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Telegramme: Allgemeine, Czernowitz.
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Vorgänge in Rußland.
Das erſte Bataillon des Preobraſchenskiſchen Regiments iſt bereits an ſeinem Verbannungsorte in Medjed eingetroffen. — In Batum iſt die Situation ſehr bedrohlich.
Vom Tage.
Die ungariſche Delegation hat ihre Arbeit beendigt. — Dr. v. Koerber wird Mittwoch vor dem Budgetausſchuſſe reſcheinen.
Letzte Telegramme.
Im ungariſchen Abgeordnetenhauſe ſpricht Abg. Cziz - mazia die Verachtung über die in Bialyſtok verübten Grau - ſamkeiten aus.
Hätten überhaupt noch Zweifel darüber beſtehen können, daß an dem Hauptmann Dreyfus eines der ſchändlichſten Juſtizverbrechen begangen worden iſt, die die Geſchichte irgend eines Volkes aufweiſt, ein ſorgſam vorbereitetes, mit den er - bärmlichſten Mitteln ins Werk geſetztes und durchgeführtes Verbrechen, ſo müſſen ſie jetzt durch die lichtvollen Ausfüh - rungen des Berichterſtatters Moras und durch die in ihrer ſtrengen Logik vernichtenden Darlegungen des Oberſtaatsan - waltes Baudouin in dem neuen Dreyfus-Reviſionsprozeſſe vor dem Kaſſationshofe bei jedem denkenden Menſchen unmöglich geworden ſein. Das Fälſchungs -, Lügen -, Beſtechungs - und Ränkegewebe der Männer des alten Generalſtabs liegt jetzt entwirrt vor Aller Augen, und man muß ſich entrüſtet fragen, wie ſonſt ehrenwerte Offiziere, wie der General Zurlinden, als Kriegsminiſter, nur einen Augenblick daran zu denken ver - mochten, dieſe Sünden ihrer Vorgänger und ihrer Kameraden zu decken oder gar abzuleugnen. Dem genannten General ſcheinen in dieſer Beziehung ſelbſt, allerdings etwas ſpät, reuige Bedenken gekommen zu ſein, denn er hat in einem freilich nicht ſehr offenen und klaren Artikel des „ Gaulois “zum erſten Male bei der Beſprechung der Affäre die Beteu - erung der Schuld Dreyfus und ſeiner feſten Ueberzeugung, perſönlich recht gehandelt zu haben, vorſichtig unterlaſſen und Zweifeln ernſter Art Ausdruck gegeben.
Aber das hat heute nur inſofern Bedeutung, als man daraus ermeſſen kann, wie gewaltig ſich Licht, Recht und Wahrheit in dem Kampfe gegen Haß und Trug erwieſen haben! Und trotzdem wagen es die Helfershelfer und Anführer der Henry,Eſterhazy, Sandherr auch heute noch die Stirne keck empor - zuheben und dem empörten Gewiſſen der Nation frech ent - gegenzutreten. Noch finden ſie eine Preſſe, die ihre geiſtigen Lügen ſpaltenlang abdruckt, noch Journaliſten, die ihnen ihre Federn zur Verfügung ſtellen. Noch kann ein „ Eklair “, der den gehäſſigſten Kläffer, Erneſt Judet, zum Chefredakteur hat, täglich der Wahrheit Fauſtſchläge verſetzen und dem höchſten Gerichtshofe nicht nur Hohn ſprechen, ſondern ſogar die ge - meinſten Drohungen ins Geſicht ſchleudern.
Das iſt aber ein gefährliches Spiel! Freilich deckt die Amneſtie, die Waldeck-Rouſſeau, der im beſten Glauben handelte, von Anfang an verargt wurde und es noch heute mehr, als je, wird, alle Fälſcher und Ränkeſchmiede, alle Spießgeſellen des alten Generalſtabes und alle noch lebenden Mitglieder dieſes. Aber geſühnt ſind die von ihnen began - genen Freveltaten deshalb doch nicht und noch weniger ver - geſſen. Und vielleicht könnte man mit dem Oberſtaatsanwalt. Baudouin in den leitenden Kreiſen übereinſtimmen, daß es für gewiſſe Dinge keine Verjährung und keine Amneſtie gibt. Der Rädelsführer des ganzen Handels, der unſelige General Mercier, ſcheint trotz ſeines Senatorenſitzes ſolche Befürchtun - gen zu hegen. Denn er ſchweigt ſich hartnäckig über die furchtbaren Anklagen Herrn Baudouins gegen ihn trotz aller Beſchwörungen des „ Eklair “und der „ Libre Parole “aus, die darüber ihre Verlegenheit und ihre Beſtürzung nicht ver - heimlichen können.
Auch du Paty de Clam, deſſen unheilvolle Rolle gerade jetzt nach dem Bekanntwerden ſeines erſten Schreibens an Mercier, in dem er ſelbſt die Haltloſigkeit der gegen Dreyfus erhobenen Beſchuldigungen ſchon vor deſſen erſter Verurteilung zugeſtand, beſonders empörend hervortritt, weiß nur ſtam - melnde Entgegnungen vorzubringen und glaubt hervorragend kühn und ſtolz ſich zu zeigen, weil er dem Oberſtaatsanwalte des Kaſſationshofes mit einer Klage wegen einer Verbal - injurie (Herr Baudouin ſagte von ihm, er ſei ein Mann, für den das Wort Gewiſſen ein toter Buchſtabe ſei), droht. Und Cuignet kramt ſeine alten und lächerlichen, aber leider auch giftigen Weisheiten weiter aus, Bertillon und Teyſſoniere ſteifen ſich darauf, aufs Neue ihre famoſe „ Schreibfachkenntnis “leuchten zu laſſen. Man möchte wirklich meinen, dieſe Leute bildeten ſich ein, der Dreyfus-Reviſionsprozeß könne mit einer neuen kriegsgerichtlichen Verurteilung ihres Opfers enden. Wie ge - ſagt, dieſe Drohungen und Aufwühlereien der alten Sünden könnten für die Herren ſchließlich doch noch große Unzuträg - lichkeiten im Gefolge haben, ſo ſicher und vor jeder Straf -verfolgung gedeckt ſie ſich auch glauben. Denn es könnten vielleicht einige Tatſachen, „ Verſtärkungen “der alten Lügen und Fälſchungen, von der Juſtiz ins Auge gefaßt werden, die aus der Zeit nach dem Amneſtie-Erlaſſe ſtammen und daher von dieſem nicht gedeckt werden. Und da könnten ſie doch noch die Wahrheit der Worte des Dichters am eigenen Leibe verſpüren: „ Denn jede Schuld rächt ſich auf Erden! “
In einer Konferenz der Zentrums - mitglieder des Reichsrats wurde auf Verlangen der früheren Miniſter Jermolow und Manuchin der Konflikt zwiſchen der Reichsduma und dem Miniſterium Goremykin erörtert. Es wurde über die eventuelle grund - ſätzliche Stellungnahme des Reichsrats-Zentrums zu einem unverantwortlichen Kabinett beraten. Die Reden drehten ſich um die Frage, ob der Reichsrat mit ſeiner Autorität für die Volksvertretung oder für das Kabinett einzutreten habe. Die Mehrheit war geneigt, dem gegenwärtigen Miniſterium ein Mißtrauensvoten auszu - ſprechen.
Die Verhandlungen über die Bildung eines Kabinetts aus der Dumamehrheit haben bis - her noch zu keinem befriedigenden Ergebnis geführt. In Peterhof hätte man an der Spitze des künftigen Miniſteriums am liebſten den Grafen Heyden geſehen, doch lehnten die Führer der Konſtitutionell-demokratiſchen Partei das ent - ſchieden ab, forderten vielmehr ein rein demokratiſches Kabinett, willigten aber ein, daß es aus den gemäßigſten Parteimit - gliedern zuſammengeſetzt werden könnte. Dann wurden ihnen jedoch unannehmbare Bedingungen geſtellt. Erſtens ſollten die Portefeuilles der Miniſter des Aeußern, des Kriegs -, des Marineminiſtes den Bureaukraten zufallen; zweitens wurde verlangt, daß die radikale Löſung der Agrarfrage auf dem Wege der Enteignung beanſtandet werde; drittens ſollte die Duma eine neue Anleihe von vier Milliarden Franken bewilligen und ſchließlich gegen die extremen Ele - mente in der Reichsduma energiſch ankämpfen.
Soeben hatte Ihr Korreſpondent eine Unterredung mit dem Profeſſor Meljukow, der hier ge - rüchtweiſe als künftiger Miniſter der Volksaufklärung genannt
(Nachdruck verboten.)
Wenn Sonnenglut und Sommerluſt die weite Land - ſchaft erfüllt, dann ſchlägt auch unſer Herz freier und froher!
Es drängt uns hinaus in den Flur und den Wald, wo der unermüdliche „ Sing-Sang “der Vögel erklingt und uns die Blumen grüßen in ihrem bunten Röcklein, — das Köpfchen hoch erhoben zum roſigen Lichte!
Unter dem zarten Blau des Julihimmels reift das Aehrenfeld im Sommerwinde und harrt der Sichel.
Das iſt der Spruch des Landmannes, der außer dem Roggen und Hafer noch das „ Grummet “(Heu) mäht. Darum heißt auch der Monat „ Heumond “oder „ Heuert “.
In ihm wünſcht ſich der Bauer keinen Regen, nament - lich nicht am Tage der „ ſieben Brüder “; denn:
In der vorcäſariſchen Zeit hieß der Monat Quintilis, und er war der fünfte im alten Römerkalender. Erſt ſpäter gab ihm das weltbeherrſchende Volk den Namen „ Juli “, weil ihr allmächtiger Diktator G. Julius Cäſar in ihm das Licht der Welt erblickte.
Zur Regierungszeit Kaiſer Karls des Großen führte er die Bezeichnung Hewimanoth, und in Nordfriesland heißt er noch heutzutage „ Barigtmun “, weil man in ihm die Ernte „ birgt “.
Leider werden die Tage im Juli ſchon wieder kürzer, denn unſere Sonne, die im verfloſſenen Monat ihren höchſten Stand an der weiten Himmelsglocke erreichte, wendet ſich mehr und mehr dem Himmelsäquator zu. Die Nächte werden darum auch länger und die Sterne, die in den vergangenen Wochen ſchüchtern nur aus ihren Himmelsfenſtern herab - blickten, ſie treten nun mit größerer Klarheit aus ihrem dunklen Untergrunde wiederum hervor.
Die Sonne, die hehre „ Königin des Tages “, tritt am 23. Juli in das Tierkreiszeichen des „ Löwen “ein.
Von den Planeten erreicht der Merkur am 15. Juli am Abendhimmel ſeine größte, öſtliche Elongation (ſeine ſcheinbare Entfernung von der Sonne). Wegen ſeines ſehr tiefen Standes am weſtlichen Horizonte iſt er jedoch kaum zu ſehen. Merkur gehört überhaupt zu denjenigen Himmels - objekten, die überaus ſchwierig zu beobachten ſind. Dieſen Uebelſtand empfand ſchon Kopernikus, der auf ſeinem Toten - bette noch bedauerte, den Merkur niemals geſehen zu haben. Mäſtlin, der Lehrer Keplers, aber hielt jede Merkurbeob - achtung für eine ſinnloſe Zeitvergeudung. Die Venus, die am 14. Juli in Konjunktion mit dem hellen Fixſterne Regulus (alpha) im „ großen Löwen “kommt, iſt auch im Monat Juli noch unſer Abendſtern; ſie rückt nun tiefer nach Süden, und am Schluſſe des Monats ſehen wir ſie ¾ Stund lang. Am 24. Juli abends um 8 Uhr wird die Venus in Kon - junktion mit unſerem Monde ſein und unterhalb des letzteren ſtehen. Die beiden helleuchtenden Geſtirne werden in dieſer Konſtellation einen prächtigen Anblick bieten. Der Mars, der Modeplanet unſeres Jahrhunderts, iſt im Juli nicht ſichtbar, denn er ſteht zu nahe bei der Sonne, verſchwindetalſo in ihren Strahlen. Der Jupiter, der Rieſe unter all den anderen Planeten, taucht am Beginn des Monats, und zwar nach Mitternacht, im Nordoſten wieder auf. Er iſt im Sternbilde der „ Zwillinge “zu finden. Der Saturn, dieſes Rätſel in unſerem Sonnenſyſtem, erſcheint im Bilde des „ Waſſermannes “, und zwar geht er um die Mitte des Monats um 10 Uhr abends unter den Sternen auf, gegen Ende des Juli aber ſchon um 9 Uhr. Die ganze Nacht leuchtet er in ſeinem bleifarbenen Lichte am Himmel und ſein Ringſyſtem hat ſich im Laufe der letzten Zeit noch mehr ge - ſchloſſen. Der Uranus kann im Sternbilde des „ Schützen “die ganze Nacht hindurch im Fernrohre geſehen werden; er zeigt ſich uns als Stern ſechſter Größe. Der Neptun aber, der vorläufige Grenzwächter unſeres Planetenſyſtems, welchen der berühmte Leverrier errechnete und den Galle dann in Berlin mit dem Fernrohre auffand, iſt im Juli nicht zu ſehen. Am 2. Juli ſteht dieſer Planet in Konjunktion mit unſerem Tagesgeſtirn. Während die Helligkeit des Tages am 1. Juli noch bis um 9 Uhr abends andauerte, hat ſie bis zum 20. Juli bereits um eine Viertelſtunde abgenommen.
Der Fixſternhimmel zeigt uns am 1. Juli abends um 10 Uhr folgende Sternbilder, von Süden nach Norden zu geſehen:
Den „ Antonius “, den „ Adler “, den „ Schlangenträger “, die „ Schlange “, die „ Wage “, die „ Jungfrau “, den „ großen Löweu “, den „ kleinen Löwen “, die „ Jagdhunde “, den „ Bootes “, die „ Krone “, den „ Herkules “, die „ Leyer “, den „ Schwan “, den „ Delphin “, den „ Pegaſus “, die „ Andromeda “, den „ Drachen “, den „ großen Bären “, den „ Luchs “, den „ Caſſiopeja “, den „ Cepheus “und den „ kleinen Bären “.
Wenn die Sonne ſich losgeriſſen hat von den Liebes - feſſeln ihres Tages, und jene wunderſame Ouverture ver - klungen iſt, welche die hehre Lichtkompoſition der Nacht ein - leitet, dann flammt jetzt am Abendhimmel, wie ein Edel -
wird. Der geſchätzte Profeſſor lächelte über die Ehre, die ihm die Zeitungsnachrichten antun. Tatſächlich ſei an dieſem Gerücht ebenſowenig ein Körnchen Wahrheit wie an dem von der demnächſtigen Bildung eines Parlaments-Kabinetts. Der Duma-Präſident Muromzew ſelbſt weiß ebenfalls nichts davon. Wie mir Profeſſor Meljukow weiter verſicherte, ſei Muromzew überhaupt nur einmal vom Zaren empfangen worden und zwar gelegentlich ſeiner Antrittsaudienz als Präſident der Reichsduma. Auf meine Frage: „ Wird es überhaupt zu einem Parlamentskabinett kommen? “zuckte Profeſſor Meljukow mit den Achſeln. Darauf äußerte er ernſt: „ Vielleicht; doch könnte der rechte Moment dabei leicht ver - paßt werden. Alsdann wäre alles, was von der Regierung geſchehen könnte, bereits zu ſpät. Vorläufig ſcheint das Ka - binett Goremykin ſich immer noch zu behaupten. “ Meljukow ſieht mit Beſorgnis in die nächſte Zukunft Rußlands.
Das erſte Bataillon des Pre - obraſchenski-Regimentes iſt bereits an ſeinem Verbannungs - ort in Medjed mit dem Kommandeur Fürſten Trubetzkoi eingetroffen. Es wird alsbald neu uniformiert werden und dabei ſeiner Gardeabzeichen verluſtig gehen. Die Untermilitärs ſtehen unter ſtrengſter Bewachung. Heute wurden übrigens noch weitere 80 Mann und 4 Offiziere des erſten Bataillons des Preobraſchenski-Regiments verbannt, und zwar nach Futoriſch, einer kleinen Station der Moskau-Rybinski - Eiſenbahn. Die Namen der verbannten Offiziere ſind: Bataillonskommandeur und Flügeladjutant Fürſt Alexander Trubetzkoi, Kompagniechef Manſurow, Oberſt Michai - low, Hauptmann Staritzki, Kompagnie-Kommandeur Fürſt Alexander Obolenski, der ſeinerzeit dem Kaiſer Wilhelm attachiert war. Premierleutnant Peregorodsky, Bataillonsadjutant Schomanski, die Leutnants Prik - lowsky, von Dehn und Jeſſaulow. Die Ausſtoßung des 1. Bataillons aus den Liſten der Garde hat auf die höheren Militärs einen niederſchmetternden Eindruck gemacht. Die beſtraften Offiziere dürften nach und nach ihren Abſchied einreichen.
Die „ Nowoje Wremja “meldet aus Batum: Die Gärung unter den Mannſchaften der Feldartillerie dauert fort. Den Meuternden wurde zum Ergeben eine Friſt geſtellt, die morgen abläuft. In der Stadt dauert das Morden und Rauben fort.
Aus Kiew wird gemeldet: Seit den letzten Tagen ſchwirren hier alle möglichen Gerüchte über neue Judenhetzen umher, die heute in Bialyſtok in - ſzeniert werden ſollen. Die Juden fliehen, von Furcht ergriffen, nach dem Auslande. In den abgehenden Zügen iſt kein Platz mehr zu haben.
Wie es ſcheint, waren die Befürchtungen auch nicht grundlos, denn heute erſchien eine Kundgebung des General - gouverneurs Suchomlinoff, worin dieſer bekanntgibt, daß nicht nur die Exzedenten ſelbſt, ſondern auch die An - ſtifter von Judenhetzen ſofort den Militärgerichten überwieſen werden ſollen.
Die in der Vorwoche verhaf - teten und wieder freigelaſſenen Redakteure berichten, daß ſie der Polizeimeiſter des Moskauer Rayons in Anweſenheit vieler Wachmänner anſchrie: Die Juden müſſen alle ermordet werden. Bialyſtok iſt noch nichts. Da in Petersburg werden wir im weiten Rayon einen Po - grom und eine ſolche Abſchlachtung veranſtalten, daß kein einziger Jude am Leben bleiben wird.
Geſtern abends wurden drei Poliziſten und ein Gendarm durch Revolverſchüſſe tötlich verletzt.
Das Abgeordnetenhaus ſoll ſeine Tagung bis Ende Juli fortſetzen. Der Wahlreformausſchuß dürfte bis dahin ſeine Aufgabe vollſtändig erledigt haben. Die Sommerferien des Abgeordnetenhauſes ſollen ſehr kurz ſein, da bereits in den erſten Tagen des September die Herbſtſeſſion beginnen ſoll. Im Oktober ſollen die Delega - tionen in Budapeſt zuſammentreten, um das Budget pro 1907, zu beſchließen.
Die Sitzung des Budgetausſchuſſes, zu welcher der geweſene Miniſterpräſident Dr. v. Koerber ſowie die ehemaligen Miniſter Dr. v. Böhm und Freiherr v. Call eingeladen ſind, iſt für Mittwoch, 9 Uhr vor - mittags, anberaumt.
Der Brünner Korreſpondent der „ Politik “hatte eine Unterredung mit einem czechiſchen Abge - ordneten über die Chanzen der Wahlreform. Der Abgeordnete ſagte, es werde betreffs der Mandatzahl und Mandatsauf - teilung für Mähren einen harten Kampf geben. Indeſſen habe er ſeit einigen Tagen den Eindruck, daß doch noch das jetzige Parlament die Wahlreform fertigſtellen werde. Es ſeien gegenwärtig höhere Einflüſſe intenſiver als je zuvor für das Gelingen der Wahlreform tätig.
Aus Wien wird gemeldet: Der Kaiſer hat heute um 11 Uhr vormittags den Handels - miniſter Koſſuth, um 12 Uhr den Miniſterpräſidenten Dr. Wekerle und um halb 1 Uhr den Ackerbauminiſter Daranyi in beſonderer Audienz empfangen.
Der „ Zeit “wird aus Budapeſt ge - meldet: Die heutige Audienz der ungariſchen wirtſchaftlichen Fachminiſter beim Kaiſer ſteht offenbar mit den bevorſtehenden Ausgleichsverhandlungen zwiſchen Oeſterreich und Ungarn im Zuſammenhange. Der Monarch hat bereits vor einigen Tagen den Wunſch geäußert, die einzelnen beteiligten ungariſchen Miniſter mögen vor Beginn der eigentlichen Ausgleichsverhandlungen vor ihm erſcheinen und ihn über den ungariſchen Standpunkt informieren. Koſſuth war auchbereits für Mittwoch zur Audienz berufen; doch mußte dieſe wegen Ermüdung des Monarchen unterbleiben. Heute haben die ungariſchen Miniſter dem Kaiſer ihren Standpunkt mitgeteilt.
In hieſigen ungariſchen Kreiſen verlautet, daß Koſſuth in ſeiner heutigen Audienz beim Monarchen auch über ſeine Pläne betreffs der zu bauenden Waſſerſtraßen referiert habe.
Während der Delegationstagung haben wiederholt Beſprechungen zwiſchen Dr. Wekerle und Baron Beck ſtattgefunden, ohne daß es dabei zu irgendwelchen meritoriſchen Verhandlungen gekommen wäre. Für den Monat Juli iſt eine neuerliche Begegnung der beiden Miniſterpräſidenten in Ausſicht genommen. Der Zeitpunkt der eigentlichen Verhandlungen iſt noch nicht feſtgeſtellt. Die vorbereitenden Arbeiten des öſterreichiſchen Referenten - komitees dürften kaum vor Ende Juli abgeſchloſſen werden und das Zuſammentreten zu meritoriſchen Beratungen zwiſchen den beiden Komitees nicht vor dem Monate Auguſt in Ausſicht ſtehen.
Die ungariſche Delegation hielt geſtern vormittags 10 Uhr eine Plenarſitzung. Nach Authentizierung des Prokolls der geſtrigen Sitzung wurde das Heeresbudget in dritter Leſung votiert. Hiemit erſcheinen ſämtliche, der ungariſchen Delegation zugegangenen Vorlagen durch die Delegation erledigt. Die Beſchlüſſe werden der öſterreichiſchen Delegation mitgeteilt werden. Zugleich wird auf Vorſchlag des Präſidenten dieſer mit Rückſicht darauf, daß die Nuntien der öſterreichiſchen Delegation noch nicht eingetroffen ſind, ermächtigt, die Nuntien ſeinerzeit zu übernehmen, in kurzem Wege an das Siebener-Konzentrierungskomitee zu überweiſen, und zur Entgegennahme des Berichtes dieſes Komitees eine neuerliche Delegationsſitzung einzuberufen, welche vorausſichtlich die Schlußſitzung der Delegation ſein wird. Nach der Authen - tizierung des Protokolls der heutigen Sitzung wurde dieſe geſchloſſen.
„ Budapeſti Hirlap “meldet aus Bukareſt: In der Liſte jener Perſönlichkeiten, welche an - läßlich der Bukareſter Ausſtellung Auszeichnungen erhalten ſollen, und die der öſterreichiſch-ungariſche Generalkonſul über Aufforderung der rumäniſchen Regierung vorlegte, kam auch der Name des Wiener Bürgermeiſters Dr. Lueger vor. Die rumäniſche Regierung hat daraufhin in höflicher Form dem Generalkonſul mitgeteilt, daß ſie nicht in der Lage ſei, Dr. Lueger eine Auszeichnung zu geben, weil dieſer durch ſein taktloſes Betragen anläßlich ſeines Bukareſter Beſuches Rumänien faſt in einen Konflikt mit Ungarn geſtürzt hätte und die Gefahr heraufbeſchwor, daß der ungariſche Ausſtellungspavillon geſperrt wird.
Wie die Blätter melden, hat der König dem Kreuzer „ Extra - madura “, der gegenwärtig in Kiel vor Anker liegt, den Be -
ſtein an der verbrämten Schleppe des Purpurmantels der Gonnengöttin, ein herrliches Geſtirn auf. Es iſt die ſchöne Venus, — unſer goldener Abendſtern!
Den funkelnden Lichtboten nannten die Alten Hesperus und Phosphorus; er iſt der Dunkelſtern der deutſchen Dichter und der Stern der heiligen Jungfrau!
In 214⅓ Tagen umwandelt er den Sonnenball, von dem er etwa 108 Millionen Kilometer entfernt iſt. Da er zu den unteren Planeten gehört, ſo kann er niemals in den eigentlichen Nachtſtunden am Firmamente erſcheinen.
Die Schweſter der alten Erde iſt einem Phaſenwechſel unterworfen, genau ſo, wie unſer Mond, der unſere ſorgen - vollen Nächte mit ſeinem milden Dämmerlichte labt. Die Venus iſt zweifellos mit einer Atmoſphäre umgeben, die ſehr wahrſcheinlich dichter und höher iſt, als die irdiſche. Watſon allerdings hat ihre Höhe nur auf zwölf geographiſche Meilen berechnet, was der Höhe unſerer Erdatmoſphäre ent - ſprechen würde.
Das Spektroſkop, jener feine Lichtzerleger, der uns aus der fernen Sternenwelt ſoviel intereſſantes berichtet, ſagt uns, daß die Venus-Atmoſphäre ſehr viel Waſſerdampf enthält, und ſomit die Sonnenſtrahlen nur ſehr wenig in ihre Luft - hülle eindringen können. Aber auch noch etwas anderes ver - kündete uns das Spektroſkop, nämlich, daß gewiſſe Linien - verſchiebungen im Farbenbande der Venus auf eine Rotation (Umdrehung des Planeten um ſeine eigene Achſe) zu etwas über 24 Stunden hindeuten. Damit war eine, ſehr viel Aufſehen erregende Anſicht des berühmten Mailänder Aſtro - nomen Schiaparelli hinfällig geworden, der glaubte, daß ein Venustag gleich einem Venusjahre ſei. Er leitete dieſe ſeine Anſicht aus Flecken ab, die er wie auch andere Himmels - forſcher auf der hellen Phaſe des Planeten geſehen hatten. Aus dieſen Flecken hatten ſchon de Vico und Schröter, der ſternkundige Oberamtmann zu Lilienthal, die Umdrehung der Venus um ihre Achſe zu 24 Stunden beſtimmt. Wir haben für die Rotationsbeſtimmung des Planeten leider nur ſehr geringe Anhaltspunkte, zumal man in jüngſter Zeit die Flecken auf der Venus vielfach als eine optiſche Täuſchung bezeichnet.
Zu den ſeltſamſten Lichterſcheinungen aber, die uns noch völlig rätſelhaft ſind, gehört das „ ſekundäre Licht “der Venus. Wir ſprechen von einem „ ſekundären Mondlichte “und wiſſen genau, daß dieſes nichts anderes, als reflektierendes Erdlicht iſt; aber das „ ſekundäre Venuslicht “dürfen wir uns keinesfalls in derſelben Weiſe erklären, denn unſere Erde ſteht der Schweſter viel zu fern! Was iſt es dann aber? Man hat die verſchiedenſten Deutungen gegeben. Einige Forſcher ſind der Anſicht, daß die Oberfläche der Venus eine phosphoreszierende Strahlung abgibt, andere halten dieſe Erſcheinung für ſtarke Polarlichter auf jener Welt und wieder andere glauben, daß unſer Dreikreislicht auch die Nachtſeite der Venus erleuchte.
Der Aſtronom Gruithuiſen, der nie um eine Erklärung dann verlegen war, wenn es galt, eine „ Hypotheſe “zu befeſtigen, dachte ſogar an Feuerfeſte der Venusbewohner, die uns Menſchen dadurch zugleich ein Zeichen ihres Daſeins im Weltall geben wollten!
Die Venus hat keinen Mond, wenigſtens hat man mit unſeren feinen und ſcharfen Inſtrumenten einen ſolchen noch nicht entdecken können. Es gab aber eine Zeit, wo man allen Ernſtes an dieſen heimlichen Verehrer der ſchönen „ Himmels - frau “glaubte. Berühmte Aſtronomen wollten ihn ſogar geſehen haben.
Die Unzulänglichkeit der damaligen Ferngläſer hat aber ſehr wahrſcheinlich den Irrtum veranlaßt, und der AſtronomStroobant hat ſich einmal die Mühe gemacht, dieſen Venus - mond rechneriſch zu „ entdecken “. Er fand dabei, daß in faſt allen uns bekannten Fällen ein Fixſtern in der Nähe der Venus geſtanden und ſo das Phänomen des „ Venusmondes “hervorgerufen habe.
Den Aſtronomen hat die Venus lange auch einen guten Dienſt inſofern geleiſtet, als ſie uns bei einem „ Venus - durchgange “Gelegenheit gab, den Abſtand der Erde von der Sonne zu beſtimmen. Indeß ereignen ſich ſolche „ Venus - durchgänge “überaus ſelten, in einem Jahrhundert kaum zweimal, und dann muß dabei noch ſchönes, klares Wetter ſein. Die Aſtronomen waren deshalb in arger Verlegenheit! Da entſtand ihnen ein Helfer in einem winzigen Zwerge in unſerem Sonnenreiche, nämlich in dem Planetoiden Eros. Dieſer kommt außer unſerem Monde der Erde am nächſten und bietet uns ſo eine recht willkommene Handhabe, jene Rechnung auch ohne die unzuverläſſige Frau Venus aus - zuführen. In neueſter Zeit bedient man ſich zur Parallaxen - beſtimmung nach der photographiſchen Methode. Wollte man die Frage ſtellen, ob die Venus ebenſo, wie die Erde bewohnt ſei, ſo müßten wir erſtere glatt verneinen. Vorläufig iſt der Planet nicht geeignet, menſchenähnlichen Weſen ein Zuflucht auf ſeiner Oberfläche zu bieten. Er iſt noch ein Erdſtern im Kindesalter und gleicht in ſeinem Aeußeren ſehr wahrſcheinlich unſerer Erde in der Zeit der Steinkohlenperiode. Dichte Wolkenmäntel bedecken die lauwarmen Meere der Venus - oberfläche, und das Ganze trägt den Charakter des Sumpfigen. Einmal wird auch Venus wohl organiſches Leben beherbergen und eine Welt entfalten, welche den Lebensbedingungen auf ihr entſpricht. Es müßte denn gerade ſein, daß ihr im großen Einheitsplane des Weltgeſchehens eine andere Entwicklung zugedacht wurde!
fehl zugehen laſſen, nach Kronſtadt abzugehen, um den Kaiſer von Rußland zu begrüßen.
Der neue Miniſter des Auswärtigen kündigt wichtige Veränderungen in der diplomatiſchen Vertretung Spaniens im Auslande und namentlich einen Wechſel auf dem Berliner Poſten an. Der Miniſter erklärte ferner, daß er ſich mit den mit Deutſchland, Frankreich, der Schweiz, Italien und England abzuſchließenden Handelsverträgen beſchäftige.
Vor zwei Tagen ſchoſſen Nizams und Arnauten vom Fort Pepitſch auf an der Grenze bei Velika poſtierte monte - negriniſche Schildwachen. Geſtern gaben ſie neuerlich Schüſſe auf die Montenegriner ab und töteten einen Mann. Heute erfolgte ein gleicher Angriff von Fort Tſchakovet, wobei zwei montenegriniſche Soldaten getötet wurden. Die mon - tenegriniſchen Soldaten haben Befehle erhalten, das Feuer nicht zu erwidern. Die montenegriniſche Regierung hat an die türkiſche Regierung einen energiſchen Proteſt gerichtet.
Geſtern fand in Anweſenheit des Erzherzogs Eugen und des Eiſenbahnminiſters Derſchatta die feierliche Eröffnung der Vintſchgaubahn ſtatt.
Der zwiſchen London und Southampton verkehrende Expreßzug entgleiſte geſtern bei Salisburg. Den letzten Nachrichten zufolge wurden 23 Perſonen getötet und viele verletzt.
Heute fand die Eröffnung der Telephonlinie Paris — Rom ſtatt.
Der Schriftſteller Jean Lorrain iſt heute geſtorben.
In der Tabakfabrik Xabregas brach geſtern ein Brand aus. Der bedeutende Schaden iſt durch Verſicherung gedeckt.
Anläßlich der Anweſenheit des Kaiſers Franz Joſeph in Reichenberg hatte ein Journaliſt eine Unterhaltung mit dem Leibarzte des Kaiſers Dr. Kerzl, der ihm unter anderem folgende intereſſante Mitteilungen machte: „ Ich erſcheine jeden Morgen beim Kaiſer, um mich über ſein Befinden zu erkundigen, und erhalte ſtets dieſelbe kategoriſche Antwort: „ Mir fehlt gar nichts “. Der Geſundheits - zuſtand des 76 Jahren alten Monarchen iſt derzeit der denkbar günſtigſte. Der Kaiſer gehört zu denjenigen Perſonen, die ein Menſchenalter hindurch nicht einmal Kopfweh verſpürten. Der Kaiſer und der um drei Jahre ältere Erzherzog Rainer ſind die geſündeſten Habsburger. Bei keinem von beiden ſind die Erſcheinungen des Greiſenalters wahrzunehmen. Das wird allerdings durch die Lebensweiſe des Kaiſers erklärlich. Er trinkt täglich nur zwei Glas Bier, ſchläft viel, und namentlich wird darauf geachtet, daß er ſich keine Erkältung zuzieht, beſonders während der Reiſe. — Auf der Fahrt nach Reichenberg geſchah es, daß der Kaiſer den Hofzug auf offener Strecke halten ließ, um ſich raſieren zu laſſen. Die Verſpätung mußte dann durch den Lokomotivführer durch raſchere Fahrt wieder eingeholt werden, denn der Kaiſer duldet keine Unpünktlichkeit. Der Zahnarzt beſucht den Kaiſer jährlich einmal, hat aber auch dann nichts zu tun; der Monarch beſitzt mit Ausnahme von drei Zähnen noch ſein ganzes Gebiß. Mit einem Worte “, ſchloß der Leibarzt, „ wir haben keinen Grund, um den Geſundheitszuſtand des Kaiſers beſorgt zu ſein: er erfreut ſich, Gott ſei Dank, einer blühenden Geſundheit “.
Aus Wien, 1. Juli wird berichtet: Wie aus dem Handelsminiſterium verlautet, dürfte die geplante Erhöhung der Poſtgebühren aufgeſchoben werden, da ſich im Publikum allgemein ein heftiger Widerſtand gegen die geplante Maßnahme erhebt.
Aus Trier telegraphiert man: Kurz vor Abgang des Schnellzuges 152 Köln-Straßburg ſtürzte heute Mittags ein großer Teil des Tunnels bei Wettlach ein. Der Verkehr iſt vollſtändig geſtört. Der Schnellzug iſt einer großen Gefahr entronnen.
Unter den zahlreichen illuſtren Kurgäſten, welche das Nordſeebad Weſterland-Sylt in dieſem Jahre bereits aufgeſucht haben, iſt u. a. Se. Königliche Hoheit der Erbgroßherzog von Mecklenburg-Strelitz zu nennen, der unter dem Incognito Graf Wenden im „ Hotel Hohenzollern “auf längere Zeit Wohnung genommen hatte, um völlig un - gezwungen, frei von jeder höfiſchen Etiquette, leben zu können. Außer den vielgerühmten Machtmitteln der Natur verdankt ja Weſterland-Sylt ſeinen Ruf gerade ſeinem internationalen großſtädtiſchungenierten Badeleben, wo jeder einzelne ganz nach ſeinen Verhältniſſen und nach ſeinem Geſchmack leben kann. Fürſt und Börſianer, hohe Diplomalen, Offiziere und Kaufleute, alle wohnen einträchtig unter einem Dach und ge - nießen mit vollen Zügen, was eine grandioſe Natur im Verein mit geſchickter Menſchenhand zu bieten vermag. Um die vielbeſungenen Reize der. „ Königin der Nordſee “— wie Weſterland-Sylt ja mit Recht genannt wird — immer weiteren Kreiſen zugänglich zu machen, hat die Hamburg - Amerika-Linie in den vergangenen Wochen zahlreiche Sonder - fahrten nach dem meerumbrauſten Eiland veranſtaltet, die denn auch zur Folge hatten, daß aus einer großen Schar flüchtiger Wanderer eine ſtattliche Zahl dauernder Kurgäſte zurückblieb. So iſt es denn, zumal ſeitens der Badedirektion zahlreiche Verbeſſerungen und Neuerungen ins Werk geſetzt worden ſind, auch kein Wunder, daß die Kurliſte in dieſer Saiſon bereits doppelt ſoviel Badegäſte meht aufweiſt, als zur nämlichen Zeit im vergangenen Jahr. Aus dem überaus reichhaltigen Programm der Badedirektion kann heute nur verraten werden, daß es für die nächſten Wochen eine Fülle von Ueberraſchungen und Kurzweil mannigfaltigſter Art enthält. All die prächtigen Vergnügungsſtätten und luxuriöſen Reſtaurants haben ihre goldſchimmernden Hallen geöffnet, wiederum jauchzen die Fidelen und ſchöner Frauen Augen wetteifern mit dem Funkeln zahlloſer elektriſcher Lichter. Nun mögen ſie kommen, die zahlreichen Scharen vergnügungsluſtiger und erholungsbedürftiger Gäſte, die „ Königin der Nordſee “iſt zum Empfang gerüſtet! Jeder, der in ihren Bannkreis tritt, wird auf ſeine Rechnung kommen.
Das geſchichtliche Leben der Menſchheit, wie es in den großen Schöpfungen der idealen Kultur gipfelt, kommt im gewaltigen Ringen der Staaten zum Ausdruck.
Trotz aller Kunſt der Unterhandlung, die durch ein Gleichgewicht der Macht und kluge Ausgleichung der ver - ſchiedenen Intereſſen einen Zuſtand des Friedens herzu - ſtellen und zu ſchützen ſucht, geſchieht es in den Knoten - punkten der Entwicklung, daß die Intereſſen unvereinbar und damit die Ordnung der gegenſeitigen Verhältniſſe der Staaten auf die Macht allein geſtellt wird.
Die innere Leiſtungsfähigkeit und Kulturhöhe des Staates hat ſich dann durch den Krieg zu erproben; die Entſcheidung des Krieges weiſt dem Staate das Maß von Wirkſamkeit zu, das er fortan auf der Bühne der Geſchichte zu üben hat.
In der Vorbereitung auf dieſe furchtbaren Kriſen des Staatslebens und in der Aufopferung, ſie zu beſtehen, ge - winnen und üben die leitenden Völker der Geſchichte die Kräfte ihrer geſchichtlichen Tätigkeit.
Auch Oeſterreich kam im Laufe der Jahrhunderte in die Lage, durch den Krieg den Beſtand der Monarchie zu erhalten, für das Volk und ſeine Unabhängigkeit zu kämpfen, ſowie die höchſten Güter zu verteidigen.
Im denkwürdigen Jahre 1866 wurde Oeſterreich in zwei Kriege mit Nachbarſtaaten verwickelt, und von zwei mächtigen Gegnern gleichzeitig im Süden und Norden bedroht.
Die Monarchie mußte alle disponiblen Kräfte ſammeln, um ſich dieſer mächtigen Gegner zu erwehren und um den Beſtand und die Integrität der Monarchie zu erhalten.
Wahrlich ein kritiſcher Moment für die Monarchie, um ſo kritiſcher als die k. k. Armee, durch die vorangegangenen Kriege erſchöpft, arg hergenommen und die preußiſche Armee mit Hinterladern ausgerüſtet war.
Und ſo erſcheint Oeſterreich auf zwei Kriegsſchau - plätzen, im Süden mit Italien, im Norden mit dem jung - aufblühenden preußiſchen Staate engagiert.
Wie es im Süden unter der bewährten Leitung des energiſchen, umſichtigen, kriegserprobten Heerführers, des Feldmarſchalls Erzherzog Albrecht ſiegreich war, ſo erlitt die Nordarmee auf den böhmiſchen Schlachtfeldern empfindliche Niederlagen, die nicht im Mangel an Tapferkeit und nicht im Fehlen der Ausdauer der k. k. Armee zu ſuchen ſind.
Einer näheren Kritik die ſo oft beſprochenen Nieder - lagen zu unterziehen, iſt heute wohl nicht am Platze, da es ſich darum handelt, am Jahrestage der Schlacht von Königgrätz, die den Ausſchlag für dieſe ganze Kriegsoperation gegeben hat, zu zeigen, welch’ mächtige Umwälzung ſelbe auf die Entwicklung der ganzen Monarchie (Ausgleich 1867) insbeſondere auf die Entwicklung der k. k. öſterreichiſchen Armee in einem 40jährigen Zeitraume gemacht hat.
Langſam verheilten die Wunden, die es davongetragen hat, und die Epiſoden dieſes Krieges gehören nur mehr der Geſchichte an; aber ſo wie jedes Unheil, hat auch dieſe Niederlage mächtig auf die Entwicklung und Ausgeſtaltung der Armee gewirkt und den Antrieb zu neuer ſchöpferiſcher Tätigkeit gegeben.
Denn, aus der Feuerprobe des Krieges gehen die Völker und Staaten geſtählt hervor, um auf beſſer breiteter Grundlage ihrem Berufe zu obliegen.
Das Vermorſchte und Haltloſe geht in den großen Kriſen zugrunde, das, was innere Lebenskraft bewahrt hat, rafft ſich nach ſchwerem Fall auf, um auf neuer Grundlage zu neuen Höhen emporzuklimmen.
Und dieſe Höhen hat Oeſterreich in dieſem 40jährigen Zeitraume — vollkommen erklommen.
Heute kann die Monarchie mit Stolz auf die 40jährige Reorganiſation und Umgeſtaltung der Armee und mit Zu - verſicht in die Zukunft blicken; denn ſie verfügt über ein vorzüglich diszipliniertes, geſchultes, modern ausgerüſtetes, treu dynaſtiſches und opferfreudiges Heer, welches berufen iſt, Schild und Schwert nach außen, ſowie die Stütze des Thrones und der geſetzlichen Ordnung im Innern zu ſein.
Und wie Schiller im Lied von der Glocke ſagt: „ Friede ſei ihr erſt’ Geläute “, ſo haben ſich ſeit dieſem Kriege beide Staaten genähert, die Wohltaten des Friedens eingeſehen und ſich zu friedlicher Tätigkeit, zur Hebung der Kultur und der Volksintereſſen geeinigt.
Dieſe Einigung erhält Europa den Frieden, und aus dem grimmigen Gegner iſt ein treuer, edler und aufrichtiger Bundesgenoſſe, zur Aufrechterhaltung des Friedens, ge - worden.
I.
Aus dem Anlaſſe der Wiederkehr des 3. Juli, als des Schlachttages bei Königgrätz, ſei es mir geſtattet, auch der heldenmütigen Mitwirkung unſeres braven mutigen und kriegsbewährten Infanterie-Regiments, jetzt Erzherzog Eugen Nr. 41; aber auch der braven tapferen Krieger dieſes Regiments, die für Kaiſer und Vaterland auf dem Felde der Ehre ihr Leben gelaſſen haben — zu gedenken.
Mit dem Friedensſchluſſe zu Wien vom 30. Oktober 1864 hatte Dänemark die Herzogtümer Schleswig, - Holſtein und Lauenburg an Oeſterreich und Preußen abgetreten.
Es traten bezüglich des beiderſeitigen Beſitzrechtes Schwierigkeiten auf, und in der Konferenz zu Gaſtein wurde der Beſchluß gefaßt, daß Preußen in Schleswig, Oeſterreich in Holſtein die im Wiener Frieden erhaltenen Rechte auszu - üben haben.
Preußen wollte jedoch den alleinigen Beſitz dieſer Provinzen erwerben, miſchte ſich in die Verwaltung von Holſtein ein, und es kam zwiſchen den beiden Mächten zu einem unlieb - ſamen Konflikte.
Preußen trat zu Beginn des Jahres 1866 in Allianz - verbindungen mit Italien und begann zu rüſten; es war daher nicht mehr zweifelhaft, daß Preußen nur auf eine äußere Veranlaſſung warte, um Oeſterreich, wegen der Suprematie in Deutſchland — den Krieg zu erklären.
Auch Oeſterreich begann zu rüſten und die für den Krieg notwendigen Vorbereitungen zu treffen.
Preußen erließ im Monate März den Mobiliſierungs - befehl: Oeſterreich, welches von friedfertigen Abſichten beſeelt war — erſt im Monate April.
(Fortſetzung folgt.)
In der letzten Sitzung des Gemeinderates brachte der Vorſitzende nachſtehende Zu - ſchrift zur Verleſung: „ Hochverehrter Herr Bürgermeiſter! Anläßlich meiner bevorſtehenden Ueberſiedlung nach Wien ſehe ich mich veranlaßt, meine Stelle als Mitglied der Lokal-Sanitätskommiſſion niederzulegen. Während der 32 Jahre meines Aufenthaltes in Ezernowitz hatte ich wiederholt Ge - legenheit, an der Löſung verſchiedener, die Sanitätspflege der Stadt betreffender Fragen mitzuwirken, bin dadurch mit den Mitgliedern des Magiſtrates und des Gemeinderates vielfach in Berührung gekommen. Bevor ich aus der Stadt, die mir eine zweite Heimat geworden, ſcheide, iſt es mir eine angenehme Pflicht, all dieſen Herren für ihr jederzeit liebenswürdiges Entgegenkommen meinen herzlichſten Dank zu ſagen. Dieſer Dank gebührt vor allem auch Ihnen, ver - ehrter Herr Bürgermeiſter. Ich errinnere mich noch ſehr wohl der Eröffnungsfeier unſerer Univerſität, deren glänzender Verlauf in hervorragender Weiſe Ihrer Mitwirkung zu danken war. Dieſe Feier hat den Verkehr zwiſchen uns zuerſt angebahnt, der in den vielen Jahren ſtets ungetrübt geblieben iſt. Wollen Sie, verehrter Herr Regierungsrat, für dieſe langjährige Freundſchaft meinen beſten Dank und die Verſicherung entgegennehmen, daß mir die gemeinſam verlebte Zeit ſtets in angenehmer Erinnerung bleiben wird. Mit vorzüglicher Hochachtung ergebenſt R. Pribram m. p. “— Der Gemeinderat hat unter lebhaftem Beifalle einſtimmig beſchloſſen, den Bürgermeiſter zu ermächtigen, dem um die Stadt vielfach verdienten Hofrate den Dank der Stadtver - tretung ſchriftlich bekannt zu geben. In Ausführung dieſes Beſchluſſes hat Bürgermeiſter Dr. Reiß an den Herrn Hofrat nachſtehendes Schreiben gerichtet: „ In der letzten Sitzung habe ich das geehrte Schreiben vom 24. Juni, mittelſt melchem Euer Hochwohlgeboren anläßlich des Scheidens von Czernowitz auf die Stelle eines Mitgliedes der Lokal-Sanitätskvmmiſſion reſignieren, dem Gemeinderate zur Kenntnis gebracht. Der Gemeinderat hat mich nun unter lebhaftem Beifalle des Hauſes mittelſt einhelligen Beſchluſſes ermächtigt, Euer Hochwohlgeboren nicht nur für den der Stadt Czernowitz als langjähriges eifriges Mitglied der Lokal-Sanitätskommiſſion mit Ihrem großen Fachwiſſen im Intereſſe der öffentlichen Sanitätspflege und der in den letzten Dezennien durchgeführten Aſſanierung der Stadt auf wiſſenſchaftlichem Gebiete wiederholt geleiſteten wertvollen Beiſtand, ſondern auch für die in Ihrer amtlichen Stellung als Univerſitätsprofeſſor und während Ihrer wiederholten Funktion als Rektor Magnifikus unſerer Alma mater Francisco-Josephina ſowie als Vertreter derſelben im hohen Bukowiner Landtage bekundete Anhänglichkeit und die ſtets freundſchaftliche Geſinnung für unſere Stadt, den beſten und wärmſten Dank und die herzlichſte Sympathie des Czerno - witzer Gemeinderates im ſchriftlichen Wege bekannt zu geben. Indem ich nun Euer Hochwohlgeboren von dieſer Dankes -4Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 3. Juli 1906. und Sympathiekundgebung hiemit in Kenntnis ſetze, drängt es mich, auch im eigenen Namen ſowie als Chef des Stadt - magiſtrates im Namen desſelben dem tiefſten Bedauern über Ihr Scheiden von Czernowitz Ausdruck zu geben und daran mit dem beſten Danke für das bisherige freundſchaftliche Entgegenkommen die Verſicherung zu knüpfen, daß wir Euer Hochwohlgeboren ſtets ein warmes Angedenken bewahren wollen und daß Ihr verdienſtvoller Name in der Stadt Czernowitz, der Stätte Ihres 32jährigen ſegensreichen Wirkens, immer nur in Ehren genannt werden wird. Empfangen Euer Hochwohlgeboren zum Schluſſe die Verſicherung meiner aus - gezeichneten Hochachtung und Verehrung, mit der ich mich zeichne als Ihr ergebener Bürgermeiſter Regierungsrat Dr. Reiß m. p. “
hat in den letzten Tagen Radautz, Sereth und Suczawa beſucht und ſeinen Wählern eingehenden Bericht über ſeine Tätigkeit und die Situation im Parlamente erteilt. Prof. Dr. Skedl iſt bereits wieder nach Wien abgereiſt.
Anläßlich des Scheidens des Herrn Hof - rates Profeſſor Dr. Pribram vom Lehramte veran - ſtaltete der akademiſche Pharmazeutenverein „ Hygiea “, deſſen Protektor Hofrat Pribram iſt, am 29. v. M. eine intime Abſchiedsfeier, bei welcher das Bild des Gefeierten im Vereinslokale enthüllt wurde. Es hatten ſich zu dieſer ſchönen und würdigen Feier die geſamte Aktivitas der Hygiea “zahlreiche Alte Herren und ehemalige Schüler eingefunden. Herr Magiſter der Pharmazie Albrecht hielt eine formvollendete Anſprache, bei der er die großen Ver - dienſte des Herrn Hofrates Pribram um die Pharmazie in der Bukowina ſowie um den Verein würdigte. Es ſprach ſodann der Gremialvorſteher Dr. Barber freundliche Worte des Dankes namens der Apotheker, worauf Hofrat Pribram tief gerührt erwiderte und ſeiner Freude Ausdruck gab, daß der Apothekerſtand an ihn gedacht und ſeine Bemühungen um die Ausbildung der Pharmazeuten ſtets zu würdigen verſtand. Namens der Beamten der ſtaatlichen Unterſuchungs - anſtalt für Lebensmittel überreichte Inſpektor Dr. Wender eine prächtige Kaſſette mit photographiſchen Aufnahmen der Anſtalt.
Dem Bauoberkommiſſär in Radautz Innocenz Hellebrand wurde der Titel eines Inſpektors verliehen.
Der Kaiſer hat mit Allerhöchſter Entſchließung vom 27. Juni d. J. geſtattet, daß dem Staatsanwalte der 6. Rangsklaſſe Leo R. v. Gojan in Suczawa anläßlich der von ihm erbetenen Verſetzung in den dauernden Ruheſtand für ſeine vieljährigen eifrigen und er - ſprießlichen Dienſte die Allerhöchſte Anerkennung bekannt gegeben werde.
Morgen, Dienſtag, findet in der Aula unſerer Univerſität die Promotion des Herrn Rudolf Wermer zum Doktor der Philoſophie ſtatt.
Med. Univ. Dr. M. Bräuer, geweſener Voluntärarzt an der Martiniſchen Polyklinik (für Frauen - krankheiten und Geburtshilfe) zu Berlin, der Klinik des Dermatologen Joſef und der Polyklinik des Dozenten Bendix (für Kinderkrankheiten), der Klinik Profeſſor Schrötters in Wien u. ſ. w. hat ſich in Czernowitz, Stefaniegaſſe Nr. 7, etabliert und ordiniert von 2 — 4 Uhr nachmittags.
Der Miniſter für Kultus und Unterricht hat dem Profeſſor am 1. Staats - gymnaſium in Czernowitz Emilian Popescul eine Lehr - ſtelle an der gr. -or. Oberrealſchule daſelbſt und dem wirk - lichen Lehrer am Staatsgymnaſium in Radautz Dr. Markus Wachsmann eine Stelle am 1. Staatsgymnaſium in Czernowitz verliehen. Zum wirklichen Lehrer am Staats - gymnaſium in Radautz wurde der Supplent des Maximilian - Gymnaſiums in Wien, Dr. Maximilian Gottlieb, ernannt.
am 29. Juni und 2. Juli l. J. erbrachten wie alljährlich den Beweis, daß in dem einzigen größeren muſikaliſchen Erziehungsinſtitut, das das Land, beſitzt mit großem Ernſt, mit viel Wiſſen und Können ſeitens der Lehrer der Anſtalt Hrimaly, Horner, Pekelmann, Koller und Krämer intenſiv und pflichteifrig gearbeitet wird. Die jungen Künſtler boten ſchon manche beachtenswerte muſikaliſche Leiſtung und ſeien vornehmlich die Zöglinge Pawlitſchek Puchta, Mimeles, Groß, Neuberger, Pihuliak, und Müller lobend hervorgehoben. Der Vereinsobmann Landesregierungsrat Dr. v. Duzinkiewicz wohnte an beiden Tagen bis zum Schluße den Prüfungen bei und zeichnete viele Schüler durch aufmunternde Anſprachen und Belobungen aus. Iw letzten Schuljahr war die Muſikſchule von mehr als 200 Zöglingen beſucht.
Geſtern beging der Prokuriſt des Bukowiner Kreditvereines für Handel - und Gewerbe, Herr Hermann Goldſtein, ſein 25-jähriges Dienſtjubiläum, aus welchem Anlaſſe ihm ſeitens des Vorſtandes dieſes Vereines, der Kollegen des Jubilars, ſowie aus den Kreiſen der Bevölkerung, in denen ſich dieſer tüchtige Beamte großer Sympathien erfreut, viele Ehrungen und Auszeichnungen zuteil wurden. Herr Hermann Goldſtein, der am 1. Juli 1880 als Praktikant beim Sekretariat der Frucht - und Produktenbörſe ſeine Beamtenkarriere begonnen hat, trat am 1. Juli 1881 in den Bukowiner Kreditverein ein, wo er ſeit 25 Jahren ununterbrochen fungiert. Für ſeine umſichtige Tätigkeit und die hervorragenden Verdienſte auf adminiſtrativem Gebiete vom Vorſtande oft belobt, hat es Herr Goldſtein verſtanden, ſich auch bei den vielen Kreiſen, die mit dem genannten Inſtitute in Verbindung ſtehen, durch ſein kulantes Weſen und ſein ehrliches und objektives Vor - gehen große Beliebtheit zu erwerben, und die große Zahl der Glückwünſche, die ihm aus dieſen Kreiſen zum 25jährigen Dienſtjubiläum zukamen, ſind ein beredtes Zeugnis für die Anerkennung, die ihm gezollt wird.
Sonntag, den 8. Juli 1906 verkehren in der Strecke Czernowitz — Hliboka und zurück die Sondervergnügungszüge Nr. 335 und 336, Abfahrt von Czernowitz um 12 Uhr 40 Min. nachmittags, Ankunft in Kiczera um 1 Uhr 37 Min. Abfahrt von Kiczera um 1 Uhr 47 Min., Ankunft in Hliboka um 2 Uhr 8 Min., Abfahrt von Hliboka um 8 Uhr 15 Min. Abends, Ankunft in Kiczera um 8 Uhr 25 Min. abends, Abfahrt von Kiczera um 8 Uhr 35 Min. abends, Ankunft in Czernowitz um 9 Uhr 25 Min. abends. In Volksgarten, Molodia Derelui nnd Kuczurmare iſt bei dieſen Zügen der Aufenthalt von je 1 Minute vorgeſehen. Zu dieſen Zügen werden in den Stationen Czernowitz und Volksgarten ermäßigte Rückfahr - karten dritter Klaſſe nach Kiczera mit eintägiger Gültigkeit zum Preiſe von 1 K 30 h per Perſon ausgegeben werden. Kinder von 4 bis 10 Jahren werden zum normalen Preiſe von 90 h in dieſen Relationen abgefertigt. Die Züge können auch nach und von Molodia Derelui, Kuczurmare und Hliboka gegen Löſung von gewöhnlichen Fahrkarten benützt werden. Bei ungünſtiger Witterung wird der Verkehr der genannten Vergnügungszüge unterbleiben.
Herr Buchhändler Jäger, dem das reiſende Publikum die Bahnhofsbuchhandlungen an allen größeren Bahnhöfen unſeres heimatlichen Schienenſtranges verdankt, iſt im Begriffe, eine Zeitungszentralverſchleißſtelle am Ringplatze zu errichten. Es iſt zu erwarten, daß Herr Jäger bei Durchführung ſeines Planes bei allen maßgebenden Faktoren bereitwilligſte Unterſtützung finden wird.
Die Haute-Saiſon iſt herangerückt und mit ihr auch der Höhepunkt für die künſt - leriſchen Leiſtungen der Orpheumdirektion. Attraktionen von größter Originalität ſind neugewonnen worden, die durch die Merkwürdigkeit ihrer Produktionen Schauſtücke erſten Ranges ſind und das größte Intereſſe auch des verwöhnteſten Pub - likums erwecken müſſen. Da ſieht man einen eleganten Mann, namens G. Gobſom, am Kopfe gehen und tanzen und fragt ſich verwundert, wie denn ſo etwas möglich ſei. Die Tatſachen aber beweiſen, daß Herr Gobſon wirklich ein Kopfläufer iſt und ſeine Vorführung ohne geringſte Täuſchung macht. Etwas ſpäter treten die jungen Herren, in Frack gekleidet, auf die Bühne, und ehe man noch Zeit hat, ſich die neuen Artiſten recht anzuſchauen, ſieht man, daß es einem ganz ſchwindelig vor den Augen werden kann, Eiſenkugeln von beträchtlichen Dimenſionen in der Luft herumfliegen, Balanzen der ſchwierigſten Art vollführen und dann, daß ſie bei gleichzeitigen equilibriſtiſchen Uebungen dieſelben Jongleur - kunſtſtückeleien mit den Eiſenkugeln vorzunehmen. Auch dem ſtärkſten Mann wird es ganz kalt über den Rücken gehen, wenn er die Waghalſigkeit der 3 Harris betrachtet. Aber auch im humoriſtiſchen Genre leiſtet das neue Programm Vorzügliches. Mieri Marlow, die kleine neckiſche Soubrette im Frack, iſt wieder zu uns gekommen und mit ihr iſt wieder der echte Wiener Humor ins Orpheum eingezogen. In dem Komiker Heinrich Sacher haben die bisherigen beliebten Komiker dieſer Saiſon einen würdigen Nachfolger gefunden. Was letztere an Eleganz des Vortrages nnd an bunter Komik gehabt haben, beſitzt Sacher in „ derbem “Humor und damit beſiegt er alles. Lea Florence iſt eine chike Erſcheinung mit gutem Repertoire, wie ebenſo Nelly Palmay ein überſchäumendes Temperament beim Vortrag ihrer engliſchen Lieder beſitzt. In dem Nigger Geſangs - und Tanzduett Brodie und Brodie iſt die vollendeſte ameri - kaniſche Tanzkunſt mit der höchſten Eleganz des Auftretens vereinigt. Dieſe Nummer muß geſehen werden, damit ſie gewürdigt werden kann. Nicht in letzter Linie ſollen auf die komiſchen Produktionen der Frank d’Ort and Leonard als lobenswert erwähnt worden. Das jetzige Ronacher - prog[r]amm iſt das größte der diesjährigen Saiſon.
(Antrag der Mitglieder Joſef Gregor und Dr. Smal - Stocki. — Referat des Baurats Gregor namens der Bukowiner Handelskammer.)
Antrag: Das Eiſenbahnminiſterium wird dringendſt erſucht, den Fahrplan der Eiſenbahnlinien in der Bukowina ſowohl im Lokalverkehre als auch im Verkehre mit dem Weſten und mit Rumänien günſtiger auszugeſtalten.
Begründung: Seit Jahren wird die Bukowina im Verkehre mit dem Weſten ſo behandelt, als ob die Strecke Lemberg — Podwoloczyska die Haupt - und die Strecke Lemberg — Itzkany eine Nebenroute derſelben wäre und die Städte Zloczow, Tarnopol und Brody mehr Berechtigung hätten, mit dem Weſten raſcher zu verkehren, als die Städte Stanislau, Kolomea, Czernowitz, Suczawa, dann auch Rumänien, welche das Gros des Tranſit - verkehres für Lemberg zuführen. Im direkten Wagenverkehr ſtehen Krakau und Podwoloczyska in erſter Reihe, bis auf das Schnellzugspaar 301 und 302 haben alle ſonſtigen perſonenführenden Züge in der Strecke Krakau — Lemberg und in der Richtung gegen und von Brody — Podwoloczyska direkten Anſchluß. Dies erweckt den Anſchein, als ob es ſich beim Verkehre Krakau — Itzkany in Lemberg um den Ueber - gang zwiſchen zwei fremden Bahnverwaltungen handeln würde. Geht man aber der Sache auf den Grund, ſo findet man, daß es nicht ſo ſchwer fallen dürfte, die Bedürfniſſe der Linie Lemberg — Itzkany zu befriedigen, wollte man nicht unbedingt den minderwichtigen Anſchluß von Itzkany gegen Podwoloczyska ſichern. Zug 304 könnte wenigſtens eineinhalb Stunden ſpäter von Czernowitz abgehen und Zug 303 um mindeſtens 1 Stunde früher in Czernowitz ankommen. Das Stillager dieſer Züge in Lemberg iſt umſoweniger berechtigt, als dieAnſchlüſſe aus dem Süden gegen Tarnopol — Podwoloczyska über Zaleszczyki einerſeits und über Halicz andererſeits leichter und billiger als über Lemberg erreichbar ſind. Bei den Perſonenzügen würde es noch leichter ſein, einen günſtigen Uebergang zu ſchaffen. Um dies zu erreichen, wäre es dringendſt erwünſcht:
1. Den Fahrplan in der Hauptſtrecke Krakau — Itzkany zu erſtellen und den Aufenthalt der Schnellzüge in Lemberg auf höchſtens 15, den Aufenthalt der Perſonen - züge auf höchſtens 30 Minuten zu beſchränken.
2. Die Fahrdauer des Schnellzuges 304 Czernowitz — Wien und des Schnellzuges 303 Wien — Czernowitz auf höchſtens 19 Stunden herabzuſetzen.
3. Zug 320 bis Lemberg zum Anſchluſſe Zug Nr. 14 fortzuſetzen.
4. Zug 324 zum Anſchluſſe an Zug 320 bis nach Stanislau gegen Auflaſſung des Zuges 314 fortzuſetzen.
5. Zug 321 bis gegen Kolomea rückzutraſſieren, damit derſelbe an den von Lemberg kommenden Perſonenzug 315 Anſchluß finde.
6. Zum Zug 319 in Kolomea einen direkten Anſchluß von Ungarn herzuſtellen, endlich müßte
7. darauf Bedacht genommen werden, daß Zug 324 einen Anſchluß an den C. F. R. -Zug 147 von Rumänien erreiche.
Bei entſprechendem Nachdrucke wäre dies leicht durch - führbar, indem nur die Stillager in Tecuciu, Maraſesci, Bacau, Roman, Pascani, Dolkaska, Vereſtie und Burdujeni abgekürzt werden müßten, ſo daß Zug 147 ohne Weiteres um eineinhalb Stunden früher in Itzkany eintreffen könnte.
Anlangend den Bukowiner Lokalverkehr wäre folgendes hervorzuheben:
8. In der Strecke Luzan — Zaleszczyki wäre der Abend - zug 4354 bis Biala Czortkowska fortzuſetzen, um einen Anſchluß gegen Tarnopol zu erreichen. Der Zwang der Reiſenden zur Uebernachtung in Zaleszczyki iſt äußerſt unbequem und un - gerechtfertigt. Solch ein direkter Anſchluß würde gewiß zur Belebung des Perſonenverkehres auf dieſer Lokalbahnlinie erheblich beitragen.
9. In der Strecke Zuczka — Nowoſielitza müßten denn doch endlich reine Perſonenzüge eingeführt werden, außer - dem wäre auch ein Anſchluß an Zug 301 herzuſtellen.
Dem Vernehmen nach ſchicken ſich übrigens die ruſſiſchen Eiſenbahnen an, im Herbſte 1906 ein Schnellzugspaar Nowo - ſielitza — Odeſſa einzuführen.
Der Morgenſchnellzug ſoll von Nowoſielitza um ca. 9 Uhr vormittags abgehen, um gegen 7 Uhr abend in Odeſſa ein - zutreffen.
Der Gegenzug mit Abfahrt von Odeſſa 8 Uhr morgens ſoll in Nowoſielitza gegen 5 Uhr nachmittags ankommen.
Es iſt wohl als ſelbſtverſtändlich vorauszuſetzen, daß unſere Schnellzüge 301 und 302 mit den ruſſiſchen Schnell - zügen direkte Verbindung erreichen werden. Hiedurch würden die Beziehungen zwiſchen der Bukowina und Beſſarabien jedenfalls eine weſentliche Feſtigung erfahren und ein erhöhter Perſonenverkehr mit Rußland über Nowoſielitza erzielt werden. Der Verkehr Odeſſa — Kaukaſus — Wien würde ſodann ohne Zweifel der Nowoſielitzer Route erfallen.
10. In den Strecken Hliboka — Sereth und Hliboka — Storozynetz — Czudyn wäre der Motorwagenverkehr einzu - richten.
Die ſtarke Achskonkurrenz kann nämlich nur durch eine radikale Maßnahme beſeitigt werden.
11. Dasſelbe gilt von den Strecken Hadikfalva — Brodina und Karlsberg — Putna, ſowie Nepolokoutz — Wiznitz. Die Perſonenfrequenz in dieſen Gebieten iſt eine derart lebhafte, daß die Herſtellung von Anſchlüſſen an alle Hauptbahnzüge ein Gebot der Notwendigkeit iſt. Mittelſt Motorwagen wäre dies im Intereſſe der Bahnanſtalt und des Publikums ſehr geqem und ohne allzugroße Koſten erreichbar.
12. Die Strecke Hatna — Dornawatra benötigt zumindeſt noch ein reines Perſonenzugspaar. Ein Verſuch wird lehren, daß die Ausgaben der Lokalbahnen hiedurch keine Steigerung erfahren werden. Die Laſtzüge werden beſſer ausgenützt und die Verkehrsſicherheit beſſer gewahrt werden.
13. Bis zur Einrichtung der Strecke Hadilfalva — Brodina für den Verkehr wäre die Fahrordnung daſelbſt folgendermaßen zu erſtellen.
Zug 2851 ſollte von Hadikfalva im Anſchluſſe an Zug 321 ſpäteſtens um 2 Uhr morgens abgehen und in Brodina um 6 Uhr früh eintreffen.
Gegenzug 2854 hätte von Brodina um 7 Uhr abzu - fahren, um gegen 11 Uhr in Hadikfalva (Anſchluß an Perſonenzug 318) einzutreffen. Zug 2853 hätte die derzeitige Traſſe des Zuges 2851 zu erhalten, wogegen Zug 2858 entweder an Zug 302′ anſchließen und gegen 1 Uhr von Brodina abgehen oder aber direkt an Zug 324 anſchließen und von Brodina erſt gegen 6 Uhr abends abfahren ſollte. Eine Nachmittagsverbindung Radautz — Brodina iſt nur an Freitagen nötig, um die Marktbeſucher von Radautz gegen Brodina nach Hauſe zu bringen. In der Strecke Hadikfalva — Radautz wären außer den beſtehenden Zügen noch 2 Zugs - paare einzulegen und zwar früh
a) ein Zugspaar Hadikfalva ab 7 Uhr 35 Minuten früh, Radautz an 8 Uhr 19 Minuten vormittags, Radautz ab 8 Uhr 29 Minuten vormittags, Hadikfalva an 9 Uhr 15 Minuten vormittags und
b) ein Zugspaar Hadikfalva ab 5 Uhr 35 Minuten nachmittags, Radautz an 6 Uhr 19 Minuten abends, Radautz ab 6 Uhr 48 Minuten abends, Hadikſalva an 7 Uhr 35 Minuten abends.
Die Strecke Karlsberg — Putna würde hiedurch gleichfalls nur gewinnen, weil endlich eine zweimalige Verbindung mit Czernowitz hergeſtellt erſchiene.
Für die Gemeinden Seletin, Putilla und Szipot iſt die heutige Fahrordnung ſehr abträglich. Um Zug 2854 zu er - reichen, muß man um 12 Uhr nachts ausfahren und, um in Czernowitz um 12 Uhr nachts anzukommen, muß man von Seletin bereits um 12 Uhr mittags abreiſen.
53. Juli 1906. Czernowitzer Allgemeine Zeitung.In gleicher Art geſtaltet ſich auch die Rückfahrt. Die projektierte Fahrordnung aber würde es möglich machen, das ganze Verkehrsgebiet ordnungsmäßig zu bedienen.
Die Erträgniſſe der neuen Bukowiner Lokalbahnen ſind bereits derart günſtige, daß ſogar die Stammaktien Ver - zinſung finden. Die Bukowina, die ſo viele Opfer für das Zuſtandekommen der erwähnten Bahnen gebracht hat, kann ſomit von der erträgnisreichen Strecke der Neuen Bukowiner Lokalbahngeſellſchaft einen günſtigen Fahrplan fordern, ſelbſt wenn einige Inveſtitionen erforderlich wären. Die erhöhte Perſonenfrequenz wird es zuverſichtlich ermöglichen, die vermeintlichen Mehrauslagen ſehr bald wieder einzu - bringen.
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Hochachtungsvoll
Der Kaiſer iſt heute zum Sommeraufenthalte nach Iſchl abgereiſt.
In fortgeſetzter Verhandlung des Heeresordinariums tritt Del. Graf Schönborn den Ausführungen des Del. Stein entgegen, welche ſowohl den Patriotismus, als die religiöſen Gefühle der Mehrheit der Bevölkerung verletzten. Redner ſpricht ſich für die unbedingte Aufrechterhaltung der Einheit der Armee aus.
Del. Suſterſic betont gleichfalls die Notwendigkeit der Erhaltung der Einheit der Armee.
Del. Tollinger verwahrt ſich gegen weitere militäriſche Konzeſſionen an Ungarn.
Kriegsminiſter Freiherr v. Pitreich erklärt gegenüber den aufgetauchten Beſorgniſſen bezüglich der Einheitlichkeit der Armee, daß wir nach wie vor auf der 67er Baſis ſtehen und die maßgebenden Perſonen Mittel und Wege finden werden, um beide Staaten zu einem gedeihlichen Zuſammenleben zu führen. Alle Ideale der die Monarchie bewohnenden Völker können nicht erfüllt werden, aber ein auskömmliches Verhält - nis unter dem Schutze der ganzen Monarchie, welches ihnen ermöglicht, ihre Kräfte zu entwickeln, wird und muß gefunden werden. (Beifall.) Der Miniſter habe überall die Erfahrung gemacht, daß in der Bevölkerung geradezu während der Kriſe die unverbrüchliche Anhänglichkeit an Seine Majeſtät fort - lebt, ſowie auch, daß in der Bevölkerung eine tiefe Sehnſucht herrſcht, daß der nationale und politiſche Widerſtreit endlich aufhöre und man endlich von der Agitation für den Terro - rismus ablaſſe. Deshalb ſei die Hoffnung auf eine beſſere Zukunft gerechtfertigt. Der Miniſter proteſtiert gegen die Be -hauptung, daß die gemeinſame Armee nur mehr zum Scheine beſtehe. Die gemeinſame Armee beſteht nicht nur zu Recht, ſondern befindet ſich auch in jenem vorzüglichen Zuſtande, zu dem ſie ſich emporgearbeitet hat und der von allen Faktoren anerkannt wird. Der Miniſter erörtert ſodann ausführlich die Frage der Regimentsſprache, reflektiert auf eine Reihe im Laufe der Debatte vorgebrachter Wünſche und Beſchwerden und erklärt unter anderem, daß ſich an ſeinem Titel nichts ge - ändert habe: Er habe ihn übernommen, wie er iſt. Der Miniſter ſei auch heute Seiner Majeſtät Reichs - kriegsminiſter. Der Miniſter weiſt darauf hin, daß unſere Heereslaſten im Vergleiche mit jenen anderer Staaten nicht allzugroß ſind und bemerkt: Wenn, was zu wünſchen iſt, die Abrüſtungspläne verwirklicht werden ſollten, dann hätten andere Staaten ſehr lang zu tun, bis ſie auf den Standpunkt kämen, auf dem wir heute ſtehen. Trotzdem ſind wir ſehr geſchätzte Alliierte, wenn wir auch hinſichtlich des lebenden toten Materials zurückgeblieben ſind. Der Miniſter gibt ſodann Auskunft über die Verwendung der 450 Millionen-Kredite und bittet ſchließlich die An - nahme des Heeresordinariums. (Beifall.) Nach dem Schlußwort des Berichterſtatters wurde das Eingehen in die Spezialdebatte beſchloſſen.
In der heutigen Sitzung des Abgeordnetenhauſes ſprach Abg. Czizmazia die Ver - achtung über die beſtialiſchen Grauſamkeiten, die in Bialyſtok verübt wurden, aus, ebenſo ſein Bedauern den unglücklichen Opfern.
(Von rutheniſcher Seite.) Heute vor - mittags fand eine Konferenz zwiſchen den Abgeordneten Glom - binski, Waſſilko, Kramarz und Susterſic ſtatt. Abg. Waſſilko erbrachte den Beweis, daß von den an - geblich den Ruthenen zugewieſenen 27 rutheniſchen Mandaten 9 ganz unſicher ſind. Der polniſche Abgeordnete war ganz konſterniert, da Kramarz darauf beſtehe, daß alle 27 Mandate den Ruthenen unzweifelhaft ſichergeſtellt werden. Da der Polenklub zur Be - ratung der hiedurch neugeſchaffenen Situation zu - ſammentreten muß, um Beſchlüſſe zu faſſen, wird der Wahlreformausſchuß in ſeiner heute abends ſtattfindenden Sitzung Galizien vorläufig zurückſtellen und in die Beratung über die Bukowina eingehen. Abg. Skedl, der in der Bukowina weilte, wurde noch geſtern telegraphiſch nach Wien berufen, um die Wünſche der Bukowiner Städte vertreten zu können.
Geſtern begann hier der aus allen Teilen Oeſterreichs beſchickte ziouiſtiſche Reichsparteitag. Anweſend ſind 135 Delegierte. Der Del. Dr. Schalit brachte zunächſt eine Reſolution gegen die Vvrgänge in Bialyſtok ein, worauf in die Beratung über die politiſche Lage der Juden in Oeſterreich eingegangen wurde. Während dieſer Beratung führte Abg. Dr. Straucher aus Czernowitz den Vorſitz. Eine diesbezüglich einſtimmig angenommene Reſolution begrüßt die Konſtituierung der politiſchen Organiſation der öſterreichiſchen Juden auf ſozialfortſchrittlich öſterreichiſcher Baſis. Die Verhandlungen werden drei Tage in Anſpruch nehmen.
Geſtern abends fand im Kurſalon ein Feſtmahl ſtatt, woran Eiſenbahnminiſter Derſchatta, die übrigen Funktionäre und ſämtliche Feſt - gäſte teilnahmen. Heute früh trat der Eiſenbahnminiſter die Rückreiſe nach Wien an.
Der Geſangslehrer und Erfinder des Kehlkopfſpiegels, Garcia, iſt geſtern im 102. Lebensjahre geſtorben.
Dem „ Lokal-Anzeiger “wird aus Petersburg gemeldet: In Orenburg brachen unter den Koſaken Unruhen aus, die - ſelben verweigerten den Gehorſam. Die zur Unterdrückung der Meuterei herbeigeholten Infanterietruppen weigerten ſich, auf die Koſaken zu ſchießen. In den oberſten Militärſtellen herrſcht angeſichts der umſich -greifenden Gehorſamsverweigerung vollſtändige Ratloſigkeit. Auf Befehl des Zaren iſt der Oberſte Kriegsrat zuſammengetreten und hat ſich für permanent erklärt. Es iſt jedoch nicht bekannt, welche Maßnahmen gegen die nunmehr unverläßlich gewordenen Garden und Koſaken er - griffen wurden.
Die Panik im ſüdlichen Beſſarabien hält an. Viele Familien fliehen nach Rumänien. Bis jetzt iſt jedoch kein ernſtes Ereignis zu verzeichnen.
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Benjamin FiechterSusanne HaafNote: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).2018-01-26T13:38:42Z grepect GmbHNote: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T13:38:42Z Amelie MeisterNote: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.2018-01-26T13:38:42Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe
Fraktur
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