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Telegramme: Allgemeine Czernowitz

Czernowitzer Allgemeine Zeitung

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Manuſkripte werden in keinem Falle zurückgeſendet, unfrankierte Briefe nicht angenommen.

Nr. 2560. Czernowitz, Dienſtag, den 6. Auguſt 1912.

Ueberſicht.

Vom Tage.

Die Audienz des Kriegsminiſters beim Kaiſer hing mit der Frage der Artillerieforderungen zuſammen. Die türkiſche Regierung beſchloß auf Grund einer Ver - faſſungsinterpretation des Senates, die Kammer zu ſchließen. An der montenegriniſchen Grenze kam es neuerlich zu ernſten Zuſammenſtößen.

Letzte Telegramme.

Die Skodawerke haben ſich angeblich erbötig gemacht, das Rohrmaterial für die Neubewaffnung der Feldartil - lerie auf eigene Gefahr herzuſtellen. Die türkiſche Kammer hat ſich der Schließung durch einen Vertagungs - beſchluß entzogen.

Fortſchreitende Zerſetzung in der Türkei.

Während die Jungtürken ſich der Regierung gegen - über unmittelbar vor dem Ende oder vor dem Anfang der großen Auseinanderſetzung zu ermannen beginnen, in der Kammer aufbegehren, Emiſſäre unter das erregte Volk entſenden, ſich Kundgebungen gegen die Auflöſung telegraphieren laſſen und der unſchlüſſigen, in ihrer Mei - nung ſchwankenden zivilen und militäriſchen Menge den Leichnam eines erhenkten Offiziers als erſtes Wahrzeichen der kommenden Aera entgegenhalten, während zu glei - cher Zeit die Liga nach Taten ruft und der Aufſtand in Albanien ungeahnte Dimenſionen und Richtungen an - nimmt, trifft das Kabinett die letzten Vorkehrungen zur Behebung des unhaltbaen inneren Zuſtandes der Türkei. Die Kriſis ſteht unmittelbar vor ihrem Höhepunkte und morgen ſchon wird Gewißheit darüber beſtehen, ob ſie zur Geneſung führen ſoll oder neue noch gewaltigere Konvul - ſionen das krankheitsſchwache Reich ergreifen werden. Die Regierung hat ſich vom Senat die Abänderung der Ver - faſſung bewilligen laſſen und wird, geſtützt auf die An - ſchauung dieſer Körperſchaft, welche die Legislaturperiode der Kammer für abgelaufen erklärt, das Unterhaus ver - mutlich noch heute ſchließen. Morgen vielleicht ſchon wer - den, da das Komitee dann nichts mehr zu verlieren hat, wohl aber noch eine Chance beſitzt, wenn der von ihm be - hauptete Anhang in der Hauptſtadt und in der Armee wirklich beſteht, die Gegenſätze ſich zu meſſen beginnen; der düſtere innerpolitiſche Horizont hat ſich durch die Auf - löſung nicht gebeſſert, nur das Eine bringt ſie mit ſich, daß eine Klärung der Lage jetzt unbedingt eintreten muß.

Inzwiſchen geht es in Albanien drunter und drüber. Die Maliſſoren geben ſich mit der Forderung nach Auf - löſung der Kammer nicht mehr zufrieden, ſind auf ihre alten Autonomiewünſche zurückgekommen und erinnern ſich, wie behauptet wird, neuerdings mit großer Vorliebe der alten guten Zeiten des bamidiſchen Regimes, in wel - chen ſie ungeſtört auf einander ſchießen durften, keine Steuern zahlten und zeitweilig vom Sultan ſchöne Ham - melherden zum Geſchenk bekamen. Die Wogen der Erre - gung fluten hinüber über die Grenzen ins benachbarte Montenegro, kommen verſtärkt zurück, das ganze Land bis an die Grenzen der öſterreichiſch-ungariſchen Monar - chie iſt in hellem Aufruhr und im türkiſch-montenegrini - ſchen Gebiet hat die Aufregung geſtern zu einem blutigen gefechtartigen Zuſammenſtoß zwiſchen Truppen des Sul - tans und den Bewohnern der Schwarzen Berge geführt, dem auf beiden Seiten Menſchenleben zum Opfer fielen. Serbien hat angeblich ſeinen auf Urlaub befindlichen Kriegsminiſter zurückberufen und Gerüchte beſagen, daß in den letzten Tagen ein eifriger Verkehr zwiſchen dem Belgrader auswärtigen Amte und demjenigen Bulga - riens herrſche, der den Fortgang der Ereigniſſe im Norden der Türkei zum hauptſächlichen Gegenſtande habe. Das ſind neue Momente, neben welchen die leiſe empordäm - mernde Friedensahnung keinen rechten Eindruck erzielt. Die Lage am Balkan iſt andauernd ſo kritiſch und zu Weiterungen hinneigend, daß Oeſterreich-Ungarn froh ſein kann, wenn es in der Lage iſt, die weitere Entwick - lung im Gefühl des ruhigen Bewußtſeins zu beobachten, daß ſein Haus beſtellt und der Staat für jede eintretende Eventualität gerüſtet iſt.

Ein wichtiger Miniſterrat. KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Die Miniſter halten auf der Pforte eine Bera - tung ab, welcher eine große Bedeutung beige - meſſen wird.

Der Miniſterrat, welcher bis ſpät nachts dauern dürfte, ſoll ſich mit den den Norden und dem Süden des Reiches betreffenden Angelegenheiten, mit den Zuſtän - den in der Armee und mit der Frage der Auf - löſung der Kammer befaſſen.

Auflöſung der Kammer mit Hilfe des Senates. Aus - ſchreibung von Neuwahlen. KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Die Regierung berief den Senat zu einer außer - ordentlichen Sitzung ein.

Nach zehnſtündiger Sitzung beſchloß der Senat mit 28 gegen 5 Stimmen mehrere Artikel der Verfaſſung in der Weiſe auszulegen, daß die Legislaturperiode der Kammer als geſchloſſen anzuſehen ſei .. Morgen gelangt in der Kammer eine Verordnung zur Verleſung, welche die Schließung der Kammer und Vor - nahme der Neuwahlen anordnet.

Konflikt zwiſchen Kammer und Kriegsminiſter. KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Am Schluß der Kammerſitzung bringt der Präſi - den die Antwort des Kriegsminiſters auf die Auffor - derung des Hauſes in der Kammer zu erſcheinen, zur Kenntnis. Der Kriegsminiſter teilt mit, daß er, da er gerade an dem Miniſterrate teilnehme, die Interpellation betreffend die Begünſtigung der der Liga angehörigen Offiziere am 8. Auguſt beantworten werde. Die Kam - mer lehnt einſtimmig den vom Kriegsminiſter gewünſch - ten Termin für die Interpellationsbeantwortung ab und ſetzt ihn für den 6. Auguſt feſt.

Der Inhalt der Interpellation.

Die Interpellation Ha - ladjan fordert vom Kriegsminiſter Aufklärung über folgende Punkte: 1. Warum es den Offizieren der Liga ge - ſtattet ſei, Proklamationen durch die Preſſe zu verbreiten. 2. Warum der Verfaſſer des gegen die Kammer gerichteten Drohbriefes nicht beſtraft werde. 3. Warum in die Kam - merwache Offiziere der Liga kommandiert wurden. 4. Warum ſich in den Wandelgängen der Kammer ſo auf - fallend viele Anhänger der Liga aufhalten.

KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

In der geſtern in der Kammer eingebrachten In - terpellation der Jungtürken an den Kriegsminiſter, wird erklärt, der Kriegsminiſter habe in der Nacht der Bildung des Kabinettes die Offiziere der Liga auf die Pfortegeladen, ſie bewirtet, und ſodann dem Wach - korps in Stambul zugeteilt; ferner ſeien deſertierte Offi - ziere aus Monaſtir nach Konſtantinopel geſchickt worden, wo ſie unbehindert in der Stadt ſogar in den Wandelgän - gen der Kammer ſpazieren gehen.

Verhaftung ligafeindlicher Offiziere. KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

An einer Verſammlungligafeindlicher Offiziere, die in einem Gaſthauſe nächſt des Frei - heitshügels ſtattfand, nahmen 4 Majore, 38 Hauptleute, ein Leutnant und 30 Ziviliſten teil. Die Offiziere unter - zeichneten eine Erklärung, die dem Kriegsminiſter unter - breitet wird, in welcher ſie ſich damit einverſtanden er -

Feuilleton.

Ein korrekter Mann.

Mit einem leichten Alpakaanzug bekleidet trat ich aus dem Jardin des Plantes, in welchem ich meinen Onkel, der Beamter des dortigen Muſeums iſt, beſucht hatte. Es war eine ſo erſtickende Hitze, daß ſelbſt die pneumatiſchen Uhren, wahrſcheinlich aus Mangel an Luft, ſtehen blieben. So ſetzte mich der Anblick eines Herrn im Ueberzieher, Zylinder und tadelloſen Handſchuhen, der mir raſchen Schrittes entgegenkam, in Erſtaunen. Aber bald erkannte ich Verduret, meinen alten Studiengenoſſen der Rechte, in ihm wieder. Nach abſolviertem Examen war er in die Steuerverwaltung, ich in den Staatsdienſt eingetreten. Seine Heirat hatte unſere Beziehungen unterbrochen. Wir waren uns ſeit einem halben Jahre nicht mehr wieder be - gegnet.

Sieh da, Verduret! Man ſchwitzt heute, was, mein Alter?

Ein gezwungenes Lächeln ſeiner ſchmalen Lippen ließ ſein gelbes Geſicht mit dem ſchwarzen Backenbart wenig heiterer erſcheinen. Er ſchlug die Hacken zuſammen, ver - neigte ſich, nahm ſeinen Hut ab und erwiderte, mir die Hand hinſtreckend:

Guten Tag, Lanchois. Biſt du immer geſund? Und wie geht es deiner Familie?

Ach richtig, Burduret! Ich vergaß, daß du der kor - rekte Mann in der Vollendung biſt. Ich bin geſund und meiner Familie geht es gut.

Und wie gehts jenem äußerſt vornehmen Herrn, dem Offizier mit dem Orden für landwirtſchaftliche Ver -dienſte, dem du mich vor einem halben Jahre in der Tram - bahn der Pforte Rappe vorgeſtellt haſt?

Vortrefflich, er iſt immer gleich jovial?

Das freut mich ſehr. Und wie geht es ſeinen beiden kleinen Töchtern, von denen er uns ſo viel erzählte?

Die ſind alle beide ertrunken. Doch ſprechen wir von dir. Wohin gehſt du zeremoniell?

Meiner Tante Sophie zum Geburtstag gratulie - ren.

Komm doch ein Glas Bier mit mir trinken. Ich danke dir ſehr herzlich für deine liebenswürdige Ein - ladung. Ich würde ihr mit Vergnügen Folge leiſten, doch iſt mir nicht zum Trinken zumut.

Er ſtieß einen Seufzer aus, der einen Stein hätte erweichen können.

Gerührt ſagte ich: Haſt du Unannehmlichkeiten?

Wenn ich meiner Tante gratulieren gehe, ſo ge - ſchieht das, o, glaube mir, einzig und allein, um mich zu betäuben. Lieber Lanchois, ſeit acht Tagen erleidet mein Selbſtbewußtſein die größten Demütigungen. Doch du biſt Rechtsanwalt und könnteſt mir vielleicht einen Rat geben.

Wenn du ein Glas Bier mit mir trinken kommſt, ſehr gern.

Wir machten im kühlen Schatten einer Wirtſchaft halt. Nach dir, erklärte Burduret. Aber ich bitte dich, tritt du zuerſt ein. In keinem Falle. Ich trat ein. Nachdem er ſich auf meine Einladung hin geſetzt, mit mir angeſtoßen, auf meine Geſundheit und auf die meiner ganzen Familie getrunken, nachdem er das Bier und ſeine vortreffliche Würze gelobt, ſagte er: Kennſt du meine Frau?

Das glaube ich: ſapperlot, ein ſchönes, üppiges Ge - ſchöpf! ... Ja, ſie iſt ſchön, und beſonders ſehr wohl erzogen, als die Tochter reicher Tierbändiger. Ich heiratete ſie vor zwei Jahren und hatte anfangs nur Grund, Lobendes von ihr zu ſagen, obgleich der Himmel nach dem einſtimmigen Ausſpruch der glänzendſten Spe - zialiſten ſich einem Segen unſerer Vereinigung wider - ſetzte. Sehr gut. Nun ſtelle dir vor, daß ich vor einiger Zeit nicht ohne Erregung einen veränderten Zuſtand mei - ner Frau feſtſtellte. Ich frage ſie voller Strenge aus. Sie leugnet ganz keck, iſt ganz Intrige.

Ihr Zuſtand ſchreitet von Tag zu Tag vor. Heuch - leriſch enthalte ich mich von jetzt an jeder Bemerkung, doch ich beobachte ... mit ſolcher Verſchlagenheit, daß ich in vergangener Woche einen Brief finde, den ſie ... ver - zeih! ... an einem abgelegenen Orte zu vernichten ver - gaß ... Es war ein Brief ihres Liebhabers ... O, er war mit entſcheidendem Inhalt. Einzelheiten zum Ueberfluß! ... Auf Wort, ſie chokierten mich ... Das Ganze war: Edgar Loupoit, 25 b rue des Canettes unter - zeichnet. Ich nehme meine Handſchuhe, meine Karte, mei - nen Zylinder, meinen Revolver und einen Wagen, um dieſen Herrn zu Tode zu befördern.

Teufel!

War das nicht meine Pflicht als beleidigter Gatte? Doch warte auf das Weitere ... Ich befinde mich alſo im Wagen, als das Pferd im Vorüberfahren an einer Ge - mäldehandlung beim Anblick der im Schaufenſter ausge - ſtellten Werke von Angſt ergriffen wird: es geht durch. Der Kutſcher, der auf den Boden geſetzt iſt, läßt die Zügel wider ſeinen Willen los. Das befreite Tier galoppiert da - hin. Haltet es! Haltet es! ſchreien unbeweglich ſtehende Leute ſich gegenſeitig zu. An die Polſter geklammert, wahnſinnig vor Schreck, ſehe ich auf einer unempfindli - chen Mauer, auf welche das kopfloſe Tier losſtürmt, die Reklame Beſte Marmelade immer größer und größer werden ... Da ſpringt mit bewunderungswerter Ge - ſchicklichkeit ein mutiger Mitbürger von dem Fußſteg auf

2 Czernowitzer Allgemeine Zeitung 6. Auguſt 1912.

klären, daß die Offiziere nicht politiſchen Komitees an - gehören ſollen, daß ſie ſich nicht mit politiſchen Fragen be - faſſen und außerhalb ihrer militäriſchen Pflichten keinerlei Einfluß auf die Regierungsgeſchäfte und die Rechte der Nation nehmen ſollen. Die Unterzeichneten erklären alle Maßnahmen im Intereſſe der geſetzlichen Ordnung und zur Wahrung der Unparteilichkeit der Armee unterſtützen zu wollen.

Die jungtürkiſchen Offiziere, welche an dieſer Verſammlung teilgenommen haben, wurden der Reihe nach verhaftet. Bisher wurden zwanzig verhaftet. Wie verlautet, hat der Kriegsminiſter be - ſchloſſen, die Teilnehmer an der Verſammlung vor ein Kriegsgericht zu ſtellen.

Nachmittag wurde vom Kriegsminiſter ein Tages - befehl ausgegeben, in welchem erklärt wird, daß von nun an Offiziere, welche in der Weiſe wie ihre Kameraden am geſtrigen Tage aktiv an der Politik teilnahmen, werden ſchwere Strafen zu erwarten haben.

Die Forderungen der Albaner.

(Priv. -Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Aus Uesküb wird gemeldet: Die Verhandlungen in Priſch - tina haben mit einem vollſtändigen Sieg der Albaner ge - endet. Die Regierungskommiſſion bewillgte 24 Stunden vor Ablauf der von den Albanern geſtellten Friſt die wich - tigſten Punkte der von ihnen aufgeſtellten Forderungen. Gegen die früheren Kabinette Hakki Paſcha und Said Paſcha wird die Anklage erhoben. Dieſe großen Erfolge dürften die Albaner verlocken, weitere für die Regierung unannehmbare Forderungen zu ſtellen.

Das Gerücht, daß die Alba - neſen die Wiedereinſetzung Abdul Hamids verlangen, wird von den Mitgliedern des Kabinetts als unbegründet entſchieden dementiert.

Die Südalbaner verlangen die Autonomie. KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Die Südalbaner ſind bereits ſeit einer Woche in Fieri verſammelt. Nach Informationen aus Kreiſen der albaniſchen Deputierten verlangen ſie nicht die Auflöſung der Kammer, ſondern ſtellen Forderungen, welche auf die Erlangung einer Art Autonomie hinzielen, auf welche das Kabinett aber nicht eingehen dürfte.

Die Opfer der Bombenexploſion in Kotſchana.

KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Bei der Bombenexploſion in Kotſchana wurden 34 Bul - garen, 3 Mohammedaner und 2 Iſraeliten getötet, 42 Bulgaren und 5 Mohammedaner ſchwer und viele leicht verletzt.

KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Der Obmann der liberalen Entente, Haired - din, wurde zum Muteſſarif von Ipek ernannt.

Die jungtürkiſche Gegenbewegung.

"Kundgebungen gegen die Liga.

KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Nach aus Kreiſen des Komitees ſtammenden Mel - dungen hätten die meiſten Offiziere der Garniſon Saloniki an das hieſige Zentralkomitee, an die Regierung und angeblich auch an den Sultan De - peſchen geſandt, worin ſie ſich gegen die Auflöſung der Kammer ausſprechen und dem Komitee anraken, gegen die Liga mit Entſchiedenheit aufzutreten. Wie verlautet, ſeien ähnliche Depeſchen auch aus Monaſtir und Ues - küb eingetroffen.

KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Der Kommandant von Monaſtir, DſchawidPaſcha, iſt mittags hier eingetroffen. Von den dem Komitee ergebenen Offizieren wurde ihm ein demon - ſtrativer Empfang bereitet.

KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Das Blatt Hakk veröffentlicht Depeſchen von Offizieren aus Strumitza, Iſchtip und Uesküb, ſowie von den Komiteeklubs, in welchen gegen die Militär - liga Stellung genommen wird.

Ein Dementi. KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Der Kriegsminiſter dementiert formell die aus jungtürkiſcher Quelle ſtammenden Gerüchte, daß die Offiziere der Garniſon Saloniki telegraphiſch gegen die Auflöſung der Kammer Stellung genommen hätten. Der Miniſter erklärt, daß von allen Armeekorps ebenſo wie aus Albanien Depeſchen eintreffen, worin um Be - ſchleunigung der Auflöſung der Kammer gebeten wird.

Die Regierung ſcheint jetzt zu einem energiſcheren Vorgehen entſchloſſen. Sie wird nach der Auflöſung der Kammer weitere wichtige Maßnahmen treffen. Die Regie - rung hat energiſche Vorkehrungen getroffen, um die für morgen angekündigte Verſammlung jungtürki - ſcher Offiziere zu verhindern.

Eine Demonſtration des Offizierskorps von Saloniki. KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Die Offiziere der Garniſon Saloniki haben be - ſchloſſen, die Leiche des Hauptmannes Hairi, der in Djakowa von den Albanern gehenkt worden iſt, nach Konſtantinopel zu überführen und auf dem Freiheits - hügel an der Seite der im April 1909 gefallenen Offiziere und Soldaten beizuſetzen.

Die Ueberführung der Leiche dürfte in Konſtantinopel eine Kundgebung für das Komitee veranlaſſen.

Ein angebliches Komplott gegen Talaat Bey. KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Wie verlautet, wurde ein Komplott gegen den ge - weſenen Miniſter Talaat entdeckt und ein Parlaments - diener verhaftet.

Zuſammenſtöße an der montenegriniſchen Grenze.

KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Die Blätter melden, daß Montenegriner und Maliſſoren Selce und Mojkovatz ange - griffen und die Wachthäuſer zerſtört haben. Türkiſcher - ſeits wurden die Bewohner von Rgovo bewaffnet und Verſtärkungen entſendet. Geſtern nachmittags herrſchte allgemeines Gewehrfeuer längſt der montenegriniſchen Grenze. Bei Kola - ſchine fanden heftige Kämpfe ſtatt.

KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Im Gebiete von Kolaſchine bei Mojkovatz an der türkiſch - montenegriniſchen Grenze, kam es geſtern zu einem leb - haften und blutigen Grenzkonflikt. Die Türken führten vor einer an der Grenze gelegenen Kula trotz des montenegriniſchen Proteſtes eine Verſchanzung auf. Der Grenzwachpoſten wurde von den Türken ange - griffen, worauf die Montenegriner das Feuer erwiderten und bei dem blutigen Kampfe von der ganzen montenegri - niſchen Grenzbevölkerung unterſtützt wurden.

Die Montenegriner hatten zehn Tote und 15 Verwundete, die Türken 60 Tote. Es herrſcht große Erregung.

die Zügel des Pferdes zu, das er mit einem einzigen Griffe meiſtert. Das verſammelte Volk raſt dieſer Tap - ferkeit, die mit ſolcher Sicherheit gepaart iſt, Beifall. Man befreit mich aus meinem Wagen, ſpricht mir Troſt zu. Ich bitte um den Namen meines Netters. Beſcheiden lächelnd antwortet er: Edgar Loupoit, 25 b rue de Canettes.

Auf dieſe Weiſe habe ich die Ehre ... Welch ein Zu - ſammentreffen! Du wirſt meine Erregung verſtehen. Ein Schutzmann nimmt Protokoll auf: Ich bin gezwungen, meinen Namen und meine Adreſſe anzugeben. Als er ſie vernimmt, ſieht Loupiot mich von der Seite an, während ich ihn aus einem Augenwinkel heraus betrachte. Er ent - zieht ſich den Ovationen, während die Menge meine Hal - tung unliebſam begutachtet: Er hat ihm nicht einmal gedankt! Ueberfluß an Herz ſcheint er gerade nicht zu haben! Er hätte es verdient, umzukommen. Los denn, he, Kutſcher! ...

Auch ich rette mich und kehre zu Fuß nach Hauſe zu - rück. So ſtehen die Sachen. Du kennſt jetzt die Situation, welche ſeit acht Tagen mein trauriges Los geworden: von dem Liebhaber der Frau gerettet, der ich kein Wort dieſer Geſchichte erzählt habe, doch deren halb freies, halb gezwungenes Ausſehen mich vermuten läßt, daß ſie alles weiß. Von dieſem Loupiot gerettet, ſage ich, fühle ich jetzt den weiblichen Geiſt der Ungewißheit auf mir laſten: ſoll ich dem Manne danken gehen? Er hat mich entehrt. Soll ich ihn töten? Ich ſchulde ihm mein Leben ... Jede Parteinahme iſt unkorrekt. Soll ich mich jeden Schittes enthalten? Das wieder wäre eine doppelte Unkorrektheit. O Lanchois, ich bin ſehr unglücklich ... Er ließ ſenkrecht fallende, ſchweigende, korrekte Tränen in ſein Bier tropfen.

Ein ganz unlösbares Dilemma, ſage ich, um ihn zu tröſten, du kannſt Loupoit nicht zu gleicher Zeit deine Dankbarkeit und deinen Haß bezeugen.

Plötzlich erhob Verduret ſich, wie erleuchtet. Er drückte mir kräftig die Hand und ſagte:

O, Dank, Dank! Du haſt mir ſoeben durch dein zu gleicher Zeit die einzige korrekte Löſung eingegeben. Loupoit hat mich gerettet und hat mir die Ehre geraubt: ich werde ihm alſo nacheinander zuerſt danken und dann den Kopf zerſchmettern. Nichts iſt gefährlicher als ein korrekter Mann wie Verduret. Ich hielt ihn für vollkom - men fähig, dieſes ſein kleines Programm auszuführen. Daher wandte ich ein:

Verzeihung. Dieſer Herr hat dir die Ehre geraubt, bevor er dich rettete. So wäre es auch deine Pflicht ...

Ihm zuerſt den Kopf zu zerſchmettern und dann zu danken ... Du haſt recht.

Ich begann zu lachen, um die ganze Ungereimtheit dieſes Entſchluſſes zu kennzeichnen. Korrekt lächelt er wieder.

Am anderen Morgen las ich in meiner Zeitung, daß ein Herr Verdurett auf offener Straße ſechs Kugeln auf einen Herrn Loupoit abgefeuert, indem er ihn mit Schmähworten überhäuft, daß dieſer mit erſtaunlicher Geſchicklichkeit den ſechs Schüſſen ausgewichen ſei, daß er dennoch nach dem ſechſten von einer kurzen Ohnmacht befallen worden ſei, daß Herr Verduret ſich dann in Tränen auf ihn geſtürzt, ſich entſchuldigt, ihn getötet zu haben und ihn dann umarmt hätte, indem er ihn ſeinen Retter genannt und ihm ewige Reue zugeſchworen. Dieſe Szene, fügte der geſcheite Reporter hinzu, hatte die An - weſenden in tiefſtes Staunen verſetzt, und der Unterſu - chungsrichter verlor ſich in Mutmaßungen über die Be - weggründe und den Sinn dieſer geheimnisvollen Ge - ſchichte.

Als ich meine Lektüre beendet, konnte ich nicht um - hin, zum Spiegel zu treten, um das ſcharfſinnige Lächeln eines wohlunterrichteten Mannes darin zu ſehen.

Der italieniſch-türkiſche Krieg. Die Friedensverhandlungen in der Schweiz.

Popolo Romano erklärt die Nach - richt von italieniſch-türkiſchen Friedensverhandlungen in der Schweiz für eine lächerliche Fabel.

Vom Tage.

Rücktrittsabſichten des Kriegsminiſters?

Eine Kriſe im Kriegsmini - ſterium ſteht unmittelbar bevor. Ob ſie zum Rücktritt des Kriegsminiſters Ritter von Auffenberg führen wird, läßt ſich allerdings noch nicht ſagen, da ein formelles Demiſſionsgeſuch des Kriegsminiſters dem Kaiſer noch nicht unterbreitet wurde. Bekanntlich hat im letzten ge - meinſamen Miniſterrat, in dem es ſich um die Feſtſtellung der Heereserforderniſſe handelte, der Kriegsminiſter For - derungen geſtellt, die von den beiderſeitigen Finanzmini - ſtern für den Augenblick abgelehnt wurden. Ritter von Auffenberg hat ſchon damals erklärt, daß er auf ſeinen Forderungen beſtehen müſſe, und ein Memoran - dum ausgearbeitet, in dem er die von den Regierungen der beiden Staaten abgelehnten Forderungen eingehend begründet. Dieſes Memorandum hat Ritter von Auffen - berg dem Kaiſer unterbreitet. Der Monarch wurde bereits durch den Miniſter des Innern Freiherrn von Heinold und dem ungariſchen Miniſterpräſidenten von Lukacs über dieſen Gegenſtand unterrichtet und hat nunmehr den Kriegsminiſter nach Iſchl zum Vortrag befohlen, deſſen Grundlage dieſes Memorandum war. Der Kriegsminiſter hat ſeine mündlichen Ausführungen damit geſchloſſen, daß er ſein Verbleiben im Amte als untunlich erklären müßte, wenn die in dem Memorandum enthaltenen Forderungen nicht bewilligt würden. Der Kaiſer hat Ritter von Auffen - berg huldvoll entlaſſen; das Demiſſionsangebot bleibt vor - läufig ohne Erledigung. Die Entſcheidung dürfte jeden - falls noch im Monat Auguſt fallen, da der ungariſche Mi - niſterpräſident ſowohl als auch der ſtellvertretende öſter - reichiſche Miniſterpräſident Freiherr von Heinold noch in der erſten Auguſthälfte beim Kaiſer zur Audienz erſcheinen werden. In militäriſchen Kreiſen glaubt man nicht, daß der Kaiſer jetzt die Demiſſion Auffenberg annehmen wird.

Immerhin liegt die Situation gegenwärtig ſo, daß im anderen Falle der Rücktritt der beiderſeitigen Miniſter - präſidenten oder vielleicht nur der des Finanz - miniſters erfolgen muß.

(Priv. -Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Dem Prager Tagblatt zufolge, hat Kriegsminiſter von Auffenberg in ſeiner vorgeſtrigen Audienz dem Kaiſer die Mitteilung gemacht, daß die Kriegsverwaltung auf ihren ſeinerzeitigen von dem gemeinſamen Miniſter - rat abgelehnten Forderungen beſtehe. Von anderer Seite wird hiezu noch gemeldet, daß, falls die Entſcheidung des Monarchen im Sinne des Standpunktes des gemeinſamen Miniſterrates ausfallen werde, der Kriegsminiſter ſich veranlaßt ſehen werde, daraus die Konſequenzen zu ziehen und ſeine Demiſſion zu geben.

Die rutheniſche Univerſitätsfrage. Entwurf eines neuen kaiſerlichen Handſchreibens.

Wie die N. Fr. Preſſe meldet, iſt den Obmännern des Polenklubs und des Ruthenenklubs ein neuer Entwurf eines kaiſerlichen Handſchreibens zugegangen. Die neue Formulierung ſoll ſich in folgendem von den früheren Entwürfen unterſcheiden: 1. Soll darin der Termin für die vollſtändige Errichtung der rutheniſchen Univerſität von 10 auf ſechs Jahre verkürzt werden. 2. Wird darin wohl nicht für, aber auch nicht gegen Lemberg als Standort der rutheniſchen Univerſität präjudiziert. Die Standortfrage wird der Legislative vorbehalten. 3. Das Handſchreiben ſoll von einer Betonung des rein polni - ſchen Charakters der gegenwärtigen Lemberger Univerſität abſehen und die Aufrechthaltung aller den Ruthenen derzeit eingeräumten Rechte an der Univerſität auch für die Uebergangszeit zuſichern. 4. Das Hand - ſchreiben ſoll auch in der Frage der Extraſtatum - Ernennungen der rutheniſchen Lehrkräfte einen den Ruthenen entgegenkommenderen Standpunkt einnehmen und den gegenwärtig beſtellten rutheniſchen Profeſſoren ein Mitbeſtimmungsrecht in Bezug auf der Verteilung von Stipendien, die Befreiung von Kollegiengeldern, die Zu - laſſung von rutheniſchen Dozenten und dergleichen ein - räumen.

Die Verhandlungen über die Univerſitätsfrage dürf - ten bereits in den erſten Septembertagen wieder aufgenommen werden. Auf rutheniſcher Seite hält man daran feſt, daß die Univerſitätsfrage losgelöſt von der gali - ziſchen Wahlreform und der Waſſerſtraßennovelle behan - delt werden müſſe. Erſt nach Abſchluß der Univerſitäts - frage ſollen die Beratungen über die Wahlreform ſtatt - finden. Auf polniſcher Seite hat man bisher bekanntlich ſtets auf einem Junktim zwiſchen der Univerſitätsfrage und den Landtagsfragen beſtanden.

Die Teilnehmer der hieſigen ruthe - niſchen Sommerlehrerkurſe, 268 an der Zahl, veröffent - lichten einen die Errichtung einer rutheniſchen Univer - ſität in Lembera betreffenden Aufruf, worin u. a. dem36. Auguſt 1912. Czernowitzer Allgemeine Zeitung öſterreichiſchen Ruthenenklub der Dank und die Aner - kennung für ſein mannhaftes Eintreten zu Gunſten der Erfüllung dieſes wichtigen rutheniſchen Poſtulates aus - geſprochen wird.

Das ruſſiſch-franzöſiſche Marine - Abkommen.

Die hieſige Preſſe beſchäftigt ſich nach wie vor in längeren Artikeln mit dem neuen fran - zöſiſch-ruſſiſchen Marineabkommen und veröffentlicht die Kommentare auswärtiger Blätter dazu. Wie es heißt, betrachtet man in diplomatiſchen Kreiſen das neue Ab - kommen weſentlich kühler, da die ruſſiſche Flotte nur auf dem Papier ſteht. Man ſchätzt den Nutzen daraus vorder - hand nur gering in Anbetracht der Schwierigkei - ten, die Frankreich daraus erwachſen könnten. Auch in England ſoll man, wie es heißt, dem neuen Abkommen nicht allzu freundlich geſinnt ſein, und zwar ſchon deshalb nicht, weil die engliſche Regierung über die einzelnen Punkte der franzöſiſch-ruſſiſchen Konvention nicht auf dem Laufenden gehalten wurde. Eine weitere Unzuträg - lichkeit des neuen Abkommens erblickt man darin, daß andere Länder darin den Anlaß finden könnten, ihre Flottenrüſtungen zu vergrößern.

In der Preſſe ſchwankt die Be - urteilung der franzöſiſch-ruſſiſchen Marine-Konvention zwiſchen Freude über die angebliche Enttäuſchung Deutſch - lands und der Befürchtung, ſie könnte neue deutſche Seerüſtungen veranlaſſen. Daneben wird angedeu - tet, niemand wiſſe, wie lange die beſtehenden Freundſchaf - ten dauern werden. Die Konvention müſſe daher für England der Anſporn zu neuen Anſtrengungen ſein, um die Seeſuprematie zu behaupten.

Kurze Nachrichten.

Die Deutſchnationale Korreſpon - denz meldet, daß es bei den jüngſten Prager Ausgleichs - konferenzen zu einer Affäre zwiſchen dem geweſenen deut - ſchen Landsmannminiſter Abg. Dr. Schreiner und dem Statthalter Fürſten Thun gekommen iſt. Als an einem der letzten Konferenztage Dr. Schreiner in einer Konferenz der beiden Achterkomitees die Haltung eines deutſchen Ariſtokraten kritiſierte, wandte ſich Fürſt Thun in ziem - lich heftiger Weiſe gegen Dr. Schreiner, wobei er auch auf deſſen Eigenſchaft als früherer Miniſter anſpielte. Doktor Schreiner ſandte dem Statthalter zwei deutſche Abgeord - nete[n]als Zeugen, um Aufklärung vom Fürſten Thun zu verlangen. Durch eine Feſtſtellung des Fürſten Thun, daß ihm die Abſicht einer perſönlichen Verletzung ferngelegen ſei und beiderſeitige Erklärungen, wurde ſchließlich die Sache beigelegt.

KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Wie verlautet, genehmigte der Miniſterrat den türkiſch-bulgariſchen Bahnanſchluß über Kumanowo nach Küſtendil.

Die Kölniſche Zeitung meldet aus Teheran: Gerüchten zufolge, denen allgemein geglaubt wird, werden zwiſchen England und Rußland geheime Ver - handlungen wegen der Rückkehr des früheren Schahs ge - führt. Es erſcheint möglich, daß England ſeinen Einwand gegen entſprechende Kompenſationen in Südperſien und gegen Garantien für Neueröffnung des Parlamentes auf - gibt.

Bunte Chronik.

Die Kaiſermanöver.

Die diesjährigen großen Herbſt - manöver finden, wie gemeldet, vom 8. bis einſchließlich 12. September im Raume Bekes-Cſaba-Szegedin-Temes - var-Arad ſtatt. Hinſichtlich einer Teilnahme des Kai - ſers an den Uebungen liegt noch keine endgiltige Ent - ſcheidung des Monarchen vor, doch verlautet, daß der Kaiſer den Manövern fernbleiben werde. Unter den aus - wärtigen Gäſten, die zu den Manövern eingeladen wurden, befindet ſich bekanntlich der neue Chef des rum. Ge - neralſtabes, Generalleutnant Averescu. Die Leitung der Manöver liegt, wie in den Vorjahren, in Händen des zur Dispoſition des kaiſerlichen Oberbefehles geſtellten G. d. K. Erzherzogs Franz Ferdinand. Als Ordon - nanzoffizier des Erzherzogs wird, wie in den letzten Jah - ren, Erzherzog Karl Franz Joſef fungieren.

Gefährlicher Brand in Wien.

Geſtern Abend kurz vor 10 Uhr be - merkten Paſſanten, die über den Franzensring gingen,daß aus dem Dachſtuhl des Hauſes Nr. 14, in dem ſich ein großes Kaffeehaus befindet, Flammen ſchlugen. Die ſo - fort herbeigerufene Feuerwehr erſchien mit mehreren Dampfſpritzen. Das Feuer griff ſo raſch um ſich, daß innerhalb weniger Minuten der ganze Dachſtuhl und die Bodenräume eingeäſchert waren. Es beſtand große Ge - fahr, daß die Funken auf das benachbarte Burgthe - ater und andere Gebäude überſprängen. Es gelang je - doch nach angeſtrengter Arbeit, den Brand in einer knap - pen Stunde zu lokaliſieren. Durch die eindringenden Waſſermaſſen wurde die Wohnung des Univerſitätspro - feſſors Dr. Karplus ſtark beſchädigt. Der Brand war weithin ſichtbar, und es war ein intereſſanter Anblick, wie durch den Feuerſchein Burgtheater, Rathaus und Univer - ſität hell beleuchtet waren. Große Menſchenmaſſen hatten ſich in der Nähe der Brandſtelle angeſammelt.

Die Bergung der Leiche Fräulein Szyſtowskas.

Wie berichtet, brach geſtern früh die letzte der vielen der Univerſitätshörerin Fräulein A. Szyſtowska nachgeſandten Expeditionen ins Ge - birge auf, um ihren Leichnam hierher zu überführen. An Ort und Stelle angelangt, fand man ihn bereits im Zu - ſtande der Verweſung. Unter Anwendung von Desinfek - tionsmitteln wurde derſelbe mit Leinen umwickelt, in einen Sack eingenäht und auf ein 100 Meter tiefer gele - genes Schneefeld hinabgelaſſen, wo bereits ein Wagen mit einem Sarge auf die Ueberführung des unglücklichen Opfers der Berge wartete. Der traurige Zug langte nach 5 Uhr nachmittags hier an. Heute früh fand die Sektion der Leiche ſtatt, deren Ergebnis die Möglichkeit eines an Fräulein Szyſtowska begangenen Verbrechens ausſchließt und als alleinigen Grund ihres Todes ihren beim Abſtieg längs der ſteilen Bergwand erfolgten Abſturz feſtſtellt. Wie aus der ſtehen gebliebenen, arg beſchädigten Uhr der Unglücklichen zu entnehmen iſt, erfolgte ihr Abſturz um halb 6 Uhr abends, während ihre Gefährten die Ausſage gemacht hatten, daß ſie erſt um dreiviertel 6 Uhr abends hinter ihnen zurückgeblieben ſei. Daraus iſt alſo zu er - ſehen, daß die Abweſenheit Fräulein Szyſtowskas von den übrigen Ausflüglern bedeutend ſpäter, als ſie tatſäch - lich eintrat, wahrgenommen wurde. Das Leichenbegäng - nis der Verblichenen findet morgen ſtatt.

Feilbietung des Heims Napoleons I. auf Elba.

Ein intereſſantes Inſerat enthält der Anzeigeteil des geſtrigen Lokalanzeigers . Es betrifft den gerichtlichen Verkauf des Hauſes Na - poleons I. auf der Inſel Elba. Am 2. Dezember 1912 wird hienach vor dem Gerichte von Portoferrato, dem Hauptort der Inſel Elba, die Villa und der Beſitz San Martino verkauft werden, wo Napoleon I. zur Zeit ſeiner Verbannung auf der Inſel Elba wohnte, ſowie das Napo - leonmuſeum, welches in drei großen Sälen mit Granit - ſäulen untergebracht iſt. Die ſchon von Napoleon bewohnte Villa beſteht, wie es in dem Inſerat weiter heißt, aus zwölf Zimmern, wie zur Zeit ſeiner Verbannung, und enthält noch alle von ihm einſt benützten Möbel und Gegenſtände. Der Grundbeſitz beſteht aus ausgedehn - tem Grundboden und Wäldern. Erſter Verkaufspreis an den Meiſtbietenden iſt 150.000 Lire. Weitere Auskünfte ſind bei verſchiedenen namhaft gemachten Anwälten in Florenz zu erhalten.

Brand im Kriegshafen Toulon. KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Um 1 Uhr früh brach im Depot für Beleuchtungsappa - rate der Marine ein großer Brand aus. Die Löſcharbeiten ſind außerordentlich ſchwierig. Drei Magazine und zahl - reiche Offizierswohnungen ſind zerſtört und mehrere Per - ſonen verwundet.

Der Aetna in Tätigkeit. KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Heute mittags war über den Zentralkrater des Aetna eine große Rauchwolke ſichtbar.

Dieſes Phänomen ſcheint auf einen bevorſtehenden Ausbruch des Vulkans hinzudeuten.

Kleine Rundſchau.

(Priv. -Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

In Kahlenbergerdorf fuhr geſtern ein Automobil infolge der ſchlechten Straßenbeſchaffenheit gegen einen Randſtein. Das Automobil überſchlug ſich und einer der Inſaſſen, der Fabrikant Julius Behr, wurde herausgeſchleudert und tötlich verletzt. Er iſt ins Spital gebracht worden.

Auf dem hieſigen Bahnhofe ließ eine aus Tarnopol eingetroffene Frau ihren, ſie auf der Reiſe begleitenden 4jährigen Knaben allein ſtehen und entfernte ſich, ohne zurückzukehren. In der Taſche des Jungen wurde eine Karte vorgefunden, worin als Name desſelben M. Zawadzki genannt und die Oeffentlich - keit erſucht wird, ſich ſeiner anzunehmen. Unterdeſſen gab jedoch der Junge, den man auf die Polizeidirektion brachte, an, daß ſeine Mutter M. Mikolajczuk heiße. Die Nachforſchungen nach der Mutter wurden bereits eingeleitet.

[Brandſtiftung in Poſtbriefkaſten.]

In London werden ſeit vierzehn Tagen rätſelhafte Ueberfälle auf die Poſtbriefkaſten ausgeführt. An verſchiedenen Ta - gen wurde Spiritus in die Kaſten gegoſſen und brennende Streichhölzer hineingeworfen. Die Brandſtiftungen dieſer Art erfolgten an verſchiedenen Stellen der Stadt. Zahl - reiche Briefe ſind zerſtört worden. Faſt alle Briefkaſten werden bewacht. Möglicherweiſe iſt der neue gemeinge - fährliche Unfug ein Werk der Suffragetten, die auf die - ſem Wege das Wahlrecht zu erringen hoffen.

[Keine Wiederauffindung der Gia - conda .]

Aus Paris wird gemeldet: Der Mann, wel - cher, vielleicht ſelbſt getäuſcht, für einen Augenblick in der Welt der Kunſtfreunde die trügeriſche Hoffnung erregt hat, Leonardo da Vincis Meiſterwerk Mona Liſa wie - derzuſehen, iſt ein Engländer namens Rathbone. Er hat das Bild, eine auf eine wurmſtichige Holzplatte gemalte Kopie, in öffentlicher Verſteigerung in London für den Preis von rund 2600 Kronen erworben und ſich etwas vorſchnell in den Kopf geſetzt, glücklicher Beſitzer des dem Louvre vor Jahresfriſt geraubten Originals zu ſein. Da die Tafel, auf welche Rathbones Bild gemalt iſt, etwas größer iſt als die Tafel des Originals, war der Nachweis, daß man es mit einer Kopie zu tun hat, leicht und un - ſtreitig zu erbringen. Herr Rathbone, welcher nach ſeiner Angabe Dichter iſt, hat die falſche Giaconda wieder nach London mitgenommen, um ſie ſeiner Privatgemäldega - lerie einzuverleiben.

Czernowitzer Angelegenheiten.

Erzherzog Karl Franz Joſef und Erzherzogin Zita

ſind wie uns berichtet wird Samſtag um halb 11 Uhr abends mit Gefolge aus Brandeis in Kolomea eingetroffen. Am Bahnhofe hatten ſich zur Begrüßung eingefunden Bezirkshauptmann, Statthaltereirat Paw - likowski, Vizebürgermeiſter Funkenſtein und mehrere Offiziere. Am 6. oder 7. d. M. rückt Erzherzog Karl Franz Joſef mit ſeiner Eskadron zu den Kawal - leriemanövern, die in der Nähe von Kolomea ſtattfinden werden, ab. Wie lange das hohe Paar in Kolomea ver - bleiben wird, iſt noch ungewiß, doch verlautet mit ziemli - cher Beſtimmtheit, daß ſich der Aufenthalt in Kolomea bis Ende September erſtrecken wird.

Bevorſtehende Ernennung Erzherzog Karl Franz Joſefs zum Major im Wiener Hausregiment,

Wie uns aus Wien telegraphiert wird, ſoll Erzherzog Karl Franz Joſef am 18. Auguſt zum Major eines In - fanterieregimentes (Anm. des Korreſpondenten: vor - ausſichtlich des k. u. k. Infanterieregimentes Hoch - und Deutſchmeiſter Nr. 4 ) ernannt werden.

Auszeichnung.

Der Kaiſer hat dem Oberfinanzrat und Finanzprokurator Dr. Auguſt Lorber in Czerno - witz den eiſernen Kronenorden dritter Klaſſe verliehen. Dr. Lorber, ein ſehr tüchtiger Juriſt, erfreut ſich we - gen ſeines unendlichen Fleißes und ſeiner Gewiſſenhaftig - keit im Amte, ſowie wegen ſeines überaus liebenswürdi - gen Weſens großer Achtung und Beliebtheit und hat die Nachricht von ſeiner Auszeichnung allgemeine Befriedi - gung hervorgerufen. Dr. Lorber, am 9. Mai 1865 in Bojan geboren, beſuchte das Gymnaſium und die Uni - verſität in Czernowitz, wurde 1888 Rechtspraktikant, 1891 Finanzprokuraturskonzipient, 1897 Finanzrat und 1908 Oberfinanzrat und Finanzprokurator. Seit 1910 gehört er auch der Prüfungskommiſſion der judiziellen Staatsprüfungskommiſſion als Examinator für öſter - reichiſches Privatrecht und Zivilprozeß an. Er erhielt wiederholt belobende Anerkennungen des Finanzmini - ſteriums für ſeine pflichteifrigen Dienſtleiſtungen.

Von der Finanzdirektion.

Hofrat Hans Mayer in Czernowitz iſt vom Urlaub zurückgekehrt und hat ſeine Amtsagenden wieder übrenommen. Die Finanzſekre - täre Max Gottfried des Gebührenbemeſſungsamtes in Suczawa und Rudolf Strohmayer der Finanz - direktion wurden dem hieſigen Gebührenbemeſſungsamte, Finanzſekretär Bernhard Goldenberg des Finanz -

〈…〉〈…〉
4 Czernowitzer Allgemeine Zeitung 6. Auguſt 191

inſpektorates in Czernowitz dem Finanzinſpektorate in Radautz, Finanzkommiſſär Dr. Franz Knittel des hieſigen Gebührenbemeſſungsamtes dem hierortigen Fi - nanzinſpektorat und Finanzkommiſſär Dr. Joſef On - drouſek des Finanzinſpektorates in Radautz der Di - rektion zur Dienſtleiſtung zugewieſen.

Polizeidirektion in Czernowitz.

Polizeichefarzt, Ober - bezirksarzt Dr. Kobrynski in Czernowitz iſt vom Ur - laub zurückgekehrt und hat ſein Amt wieder angetreten.

Von der Landesregierung.

Der Leiter der Landes - regierung Hofrat Dr. Rudolf Graf von Meran hat die Oberingenieure Hermann Kobbe in Radautz und Franz Hubich in Kotzman zur Dienſtleiſtung bei der Landes - regierung einberufen und den Ingenieur Joſef Mil - dorf nach Kotzman und den Bauadjunkten Anton Ve - ſ[e]ly nach Radautz verſetzt.

Von der Poſt.

In Budenitz, politiſcher Bezirk Sto - rozynetz, welcher Ort unter einem aus dem Beſtellungsbe - zirke des k. k. Poſtamtes Cziresz ausgeſchieden und jenem des k. k. Poſtamtes Czudyn einverleibt wird, wird am 5. Auguſt l. J. eine Poſtablage mit der amtlichen Be - zeichnung Budenitz (Czudyn) in Wirkſamkeit treten, welche ſich mit der Annahme der von den Inſaſſen, Ämtern ꝛc., der Gemeinde Budenitz aufgegebenen, gewöhnlichen und zu beſcheinigenden Poſtſendungen ſowie mit der Be - ſtellung der an dieſelben mittelſt Poſt einlangenden ge - wöhnlichen und rekommandierten Briefpoſtſendungen einſchließlich der gerichtlichen Beſcheide, ferner der ge - wöhnlichen Pakette ohne Wertangabe und ohne Nach - nahme im Gewichte bis zu 2 Kilogramm und Telegramme ſowie auch mit der Zuſtellung der Aviſo über alle übrigen Sendungen zu befaſſen haben wird. Die Verbindung wird dieſe Poſtablage mit dem k. k. Poſtamte in Czudyn durch die zwiſchen Mold. -Banilla und Czudyn täglich ver - kehrende Poſtbotenfahrt erhalten. Mit der Beſorgung des Poſtablagedienſtes wurde der Oberlehrer Joan Gher - man in Budenitz betraut.

Die um die Jahreswende ſtattfindenden Gemeinde - ratswahlen

bilden bereits gegenwärtig den Gegenſtand von Beſprechungen in den einzelnen Parteilagern. Insgeſamt ſcheiden in dieſem Jahre 27 Mitglieder des Gemeinderates aus, und zwar acht Gemeinderäte aus dem erſten Wahl - körper, elf aus dem zweiten Wahlkörper, vier aus dem dritten Wahlkörper und vier aus dem Wahl - körper der Vorſtädte. Nach der Nationalität gerechnet, müſſen im erſten Wahlkörper neugewählt werden zwei Deutſche, drei Juden, ein Rumäne und zwei Polen, im zweiten Wahlkörper vier Deutſche, vier Juden, zwei Ru - mänen und ein Ruthene, im dritten Wahlkörper ein Deut - ſcher, zwei Juden und ein Pole und in den Vorſtädten ein Deutſcher und 3 Rumänen; zuſammen alſo acht Deutſche, neun Juden, ſechs Rumänen, ein Ruthene und drei Polen. Beendet haben ihre Funktionsperiode als Gemeinderäte folgende Herren: LGR. Frendl, Dr. Kaindl, Dr. H. Kiesler, LGR. Kiſſelitza, Dr. Kogler, Dr. Stefanowicz, Wallſtein und Dr. Weißel - berger (erſter Wahlkörper); Bochner, Fritſch, Füllenbaum, Dr. Hoſtiuc, Dr. L. Kiesler, Leo, Popovici, Robaczek, Tellmann, Weg - ner und Dr. Wender (zweiter Wahlkörper); Borys - lawski, Fleminger, Zalodek und Trichter (dritter Wahlkörper); Dr. Cotlarciuc, Skalat, Treß und Woitko (Vorſtädte). Im Gemeinderate verbleiben 23 der bisherigen Gemeinderäte, und zwar acht Deutſche (vier vom erſten und vier vom zweiten Wahl - körper), zehn Juden (vom dritten Wahlkörper), drei Ru - thenen (zwei vom erſten und einer vom dritten Wahl - körper) und zwei Polen (einer vom erſten und einer vom zweiten Wahlkörper).

Aus Advokatenkreiſen.

Landes - und Gerichtsadvokat Dr. B. Weinberger hat ſeine Advokaturskanzlei in Storozynetz eröffnet.

Fuſion der I. Bukow. ſtaatlich approbierten Fach - ſchule für Maſchinſchreiben und Stenographie mit der Berlitz-School of Languages.

Wie uns mitgeteilt wird, haben die Direktrice der erſten Bukow. behördlich kon - zeſſionierten Fachſchule für Maſchinſchreiben und Steno - graphie, Frl. Marie Szymonowicz und der Direk - tor der The Berlitz School of Languages, Herr Dr. Oskar Wittner, beſchloſſen, eine Fuſion der beiden Schulen vorzunehmen. Es muß wohl nicht beſonders hervorgeho - ben werden, welche Vorteile aus dieſem Schritte, der von allen Freunden beider Schulen, ſowie vom größten Teile des hieſigen Publikums mit Befriedigung begrüßt werden wird, für alle jene erwachſen, die im harten Daſeins - kampfe ſtehen und gezwungen ſind, in heißem Bemühen ihren Lebensunterhalt zu erwerben. Dem lerngierigen und bildungsfreundlichen Heer der Staats - und Privat - beamten, der Angeſtellten der Advokaturs - und Nota - riatskanzleien, der Hochſchüler und abſolvierten Mittel - ſchüler, der Abſolventen der Handels - und Gewerbeſchule, der Handlungsgehilfen ꝛc. wird hiemit die beſte Gelegen - heit geboten, die Waffen für den Kampf ums Daſein zu ſchärfen und ſie gut gebrauchen zu lernen. Ueber die Vor - teile der Stenographie und des Maſchinſchreibens, ſowie der ausreichenden Beherrſchung fremder Sprachen beſteht heute kein Zweifel mehr. Die oberwähnte Fachſchule hat ſich zum Ziele geſetzt, die Teilnehmer auf das gewiſſen - hafteſte auszubilden, daß dieſelben bei Bewerbung um Stellen in den verſchiedenſten Aemtern und Bureaux in erſter Reihe in Betracht kommen ſollen. Die Berlitz School mit ihrer weltbeherrſchenden Methode erſtrebt die Ermög - lichung einer raſchen, gründlichen Erlernung jederSprache, die auf dem Erdball geſprochen wird. Wer eine oder die andere der modernen Sprachen mit jener Fer - tigkeit beherrſcht, die nur durch die Anwendung der Ber - litz-Methode erreicht werden kann, und zugleich in Ste - nographie und Maſchinſchreiben es ſoweit gebracht hat, um im wahren Sinne des Wortes Stenotypiſt genannt werden zu können, dann wäre es ein müſſiges Beginnen, noch beſonders hervorzuheben, daß mit ſo reichen Kennt - niſſen Ausgeſtattete im Kampfe ums Daſein jeden an - deren minder Ausgebildeten unbedingt überflügeln und verdrängen muß. Um nun die Erreichung dieſes Zieles zu ermöglichen und der Czernowitzer Bevölkerung, inſo - weit ſie lernen und vorwärts kommen will, Gelegenheit zu geben, Sprachen in glücklicher und vielverheißender Verbindung mit Stenographie und Maſchinſchreiben ler - nen und mit Erfolg lernen zu können, haben die Leitun - gen der beiden Schulen, einzig und allein in dem Beſtre - ben, dies der Oeffentlichkeit leichter zugänglich zu machen, beſchloſſen, zur vollſtändigen Erfüllung des Lehrzweckes eine Fuſion der beiden Schulen vorzunehmen und mit vereinten Kräften dem vorgeſteckten Ziele zuzuſtre - ben. Näheres über den Beginn, die Dauer der Kurſe und die Höhe des Honorares wird durch Inſerate und Plakate kundgegeben werden. Auskünfte werden in der gemein - ſamen Direktionskanzlei, Deutſches Haus, Herren - gaſſe 47, Parterre rechts, erteilt.

Verirrungen der Liebe,

Drama in 3 Teilen, pracht - volle Farbenkinematographie, nebſt Luſtſpielen, Naturauf - nahmen, kommen in dieſem Programm im Kinotheater im Saale des alten Stadttheaters, zur Aufführung. Da das Programm, wie gewöhnlich, erſtklaſſig iſt, ſo kann der Beſuch jedermann empfohlen werden.

Wetterprognoſe für morgen:

Wechſelnde, ſpäter zu - nehmende Bewölkung, etwas wärmer, mäßige Winde.

Rechtspflege.

Der Prozeß Jukic.

(Korr. -B.) [Meldung des ung. Tel. -Korr.-Bureaus.]

Die Verleſung der Akten wird fort - geſetzt, darunter die Ausſagen über den Ausflug der kroa - tiſchen Studenten nach Serbien. Der Student Vonimir Piskulic erklärte, beim Bankett in Semendria, während der Rede des Bürgermeiſters, ſeien Schmäh - rufe gegen den öſterreichiſchen Kaiſer aus - geſtoßen worden, wogegen Piskulic proteſtiert habe. Student Kurtovic ſagte, daß beim Einzug in Belgrad Rufe Hoch der ſüdſlaviſche König Peter fielen. Der Student Norbert Piskulic erklärte, bei jeder Gelegen - heit ſei während dieſes Ausfluges der öſterreichiſche Kaiſer geſchmäht worden. Ein ſerbiſcher Hauptmann habe mit ihm über die revolutionären Organiſatio - nen Kroatiens ſprechen wollen, aber Piskulic habe erklärt, daß ſolche nicht beſtünden.

Oekonomiſches.

Die Einberufung einer neuen Zucker - konferenz.

Die ſtändige Zuckerkommiſſion, die über Einladung des Vorſitzenden zuſammentritt, dürfte, wie das N. Wr. Tgbl. aus Brüſſel erfährt, kaum vor dem Herbſt zu einer Sitzung einberufen werden. Der Kommiſſion fällt die Aufgabe zu, im Falle einer Kündigung über die zu ergreifenden Maßnahmen zu beſchließen.

Saatenſtand in Rußland.

Aus Odeſſa wird berichtet: Während des verfloſſenen Monats war regne - riſche Witterung vorherrſchend, erſt in den letzten Tagen iſt das Wetter warm und beſtändig geworden. Zufolge der naſſen Witterung hat ſich die Getreideernte allgemein verſpätet. Namentlich in der Woche zum 21. Juli nahmen im Südweſten und Süden Rußlands heftige Regengüſſe oft wolkenbruchartigen Charakter an. Die Qualität des Getreides wurde dadurch ſtark beeinträchtigt und auch die Quantität ſoll, wenn auch nicht erheblich, gelitten haben. Die Erntearbeiten werden jetzt mit aller Kraft aufgenommen, doch iſt anhaltende trockene Witterung jetzt ſehr dringend erforderlich. Die Witterung für Mais war außerordentlich günſtig; alle früheren Klagen in dieſer Beziehung ſind vollſtändig verſtummt. Außerdem ſind im Innern noch zirka 30 Prozent der alten großen Maisernte vorhanden. Der ruſſiſche Bauer, der im Vorjahre gut verdient hat, hält jetzt den Mais bei den ſtark gewichenen Preiſen zurück.

Tiſitia - Holzinduſtrie-Aktiengeſellſchaft. Im Anſchluß an unſeren letzten Bericht betreffend die Holzinduſtrie Unternehmung des Grafen Mikes beziehungsweiſe der Tiſita-Aktiengeſellſchaft wird uns noch gemeldet, daß Herr Oscar Löwy, der bislang bei der Firma Gebr. Roſenberg, Czernowitz-Galatz-Köln als Direktor tätig war, zur Tiſita A. -G., in der Eigenſchaft als General-Direktor mit dem Sitze in Budapeſt berufen wurde. Herr Löwy hat ſich zunächſt für 10 Jahre verpflichtet. Derſelbe wird im Laufe des Monates September a. c. ſeinen neuen Poſten beziehen.

Telegr. Börſe - und Kursnachrichten.

Wiener Börſe.

(Priv. -Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

An der heutigen Börſe herrſchte wie in der Vorwoche eine feſte Tendenz. Die Spekulation konzentrierte ſich wieder faſt ausſchließlich auf Eiſenwerte. Alpine Montan - aktien ſtiegen wieder auf ſechs Kronen. Auch Berg - und Hüttenwerke waren ſtark geſucht. Petroleumwerte avan - zierten gleichfalls und oberungariſche Hüttenwerke no - tierten um 35 Kronen höher.

Wiener Bank-Verein, Filiale Czernowitz. Telegraphiſcher Kursbericht.

Vor - börſe:Schluß:Vor - börſe:Schluß
Kredit ...655·75654·50Salgo ... · 764·
Ung. Kredit · · Hutter ... · ·
Bankverein. · 539· Simmeringer. · 336·
Länderbank. · 339· Sigl .... · 406·
Boden ... · 1275 Ver. Elektr .. · ·
Unionbank · 618· Oeſt. Verkehr. · 465·
Staatsbahn.715. 715· Ung. Verkehr. · 469·
Südbahn .. · · Galizia ... · 386·
Alpine ...1018251019 Klotilde .. · 318·
Rimamuranyer775· 777· Rothau Neudeck · ·
Siemens .. · 320· Jungbunzl. Spir · ·
Skoda ... · 764·50Weſtb. Kohle. · 655·
Poldi ...808. 837· A. E. G. Union · 607·
Orient ... · 745· Kroat. Zucker · .
Waffen ... · 1099 Schodnica .. · ·
Türkenloſe .. · 242·

Amtlicher Kurs und Marktbericht

der Czernowitzer Frucht - und Produktenbörſe. Czernowitz, 5. Auguſt 1912.

Preiſe per 50 kg, in Kronen ab (Parität) Czernowitz.

Weizen 10·30 10·50, Roggen 8·50· 870, Gerſte (Brauer - ware) · , Hafer (Herrſchaftsware) 9·75 , Mais 8·40 860, Kleie (Weizen) 5·70 5·80, Roggen 6·20 6·30, Spiritus, per 10.000 Literperzent, roher, prompext, kl. Steuer, ab Czer - nowitz 00·00 00·00.

Effekten - u. Wechſelkurſe der Wiener Börſe.

Wien, 5. Auguſt 1912.

Einheitliche 4%ige konv. Rente, Mai-November 86·70, Jänner-Juli 86·70, Einheitliche Rente 4·2% in Noten, Februar - Auguſt 9005·, in Silber, April-Oktober 9005. Oeſterr. Gold - rente 112·85, Oeſterr. Kronenrente 4% 86·70, Oeſterr. Inveſti - tionsrente % 76·90, Ungar. Goldrente 4% 107·75, Ungar. Kronenrente 4% 86·90, Ungar. Inveſtitionsrente 3½%, 76·55, Oeſterr. -ung. Bank-Aktien 20·79, Kreditaktien 653·90, London vista 24·09 , Deutſche Reichsbanknoten für 100 Mark, der R. -W. 11757.50, 20 Mark-Stücke 23·55, 20 Frank-Stücke 1908· , Italieniſche Bank - noten 94·40, Rubel 254· .

Telegr. Handelsbericht vom 5. Auguſt 1912.

Die Budapeſter Produktenbörſe notiert:

Weizen ...........K 11·45 11·46 per 50 kg.
Mais ............. 9·08 9·09
Oelſaaten .......... 17.50 17·60

Korreſpondenzen.

Sadagora.

(Die Demiſſion des Bürger - meiſters Dr. Runes abgelehnt und der - ſelbe zum Ehrenmitglied ernannt.) Unſere gar ſo plötzliche Bürgermeiſterkriſe zählt zur Vergangen - heit und auf dem kuriliſchen Stuhl ſitzt nach wie vor Bür - germeiſter Dr. Runes. Der Gemeindeausſchuß hat die Mandatsniederlegung des Bürgermeiſters nicht zur Kenntnis genommen und demſelben einſtimmig das Vertrauen votiert und ihn erſucht, auf ſeiner Re - ſignation nicht zu beharren .. Nachdem Bürgermeiſter Dr. Runes wahrgenommen, daß die Urſache ſeiner De - miſſion beſeitigt erſcheint, hat er im Intereſſe der glatten Durchführung der eingeleiteten Aſſanierungsaktion ſeine Demiſſion zurückgezogen. Nachſtehend der Verlauf: Vizebürgermeiſter Notar Kuzniarski übernahm ſo - fort nach erfolgtem Mandatsverzicht des Bürgermeiſters die Amtsführung und lud den Ausſchuß für Samſtag abends zu einer vertraulichen Beſprechung ein. In der - ſelben legte GR. Picker in ſachlicher Weiſe den Weg zu einem Arrangement mit den Bewohnern der Kramladen - gaſſen dar. Nach lebhafter Debatte wurde der Vorſchlag einſtimmig akzeptiert und GR. Picker ermächtigt, in angeregtem Sinne mit denſelben zu verhandeln und das Ergebnis bis zu der am Sonntag abends ſtattfindenden öffentlichen Ausſchußſitzung vorzubereiten. Mit Aufwand der größten Energie hat nun GR. Picker durch den gan - zen Tag die diesbezüglichen Verhandlungen geführt, welche ein äußerſt zufriedenſtellendes Ergebnis gezeitigt haben. In der am Sonntag abends ſtattgefundenen Aus - ſchußſitzung berichtete GR. Picker über das Reſultat,, welches darin gipfelt, daß faſt ſämtliche Bewohner der Kramladengaſſen einem friedlichen Ausgleich durch käuf - liche Ueberlaſſung ihres Eigentums rechtsverbindlich zu - ſtimmten. Dieſes Reſultat iſt ein derart überraſchend gün - ſtiges, daß das große Aſſanierungsprogramm faſt zur Gänze auf friedlicher Baſis geſichert erſcheint. Da ſomit das eigentliche Motiv der Demiſſion des Bürgermeiſters Dr. Runes jeder realen Grundlage entbehrt, beantragte GR. Picker, dieſelbe nicht zur Kenntnis zu nehmen und dem Bürgermeiſter Dr. Runes, der durch faſt 15 Jahre an der Spitze der Gemeinde ſelbſtlos zum Wohle der Be - völkerung tätig iſt, das Vertrauen zu votieren und den -56. Auguſt 1912. Czernowitzer Allgemeine Zeitung ſelben zu bitten, das Mandat wieder anzunehmen. Nach - dem noch die Gemeinderäte Zucker, J. S. Retter, Heitner und Adam in gleichem Sinne geſprochen, wurde über Antrag des GR. Offizial Adam die Sitzung unterbrochen und der Ausſchuß begab ſich korporativ unter Begleitung des zahlreichen Auditoriums zum Bürger - meiſter, vor deſſen Haus eine große Menſchenmenge ver - ſammelt war, woſelbſt Vizebürgermeiſter Kuzniar - ski demſelben den Beſchluß der Gemeindevertretung mit - teilte und ihn namens derſelben erſuchte, das Mandat wieder anzunehmen. Nachdem GR. Picker das getrof - fene Arrangement mit den Einwohnern der Kramladen - gaſſen, welche für ihren Bürgermeiſter ein Opfer zu brin - gen, ſich gerne entſchloſſen haben, hervorgehoben, wodurch der Stein des Anſtoßes beſeitigt erſcheint, nahm Doktor Runes unter Hervorhebung des Zieles ſeiner weiteren Tätigkeit die Demiſſion zurück, worauf ſtürmiſche Hoch - rufe ſeitens der angeſammelten Menge laut wurden. So - dann kehrte der Ausſchuß in den Sitzungsſaal zurück und übernahm Dr. Runes wieder den Vorſitz. GR. Heit - ner dankte dem Bürgermeiſter für das Pflichtbewußt - ſein und beantragte, denſelben zu unſerem erſten Ehren - mitgliede zu ernennen, welcher Antrag einſtimmige Annahme fand. Nachdem noch in vertraulicher Sitzung einige Maßnahmen wegen Ausbau der elektriſchen Stra - ßenbahn nach Czernowitz beſchloſſen wurden, fand die denkwürdige Sitzung ihr Ende. So ſchreitet denn end - lich unſere Gemeinde den Weg zur Umgeſtaltung und iſt zu hoffen, daß das geſteckte Ziel in der Verwirklichung des Programmes wie: Aſſanierung der Kramladengaſſen, Waſſerleitung und Kanaliſierung, Schlachthausbau und Ausbau der elektriſchen Straßenbahn erreicht werden wird.

Nowoſielitza. (Verhaftung des Mörders Tarnowiecki.)

Es iſt gelungen, den Bauer Tar - nowiecki, der ſeine Frau ſchwer verletzte und ſein jüngſtes Kind auf der Flucht tötete, zu verhaften. Tarno - wiecki, der nach Rumänien geflüchtet war, kehrte Freitag nach Oeſterreich zurück, um ſich bei ſeinem Bruder, der in dem Grenzorte Gogolina wohnt, nach dem Befinden ſeiner bei ihrer Großmutter in Lehuczeni-Teutului woh - nenden Kinder zu erkundigen. Da er keine befriedigende Antwort erhalten konnte, beſchloß er, nach Lehuczeni - Teutului zu gehen, um ſich perſönlich vom Wohlergehen ſeiner Kinder zu überzeugen. Der dortige Ortsrichter Ge - orgi Luzowinczuk, der von der Abſicht Tarnowieckis Kenntnis erhalten hatte, ließ ihn, als er ſich dem Dorfe näherte, durch die Ortspolizei verhaften und in die Ge - meindekanzlei bringen. Dort erwarteten ihn bereits Gen - darmen, die ihn dem Bezirkgerichte in Bojan einlieferten. Tarnowiecki erklärte auf Befragen, er ſei unſchuldig und die ganze Schuld treffe ſeine Schwiegermutter, die ihn ſtets davon zurückgehalten, ſeinem Kinde aus zweiter Ehe gleichfalls einen Teil ſeines Vermögens teſtamentariſch zu vermachen. Die Frau Tarnowieckis wurde in die Czer - nowitzer Landeskrankenanſtalt überführt, wo ſie ſich auf dem Wege der Beſſerung befindet.

Nowoſielitza. (Eine Tanzunterhaltung mit blutigem Ende.)

Geſtern, Sonntag, veranſtal - teten die hieſigen Bahnarbeiter eine Tanzunterhaltung und ließen zu dieſem Zwecke eine Zigeunerkapelle aus Bojan kommen. Die Tanzunterhaltung, bei der auch ſehr viel ge - trunken wurde, dauerte bis heute früh. Heute früh wollte die Zigeunerkapelle mit dem Frühzug nach Bojan zurück - kehren, die angeheiterten Arbeiter erſuchten aber die Kapelle noch einige Zeit aufzuſpielen, ſie würden ſie dann durch einen Bauernwagen nach Bojan zurückbringen laſſen. Als nach einigen Stunden die Muſiker das Ver - langen ſtellten, man möge ihnen den verſprochenen Bauernwagen zur Reiſe nach Bojan zur Verfügung ſtellen, war die Antwort höhniſche Schimpfworte. Es entſtand ein heftiger Streit, der ſchließlich in eine Meſſerſtecherei ausartete. Die Arbeiter Bilinski und Krapczuk wurden leicht verletzt, der Arbeiter Litwin trug ſehr ſchwere Verletzungen davon. Litwin erhielt einen Meſſerſtich in den Kopf, der die Kopfhaut faſt voll - ſtändig wegriß und das Gehirn verletzte. An ſeinem Auf - kommen wird gezweifelt. Der Meſſerſtecherei machten einige Gendarmen ein Ende, die mehrere Muſikanten und Arbeiter verhafteten.

Kimpolung. (Konzert.)

Am 17. Auguſt 1912 fin - det im Rathausſaale zu Kimpolung ein Konzert des erſten Tenors am Wiener Bürgertheater Marcell Noe ſtatt. Dem Konzerte folgt eine Tanzunterhaltung. Nähe - res bringen die Plakate.

Sereth. (Konſtituierung des Kultus - rates.)

Am 4. d. M. fand die konſtituierende Sitzung des Kultusrates ſtatt. Es wurden gewählt: Herr Iſak Berall zum Kultusvorſteher, Herr Akiba Schreiber zum Stellvertreter und die Herren Schulim Achner, Nachman Kraft und Abraham Pariſer in den Vorſtand. Damit er - ſcheint die Kultusratsfrage im Sinne der geltenden ſtatu - tariſchen Beſtimmungen endgiltig gelöſt.

Kimpolung. (Scharlachepidemie.)

Die Fälle an Scharlacherkrankungen mehren ſich. Zu den früheren traten in den letzten Tagen acht neue Erkrankungen hinzu und beziffert ſich der Krankenſtand auf 39. Die politiſche Behörde und der Gemeindearzt Dr. Mehlmann trach - ten mit allen zu Gebote ſtehenden Mitteln die Epidemie einzudämmen.

Letzte Telegramme.

Die Artilleriebewaffnung. Angebot der Skodawerke, das Rohrmaterial auf eigenes Riſiko anzufertigen.

(Priv. -Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Das Neue Wiener Tagblatt meldet aus Pilſen: Die Generaldirektion der Skodawerke hat dem Kriegs - miniſter von Auffenberg den Vorſchlag unterbreitet, das Rohrmaterial für die Artilleriegeſchütze, und zwar zuerſt für die Haubitzen vorläufig auf ihre Koſten herzuſtellen, das heißt, auf ihr Riſiko die von der Kriegsverwaltung notwendig erachteten Lieferungen aus - zuführen.

Der Kriegsminiſter ſoll dem Kaiſer in ſeiner Au - dienz dieſen Vorſchlag der Skodawerke unterbreitet und der Kaiſer denſelben genehmigend zur Kennt - nis genommen haben.

Wiederaufnahme der polniſch-rutheniſchen Verhandlungen über die galiziſche Land - tagswahlreform.

(Priv. -Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Abg. Koſt Lewickij iſt hier eingetroffen. Aus der Anweſenheit der Abgeordneten Dr. Leo und Abra - hamowicz ſowie des Statthalters Bobrzynski ſchließt man, daß die ſeinerzeit angekündigten, dann de - mentierten Beſprechungen wegen der galiziſchen Land - tagswahlreform eheſtens beginnen werden.

Die Kriſe in der Türkei.

(Priv. -Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Der geſtrige Beſchluß des Miniſterrates, die Kammer aufzulöſen, iſt überraſchend gekommen. Nach der Annahme der Abänderung des Verfaſſungsparagraphen 7 durch den Senat, beſchloß das Kabinett die Auflöſung der Kammer, die ſofort nach Albanien gemeldet wurde.

Der Miniſterrat dauert den ganzen Tag bis in die ſpäte Nacht hinein. Es verlautet, daß ernſte Nachrichten aus Albanien eingetroffen ſeien. Die Meldung von Kämpfen an der montenegriniſchen Grenze hat ſtarken Eindruck hervorgerufen. Aus Uesküb erſchien geſtern ein Mitglied der Spezialkommiſſion für Alba - nien, um die Albaneſen von einem Vormarſch nach Ues - küb abzuhalten, doch ſind die Ausſichten gering, daß ihm dies gelingen werde. Täglich treffen in Uesküb kleinere Gruppen von bewaffneten Albanern ein.

Die Albauer nicht länger von Feindſeligkeiten zurück - zuhalten.

(Korr. -B.)

Der Vali von Ja - nina richtete an die aufſtändiſchen Arnauten der Gegend von Berat, Fiat und Valona eine Aufforderung zur Rückkehr, der bisher jedoch nicht entſprochen wurde.

In Priſchtina fand eine Beſprechung der Ar - nautenführer mit der Kommiſſion ſtatt. Die Arnauten - führer erklärten, angeſichts der drohenden Haltung der Albaner, ſeien ſie nicht länger imſtande, die Maſ - ſen von dem Entſchluß, mit den Feindſeligkeiten zu beginnen, zurückzuhalten und müßten jede Ver - antwortung für allfällige, durch die Verzögerung der Auf - löſung der Kammer hervorgerufenen Folgen ablehnen.

Fortſchreitende Zerſetzung in der Armee. Kapitulation verſchiedener Garniſonen.

(Korr. -B.)

Von authenti - ſcher Seite wird beſtätigt, daß der Gendarmerie - kommandant in Kumanovo mit 16 Gendarmen ſich den aufſtändiſchen Albanern angeſchloſſen habe. Weiters ſchloſſen ſich 162 Mann des Gendarmerie - bataillons Prizrend an. Die Beſatzungen der Ort - ſchaften Kaliadodes, Kaza und Luma kapitu - lierten. Die Lage in Prizrend iſt bedrohlich.

Am 31. Juli zogen 400 bewaffnete Albaner aus Luma in die Stadt ein. Es werden Ruheſtörungen be - fürchtet. Infolge einer Meuterei unter der Garni - ſon Mitrovitza wurden 690 Reſerviſten entlaſſen.

In Mitrovitza zogen 5000 Albaner aus ver - ſchieden en Städten Nordalbaniens ein.

Der Auflöſungsbeſchluß.

(Korr. -B.)

Der Beſchluß des Miniſterrates, den Senat zu einer außerordentlichen Sitzung einzuberufen, wurde ſo geheim gehalten, daß nicht einmal die Deputierten davon wußten.

Die geheime Senatsſitzung.

geſtaltete ſich äußerſt intereſſant und bewegt. Im Laufe der Debatte kam es zu einem Zwiſchenfall zwiſchen dem Marſchall Fuad und dem Jungtürken Baſſaria, da letzterer ſich für den Weiterbeſtand der Kammer einſetzte. Der Senat beſchloß, die Abänderung des Arti - kels 43 der Verfaſſung und genehmigte die von der Re - gierung geforderte Interpretierung der Ver - faſſung. Alle Miniſter wohnten der Sitzung bei.

Der Beſchluß des Kabinettes, auf der ſofortigen Schließung der Kammer zu beſtehen, iſt auf die Tele - gramme der albaniſchen Kommiſſion zu - rückzuführen, nach welchen im Falle der Verzögerung der Auflöſung der Kammer ſchwere Verwicklungen zu befürchten ſeien.

Nach der Abſtimmung des Senats fand ein Mini - ſterrat ſtatt, worauf die Miniſter vom Sultan empfangen wurden, welcher den Senatsbeſchluß unverzüglich ſanktionierte.

Die Kammer entzieht ſich der Verleſung des Auflöſungsdekretes. Mißtrauensvotum und Vertagungsbeſchluß.

(Korr. -B.)

Der Deputierte Dſchawid hielt eine heftige Rede gegen die Regierung und erklärt, die Deputierten würden jeder Drohung Wider - ſtand entgegenſetzen. Die Kammer ſprach über Antrag Dſchavids der Regierung das Mißtrauen aus, wo - rauf ſie ſich für unbeſtimmte Zeit vertagte.

(Korr. -B.)

Nach Faſſung des Mißtrauensvotums kam es zu tumultiöſen Szenen. Die albaniſchen Deputierten Eſſad und Schahin, welche durch Aeußerungen der Jungtürken ſich beleidigt fühlten, wollten ſich auf dieſe ſtürzen. Im Handgemenge zog Deputierter Rahmi einen Revol - ver, machte aber keinen Gebrauch von dieſem. Der Tu - mult dauerte einige Minuten. Der Präſident wiederholte den gefaßten Beſchluß und erklärte die Kammer als für unbeſtimmte Zeit vertagt.

Durch die Vertagung entzog ſich die Kammer der Verleſung des Schließungsdekretes, die von der Regierung für 1 Uhr nachmittags angeſetzt worden war. Da die Regierung infolge des Mißtrauens - votums als geſtürzt zu betrachten iſt, hat ſich die Kriſe bedeutend verſchärft.

Poincarees Reiſe nach Petersburg.

(Korr. -B.)

Miniſterpräſident Poincaree reiſte nach Dünkirchen ab, von wo er per Schiff die Reiſe nach Kronſtadt antritt.

Bauernunruhen im ruſſiſchen Gouver - nement Kursk.

(Priv. -Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

In Miropolje bei Kursk kam es anläßlich der zwangsweiſen Durchführung einer Agrarreform durch ſtaatliche Geometer zu großen Bauernunruhen. Ueber zehntauſend Bauern rotteten ſich unter Sturmgeläute der Glocken zuſammen und vertrieben die Geometer. Erſt als Militär requiriert worden war, konnte die Ordnung wieder hergeſtellt werden.

Freilaſſung des ſpionageverdächtigen Hauptmanns Koſtewitſch gegen Kaution.

(Priv. -Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Der ruſſiſche Hauptmann Koſtewitſch wird heute, nachdem für ihn eine Kaution von dreißigtauſend Mark erlegt wurde, für die Dauer der Unterſuchung auf freien Fuß geſetzt. Er ſteht aber unter polizeilicher Bewachung und darf die Grenze nicht überſchreiten.

Bootsunglück.

(Korr. -B.)

Bei Laysdown auf der Inſel Sheppey kenterte ein Segelboot. Von 23 Inſaſſen ſind 8 ertrunken.

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6 Czernowitzer Allgemeine Zeitung 6. Auguſt 1912.
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Der Mann im Keller.

34] (Nachdruck verboten.)

Der vierte Brief enthielt die Anfrage, ob das Haus nach Ablauf von drei Monaten weiter vermietet werden ſolle, und eine Andeutung, daß die jetzigen Mieter gewillt ſeien, das Haus auf ſechs Monate zu mieten.

Der letzte Teil dieſes Briefes war beſonders inter - eſſant; er lautete: Was Miß Derry anbetrifft, ſo habe ich mitzuteilen, daß dieſe Dame mich ſeit meinem Tele - gramm vom 4. Mai nicht aufgeſucht hat. Es ſcheint, daß ſie ſich beruhigt und es aufgegeben hat, nach dem Major zu ſuchen. Soviel ich weiß, hat über ſeine Reiſe nichts in den Zeitungen geſtanden; man ſcheint an die Fahrt nach Birma zu glauben. Ich hoffe, daß der Major die beiden Briefe, die ich ſandte, inzwiſchen erhalten hat. Die beiden Gentlemen, die in Cranbourne Grove wohnen, haben mir noch keine Briefe für den Major zugeſandt; es ſcheinen alſo keine eingetroffen zu ſein. Ich hoffe ferner, daß der Major den Scheck erhalten, den ich neulich ſandte. Bis Mitte Juli werden weitere Summen nicht zu ſenden ſein.

Dieſe vier Briefe waren an Throgmorton adreſſiert.

Die drei andern, an Mr. Weſton gerichteten, waren mehr vom Seewaſſer mitgenommen. Das Papier war nicht ſo gut, und es koſtete viele Mühe, ſie zu entziffern. Zwei von ihnen ſchienen eines Intereſſes nicht wert zu ſein; ſie waren vom vergangenen Jahr datiert und han - delten von Geldangelegenheiten. Der Schreiber, ein ge - wiſſer Charles Smith, beanſpruchte eine Summe von hundert Pfund und drohte mit gerichtlicher Klage.

Der dritte Brief dagegen war überaus intereſſant. Vieles war freilich unleſerlich geworden, aber der Reſt ent - hielt ſo viel Wichtiges, daß Nielſen und Koldby ſofort eine Abſchrift davon nahmen.

Geehrter Herr! Obwohl ich Sie nicht perſönlich kenne, erlaube ich mir, an Sie zu ſchreiben, da ich mich hierzu gezwungen ſehe. Sie wiſſen, daß vor einiger Zeit ... (unleſerlich) Major Johnſon. Sie kennen ja den Major und ſeine unglückſelige Neigung zum Spiel. Auch ſeine Neigung zu ... unleſerlich) Ihnen nicht unbekannt ſein. Mrs. Weſton iſt mir ebenſo unbekannt wie Sie. Aber ein gemeinſchaftlicher Freund hat mir erzählt, daß Sie in jedem Fall ein Gentleman geweſen ſind! Nach den Vor - gängen vom letzten Herbſt habe ich ein Recht dazu. Es iſt freilich ein ungewöhnliches Ding für ein junges Mädchen, an einen ihr fremden Mann wegen deſſen Frau zu ſchreiben, aber ... (hier waren fünf Zeilen unleſerlich) ... ich kann nicht drohen, mein Vater will mir nicht helfen, wie Sie wiſſen. Nach den bisherigen Vorgängen zu urteilen, muß ich annehmen, daß Sie und ... (un - leſerlich) Vorteil daraus ziehen wollen. Ich bin aber bereit, James loszukaufen, und überlaſſe es Ihnen, den Preis zu beſtimmen. Ich werde bezahlen, ſo weit ich irgend kann. Betrachten Sie das Ganze als ein Geſchäft, das wir machen, und kommen Sie mit mir in Clarendon Road 117, dem Hauſe einer Freundin von mir, zuſammen. Vielleicht irren Sie ſich, wenn Sie meinen, ich wäre gänzlich wehr - los, ich habe ... (unleſerlich).

Zur Unterhaltung mit Ihnen bereit, zeichne ich A. Derry.

Das war ein wertvolles Dokument; was nicht zu leſen war, ließ ſich erraten, es betraf den Major Johnſon und war an Weſton gerichtet: die Schreiberin war MißAmy Derry. Warum aber befand ſich dieſer Brief in Thogmortons Beſitz? Mr. Weſton war am Leben, hatte mit jenem zuſammen gewohnt, und dennoch trug Mr. Throgmorton Weſtons Taſchenuhr und deſſen Briefe bei ſich?

Nielſen, ſagte der Doktor, mir beginnt zu däm - mern, daß wir zu der Frage, wer der Ermordete im Keller iſt, noch einmal werden zurückkehren müſſen. Bisher nahmen wir als ſicher an, daß es der Major ſei. Nun aber weiſen manche Umſtände darauf hin, daß wir uns durch - aus im Irrtum befunden haben.

Nielſen nickte; ſeine Gedanken waren in derſelben Richtung gegangen.

Der Doktor fuhr fort: Daß in der Perſon des Er - trunkenen Throgmorton zu ſuchen iſt, halte ich für wahr - ſcheinlich. Wir glaubten aber außerdem bisher, daß Throg - morton, ſeine Schweſter und deren Gatte Johnſon er - mordet hätten. Nun dagegen finden wir, daß Throgmorton eine Taſchenuhr mit Weſtons Namen und die an letzteren adreſſierten Briefe bei ſich getragen hat. Und daraus müſſen wir ſchließen, daß der Weſton, den wir kennen, der mit uns am Tiſch ſitzt, gar nicht der Weſton iſt, an den dieſe Briefe adreſſiert ſind.

Nielſen unterbracht ihn Wir wollen direkt ſagen, Doktor, daß dieſer Weſton überhaupt nicht Mr. Weſton. ſondern Major Johnſon iſt.

Eben, ſagte der Doktor. Und ferner ſchließen wir ...

Nielſen unterbrach ihn wieder: Daß der Mann, deſſen Leiche wir im Keller fanden, nicht der Major, ſon - dern Weſton iſt.

(Fortſetzung folgt.)

76. Auguſt 1912. Czernowitzer Allgemeine Zeitung
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8 Czernowitzer Allgemeine Zeitung 6. Auguſt 1912.
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Eigentümer und Herausgeber: Dr. Philipp Menczel. Verantw. Redakteur: Oskar Slawik. Allgemeine Druckerei Geſ. m. b. H., Czernowitz,[Herrengaſſe 11]

About this transcription

TextNr. 2560, 06.08.1912.
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Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Benjamin FiechterSusanne HaafNote: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).2018-01-26T13:38:42Z grepect GmbHNote: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T13:38:42Z Amelie MeisterNote: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.2018-01-26T13:38:42Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic informationNr. 2560, 06.08.1912. . Allgemeine Druckerei Ges. m. b. H.Czernowitz1912. Czernowitzer Allgemeine Zeitung

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LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; mkhz2

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  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
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