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Telegramme: Allgemeine, Czernowitz.

Czernowitzer Allgemeine Zeitung

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Nr. 712. Czernowitz, Dienstag, den 22. Mai 1906.

Ueberſicht.

Vom Tage.

Die Verhandlungen zwiſchen Prinzen Hohenlohe und Dr. Wekerle haben kein poſitives Reſultat ergeben.

Bunte Chronik.

Durch einen Waldbrand ſind ſieben Dörfer zerſtört.

Letzte Telegramme.

Der ungariſche Reichstag iſt zuſammengetreten. In Frankreich fanden die Reichswahlen für die Kammer ſtatt. Giolitti ſoll mit der Bildung des italieniſchen Kabinetts betraut werden.

Das österreichiſche Problem.

(In reichsdeutſcher Beleuchtung.)

Die öſterreichiſch-ungariſche Geſamtmonarchie trägt ein großes und ſchweres Problem in ſich: den ungariſchen Globus. Wenn dieſer ſich im Czardastakt um die eigene Achſe dreht, dann hallt es durch Europa: Finis Austriae! Ruht er aber in ſeinem Geſtell, müde von den Umdrehungen des politiſchen Karuſſels, dann iſt die für das europäiſche Gleichgewicht unbedingt notwendige Exiſtenz der Donau - Doppelmonarchie wieder einmal aus dem Waſſer. Magyar und Oeſtereicher erinnern ſich, daß ſie die ſiameſiſchen Zwillinge im europäiſchen Staatenpanoptikum ſind und nicht ohne Lebensgefahr auseinandergeſchnitten werden können. Doch die Ruhe diesſeits der Leitha iſt von kurzem Beſtand, denn kaum iſt das Rattern des raſend gewordenen Globus verklungen, ſo erhebt das zweite Problem ſein ſchlangen - haariges, ſtülpnaſiges Haupt: die böhmiſche Frage. Und dieſe iſt die wahre Exiſtenzfrage Oeſterreichs.

Das Czechentum iſt in ſeiner rapiden Entwicklung zu einem Machtfaktor geworden, der wohl nicht mehr ausge - ſchaltet werden kann. Dreißig Jahre einſeitige Förderung durch eine von Preußenfurcht angeſpornte Regierung, die Intelligenz dieſes tüchtigſten aller ſlaviſchen Stämme, ſeine Energie im Verfolgen nationaler Ziele und im wirtſchaft -

Wir bringen dieſen Artikel, der in der Berliner Morgenpoſt erſchienen und im Joſephiniſchen Geiſte gehalten zum Abdruck, weil es ein intereſſantes Dokument zur Auffaſſung des öſterreichiſchen Problems in unbeteiligten Kreiſen darſtellt.
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lichen Leben haben ihn von Jahrzehnt zu Jahrzehnt höher gebracht. Heute iſt dreiviertel der Beamtenſchaft Oeſterreichs czechiſch; czechiſche Richter urteilen in rein-deutſchen Städten, die Finanzverwaltung, die Steuerbehörden, die Poſt ſind vom Czechentum durchſetzt. Nun dringen ſie auch in die hohen Stellungen der Zentralverwaltung ein, und man macht ſich darüber nichts mehr vor, was über kurz oder lang aus dem jetzt doch noch leidlich gewahrten deutſchen Außencharakter des öſterreichiſchen Staates werden ſoll, wenn dieſer Er - oberungszug in gleicher Kraft fortgeſetzt wird. Zumal es in der Natur der Sache liegt, daß die Deutſchen ſich dauernd in der Defenſive befinden, während die Czechen ſtürmiſch - offenſive Gegner ſind. Wer ſich nur einige Zeit in den bedrohten Punkten Böhmens aufhält, die gemiſchtſprachigen Schlachtfelder beſucht, auf denen der Kampf unausgeſetzt toſt, oder die Stimmung in den beiderſeitigen Heerlagern ſtudiert, hat bis jetzt auf der czechiſchen Seite einen kampffrohen Uebermut, auf der deutſchen einen gewiſſen reſignierten Fatalismus beobachten können. Die Reſigniertheit derer, die ſich von oben herab ſyſtematiſch bedrängt und mit Gleich - gültigkeit einem protegierten Gegner ausgeliefert ſehen. Dabei ſelbſt in gegneriſche Lager geteilt. Alle Anſtrengungen, die klerikalen Deutſchen der Alpenländer, die nationalindolenten Wiener, die radikalen Deutſchböhmen unter einen Hut zu bringen, waren vergebens. Obendrein beging der linksradikale Flügel den phantaſtiſchen Fehler: offen einzugeſtehen, daß er Oeſterreich in ein Vaſallenſtaats-Verhältnis zum Deutſchen Reiche bringen wolle. Dieſe Wacht am Rhein - Politik beſtätigte nur den Verdacht, den die Dynaſtie ſeit langem hegt, und erzeugte einen nur noch ſchlimmeren Gegendruck. Die deutſch-liberalen Heerführer, die ſich zum Teil als biegſame Portefeuille-Streber entpuppten, machten das Deutſchtum vollends zu einem laxen Ding mit ſchwarz-rot - goldenem Aufputz. Der offenſive Feind nahm Schanze um Schanze, und die defenſiven Verteidiger hatten weder einen Kriegsplan, noch ein zu eroberndes Ziel. Die Idee, einen Staat deutſch zu erhalten, der offenbar ſelbſt nicht mehr deutſch ſein wollte, war nicht werbefähig.

Nun aber, da der Krieg ſchon faſt zur Hälfte verloren iſt, bereitet ſich ein Umſchwung vor. Das gefährliche Spiel der Nationalitätenverhetzung, die Methode: ein Volk immer gegen das andere auszuſpielen, bald dieſem, bald jenem einen Brocken in den Rachen zu werfen: dieſes Erbteil der Taaffeſchen Aera hat ſich als zweiſchneidige Waffe erwieſen. Der Verwundete iſt jetzt der Fechter ſelbſt: Der öſterreichiſche Staat, der durch das vernunftwidrige Ausmerzen des deutſchen Ferments rapid zu bröckeln beginut. Welche Not - wendigkeit dieſes Ferment iſt, hat eben erſt die ungariſche Kriſe bewieſen, die um ein Dutzend deutſcher Kommandoworte ausgebrochen iſt. Man beginnt ſich oben der Deutſchen wieder zu erinnern und möchte wohl manches wieder gut machen. An eine Löſung des Völkerproblems wagt man ſich aber noch immer nicht heran; man weiß, daß man Urälteſtes umſtürzen müßte, und man hängt doch am Hergekommenen. Daß man aber trotzdem Experimente nicht ſcheut, das beweiſt die ange - regte Wahlreform.

Nun iſt es an den Deutſchen, den günſtigen Moment auszunützen. Denn ihre Stunde ſcheint jetzt gekommen. Sie haben eben in der deutſch-böhmiſchen Ausſtellung zu Reichen - berg, die als politiſche Demonſtration, als ſchlagender Hinweis auf ihre wirtſchaftliche Macht und Ueberlegenheir geplant war, für ihre Parteizerſplitterung ein ungeahntes Einigungs - mittel erhalten. Nicht nur die 1400 Ausſteller, die ſich hier im bedeutendſten Handelskammerkreis der Monarchie zu - ſammengefunden haben, die vielen Tauſende aus fernabliegen - den Provinzen Oeſterreichs werden erkennen, daß der politi - ſche Kampf nur im wirtſchaftlichen Zuſammenſchluß die beſte Waffe erhalten kann. Der Reichstagsabgeordnete für Reichen - berg, Prade, früher immer ein Heißſporn und Sonderparteiler, äußerte ſich mit den Worten: Wir haben es bisher noch nie verſtanden, dieſe ungeheuere wirtſchaftliche Kraft, die wir repräſentieren, in politiſche Macht umzuſetzen. Wie haben uns zerſplittert in Parteien und Fraktionen, aber wenn Sie das gemeinſame Arbeitsfeld der Deutſch-Böhmiſchen Ausſtellung überblicken, ſo müſſen Sie ſagen, daß alle dieſe politiſchen Unterſchiede nichts bedeuten, daß ſie Papierwände ſind, die wir niederreißen müſſen!

Der gleiche Ton beherrſcht alle Aeußerungen, die Stimmung iſt zuverſichtlich und kampfesfroh. An die Stelle der Reſignation iſt ſeit längerer Zeit ein ſtolzes Kraftbewußt - ſein getreten, man ktagt nicht mehr, daß es in Böhmen und damit in ganz Oeſterreich nicht mehr ſo weiter gehen könne, ſondern man fordert die Abänderung. Ein Zuſammenarbeiten mit den Czechen iſt nicht möglich, alſo endliche Abtrennung des geſchloſſenen Sprachgebietes und Schaffen einer eigenen Verwaltung. Dagegen werden ſich natürlich die Czechen, die an ihrem Staatsrecht und an dem unteilbaren Königreich hängen, gewaltig zur Wehre ſetzen. Allein die Forderungen

Feuilleton.

Gedanken über das Schöne. (Vortrag, gehalten im Allgemeinen Bildungsvereine in Radautz am 18. Jänner 1906 vom Vereinsmitgliede Advokat Dr. Michael Menkes.)

(Fortſetzung).

Die Erfahrung lehrt aber, daß ſo oft wir ein Ding er - blicken, welches wir für ſchön halten, dieſer Anblick in uns ein eigentümliches, angenehmes Gefühl hervorruft. Es iſt das inſtinktive Herausfühlen, daß dieſe Erſcheinung mit der form - geſtaltenden Weltordnung übereinſtimmt, ein Gefühl der Be - friedigung, der Zuſtimmung über den Anblick einer Geſtalt, welche mit uns ſelbſt im Einklange ſteht, die wir ja auch im Zeichen des Ebenmaßes uns entwickelt haben. Man nennt dieſes angenehe Gefühl von dem griechiſchen Worte aistha - nomai , ich nehme wahr, das äſthetiſche Gefühl. Kinder, Wilde empfinden dieſes Gefühl bei Anblick des Ebenmaßes unteſter Ordnung, z. B. beim Anblick eines kugelförmigen Balles; kulturell höher ſtehende Menſchen empfinden dasſelbe Gefühl mehr beim Wahrnehmen ſymmetriſcher, harmoniſcher Formen. Im gewöhnlichen Leben wird dieſes Gefühl Ge - fallen genannt. Man ſagt: Das Schöne gefällt. Wir können dieſen Satz erweitern und ſagen: Alles Schöne gefällt. Aber falſch wäre, es dieſen Satz umzukehren und zu ſagen: Alles, was gefalle, ſei ſchön. Gerade durch dieſe Verwechslung ge - raten ſo Viele von dem Wege der richtigen Erkenntnis des Schönheitsbegriffes auf Abwege. Sie meinen, weil ſo vielen Menſchen Verſchiedenes gefalle, müſſe es auch verſchiedene Arten von Schön geben. Dabei überſehen ſie, daß zwar Alles, was ſchön iſt, allgemein gefällt, daß aber nicht Alles, wasgefällt, ſchön iſt. Gefallen iſt eben ein viel weiterer Begriff, als der Begriff des Schönen.

Die Vorausſetzungen für das Gefallen können zwar auch im Ebenmaße der Formen, alſo im Schönen, gelegen ſein, müſſen aber nicht darin gelegen ſein. Für das Gefallen, ſo - gar für das Gefallenfinden an einem menſchlichen Geſichte, treten oft ganz andere Gründe ein als äſthetiſche. Phyſio - logiſche Gründe, d. h. Gründe des Lebensprozeſſes, Gründe der Sinnlichkeit, der Reflexion, der Bequemlichkeit können da den Ausſchlag geben. Eine Orange gefällt, weil man ſich bei ihrem Anblicke erinnert, daß ſie aus dem herrlichen Italien ſtamme; deshalb allein wird man aber eine Orange noch nicht ſchön nennen. Im Sommer gefällt ein kühles Bad, im Winter ein angenehm erwärmtes Zimmer; ja, ein herzens - gutes, heiteres, geiſtreiches und gemütvolles weibliches Weſen kann gefallen, obwohl es häßlich iſt. Deswegen wird man aber nicht ſagen: Weil es gefalle, ſei es ſchön. Sondern man muß ſagen, es gefalle, trotzdem es nicht ſchon ſei. Nicht Alles alſo, was gefällt, iſt deswegen allein ſchon ſchön. Eines aber ſteht feſt, daß wir in die Definition des Schönen auch jenen Eindruck aufnehmen müſſen, welchen dasſelbe beim An - blicke auf den Beſchauer macht und wir können daher ſagen: Schön iſt jene äußere Erſcheinung der Dinge, deren der formgeſtaltenden Weltordnung entſprechendes Ebenmaß in uns ein eigentümliches Gefühl der Befriedigung auslöſt.

Die eben ausgeſprochene Definition des Schönen bezieht ſich auf jene Formen in der Natur, welche nicht von Menſchenhand geſchaffen ſind. Man kann ſie daher natur - ſchön nennen.

Eine große Anzahl von Dingen erhält aber, wie wir wiſſen, ihre äußere Geſtalt durch Menſchenhand. Gegenüber den Naturformen heißen dieſe von Menſchenhand geformten Dinge Kunſtformen. Sowie der Naturform das Naturſchöne entſpricht, entſpricht der Kunſtform das Kunſtſchöne.

Schon nach der Etymologie dieſes Wortes bedeutet kunſt - ſchön ein Mehreres als ſchön allein, denn zu dem Worte ſchön iſt das Wort kunſt hinzugetreten.

Das Wort Kunſt kommt von Können. Es bedeutet alſo urſprünglich die techniſche Fertigkeit des ſchaffenden Künſtlers, alſo etwas Subjektives. Das Schöne iſt, wie wir geſehen haben, etwas Objektives. Das Wort Kunſtſchön beſteht alſo aus einem ſubjektiven, auf den Künſtler bezüglichen Teile und aus einem objektiven das Kunſtwerk betreffenden Teile.

Man könnte alſo meinen, derjenige, welcher die techniſche Fertigkeit beſitze, das Naturſchöne wiederzugeben, ſei ein Künſtler und ſein Werk ein Kunſtwerk.

Dem iſt aber nicht ſo.

Die knechtiſche Nachahmung der Natur, die noch ſo treue Wiedergabe der Naturformen mag vielleicht bewundernswerte Technik ſein, iſt aber keineswegs Kunſt. Der Maler, der Bild - hauer, welcher nur das wiedergibt, was er in der Sinneswelt wahrnimmt, tut nichts anderes, als was das Licht bei der Photographie, allenfalls viel genauer und treffender hervor - bringt, ohne daß die Photographie ein Kunſtwerk genannt werden könnte. Ein ſolches Werk iſt und bleibt nichts anderes als mechaniſche Reproduktion, aber kein Kunſtwerk.

Das Wort kunſtſchön bedeutet eben mehr, als die zwei Worte uns ſagen, aus denen es ſich zuſammenſetzt. Ueber dieſen zwei Worten ſchwebt, ſie erhebend und verklärend, ein dritter Begriff, welcher dem Worte kunſtſchön erſt ſeine eigentliche Bedeutung verleiht, und dieſer dritte Begriff iſt die das Werk des Künſtlers durchgeiſtigende Idee.

Unſer Auge, unſer Ohr ſind telegraphiſchen Aufnahms - apparaten vergleichbar. Fällt ein Bild der äußeren Sinnenwelt z. B. das Bild eines Baumes in unſer Auge, ſo telegraphiert das Auge dieſen Sinnesreiz auf der Nervenleitung in die Zentrale, in das Gehirn. So ein in das Gehirn einlangender objektiver Nervenreiz wird im Gehirne zur ſubjektiven

2Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 22. Mai 1906.

der Gegenwart ſind ſtärker als hiſtoriſche Traditionen. Ein hiſtoriſches Länderprivilegium, das ermöglicht, daß es eine Provinz wie Böhmen mit faſt 7 Millionen Einwohnern neben einer Provinz, wie etwa Salzburg, mit einigen hundert - tauſend Menſchen gibt, und daß beide, ebenſo wie die anderen Erblande, den gleichen Verwaltungsapparat mit je einem Statthalter an der Spitze haben, eine ſolche Verteilung iſt ſchon durch die numeriſche Ungleichheit eine mangelhafte Einrichtung voll nachteiliger Wirkungen.

Die böhmiſche Statthalterei in Prag iſt derart über - laſtet, d[a]ß ihre Erledigungen Ewigkeiten dauern. Solche Zu - ſtände drängen naturgemäß zur Zweiteilung der Verwaltung und ſo zur Zweiteilung des Landes. Dieſe Zerſpaltung Böhmens um jeden Preis: das iſt das Ziel, das ſich die jüngere Generation geſetzt hat.

Sie beſitzt nun dadurch das, was ihr bis jetzt gefehlt hat: ein weithin leuchtendes Ideal, ein populäres Schlag - wort. Der Wert der Reichenberger Ausſtellung als nationale Heerſchau iſt darum unſchätzbar. Das Ziel muß und wird erreicht werden, zumal man oben der Bewegung nicht mehr antipathiſch gegenüberſteht. Zum erſtenmale, und zwar bei der Ausſtellungseröffnung, hat ein Mitglied des Kaiſerhauſes den Ausdruck Deutſch-Böhmen gebraucht, ein Wort, das gegen den heiligen Geiſt des czechiſchen Staatsrechtes gerichtet iſt und bis jetzt vom Kaiſer, wie von den Prinzen, ängſtlich vermieden wurde. Denn es konſtatiert die nationale Zweiteilung. Wenn ſie politiſch er - folgt, dann wird Böhmen auch geographiſch in jene zwei Teile zerfallen, aus denen es ideell tatſächlich beſteht. Entſchließt ſich die Regierung zu dieſem entſcheidenſten Schritte, den ſie je in innerpolitiſchen Dingen unternommen, dann iſt die ſogenannte Staatsrechtsfrage des Königreiches Böhmen für immer erledigt. Das heutige Kronland Böhmen zerfällt ſodann in zwei verſchiedene Provinzen, deren jede ihre eigene Verwaltung hat. Iſt das erſt geſchehen, dann iſt die wirkliche Grundlage für eine Neugeſtaltung der Monarchie gefunden. Denn der Schritt hätte eine über Böhmen weit hinauswirkende Bedeutung. Hat die Re - gierung, oder vielmehr das Haus Habsburg, endlich auf ein imaginäres Königreich Böhmen verzichtet, dann wird ihr wohl an den anderen Königreichen und Herzogtümern, die alle ihre Wappen und eigenen Landesprivilegien haben, nicht mehr viel liegen. Der Kaiſer von Oeſterreich wird dann nur ein dutzend Titel: König von Böhmen, Markgraf von Mähren, Herzog von Steiermark u. ſ. w. verlieren, ohne einen Zenti - meter Land einzubüßen. Ein Dutzend verſtaubter Purpur - mäntel wird in die hiſtoriſche Garderobe für abgelegte Kleider wandern, nichts mehr. Die veraltete, willkürliche, dem modernen Staatsweſen widerſprechende, die Entwicklung des Reiches lähmende Abſonderung der kleinen Länder würde weichen, und man könnte daran gehen, die ganze Monarchie in Departements einzuteilen. In natürlichen Zuſammenhängen, ohne den Widerſinn hiſtoriſcher Ueberlieferung. Hier wird es ſodann auf eine geſchickte, weitausſchauende Geometrie an - kommen. Nur wenn die Abzirkelung glückt, dann, und nur dann iſt eine Löſung dieſes ſchwierigſten aller öſterreichiſchen Probleme möglich. Einer der Faktoren, die den Beſtrebungen zu einer Neugeſtaltung des baufälligen Hauſes günſtig entge - genkommen, iſt die vom Kaiſer gewollte Wahlreform, die darum von den Deutſchen nicht bekämpft werden wird. Auch ſie iſt ein Problem, an dem ſich bereits ein Miniſteriumverblutet hat. Aber ſie kommt, und hat man erſt in Oeſterreich begonnen, Liebgewordenes und Hergebrachtes aus Notwen - digkeitsgründen zu vernichten, dann wird auch der Kronländer - Zopf unter der neuen Schere fallen. Die Lostrennung Deutſch - Böhmens wird den Anfang machen; da ſie unaufhaltbar iſt. ſo wird ſie von ſelbſt auch gegen die Abſicht der Dynaſtie die wohl nicht gern ſo weit gehen möchte die Neuordnung der Provinzen nach ſich ziehen und dadurch ſicherlich eine allgemeine Geſundung anbahnen.

Die Vorgänge in Rußland.

Rußland und Japan.

(Reuter.)

Lebhaftes Intereſſe ver - urſacht in den hieſigen kompetenten Kreiſen das Gerücht, Japan ſei einem ſchwierigen diplomatiſchen Problem bezüglich Koreas gegenübergeſtellt, da Rußland entſchloſſen ſei, den japaniſch-koreaniſchen Vertrag und das Protektorat Japans in Korea zu ignorieren mit der Begründung, daß im Ports - mouther Vertrag die Unabhängigkeit Koreas anerkannt ſei. England und Deutſchland ſollen Japan unterſtützen, während die Vereinigten Staaten und Frankreich Stillſchweigen beobachten.

Der Zar und die Dumaadreſſe.

Auch heute iſt es noch unbe - ſtimmt, wann die Audienz zur Uebergabe der Antwortadreſſe der Reichsduma an den Zaren gewährt werden wird. Wie verlautet, ſoll der Präſident Muromzew gleichzeitig mit dem Grafen Solski, dem Präſidenten des Reichsrats, empfangen werden, der dem Zaren die Adreſſe dieſer Körperſchaft über - mitteln wird. In einer der nächſten Dumaſitzungen wird Goremykin das Programm des Miniſterkabinetts einbringen. Auf die Anfrage beim Hofmarſchallamte, wann der Kaiſer das Präſidium der Reichsduma zur Ueberreichung der Antwort auf die Thronrede empfangen wolle, iſt bis jetzt keine Antwort erfolgt. Dafür wurde Muromzew aufgefordert, den Geburts - tagsfeſtlichkeiten heute in Peterhof beizuwohnen. Für die Präſidenten des Reichsrates und der Reichsduma wurden be - ſondere Plätze in der Kirche, gleich hinter der kaiſerlichen Familie, angewieſen. Muromzew wurde zur kaiſerlichen Früh - ſtückstafel zugezogen, wie er überhaupt mit äußerlichen Ehren überſchüttet wurde, doch hat der Kaiſer ſelbſt mit ihm kein Wort geſprochen, weil man in Peterhof über die Annahme der Antwort und die Gewährung der Amneſtie noch nicht ſchlüſſig iſt.

Vom Tage.

Oeſterreich und Ungarn. (Dr. Wekerle in Wien).

Die geſtrige Konferenz der beiden Miniſterpräſidenten währte eineinhalb Stunden. Es wurde die Frage des gemeinſamen Zolltarifes beſprochen. Be - kanntlich beabſichtigt die ungariſche Regierung, den Zolltarif, der in Oeſterreich parlamentariſch erledigt iſt und ſeit 1. März auch von Ungarn praktiſch angewendet wird, im

Empfindung, und weil er ſich im Gehirne förmlich phyſiſch ein - prägt, wird er im Gehirne zum Eindrucke, zum Sinnesein - drucke.

Unſer Gehirn iſt nun in der Lage, ſolche aus der äußeren Sinneswelt empfangenen Sinneseindrücke ſich beliebig oft aufs Neue vorzuſtellen, in Erinnerung zu bringen, zu reproduzieren. Und ein ſolcher aus der Außenwelt ins Gehirn gelangter, vom Gehirne reproduzierter Sinneseindruck heißt Vorſtellung.

Unſer Gehirn iſt aber auch in der Lage, ſolche Sinnes - eindrücke und Vorſtellungen mit einander zu vergleichen. Dieſe Tätigkeit des Gehirnes nennen wir Denken. Durch die Ver - gleichungen von Vorſtellungen im Gehirne entſtehen Gedanken, Ideen.

Durch die Vergleichung von Berg und Tal entſteht der Gedanke von hoch und tief. Durch die Vergleichung des Baumes und ſeiner Zweige entſteht der Gedanke vom Ganzen und ſeiner Teile. Solche im Gehirne entſtandenen Gedanken ſind nicht mehr Kinder der Außenwelt, ſondern ſie ſind bereits ſelbſt - ſtändige von unſerem Gehirne geſchaffene Produkte. Unſer Gehirn iſt alſo in der Lage, ſelbſtändig produktiv zu ſein, Gedanken, Ideen zu ſchaffen.

Dieſe Tätigkeit des Gehirns nennen wir die geiſtige Tätigkeit, den Geiſt. Wir ſind alſo fähig, unſer Gehirn iſt alſo fähig, geiſtig zu ſchaffen. Unſer ganzes Gefühls - und Gedankenleben, alle Errungenſchaften des menſchlichen Geiſtes ſind auf ſolche Wege entſtanden.

Die geiſtige Tätigkeit ſchafft nun zweierlei Arten von Ideen.

Durch das willkürliche Denken kryſtalliſiert ſich die Idee zum Begriffe und führt zur wiſſenſchaftlichen Tätigkeit.

Durch das unwillkürliche Denken, durch das ſchrankenloſe Spiel des Gehirns mit Empfindungen und Vorſtellungen entwickelt ſich die Idee zum Phantaſiegebilde und führt zur Poeſie.

Die Tätigkeit der Phantaſie wird im Gehirne auf eigen - tümliche Art angeregt:

Sinneseindrücke, welche von ähnlichen Reizen herrühren, gelangen auf denſelben oder auf nebeneinander liegenden Nerven - leitungen ins Gehirn und werden im Gehirne an derſelben Stelle abgelagert. Verwandte Eindrücke befinden ſich daher im Gehirne nebeneinander. Desgleichen bleiben Sinneseindrücke, welche gleichzeitig ins Gehirn eingelangt ſind, mit einander in fortwährendem Nervenkontrakte.

Wird nun ſpäter einer dieſer Eindrücke durch einen äußeren Reiz wieder ins Gehirn telegraphiert, ſo bringt er alle nebeneinanderliegenden verwandten Eindrücke, alle Ein - drücke, die gleichzeitig ins Gehirn gelangt ſind, neuerlich in Bewegung. Durch das Anſchlagen eines Nervs werden Hunderte ihm verwandte im Gehirne tätig. Es erfolgt ein Hin - und Hertelegraphieren von Empfindungen und Vor - ſtellungen im Gehirne, ein unwillkürliches, ſelbſttätiges Er - innern und Denken.

Wer hat es nicht ſchon an ſich ſelbſt erfahren, daß eine einſt gehörte, längſt vergeſſene Melodie, wenn man ſie plötzlich wieder vernimmt, mit einem Schlage die ganze Situation vor unſer geiſtiges Auge bringt, wie ſie damals war, als wir dieſe Melodie zum erſten Mare hören. Das kommt da - von, weil neben dem Eindrucke, welchen dieſe Melodie damals in unſerem Gehirne gemacht hat, alle jene anderen Eindrücke liegen, bezw. wieder angeregt werden, welche damals gleich - zeitig mit dieſer Melodie in unſer Gehirn gekommen waren. Es verhält ſich damit ähnlich wie mit dem Anſchlagen einer Taſte an einem Klavier. Neben dem angeſchlagenen Tone, tönen ſofort alle verwandten gleichgeſtimmten Töne mit. In ähnlicher Weiſe regt oft eine einzige Empfindung eine ganze Skala gleichartiger Empfindungen und Vorſtellungen in unſerem Gehirn an.

(Schluß folgt.)

ungariſchen Parlamente als autonomen ungariſchen Tarif inartikulieren zu laſſen. Es gilt nun eine Vereinbarung dahin zu treffen, daß die von der ungariſchen Regierung intendierte legislatoriſche Methode im Einklange ſtehe mit dem Geiſte des 1867 Ausgleiches und den tatſächlichen Verhältniſſen.

Ferner gelangte auch die Frage der von Ungarn ge - wünſchten Reviſon des Ausgleiches zur Beratung. Hiebei wurde in Erwägung gezogen, ob und in welcher Richtung überhaupt eine Annäherung der beiden Reichs - hälften möglich und durchführbar iſt.

Nach der Konferenz der beiden Miniſterpräſidenten fand im Finanzminiſterum eine Konferenz der Reſſort - miniſter ſtatt, an welcher Finanzminiſter Dr. Koſel, Ackerbauminiſter Graf Buquoy, der Leiter des Handels - miniſteriums Graf Auersperg und die Ausgleichsreferenten teilnahmen. Es handelte ſich offenbar darum, die Eröffnung entgegenzunehmen, welche der ungariſche Miniſterpräſident dem öſterreichiſchen Miniſterpräſidenten gemacht hatte und über die dadurch geſchaffene Situation zu beraten. Von öſter - reichiſcher Seite wird ein Kompromiß in der Frage des Zolltarifes angeſtrebt. Ob dieſe Kompromißverhandlungen zu einem Reſultate führen werden, iſt vorläuſig noch nicht abzu - ſehen.

Dr. Wekerle begab ſich nach der Konferenz mit dem Prinzen Hohenlohe in die Hofburg, wo er vom Kaiſer in beſonderer Audienz empfangen wurde. Nachmittags kehrte Wekerle nach Budapeſt zurück.

Wie verlautet, haben die heutigen Verhandlungen zwiſchen Prinzen Hohenlohe und Doktor Wekerle kein poſitives Reſultat ergeben und es ſei keinerlei Entſcheidung erfolgt. In parlamentariſchen Kreiſen wird verſichert, daß ſich die öſterreichiſche Regierung gegen - über dem Vorſchlage der ungariſchen Regierung, an Stelle des Zoll - und Handelsbündniſſes einen Handelsvertrag zu ſetzen, ablehnend verhält. Ebenſo vertritt die öſterreichiſche Regierung den Standpunkt, daß nur eine vollſtändige Reviſion des Ausgleiches platzgreifen dürfe und daß die Reviſion nur eines Teiles des Ausgleiches gänzlich ausgeſchloſſen ſei.

Das Kompromiß in der Wahlreform.

Wie in den Kreiſen der polniſchen Abgeordneten verlautet, ſteht das Kompromißanbot, welches die Regierung den Parteiführern für den Fall, als die Ver - handlungen zu einer Einigung nicht führen ſollten, vorſchlagen wird, bereits feſt. Die Regierung wird folgende Abänderungen der in der Gautſchſchen Wahlreformvorlage feſtgeſetzten Mandatsaufteilung vornehmen. Galizien erhält ſtatt der 88 Mandate, welche ihm in der in Verhandlung ſtehenden Wahlreformvorlage zugewieſen wurden, 102 Mandate, alſo um 14 mehr. Die Czechen erhalten zwei neue Mandate, ſo daß die Geſamtzahl ihrer Mandate von 99 auf 101 ſteigt. Den Italienern werden zwei Mandate zugewieſen, womit ſie ihren früheren Beſitzſtand von 18 Mandaten wieder erreichen. Die Deutſchen erhalten 16 neue Mandate, wodurch die Zahl der deutſchen Abgeordneten ſich von 205 auf 221 ſteigern wird. Dieſe Mandate ſollen in folgender Weiſe verteilt werden: drei für deutſche Bezirke in den Sudetenländern, ein Linzer Mandat, ein Mandat für die deutſchen Landgemeinden in der Buko - wina, eventuell ein weiteres Mandat für Salzburg und un - gefähr zehn Mandate für Niederöſterreich. Die Spannung zwiſchen dem ſlaviſchen Block und dem deutſch-romaniſchen Block würde ſonach von fünf auf drei Mandate herabgeſetzt werden. Die Geſamtzahl der Abgeordneten würde ſich nach dieſem Vorſchlage auf 489 erhöhen, alſo um 34 höher ſein, als ſie in dem Gautſchſchen Entwurfe feſtgeſetzt iſt. Den Slaven werden in dem Kompromißvorſchlag der Regierung 246, den Deutſchen 221, den Italienern 18 und den Ru - mänen 4 Mandate eingeräumt.

Die Lage in Ungarn. (Der Kaiſer in Budapeſt.)

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Der Kaiſer iſt abends hier eingetroffen und wurde auf der Fahrt in die Hofburg von einer großen Menſchenmenge enthuſiaſtiſch mit Eljenrufen begrüßt.

(Zur Eröffnung des Reichsrates.)

Der geweſene Präſident des Ab - geordnetenhauſes und wahrſcheinlich auch des zukünftigen, Julius Juſth, hat ſich heute über die Frage geäußert, ob die Unabhängigkeitspartei bei der Verleſung der Thronrede in der Hofburg erſcheinen werde, und zw. folgendermaßen: Ich werde der Thronrede in der Hofburg jedenfalls bei - wohnen. Die Anſichten der übrigen Mitglieder meiner Partei ſind mir nicht bekannt. Ich bin jedoch überzeugt, daß es eine Verletzung der Höflichkeit, ja mehr wäre, wenn wir der Thronrede fern bleiben würden. Der König hat der Majo - rität des Hauſes ſein Vertrauen geſchenkt, aus ihrer Mitte Mitglieder ſeines Kabinetts entnommen und kommt zur Er -322. Mai 1906. Czernowitzer Allgemeine Zeitung. öffnung des Reichstages ſelbſt nach Budapeſt. Es verſteht ſich von ſelbſt, daß dieſes Vertrauen nicht nur gewürdigt, ſondern auch honoriert werden muß, und da die Standarte mit dem Doppeladler auf der Königsburg nicht mehr wehen wird, ſo fällt für uns auch das letzte Hindernis weg, in der Hofburg zu erſcheinen. Das iſt meine Ueberzeugung und ich werde demgemäß handeln. Der Alterspräſident Joſef Madaraß erklärte, daß er die Abgeordneten nicht in die Hofburg führen werde; infolgedeſſen werde er abdanken und an ſeiner Stelle der Kecskemeter Abg. Stephan Szappanos die Abgeordneten in die Hofburg geleiten.

(Das Kabinett Wekerle wackelt?)

Der Berliner Morgenpoſt wird aus Wien gemeldet: Der ungariſche Miniſterpräſident Wekerle hat im heutigen Kronrat die Vollmacht nicht erhalten, den autonomen ungariſchen Zolltarif einzubringen. Falls das ungariſche Kabinett dieſen Plan nicht aufgibt, ſteht eine neue Miniſterkriſe bevor. Die Entſcheidung des Kaiſers bedeutet den Sieg des öſterreichiſchen Kabinetts.

Bunte Chronik.

Der Papſt.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Der Papſt verbrachte die Nacht ruhig. Die Knieſchmerzen ſind geringer.

Einweihung.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

In Anweſenheit des Herzogs von Genua, des öſterreichiſch - ungariſchen Konſuls, einer franzöſiſchen Militärdeputation, der Spitzen der Behörden und von Vertretern der Armee fand die Einweihung des Beinhauſes für die in der Schlacht von 1859 Gefallenen ſtatt.

Streik.

(Tel. der Cz Allg. Ztg. )

Die Metallarbeiter beſchloßen, den Neunſtundentag zu verlangen. Die Arbeit wird morgen eingeſtellt.

Großer Waldbrand.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Durch einen Waldbrand ſind ſieben Dörfer ganz zerſtört, andere teilweiſe eingeäſchert worden. Man be - fürchtet, daß eine große Anzahl von Perſonen bei dem Brande ums Leben gekommen ſei.

Ausſperrung.

(Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Die Vereinigung der Berliner Metallwarenfabrikanten teilt mit, daß ſie in der heutigen außerordentlichen Generalverſammlung einſtimmig beſchloſſen habe, im Anſchluſſe an den Beſchluß des Geſamtverbandes deutſcher Metallinduſtrieller am 2. Juni d. J. 60 Prozent ihrer organiſierten Arbeiter auszuſperren.

Konferenz für Funkentelegraphie.

Aus Berlin wird uns telegraphiert: Die Norddeutſche Allgemeine Zeitung meldet: Die engliſche Regierung regte bei der An - nahme der Einladung zur Konferenz für Funkentelegraphie deren Verſchiebung auf den kommenden Herbſt an und er - klärte, außer Stande zu ſein, früher an der Konferenz teil - zunehmen. Dieſem Wunſche iſt entſprochen worden. Der Zu - ſammentritt der Konferenz wurde vom 28. Juni auf den 3. Oktober verſchoben.

Ein falſcher Herzog.

Aus London wird eine Schwindlergeſchichte berichtet, die in der engliſchen Hauptſtadt beträchtliches Aufſehen erregt. Es handelt ſich um die unab - hängige Republik Cunani , von der freilich noch niemand etwas gehört haben wird. Vor einigen Jahren entſtand in Südamerika ein Grenzſtreit zwiſchen Frankreich und Braſilien, der ſchließlich vor ein Schiedsgericht kam und im Jahre 1900 zugunſten von Braſilien entſchieden wurde. Das ſtritige Gebiet war in der Gegend um ein elendes, kleines Dorf an der Seeküſte, eben dieſes Cunani, deſſen ganze Einwohner - ſchaft aus ein paar Dutzend friedlichen Braſilianern beſtand. Nach der Schlichtung des Streites übernahm Braſilien dieſes Gebiet, und die Geſchichte von Cunani ſchien zu Ende. Da nahmen ſich ein paar Abenteuer der Sache an, die hier eine günſtige Gelegenheit erkannten, auf die Dummheit des europäiſchen Publikums zu ſpekulieren. Das Haupt der Ge - ſellſchaft war ein gewiſſer Adolf Brezet, der ſich, um glaub - würdiger zu erſcheinen und naive Gemüter zu blenden, hoch - trabende Titel, darunter den eines Herzogs von Beaufort, beilegte. Dieſer falſche Herzog gründete alſo mit ein paar verwandten Seelen zuſammen den Freiſtaat Cunani . Ein Blaubuch wurde ausgegeben, das die wunderbaren Reich - tümer des Landes an Naturſchätzen in glühenden Farben ſchilderte, das ergreifende Geſchichten von dem Verzweiflungs - kampf der Einwohner für ihre Freiheit, für ihre Unab - hängigkeit von Braſilien erzählte und in Europa für das bedrängte Cunani Sympathie und Unterſtützung, vor allen Dingen durch Kapital, zu erlangen ſuchte. In Paris wurdeder erſte Angriff auf das leichtgläubige Publikum verhindert. Der Herzog verſuchte ein Syndikat mit einem nominellen Kapitel von 2 Millionen Mark zum Aufſchluß des Landes zu gründen; die Behörden wurden aber aufmerkſam, und der unternehmende Mann verſchwand aus Paris, um in London aufzutauchen und ſeinen Verſuch womöglich auf größerer Baſis zu wiederholen. Auch nach Spanien wurden Emißäre geſandt und ebenſo nach Berlin, wo ſie jedoch kein Glück hatten. Brezet ſitzt inzwiſchen immer noch in London; er er - nennt Konſuln für den Staat, läßt ſich interviewen, ver - handelt über Konzeſſionen und tritt mit Handelskammern in Verbindung.

Czernowitzer Angelegenheiten.

Die Stadtpflafterung.

Hie Dobrudſcha! hie Kiſſebeſſer! Wie in den Vorjahren anläßlich der Vergebung der Arbeiten bei der Pflaſterung des Ringplatzes und des Eliſabethplatzes ertönte auch diesmal bei Vergebung der Straßenpflaſterungsarbeiten für die ganze Stadt der eingangs erwähnte Schlachtruf, aber im Verhältniſſe zu ſeiner jetzigen Bedeutung bei weitem ſtärker und gewaltiger. Die Gegenſätze der Vertreter beider Richtungen, des GR. v. Onciul für den Dobrudſchaer Stein und des Stadtrats Heinrich für den Kiſſebeſſer Würfel, prallten mit größter Vehemenz gegen einander und hätten ſich g[e]wiß ſchließlich buchſtäblich in ein Handgemenge aufgelöſt, wenn nicht Bürgermeiſter Dr. Reiß in Anſehung der überaus kritiſchen Situation raſch durch Schließung der Sitzung der peinlichen wilden Szene ein Ende bereitet hätte. Die fachlichen Auseinanderſetzungen übergehen wir, da wir den Bericht des Magiſtrates, der ſich für die Kiſſebeſſer Aktiengeſellſchaft aus - ſpricht, bereits im Wortlaute vor einiger Zeit reproduziert haben. Ueber den Verlauf dieſes Teils der Sitzung geben wir folgenden Bericht wieder: Vizebürgermeiſter Baron Fürth referiert ex praesidio über die Straßenpflaſterung. Nach einer Beratung im Bauamte und Magiſtrate kam man zum Reſultate, daß von allen Offerten nur zwei und zwar die der Dobrudſchaer Firma Daniel und der Kiſſebeſſer Aktiengeſellſchaft in Betracht kämen. Der Referent führt ſodann die Gründe an, die für eine engere Konkurrenz dieſer beiden Firmen ſprechen, wobei er die von beiden Firmen fixierten Preiſe per 1 Quadratmeter Pflaſter verſchiedener Qualität verlieſt. GR. Wolf fragt, warum nicht die ruſſiſche Gaſſe in den Plan d. J. eingereiht iſt, da doch dieſe Straße aus ſanitären Gründen eher als alle anderen Straßen reguliert werden müßte. GR. v. Onciul ergreift das Wort und ver - lieſt ein Schreiben des Wiener Ingenieurs W. Laufer, der die ganze Pflaſterungsangelegenheit ſcharf kritiſiert und ſich gegen die Vergebung der Pflaſterung an die Kiſſebeſſer Firma ausſpricht und in welchem Schreiben der Bericht des Bau - amtes einer vernichtenden Kritik unterzogen wird. Redner wird noch auf dieſe Frage zurückkommen und die ganze Angelegenheit ehrlich behandeln. Stadtrat Heinrich reagiert hierauf auf das Schreiben des Ingenieurs Laufer, den er nicht für einen ſo berühmten Techniker hält, und verſucht an der Hand der von beiden Firmen als Muſter eingeſandten Steine die beſſere Qualität der Kiſſebeſſer Steine nachzuweiſen. GR. Dr. Norſt tritt für den Antrag des Bauamtes ein, das man nicht desavouiren dürfe. GR. Dr. Wender meint, man ſolle weniger frequentierte Straßen mit weniger härterem Material und in gleichmäßiger Schönheit pflaſtern. GR. Dr. v. Onciul erklärt den Würfel als die beſte Form des Pflaſterſteines und meint, man ſolle den Teil von der Brauerei Ronchetti bis zur Landesregierung zur Hälfte mit dem Dobrudſcha-Stein und zur andern Hälfte mit Kiszebeſer Baſalt pflaſtern. Redner weiſt die Härte und Güte des Dobrudſcher-Steines nach und erklärt ſich bereit, bis zur nächſten Dienstagſitzung einen neuen Koſtenvoranſchlag für die Straßenpflaſterung vorzulegen. Redner erklärt, dies ſei im Intereſſe des Stadt - rates Heinrich, ohne ihm jedoch nahe treten zu wollen. Die beſagte Angelegenheit ſei eine odioſe. Stadtrat Heinrich erklärt, daß GR. v. Onciul ins Bauamt gekommen ſei und ihm dort geſagt habe: Ich habe gewiſſe Verpflichtungen gegenüber der rumäniſchen Regierung, ich bitte mir keine Schwierigkeiten wegen des Dobrudza-Steines zu machen, worauf Stadt - rat Heinrich erklärt habe, er könne nicht für den, Dobrudza-Stein, ſondern nur für den Kiszebeſer eintreten. GR. v. Onciul (laut): Das iſt eine der niederträchtigſten eine der gemeinſten Verleumdungen. Stadtrat Heinrich: Ich berufe mich auf den Oberbaurat Weſt als Zeugen, der die Worte des GR. von Onciul mitangehört hat. GR. v. Onciul: Der rumäniſche Konſul hat ſich an mich gewendet mit der Bitte, daß auch der Dobrudſcha-Stein bei der Straßenpflaſterung verwendet werde. Iſt das etwas Un - anſtändiges, wenn mich der Konſul bittet, ich kann dieſelben Vorwürfe dem Stadtrat Heinrich machen. Alles andere von Stadtrat Heinrich Vorgebrachte iſt unwahr. Da ſich wegendieſer erregten Szene mehrere Gemeinderäte aus dem Saale entfernt haben, erklärt der Vorſitzende die Sitzung wegen Be - ſchlußunfähigkeit für geſchloſſen.

Auszeichnung.

Der König von Rumänien hat dem Univerſitätsſekretär und Publiziſten Dr. Anton Norſt das Offizierskreuz des königlich rumäniſchen Kronenordens verliehen.

Perſonalnachricht.

Betriebsleiter Regierungsrat Dr. Hnidey hat ſich für einige Tage nach Wien in dienſt - lichen Angelegenheiten begeben.

Militäriſches

Der Reſerve-Aſſiſtenzarztſtellvertreter Dr. Rudolf Stoßmann des Garniſonsſpitals Nr. 17 in Budapeſt wurde zum 10. Huſaren-Reg. und der Oberleutnant Joſef Eyweling des 41. Inf. -Reg. zum 9. Inf. -Reg. transferiert.

Ernennung.

Der Landespräſident hat den Lehrer an der hierortigen gr. -or. Knabenſchule Diomedes Noſiewicz zum definitiven Oberlehrer an dieſer Anſtalt ernannt.

Freiluftmuſeum.

Vor längerer Zeit hat der Landes - ausſchuß an den Stadtmagiſtrat die Frage gerichtet, ob die Gemeinde gewillt ſei, bei der Errichtung des geplanten Frei - luftmuſeums mitzuwirken. Die Antwort wird gewiß nicht lange mehr auf ſich warten laſſen. Daß ſie nur bejahend ausfallen kann, halten wir für ſelbſtverſtändlich, denn das Zuſtandekommen des Muſeums liegt vielleicht noch mehr im Intereſſe der Stadt als des Landes. Der Stadt werden aus dem Muſeum ſo gut wie keine Koſten erwachſen, da die typiſchen Bauernhäuſer und die übrigen Gegenſtände der auf Landeskoſten anzulegenden Sammlung, die im Freien unter - gebracht werden können, einfach in Parkanlagen hineingeſtellt werden. Nun beſteht ja ſchon ſeit längerer Zeit der Plan, den alten katholiſchen Friedhof und einige angrenzende Parzellen des Abhanges, die als Baugründe unbrauchbar ſind, mit dem Schillerpark zu einer größeren Anlage zu vereinigen, die wegen der Mannigfaltigkeit des Gebäudes und der ſchönen Ausblicke nicht weniger als die Habsburgs - höhe der Stadt zur Zierde gereichen wird und ſie ſchon deshalb durchgeführt werden muß, weil ſonſt der Stadtteil der ſich in den nächſten Jahren zum ſchönſten und eleganteſten entwickeln muß, unmittelbar an eine mit allerlei Abfällen bedeckte Wüſtenei grenzen würde. Von der Gemeinde wird nun nichts weiter verlangt, als daß ſie dieſem Park den Bedürfniſſen des Freiluftmuſeums anpaſſe, was keineswegs mit größeren Auslagen verbunden iſt. Sie wird viel mehr empfangen als geben, denn ſie wird ſich dann nicht nur eines wertvollen und ſeltenen wiſſenſchaftlichen Inſtitutes rühmen dürfen, ſondern einen wirkſamen Anziehungspunkt für Einheimiſche und Fremde beſitzen. Man ſtelle ſich die Anlage vor, wie ſie in einigen Jahren nach ihrer Ausge - ſtaltung ausſehen wird denn die Anfänge müſſen natürlich dürftig ſein Raſenplätze, Bäume und Buſchwerk, da - zwiſchen, halb im Grün verſteckt, ſchmucke Bauernhäuſer der verſchiedenen, in der Bukowina üblichen Formen, die in ihren Stuben und Höfen alles bergen, was die Lebensweiſe und die eigenartigen Lebensformen unſerer Landbevölkerung charakteriſiert; etwa auf einer Anhöhe eine altersgraue Holz - kirche, die nicht mehr im gottesdienſtlichen Gebrauch ſteht, auf den Wegen überall Ausſtellungsgegenſtände, die die Aufmerkſamkeit des Spaziergängers feſſeln. Ein Reſtaurant - pavillon könnte den Sammelpunkt der Geſellſchaft bilden. Dann hätte Czernowitz noch etwas neben der erzbiſchöflichen Reſidenz, was den Fremden als Sehenswürdigkeit gezeigt werden könnte; man bleibt gern einen Tag länger, wenn man hört, daß man im Freiluftmuſeum die Eigenart des Landes und ſeiner Bewohner mit ſchnellem Ueberblick kennen lernen kann. Zweifellos würde es auch für den Unterricht in der Heimatkunde der wertvollſte Behelf werden, ein beliebter Zielpunkt für Lehrer - und Schülerausflüge nicht nur aus der nächſten Umgebung der Stadt. Selten wird einer Stadt die Möglichkeit geboten, mit wenig Mitteln ſo viel zuerreichen.

Cz. Zg.

Zur Druckſorten-Affäre.

In der Samstag-Sitzung des Gemeinderates nahm GR. Wegner zur Druckſorten - Affäre nochmals das Wort, um, vom GR. Jaſienicki wiederholt unterbrochen, auf den Bericht der Sitzung vom vorigen Dienstag im Cz. Tagblatt , der nach ſeiner Anſicht in allen ſeinen Teilen tendenziös gehalten war, zu reagieren. Er bittet den Vorſitzenden Bürgermeiſter Dr. Reiß zu konſtatieren, daß er über den Spruch des Kaſſationshofes nicht mit einem Worte Kritik geübt habe, daß die Angriffe auf die Auſtria nur vom ſachlichen Standpunkte erfolgt ſeien und er perſönlich niemand angegriffen habe. Der Vor - ſitzende beſtätigt dies, worauf GR. Wegner bemerkt: Ich danke, Herr Bürgermeiſter, dieſe Beſtätigung richtet das Tbtt. zur Genüge.

Sterbefall.

Ein Veteran der Kaufmannſchaft hat geſtern für immer die Augen geſchloſſen. Im Alter von 86 Jahren iſt nach langem Leiden der Seniorchef der Firma Peritz Nadler’s Sohn, Leon Nadler, geſtorben. In ihm verliert die hieſige Kaufmannswelt eines ihrer geſchätzteſten Mitglieder, der einer der älteſten Handelsgeſchäfte von Czernowitz eine Reihe von Jahren hindurch vorſtand. Das Leichenbegängnis findet morgen Dienstag 11 Uhr vormittags vom Trauerhauſe, Stefaniegaſſe Nr. 12, aus ſtatt.

Katholiſch-akad. Verbindung Unitas .

In den Tagen vom 2. bis 4. Juni d. J. feiert die katholiſch - akademiſche Studentenverbindung Unitas unter dem Ehrenpräſidium ihres E. M. Sr. Exzellenz des hochwohl - geborenen Herrn Dr. Friedrich Grafen Schönborn, I. Präſident des Verwaltungsgerichtshofes, Juſtizminiſter a. D. ꝛc., ihr XV. Stiftungsfeſt. Die Einladungen zu dieſem Feſte werden in dieſen Tagen verſendet werden.

Czernowitzer Elektrizitätswerk und Straßen - bahngeſellſchaft.

Der ſoeben zur Veröffentlichung gelangte Jahresbericht konſtatiert, daß das Ergebnis des abgelaufenen4Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 22. Mai 1906. Geſchäftsjahres den gehegten Erwartungen voll entſprochen hat. Die Entwicklung, in welcher ſich die Stadt Czernowitz befindet, iſt ſowohl in der Fortſetzung einer ſtarken Anſchluß - bewegung an das Elektrizitätswerk zum Ausdruck gekommen, wie ſie auch nicht ohne Rückwirkung auf die Frequenz der Straſſenbahn geblieben iſt. Es hat ſich deshalb die Notwendigkeit herausgeſtellt, die Betriebsmittel des Lichtswerkes wie der Straßenbahn den wachſenden Auforderungen entſprechend zu verſtärken. Beim Lichtwerk iſt die Zahl der Konſumenten auf 596 mit 21.600 Glühlampen im Aequivalent von 16 Normal - kerzen (gegen 16.120 im Vorjahre geſtiegen, was einer Vermehrung von 4480 Glühlampen entſpricht. Die ſtädtiſche Straßenbeleuchtung erfuhr wieder eine Erweiterung von 72 auf 92 Bogenlampen. Von öffentlichen Bauten ſind das neue Stadttheater und die neue Polizeidirektion bereits ange - ſchloſſen worden. Der Anſchluß des neuen Juſtizpalaſtes ſteht unmittelbar bevor. Die höchſte Momentbelaſtung fand am 18. Dezember ſtatt und betrug für Licht 2045 Amp. bei 270 Volt, gegenüber 1420 Amp. bei 262 Volt im Vorjahre. Dieſe Höchſtleiſtung entſpricht einem Aequivalent von 8180 gleichzeitig brennenden Lampen in 16 N. K. oder 37 Prozent des angeſchloſſenen Lampenäquivalents. Erzeugt wurden 1,123.304 Kwſt. gegen 915.342 Kwſt. im Vorjahre. Die Geſamteinnahmen des Unternehmens betragen im Berichts - jahre K 530. 435·01 gegen K 441. 439·18 des Vorjahres, was einer Zunahme von K 88. 995·83 entſpricht. Die Be - triebsausgaben ſind von K 264. 217·90 im Vorjahre auf K 274. 246·35, alſo um K 10. 028·45 geſtiegen. Daraus er - gibt ſich ein Zuwachs des Betriebsüberſchuſſes im Berichts - jahre von K 78 967·38. Die im Jahre 1904 vorgenommene Kapitalserhöhung hat nicht ausgereicht, um den Aufwand für die eingangs erwähnten im Jahre 1905 vorgenommenen Anlage-Erweiterungen zu decken. Um den ſtets wachſenden Anſprüchen der Bahn - und Lichtanlage gerecht werden zu können, werden auch in den Jahren 1906 und 1907 weitere recht erhebliche Inveſtitionen gemacht werden müſſen.

Ein neues Rollbahngeleiſe.

Die Bezirkshaupt - mannſchaft Radautz hat das vom Holzinduſtriellen Sigm und Schärf in Straza vorgelegte Projekt eines in km 4·3 / 4 der Waldbahn Falkeu Oberbrodina links abzweigenden 160 m langen bereits ausgeführten Rollbahngeleiſes für Handbetrieb zur kompetenten Amtshandlung anher in Vorlage gebracht. Die Landesregierung verfügte rückſichtlich dieſes Projektes die Vornahme der Baukonſensverhandlung im Zuſammen - hange mit der Kollaudierungsverhandlung ferner, daß die mit der Durchführung dieſer Amtshandlungen betraute Kommiſſion unter Leitung des Landesregierungs-Konzepts - praktikanten Adolf Bucher, am Freitag den 8. Juni 1906, um 3 Uhr nachmittags an Ort und Stelle zuſammenzu - treten habe.

Offene Stelle.

An dem neuerrichteten III. Staats - gymnaſium in Czernowitz mit deutſcher und rumäniſcher Unterrichtsſprache gelangt die Direktorſtelle zur Beſetzung. Die gehörig inſtruierten, an das Miniſterium für Kultus und Unterricht gerichteten Geſuche ſind im vorgeſchriebenen Dienſtwege bis 2. Juni 1906 bei dem Landesſchulrate für die Bukowina in Czernowitz einzubringen.

Brand.

Am 11. d. M. nachmittags iſt in der Brannt - weinbrennerei des Gutsbeſitzers Emanuel Baumann in Repuzynetz ein Feuer ausgebrochen, welches von dem dazu - mal herrſchenden Winde ſowie infolge Mangels an Waſſer, Feuerſpritzen und Feuerlöſchrequiſiten begünſtigt, ſich ſo raſch verbreitete, daß innerhalb zwei Stunden die Branntwein - brennerei, ein Wohnhaus und 11 Wirtſchaftsgebäude, als Stallungen, Fruchtmagazine und Geſchäftskammern, ſämtliche Objekte des Emanuel Baumann, ein Bauernhaus des Ilaſch Monetſch und ein Wohnhaus des Alexander Stirma bis auf die zurückgebliebenen Steinwände, ſowie einen großen Teil der Wirtſchaftsgeräte, Wirtſchaftsmaſchinen, Ackergerätſchaften, Wirtſchaftsfuhren, Droſchken ſowie Frucht - und Futter - vorräte der Gutspächter Gebrüder Gottesmann eingeäſchert hat. Der durch dieſen Brand verurſachte Schaden wird auf 57.000 K geſchätzt und waren ſämtliche Brandobjekte aſſe - kuriert. Der Brand iſt infolge ſchlechter Konſtruktion eines Rauchfanges der Branntweinbrennerei entſtanden.

Vereinsnachrichten.

In der Generalverſammlung des Frauen-Hilfs-Vereineswurden die nachfolgenden Vereins - mitglieder in den Ausſchuß gewählt: die Damen:[ Joſefine] Brunſtein, Fanny Salter, Fanny Nadler, Lina Roth, Pepi Abraham, Jetti Stecher, Emma Goldluſt, Rebeka Roſenzweig, Anna Chargaff, Laura Eberſohn, Berta Lokal, Vika Schäfer, Reſi Nachtigall, Nanette Pallaſch, Rudolfine Czopp, Louiſe Roſſin, Minka Zughaft, Regina Perl, Erneſtine Luttinger und Roſa Kozower. In der konſtituierenden Sitzung wurden nachſtehende Funktionäre gewählt: die Damen: Joſefine Brun - ſtein, Präſidentin; Fanny Salter, I. Vizepräſidentin; Fanny Nadler, II. Vizepräſidentin; Laura Eberſohn, Schriftführerin; Nanette Pallaſch, Kaſſierin; Rudolfine Czopp, Buchhalterin; Roſa Kozower, Kontrollorin. In die Sanitätskommiſſion: die Damen: Lina Roth, Obmännin; Pepi Abraham, I. Stell - vertreterin; Jetti Stecher, II. Stellvertreterin; Nanette Pallaſch, Roſa Kozower, Regina Perl, Mitglieder. In der General - verſammlung des Kaiſerin Eliſabeth-Verein zur Beköſtigung armer iſrael. Schulkinder in Czernowitz am 29. April wurden die nachfolgenden Vereinsmitglieder in den Ausſchuß gewählt: die Damen: Joſefine Brunſtein, Lina Roth, Laura Eberſohn, Roſa Kozower, Fanny Nadler, Berta Hecht, Pepi Abraham, Amalie Groß, Erneſtine Kößler, Karoline Leitec, Regina Melzer, Roſa Menczel, Antonie Gelber, Reſi Nachtigall, Nanette Pallaſch, Regina Perl, Roſa Roſenſtock, Klara Singer, Amalie Schifter, Fanny Straucher, Lotti Trebicz, Fanny Dornbaum. In der konſtituierenden Sitzung wurden nachſtehende Funktionäre gewählt: die Damen: Joſefine Brunſtein, Präſidentin; Lina Roth, I. Vizepräſidentin; Roſa Kozower, II. Vizepräſidentin; Laura Eberſohn, Kaſſierin; Fanny Nadler, Kaſſierin; Lotti Trebicz, Kontrollorin; Berta Hecht, Buchhalterin.

Familiennachricht.

Frl. Charlotte Schärf, Jablo - nitza (Bukowina), hat ſich mit Herrn Dr. Nathan Gewürz, Lemberg, verlobt.

Sezzeſſion und Geſellſchaft der Kunſtfreunde.

Wir erhalten die folgende Zuſchrift: Im Hinblicke auf eine in Nr. 1919 vom 20. d. M. in der Bukowinaer Poſt unter dem Schlagworte Sezzeſſſion enthaltene Notiz und die in unſerer Stadt ausgeſtreuten Gerüchte, daß ſich die Geſellſchaft der Kunſtfreunde in Auflöſung befinde, bringen wir hiemit zur allgemeinen Kenntnis, daß dieſe Mit - teilungen durchaus auf Unwahrheit beruhen. Wohl wurde eine Agitation zur Schädigung der Geſellſchaft der Kunſt - freunde eingeleitet, welche vermutlich auf rein perſönliche Motive zurückzuführen iſt. Es gelang auch hiedurch 16 Herren zur Unterſchrift einer Austrittserklärung zu bewegen; hiezu bemerken wir jedoch, daß von dieſen Herren zwei ſchon vor längerer Zeit ihren Austritt augemeldet haben, die Herren Realſchulprofeſſor Zlamal und Hofmann dagegen überhaupt niemals Mitglieder des Vereines waren, ſondern lediglich vor der diesjährigen Ausſtellung zur Teilnahme an der Jury eingeladen wurden. Weiters haben die Herren RR. Anton Zachar, Ingenieur Gaudy und Profeſſor Klug ihre Austrittserklärung mit der Motivierung zurückgezogen, daß ſie nur infolge falſcher Information von gewiſſer Seite und unbekannt mit den inneren Vereinsverhältniſſe ſich zur Unterfertigung der Austrittserklärung be - beſtimmen ließen. Der ſogenannte Maſſenaustritt ſchrunpft ſohin auf den von uns allerdings noch immer ſehr bedauerten Verluſt von neun Mitgliedern zuſammen. Wir erachten es als unſere Pflicht ſowohl unſere Mitglieder als auch das Publikum über dieſe Vorgänge aufzuklären und ſehen im Uebrigen dem Endergebniſſe dieſer Agitation mit umſogrößerer Beruhigung entgegen, als ſeit Eröffnung der Ausſtellung bereits 20 neue Mitglieder dem Vereine beigetreten ſind. Für den Ausſchuß: Der Obmann: Friedrich Haberlandt, k. k. Oberbaurat. Der Schriftführer: Dr. Handl, k. k. Landesgerichtsrat.

Zwei Betrugsfälle.

Der Polizeirapport meldet: Geſtern brachten die Geſchäftsleute Eiſig Spiegel und Adolf Ungar bei der Polizeidirektion zur Anzeige, daß der Reſtaurateur und Hotelbeſitzer Simon Aberbach nach Zurücklaſſung größerer Schulden heimlich und betrügeriſcher - weife die Einrichtungen ſeines Geſchäftes verkauft und Czernowitz verlaſſen habe. Die Anzeiger erleiden hiedurch einen Schaden von 800 Kronen. Beide betonten, daß ſie bereits ſeit Wochen das Gerücht verbreiten hörten, daß Aberbach Czernowitz verlaſſen wolle, doch konnte niemand darüber etwas poſitives ſagen. Die ſofort eingeleiteten Er - hebungen beſtätigten die Angaben der Anzeiger und wurde ſeitens der Polizeidirektion das Nötige veranlaßt. Am 19. d. erſchienen auf der Polizeidirektion einige Kaufleute, die zur Anzeige brachten, daß der hieſige Kaufmann Markus Blum recte Fuhrmann Waren auf Kredit im Geſamt - betrage von zirka 8000 Kronen genommen und indem er dieſelben in ein Verſteck gebracht habe, aus Czernowitz ver - ſchwunden ſei. Durch zwei Tage ſoll Fuhrmann ſein Geſchäft in der Hauptſtraße mit Waren im Werte von 140 Kronen unter Aufſicht eines Kommis und ſeines Schwiegerſohnes offen gehalten haben. Die entſprechenden Erhebungen ſind im Zuge.

Im Orpheum

hat Samstag die neue Vortragsſängerin vom Kryſtallpalaſt in Leipzig, Frl. Malvi Carſten-Nor - degg an Stelle der engagierten Schau-Nummer The Champtinis, die nach dem erſten Auftreten vom Programm abgeſetzt wurden, debutiert. Ihre Geſangs - produktionen tragen, wie die Fachblätter übereinſtimmend be - richteten und auch von uns konſtatiert werden kann, tiefes ſeeliſches Empfinden und werden durch ihre ausdrucksvolle Mimik wirkſam unterſtützt. Arnoldis aufſehenerregende Leiſtungen mit ſeinem 6-jährigen Söhnchen feſſelten ganz das Publikum, das ſich ſowohl Samstag als Sonntag in Maſſen eingefunden hatte.

Gewerbliche Fortbildungsſchule in Kimpolung.

Wir erhalten folgende Zuſchrift: Die gewerbliche Fort - bildungsſchule hat den Zweck, die Meiſterlehre zu unterſtützen und zu vervollſtändigen, ſomit den praktiſchen Bedürfniſſen der Gewerbetreibenden nach Möglichkeit Rechnung zu tragen. Auch im Schuljahre 1905 / 6 hat die mit der ho. Fachſchule für Holzbearbeitung in Verbindung ſtehende gewerbliche Fort - bildungsſchule ihr vorgeſtecktes Ziel erreicht und iſt den Au - forderungen der Neuzeit nachgekommen. Der Schulbeſuch war dank dem energiſchen Eingreifen der Bezirkshauptmann - ſchaft als Gewerbebehörde erſter Inſtanz ſehr regelmäßig. Von den eingeſchriebenen 103 Lehrlingen ſind wegen Ueberſiedlung, Austritt aus der Lehre, Beſchäftigung außerhalb des Schul - ortes und Krankheit 75 Schüler bis zum Jahresſchluſſe übriggeblieben. Hievon ſind 68, d. i. 91 Prozent günſtig, während 9 Prozent ungünſtig klaſſifiziert worden. Das Ver - halten der Schüler in - und außerhalb der Schule kann im Allgemeinen als ſehr befriedigend bezeichnet werden. Am 29. März l. J. wurde der genannte Kurs vom Gewerbe - ſchulinſpektor in didaktiſch-pädagogiſcher Richtung und Referent im Unterrichtsminiſterium für das gewerbliche Unterrichts - weſen Herrn Joſef Rothe eingehend inſpiziert. Vor Schluß des Schuljahres hielt der Leiter der Anſtalt Elias Wes - lowski den Lehrlingen zwei Vorträge über Das Leben und Wirken unſeres Kaiſers mit Skioptikondemonſtrationen zum Zwecke der Belebung und Hebung des patriotiſchen Gefühles . Als ein beſonderer Fortſchritt muß die Gründung eines Lehrlingshortes in Kimpolung, dank dem Entgegen - kommen des Schulvereines Scoala romǎna und den Be - mühungen des Leiters E. Weslowski verzeichnet werden. Am 6. Mai l. J. fand die Zeugnisverteilung, ſowie eine vom Fachſchullehrer Moroſchan auf Anordnung der Schul - leitung arrangierte Schülerausſtellung ſtatt, die von Lehrlingen und Gewerbetreibenden frequentiert war.

Die Streiks.

Der bis jetzt in größter Ruhe verlaufene Streik der Ziegelarbeiter hat im Laufe des heutigen Vor - mittags eine neue Wendung genommen, indem die Streikenden mit der Sicherheitswache in eine ſchärfere Kolliſion geraten ſind. Die ſtreikenden Ziegelſchläger verſuchten um ungefähr halb 9 Uhr vormittags einen der vom Ziegelwerke Patria herausfahrenden mit Material beladenen Wagen aufzuhalten und ſpannten zu Demonſtrationszwecken demſelben die Pferde aus. Als die Wache einſchritt, und trotz mehrfacher Aufforderung der Polizei, den Wagen frei fahren zu laſſen, einige Arbeiter davon nicht ablaſſen wollten, nahm die Sicher - heitswache, die zu dieſer Zeit in einer Stärke von 8 10 Mann am Platze war, mehrere Arretierungen vor. Dieſe Maß - nahme der Polizei gab den Anlaß, daß die inzwiſchen in einer Stärke von faſt 600 Mann angeſammelten Arbeiter die Arretierten von der Wache befreien wollten. Bei dem nun folgenden Straßentumult iſt ihnen dies auch zum größten Teile gelungen, da nur ein Mann in den Händen der Sicher - heitswache blieb. Während ſich aber in der Nähe der Brücke in der Ruſſiſchen Gaſſe die Kampfſzenen zwiſchen der Wache und den Arbeitern abſpielten und letztere die Oberhand zu behalten ſchienen, kam zufällig von der Horeczaer Wieſe eine Eskadron Huſaren des 10. Regiments unter Führung des Rittmeiſters Füllek, der die kritiſche Situation der Polizei raſch erkannte und mit Rückſicht darauf den Befehl erteilte, die Arbeiter zu umzingeln. Das geſchah auch. Die Huſaren zogen auf Kommando die Säbel aus der Scheide, und in einigen Augenblicken war die Ruhe wieder hergeſtellt. Einige Perſonen, die hiebei leichte Verletzungen erlitten haben, wurden von der Rettungsgeſellſchaft im Bereinslokale, Schul - gaſſe 7, verbunden. Mittags fanden ſowohl im Magiſtrate als in der Polizeidirektion Konferenzen mit den Delegierten der Arbeiter wegen Einſtellung des Streiks ſtatt. Wegen Lohn - differenzen ſind heute früh die Straßenarbeiter des Magiſtrates in den Ausſtand getreten. Mit ihnen wird im Gewerbedepartement wegen Wiederaufnahme der Arbeit verhandelt.

Die Attake, die die Huſareneskadron unter dem Kommando des Rittmeiſters Füllek heute vormittags gegen die Ziegelarbeiter unternommen hat, um den von ihnen be - drängten Wachleuten zu Hilfe zu kommen, gehört zu den ſeltenen Fällen, die ſich jemals im Polizeiweſen ereignet haben. Da Rittmeiſter Füllek ohne früheren militäriſchen Auftrag in den oben geſchilderten Vorfall eingegriffen hat, erſtattete er mittags ſowohl dem Brigade -, als dem Korps - kommando einen genauen Bericht. Ebenſo wurde Landes - präſident Dr. v. Bleyleben über das Vorgefallene ver - ſtändigt. Die Rettungsgeſellſchaft intervenierte in 3 Fällen - nämlich Baſil Hrmiuk, Nikolay Becul und Andronik, in denen leichte Verletzungen konſtatiert wurden. Schwere Bereletzungen ſind nicht vorgekommen. Es iſt möglich, daß noch andere Arbeiter Verletzungen davongetragen haben, doch dürften dieſelben leichter Art ſein.

Oekonomiſches.

Prinz Hohenlohe und die Induſtrie.

Geſtern erſchienen bei Sr. Durchlaucht dem Herrn Miniſterpräſidenten Prinzen Hohenlohe die Abgeordneten des ſtändigen Ausſchuſſes der drei zentralen induſtriellen Körperſchaften, und zwar für den Bund öſterreichiſcher Induſtrieller die Herren Präſident Paſtree und der Vize - präſident Kommerzialrat Vetter, für den Zentralverband der Induſtriellen Oeſterreichs die Herren Präſidenten: Hof[r]at Dr. Hallwich und Paul Ritter v. Schöller und für den Induſtriellenklub Herr Oskar von Heintſchel.

Der Sprecher der Abordnung Ritter v. Schöller gab der beſonderen Befriedigung der Induſtriellen über die Kund - gebungen des Herrn Miniſterpräſidenten im Abgeordneten - hauſe und Herrenhauſe Ausdruck, inſoferne aus demſelben hervorgeht, daß die Regierung feſt entſchloſſen ſei, in allen das Arbeitsverhältnis betreffenden Fragen auf die entſchiedene Wahrung des Geſetzes zu achten. Die hierauf bezüglichen Aeußerungen des Herrn Miniſterpräſidenten hätten um ſo größeren Eindruck gemacht, als ſchon das Gerücht, wonach dem Leiter der Bezirkshauptmannſchaft in Aſch die behördliche Mißbilligung ausgeſprochen worden ſei, in den Kreiſen der Induſtriellen Beunruhigung hervorgerufen habe. Gerade jetzt, wo die Induſtrie daran gehe, im ganzen Reiche Arbeiter - Organiſationen zu ſchaffen, müſſe ſie auf die vollſte Objektivität der Regierungsvorlage rechnen können. Der Sprecher der Ab - ordnung berührte hierauf das Verhältnis zu Ungarn und betonte, daß die Induſtrie den Standpunkt des Herrn Miniſterpräſidenten, wonach einſeitige Modiſikationen des be - ſtehenden Zuſtandes unter keinen Umſtänden Platz greifen dürften, mit beſonderer Freude begrüße. Schließlich bemerkte der Sprecher, daß die öſterreichiſche Induſtrie auf eine endliche gerechte Austragung der Frage der Aufteilung der Heereslieferungen auf beide Staatsgebiete großes Gewicht lege.

Miniſterpräſident Prinz Hohenlohe erwiderte:

Mit Freude begrüße ich bei mir die Vertreter der Induſtrie, von deren Bedeutung für das geſamte ſtaatliche Leben ich ſeit jeher durchdrungen war.

Es iſt den Herren vielleicht nicht unbekannt, daß ich ſelbſt als Beamter in induſtriellen Bezirken Gelegenheit gehabt habe, mich mit den Bedürfniſſen der Induſtrie ver - traut zu machen. Das Ergebnis dieſer Lehrjahre war aber auch, daß ich die Bedeutung der Induſtrie ſchätzen gelernt habe und in mir die Erkenntnis gereift iſt, daß ſie einer der feſteſten Pfeiler des modernen Staates geworden iſt. Der522. Mai 1906. Czernowitzer Allgemeine Zeitung. geſamte moderne Staat dient ja zumeiſt ökonomiſchen Zwecken. Die unſchätzbare Bedeutung der Induſtrie liegt aber auch darin, daß ſie Millionen von Menſchen den Lebens - unterhalt ſichert. Die Herren können daher gewiß ſein, daß ich alle Ihre Anliegen gern entgegennehmen und überall Beiſtand gewähren werde, wo dies die Regierung überhaupt tun kann.

Ich hoffe auch, daß die Erkenntnis bei allen Aemtern bereits durchgedrungen iſt, daß die Förderung der Induſtrie eine der wichtigſten Aufgaben der öffentlichen Verwaltung ſei. Ich wünſche, daß von allen ſtaatlichen Aemtern nicht nur die beſtehenden Induſtrien gefördert werden, ſondern daß ſie ſich auch angelegen ſein laſſen, bei der Entſtehung neuer Anlagen in jeder Weiſe hilfreich die Hand zu bieten. Ueber meine Stellung zu den Lohnkämpfen kann ich den Herren nur eines ſagen: ich ſtehe in dieſer wie in jeder anderen Beziehung auf dem Boden des Geſetzes, ich werde darauf ſehen, daß dieſes von allen Teilen geachtet werde.

Was den Fall in Aſch anbelangt, ſo kann ich den Herren mitteilen, daß ich infolge einer konkreten Beſchwerde den Statt - halter in Prag erſucht habe, ſich über die Verhältniſſe in Aſch genau zu informieren, zu dieſem Zwecke nach Zulaß der Situation den Amtsleiter zu einer mündlichen Beſprechung nach Prag zu berufen und auf Grund der erhaltenen Informationen das Geeignete zu verfügen.

Ich bin ſtets bereit, den Herren jede gewünſchte Auf - klärung zu erteilen. Meine Tür ſteht den Herren jederzeit offen, und es kann mir nur angenehm ſein, in ſteter Fühlung mit Ihnen das Wohl der Induſtrie zu fördern.

Was unſer Verhältnis zu Ungarn anbelangt, kann ich mich nur auf meine im Parlament abgegebenen Erklärungen berufen, die ja den Herren vielleicht bekannt ſind.

Ich kann nur wiederholen, daß ich mit der größten Energie die Intereſſen unſerer Reichshälfte wahren und eine einſeitige Abänderung des Beſtehenden zu unſeren Ungunſten unter gar keinen Umſtänden zulaſſen werde.

Was die von den Herren berührte Verteilung der Heereslieferungen anbelangt, ſo iſt mir wohl bekannt, daß die Erledigung der Frage in Angriff genommen iſt, und, für die erhaltene Anregung dankbar, werde ich es mir beſonders angelegen ſein laſſen, auch hier unſere Intereſſen zu wahren.

Letzte Telegramme. Die bis 2 Uhr nachmittags eingetroffenen Telegramme ſiehe die Rubriken Vom Tage , Bunte Chronik und Rechtspflege .

Die Kammerwahlen.

(Korr. -B.)

Von den Kammerſich - wahlen waren um 3 Uhr morgens 155 Reſultate bekannt: Hie - von erhält der Bloc 140 und die Oppoſition 15 Mandate. Mit den erſten Wahlen zuſammen gewinnt der Bloc 37 Mandate. Die Kammer enthält 79 Reaktionäre, 30 Nationaliſten, 66 Progroſſiſten, 118 Radikale, 127 Sozialiſtiſchradikale und 56 geeinigte unabhängige Sozialiſten.

(Korr. -B.)

Unter den Gewählten be - finden ſich Labori, Reinach und Magnaud, genannt der gute Richter. Unterlegen iſt Deroulede. Die Wahlen ſind ruhig verlaufen.

Ungariſches Abgeordnetenhaus.

(Korr. -B.)

Das Abgeordnetenhaus trat heute zuſammen. Alterspräſident Szoppanos über - nahm das Handſchreiben betreffend die Enthebung Fejer - varys und die Ernennung Wekerles und der Miniſter und verlieſt ſie. Der Alterspräſident teilt mit, daß morgen halb 12 Uhr die feierliche Eröffnung des Reichs - tags in der Hofburg ſtattfinde.

Das Magnatenhaus.

(Korr. -B.)

Das Magnatenhaus hielt unter dem Präſidium des Alterspräſidenten Ferdinand Zichy eine formelle Sitzung ab.

(Korr. -B.)

Das Magnatenhaus hielt ſeine erſte Sitzung ab, worin Graf Ferdinand Zichy das Alterpräſidium führte. Er dankte der göttlichen Vorſehung, daß das Einvernehmen zwiſchen Krone und der Nation wiederhergeſtellt ſei, und verlas die Zuſchriften, betreffend die Enthebung des Kabinetts Fejervary und die Ernennung des Kabinetts Wekerle. Hierauf wurde die Sitzung geſchloſſen.

Generalſtreik.

(Korr. -B.)

Zur Unterſtützung der ſtreikenden Maurer wurde früh der Generalſtreik proklamiert. Die elektriſche Stadtbahn verkehrt nicht.

Dampferzuſammenſtoß.

(Korr. -B.)

In der letzten Nacht ſtieß im hieſigen Hafen der Dampfer Denderah der Kos - moslinie mit dem einlaufenden engliſchen Dampfer City of Dresden zuſammen. Letzterer ſank.

Die italieniſche Miniſterkriſe.

(Korr. -B.)

Den Blättern zufolge werde der König Giolitti mit der Bildung des Kabinetts betrauen.

Ueberſchwemmungen.

(Korr. -B.)

Heftige Regengüſſe haben im nördlichen England mehrfache Ueberſchwemmungen verurſacht. Teilweiſe ſind die Eiſenbahnſtrecken zerſtört.

Vater und Sohn.

(Priv. -Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Univerſitätsprofeſſor Joly feuerte auf ſeinen ungeratenen Sohn zwei Schüſſe ab und verletzte ihn ſchwer. Joly wurde verhaftet.

Die Vorgänge in Russland.

Die Dumaadreſſe.

(Priv. -Tel. der Cz. Allg. Ztg. )

Wie aus Petersburg gemeldet wird, ſteht die Hofpartei auf dem Standpunkte, daß die in der Adreſſe der Duma aufgeſtellten Forderungen unannehmbar ſeien. Trepow vertritt die Anſchauung, daß man gegen die unbotmäßige Duma Repreſſalien anwenden müſſe, indem über Petersburg der Kriegszuſtand verhängt und Durnowo zum Diktator ernannt werden ſolle. Im Falle die Duma nicht geneigt ſein ſollte, ſich mit der partiellen Am - neſtie zufrieden zu geben, möge ſie durch das Militär aus - einandergetrieben werden.

Bombenattentat.

(Korr. -B.)

Gegen einen Koſaken - offizier wurde eine Bombe geſchleudert. Er wurde leicht verwundet, Fenſterſcheiben der Nachbarhäuſer zertrümmert. Der Urheber, angeblich ein Jude, iſt entkommen.

Wetterprognoſe.

(Tel. Bericht der meteorologiſchen Zentralanſtalt Wien).

1. Bewölkung und Niederſchlag: Meiſt trieb, Niederſchlag.

2. Wind: Schwache Lokalwinde.

3. Temperatur: Abnehmende Temperatur.

4. Nähere Beſtimmung: Keine.

5. Mittwoch: Unbeſtändig.

Telegraphiſche Kurſe vom 21. Mai 1906.

4% Bukow. Landesbank-Fond-Schuldverſchreibung 100· , 101· , 4% Bukowinaer Bodentredit-Pfandbriefe 99·75, 100·75, Bu - kowinaer Bodenkredit-Pfandbriefe 5 Proz 101·70, 102·70, 4% Pfand briefe der Bukowinaer Landesbank 99·75, 100·75, Oeſterr. Kredit 675·25, Anglobank 316·25, Bankverein 562 25, Boden - kredit 1057· , Eskomptegeſellſchaft 566·50, Länderbank 438·50 Unionbank 554·25, Staatsbahn 677· , Nordweſt 447. , Elbe - thalbahn 448·75, Lemberg-Czernowitzer 581· , Dampfſchiff 526. Alpine 576· , Brüxer Kohlen 659·50, Prager Eiſen 2752 , Rima-Muranyer 579· Weſtböhm. Kohlen 273· , Draſche 848· Hirtenberger 1175· , Türkenloſe 153·50, Rubel 253. , 253.75. Marknoten 117.38 117·43.

Amtlicher Kurs - und Markt-Bericht der Czernowitzer Frucht - und Produkten-Börſe.

Preiſe in Kronen per 50 Kilogramm ab (Parität) Czernowitz.

VonBis
KhKh
Weizen: Prima .......825850
Mittel .......
Rogggen: Prima .......590605
Mittel .......
Gerſte: Brauerware ......6206
Brennerei-Malzware ....6630
Hafer: Herrſchaftsware .....740760
Marktware .......
Uſanzenware ......
Oelſaaten: Winterreps prompt ..
Rüben ......
Leinſaat ......
Hanfſaat prompt ...
Kleeſaat prima ....5054
mittel ....
Mais: Prima prompt ......640650
Neumais: prompt ......
Kleie Prima prompt ...410420
Hülſenfrüchte: Bohnen lange ..
Erbſen.7508
Fenchel: ..........2021
Spiritus pr. 10.0[0]0 Literperzent
[roher], prompt exkl. Steuer ab. Czernowitz34[5]03525
〈…〉〈…〉
6Czernowitzer Allgemeine Zeitung 22. Mai 1906.
〈…〉〈…〉
722. Mai 1906. Czernowitzer Allgemeine Zeitung.
〈…〉〈…〉
8Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 22. Mai 1906.
〈…〉〈…〉

[Eigentümer und Herausgeber: Dr. Philipp Menczel und Joſef Kaufmann. Verantwortlicher Redakteur: Alois Munk. Druck der Buchdruckerei Gutenberg Czernowitz.]

About this transcription

TextNr. 712, 22.05.1906.
Author[unknown]
Extent8 images; 9192 tokens; 3612 types; 71163 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Benjamin FiechterSusanne HaafNote: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).2018-01-26T13:38:42Z grepect GmbHNote: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T13:38:42Z Amelie MeisterNote: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.2018-01-26T13:38:42Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic informationNr. 712, 22.05.1906. . Buchdruckerei „Gutenberg“Czernowitz1906. Czernowitzer Allgemeine Zeitung

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IDS Mannheim

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; mkhz2

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

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  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
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ImprintBerlin 2019-12-10T11:23:31Z
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