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Telegramme: Allgemeine, Czernowitz.
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Einzelexemplare 8 Heller für Czernowitz.
Der Krieg.
Die Japaner ſollen mehrere ruſſiſche Offiziere gefangen haben. — Admiral Birilew wurde zum Chef der Flotte des Stillen Oceans ernannt.
Bunte Chronik.
Der Streik der Chicagoer Fuhrleute iſt von Neuem aus - gebrochen.
Letzte Telegramme.
Die Audienz des Grafen Andraſſy beim Kaiſer iſt neuer - dings reſultatlos verlaufen. — Koſſuth bringt einen Antrag auf Ausarbeitung eines ungariſchen Zolltarifs ein. — Dr. Porzer wurde zum zweiten Vizebürgermeiſter von Wien gewählt.
Heute veröffentlichen die ehemals „ freiſinnigen “fünf Rumänen, denen ſich die zwei deutſchen Abge - ordneten Wiedmann und Landwehr angeſchloſſen haben, eine „ Gegenerklärung “, in der ſie die Gründe ihres Austritts aus dem „ freiſinnigen Verbande “darlegen. Dieſe Gründe decken ſich im Großen und Ganzen mit den in unſerer vorgeſtrigen Nummer dargelegten Informationen. Sie gipfeln darin, daß die Rumänen das drohende rutheniſche Uebergewicht fürchteten. Wenn dies wahr iſt, ſo trägt — es wurde in dieſem Blatte bereits dargelegt — nur Herr Aurel v. Onciul die Schuld, und ein ver - nichtender Beweis für die Ungeſchicklichkeit, die er beging, iſt wohl der, daß er gerade in dem Momente, da er ſich ſeines Rumänentums erinnert, den Vorwurf der Selbſtſucht mit in den Kauf nehmen muß. Weshalb hat ſich Herr v. Onciul nicht ſchon im vorigen Jahre und vor zwei Jahren an ſein Rumänentum erinnert?
In derſelben Nummer des „ Lloyd “verſichert Herr v. Onciul, daß der „ freiſinnige Verband “ſeinen Zweck bereits erfüllt habe. Darüber ernſtlich zu ſtreiten, iſt ſchon deswegen überflüſſig, weil dieſer „ Zweck “ſtets durch einen dichten Nebelſchleier ver - hüllt war.
Inzwiſchen behauptet der „ freiſinnige Verband “, dem auch der Abgeordnete Dr. Weidenfeldunter allerlei Vorbehalten beigetreten iſt, noch weiter zu beſtehen. Außer den ſechs Ruthenen, die allein in dem Verbande über die Majorität verfügen, gehören demſelben nunmehr noch die drei jüdiſchen Ab - geordneten und die Abgeordneten Langenhan und Skedl an. Erſterer wurde ſogar zum Ob - manne des „ Verbandes “gewählt und Dr. Straucher zum zweiten Obmannſtellvertreter. Damit ſoll die Fiktion aufrechterhalten werden, als ob es ſich nicht um einen durch fünf Nichtruthenen verſtärkten Ruthenenklub, ſondern um einen wirklichen „ Ver - band “handle. Ohne uns nun vorläufig in eine Diskuſſion über die Nützlichkeit oder Schädlichkeit einer rutheniſch-jüdiſch-deutſchen Allianz einlaſſen zu wollen, ſei uns nur die Bemerkung geſtattet, daß ein alle Nationen umfaſſender Verband ein Un - ding war, der Torſo eines ſolchen „ Verbandes “, dem die beiden deutſchnationalen Abgeordneten und die Rumänen nicht angehören, iſt eine contradictio in adjecto. Nur in dieſem Tohowabohu konnte dieſes neue parlamentariſche Gebilde entſtehen, das der erſte ſtärkere Lufthauch über den Haufen werfen muß. Die Beſtellung des Abg. Dr. Weidenfeld, — der ſich übrigens ſonſt die vernünftige reservatio ausbedang, daß perſönliche Fragen aus - geſchaltet werden müſſen — zum ex-offo Vertreter rumäniſch-n[ationa]ler Intereſſen im Verbands-Torſo iſt ein ſchöner Scherz, rückt aber den ganzen „ Ver - band “in ein ſonderbares Licht.
Sympathiſch iſt der neue Städteklub, in welchem Prof. Dr. Skedl zum Obmanne und Dr. Straucher zum Obmann-Stellvertreter gewählt wurde, zu begrüßen. Zu wünſchen wäre nur, daß dieſer Klub nicht blos ein Anhängſel des Ruthenenklubs bleibe und daß die beiden Abgeordneten Wiedmann und Landwehr unbeſchadet ihrer Sympathien für die Rumänen demſelben beitreten. Dieſer Städteklub könnte, auf ſelbſtändiger Baſis aufgebaut, eine hochwichtige politiſche Miſſion erfüllen: die Iſolierſchicht zwiſchen den gegen einander drängen - den nationalen Intereſſen der Rumänen und Ruthenen zu bilden.
In der Bankfrage iſt nichts Neues zu verzeichnen. So viel iſt blos bekannt geworden, daß die vier Armenopolen ſich in der Frage der „ Lebens - länglichkeit “der Abſtimmung zu enthalten gedenken, die konſervativen Großgrundbeſitzer haben noch keine Beſchlüſſe gefaßt. Es heißt jedoch, daß ſowohl die Wahl Lupu’s zum ſtändigen Bankpräſidenten, als auch die Fuſion durchdringen werden. Montag dürfte die entſcheidende Sitzung ſtattfinden.
Vom Abg. Nikolaj v. Waſſilko wird eine bezeichnende Aeußerung wiedererzählt, die derſelbe im volkswirtſchaftlichen Ausſchuſſe machte. Er ſagte: „ Ich kenne überhaupt nur zwei Landesſprachen, das Rutheniſche und Rumäniſche. Das Deutſche wird bald auf das Niveau des Polniſchen in der Bukowina herabſinken. “
Montag, den 29. d. M. ſoll im Rathausſaale eine von Aurel von Onciul einberufene Volks - verſammlung mit der Tagesordnung: „ Die Bank “ſtattfinden.
Die Miſſion, die Kaiſer Franz Joſef dem Reichsfinanz - miniſter Freiherrn von Burian übertragen, hat bei der ſonſt ſo ſtarrköpfigen ungariſchen Koalition eine unerwartet gute Aufnahme gefunden. Die Berichte aus Budapeſt ſprechen von einem vollſtändigen Dekorationswechſel, der ſeit der An - weſenheit des Herrn von Burian eingetreten iſt. Noch vor Kurzem erſchien alles vereiſt und verkruſtet, und nun ſind beſte Ausſichten auf eine Verſtändigung zwiſchen der Krone und der ungariſchen Parlamentsmajorität vorhanden. Man muß es dem Kaiſer laſſen: Er kennt ſeine Magyaren und weiß ſie zu behandeln. In den vier Monaten, welche die gegenwärtige Kriſe ſchon andauert, hat der Kaiſer ein Maß von Langmut, Geduld und Faſſung bewahrt, wie ſie wirklich nur die Reife des erfahrenen Alters aufzubringen vermag.
Und was jetzt der Kaiſer durch ſeinen Vertrauensmann von der Koalition fordern ließ, iſt wenig genug. Nichts
(Schluß.)
Feſt und ruhig war ſein Blick auf die Richtertribünen gerichtet.
Jetzt zeigte der große Zeiger der Turmuhr auf voll. Einige Sekunden ſpäter durchzitterte, halb zerriſſen vom fau - chenden Winde, der erſte Glockenſchlag der neunten Stunde die eiſige Luft. Im ſelben Augenblick aber ſank auch ſchon die rote Fahne in der Hand des einen der Kampfrichter, und wie ein vom Bogen geſchnellter Pfeil flog das feurige Roß, als habe es ſelbſt das Zeichen zum Beginne des Kampfes bemerkt, mit ſeinem Reiter hinein in Sturm und Schnee - geſtöber, verfolgt von den brauſenden Rufen der Menge.
Raſtlos, unaufhaltſam ſtürmte es vorwärts. Keines An - ſporns, keiner Aufmunterung bedurfte es von Seiten des Grafen. Das edle Tier ſchien zu wiſſen, daß viel, unendlich viel, von ſeiner Kraft, von ſeiner Schnelligkeit und Ausdauer abhänge. Mit geblähten Nüſtern kämpfte es, erſt auf dem freien Felde angelangt, gegen die Gewalt des Windes, der, ſich ihm in die Seite legend, es mit Gewalt vom Wege ab - zubringen bemühte. Wirbelnd flog der glitzernde Schnee, von den flüchtigen Hufen des Renners emporgeſchleudert, in die Luft, um ſich hier mit dem tollen Reigen der fallenden Flocken zu vereinen.
Mit ſichtlicher Genugtuung verfolgte Graf Limpurg den Lauf ſeines Pferdes. Feſt hatte er ſich den weiten Kaiſer -mantel um den Körper gezogen und ſich tief auf den Hals ſeines Tieres niedergebeugt. Der eiſige Wind ſchien ihm das Geſicht zerſchneiden zu wollen. Knappe fünfundzwanzig Minuten währte der Ritt erſt und doch liegt ein Drittel des Weges bereits hinter ihm. Trotz Schnee und Eis blitzen die Augen des Grafen freudig über die weiße Fläche. Noch zeigt ſein braves Tier nicht die geringſten Spuren von Ermüdung. Noch jagt es in unvermindertem Tempo über die verwehte Straße, ohne Anruf, ohne Sporn. Dort jener Stamm, Graf Limpurg weiß es genau, das iſt die Hälfte des Weges. Gigantiſch, nebelhaft verſchwommen durch den Schleier der fallenden, tollenden Flocken, reckt er ſeine kahlen Aeſte gen Himmel empor; näher und näher. Jetzt iſt er erreicht. Graf Limpurg zieht ſeine Uhr. Einundvierzig Minuten nach neun zeigt dieſelbe, und ein Gefühl froher Zuverſicht, ſtolzer Freude durchzieht ſeine Bruſt, leuchtet aus den blauen Augen. Ueber elf Minuten gewonnen jubelt es in ſeinem Innern. Wenn es ſo weiter geht, dann habe ich geſiegt. Mit Gewalt muß er ſein edles Tier halten, um es einige Augenblicke verſchnaufen zu laſſen; dann gibt er ihm die Zügel, und weiter geht es, mit dem Sturmwinde um die Wette.
Sorglos, mit dem rechtlichen Edelſinn des echten Kavaliers jagt Graf Limpurg dahin. Er denkt nicht im entfernteſten daran, daß ſein Gegner den glühenden Wunſch hegen kann, die Wette zu gewinnen; daß ſich ihm menſchliche Tücke hindernd in den Weg ſtellen könne.
Nur noch zwei Meilen iſt er von ſeinem Ziele entfernt. An der einen Seite des Weges zieht ſich ein dichtes Gehölz hin. Vor ihm liegt der Wiener Berg, der, weil ziemlich ſteil, die ſchwierigſte Stelle des Weges bildet. Da plötzlich kracht es zu ſeiner Linken raſch hintereinander einige Male auf. Sein edles Tier fährt erſchrocken zuſammen, ſchlägt wild mit den Hufen um ſich und jagt dann in wahnſinniger Karrierequerfeldein, ſtatt nach Norden nach Weſten, davon, keinem Drucke des Zügels gehorchend.
Während ſich dieſe Vorgänge in Wiener-Neuſtadt und auf der Heerſtraße nach Wien zutrug, ſaß in einem traulich eingerichteten, eleganten Boudoir ein blaſſes, junges Mädchen und blickte mit tränenumflorten Augen hinaus in das wilde Schneegeſtöber.
Es war die Tochter des Generals van der Vehlen, die Braut des Grafen von Limpurg-Styrum, die mit ſorgendem Gedankengange ihren Verlobten auf ſeinem Ritte begleitete. Wie mochte dieſelbe ablaufen? Würde der Mann ihres Herzens ſiegreich aus dem Kampfe hervorgehen oder würde ſie verdammt werden, ihren Traum von Glück und Liebe in unendlich langen Jahren weiter zu träumen, um vielleicht nicht die Erfüllung desſelben zu erreichen? Unendlich qualvoll krampfte ſich ihr Herz bei ſolchen Gedanken zuſammen. Wohl hatte ſie, als echtes Soldatenkind, ſich mit der Handlungsweiſe ihres Bräutigams vollkommen einverſtanden erklärt. Es galt ja nicht allein ſein Wort, das Wort eines Kavaliers, ſondern auch die Ehre der geſamten deutſchen Reiterei, die zu ver - teidigen er mit hohem Sinne übernommen hatte, ohne zu ge - wärtigen, daß ihm juſt dieſer Edelſinn zum Fallſtrick gedreht werden ſollte.
Die Turmuhr von St. Stephan hub aus zum Schlage. Aufmerkſam lauſchend neigte das junge Mädchen das Haupt zur Seite. Zehn dumpfe Schläge hallten durch die Luft. Noch fünfundvierzig qualvolle, lange Minuten. Wo mochte er ſein? Fegten nicht vielleicht jetzt ſchon der Sturmwind, die Schnee - wolken über ſein geſtürztes Pferd, womöglich über beide, Roß und Reiter?
Mit einem gewaltſam unterdrückten Schluchzen ſprang ſie empor. Sie konnte es nicht länger mehr ertragen in
anderes verlangt er von ihr, als daß ſie ihr in der Adreſſe niedergelegtes Programm präziſer geſtalte und einen Ver - trauensmann deſigniere, welcher berufen und entſchloſſen ſei, die Regierungsgeſchäfte auf Grund dieſes Programmes zu übernehmen. Es iſt unter ſolchen Umſtänden begreiflich, daß die Koalition die Tatſache, daß der Kaiſer geneigt iſt, ihr die Kabinettsbildung zu überlaſſen, mit Freude begrüßte und ſich dem Kaiſer zur Verfügung ſtellte. Bemerkenswert iſt auch, daß der Kaiſer den Wunſch ausgeſprochen hat, die Kabinettsbildung an Koſſuth ſelbſt zu übertragen. Koſſuth hat ſich immer das Vertrauen derer, die mit ihm politiſch zu unterhandeln hatten, errungen, auch das Vertrauen des Kaiſers. Und es iſt ein nicht gewöhnlicher Zug des Monarchen, daß er den Sohn des Rebellen, der die Dynaſtie auf dem Debrecziner Reichstag des Thrones für verluſtig erklärte, zu ſeinem ungariſchen Miniſterpräſidenten zu ernennen wünſcht. Der leitende Ausſchuß der Oppoſition erſuchte aber den Grafen Julius Andraſſy, das Programm der Koalition vor dem Kaiſer zu vertreten. Ihm fällt die ſchwierige Aufgabe zu, das Programm der Adreſſe in ein Regierungsprogramm umzuwandeln.
Alles in Allem, ſind die Propoſitionen, welche die Krone macht, derart günſtig, ſo zum Aeußerſten verſöhnlich und nachgiebig, daß die Koalition mit Blindheit geſchlagen ſein müßte, wenn ſie nicht die Situation zu ihren Gunſten aus - nützen würde. Aber verbürgen läßt ſich nichts. Vom heiß - blütigen ungariſchen Chauvinismus hat man ſich noch mancher Torheiten zu verſehen.
Wir laſſen die auf die Beendigung der Miſſion Burians und der Berufung des Grafen Andraſſy be - züglichen Nachrichten folgen:
Freiherr von Burian wurde geſtern vom Kaiſer in beſonderer Audienz empfangen, die dreiviertel Stunden dauerte und in der Burian einen er - ſchöpfenden Bericht über den Verlauf ſeiner Miſſion in Budapeſt erſtattete, den der Kaiſer ſchweigend anhörte. Nur am Schluſſe, als Burian verkündigte, daß Graf Julius Andraſſy als Vertrauensmann der Koalition neuerdings vor der Krone erſcheinen werde, ſtellte der Kaiſer einige infor - mative Fragen. Ueber das Reſultat der Miſſion ſelbſt äußerte ſich der Kaiſer nicht, doch ſprach er dem Freiherrn von Burian, was deſſen Tätigkeit anbelangt, ſeine vollſte Zufriedenheit aus.
Die Berufung des Grafen Andraſſy nach Wien iſt bereits erfolgt und deſſen Audienz wird noch heute ſtatt - finden.
Die Tatſache, daß die Bemühungen zur Löſung der Kriſe abermals in Fluß gekommen ſind, wird von der un - gariſchen Oppoſition freudig begrüßt; doch herrſcht bezüglich des Ausganges der neuen Entwirrungsunterhandlungen in den weiteſten Kreiſen ſtarke Skepſis und es iſt auch nicht wahrſcheinlich, daß es gelingen werde, die Kriſe diesmal endgiltig ihrer Löſung zuzuführen.
Der leitende Ausſchuß der verbündeten Oppoſition hielt geſtern eine zweiſtündige Sitzung ab, welcher ſeitens der Diſſidenten die Abgeordneten Daranyi und Graf Julius Andraſſy beiwohnten. Letzterer wurde in offizieller Form erſucht, das Programm der Koalition vor dem Monarchen zu vertreten. Andraſſy erklärte ſich hiezu berreit, und richtete an die Kabinettskanzlei das Erſuchen um eine Audienz. In der Umgebung Andraſſys verlautet, daß er nur ein Programm vor dem Monarchen vertreten werde, welches von der ver - bündeten Oppoſition mit Genugtuung aufgenommen werden könnte. In den Kreiſen der Oppoſition verhehlt man ſich nicht die Schwierigkeiten der Kabinettsbildung, ſieht aber die Notwendigkeit einer Zuſammenſtellung eines Miniſteriums ein, damit das Kabinett Tisza beſeitigt werde. Man hofft, daß ſich bei einem Kabinett Andraſſy Teile der Diſſidenten und der liberalen Partei der Unabhängigkeitspartei an - ſchließen werden. Ein ſolches Kabinett würde in ſein Pro - gramm einen Paſſus aufnehmen, in welchem es heißt, daß der nationale Charakter des ungariſchen Teiles des Heeres in Zukunſt prägnanter als bisher zum Ausdruck kommen müſſe, jedoch ſtufenweiſe und auf Grund von Erläſſen des Königs, die auf deſſen Majeſtätsrechte fußen. Baron Burian ſoll den Führern der Oppoſition folgende Konzeſſionen an - geboten haben: Der Kaiſer würde eine Kommiſſion ernennen, welche die Waffen - und die Fahnenfrage im Sinne des ungariſchen Staatsrechts regelt: die ungariſche Sprache würde beſonders in den unteren Einheiten eine größere Geltung als bisher erfahren. Auch im Militärſtrafverfahren würde die ungariſche Sprache eine weitgehende Berückſich - tigung finden.
Einer der ſchwierigſten Fragen, der Judenfrage nämlich, hat ſich das Miniſterkomitee einfach entzogen. Einige beſonders dringliche Erſcheinungen auf dieſem Gebiete wurden dem Senate zur Beratung zugeſchoben, die grundſätzliche Seite der Angelegenheit aber ſoll „ den im Herbſt zuſammentretenden Volksvertretern zugewieſen werden. “ Wir haben alſo in den nächſten Wochen einen Erlaß über die Judenfrage zu erwarten, der, wie der letzte, dem Aus - lande Sand in die Augen ſtreuen ſoll. Von der Volksver - tretung des Herrn Bulygin haben die Juden nichts zu er - warten. Wie ich höre, ſollen von den Ständen jedes Gouver - nements 10 bis 14 Perſonen für die ſogenannte Vorver - ſammlung, d. h. für die Bulygin-Kommiſſion, gewählt werden, aus deren Zahl der Kaiſer 2 bis 3 zur Teilnahme an der Vorverſammlung beſtimmen ſoll. Auf dieſe Weiſe hätte das Volk ſeine „ gewählten Vertreter “und der Selbſtherrſcher ſeine „ vom Vertrauen getragenen beſten Männer aus der Nation “. Was eine ſolche Verſammlung für den Fortſchritt tun kann und wird, iſt unſchwer zu erraten, und was gar für die Juden dabei heraus käme, bedarf keiner Erläuterung.
In der ruſſiſchen nationalen Preſſe wird der letzte Polenerlaß im allgemeinen ſympathiſch begrüßt. Umſo ſtärker iſt der Unwille, den das Verhalten des Primas der katholiſchen Kirche, Biſchofs Popiel, hervor - gerufen hat. Eine Abordnung mit dem Biſchof an der Spitze erſchien beim Generalgouverneur von Warſchau, um für den Erlaß zu danken. Die Anſprache des Biſchofs ſowie die dem Generalgouverneur überreichte Adreſſe waren in franzöſiſcher Sprache abgefaßt. „ Slowo “bemerkt zutreffend, entweder hätte die ruſſiſche oder die polniſche Sprache ange - wendet werden müſſen; das Benehmen des Biſchofs deute auf den Mangel an Entgegenkommen hin, den das ruſſiſche Volk ſeitens der polniſchen Führer zu erwarten habe. Gegen den Generalgouverneur wird der Vorwurf der Schwäche erhoben.
dumpfer Untätigkeit, in der beängſtigenden Stille ihres Zimmers die langſam dahinſchleichenden Minuten zu ver - folgen. Sie mußte unter Menſchen, hinaus auf die Straße, zum Dom, um ſo raſch als möglich die Gewißheit zu er - langen.
Haſtig hüllte ſie ſich in den koſtbaren Pelz, zog die Kapuze tief in ihr bleiches, liebliches Geſichtchen und huſchte die Stiegen hinunter zum Tore hinaus.
Je näher ſie dem Stephansdome kam, deſto belebter wurden die Gaſſen, durch welche der Graf ſeinen Siegeseinzug halten mußte. Auf dem Domplatze aber wogte eine vieltauſend - köpfige Menge erwartungsvoll auf und nieder. Die Kampf - richtertribüne war bereits dicht beſetzt. Sie kannte hier alle die Herren, die dort oben in lebhaftem Disput ſtanden. Und da ragte auch die Geſtalt ihres Vaters, der ebenfalls von der Unruhe über das Schickſal ſeines Schwiegerſohns, und nicht zum mindeſten über das Geſchick ſeines Kindes, hinaus - getrieben war. Auch den Lord Kenilworth konnte ſie erkennen, wie er mit ſeinem kalten Lächeln ſchon im Voraus über ſeinen Gegner zu triumphieren ſchien. O, wie ſie ihn haßte dieſen Mann, der ihr bis vor wenigen Tagen ſo gleichgiltig, ſo nebenſächlich geweſen war, daß ſie ihn, nur der konven - tionellen Form gehorchend, überhaupt bisher beachtet hatte!
Sie biß die weißen Perlzähnchen krampfhaft im auf - ſteigenden Schmerze zuſammen und ſchluckte tapfer die hervor - quellenden Tränen hinunter. Ganz vorn hier, in die erſten Reihen der Neugierigen, dicht neben der Tribüne hatte ſie ſich gedrängt.
Halb elf kündeten die Glocken. Noch fünfzehn Minuten! Doch, was war das? Klang es nicht wie fernes, gedämpftes Brauſen, der bewegten See gleich, an ihr Ohr? War es das Blut, das ihr fiebernd durch die Pulſe raſte? Doch, da klang es wieder und wieder, und näher und näher rollte das Toſenlauter und brauſender tönte es an ihr Ohr. Die Nächſt - ſtehenden hoben ſich auf die Zehenſpitzen und reckten die Köpfe. Die Herren auf der Tribüne brachen ihr Geſpräch ab. Aller Augen wandten ſich nach einer Richtung, und da ſcholl es plötzlich neben ihr, hunderttauſendſtimmig, ein brauſendes, nicht endenwollendes Hurra.
Mit flimmernden Blicken ſchaute ſie hin über den Platz. Die Kniee begannen ihr zu zittern vor freudigem Ahnen und dort, bei Gott, da war er, um den ſich all ihr Denken und Fühlen drehte. Stolz, mit dem Lächeln des Siegers auf den Lippen, ſprengte er heran, auf mutigem, feurige Roſſe, ſeinem Pluto.
Die Gedanken ſchienen ſich ihr zu verwirren. Die Freude ſchien ſie förmlich zu berauſchen. Wie ein Kreis begann ſich alles um ſie zu drehen in wirbelndem Tanze. Noch einmal ſchlug ſie die Augen empor zu ihm, der faſt un - mittelbar in ihre Nähe gelangt war. Eine heißer Strahl unendlichen Glücks ſenkte ſich in ſeinen Blick; dann um - nachteten ſich ihre Sinne und ohnmächtig ſank ſie in die Arme ihres Geliebten, der ſie erkennend, ſich blitzſchnell aus dem Sattel ſchwang, um ſie aufzufangen. Graf Otto von Limpurg-Styrum hatte die Wette gewonnen. Nicht 1 dreiviertel Stunden, nein, ſogar ſchon in 95 Minuten hatte er ſein Ziel erreicht, trotz Schnee und Sturm, trotz heimtückiſcher Bosheit. Mit ſaurem Geſichte zahlte Lord Kenilworth die tauſend Gold-Dukaten aus, die der Graf Limpurg aber ſofort unter die Armen verteilen ließ. Nicht des gleißenden Goldes wegen hatte er den Ritt unternommen; nein, nur um der Ehre der deutſchen Reiterei willen. Und er hatte ſie ge - rettet, kühn, unerſchrocken, wenn auch mit dem Einſatze eines hohen Preiſes.
Die Ernennung des Admirals Birillew als Chef der Flotte des Stillen Ozeans iſt vom Zaren bereits unterſchrieben und wird in dieſen Tagen ver - öffentlicht werden. Birillew iſt an Stelle Skrydlows ernannt, deſſen Poſten ſeit ſeiner Rückberufung bis heute unbeſetzt geblieben iſt. Der Kommandant von Wladiwoſtok wird Birillew unterſtellt werden, um Zwiſtigkeiten, wie ſie in Port Arthur vorgekommen, zu vermeiden.
Von geſchätzter militäriſcher Seite wird uns geſchrieben:
Wenn es vor der Vereinigung des Geſchwaders Roſch - djeſtwenskys mit jenem Nebogatows noch zweifelhaft war, ob die Japaner nicht eine gegen die Transportſchiffe der ruſſiſchen Flotte gerichtete Taktik einem Linienkampfe vorziehen würden, ſo kann nach dem ohne japaniſche Intervention er - folgten Zuſammenſchluſſe mit Sicherheit angenommen werden, daß Togo es zu einem offenen Kampfe kommen laſſen will. Das Problem, das ſich der japaniſche Admiral auf dieſe Weiſe geſtellt hat, iſt kein leichtes. Er muß trachten, die ruſſiſche Flotte an einem Punkte, an dem ſich die geſamte japaniſche Streitmacht konzentriert hat, zum Kampfe zu zwingen. Erſchwert wird ihm dieſe Aufgabe dadurch, daß er über die Pläne ſeines Gegners vollſtändig im Unklaren iſt und ſich gezwungen ſieht, ſeinen Ueberwachungsdienſt, der das ganze japaniſche Meer und ſeine Zugänge umſpannen muß, zum Nachteil der Konzentrationsidee bedeutend auszudehnen. Auf welchem Wege wird die ruſſiſche Flotte Wladiwoſtok zu erreichen ſuchen? Wird ſie geſchloſſen vorgehen oder ſich in Flottenabteilungen von verſchiedenem militäriſchen Werte auf - löſen? Erſt wenn Admiral Togo ſich über die grundlegenden Fragen genau orientiert hat, iſt er in der Lage einen beſtimmten Kriegsplan zu entwerfen. Was die Chancen der in abſehbarer Zeit zu erwartenden Seeſchlacht anbelangt, ſo ſtehen dieſelben für Rußland nicht ſo ſchlecht, wie man urſprünglich annehmen konnte. Eine Ueberſicht über die ein - ander gegenüberſtehenden Streitkräfte mag das näher ver - anſchaulichen. Die beiden vereinigten ruſſiſchen Flotten ver - fügen, wenn man nur die Schlachtſchiffe im engeren Sinne in Betracht zieht, über 20 Einheiten, die ſich folgendermaßen verteilen: 8 Panzer, 3 Küſtenſchiffe, 3 gepanzerte und 6 ge - ſchützte Kreuzer. In Bezug auf Tonnengewicht, Schnelligkeit und Höhe der Bemannung zeigen dieſe Schiffe unter einander charakteriſtiſche Abweichungen. Den 7 Panzern Roſchdjeſtwenskys, von denen vier ein Deplazement von 13.730 Tonnen, die übrigen ein ſolches von 11 — 12000 haben (die Geſchwindigkeit beträgt im erſteren Fall 18, im letzteren 16 bis 18 Knoten) ſteht der von Nebogatow herbeigeführte Panzer „ Nicolas I. “mit einem Deplazement von 9800 und einer Schnelligkeit von 15 Knoten nicht ganz ebenbürtig zur Seite. Dagegen beſitzt der zur Nachhut gehörige Panzer-Kreuzer „ Wladimir Monomach “eine größere Geſchwindigkeit, als die gepanzerten Kreuzer, über die Roſchdjeſtwensky bereits vor Ankunft Nebo - gatows verfügte. Die Bemannung der vereinigten Flotten iſt durch die 200 Mann Nebogatows auf 11.050 gebracht worden. Die Zahl der von den Japanern aufgeſtellten Schlachtſchiffe beträgt 31 bei folgender Aufteilung: 5 Panzer, 1 Küſtenſchiff, 8 gepanzerte und 17 geſchützte Kreuzer. Die Panzer haben ein Deplacement von 12 bis 15.000 Tonnen und (mit Ausnahme des Panzers Schin-Yen) eine Ge - ſchwindigkeit, die über 18 Knoten hinausgeht. Die Geſchwindigkeit der japaniſchen gepanzerten Kreuzer beläuft ſich 20 bis 21 Knoten, während die entſprechenden ruſſiſchen Typen nur 16 bis 17 Knoten zurückzulegen vermögen. Dagegen beträgt die Höchſtgeſchwindigkeit der ruſſiſchen geſchützten Kreuzer 24, die der japaniſchen nur 22 Knoten. Im Ganzen ſtehen den 23 ruſſiſchen Schiffen mit einem Tonnengehalt von insgeſamt 158.440 Tonen, 31 japaniſche mit einem ſolchen von 203.850 Tonnen und einer Bemannung von 15.073 Mann gegenüber. Dieſe Nebeneinanderſtellung zeigt, daß die japaniſchen Streit - kräfte den ruſſiſchen zwar überlegen ſind, aber doch nicht in einem Verhältnis, das nicht durch unerwartete Ereigniſſe leicht verſchoben werden könnte. Der Umſtand, daß die Japaner zur Behauptung ihres Uebergewichtes ihre geſamten maritimen Streitkräfte aufbieten müſſen, iſt ein ſtrategiſcher Nachteil, der bei den kommenden Operationen unter Umſtänden zum Verhängnis werden könnte.
Anläßlich der Gerüchte über den angeblich bevorſtehenden Rücktritt Roſchdjeſtwenskys von der Leitung des baltiſchen Geſchaders will man hier wiſſen, daß zwiſchen der Admiralität in325. Mai 1905. Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Petersburg und dem nach Oſtaſien entſendeten Flottenführer ſchon ſeit längerer Zeit nicht gerade das beſte Einvernehmen herrſcht. Roſchdjeſtwensky wird als eine im autokratiſchen Syſtem großgewordene eigenwillige Perſönlichkeit dargeſtellt, die ſich auch von den höchſten Inſtanzen keinerlei Vorſchriften machen läßt. So wird von informierter Seite behauptet, daß Roſchdjeſtwensky zur hydrographiſchen und areographiſchen Orientierung ſeitens der Admiralität Karten zur Verfügung geſtellt wurden, die aus dem kartographiſchen Inſtitut von Grekow ſtammten, der Admiral hätte ſich jedoch geweigert, bezüglich der Wahl ſeiner Hilfsmittel Vorſchriften entgegen - zunehmen und von der Firma Perthes in Gotha aus eigener Initiative beſtellt, die er dann ausſchließlich benützte und denen es zu verdanken ſei, daß die Fahrt der baltiſchen Flotte ohne Hinderniſſe (der Huller Vorfall gehört gewiß nicht hieher) vonſtattenging. Geſchichten dieſer Art ſind in letzter Zeit mehrfach in Umlauf. Ob der Vorgang ſich tatſächlich in der dargeſtellten Weiſe abgeſpielt hat, mag dahingeſtellt bleiben, faſt ſteht jedenfalls, daß das ruſſiſche offizielle Be - zugsinſtitut für Landkarten weit hinter den Anforderungen, die man an ein ſolches Unternehmen zu ſtellen berechtigt iſt, zurückbleibt. Die hydrographiſchen Angaben der famoſen Grekow-Karten ſind äußerſt lückenhaft und ſtützen ſich faſt ausſchließlich auf Sondierungen, die 1849 gemacht wurden, ohne von den Ergebniſſen neuerer Unterſuchungen aus den Jahren 1880, 1893 und 1902 Notiz zu nehmen. Auch die Orographie dieſer Karten läßt viel zu wünſchen übrig. So verlegt etwa Hauptmann Grekow die Quellen der Wolga in die Nähe von Samara, während ſie in der Nähe von Liban zu ſuchen ſind u. ſ. w. Unter ſolchen Umſtänden wäre es nicht unbegreiflich, daß ein ruſſiſcher Admiral ſich durch deutſche Karten näher zu orientieren ſucht, vorausge - ſetzt natürlich, daß ihm ſolche in der Tat zur Verfügung ſtehen.
Hier verlautet, daß eine Dſchunke, auf der ſich zahlreiche ruſſiſche Offiziere befanden, wegge - nommen worden ſei; man nimmt an, es habe ſich um eine von Wladiwoſtok aus unternommene Erkundungsfahrt gehandelt.
Folgender amt - licher Bericht wird heute hier veröffentlicht: Am Morgen des 19. d. griffen die Ruſſen in Stärke von zwei Kom - pagnien und zwei Eskadrons aus der Richtung von Wejuan - paomen her wiederum Tſchiengtſu an, wurden aber um 1 Uhr nachmittags zurückgeſchlagen. Gleichzeitig griffen ein ruſſiſches Regiment und fünf Eskadrons Tſchingjangpao äußerſt heftig an, waren aber um 6 Uhr abends vollſtändig geſchlagen. — Die Lage bei Tſchangtu hat ſich ſeit dem 18. d. M., wo die Ruſſen auf dem rechten Ufer des Liao zurückgedrängt waren, mit Ausnahme von einigen Patrouillen - zuſammenſtößen, nicht weſentlich geändert. Die feindliche Kavallerie, die ihre Hauptkräfte bei Kingtſchuliang, acht Meilen weſtlich von Fakumen, konzentriert hatte, verſuchte am Mittag des 19. d. unſere Lager von hinten zu bedrohen, in - dem ſie eine Umgehung in ſüdweſtlicher Richtung machte; abr die ſtarken Wachtkommandos der Japaner entmutigten ſie und ſie zog ſich auf bedeutende Entfernung in nordweſt - licher Richtung zurück, ohne ihren Zweck erreicht zu haben.
Wie aus Hofkreiſen verlautet, wird ſich König Karol im Juni wieder nach Gaſtein zum Kurgebrauche begeben und bei dieſem Anlaſſe dem Kaiſer einen Beſuch in Iſchl abſtatten. Der rumäniſche Miniſter - präſident dürfte ſich zu einer Beſprechung mit dem Grafen Goluchowski nach Wien begeben.
Das Kabinett Paſitſch reichte ſeine Entlaſſung ein.
Infolge der Demiſſion des Kabinetts Paſitſch hat der König den General Gruitſch telegraphiſch nach Belgrad berufen. Man glaubt, daß ihn der König mit der Kabinettsbildung betrauen wird.
Da die Skuptſchina noch nicht konſtituiert iſt, berief der König angeſehene Abgeordnete aller Parteien zu ſich, um mit ihnen die Lage zu beſprechen. Neuwahlen ſind unvermeidlich.
Aus New-York 23. Mai wird telegraphiert: Der Chicagoer Streik bricht von neuem aus und nimmt gefährliche Dimen - ſionen an, weil ſich ſieben Expreßgeſellſchaften weigerten, entlaſſene Streiker wieder einzuſtellen. Vorgeſtern kam es zu furchbaren Straßenkrawallen zwiſchen importierten ſtreik - brechenden Negern und Weißen. Es wurden über 2000 neue Hilfspoliziſten vereidigt.
Aus New - York 22. Mai wird telegraphiſch gemeldet: In der dritten Avenue ereignete ſich ein Zuſammenſtoß zwiſchen zwei Zügen der Hochbahn. Infolge Kurzſchluſſes geriet das Hochbahngerüſt in Brand. Die Reiſenden, welche von pani - ſchem Schrecken ergriffen wurden, ſuchten ſich dadurch zu retten, daß ſie aus den Fenſtern kletterten. Eine Anzahl kletterte die Pfeiler hinunter, durch welche die Bahnlinie ge - ſtützt wird. Bei dem Zuſammenſtoß wurden zwanzig Per - ſonen verletzt.
Aus Bern 20. Mai wird uns geſchrieben: Vom 4. Juli an wird hier auf Veranlaſſung des Bundesrates eine internationale Konferenz ſtattfinden, die ſich mit einer Reviſion der zwiſchen einer Reihe von Staaten abgeſchloſſenen Konvention vom 14. Oktober 1890 bezüglich des Waren - transportes auf Eiſenbahnen beſchäftigen ſoll. Die Tagung dürfte etwa 14 Tage dauern. Die Erörterung wird ſich in erſter Linie auf eine Anzahl von Rechtsfragen beziehen, die ſich für die Regierungen aus veränderten Verkehrsverhält - niſſen und der Entwicklung des Handels in den verſchiedenen Staaten innerhalb des letzten Jahrzehnts ergeben. Den Vorſitz in der Konferenz übernimmt der Bundesrichter Dinkler. Der Präſident der Gotthardbahn wohnt als Vertreter Schweize - riſcher Intereſſen den Beratungen bei.
Aus Paris wird geſchrieben: Nichts iſt ſo ſchön, wie man hofft, nichts iſt ſo ſchlimm, wie man fürchtet, hört man wohl manchmal ſkeptiſche Pariſer ſagen. Nichts iſt vor allem ſo dauerhaft, wie es ausſieht. Wer hätte 1867 dem franzöſiſchen Kaiſerreich ſeine plötzliche völlige „ Debacle “vorausgeſagt? Und ſeit jener, die ganze Welt überſtrahlenden Epoche ſind kaum vierzig Jahre verfloſſen, im Leben einer Nation ein Augenblick. Aber ich will die Sprichwörter nicht häufen, ſonſt könnte ich noch ſagen, daß in dieſem Jammertale keine Rechnung unbezahlt bleibt und für alles die Vergeltung kommt. Seit ein paar Tagen verläßt wieder jeden Morgen zu einem kleinen Spaziergang das Hotel Continental eine alte, vornehm aber ſehr einfach gekleidete Dame, die das offenbare Beſtreben hat, möglichſt unbemerkt ſich durch die Menge zu ſchleichen. Das iſt die Frau, die einſt die Gattin Napoleos III. war, die Herrſcherin, die vom Volk mehr angeſtaunt als geliebt wurde, die Spanierin, deren Schönheit mit ſagenhaftem Schimmer um - woben war. Dieſelbe Frau, die 1870 ausrief: C’est ma guerre! und die nach Sedan bei Nacht und Nebel flüchten mußte. Sie ſteigt ſeit einer Reihe von Jahren um dieſe Zeit im Hotel Kontinental ab, um von da täglich ihren Pilgergang zu den Tuilerien anzutreten, die Pariſer Luft zu atmen, ohne die ſie nicht leben zu können ſcheint, und dann wieder nach Hauſe zu gehen, wobei ſie ſich die größte Mühe gibt, nicht aufzufallen. Wo ſind die Blumen und Freuden von einſt - mals? Wo die tollen Streiche, die mit der Fürſtin Metternich ausgeführt wurden und Paris in Atem hielten? Die alte Kaiſerin ſcheint ſich kaum noch darauf zu beſinnen. In ihrer gänzlich gebrochenen Geſtalt ſucht man vergebens nach den Spuren der einſt ſo ungezähmten Lebensluſt. Nichts iſt ge - blieben von den alten Freundſchaften. Und als Fremde muß heute die Kaiſerin Paris beſuchen. Gleichwohl fehlt es ihr nicht an Beſuchern, den letzten Parteigängern Napoleons III., die wohl wiſſen, daß die ehemalige Kaiſerin eine offene Hand behalten hat. Dabei bleibt ſie heute allen bonapartiſtiſchen Intrigen fern. Für ſich kann ſie nichts mehr hoffen. Ihr Sohn iſt tot. Und weder der Brüſſeler Victor Napoleon, der in einer Mesalliance mit einer Plätterin ſich feſtgelegt hat, noch der ruſſiſche General Louis Napoleon, der Günſtling der verſtorbenen Pinzeß Mathilde, ſind ihr ſympathiſch. Es gab einen Augenblick, wo ſie gern wie die Prinzeß Mathilde, die den dritten Napolen heiraten ſollte, einen Hofſtaat von Dichtern und Künſtlern um ſich gehabt hätte. Aber ſie ver - ſtand es nicht, die wahre Intelligenz anzuziehen. So iſt ſie heute vereinſamt. Ein Spaziergang ins Bois de Boulogne, Lektüre trauriger Bücher, Pflege des Andenkens ihrer Ver - ſtorbenen, das iſt das Leben der Fürſtin, die zwei Vater - länder, aber keine Heimat hat.
Wie man aus Köln telegraphiert, wurde unweit der Station Brühl im Coupee eines Eiſenbahnzuges ein alleinreiſender Fahrgaſt von einem das Abteil plötzlich beſteigenden Burſchen durch Hiebe über den Kopf betäubt, dann beraubt und aus dem Zuge geworfen. Man fand den tötlich Verletzten be - wußtlos auf dem Bahndamm liegen und transportierte ihn alsbald ins Hoſpital. Der Täter verließ auf der Station Brühl den Eiſenbahnzug. Bisher konnte man ſeiner nicht habhaft werden.
Wie ein Privat - telegramm meldet, verteilten in Benaventa (Provinz Zamora) Feldarbeiter die Gemeinde-Aecker und verhinderten das Vieh der Pächter, dort zu weiden. Der Bürgermeiſter verſuchte, die Ruhe wieder herzuſtellen; er wurde aber von der Menge, meiſtens Weibern, angegriffen und flüchtete in ein Nachbarhaus. Dort wurde der Beamte im Hofe geſtellt und durch Stockſchläge getötet. — Wie weiter telegraphiſch gemeldet wird, kamen geſtern in Saragoſſa in der Umgebung der Kirche del Pilar Ruheſtörungen vor, welche dadurch veranlaßt wurden, daß die Republikaner den Austritt einer Prozeſſion zu verhindern ſuchten. Die Polizei und die Bürger - garde ſchritten ein und nahmen mehrere Verhaftungen vor. Hierauf wurde die Ruhe wieder hergeſtellt.
Die geſtrige Sitzung war der Erledigung von Geſchäfts - ſtücken gewidmet, die ſchon ziemlich alten Datums ſind. Be - merkenswert iſt bloß die vom Gemeinderate ohne Debatte genehmigte „ Badeordnung “.
Nachſtehend der Bericht:
Vorſitzender: Bürgermeiſter Dr. Reiß.
Der Vorſitzende beantwortet die Interpellation Straucher inbetreff der Demonſtrationen der Handlungs - gehilfen. In einer Verſammlung derſelben habe Mag. -Rat Weinſtock interveniert. In Bezug auf das Einſchreiten der Polizei bei den Demonſtrationen ſeien Unterſuchungen über die eingelaufenen Anzeigen beim Strafgerichte anhängig und dieſen dürfe man nicht vorgreifen; auch ſei vom Strafgerichte eine Zuſchrift eingelangt, daß die beim Magiſtrate er - liegenden Anzeigen demſelben zu übergeben ſeien. Nach dem Ergebniſſe der Gerichtsverhandlung werde man am beſten beurteilen können, ob und inwieferne ein disziplinarwidriges Verſchulden vorliege; bis dahin wäre auch die meritoriſche Be - antwortung dieſes Teiles der Interpellation Straucher auf - zuſchieben. — In Bezug auf den zweiten Teil derſelben ſei ein voluminöſes Protokoll aufgenommen worden, der Sach - verhalt ſei kurz folgender: der Hausbeſitzer habe die Anzeige erſtattet, daß in der Wohnung des H. Goldberg Unzukömmlich - keiten vorkommen; darauf habe der Polizeiinſpektor dem Titularwachtmeiſter Hanus Auftrag gegeben, dort nachzu - ſehen. Dieſer habe zwei Poliziſten, welche als Patrouille im Dienſte ſtanden, beordert um 6 Uhr morgens hinzugehen, jedoch nicht „ nachzuſchauen “, ſondern im Falle der Betretung von Frauensperſonen dieſelben „ vorzuführen “. Das geſchah und nachher erſt zeigte es ſich, daß es ein Mißgriff war. Es wäre jedenfalls die Pflicht der Polizeiorgane geweſen, vorerſt zu erheben, mit wem man es zu tun habe. Da es ſich jedoch nicht um einen Beamten, ſondern um einen Titularwachtmeiſter handle, werde der Magiſtrat den Vorfall allein ahnden.
GR. Stecher interpelliert wegen des Anſchluſſes eines Hauſes in der Siebenbürgerſtraße an das Kanaliſierungsnetz. — GR. Wegner richtet an den Vorſitzenden folgende Inter - pellationen: Durch die Gerüſte beim Neubau eines Hauſes in der Siebenbürgerſtraße (Ing. Schunn) werde die Paſſage ſo geſtört, daß die Paſſanten auf dem Geleiſe der Tramway ver - kehren müſſen; in der Stadt ſei das Gerücht verbreitet, daß in der Neuweltgaſſe 39, wo der Abgeordnete Pihuliak einen Neu - oder Zubau aufführe, die im alten Hauſe inſtallierte Waſſerleitung benutzt worden ſei, ohne daß eine Gebühr dafür entrichtet worden wäre; ferner ſollen im neuen Hauſe des Bezirkshauptmannes Würfel bereits Wohnparteien einge - zogen ſein, ohne daß der Bewohnungskonſens erteilt worden wäre und endlich ſolle Bezirkshauptmann Würfel ein weiteres Haus aufführen, ohne die Baubewilligung hiezu erhalten zu haben. Interpellant bittet den Vorſitzenden, die Autorität des Magiſtrats zu wahren. — Vorſ. bemerkt, der eine Fall, daß Parteien vor Erteilung des Wohnungskonſenſes wohnen, ſei ihm bekannt, Oberbaurat Weſt habe auch eine diesbezügliche Amtserinnerung aufgenommen. Der Magiſtrat werde ſich in ſeiner morgigen Sitzung mit dieſen Angelegenheiten befaſſen. — GR. Dr. Wender erinnert an den von ihm vor längerer Zeit eingebrachten Antrag, daß ein Verzeichnis aller Häuſer im Zentrum der Stadt angelegt werde, welche an die Waſſer - leitung und Kanaliſierung noch nicht angeſchloſſen ſeien. Bei den letzten Regengüſſen ſei dadurch, daß das Waſſer keinen Abfluß habe, Schaden angerichtet worden, eine Gartenmauer ſei eingeſtürzt und die Roſchergaſſe, Roſcherſteg und Pumnul - gaſſe ſeien geradezu verheert worden. Redner überreicht eine diesbezügliche Petition der Bewohner dieſer Gaſſen. — Vorſ. bemerkt, daß die letzte den Hausbeſitzern zur Einführung der Waſſerleitung und Kanaliſierung gewährte Friſt in dieſem Sommer ablaufe. — GR. von Jaſiniecki interpelliert wegen der Störung der Paſſage durch die Streifwagen am Rudolfsplatze, wo durch die vom Gemeinderate bewilligte Auf - ſtellung einer Bude bloß eine ſchmale Durchzugsſtraße ge - blieben ſei. — GR. Tellmann bemerkt, daß nahezu hundert Stücke in der II. (Finanz) - Sektion ſchon ſolange unerledigt ſein, daß die Referenten den Sachverhalt neuerlich ſtudieren müſſen. — GR. Oelgießer richtet an den Vorſitzenden eine Anfrage wegen der Steuerfreiheit für die auf den Militär - gründen zu errichtenden Gebäude. — Vorſitzender bemerkt, daß eine Begünſtigung angeſucht wurde und daß er auch per - ſönlich beim betreffenden Referenten im Finanzminiſterium deswegen vorgeſprochen habe. — GR. Leon Roſenzweig überreicht ein Geſuch der Bewohner der Lazarethgaſſe um Einführung der Waſſerleitung und Kanaliſierung in derſelben zur geſchäftsordnungsmäßigen Behandlung.
GR. Stecher weiſt darauf hin, daß in dem Vertrage vom 2. März 1895 § 5 lit. d) über den Bau und Betrieb der ſtädtiſchen Beleuchtungs - und Straßenbahnanlage vereinbart ſei, daß die Unternehmer in jedem Jahre 25 Prozent von dem Plus eines 6 prozentigen Gewinnes und die Hälfte vom Plus eines 8 prozentigen Gewinnes an die Gemeinde abzu - führen hätten. Es ſei nun ſehr zu begrüßen, daß die Geſell - ſchaft im vorigen Jahre 6 Prozent Dividende gezahlt habe (Vorſ. : 5 Prozent!), es ſei aber nicht bekannt, ob die Rechnungs - abſchlüſſe aus dem Jahre 1904 vorgelegt wurden (GR. von Jaſiniecki: Ja! Die Gemeinde hat ja Vertreter gewählt!) O nein! meint Redner, ſo ſei das nicht zu verſtehen und ſtellt im Dringlichkeitswege den Antrag, daß zur4Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 25. Mai 1905. Prüfung der Rechnungen und zur Berichterſtattung eine drei - gliedrige Kommiſſion gewählt werde. (Der Antrag wird ein - ſtimmig angenommen). — Die Wahl der Kommiſſion wird in der nächſten Sitzung erfolgen.
ergreift das Wort hierauf GR. Trompeteur. Derſelbe bemängelt es, daß ſchon auf der Tagesordnung einmal ge - weſene Gegenſtände nicht an die erſte Stelle geſetzt werden. — Vorſ. entgegnet, daß er ſehr darauf achte, namentlich bei Stipendien und anderen an Friſten gebundenen Stücken. — Stadtrat Kasprzycki meint, daß beſonders das Geſuch eines Feuerwehrmannes, der um eine Proviſionserhöhung von 6 Kreuzern pro Tag bitte, zu berückſichtigen wäre. — Vorſ. (ununterbrochen läutend): Ich kann hierüber keine Debatte zulaſſen, Herr Stadtrat, ich habe Ihnen nicht das Wort erteilt! — Stadtrat Kasprzycki: Ob Sie mir das Wort erteilen oder nicht ... (ſetzt ſich, erregt) Der kleine Zwiſchenfall iſt bald darauf vergeſſen.
Bei Uebergang zur Tagesordnung referiert Ge - meinderat Wallſtein über die Beſtellung der Monturen für Polizei, Feuerwehr und Amtsdiener. (Wird gemäß dem Sektionsantrage an den bisherigen Lieferanten Herrn Markus Mittelmann vergeben.) Ueber Grundabtretungen und - Verpachtungen referieren die GR. Wallſtein, Trom - peteur und Zurkan. (Im Sinne der Referentenanträge nach kurzer Debatte angenommen. ) — GR. Dr. Wender referiert namens der IV. Sektion über die Erlaſſung einer Badeordnung für die Stadt Czernowitz. Dieſelbe wird ohne Debatte einſtimmig angenommen. Die weſentlichen Be - ſtimmungen der Badeordnung ſind folgende: Das Zuſammen - baden von Perſonen beiderlei Geſchlechtes in einer gemein - ſamen Kabine iſt verboten, ebenſo das Benützen von Seife auf den Bänken und das Rauchen im Schwitzbade, Perſonen mit eiternden oder offenen Wunden, Berauſchte und Geiſtes - geſtörte ſind vom Baden ausgeſchloſſen. Die Badeanſtalten ſind zweimal täglich zu lüften, Thermometer und Telephon düfen nicht fehlen, ebenſo eine Perſon, welche die erſte Hilfe bei Unfällen zu leiſten imſtande iſt. Gebrauchte Badebeſen ſind ſofort zu vernichten. Raſieren und Harſchneiden iſt nur in den Ankleideräumen geſtattet uff.
Seine k. u. k. Apoſtoliſche Majeſtät haben mit Allerhöchſter Ent - ſchließung vom 17. Mai 1905 die Wahl des Dr. Eduard Reiß zum Bürgermeiſter der Landeshauptſtadt Czerno - witz allergnädigſt zu beſtätigen und gleichzeitig huldreichſt zu geſtatten geruht, daß dem Anton Freiherrn Kochanowski von Stawczan aus Anlaß ſeines Rücktrittes von der Stellung des Bürgermeiſters dieſer Landeshauptſtadt für ſeine vieljährige und erſprießliche Tätigkeit die Allerhöchſte Anerkennung bekannt gegeben werde. Der Herr k. k. Landes - präſident hat hievon ſowohl den Herrn Bürgermeiſter Doktor Reiß, als auch den Ehrenbürgermeiſter Baron Kocha - nowski perſönlich verſtändigt. Die feierliche Inſtallation des neugewählten Bürgermeiſters findet am Mittwoch, den 31. Mai l. J. um 12 mittags ſtatt.
Morgen findet eine öffentliche und vertrauliche Gemeinderatsſitzung ſtatt. — Auf der Tagesordnung der öffentlichen Sitzung ſteht die Einführung der Flammlichtbogenlampen auf dem Eliſabethplatze und den in denſelben mündenden Gaſſen, ſowie die Einführung des elektriſchen Lichtes in der Pumnul-Roſchergaſſe u. a. — Für 20 Bogenlampen auf dem Eliſabethplatze, Gymnaſial - Senkowiczgaſſe ꝛc. hat der Magiſtrat in ſeiner heute abge - haltenen Sitzung 5700 K pro Jahr präliminiert. Da die Inſtallierung nicht vor Oktober d. J. erfolgen ſoll, wird der Antrag geſtellt, den Betrag für 1906 zu votieren. — In der vertraulichen Sitzung ſoll der Bau des Theaterdekorratinos - magazins vergeben werden.
Der nunmehr aus den Abge - ordneten Kalitowski, Lewicki, Langenhan, Mallek, Pihuliak,Dr. Stocki, Dr. Straucher, Tittinger, Rik. v. Waſſilko, Dr. Skedl und Dr. Weidenfeld beſtehende „ Freiſinnige Verband “hat ſich geſtern abends folgendermaßen konſtituiert: Obmann: Langenhan, I. Obmann-Stellvertreter: Nikolaj von Waſſilko, II. Obmann-Stellvertrer Dr. Straucher. — Die Tagesordnung für die, wie bereits gemeldet, morgen um 5 Uhr nachm. ſtattfindende dritte Sitzung des Bukowiner Landtages in der zweiten Seſſion der zehnten Wahlperiode iſt folgende: 1. Begründung des Antrages des Abg. Dr. Straucher und Genoſſen betreffend die Er - weiterung und Ausgeſtaltung der Bahnhofsanlagen auf dem Hauptbahnhofe in Czernowitz. 2. Begründung des Antrages des Abg. Dr. Straucher und Genoſſen betreffend die Ergreifung von Maßnahmen zwecks Förderung von Induſtrie und Gewerbe. 3. Bericht des volkswirtſchaftlichen Ausſchuſſes über den Antrag des Abg. Titus von Onciul und Ge - noſſen betreffend die Verländerung der Lokalbahnen. (Bericht - erſtatter Abg. Siminovici mit dem Antrage: „ Der Landes - ausſchuß wird beauftragt, wegen Verländerung der Lokal - bahnen die nötigen Verhandlungen mit den betreffenden Aktiengeſellſchaften und mit der Regierung einzuleiten, ſpeziell von der Letzteren die Geltendmachung ihrer konzeſſionsmäſſigen Rechte zu Gunſten des Lands Bukowina zu erwirken und über das Reſultat der Verhandlungen nach Schluß derſelben zu berichten. “) 4. Bericht des volkswirtſchnftlichen Ausſchuſſes über den Antrag des Abg. Aurel von Onciul und Genoſſen betreffend die Errichtung einer Landesbrandſchaden - und Landesviehverſicherungsanſtalt (Berichterſtatter Abg. Simio - novici) mit dem Antrage: „ Der Landesausſchuß wird be - auftragt, die beiliegenden Entwürfe von Statuten für eine Landesviehverſicherungsanſtalt zu prüfen, auf Grund derſelben die nötigen Verhandlungen mit der Regierung wegen Kon - zeſſionierung dieſer Anſtalt zu pflegen und über das Reſultat dieſer Verhandlungen in der nächſten Seſſion zu berichten. “ 5. Bericht des Verwaltungsausſchuſſes über den Antrag des Abg. Dr. Straucher und Genoſſen betreffend die Errichtung eines Gewerbegerichtes in Czernowitz. (Berichterſtatter Abg. Dr. Straucher) mit dem Antrage: Das Bedürfnis für die baldige Errichtung eines Gewerbegerichtes in Czernowitz wird anerkannt und das k. k. Juſtizminiſterium aufgefordert, die hiezu geeigneten Vorkehrungen zu treffen, damit das Gewerbe - gericht in Czernowitz ſchon mit der Uebergabe des neuen Juſtizgebäudes an die ſtaatliche Juſtizverwaltung im Juli 1906 aktiviert werde. 6. Bericht des Verwaltungsausſchuſſes über den Antrag des Abg. Dr. Straucher und Genoſſen betreffend die Vermehrung der Gerichtshöfe I. Inſtanz und der Bezirks - gerichte ſowie Errichtung eines Oberlandesgerichtes in Czer - nowitz. (Berichterſtatter Abg. Dr. Straucher) mit dem Antrage: a) Die k. k. Regierung wird unter Mitteilung des vom Antragſteller in der Landtagsſitzung vom 22. d. M. vor - gebrachten ſtatiſtiſchen Materials neuerlich und dringend erſucht, weitere neun neue Bezirksgerichte in der Bukowina zu errichten und hiebei auf die im Berichte des landtäglichen Verwaltungsausſchuſſes Nr. 144 / 97 bezeichneten Ortſchaften mit dem Bedacht zu nehmen, daß gleichzeitig auch eine Teilung des Zivil - und Straf-Bezirksgerichtes Czernowitz für die Stadt und Umgebung durchgeführt werde: b) daß weiters zwei neue Gerichtshöfe erſter Inſtanz in der Bukowina er - richtet werden und hiebei auf die im vorzitierten ſowie im Berichte des Verwaltungsausſchuſſes Nr. 177 / 97 bezeichneten Orte angemeſſen Bedacht genommen werde und c) daß tunlichſt bald ein eigenes Oberlandesgericht für die Bukowina mit dem Amtsſitze in Czernowitz aktiviert werde. 7. Bericht des Verwaltungsausſchuſſes über den Antrag des Abg. Dr. Straucher und Genoſſen betreffend die Verbeſſerung der Lage der k. k. Steueramtspraktikanten in der Bukowina. (Bericht - erſtatter Abg. Dr. Straucher) mit dem Antrage: Die k. k. Re - gierung wird dringend aufgefordert, die von den k. k. Steuer - amtspraktikanten Oeſterreichs und jenen der Bukowina in ihren Memoranden an Se. Exzellenz den Herrn k. k. Finanz - miniſter, niedergelegten Wünſche und Maßnahmen ſchleunigſt zu verwirklichen und durchzuführen. 8. Bericht des Ver - waltungsausſchuſſes betreffend den Bericht des Landesaus - ſchuſſes wegen Bewilligung einer Gnadengabe an den Ober -lehrer Kornel Waſilowicz mit dem Antrage: „ Dem ent - laſſenen Oberlehrer Kornel Waſſilowicz in Opriſcheni wird eine Gnadenpenſion in der Höhe von 780 Kronen jährlich vom 1. Mai 1905 an, bewilligt. “ 9. Mündliche Berichte über Petitionen. — Der volkswirtſchaftliche Ausſchuß ſetzte heute vormittags die Spezialdebatte über das Landesbankſtatut fort, dieſelbe wurde zuende geführt. Die Beratung der in suspenso belaſſenen §§ 16 und 25 bis 28, welche die Ver - waltung der Landesbank und das Eskompte - geſchäft betreffen, wird in der heute um 5 Uhr abends beginnenden Sitzung des Ausſchuſſes erfolgen. — Der neugegründete „ Städteklub “(Abg. Tittinger, Doktor Skedl, Dr. Straucher, Langenhan, Dr. Weidenfeld) hat ſich folgendermaßen konſtituiert: Obmann Dr. Skedl, Obmann - Stellv. Dr. Straucher. Die Abg. Wiedmann und Landwehr, die zum Beitritte eingeladen wurden, lehnten ab, mit der Motivierung, daß der Städteklub doch nichts anderes bedeute, als die Reaktivierung des auſgelöſten deutſchen Klubs. — Die nächſte Sitzung, in der die Bank - vorlage vorgetragen werden wird, ſoll Montag oder Dienſtag ſtattfinden.
Wir erhalten folgende Zuſchrift: Herr Adalbert Ritter von Zadurowicz hat mir aus Anlaß des Ankaufes einer Realität in Czernowitz den Betrag von 300 Kronen zur Verteilung an verſchämte Arme ohne Unterſchied der Nationalität oder Konfeſſion übergeben. Es gereicht mir zum beſonderen Vergnügen, dem hochverehrten Spender für die Widmung dieſes namhaften Betrages namens der Armen den beſten und wärmſten Dank auszuſprechen. Der amtierende Vizebürgermeiſter: Dr. Reiß.
Mit Bezug auf die in der Nummer 18 der „ Czernowitzer Gemeindezeitung “enthaltene Offertausſchreibung vom 25. April 1905, Zl. 21925, betreffend die block - oder parzellenweiſe Veränßerung der ſogenannten Militärverpflegsgründe, wird vom Magiſtrate in Erinnerung gebracht, daß die Friſt zur Ueberreichung der diesbezüglichen Kaufanbote am 30. Mai 1905, um 11 Uhr vormittags abläuft. Nähere Be - dingniſſe und Parzellierungsplan können im 1. Magiſtrats - departement eingeſehen werden. (Auch in unſerem Redaktions - bureau.)
Der von ſeiner langjährigen erſprießlichen ärztlichen Tätigkeit als Beſitzer und Leiter der erſten hydro - pathiſchen Kaltwaſſerheilanſtalt in Solka bekannte Kurarzt Dr. Eduard Beilich wird vom 1. Juni d. J. ab in Dorna-Watra (Hauptſtraße, „ Villa Druckmann “) als Spezial - arzt für Frauen-Nerven - und Herzkrankheiten ſeine Ordination aufnehmen.
Geſtern ſtarb hier in noch jugendlichem Alter das Mitglied der „ Armonia “und „ Junimea “, Herr Adrian Forgaci, ein begabter Sänger und Muſiker, nach langem ſchweren Leiden. — Im Alter von 37 Jahren ſtarb heute in Kuczurmare der k. k. Finanzkomiſſär Aurelian Baleanu. Das Leichenbegängnis findet am 26. d. M. in Kuczurmare ſtatt.
Die „ N. F. P. “meldet: Herr Cogalniceanu, rumäniſcher Generalkonſul in Czernowitz, wurde vom König Karol beauftragt, einen bronzenen Kranz auf dem Grabe des größten rumäniſchen Helden, des Fürſten Stephan des Großen, der im Kloſter Putna in der Bukowina begraben iſt, niederzulegen.
Wie bekannt, lag im vorigen Monate Prinz Konrad zu Hohenlohe an einer Operation im Sanatorium Löw in Wien darnieder. Aus dieſem Anlaſſe beſuchte ihn eine Deputation des Vereines, beſtehend aus den Herren M. Weiner und Dr. Roſenzweig, um den Prinzen zum glücklichen Verlaufe im Namen des Vereines zu beglück - wünſchen. Der Zuſtand des Prinzen geſtattete aber nicht, die Deputation perſönlich vorzulaſſen, und dieſer Tage lief ein
Autoriſierte Ueberſetzung von Mathilde Mann.
(Nachdruck verboten).
5]
Da Marie indeß geſtanden hat, daß ein Kind von ihr geboren und umgebracht iſt, ſo liegt die Möglichkeit vor, daß noch ein anderes Kind auf dem Grunde dieſer ver - dammten Mergelgrube liegen kann, und das muß unterſucht werden. Das Mädchen beharrt bei ihrer Behauptung, und die klugen Aerzte bei der ihren, und darum muß der See abgelaſſen werden.
Der Rittmeiſter lachte. „ Meinen Sie wirklich, Herr Hardesvogt, daß es notwendig iſt, die Mergelgrube zu ent - leeren, um das zu konſtatieren? Den Fall geſetzt, Sie fänden ein ganzes Regiment von Kinderleichen auf dem Grunde, was würden Sie da machen? “
Der Hardesvogt kratzte ſich den Kopf: „ Verſuchen, ein entſprechendes Regiment Kindesmörderinnen zu finden; bei der Moral, die heut zu Tage herrſcht, gibt es weiß Gott genug von der Sorte. “
„ So —? — iſt Dänemark ſo unmoraliſch? fragte der Rittmeiſter.
Der Hardesvogt ſchüttelte den Kopf: „ Ach, ich denke eigentlich mehr an ein Uebermaß ſogenannter Moral als an das Gegenteil. So wie unſere Geſellſchaftsordnung und die Geſetze ein armes Mädchen behandeln, das Malheur gehabt hat, iſt es eigentlich kein Wunder, daß ihr bange wird und ſie zuklemmt. Na, ich ſoll ja keine Geſetze machen, mögen das die tun, deren Sache es iſt! Ich habe nur danach zu richten. Ich muß der Sache ja auf den Grund, wenn es mich auch ärgern würde, wenn ich die Mergelgrube ablaſſen müßte. Der Kreisphyſikus, dieſer verknöcherte — na ja —beſteht darauf, daß, wenn das Kind ſofort umgebracht iſt, es nicht dies Kind iſt, und nur um ihn zu überzeugen und ihn mir ſo ſchnell wie möglich vom Halſe zu ſchaffen, bin ich gezwungen, wahrſcheinlich morgen ſchon eine Archimedes - ſchraube in Bewegung zu ſetzen. Ich habe übrigens an den jungen Polizeibeamten, Holſt, geſchrieben, der ein Protegee von einem meiner Freunde in der Stadt iſt, und der ſehr tüchtig ſein ſoll, um unter der Hand ein wenig über ähnliche Fälle zu erfahren. Die Leute in der Stadt haben ein ſo umfangreiches Material, und die Aerzte ſind nahe daran, mir das Leben aus dem Leibe zu ärgern. Sie richten nichts wie Unheil an, — an Lebenden wie an Toten. “
Der Rittmeiſter ſaß in den Stuhl zurückgelehnt und blies den Rauch der Zigarre in großen Ringen in die Luft. „ Den See ablaſſen, hm, ja, warum nicht, aber wenn ich an Ihrer Stelle wäre, Herr Hardesvogt, ich täte es nicht. Das mit der Ernährung iſt doch eine recht zweifelhafte Frage, und wenn das Mädchen geſtanden hat, ſo iſt die Sache, meiner Anſicht nach, ganz klar. Nein, ich täte es nicht. Den Fall geſetzt, der Boden des Sees wäre — wie ich bereits vorhin aufwarf — mit Leichen gedeckt, — was dann? “
Der Hardesvogt lachte. „ Ach, das hat wohl keine Gefahr. Die ganze Sache iſt ja auch ſehr einfach. Der Ablauf iſt leicht zu bewerkſtelligen, da der See hoch liegt, und es führt ein tiefer Graben an dem Walde vorbei. Wir können morgen zuſammen hingehen und uns die Sache anſehen. “
Der Rittmeiſter rief die Tochter, die im Wohnzimmer am Klavier ſaß und der Hausdame des Hardesvogts, einer älteren Verwandten, vorſpielte.
„ Ulla, “ſagte er, „ jetzt laſſen ſie das Waſſer aus dem See oben im Walde ab, dann können wir nur ebenſo gut gleich nach Malmö zurückreiſen. “
Ulla lachte. „ Man ſollte meinen, Pappa wäre in den See da oben verliebt. Während der vier Wochen, die wirhier geweſen ſind, hat er ihn jeden Tag beſucht. Ich bin Ihnen wirklich dankbar, Herr Hardesvogt, daß das jetzt ein Ende hat, denn nachgerade langweilt mich dieſer See. Der junge Detektiv ſcheint mir ebenſo verliebt in den See zu ſein wie Pappa. Er wird ſich gewiß ebenſo ſehr ärger, wenn er wieder kommt und ihn leer findet! “ Ulla errötete leicht bei dem Gedanken an den jungen „ Detektiv “, ſie wandte den Kopf ab.
„ Sie können ihn ja ſelber fragen, gnädiges Fräulein “, ſagte der Hardesvogt mit einem kleinen Lächeln. „ Er kommt morgen dienſtlich heraus. Wenn Sie den Wunſch haben, die Bekanntſchaft zu erneuern, ſo können Sie mir ja die Ehre erweiſen, hier mit dem Leutnant zuſammen zu frühſtücken. “
Ulla errötete ſtärker, der Rittmeiſter brummte:
„ Soll er bei dem Entleeren des Sees behilflich ſein? “
„ Das gerade nicht, “antwortete der Hardesvogt, — „ aber ich wünſche mit ihm zu reden, nachher können wir ja hingehen und die Arbeit in Augenſchein nehmen. “
Der Rittmeiſter erhob ſich: „ Wollen wir noch eine Partie machen, Herr Hardesvogt? “ Und das taten ſie. Am Abend, als der Rittmeiſter und ſeine Tochter die Viertel - meile zurücklegten, die zwiſchen ihrer Wohnung und der des Hardesvogts lag, war er ſchlechter Laune. Ulla fragte mit einem Lächeln, ob Pappa viel im Spiel verloren habe.
„ Nein, “ſagte er, „ aber jetzt reiſe ich ab, die Idee, den See abzulaſſen, iſt zu verrückt. “
„ Das kann Dir doch ganz gleichgiltig ſein, Pappa, “wandte Ulla ein.
„ Das kann es, “entgegnete er ſcharf und ſchritt ſchweigend dahin.
Ulla fand, daß ſich Pappas Laune verſchlechtert hatte ſeit dem Tage, als ſie die Kindesleiche da oben fanden und den „ Detektiv “trafen. Ulla errötete, ſie dachte doch ziemlich viel an den jungen Mann; aber ſchön war er und ſehr gewandt. Morgen ſollte ſie ihn wieder treffen.
(Fortſetzung folgt).
525. Mai 1905. Czernowitzer Allgemeine Zeitung.aus Trieſt datiertes Schreiben des Prinzen an Herrn M. Weiner folgenden Inhaltes ein: „ Tief gerührt durch die von Ihnen und Herrn Dr. Roſenzweig mir ausgedrückte Teilnahme der Landsmannſchaft „ Buchenland “, eile ich, Ihnen hiefür wärmſten Dank zu ſagen. Ich ergreife gerne die Gelegenheit, Ihrer Landmannſchaft als treuer Freund der Bukowina die herzlichſten Wünſche für ferneres Gedeihen zu ſenden. Konrad Prinz zu Hohenlohe. “— Spenden - ausweis: Herr Dr. Moritz Oberländer 6 Kronen, Herr Segall 10 Kronen, Herr Salter 5 Kronen.
findet am 29. d. M. in der k. k. priv. gal. Aktienhypothekenbankfiliale ſtatt.
(Rum. -akad. Verein „ Dacia “.) In der am Sonntag, den 21. l. M. ſtattgefundenen konſti - tuierenden Verſammlung wurde folgendes Komitee gewählt: kand. phil. Marian Lian, Präſident, ſtud. phil. Dobos Fi - laret, Vizepräſident, ſtud. phil. Lopigan Dimitrie, Sekretär und Kaſſier, ſtud. phil. Ivanovici Simion, Bibliothekar und Oekonom. — Der akad. Verein „ Junimea “veranſtaltet Sonntag, den 28. d. im Falle günſtiger Witterung einen Ausflug in das Horeczaer Wäldchen, zu dem das P. T. Publikum, das an den Veranſtaltungen des Vereines teil - zunehmen pflegt, auf dieſem Wege eingeladen wird. — Wegen eingetretener Todesfälle in der rum. -akad. Verbindung „ Bucowyna “wird die für den 27. Mai angekündigte Kegelpartie mit Tanz abgeſagt.
Bei der Polizei wurde der Verluſt einer goldenen Gliederuhrkette mit einem Amethyſt - anhängſel und eines Kaſſaſchlüſſels zur Anzeige gebracht. — Am Dienſtag den 22. d. M. gegen 5 Uhr nachmittags wurde im hierortigen botaniſchen Garten eine Uhrkette gefunden. Der Verluſtträger kann ſolche bei dem Finder, Ruſſiſchegaſſe 71, in Empfang nehmen.
(Telegraphiſcher Bericht der meteorologiſchen Zentralanſtalt in Wien.)
Wie uns aus München telegraphiert wird, iſt Amalie Schönchen in hohem Alter geſtorben. Amalie Schönchen gehört erſt ſeit kurzer Zeit dem Burgtheater an, das in ihr ſeine beſte Anzengruber-Dar - ſtellerin verloren hat. Ihr Ruhm iſt verhältnismäßig jungen Datums, und erſt nach langen Irrfahrten iſt es der Künſtlerin gelungen, an einer ihres Könnens würdigen Stätte zu wirken. In den vierziger Jahren trat ſie mit dem Münchener En - ſemble des Direktors Hofpauer, das ausſchließlich Bauern - ſtücke aufführte, in Wien auf und erregte durch die ſcharf realiſtiſche Darſtellung alter Bauernweiber berechtigtes Auf - ſehen. In den folgenden Jahren wirkte ſie am Raimund - theater, wo ihr Talent nicht recht zur Geltung kommen konnte, bis ſie Schlenther ans Burgtheater engagierte. Im etzten Monate ſollte ſie bei den von Direktor Lauten - burg geleiteten Anzengruber-Maifeſtſpielen mitwirken. Bei einer Probe verlor ſie jedoch plötzlich das Gedächtnis und mußte eine Heilanſtalt aufſuchen. Am Sonntag äußerte ſie den Wunſch, im Kreiſe der Ihren zu ſterben. Von dem Schriftſteller Dr. Hermann Roth — einem nahen An - verwandten — geleitet, brach ſie alſo nach München auf, wo ihr Ruhm ſeinen Ausgang nahm und wo ſie nun von ihrem Leiden erlöſt wurde. Das Begräbnis findet in München ſtatt. Das Burgtheater wird bei demſelben durch eine Depu - tation vertreten ſein.
Die „ Wiener Zeitung “publiziert die Verordnung der Miniſterien der Finanzen, des Handels und Ackerbaues, betreffend die Auf - hebung des Ausfuhrverbotes für Futter - mittel.
Der Adjunkt und Leiter der „ Abteilung für Moorkultur und Torfverwertung “an der landw. -chem. Verſuchsſtation in Wien Dr. Wilhelm Berſch wird im Juli dieſes Jahres gemeinſam mit Herrn Dr. V. Zailer im Auftrage des k. k. Acker - bauminiſteriums zu Wien einen Kurs über Moorkultur und Torfverwertung abhalten, an den ſich eine Exkurſion nachLeibach und der Moorwirtſchaft in Admont anſchließen wird. Es iſt wünſchenswert, daß die Teilnehmer an dieſem Kurſe allgemeine naturwiſſenſchaftliche, beziehungsweiſe landwirt - ſchaftliche Vorkenntniſſe beſitzen; eine Gebühr iſt nicht zu er - legen. Anmeldungen ſind an Herrn Dr. Wilhelm Berſch, Wien, II. / 1, Trunnerſtraße 3, zu richten und werden dieſelben, da für die Teilnehmer an der Exkurſion die Erlangung einer beſonderen Fahrpreisermäßigung angeſtrebt werden ſoll, ſo - bald als möglich erbeten.
Wie aus Zarskoje-Selo gemeldet wird, hatten di ruſſiſchen Revolutionäre die Abſicht, den kleinen Thron folger zu entführen und ihn ſo lange in ſicherem Gewahr - ſam zu halten, bis der Zar wirkſame Reformen dekretiert habe. Es waren beretts umfaſſende Vorbereitungen getroffen, um dem Kinde die ſorgſamſte Pflege zuteit werden zu laſſen. Im letzten Augenblicke wurde das Komplott entdeckt und unter der Dienerſchaft eine ſtrenge Unterſuchung eingeleitet.
In der heutigen Gemeinde - ratsſitzung wurde Dr. Neumayer zum erſten und Doktor Porzer zum zweiten Vizebürgermeiſter gewählt.
Der Beſchluß, den Gemeinderat Dr. Joſef Porzer zum zweiten Vizebürgermeiſter zu wählen, wurde in der geſtern abends abgehaltenen Sitzung des Bürgerklubs gefaßt. Vor derſelben galten Stadtrat Bauer und Gemeinderat Hier - hammer als die ausſichtsreichſten Kandidaten. Nach voll - zogener Wahl erklärte Dr. Porzer, dieſelbe anzunehmen und verſprach, die katholiſche Ueberzeugung, die in ſeinem bisherigen öffentlichen Wirken zum Ausdruck gekommen ſei, auch fernerhin hochzuhalten. Bekannt iſt, daß die Mutter Dr. Porzers eine Schweſter des Dichters Ludwig Auguſt Frankl und eine Jüdin war.
Der Präſident des „ Oeſterreichiſchen Beamtenvereines “Poſſauer hat ſeine Demiſſion gegeben. Zu ſeinem Nach - folger iſt Sektionschef Obentraut beſtimmt.
Vormittags wurde Graf Andraſſy vom Kaiſer in Audienz empfangen. Die Audienz verlief reſultatlos, da keine Annäherung in der Armeefrage erfolgt iſt. Graf Andraſſy kehrt nachmittags nach Budapeſt zurück. Graf Tisza ſetzt die interimiſtiſche Geſchäftsführung fort.
Ueber das Ergebnis der Audienz befragt, erklärte Graf Julius Andraſſy, daß die Situation keine Veränderung erfahren habe.
Im Abgeordneten - hauſe bringt Koſſuth einen Antrag auf Ausarbeitung eines ſelbſtändigen ungariſchen Zolltarifes ein.
Die Pſychiater, welche zur Unterſuchung des Geiſteszuſtandes der Prinzeſſin Luiſe von Koburg beſtellt worden waren, haben dem Seine-Tribunal ein Gutachten überreicht, worin ſie die Prinzeſſin für geiſtig vollkommen geſund erklären und ihrer Ueberzeugung Ausdruck geben daß ſie ihre Angelegenheiten ſelbſt ordnungsmäßig verwalten könne. Der Anwalt der Prinzeſſin Dr. Stimmer wird auf Grund dieſes Gutachtens die Aufhebung der Kuratel verlangen.
Geſtern ſchlug der Blitz in die hieſige Synagoge, welche vollſtändig in Flammen aufging.
Bei Loſowaja ent - gleiſte ein gemiſchter Zug. 25 Wagen wurden zertrümmert. Die Eiſenbahnverbindung mit Wladiwoſtok iſt unter - brochen und die Feſtung abgeſchnitten.
„ Daily Telegraph “meldet aus Tokio: Es liegen Anzeichen vor, daß die Ruſſen an der mongoliſchen Grenze, ſowie in der Richtung von Siumintiu operieren. Die Eiſenbahnverbindung Dalni — Mukden iſt wieder hergeſtellt. Die japaniſche Armee iſt wieder ſo ſtark, wie vor der Schlacht bei Mukden.
Die letzten Berichte aus dem Oſten Aſiens laſſen übereinſtimmend erwarten, daß auf dem Kriegsſchauplatze ſchon in den nächſten Tagen große Ereigniſſe bevor - ſtehen. Der Beginn der japaniſchen Operationen, die auf die Einnuhme von Wladiwoſtok hinzielen, dürfte nicht lange auf ſich warten laſſen.
Die „ Morning Poſt “meldet aus Shanghai: Es verlautet aus glaubwürdiger Quelle, die Flotte Togos befinde ſich noch auf der Höhe von Maſampos.
(Wechſelſtube Bukowinaer Bodenkreditanſtalt)
| Bukowinaer Bodenkreditanſtalt-Aktien ..... | — | 740· — |
| Bukowinaer Bodenkreditanſtalt-Pfandbrieſe 4 Proz. | 98.95 | 99·50 — |
| Bukowinaer Bodenkreditanſtalt-Pfandbriefe 5 Proz. | 104 | 104·90 |
| Oeſterr. Kredit ................ | 668.25 | |
| Ungar. Kredit ................ | 788·50 | |
| Anglobank ................ | 309.25 | |
| Bankverein ................ | 552·75 | |
| Bodenkredit ................ | 1027· — | |
| Länderbank ................ | 456.50 | |
| Unionbank ................ | 542· — | |
| Staatsbahn ................ | 669· — | |
| Lombarden ................ | 89·75 | |
| Elbethalbahn ................ | 445.50 | |
| Nordweſt. ................ | 432 50 | |
| Buſchtehrader lit. B ............... | 1135· — | |
| Lemberg-Czernowitzer .............. | 588. — | |
| Dampfſchiff ................ | 994.50 | |
| Alpine .................. | 535· — | |
| Brüxer Kohlen ................ | 658·50 | |
| Dynamit Nobel ................ | —. — | |
| Prager Eiſen ................ | 26.94 — | |
| Rima-Muranyer ............... | 561·50 | |
| Tabak ................... | 362.50 | |
| Türkenloſe .................. | 143.25 | |
| Waffen .................. | 623. — | |
| Weſtböhm. Kohlen ............... | 261· — | |
| Wiener Straßenbahn A ............. | — · — | |
| Wiener Straßenbahn B ............. | — · — | |
| Rubel ................ | 253 75 | 254·25 |
| Marknoten .............. | 117 37 | — · — |
| Montan .................. | — · — | |
| Poldi ................... | — · — | |
| Rudolfshütte ................. | —. — | |
| Hirtenberger ................. | —. — | |
Preiſe in Kronen per 50 Klg. ab (Parität) Czernowitz.
| Von | Bis | |||
| K | h | K | h | |
| Weizen: Prima ....... | 8 | 50 | 8 | 70 |
| Mittel ....... | — | — | — | — |
| Roggeu: Prima ....... | 6 | 55 | 6 | 65 |
| Mittel ....... | — | — | — | — |
| Gerſte: Brauerware ...... | 6 | 50 | 6 | 75 |
| Brennerei-Malzware ... | — | — | — | — |
| Hafer: Herrſchaftsware ..... | 6 | 45 | 6 | 55 |
| Marktware ...... | — | — | — | — |
| Uſanzeware ...... | — | — | — | — |
| Oelſaaten: Winterreps, prompt .. | — | — | — | — |
| Rüben ...... | — | — | — | — |
| Leinſaat ...... | — | — | — | — |
| Hanfſaat prompt ... | 11 | 75 | 12 | — |
| Kleeſaat, prima ... | — | — | — | — |
| „ mittel ... | 7 | 20 | 7 | 70 |
| Mais: Prima, prompt ..... | 4 | 80 | 4 | 90 |
| Reumais: prompt ..... | — | — | — | — |
| Cinquantiu: Prima prompt ... | — | — | — | — |
| Hulſenfrüte: Bohnen lange ... | 5 | 25 | 5 | 35 |
| Erbſen ...... | 7 | 25 | 8 | — |
| Feuchel: .......... | — | — | — | — |
| Spiritus pr. 10.000 Liter perz roher, | — | — | — | — |
| promperkl. Steuerab Czernowitz. | 37 | — | 38 | — |
| Geld | Ware | |
| Rubelnoten ............. | 253.25 | 254.25 |
| L[e]inoten .............. | 94.80 | 95.10 |
| Marknoten .............. | 117·30 | 117·40 |
| Napolcousd’or ............ | 19.06 | 19.12 |
| Dukaten .............. | 11·26 | 11.40 |
| Amerik. Dollars ............ | 4.80 | 4·90 |
| Kanada-Dollars ............ | 4.70 | 4.80 |
| Buk. Propinat ............. | 102 70 | 103.70 |
| Buk. Landesaul ............. | 99.55 | 100·55 |
| Geldkurs in Kronenwährung. | |
| Einheitliche 4% konv. Rente, Mai-November .... | 100.65 |
| „ 4% „ „ Jänner-Juli ..... | 100.40 |
| „ Rente 4·2% in Noten, Februar-Auguſt .. | 101. |
| „ „ 4·2% in Silber, April-Oktober .. | 101· |
| Oeſterreichiſche Goldrente ........... | 119·70 |
| „ Kronenrente 4% ......... | 100.50 |
| „ Inveſtitionsrente 3½% ....... | 93.40 |
| Ungariſche Goldrente 4% ........... | 118.35 |
| „ Kronenrente 4% .......... | 98·20 |
| „ Inveſtitionsrente 3½% ........ | 89.50 |
| Oeſterr. -ungar. Bank-Aktien .......... | 1649. |
| Kreditaktien ................ | 668. — |
| London vista ................ | 240. 27½ |
| Deutſche Reichsbanknoten für 100 Mark d. R. -W. .. | 117.30 |
| 20-Mark-Stücke ............... | 23·48 |
| 20-Frank-Stücke ............... | 19·09 |
| Italieniſche Banknoten ............ | 95.40 |
| Rand-Dukaten ............... | 11.30 |
Eigentümer und Herausgeber: Dr. Philipp Menczel und Joſef Kaufmann. — Verantwortlicher Redakteur: Alois Munk. — Druck der Buchdruckerei „ Gutenberg „ Czernowitz.
Benjamin FiechterSusanne HaafNote: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).2018-01-26T13:38:42Z grepect GmbHNote: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T13:38:42Z Amelie MeisterNote: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.2018-01-26T13:38:42Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe
Fraktur
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