noten 117 37, 117 45; Privat 387 00 Ruſſ. 103 55, Lom - barden 123 75, Mai-Rente · , Ungar. -Kronenrente 91·50, Karpathen 795·00, Schodnica 426 00, Skoda 681·00, Tabak 325·00, Ung. -Kredit 848 00.

Effekten - und Wechſelkurſe der Wiener Bör[ſ]e

Einheitliche 4%ige konv. Rente Mai-November 92·10, Jänner-Juli 92·10; Einheitliche Rente [2]% in Noten, Februar Auguſt 95 85, in Silber, April-Oktober 95·90, Oeſterr. Gold - rente 116 00, Oeſterr. Kronenrente 4% 92 10, Oeſterr. I[n]- veſtitionsrente[3]½ % 80 35, Ungar. Goldrente 4% 111 65, Ungar. Kroneurente 4% 91 05, Ungar. Inveſtitionsrente 80·20 Oeſterr. -ung. Bank-Aktien 19·62, Kreditaktien 656·25, London vista 240 37½, Deutſche Reichsbanknoten für 100 M[ark]der R. -W. 117·37½, 20 Mark-Stücke 23·50, 20 Frunk-Stück[e]19 06, Italieniſche Banknoten 94·65, Rubel 253·50.

Telegr. Handelsbericht vom 21. Auguſt 1911.

Die Budapeſter Produktenbörſe notiert

Weizen ......K 11·79 11·80 per 50 kg
Mais ..... ..
Oelſ[aaten] 16·60 16·70
〈…〉〈…〉
6 Czernowitzer Allgemeine Zeitung 22. Auguſt 1911.
〈…〉〈…〉
722. Auguſt 1911. Czernowitzer Allgemeine Zeitung
〈…〉〈…〉
8 Czernowitzer Allgemeine Zeitung 22. Auguſt 1911.
〈…〉〈…〉

Eigentümer und Herausgeber: Dr. Philipp Menczel. Verantwortlicher Redakteur: Oskar Slawik. Buchdruckerei Gutenberg , Czernowitz.

About this transcription

TextNr. 2277, 22.08.1911.
Author[unknown]
Extent8 images; 9927 tokens; 3854 types; 74541 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Benjamin FiechterSusanne HaafNote: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).2018-01-26T13:38:42Z grepect GmbHNote: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T13:38:42Z Amelie MeisterNote: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.2018-01-26T13:38:42Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationNr. 2277, 22.08.1911. . Buchdruckerei „Gutenberg“Czernowitz1911. Czernowitzer Allgemeine Zeitung

Identification

IDS Mannheim

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; mkhz2

Editorial statement

Editorial principles

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

Publication information

Publisher
  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T11:23:29Z
Identifiers
Availability

Distributed under the Creative Commons Attribution-NonCommercial 3.0 Unported (German) License.

Holding LibraryIDS Mannheim
Shelfmark
Bibliographic Record Catalogue link
Terms of use Images served by Deutsches Textarchiv. Access to digitized documents is granted strictly for non-commercial, educational, research, and private purposes only. Please contact the holding library for reproduction requests and other copy-specific information.