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Telegramme: Allgemeine Czernowitz

Czernowitzer Allgemeine Zeitung

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Manuſkripte werden in keinem Falle zurückgeſendet unfrankierte Briefe nicht angenommen.

Nr. 2567. Czernowitz, Mittwoch, den 14. Auguſt 1912.

Ueberſicht.

Vom Tage.

Abgeordneter Waſſilko hatte mit dem Reichsfinanz - miniſter eine auf den polniſch-rutheniſchen Ausgleich be - zügliche Unterredung. In Bulgarien wird anhaltend für einen Krieg gegen die Türkei agitiert. Der Sultan von Marokko hat abgedankt.

Bunte Chronik.

Die Erdbebenſtöße im Marmarameerbecken dauern fort.

Letzte Telegramme.

Die politiſche Situation in der Türkei hat eine Beſſe - rung erfahren, indem die Komiteepartei an den Neu - wahlen teilzunehmen beſchloß; hingegen erſcheinen neue Differenzen zwiſchen Regierung und Albanern aufgetaucht zu ſein.

Sadagóra.

Es gibt noch heute eine ganze Menge von Leuten draußen im Weſten, die da ſagen: Ach! Das iſt wohl das Czernowitz, das bei Sadagora, dem Sitze des berühmten Wunderrabbi, liegt. Wie intereſſant! Miniſter und hohe Miniſterialbeamte, durchreiſende Induſtrielle, Geſchäfts - leute und Globetrotter unterlaſſen es nie, von Czerno - witz aus, einen Ausflug nach Sadagora zu unternehmen. Es iſt uns ja auch gar ſo nahe, das liebe Städtchen, von dem die Dichter ſangen und dichteten, der Ort mit der halbaſiatiſch-poetiſchen Verklärung.

Die Poeſie iſt verklungen. Halbaſien iſt geblieben.

Was, Halbaſien? Ein ganzes, wenn wir bitten dür - fen. Sadagora iſt nichts Halbes. Es hat vor ein paar Tagen ſeinen Bürgermeiſter, der auch Angeſtellter der Kommune iſt und einem on dit zufolge mit der Gemeinde in ſonſtiger Geſchäftsverbindung ſteht, ſogar zum Ehren - bürger ernannt und damit dargetan, daß es wahre Ver - dienſte zu ehren weiß. Sadagora wäre nicht Sadagora, ſagten ſie ſich offenbar, wenn es nicht in Schmutz erſtarren und nicht alles pietätvoll erhalten würde, was ihm ſeine exzeptionelle Stellung verleiht: als Schmutzneſt inmitten eines nach Sauberkeit und Europäertum ringenden Lan - des. Was wäre Sadagora, wenn es eben nicht Sadagora wäre? Der Ruhm des Wunderrabbi iſt verblaßt, er ver - teilt ſich heute auf ſo und ſo viele Haupt - und Neben - ſtellen, in den Bewohnern des ſonſt regſamen und han -delsbefliſſenen Städtchens regt ſich immer mehr das Ver - langen nach reinen Straßen und hygieniſchen Häuſern, aber der alte Sadagorer Sinn iſt noch nicht erſtorben, mächtig bäumt er ſich in ſeiner Gemeindevertretung auf, wenn es daran geht, mit eiſernem Kehrbeſen vermoderte Ueberlieferungen und jahrzehntealten Schlamm wegzu - ſchaffen. Der Bürgermeiſter, der Sadagora in ſeinen alten Gewohnheiten erhielt und nicht ein Stück der alten Un - reinlichkeit preisgeben ließ, muß vor aller Welt geehrt und zum Ehrenbürger eben dieſes alten Sadagora, an dem ſich ſeit einem halben Jahrhundert nichts verändert hat, ge - macht werden.

Dieſe Verwaltung mußte auch aus einem anderen Grunde erhalten werden. Sadagora iſt der Vorort der Wahlmacherei in der Bukowina. Dort werden, wenn es ans Wählen geht, jene Stückchen erſonnen, die manchen Bezirkshauptmann und Kultusvorſteher in Galizien be - rühmt gemacht haben und die zuweilen auch anderwärts vorbildlich werden. Dort werden Wahllegitimationen mit äußeren Kennzeichen zugeſtellt, gute Wähler werden mittelſt Gemeinderatsbeſchluſſes belohnt, ſchlechte auf der Stelle beſtraft, dort brüſtet ſich der jeweilige Bürgermeiſter, auch wenn er noch nicht Ehrenbürger iſt, daß gegen ſeinen Willen niemand mehr als dreißig Stimmen erhalten kann, auch wenn für ihn dreihundert die Stimmen abge - ben. Dort herrſcht noch der Geiſt verſchollener Jahrzehnte, ein würdiges Pendant zu dem Koth, der in den Straßen und zu dem grünen Moraſt, der in den Straßenrinnen aufgeſtapelt iſt.

Sadagora iſt ſich treu geblieben. Unſere Zeit aber mit ihren unabweislichen Forderungen nach Reinlichkeit in der Verwaltung und Hygiene in den Gaſſen und Häu - ſern hat andere Begriffe von der Erhaltung alten Städte - ruhms. Sie verlangt gebieteriſch, daß Schmutzflecke weg - geputzt werden. Ehrenbürger her, Ehrenbürger hin die Stadt muß in jeglicher Beziehung geſäubert werden. Sie liegt auf Büchſenſchußweite von der Landeshaupt - und Univerſitätsſtadt entfernt und muß ſich gründlich rein - machen. Sadagora mit ſeiner gewerbefleißigen und be - triebſamen Bevölkerung und ſeinem berechtigten Anſpruch auf Erhebung zur Bezirkshauptſtadt muß zuſehen, wie es nach Ueberreichung des Ehrendiploms an ſeinen beinahe reſignierten Bürgermeiſter, ſich aus Staub und Schmutz emporhebt zu einem Gemeinweſen, das nicht mehr wie bis nun das abſchreckende Beiſpiel des ganzen Landes bildet.

Vom Tage.

Miniſterrat.

Wien, 12. Auguſt. Anläßlich des Geburtsfeſtes des Kaiſers verſammeln ſich die Mitglieder des Kabinetts am 18. Auguſt in Wien. Da diesmal das Geburtsfeſt des Kaiſers auf einen Sonntag fällt, treffen die Miniſter ſchon Samstag, den 17. Auguſt in Wien ein. Es iſt noch nicht beſtimmt, ob der anläßlich der Anweſenheit ſämt - licher Miniſter in Wien ſtattfindende Miniſterrat Sams - tag oder Montag abgehalten werden wird. Er wird ſich nur mit laufenden und Reſſortangelegenheiten befaſſen, und die Erörterung politiſcher Fragen, zu welcher ja auch ein Anlaß nicht vorliegt, wird um ſo eher unterbleiben, als das Arbeitspenſum, das erledigt werden muß, ganz außerordentlich angewachſen iſt, ſo daß mit einer ziemlich langen Dauer des Miniſterrates gerech - net werden muß, ſelbſt wenn nur alle laufenden und Reſſortangelegenheiten, über welche eine Beſchlußfaſſung notwendig iſt, erledigt werden.

Die Friedensausſichten in Ungarn.

Aus Budapeſt wird der Polit. Korreſpondenz ge - ſchrieben: Die Ausſichten auf eine gütliche Beilegung der zwiſchen der Regierung der der Oppoſition ſchwebenden Differenzen haben ſich in den jüngſtvergangenen Tagen nicht gebeſſert. Die Schuld daran trägt ausſchließlich die Oppoſition, bei der eine bedauerliche Scharfmacherei neueſtens ſchwunghaft betrieben wird. Von der reſtitutio in integrum hört man zwar nicht mehr viel, da die Oppoſition eingeſehen hat, daß in dieſer Beziehung durch - aus nichts zu erreichen iſt; deſto lauter u. hartnäckiger wird jedoch beſonders von den Führern der linken Parteien die Entfernung des Miniſterpräſidenten von Lukacs und des Präſidenten des Abgeordnetenhauſes Grafen Stefan Tisza, gefordert. Nun handelt es ſich hierbei nicht um eine perſönliche Angelegenheit dieſer Staatsmänner, ſon - dern um eine Angelegenheit der Parlamentsmajorität, die im Intereſſe des Friedens wohl zu ſchwerwiegenden Opfern bereit iſt, jedoch ſowohl mit Rückſicht auf das Mehrheitsprinzip, als auch im Bewußtſein ihrer entſchei - denden Juniſiege, ihrer Stärke und des Vertrauens, wel - ches ihr und der Regierung von der überwältigenden Mehrheit der Munizipien entgegengebracht wird, ſich zu

Feuilleton.

Zigeunerſtreiche.

Die Zahl der in Ungarn befindlichen Zigeuner ſteigt in die Hunderttauſende. Im ungariſchen Provinzblatt Abauj Torna veröffentlichte am 1. Mai 1910 ein Ken - ner der Verhältniſſe folgende Statiſtik: In Ungarn leben 264940 Zigeuner, davon können 243.342 als ſeß - haft gelten, während der Reſt von rund 20.000 ſich ſtän - dig auf der Wanderſchaft befindet. Von dieſen 20.000 ſind mindeſtens drei Viertel Mörder, Räuber, Diebe, gegen welche die Gendarmerie völlig machtlos iſt. Denn ſelbſt wenn die Gendarmerie einmal eine Zigeunerbande zu ſtellen imſtande iſt, wenn ſie einen verdächtigen Trupp überrumpelt und einfängt, ſo iſt damit nicht viel erreicht, weil man den Leuten gewöhnlich nichts nachweiſen kann. Die Beute iſt ſchon wenige Stunden nach dem Raube in unauffindbare Schlupfwinkel verſchleppt, und die Iden - tität der Räuber und Mörder ſelbſt durch Augenzeugen der Verbrechen feſtzuſtellen, iſt faſt immer ausſichtslos, da die meiſten Zigeunerfamilien den gleichen Namen und die Perſonen einander zum Verwechſeln ähnlich ſeien.

Trotz aller Verſuche, ſie anzuſiedeln, kehren die Zi - geuner immer wieder zu ihrem unſteten Nomadenleben zurück und treiben es, wie es ihre Väter und Großväter getrieben haben. Dabei verfolgen ſie unverkennbare Sy - ſteme. Selten verüben ſie ihre Gewalttaten bei Tage und ſelten wagen ſie ſich auch in die Zentren großer Ortſchaf - ten oder gar Städte; Ausnahmen von dieſer Regel kom - men nur als ganz vereinzelte Fälle vor. Im allgemeinen benützen ſie die Nacht oder noch lieber, wie die Wilden, die früheſten Morgenſtunden zu ihren Raubzügen und ſuchen nur die Peripherien der Dörfer heim. Schnell erſcheinen ſie, und ſchnell ſind ſie verſchwunden. Ganze Gruppen be - faſſen ſich nur mit gewöhnlichem Diebſtahl, dann wiedergibt es Zigeunerbanden, die nur den Raubmord als ihr Gewerbe betreiben. Dieſe Raubmörderbanden gehören alle einem organiſierten Verbande an und wenn ein Trupp einen Mord verübt hat, ſo werden die Mörder ſchnell einem anderen Trupp eingereiht, und die Spuren ſind in Augenblicken ſo gut verwiſcht, daß ihnen ſelbſt die ge - wiegteſten Gendarmen nicht zu folgen vermögen. Nach Angaben des eingangs erwähnten Kenners gehören die Räuber und Mörder ſtets ſolchen Banden an, deren Mit - glieder als Keſſelflicker und Schloſſer von Ort zu Ort ziehen, während die Diebe den Reihen der wandernden Zigeuner entſtammen.

Das ganze Zigeunervolk ſteckt noch tief im finſterſten, ſcheußlichſten Aberglauben, wie folgender Vorfall bewei - ſen mag: In Büdſzentmihaly wurde der Zigeuner Karl Roſtas verhaftet, weil er aus dem Friedhof eine Leiche ausgegraben und nachhauſe geſchleppt hatte, um ſie zu verſpeiſen. Roſtas erklärte, daß es ihm hauptſächlich um die Hände des Toten zu tun geweſen war. Er äße die Hände eines Leichnams, weil ihn ſolche Speiſe bei Dieb - ſtählen vor der Verhaftung ſchütze. Dieſer Aberglaube verdient die Beachtung der Kultur - und Sittenforſcher, weil er auffallend mit einem im ganzen Oſten Europas weit verbreiteten Aberglauben der Diebe übereinſtimmt. Gräberſchändungen zwecks Erlangung einer Totenhand als Diebstalismans ſind häufig. Denn wenn man eine Totenhand in ein Fenſter eines Hauſes, in dem man einbricht, legt, ſo ſchlafen die Beſtohlenen feſt, und der Dieb kann ruhig arbeiten.

Mit Vorliebe ſehen es jene Zigeuner, die bei ihren Räubereien bares Geld ergattern wollen und dabei auch vor Mord nicht zurückſchrecken, auf die einſam gelegenen Gaſthäuſer der Pußta ab. Solche Ueberfälle werden nicht von einzelnen, ſondern von ganzen Banden unternom - men. Ein beſonders romantiſcher Ueberfall wurde vor zwei Jahren von einer Zigeunerbande in Pojana bei Lugos unternommen. Sie ſpekulierte bei Ausübung die -ſes Verbrechens auf den Aberglauben der Bevölkerung, der in jener zumeiſt von Serben bewohnten Gegend groß iſt. In der Nacht vom 13. auf den 14. Mai 1910 klopfte es nämlich in dem genannten Dorfe an die Tür des Müllers Petru Muntyan. Auf die Frage: Wer da? hieß es: der Teufel! Muntyan ſah hinaus und erblickte zwölf in weiße Leintücher gehüllte Geſtalten. Was wollt ihr? ſchrie der abergläubiſche Müller voller Entſetzen. Wie aus Grabestiefe kam die Antwort: Dein Gut, Dein Geld, Dein Weib! Muntyans Frau war nicht ſo ängſtlich und abergläubiſch wie ihr Mann. Sie ergriff ein Gewehr und ſchoß auf die Geſpenſter, und dieſe erwiderten das Feuer nach allzu menſchlicher Manier. Dieſe Schüſſe lockten Gen - darmen herbei, und die Räuber entflohen. Aber der Kampf hatte ſchon ſeine Opfer gefordert: außer einem verwundeten Zigeuner fanden die Gendarmen auf dem Schlachtfeld den Müller tot, die tapfere Müllerin ſchwer - verletzt.

Intereſſant iſt, daß die Zigeuner unter ſich ſtreng auf Ehrlichkeit ſehen. Am 3. April 1910 wurden in Niſch in einem Zigeunerlager ein Mann und eine Frau, die die Beute eines Einbruchs nicht ehrlich abgeliefert hatten, ge - hängt. Dann zog die Karawane unter Zurücklaſſung der gerichteten Leute weiter. Der ſerbiſchen Polizei gelang es aber, die Karawane einzuholen. Man fand bei den Zigeu - nern zahlreiche abgehackte Finger, die von Leichenberau - bungen herrührten. Daß die Zigeuner Verrat ebenfalls ſchwer zu beſtrafen wiſſen, hat man in Ungarn bei dem Prozeß gegen die Bande, die 1908 den berüchtigten Raub - mord zu Danos begangen hat, beobachten können. Bei der Verhandlung in Budapeſt hatten die angeklagten Zigeu - ner bis zuletzt alles geleugnet, und ihre Verurteilung wäre nicht möglich geweſen, wenn nicht ein Mitglied der Bande ſelbſt, das Zigeunermädchen Roſa Lakatos als Kronzeugin gegen die Raub - und Mordgeſellſchaft aufgetreten wäre. Zur Strafe für dieſen Verrat wurde die ganze Familie der Roſa Lakatos von allen Zigeunern des ganzen Lan -

2 Czernowitzer Allgemeine Zeitung 14. Auguſt 1912.

einem Ausgleich mit der Oppoſition um den Preis ihrer Führer ſchwerlich hergeben dürfte. Es kann nur bedauert werden, daß die Nervoſität der Oppoſition wieder eher ſteigt als abnimmt. Herr von Lukacs wird die Oppoſition gewiß auffordern, mit der faktiſchen Sachlage entſpre - chenden Anträgen unter Beiſeitelaſſung der Reſtitution und der perſönlichen Frage an die Regierung heranzutre - ten, ſich mit dem Geſchehenen abzufinden und ſich bereit zu erklären, an der Schaffung der Wahlreform mitzuwirken und zur Arbeitsfähigkeit des Parlaments beizutragen. Herr von Lukacs iſt in dieſer Hinſicht noch immer von Friedenshoffnungen beſeelt, als vorſichtiger Politiker hält er jedoch auch ein zweites Eiſen im Feuer: den Entſchluß, Verſuchen, die Obſtruktion im Abgeordnetenhauſe wieder - aufleben zu laſſen oder gar in die Delegation zu verſchlep - pen, mit allen geſetzlichen und verfaſſungsmäßigen Mit - teln entgegenzutreten.

Der polniſch-rutheniſche Ausgleich. Unterredung des Abgeordneten von Waſſilko mit Finanz - miniſter von Bilinski.

(Priv. -Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Abg. v. Waſſilko, der für 3 Tage hier weilt, hatte ge - ſtern eine zweiſtündige Unterredung mit dem gemeinſa - men Finanzminiſter Bilinski, um ihn über den Stand des polniſch-rutheniſchen Ausgleiches auch von ru - theniſcher Seite auf das Genaueſte zu informieren.

Poincarees Miſſion in Petersburg.

Die Parade von Krasnoje-Selo. KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Kaiſer Nikolaus hielt heute vormittags im Lager Krasnoje-Selo eine Truppenrevue ab, welcher der fran - zöſiſche Miniſterpräſident Poincaree mit ſeinen Be - gleitern beiwohnte. Nach der Revue fand im Kaiſerzelt ein Dejeuner ſtatt.

Abermalige Unterredung Poincarees mit Saſonow. KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Der franzöſiſche Miniſterpräſident Poincaree hatte heute nach ſeiner Rückkehr aus Krasnoje-Selo aber - mals eine Unterredung mit dem Miniſter des Aeußern Saſonow.

Kein Gegenſatz zu Baltiſch-Port.

Der Rjetſch führt in einem Leitartikel aus, daß die Verhandlungen zwiſchen den ruſſiſchen Staatsmännern und dem franzöſiſchen Mini - ſterpräſidenten Poincaree über die Weltpolitik und das europäiſche Gleichgewicht nur zu einem vorläufigen Reſul - tate führen könnten, da die endgiltige Verwirklichung die Beurteilung des Dreibundes erfordert. Die vorlie - genden Beratungsgegenſtände würden ſich zum Teil als Programm einer europäiſchen Konferenz eignen, die ein alter Gedanke der ruſſiſchen Diplomatie ſei. Vielleicht ent - wickelte ſich die internationale Lage in einem dieſer Idee günſtigen Sinne. Unter dieſem Geſichtspunkt ſei der Be - ſuch Poincarees nichtein Gegenſatz zu der Begeg - nung in Baltiſch-Port ſondern eine Fortſe - tzung derſelben.

Die Vorgänge in der Türkei.

KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Ueber Vorſchlag des Kriegsminiſters hat der Sul -tan ein Irade ſanktioniert, nach welchem alle Offi - ziere auf eine neue Formel vereidigt wer - den ſollen, in welcher ſie ſich verpflichten, daß keiner einer öffentlichen oder geheimen politiſchen Par - tei angehören werde. Die Offiziere werden ferner eine gleichlautende Erklärung ſchriftlich zu unterfertigen haben.

Der Kriegsminiſter richtete an die Armee ein Rund - ſchreiben, in welchem er die getroffene Maßnahme einge - hend rechtfertigt. Dieſelbe wird ſofort durchgeführt und werden jene Offiziere, die ſich ihr widerſetzen, beſtraft.

KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Da die Südalbaner in der Gegend von Valona noch immer verſammelt ſind, forderte die Regierung Ismail Kemal nochmals auf, ſeinen Einfluß aufzubieten, da - mit die Albaner heimkehren, ohne daß die Anwendung von Gewaltmaßnahmen erforderlich werde.

Wie verlautet, hat die Regierung zugeſagt, weitere Enthebungen von jungtürkiſchen Staatsbeamten zu ver - meiden.

Der Major Haſſan Tornus wurde von Monaſtir wieder nach Saloniki gebracht.

Ein Bombenattentat gegen einen Eiſenbahnzug rechtzeitig vereitelt. KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Auf der Bahnſtrecke Kilindir-Karaſulu wurden vor dem Paſſierne eines Zuges zwei mit einer elektriſchen Batterie verbundene Dynamitbomben entdeckt, die am Geleiſe befeſtigt waren. Auf allen Bahnſtrecken wurden die Ueberwachungsmaßnahmen verſtärkt.

Haftbefehl gegen Talaat.

(Priv. -Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Gegen den ehemaligen Miniſter des Innern Ta - laat Bey iſt wegen Aufwieglung der Bevölkerung von Serres ein Haftbefehl erlaſſen worden.

Die Erregung in Bulgarien.

(Priv. -Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Ein aus angeſehenen Mitgliedern aller Parteien zuſam - mengeſetztes Organiſationskomitee für Kot - ſchana veröffentlicht einen Aufruf an die Bevölkerung Bulgariens, in welchem es zum Zuſammenſchluß der Re - gierungs - und der Oppoſitionsparteien zwecks Veranſtal - tung eines Proteſtmeetingsinganz Bulga - rien auffordert. Die ganze Bevölkerung müſſe einmütig den Krieg gegen die Türkei verlangen.

Für die morgen aus Anlaß des 25jährigen Regie - rungsjubiläums König Ferdinands ſtattfindenden Mee - tings werden große Trauerkundgebungen, Straßenum - züge mit Trauerfahnen und Glockengeläute geplant.

Der Grenzkonflikt mit Montenegro.

Reguläre türkiſche Truppen wie - derholten vorgeſtern die Angriffe auf die montenegrini - ſche Grenze bei Velika. Das Gefecht dauerte den ganzen Tag. Die Angreifer wurden zurückge - ſchlagen. Geſtern richtete die montenegriniſche Regierung an die hieſigen Vertreter der Großmächte eine Zir - kularnote, in der erklärt wird, der königlichen Re - gieung ſei jede Möglichkeit entzogen mit Ausſicht auf Er - ſolg ſich mit der Türkei direkt zu verſtändigen. Die Re - gierung appelliert deshalb an die Großmächte, ſie möchten ein radikales Mittel finden zur Beſeitigung eines Zu - ſtandes, der nun ſchon lange zum Nachteil der friedlichen Entwicklung Montenegros andauere.

des in Acht und Bann erklärt, und dieſe Strafe wird erſt enden, wenn das letzte Mitglied der Familie der Roſa Lakatos vom Erdboden vertilgt ſein wird. Wo Mitglieder der Familie der Roſa Lakatos ſeither mit anderen Zi - geunerfamilien zuſammentreffen, blitzen ſofort die Meſſer und knallen die Schüſſe. Bei Kaſchau trafen die Zigeuner - familie Balog und Mitglieder der Familie Lakatos gleich - zeitig an einem Lagerplatz ein. Balog-Männer und - Frauen ſtürzten ſich ſofort mit Flinten, Aexten und Meſſern auf die Lakatos-Leute, die ſich mit Verluſt von drei Toten flüchten mußten. Solche Zigeunerſchlachten: Zigeuner gegen Zigeuner gehören durchaus nicht zu den Seltenheiten, und die Chronik verzeichnet ſo manche wil - den Kämpfe, in denen Dutzende von Zigeunern fielen. Im übrigen ſind von allen Zigeunern jene am verrufen - ſten, die an der ungariſch-rumäniſchen Grenze und in Ru - mänien herumſtreifen. Dieſe Zigeunertrupps beſchäftigen ſich vornehmlich mit dem Raub von Kindern.

Zuweilen lieben es die Zigeuner, ihre Schlupfwinkel luxuriös einzurichten. In der Nähe von Kronſtadt in Siebenbürgen wurde von der Gendarmerie eine Zigeuner - geſellſchaft entdeckt, die rieſige Geldſummen beſaß. In ihrer Herberge fand man zur größten Ueberraſchung eine geradezu herrlich eingerichtete Wohnung mit modernem Speiſezimmer, Rauchſalon, ſogar Muſikzimmer nur ein Schlafzimmer war nicht vorhanden, was charakteri - ſtiſch für dieſes Nomadenvolk iſt.

Die reichen Zigeuner erſcheinen den Behörden noch verdächtiger als die armen. Das haben vor kurzem drei Dutzend Familien von Zigeunern erfahren müſſen, die in Budapeſt mit der Eiſenbahn aus Trieſt ankamen. Die Polizei wollte ſie als Bettelvolk abſchieben, worauf ihr Vajda oder Wojwode Albert Queck eine Viertelmillion Kronen in Barem vorwies zum Beweiſe deſſen, daß er und ſeine Leute nicht durch Bettelei läſtig zu fallen brauch - ten. Damit kam er aber nur vom Regen in die Traufe. Zigeuner als ſchwerreiche Leute kann es etwas mehrzu Verdacht Reizendes geben? Die ganze Geſellſchaft wurde alſo unter polizeiliche Beobachtung geſtellt und ſtrenge Nachforſchung nach ihrem Vorleben eingeleitet. Dieſe ergab zwar, daß dieſe Zigeuner durchwegs ihr Ver - mögen, ſoweit dies eruierbar war, auf ehrliche Weiſe er - worben haben, aber die Polizei duldete doch nicht, daß ſich die reichen Zigeuner in Budapeſt niederließen und hieß jene, die ſich ſeltſamerweiſe zu ſeßhaftem Leben entſchloſſen hatten, wieder weiter wandern. Indeſſen konnte ſich die Budapeſter Polizei wohl darauf berufen, daß die Ortſchaft Berethyonjfalu erſt vor ſehr kurzer Zeit mit einer Zigeu - neranſiedlung unliebſame Erfahrungen gemacht hat. Die genannte Ortsgemeinde gab nämlich im Dezember 1910 einer Zigeunerkarawane Baugründe und ein Geldinſtitut verhalf den Nomaden durch Kredite zur Erbauung von 50 Häuſern. Die Ruheloſen waren nun ſeßhafte Mitbür - ger von Berethyonjfalu geworden. Nach einiger Zeit mach - ten aber die Einwohner die Entdeckung, daß ihr Feder - vieh rapid vermindert wurde. Eine Zigeunerin hatte ſich auf folgende originelle Art zu einer Federviehfängerin von Berethyonjfalu verwandelt: Sie ging über die Gaſſen und ſtreute Kukuruzkörner aus, was den Gänſen des Ortes ſo gefiel, daß ſie der Freigebigen auf den Ferſen blieben. Von Zeit zu Zeit wandte ſich die Spenderin um, drückte einem Gänslein den Hals zu und ließ den entſeel - ten Vogel auf der Landſtraße liegen. Hinter der Zigeu - nerin in einiger Entfernung folgte aber immer der ge - lehrige Gatte, er hob eine der verendeten Gänſe nach der anderen auf und brachte die Beute nach Hauſe. Das Paar wurde erwiſcht und erhielt ſechs Monate Haft zugeurteilt. Am Tage nach dem Urteil war die ganze Zigeunerkolonie entvölkert außer dem eingeſperrten Paar blieb nie - mand zurück; denn ein freier Zigeuner wird ſich doch nicht der Gefahr ausſetzen, dafür, daß er einer Gans nur ein bißchen den Hals umgedreht hat, ſechs Monate hinter Schloß und Riegel zu ſitzen auf eine Kultur, die eine ſolche Kleinigkeit beſtraft, verzichtet der Zigeuner!

In einem Kommuniquee ſtellt das offizielle Blatt Glas Crnogorca in ausführlicher Weiſe die türkiſch-montenegriniſchen Grenzzwiſchenfälle und den darauf folgenden Konflikt dar und bemerkt, es ſei ſchwer vorauszuſehen, weſches Ende alles haben werde, aber die Regierung, obwohl ſie von friedlichen Abſichten durchdrungen ſei, werde ſich nicht enthalten, alles, was zum Schutz ihrer Rechte ſowie der Ehre und der Würde Montenegros als notwendig erachtet wird, zu unternehmen.

Marokko. Die Abdankung Muley Hafids.

KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Der Miniſterrat genehmigte das zwiſchen dem General - reſidenten Lyautey und dem Sultan Muley Ha - fid abgeſchloſſene Uebereinkommen, nach welchem Letz - terer vor ſeiner Abreiſe nach Frankreich abdankt. Die Bedingungen des Thronverzichtes ſind in einem frü - heren Abkommen bereits entſprechend geregelt. Der neue Sultan, wahrſcheinlich ein Bruder Muley Ha - fids, wird den ſcherifiſchen Traditionen gemäß gewählt.

(Priv. -Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Die Abdankung Muley Hafid’s ſteht unmittelbar bevor. Wer ſein Nachfolger werden wird, iſt noch ungewiß.

Kurze Nachrichten.

KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Als Vertreter Kaiſer Wilhelms aus Anlaß der Bei - ſetzung des Kaiſers Mutſu-Hito wird ſich Prinz Heinrich von Preußen nach Japan begeben.

KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Die Aufrührer begannen mit der Be - ſchießung der Stadt. Eine Anzahl von Perſonen, darun - ter Frauen und Kinder wurden verwundet. Die Auslän - der hißten die Landesflagge.

Bunte Chronik.

Die Erdbebenkataſtrophe im Marmarameer.

Die aus dem türkiſchen Erdbebengebiet eintreffen - den Nachrichten beſtätigen in neuen Details die nieder - ſchmetternde Wucht der Kataſtrophe, von welcher die - ſten des Marmarameeres und die nördlich desſelben ge - legene Landſchaft von Rodoſto betroffen worden iſt. Die Erdbebenkataſtrophe iſt unbedingt eine der größten der letzten Jahrzehnte und kam umſo überraſchender, als das heimgeſuchte Gebiet obwohl bekanntermaßen in einer dulkaniſchen Zone liegend ſeit langer Zeit in Ruhe verharrte. Genaue Zuſammenſtellungen über die Zahl der Todesopfer, die jedenfalls nach Hunderten zu zählen ſind, und die Höhe der materiellen Schäden liegen noch nicht vor. Bemerkenswert im Hinblick auf den vulkaniſchen, zu Wiederholungen alſo umſo geneigteren Charakter des er - folgten Erdbebens erſcheint die Nachricht, daß der Erd - boden noch nicht zur Ruhe gelangt iſt und ſich neue Er - ſchütterungen fühlbar machen. Es liegen folgende Mel - dungen vor:

Immer mehr ſtellt es ſich heraus, daß das Erdbeben, das in Konſtantinopel kaum Schaden anrichtete, in ſeiner Nachbarſchaft, ſowohl auf aſiatiſcher wie auf europäiſcher Seite, als Kata - ſtropheſchwerſter Art auftrat. Kapitäne hier ein - getroffener Schiffe berichten, daß man in den Dardanellen an dreißig Erdſtöße verſpürt habe. Zwiſchen Ganos und Chora ſtand auf einer weiten Strecke die ganze Küſte in Flammen. Die Mannſchaften des ameri - kaniſchen Dampfers Virginia ſahen die Städtchen Chora, Myriophito, Heracliſſa, Milia und Kraſſia bren - nen. Der Dampfer konnte ſich nicht nähern, da das Waſſer nahe der Küſte kochte. Gallipoli ſoll bis auf ein Kaffeehaus vernichtet ſein. Immer neue Schiffe mit Verwundeten kommen hier an. Die meiſten ſind ſo ver - ſtört, daß ſie keinen zuſammenhängenden Bericht liefern können. Am Nachmittage verbreitete ſich die Nachricht, daß Rodoſto zur Hälfte zerſtört ſei. Die Pforte erteilte den Torpedobooten Befehl, ſich nach den Unglücksſtätten zu be - geben. Im Laufe des geſtrigen Tages haben ſich zwei neue Erdſtöße ereignet. Der erſte erfolgte um 11 Uhr 35 Min. vormittags und verſetzte die Bevölkerung in ernſte Erre - gung. Mehrere Beſchädigungen waren die Folge des Erd - ſtoßes. Gegen 3 Uhr nachmittags wurde eine neue, ſtarke Erdbewegung wahrgenommen, die auf der Inſel Prin - kipo beträchtliche Verheerungen und einen großen Brand anrichtete, der noch wütet. Die Läden in Stambul wurden geſchloſſen. In dem benachbarten Dorfe Shola - rion ſind 200 Häuſer, die Kirche und die Schulen einge - ſtürzt. 100 Menſchen ſind getötet oder verwundet worden.

Von den nicht an der Küſte liegenden Ortſchaften fehlt infolge der unterbro - chenen Verkehrsmittel und Telegraphenlinien jede Nach - richt. Die Einwohner dieſer Orte waren wohlhabend und beſchäftigten ſich hauptſächlich mit Weinbau und Seiden - induſtrie. Die Beſatzung des nachmittags aus Myriophito314. Auguſt 1912. Czernowitzer Allgemeine Zeitung eingetroffenen Dampfers Marmara-Expreß beſtätigt, daß das etwa tauſend Häuſer zählende Myriophito bis auf ein Kaſino zerſtört iſt. Die unter den Trümmern befindlichen Toten und Verwundeten ſchätzt auch die Be - ſatzung auf über tauſend. Der Dampfer verſuchte anzulegen, um die Verwundeten herzubringen, war aber infolge der ſtarken Rauchwolken und der Flammen an einer Landung verhindert. Ferner erzählten die Matroſen, daß dreizehn Dörfer dieſer Gegend mehr oder weni - ger zerſtört ſind. Die Gegend iſt vulkaniſch. Das See - beben beſchädigte auch die Yacht des Khediven, Maruſſa , die am Bosporus ankerte. In Tſcheffik riß ſich zehn Minu - ten vor dem Erdbeben das Vieh aus den Ställen los und raſte aufs freie Feld. Ein Telegramm aus der Mar - marainſel Paſcha-Liman meldet, daß das Erdbeben die Schule, Kirche und faſt alle Häuſer zerſtört habe. Das Vernichtungswerk ſei durch eine Feuersbrunſt vervoll - ſtändig worden. Aus großen Erdriſſen ſtrömten Gas, ſiedend es Waſſer und heißer Sand. In Philippopel wütete ein großer Brand. Der ökumeniſche Patriarch hat die Pforte um ſchleunige Hilfs - aktion gebeten. Ibrahim Kadri, Chefinſpektor der Prä - fektur, wurde mit der Organiſation einer großzügigen Hilfsaktion betraut. In den Moſcheen und Kirchen von Konſtantinopel wird unabläſſig Gottes - dienſt abgehalten, zu dem ſich eine gewaltige Menge drängt.

Die Erdſtöße dauern ununterbrochen fort. Die einlaufenden Meldungen be - zeichnen die Folgen des Erdbebens als geradezu kataſtro - phale.

Ein offizieller Bericht.

Das Miniſterium des Innern gibt folgenden offiziellen Bericht aus: Das Erd - beben richtete den ſchwerſten Schaden im Südweſten Adria - nopels an. Chora und Merete ſind gänzlich niedergebrannt. Vier Dörfer ſind größtenteils zerſtört. In Ganos zählt man 150 Tote. Auch in anderen Dörfern beklagt man zahlreiche Opfer, deren Zahl noch nicht feſtſteht, aber min - deſtens achtzig beträgt. Alle telegraphiſchen Verbindungen ſind abgeſchnitten, 15.000 Perſonen ſind obdach - los, denen die Regierung Hilfe ſchickt. In Adrianopel ſind zwanzig Moſcheen, zahlreiche Häuſer und Buden zer - ſtört. Weitere Verheerungen werden beſonders aus dem bulgariſchen Grenzdiſtrikt gemeldet. Zwei Mineralquellen ſind ausgetrocknet. In Tſchorlu brannten zweihundert Häuſer und hundert Magazine nieder. In Cacheuy wur - den ſiebzig Perſonen getötet und 150 verletzt. Ein zweiter offizieller Bericht ſpricht von 300 Toten und 900 Ver - letzten.

Die Telegraphendirektion ſandte 1500 Telegramme mit einem Dampfer nach Konſtantza ab.

Kaiſer Wilhems Memoiren. KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Die Kölniſche Zeitung meldet aus Berlin: Schon vor längerer Zeit tauchte einmal in der Auslandspreſſe die Behauptung auf, daß Kaiſer Wilhelm ſich mit der Abfaſſung ſeiner Memoiren befaſſe. Neuerdings nimmt das Echo de Paris dieſes Gerücht wieder auf und verſchiedene Blätter drucken es nach. Demgegenüber wird von unterrichteter Seite nochmals feſtgeſtellt, daß Kaiſer Wilhelm weder vor ſeiner Thronbeſteigung die Gewohnheit hatte, Tagebücher zu führen, noch auch wäh - rend ſeiner Regierung ſich damit beſchäftigte.

Der Eſperantiſtenkongreß in Krakau.

Wie bereits berichtet, wurde hie[r]geſtern der VIII. Eſperantiſtenkongreß eröffnet. Auf dem Kongreſſe, welcher unter dem Vorſitze Dr. S. Miko - lajskis aus Lemberg ſtattfindet, ſind im ganzen 22 Länder und 30 Nationalitäten durch ungefähr 1400 Per - ſonen vertreten. Um 1 Uhr nachmittags nahmen die Kon - greßteilnehmer an dem ihnen von der Stadt gegebenen Frühſtück teil, worauf um 3 Uhr die Eröffnung des Kon - greſſes erfolgte. Zu Beginn desſelben wurden dem Be - gründer der internationalen Sprache Dr. Zamenhof lebhafte Ovationen bereitet, worauf der erſte Vizepräſi - dent der hieſigen Stadtgemeinde Dr. Szarski die Kon - greßteilnehmer namens derſelben begrüßte. Nach den An - ſprachen des Abg. Fedorowicz namens der beiden Handelskammern Galiziens und des Obmannes der hieſi - gen Ortsgruppe des Eſperantiſtenbundes Prof. Doktor Bujwid ergriff Dr. Zamenhof das Wort zu einer län - geren Anſprache, worin er die Abſicht kundgab von derLeitung der Eſperantobewegung aus Altersrückſichten zu - rückzutreten und ſie jüngeren Kräften zu überlaſſen. Die Verſammlung erhob hingegen ſtürmiſchen Proteſt. Nach Abſingung der Eſperantiſtenhymne wurden die eingetrof - fenen Glückwunſchtelegramme und ſchreiben verleſen, worauf die Repräſentanten der einzelnen Staaten und Nationen namens derſelben kurze Anſprachen hielten. Für Dr. Zamenhof war u. a. auch ein Bild mit der eigenhän - digen Unterſchrift der Königin Eliſabeth von Rumänien eingetroffen. An dieſe und an unſeren Kaiſer wurden Huldigungstelegramme abgeſandt. Abends fand im hieſigen Schützengarten eine geſellige Zuſammen - kunft der Kongreßteilnehmer ſtatt, welche einen äußerſt animierten und herzlichen Verlauf nahm.

Ein Anſpruch auf zwanzig bosniſche Dörfer.

Die Erben nach weiland Baron Andreas Bernyakovics erheben im Prozeßwege einen Eigentumsanſpruch auf zwanzig bosniſche Dörfer gegen den ungariſchen Staat und den ungariſchen König auf Grund einer vom Kaiſer Leopold am 5. März 1661 ausgeſtellten, vom Biſchofe Szelepcſenyi beglaubig - ten, im Landesarchiv verwahrten Schenkungsurkunde, mit welcher Kaiſer Leopold dieſe zwanzig Ortſchaften der Familie verleiht, wenn Bosnien mit Gottes Hilfe wieder an Ungarn zurückfällt.

Spionage.

Der Lemberger Polizeikommiſſär Charwat nahm geſtern in der Wohnung des hieſigen, unter dem Verdachte der Spionage zu Gunſten Ruß - lands ſtehenden Poſtmeiſters T. Konopinski eine Hausdurchſuchung vor. Sie lieferte ein derartig belaſten - des Material, daß unverzüglich zur Verhaftung des ver - brecheriſchen Beamten geſchritten wurde. Konopinski wurde heute bereits dem Lemberger Strafgerichte einge - liefert.

Automobilunfall.

In der Nähe von Myslenice ſtieß ein Automobil, in welchem ſich außer dem Chauffeur St. Szynalik die Grafen E. Puslowski, P. Dzie - duszycki und Generalſtabshauptmann Graf W. Tyszkiewicz befanden, mit einem Bauernwagen in - folge Unvorſichtigkeit des Lenkers des letzteren zuſammen, nachdem die Automobilbremſe infolge des plötzlichen Ein - greifens in die Räder gebrochen war. Dabei wurde Haupt - mann Graf Tyszkiewicz von der Wagendeichſel ſo unglück - lich ins Geſicht getroffen, daß ſein Unterkiefer zerſchmettert wurde, während der Chauffeur ſchwere Kontuſionen des Schulterblattes davontrug; die übrigen Automobilinſaſſen und der Lenker des Bauernwagens blieben unverſehrt. Glücklicherweiſe kam aus Krakau bald darauf ein zweites Automobil heran, welches die beiden Verletzten ins hieſige Spital brachte. Nach Anlegung eines Verbandes wurden ſie der häuslichen Pflege übergeben.

Tod infolge eines Fliegenſtiches.

Der hieſige Gymnaſiaſt J. Chudko war am Ufer des Sanfluſſes in der Nähe des hieſigen Schlachthauſes mit Angeln beſchäftigt, als ihn eine aus den Schlachthausſtallungen des letzteren herbeigeflo - gene Fleiſchfliege unmittelbar über dem rechten Auge in die Stirn ſtach. Es trat Blutvergiftung ein und der Knabe verſchied nach wenigen Stunden, bevor ſich noch der zu ſei - ner Rettung herbeigeholte Arzt eingeſtellt hatte.

Kleine Rundſchau. KB.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Der Rechtsanwalt Paul Bredereck iſt ſeit Donnerſtag abgängig. Er hat ſeinem Sozius gegenüber angegeben, daß er verreiſen und Samſtag zurückkommen wolle, von ſich aber ſeither nichts hören ließ. Es wird angenommen, daß die Urſache ſeines Verſchwindens in mißlichen Ver - mögensverhältniſſen zu ſuchen ſei.

[Wann erlebte Paulus den Tag von Damaskus ?]

Die Chronologie des Lebens des Apo - ſtel Paulus, die bereits zu ſo vielen Erörterungen Anlaß gegeben hat, iſt hauptſächlich von dem Jahr ſeiner Be - kehrung, dem Datum des Tages von Damaskus abhän -gig. Dieſes Datum, das bisher ſtrittig war, wird nunmehr von Adolph Harnack in einem Aufſatz der Sitzungsberichte der Berliner Akademie der Wiſſenſchaften mit großer Wahrſcheinlichkeit auf den Herbſt des Jahres 38 be - ſtimmt. Er bringt zunächſt drei Daten zuſammen, von denen jedes für ſich noch mit einer gewiſſen Unſicherheit behaftet war und beweiſt, daß ſie ſich gegenſeitig aufs beſte ſtützen und beglaubigen. Das erſte dieſer Zeugniſſe iſt der Antritt des Prokonſulats des Gallio im Sommer 51, das aus einem Brief des Kaiſers Claudius an Delphi zu er - ſchließen iſt, dann die Angabe des Oroſius, das die Aus - weiſung der Juden aus Rom durch Claudius im Jahre 49 befohlen woren ſei und endlich die dreifach bezeugte und ſehr alte Nachricht, daß Jeſus nach ſeinem Tode ſich noch 18 Monate hindurch habe ſehen laſſen. Dieſe 18 Monate können ſich nach Harnacks Ausführungen nur auf die Zeit bis zur Chriſtusviſion des Paulus beziehen, ſo daß ſeine Bekehrung alſo im Herbſt des Jahres 31 erfolgt ſein muß. Iſt dieſe Annahme richtig, dann kam Paulus im Jahre 34 zum erſten Male als Chriſt nach Jeruſalem und im Jahre 48 zum Apoſtelkonzil. Dieſe Berechnung iſt davon ausgegangen, daß Jeſus Oſtern 39 gekreuzigt worden iſt. Man muß aber die Möglichkeit zugeben, daß die Kreuzi - gung Oſtern 29 erfolgte und in dieſem Falle fiele die Be - kehrung des Paulus bereits in den Herbſt 30.

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Czernowitzer Angelegenheiten.

Ehrung.

Die am 11. d. M. in Czernowitz ſtattgefun - dene ordentliche Hauptverſammlung des Vereines der k. k. Steuerbeamten in der Bukowina ernannte den k. k. Vizepräſidenten Arthur Knipfer in Anerkennung ſei - ner hervorragenden Verdienſte um den Bukowiner Steuerbeamtenſtand und um den genannten Verein zum Ehrenmitgliede und faßte zugleich den Beſchluß, daß die ins Leben gerufene humanitäre Stiftung den Namen Vizepräſident Knipfer-Stiftung für immerwährende Zeiten tragen ſoll.

Ernennung.

Der Handelsminiſter hat wie uns aus Wien gemeldet wird den Baukommiſſär Julius Fiſcher in Czernowitz zum Bauoberkommiſſär ernannt.

Die Ueberſiedlung der Gebärauſtalt.

Wie wiederholt berichtet, wird die Gebäranſtalt bei gleichzeitiger Ausge - ſtaltung im kommenden Herbſte in das Gebäude der ge - weſenen landwirtſchaftlichen Mittelſchule überſiedeln. Einem im Lande dringend empfundenen Bedürfniſſe Rechnung tragend, wird dem bisher beſtandenen ge - burtshilflichen Inſtitut eine gynäkolo - giſche Klinik und als dritte Abteilung eine ſolche für die Behandlung an Kindbettfieber erkrankter Wöch - nerinnen angegliedert werden. Entſprechend den Vor - ſchriften der mediziniſchen Hygiene werden die drei Ab - teilungen gänzlich von einander ſepariert ſein, geſonderte Eingänge, jede einen eigenen Operationsſaal und eigenen Perſonalſtand haben. Da das Inſtitut mit den aller - neueſten Behelfen der Wiſſenſchaft und der modernſten chirurgiſchen Ausrüſtung verſehen ſein wird, ergibt ſich nun auch die in mehrfacher Hinſicht eine Beſſerung der bisherigen Verhältniſſe darſtellende Möglichkeit, die Be - handlung Schwerkranker zur Gänze auf der Klinik durch - zuführen; bisher mußte in ſolchen Fällen die Landeskran - kenanſtalt in Anſpruch genommen werden. Die Betten - anzahl wird obwohl, in Parantheſe bemerkt, auch die erhöhte Zahl dem wirklichen Bedarfe nicht entſprechen dürfte vermehrt und für die gynäkologiſche Abteilung auf 50, für das geburtshilfliche Inſtitut auf 20 und für Wochenfieberkranke auf 8 10 Betten feſtgeſetzt werden. Von einer Unterteilung in Klaſſen nach der Höhe der Ver - pflegsgebühren dürfte, wie das bei kleineren Inſtituten

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4 Czernowitzer Allgemeine Zeitung 14. Auguſt 1912

dieſer Art zumeiſt der Fall zu ſein pflegt, abgeſehen wer - den und ein einheitlicher Verpflegskoſtenſatz von drei Kronen für den Tag feſtgeſetzt werden; es tritt alſo, da die Patientinnen gegenwärtig nur 2 K 20 h zu entrichten haben, eine Verteuerung um 80 Heller ein. Im Intereſſe einer recht ausgedehnten Wirkſamkeit des Inſtitutes, deſſen Segen vor allem auch den Minderbemittelten zu - gute kommen ſollte, wäre freilich zu wünſchen, daß man von einer ſolchen Erhöhung abſähe, doch wird, wie wir hören, die Maßnahme durch die Verhältniſſe unumgäng - lich bedingt. Im ärztlichen Dienſte werden neben dem zum Leiter des Inſtitutes auserſehenen Direktor der jetzigen Gebäranſtalt Profeſſor Dr. Gheorgian ein Primar - arzt und drei bis vier Aſſiſtenten tätig ſein. Die örtliche Lage der Klinik, die mit einem Koſtenaufwand von zirka 180.000 Kronen im Gebäude der geweſenen landwirt - ſchaftlichen Mittelſchule eingerichtet wird, gilt in ärztli - chen Kreiſen als ſehr zweckmäßig. Der Bau liegt in un - mittelbarer Nähe des Volksgartens und hat reichlich Licht und gute Luft. Unmöglich aber kann man ſich mit einem Beſchluſſe des Landesausſchuſſes befreunden, durch den die Erhaltung dieſer beiden letzteren günſtigen Eigenſchaften für die Zukunft ernſtlich in Frage geſtellt erſcheint. Der Landesausſchuß überläßt der Frauenklinik von dem an das Gebäude ſich anſchließenden großen Gar - ten nämlich nur einen Raum von 40 Metern im Geviert und will den bedeutend größeren verbliebenen Reſt par - zellieren und verkaufen. Uns möchte ſcheinen, daß es eine bedauerliche Verſchließung modernen Geſichtspunkten ge - genüber bedeutet, wenn man ſich anſchickt, die allernächſte Umgebung eines Krankenhauſes zu verbauen, ganz abge - ſehen davon, daß ſich das Bedürfnis nach einer Erweite - rung der Frauenklinik binnen kürzeſter Zeit herausſtellen wird und eine Vergrößerung des Baues dann nicht vor - genommen werden könnte, ohne die Kranken der Mög - lichkeit eines Aufenthaltes im Freien gänzlich zu berau - ben. Bei der Beratung wegen Verlegung der Gebäranſtalt in die frühere landwirtſchaftliche Mittelſchule wurde auch die Anregung gemacht, ein Landesſanatorium zu errichten, da es ſehr viele Kranke gibt, denen der Aufenthalt in einer großen Anſtalt nicht zuträglich iſt, oder die während des Aufenthaltes in einer Krankenan - ſtalt nicht jene Bequemlichkeiten miſſen wollen, die ſie zu Hauſe genießen. Es iſt bis nun bei der Anregung geblie - ben, doch ſteht zu erwarten, daß ſich der Landesausſchuß in kurzer Zeit ernſtlich mit dieſer Frage befaſſen wird.

Die Konfeſſionaliſierung der kommunalen Schulen in Czernowitz.

Die amtliche Czernowitzer Zeitung mel - dete in ihrer geſtrigen Ausgabe, daß der Akt über die vom Stadtſchulrate beſchloſſene konfeſſionelle Trennung der Volksſchuljugend ſich bereits im Landesſchulrate befinde. Dieſer werde in eine für den 15. d. anberaumten Sitzung zum Beſchluſſe des Stadtſchulrates Stellung nehmen. Die Amtszeitung erklärt heute in einer Richtigſtellung den Inhalt der Notiz als nicht den Tatſachen entſprechend. Nach an kompetenter Stelle eingeholten Informationen ſei bis nun weder der Termin der nächſten Landesſchul - ratsſitzung noch deren Tagesordnung feſtgeſetzt worden. Aus Wien wird uns telegraphiert: Der Vizebürger - meiſter von Czernowitz Dr. Weißelberger veröffent - licht im heutigen Abendblatt der Neuen Freien Preſſe einen Arikel, der ſich mit der Trennung der Schulen nach Konfeſſionen in Czernowitz befaßt. Nach ein - gehender Beſprechung des Beſchluſſes des Stadtſchulrates von Czernowitz und nach Anführung der einſchlägigen Beſtimmungen des Reichsvolksſchulgeſetzes kommt Doktor Weißelberger zu dem Ergebnis, die chriſtlichſozialen und die deutſchnationalen Politiker hätten in der angeſtrebten Separierung der chriſtlichen von den jüdiſchen Schulkin - dern eine gemeinſame Formel herausgefunden, auf Grund welcher jede dieſer Parteien ihr im Weſentlichen differierendes politiſches Ziel erreichen zu können glaubt. (Dieſer Artikel des Vizebürgermeiſters Dr. Weißelberger ſcheint mit dem kürzlich auch in der Allg Zeitung er - ſchienenen identiſch zu ſein. D. Red.)

31. Juriſtentag zu Wien 1912.

Auf eine Anfrage des hieſigen Lokalkomitees bezüglich der von den auswärtigen Teilnehmern vorzubereitenden Toilette hat der Wiener Ortsausſchuß des 31. Deutſchen Juriſtentages geantwor - tet, daß für den Empfang beim Bürgermeiſter der Frack unerläßlich iſt, während bei den übrigen Veranſtaltungen die Wahl der Kleidung jedem einzelnen überlaſſen bleibt.

Das rumäniſche Taſchendiebkleeblatt.

Es gewinnt immer mehr den Anſchein, daß es nicht der erſte und einzige Diebſtahl der drei Banditen war, den ſie an Herrn Blum im Eiſenbahnkoupee ausführten. Es beginnen ſich langſam Perſonen bei der Polizeidirektion zu melden, die von ähnlichen Diebſtählen, bei denen ſie die Geſchädigten waren, zu erzählen, wiſſen. Vor einigen Tagen teilte Dr. Zentner der Polizeidirektion mit, daß ihm vor einiger Zeit während einer Fahrt nachWien 5000 Kronen geſtohlen wurden und heue meldete ſich wieder ein Fabrikant aus Dux namens Hönich, der an die hieſige Polizeidirektion ſchrieb, daß an ihm im Schnellzug Wien-Brünn-Prag auf dieſelbe Weiſe wie beim Abg. Blum ein Gelddiebſtahl begangen wurde. Daß dieſe jetzt zur Kenntnis der Polizei ge - langten Diebſtähle mit den rumäniſchen Taſchendieben in Zuſammenhang gebracht werden, iſt vielleicht nicht unbegründet und die Polizei hat auch in dieſem Sinne die Recherchen aufgenommen.

Der Diebſtahl bei der deutſchen Raiſfeiſenkaſſe in Czernowitz.

Die Unterſuchung in der Diebſtahlsaffäre bei der deutſchen Raiffeiſenkaſſe in Czernowitz wird mit großem Eifer von der Polizei fortgeſetzt. Motal iſt des Diebſtahls faſt überwieſen, da die Polizei noch einige weitere Beweiſe ſeiner Schuld in die Hände bekommen hat und bei einer Leibesviſitation 140 Kronen im Rocke eingenäht gefunden wurden. Motal leugnet zwar noch immer, den Diebſtahl begangen zu haben, doch iſt das gegen ihn geſammelte Material ein derart belaſtendes, daß ſeine Einlieferung in das Landesgericht wohl in kurzer Zeit erfolgen wird.

Stipendien.

Das kaufmänniſche Gremium Gruppe II in Czernowitz erſucht uns mitzuteilen, daß aus Anlaß der Erinnerung an den 80. Geburtstag des Kaiſers am 18. Auguſt l. J. 100 K an zwei verarmte Gremialmitglieder oder dem Gremium inkorporiert geweſenen Perſonen zur Verteilung gelangt. Bewerber um dieſe Stipendien haben ihre Geſuche bis ſpäteſtens 17. Auguſt 1912 in der Gre - mialkanzlei (Petersplatz 2) zu überreichen.

Czernowitzer Wach - und Schließ-Korps Treuhand ,

Kanzlei: Siebenbürgerſtraße Nr. 51, 1. Stock. Tätigkeits - bericht für die Zeit vom 15. Februar bis 15. Juli 1912: 1560 Fälle offener Haustüren und Tore wurden geſperrt; 80 Fälle nicht geſperrter Rolläden wurden geſichert; ſechs Fälle in Haustüren ſteckende Schlüſſel abgeliefert; 8 Fälle losgeriſſene Pferde in Stallungen geſichert; 84 Fälle offene Parterrefenſter Padteien verſtändigt; 140 bren - nende Beleuchtungskörper gelöſcht; 18 Fälle laufende Waſſerleitungen geſichert; 11 Fälle im Entſtehen begrif - fene Brände gelöſcht; 3 Fälle Diebe bei der Tat feſtge - nommen und der Polizei übergebe; 18 Fälle in Häuſer eingeſchlichene obdachloſe Vaganten feſtgenommen und der Polizei übergeben.

Wetterprognoſe für morgen.

Vorwiegend heiter, et - was wärmer, mäßige Winde.

Rechtspflege.

Zur Urteilsverkündigung im Prozeß Jukic. KB.

(Meldung des ungar. Tel. - Korr. -Buraus.)

Jukic rief beim Betreten des Saales aus: Hoch die Einigkeit der Kroaten, Slovenen und Serben! Als er noch andere Rufe ausſtieß, forderte ihn der Vorſitzende auf, ſich ruhig zu verhalten, worauf Jukic das Urteil vollkommen ruhig anhörte. In der Urteilsbe - gründung wird unter anderem hervorgehoben, der Senat habe bezüglich der Frage der geiſtigen Zurechnungsfähig - keit des Jukic, auf Grund des pſychiatriſchen Gutachtens, ſowie aus eigener Anſchauung nicht die Ueberzeugung ge - winnen können, daß Jukic unzurechnungsfähig ſei. Der Verteidiger meldete die Nichtigkeitsbeſchwerde an. Der Staatsanwalt gab ſich mit dem Urteil zufrieden. Jukic rief aus? Ich appelliere an das kroatiſche Volk, das allein berufen iſt, über mich zu richten. ! und verließ hierauf den Saal. Die übrigen Verurteilten, welche der Vorſitzende ebenfalls zu ruhigem Verhalten ermahnt hatte, riefen Hoch Jukic! und ſtimmten die kroatiſche Hymne an. Beim Verlaſſen des Saales riefen die Verur - teilten: Hoch das Südſlaventum , Hoch Jukic , Hoch deſſen Nachfolger! , Nieder mit den Tyrannen! Das Publikum verhielt ſich während der Urteilsverkün - dung, wie nachher vollkommen ruhig.

Oekonomiſches.

Reorganiſation des Weidebetriebes auf den Gebirgs - weiden des Fondes.

Das k. k. Ackerbau-Miniſterium hat, um den vielſeitigen Klagen der Landbevölkerung wegen Mangel an Weideflächen für ihr Vieh Abhilfe zu ſchaffen, die Reorganiſation des Weidebetriebes auf den Fonds - alpen im Prinzipe genehmigt. Zwecks Beſichtigung und Studierung der Weidebetriebsanlagen in den Alpenlän -dern wurden der Herr Domänenrat Emil Baier und die Herren Forſtverwalter Demeter Zurkan aus Wama, Arthur Kargel aus Jakobeny und Maximilian Glin - ski aus Seletin nach Tirol, Salzburg, Oberöſterreich und Steiermark entſendet. Zuerſt ſoll die Alpe Dealu Vaſili im Forſtwirtſchaftsbezirke Wama durch Forſtverwalter Demeter Zurkan, der die Reorganiſation des Weide - betriebes auf den Fondsweiden angeregt hat, in Angriff genommen werden.

Das Betriebsergebnis der öſterr. Staatsbahnen pro 1911.

Wien, 13. Auguſt. (Priv. -Tel. der Cz. Allg. Ztg. ) Das Eiſenbahnminiſterium veröffentlicht heute das Ergebnis der Staatsbahnen im Jahre 1911. Dies Ergebnis zeigt einen Betriebsüberſchuß von 186.5 Mil - lionen, das iſt um 32.5 Millionen mehr als im Vorjahre.

Aus der Zuckerinduſtrie.

Wien, 13. Auguſt. (Priv. - Tel. der Cz. Allg. Ztg. ) Zwiſchen der Länderbank und der Kreditanſtalt einerſeits und der Olmützer Firma Primaveſi anderſeits ſind Verhandlungen im Zuge, die dahin gehen, daß beide genannten Inſtitute die im Be - ſitze der Firma Primaveſi befindlichen Aktien mähriſcher Zuckerfabriken ankaufen.

Englands Austritt aus der Zuckerkonvention.

Brüſſel, 13. Auguſt. (Priv. -Tel. der Cz. Allg. Ztg. ) In hieſigen Regierungskreiſen hält man den Austritt Englands aus der Zuckerkonvention noch nicht für eine ausgemachte Sache. Man erwartet allerdings eine diesbe - zügliche Note; doch glaubt man, daß in England noch vor Jahresſchluß ein Regierungswechſel eintreten und die neue Regierung die Kündigung widerrufen werde.

Die ruſſiſche Anleihefrage.

Berlin, 13. Auguſt. (Priv. -Tel. der Cz. Allg. Ztg. ) In hieſigen finanzpoliti - ſchen Kreiſen iſt man der Anſicht, daß eine ruſſiſche An - leiheoperation wenigſtens im gegenwärtigen Zeitpunkt als ausgeſchloſſen gelten kann, womit jedoch noch nicht ge - ſagt wird, daß nicht früher oder ſpäter franzöſiſches Geld direkt oder indirekt Rußland beigeſtellt werden wird.

Telegr. Börſe - und Kursnachrichten. Wiener Börſe.

(Priv. -Tel. der Cz. Allg. Ztg. ) An der heutigen Börſe herrſchte feſte Tendenz. Der Ver - kehr blieb jedoch in engen Grenzen; bloß Alpine Montan - aktien ſtanden höher. Skodaaktien erholten ſich zuſehends. Nach Prager Eiſenaktien ergab ſich geſteigerte Nachfrage; es avancierten um 25 Kronen. Auch Petroleumwerte und einzelne Kohlenpapiere notierten höher.

Wiener Bank-Verein, Filiale Czernowitz. Telegraphiſcher Kursbericht.

Vor - börſe:Schluß:Vor - börſe:Schluß
Kredit ...654·50654·50Salgo ... · 780·
Ung. Kredit · · Hutter ... · ·
Bankverein. · 538· Simmeringer. · 336·
Länderbank. · 537·50Sigl .... · 410·
Boden ... · 1316 Ver. Elektr .. · ·
Unionbank. 618· Oeſt. Verkehr. · 462·
Staatsbahn.716.50717· Ung. Verkehr.. .
Südbahn .. · · Galizia ... · 395·
Alpine ...1044 1038 Klotilde ... 318·
Rimamuranyer. 789· Rothau Neudeck.
Siemens .. · 320· Jungbunzl. Spir · ·
Skoda ...762· 684· Weſtb. Kohle. · 664.
Poldi .... 850· A. E. G. Union · 612·
Orient ... · 750· Kroat. Zucker · 1464
Waſſen ... · 1110 Schodnica .. · ·
Türkenloſe ..241· 242·

Effekten - u. Wechſelkurſe der Wiener Börſe.

Einheitliche 4%ige konv Rente, Mai-November 87·50, Jänner-Juli 87·50, Einheitliche Rente 4·2% in Noten, Februar - Auguſt 9090·, in Silber, April-Oktober 90.90 Oeſterr. Gold - rente 113·05, Oeſterr. Kronenrente 4% 87·50, Oeſterr. Inveſti - tionsrente % 76·80, Ungar. Goldrente 4% 107·90, Ungar. Kronenrente 4% 87·45, Ungar. Inveſtitionsrente 3½%, 76·50, Oeſterr. -ung. Bank-Aktien 20 73, Kreditaktien 653·50, London vista 24·10, Deutſche Reichsbanknoten für 100 Mark, der R. -W. 11767.50, 20 Mark-Stücke 23·55, 20 Frank-Stücke 1911· , Italieniſche Bank - noten 94·40, Rubel 254· .

Telegr. Handelsbericht vom 13. Auguſt 1912.

Die Budapeſter Produktenbörſe notiert:

Weizen ...........K 11·44 11·45 per 50 kg
Mais ............. 9·35 9·36
Oelſaaten .......... 17.45 17·55
〈…〉〈…〉
514. Auguſt 1912. Czernowitzer Allgemeine Zeitung

Korreſpondenzen.

(Der Beſuch des Landeschefs. Die loſe Trift.) Samſtag den 3. d. M. traf Herr Landeschef Graf v. Meran in Begleitung des Bezirkshauptmannes Dr. Jech und des Regierungskonzipiſten Grigorowitza in St. Putilla ein. Am folgenden Tage ſetzte der Herr Landeschef ſeine Reiſe über die Wipczina fort und traf in Jablonitza gegen 5 Uhr nachmittags ein, wo er und die erwähnten Herren im Hauſe des Herrn Feuer gaſtliche Aufnahme fanden. Wie ein Lauffeuer hatte ſich die freudige Botſchaft von der Anweſenheit des Landeschefs in den Bergen und Wäldern bis zu den entlegenſten Hütten der Huzulen verbreitet, und Montag glich Jablonitza einem Wallfahrtsorte. Bauern und Händler verließen ihre alltägliche Beſchäftigung; alles befand ſich in ge - hobener Stimmung. Von den Höhen des Gebirges und aus den Dörfern der Umgebung ſtrömte das Volk zu - ſammen, um den hohen Gaſt ſehen und begrüßen zu können. Deputationen der Gemeinden Jablonitza, Stebne, Dolhopole und Koniatyn erſchienen unter Führung der Gemeindevorſteher und unterbreiteten in Form von Memoranden dem Leiter der Landesregierung ihre Bitten. Wie es gewöhnlich bei ſolchen Anläſſen zu geſchehen pflegte, fanden ſich auch hier Alles wiſſende Leute, die über den Zweck der Gebirgsreiſe des Herrn Landeschefs ſicheren Aufſchluß geben zu können glaubten. Es hieß, der Herr Landeschef ſei gekommen, um ſich über den ſchlechten Zuſtand unſerer Straße zu informieren und ſich dann zu überzeugen, ob unſere fortwährenden Klagen gerechtfertigt ſind. Andere wieder behaupteten, nicht der Straßen wegen ſei er gekommen, ſondern der jetzt bei uns ſehr aktuellen Frage wegen, ob die loſe Trift aufgehoben oder weiter beſtehen ſolle. Die einen ſchreien, die loſe Trift hätte ſie zu Grunde gerichtet, die anderen wieder behaupten, ohne die Trift nicht leben zu können. Wer hat Recht? Die Gemeinden Koniatyn und Jablonitza beharren nach wie vor darauf, daß die loſe Trift ungemein ſchädigend iſt, während die Ge - meinden Dolhopole und Stebne plötzlich von ihren früheren Forderungen um Aufhebung der loſen Trift wieder abgegangen ſind und neuerlich das Gegenteil haben möchten, obwohl ſie bei der Triftkommiſſion die erſten waren, die ſich gegen die Trift ausgeſprochen und das auch ſchriftlich bekräftigt haben. Die Deputation, von der die Allgem. Zeitung am 27. Juli l. J. zu berichten in der Lage war, wurde zuſammengeſtellt und brachte dem Herrn Leiter der Landesregierung Argumente für die Notwendigkeit der loſen Trift vor. Ueber die Art des Zuſtandekommens der Deputation behält ſich Ihr Korreſpondent noch Aufſchlüſſe vor. Derzeit ſei bloß hervorgehoben, daß es mit Befremden aufgenommen wurde, als Führer derſelben einen rutheniſch-nationalen Lehrer zu erblicken. Man bedenke: Eine ganze Gegend iſt gegen die Trift. Die einzelnen Gemeinden führen ſeit Jahren hierüber Klage. Die Triftkommiſſion hat einſtimmig ihr Gutachten gegen die Trift abgegeben. Selbſt der verſchrobenſte Querkopf wird nicht beſtreiten dürfen, daß das Aufhören der loſen Trift der hierortigen rutheniſchen Gebirgsbevölkerung Vorteile in der Form beſſerer Arbeitsbedingungen in Ausſicht ſtellt .. Ein rutheniſch-nationaler Lehrer aber ſtellt ſich an die Spitze der gegen das Volkswohl gerichteten Kontreaktion und erklärt ſich eines Sinnes mit den Herren der galiziſchen Forſtinduſtriegeſellſchaft. Dieſer Enthuſiasmus für die loſe Trift iſt ein falſcher und muß rechtzeitig als ſolcher gekennzeichnet werden. Er befindet ſich in direktem Widerſpruch zu den allgemeinen Intereſſen der Gegend und der Bevölkerung und die Landesregierung ſollte ihm nicht mehr Wert zugeſtehen, als ihm tatſächlich zukommt. Noch am ſelben Tage verließen der Landeschef und die Herren ſeiner Begleitung Jablonitza. Allent - halben bildet der Aufenthalt des Herrn Grafen von Meran das Tagesgeſpräch und man iſt zuverſichtlich davon überzeugt, daß der Beſuch des Herrn Landeschef viel zur Förderung der Intereſſen dieſer Gegend bei - tragen wird. Das wohltuend ſichere, leutſelige und doch ſo ſchlichte Weſen des Herrn Grafen v. Meran und ſeine Art, mit den Leuten umzugehen, hat ihm ungemein ſtarke, herzliche Sympatien eingetragen und man quittiert es in der ganzen Gegend mit aufrichtigem Dank, daß er ſich der Mühe unterzog, ihre Angelegenheiten perſönlich an Ort und Stelle zu ſtudieren,

Radautz.

(Generalverſammlung der Be - zirkskrankenkaſſa, Wahlen in den Vor - ſtand, den Ueberwachungsausſchuß und das Schiedsgericht.) Sonntag, den 11. Auguſt l. J. fand im hierortigen Gemeinderatsſaale eine außer - ordentliche Generalverſammlung der Radautzer Bezirks - krankenkaſſa ſtatt, wobei die Wahlen in den Vorſtand, den Ueberwachungsausſchuß und das Schiedsgericht vorge - nommen wurden. Die Wahlleitung lag in den Händen der Herren Kommiſſär Dr. Tarangul, Bezirksſekretär Samarkiewicz und Direktor Krepler. In die Wahlkommiſſion wurden die Herren kaiſ. Rat B. Terner, Advokaturskandidat Dr. Moſes Rath, Sägebeamter Hincem und Moritz Flicker gewählt. Der Wahl - gang ging vollkommen korrekt vor ſich und ergab folgendes Reſultat: In den Vorſtand wurden ge - wählt und zwar ſeitens der Arbeitnehmer die Herren: Friedrich Hincem, Wilhelm Luſtig Bernhard Salzberg, Moritz Schimmel, Wilhelm Spitz und Abraham Katz, ſeitens der Arbeit -geber die Herren: Advokat Dr. Siegmund Roſen - feld, Chaim Mechel und Karl Kurzweil. In den Ueberwachungsausſchuß und zwar ſeitens der Arbeitnehmer die Herren: Advokaturskandidat Dr. Moſes Rath, Aba Samueli, Joſef Wächter und Leopold Hirſchler, ſeitens der Arbeitgeber die Herren Dr. Nicu Baczynski und Guſtav Schaffer. In das Schiedsgericht und zwar: ſeitens der Arbeitnehmer die Herren; Jakob Klammer, Salomon Großmann, und Johann Hablik, von der ganzen Generalverſammlung die Herren: Moritz Flicker und Joſef Schmadnik. Die Konſtituierung der einzelnen Ausſchüſſe ſindet Donnerſtag, den 15. d. M. ſtatt.

(Für die rutheniſche Univer - ſität.) In Kamenka, Brodok und Mitkeu fanden vorgeſtern und geſtern Wählerverſammlungen ſtatt, in welchen die Abgeordneten v. Lukaszewicz und Oſadec ihre Rechenſchaftsberiche erſtatteten. Dieſelben wurden mit Beifall aufgenommen und den Abgeordneten das vollſte Vertrauen votiert. In den Verſammlungen wurden Reſolutionen gefaßt, welche folgende Forderungen aufſtellen: 1. die ſofortige Akti - vierung einer ukrainiſchen Univerſität in Lemberg; 2. die Herſtellung der Parität zwiſchen Rumänen und Ruthenen in der gr. -or. Kirche; 3. die endliche Re - gulierung des Dnieſter.

(Die Tournee des - diſchen Geſangvereines.) Auch hier errang der jüdiſche Geſangverein einen durchſchlagenden Erfolg. Die Sänger, welche um 12 Uhr mittags hier eintrafen, wurden von einer großen Menſchenmenge aufs Wärmſte begrüßt. Namens der Juden von Kimpolung wurden die Gäſte von dem Obmann des Lokalkomitees, Kultuspräſidenten Gabriel Storfer empfangen und begrüßt. Die Sänger nahmen unter Leitung des Lokalkomitees im Hotel Com - munal Abſteigquartier, wo ſie das Mittagsmahl ein - nahmen. Am Nachmittag machte die Sängerſchar einen Ausflug auf die Dea, wo nach einem erfriſchenden Fich - tenbad die Jauſe eingenommen wurde. Das Konzert, wel - ches im großen Saale des Hotel Communal ſtattfand, nahm einen äußerſt gelungenen Verlauf. Der Saal war total ausverkauft und die Zuhörerſchar ſetzte ſich aus allen Schichten der Bevölkerung zuſammen und alle Nationa - litäten waren in ihr vertreten. Die einzelnen Pro - grammnummern wurden mit geradzu frenetiſchem Beifall aufgenommen. Den Sängern wurden zum Schluß des Konzertes große Ovationen dargebracht. Nach dem Kon - zerte fand ein Kommers ſtatt, der vom Präſidenten der Kultusgemeinde Gabriel Storfer präſidiert wurde. In einer kurzen Anſprache ſprach dieſer ſeine Freude über das Erſcheinen der Sänger in Kimpolung aus und verſicherte ſie der wärmſten Sympathien der Kimpolunger Geſell - ſchaft. Die Sänger gaben hierauf verſchiedene humoriſtiſche Vorträge zum Beſten, die das Publikum lange in fideler Stimmung erhielten.

Letzte Telegramme.

Die Erdbebenkataſtrophe in der Türkei. Die Zahl der Toten wird ſchätzungsweiſe mit 3000 be - ziffert.

(Priv. -Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Durch das Erdbeben im Marmarameer werden bloß tür - kiſche Verſicherungsgeſellſchaften und zwar ſpeziell die Ottomaniſche Feuerverſicherungsgeſellſchaft Verluſte erleiden. Die Ottomaniſche Feuerverſicherungsgeſell - ſchaft haftet jedoch auch nur im beſchränkten Maße, da dieſe Geſellſchaft nur für die Brandſchäden, aber nicht für Erdbebenſchäden aufzukommen hat.

Die Zahl der Toten im ganzen Erdbebengebiete wird auf 3000 geſchätzt, die der Obdachloſen auf über 60.000

Die Erdſtöße in den Dardanellen dauern fort. Zahlreiche Lei - chen befinden ſich in Myriofito noch unter den Trümmern.

Eine Verſchwörung in der ruſſiſchen Kriegsmarine. Geplant geweſene Gefangennahme der Zarenfamilie und Beſchießung von Petersburg.

(Priv. -Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Hieſige Blätter melden aus Odeſſa: Durch den Prozeß gegen 16 Matroſen des Schlachtſchiffes Iwan Zla - touſt werden Einzelheiten über eine gegen den Zaren gerichtete Verſchwörung bekannt. Die Abſicht der Verſchwörer war, die kaiſerliche Jacht Standard mit dem Zaren und ſeiner Familie gefangen zu neh - men, um den Zaren zur Abdankung zu zwingen. Gleichzeitig ſollten alle Offiziere des baltiſchen Geſchwa - ders gefangen genommen oder ermordet, ſowie Kronſtadt und Petersburg angegriffen werden.

(Priv. -Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Von den 16 in Odeſſa verhafteten Matroſen wurden 10 zum Tode verurteilt.

Beſſerung der politiſchen Situation in der Türkei.

(Priv. -Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Aus Saloniki wird gemeldet, daß die fried - lichen Elemente in der Komiteepartei triumphieren. Das Komitee hat, um in der nächſten Kammer nicht ganzeinflußlos zu ſein, beſchloſſen, ſich an den Wahlen zu beteiligen und ſofort mit den Wahlvorbereitungen zu beginnen. Man glaubt, daß die Regierung, um dieſen Geſinnungsumſchwung zu erzielen, dem Komitee gewiſſe Zuſicherungen gemacht habe.

Neue Differenzen zwiſchen den Albanern und der Re - gierung.

(Priv. -Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Während der Generalgouverneur ſich nach Priſchtina be - gab, begannen heute die Arnauten den Marſch nach Uesküb. Mit dem heute mittags fälligen Poſtzuge wer - den über 1000 bewaffnete Arnauten erwartet.

Kolliſion eines Paſſagierſchiffes mit einem Eisberge.

(Priv. -Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Der Dampfer Corſica der Atlan-Linie iſt geſtern nachmittags öſtlich von Belle-Isle auf einen Eis - berg geſtoßen, doch ſollen die Beſchädigungen des Dampfers nicht ernſter Natur ſein.

Der Dampfer Corſica , der ſich auf der Reiſe von Montreal nach Liverpool befindet, hat 100 Paſſagiere an Bord.

Exploſionsunglück auf einer Schlacken - ablagerungsſtätte. 12 Tote geborgen.

(Korr. -B.)

Auf der glühenden Schlackenhalde der Zeche Kaiſerſtuhl II des Höchſter Stahl - und Eiſenwerkes ſind infolge von Feuchtigkeit ent - ſtandene Kohlengaſe explodiert. Von den auf der Halde beſchäftigten Arbeitern konnten ſich nur drei oder vier retten. Zwölf Tote total verbrannt wurden ge - borgen. In dem Geröll befinden ſich noch mehrere Tote.

Die neueſte Spionageaffäre.

(Priv. -Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Geſtern wurde wie gemeldet an der galiziſch - ruſſiſchen Grenzſtation Halicz der Poſtmeiſter Thadäus Konopinski, ein ehemaliger Offizier, wegen Spio - nage zu Gunſten Rußlands verhaftet. Kvnopinski legte bereits ein Geſtändnis ab. Auch mehrere andere als ruſſophile Parteigänger bekannte Perſonen wurden ver - haftet.

Straßenbahnunglück.

(Korr. -B.)

Infolge Verſagens der Bremſe entgleiſte ein Straßenbahnzug. Drei Per - ſonen wurden lebensgefährlich, ſieben ſchwer und zehn leicht verletzt.

15 Perſonen bei einem Hauseinſturz umgekommen.

(Priv. -Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Ifolge Erweichung des Erdbodens durch anhaltende Regen - güſſe ſtürzte ein zweiſtöckiges Haus ein. 15 Perſonen wurden getötet, 7 ſchwer verletzt.

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6 Czernowitzer Allgemeine Zeitung 14. Auguſt 1912.
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Der Mann im Keller.

41] (Nachdruck verboten.)

Vielleicht, ſagte Nielſen, der es nicht ganz zugeben mochte, jedenfalls war ſie billiger als Mr. Weſton. Auch warnte ſie mich davor, ihm Geld zu borgen. Jawohl, und es ſchien ihre ehrliche Meinung zu ſein. Sie will ihn ohne Zweifel loswerden, das iſt klar.

Na, rücken Sie heraus mit dem ganzen Bericht, ſagte der Doktor kurz, und Nielſen, erzählte, was ſich begeben hatte.

Hum, hum, ſagte der Doktor und lief murmelnd in ſeinem Zimmer auf und ab, Unſinn haben Sie alſo noch nicht angerichtet, obwohl es klar iſt, daß Sie ſchon ziemlich tief in die Augen dieſer hübſchen Lady geguckt haben. Na, das mag Ihr Recht ſein ſie aber hat Ihnen nichts als Lügen erzählt, und das iſt nicht ihr Recht, und Sie dürfen ſich auch nicht narren laſſen.

Nielſen ſagte nichts.

Ueber ihren Vater und ihre Mutter, die tot ſein ſollen, will ich hinweggehen, fuhr der Doktor fort. Die gehen uns nichts an. Reqaiescat in pace! Den Mr. Armſtrong kennen wir; er iſt ohne Zweifel ein Halunke. Nebenbei bemerkt, gratuliere ich Ihnen dazu, daß Sie Ihre Bekanntſchaft mit ihm nicht ver - raten haben; es wäre echt däniſch-geiſtreich geweſen, wenn Sie etwa gerufen hätten: Heiliger Bimbam, den Mann kenne ich ja! Sie haben wirklich ein ſchönes, diplomatiſches Talent, junger Mann. Und daß Sie vom Hauſe Cranbourne Grove 48 nichts wußten, war ebenfalls ſehr geſcheit von Ihnen. Allerdings haben Sie recht, ſowie Mrs. Weſton von Armſtrong die Pa - piere erhält, weiß Sie natürlich Beſcheid über uns.

Nielſen unterbrach ihn: Ich kann aber immer noch nicht einſehen, mit welchem Recht Sie ſie beſchuldigten, gelogen zu haben!

Der Doktor lachte. Ho, ho! Nun ſpricht das Opfer des Cupido! Legen Sie einmal bloß für einen Moment Ihre übergütigen Gefühle für dieſe Lady beiſeite und überlegen Sie mit nüchterner Vernunft, was Sie Ihnen eröffnet hat. Zunächſt behauptet ſie, daß Throgmorton ihr Bruder ſei. Das bezweifle ich ſchon ſtark. Wenn Bruder und Schweſter miteinander auf ſolchem Fuße ſtehen, dann leben ſie nicht zuſammen, ſondern getrennt. Ich glaube, der ſogenannte Mr. Throgmorton war Mr. Weſton. Auf dieſen Gedanken bin ich draußen bei Rybaek gekommen. Und der lange Engliſhman, den ſie jetzt loswerden will, iſt der Major. Das iſt klar. Sie hat alſo gelogen, die Schlange, nicht wahr?

Das zu behaupten haben Sie kein Recht, war Nielſens Antwort. Wir haben es uns doch zur Regel gemacht, bei unſern Schlüſſen keine Sprünge zu machen, und das tun ſie jetzt.

Nein, mein Freund, durchaus nicht. Sie wollen bloß nicht ſehen. Wenn der lange Menſch wirklich Mr. Weſton wäre, dann würden die beiden entweder geſchieden ſein oder ſie lebten richtig als Mann und Frau zuſammen. Sie würde ihn dann auch nicht in Ihre Hände übergeben und allein davonlaufen, was doch ihre Abſicht iſt. Ich will nicht gerade behaupten, daß ſie Ihnen Ihr Geld nicht zurückerſtatten wird obwohl Damen in dieſer Hinſicht bekanntlich vergeßlich ſein können aber wiederſehen werden Sie ſie auf keinen Fall. Das Haus gehört ihr tatſächlich; alſo geht ſie ſchnnrſtracks zu Armſtrong, dem Spitzbuben, und entdeckt, daß Sie und ich ihre Mieter ſind. Sofort iſt ſie von Argwohn erfüllt, verkauft ſchleunigſt alles, wasſie hat, und verſchwindet in die Kolonien! Weg iſt ſie und für uns nicht mehr zu haben! Inzwiſchen kommt Miß Derry hier angereiſt allein natürlich, denn Mr. Armſtrong iſt viel zu ſchlau, ſich hier her - überlocken zu laſſen. Und dann ſitzen wir mit dem Langen und Amy Nummer 1 alleine hier. Bloß die Katze fehlt noch, um die Geſellſchaft komplett zu machen.

Der Doktor ſetzte ſich, nachdem er dieſe lange Rede gehalten, und qualmte wie ein Schornſtein.

Nielſen ſchien ſich über ihn zu amüſieren. Lieber Doktor, ſagte er, es iſt doch ſonſt nicht Ihre Art, ſo im Galopp vorwärtszuſtürmen. Wenn Mrs. Weſton wirklich die Abſichten hegte, die Sie ihr ſo ritterlicher - weiſe beilegen, warum in aller Welt ſollte ſie ſich dann die Mühe machen, mit mir zu reden, wie ſie es doch getan hat?

Der Doktor lachte ſarkaſtiſch. Sagen Sie lieber: Ihnen ihr Vertrauen zu ſchenken. Das iſt richtiger!

Nielſen dachte einen Augenblick nach. Meinen Sie etwa, ſie habe mit mir nur geſprochen, um zu ver - hindern, daß ich dieſem Tölpel die fünfzig Pfund gäbe?

Ungefähr ſo. Der Doktor ſah Nielſen von der Seite an und lachte gutmütig. Es tut mir leid um Sie, mein Junge, aber das denke ich wirklich. Sie ſollten ſich nun für ihr Vertrauen revanchieren und ſich ihr als Mieter des Hauſes Cranbourne Grove 48 South Kenſington London vorſtellen; erklären Sie ihr dabei, daß Sie mit dem Hauſe ganz zufrieden ſeien, bloß mit dem Keller unter dem Speiſezimmer, wo wir eine Katze gefunden hätten, nicht! Dann bemerken Sie nebenbei, daß Madame Sivertſen die Verpflegung der Katze über - nommen hat, jedoch von dem ſtummen Kellerbewohner keine Ahnung beſitzt.

(Fortſetzung folgt.)

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714. Auguſt 1912. Czernowitzer Allgemeine Zeitung
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8 Czernowitzer Allgemeine Zeitung 14. Auguſt 1912.
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Eigentümer und Herausgeber: Dr. Philipp Menczel. Verantw. Redakteur: Oskar Slawik. Allgemeine Druckerei Geſ. m. b. H., Czernowitz, Herrengaſſe 11

About this transcription

TextNr. 2567, 14.08.1912.
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Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Benjamin FiechterSusanne HaafNote: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).2018-01-26T13:38:42Z grepect GmbHNote: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T13:38:42Z Amelie MeisterNote: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.2018-01-26T13:38:42Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic informationNr. 2567, 14.08.1912. . Allgemeine Druckerei Ges. m. b. H.Czernowitz1912. Czernowitzer Allgemeine Zeitung

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LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; mkhz2

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

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  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
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