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Die Unzufriedenheit unter den Deutſchen Oeſterreichs greift um ſich. „ Die Slaven haben an Macht und Einfluß gewonnen “— ebenſo viel haben die Deutſchen verloren. Das läßt ſich nicht anfechten und man braucht nicht auf den Aus - gleich mit Ungarn, nicht auf die Vertreibung des deutſchen Beamtenthums aus Galizien, nicht auf Krain und Laibach, nicht auf Prag und Pilſen erſt hinzuweiſen, um Glauben zu finden. Graf Badeni, der Miniſterpräſident ſelbſt, hat in einer ſeiner erſten Reden über die nationalen Forderun - gen und Beſtrebungen zugegeben, daß der Eine verlieren muß, was der Andere gewinnt. Dabei ſind diejenigen, welche ſo viel gewonnen haben, wie etwa die Tſchechen, ebenfalls unzufrieden und täglich erneuern ſie ihre alten Forderungen, er - heben ſie neue. Diejenigen dürften ſich in einem großen Irrthume befinden, die da meinen, in dem neuen Abgeordnetenhauſe mit ſeiner fünften Curie aus dem allgemeinen Stimmrechte werde die nationale Frage eine geringere Rolle ſpielen als in dem heutigen. Einige Socialiſten, welche ſich „ international “nennen, werden nicht im Stande ſein, das Gepräge des neuen Hauſes weſentlich anders zu geſtalten als das gegen - wärtige. Von dieſen Socialiſten werden überdies die meiſten, namentlich die Slaven, eigentlich doch nur verkappte Nationale ſein. Der größere Theil der aus der fünften Curie hervorgehenden Abgeordneten wird auf Grund von Candidaten - reden und Programmen gewählt ſein, in denendie nationale Frage eine ebenſo große Rolle ſpielt als bei den bisherigen Candidaturen in den alten Curien. Die Deutſchen werden ſich alſo ebenſo ſehr wie bisher in der Reichsvertretung und im Reiche ihrer Haut zu wehren haben, und ſie werden neue Verluſte erleiden, wenn auch die künftigen Regierungen das alte, im Gange von Taaffe bis heute feſtgehaltene Syſtem anwenden, welches in ſeinem letzten Ende gerade auf eine Slavi - ſirung dieſes Reiches hinauslauft, welches bisher noch immer ein vorzugsweiſe deutſches Aus - ſehen hatte.
Soll dieſer Wandel nach einer ſlaviſchen Vorherrſchaft hin noch ſo lange fortdauern, bis er endlich an ſein Ziel gelangt iſt, bis es endlich einmal den Slaven wirklich gelungen iſt, den öſterreichiſchen Parlamentarismus ganz unmöglich zu machen, wenn ſie es nicht vorziehen, etwa auf Grund des allgemeinen Wahlrechtes und der Mehrheit, welche ſie zuſammengenommen gegenüber den Deutſchen haben, auch neben der Reichsregierung auch noch die Reichsvertretung zu ſlaviſiren und nach einem Uebergange mit der „ Gleichberechtigung “endlich die ſlaviſche Geſchäfts - ſprache, vielleicht ſogar die ruſſiſche, für Regie - rung und Parlament zu decretiren? Das ſieht auf den erſten Anblick ſehr utopiſch aus, man thut jedoch nicht gut in Oeſterreich irgend Etwas für unmöglich zu erklären. Das Unglaubliche wird man für glaublich halten, wenn man den Verlauf der verſchiedenen nationalen Fragen in Oeſterreich ſeit den letzten fünfzig Jahren ver - folgt. Die Deutſchen müſſen alſo daran denken, dieſen „ Wundern “die ſich unausgeſetzt bei unsvollziehen — immer auf Koſten der Deutſchen — ein Ende zu machen. Das könnte nur durch ein Sprachen - und Nationalitätengeſetz geſchehen, welches Ordnung in das Chaos der nationalen Fragen brächte und den wechſelnden Regierungen nicht weiter geſtattete, ihre täglichen Sorgen aus dem Inventar des deutſchen Volkes in Oeſterreich zu beſtreiten und gewiſſermaſſen von dem Verkaufe des einen oder des anderen Stückes der alten deutſchen Einrichtung dieſes Reiches ihr Daſein zu friſten. Man kann zugeben, daß es heute in dieſer Beziehung etwas weniger ſchlimm ſteht, als in den ſchönſten Tagen der Aera Taaffe, das Schlimmſte bei dieſem Zuſtande iſt die Möglich - keit, daß einer Erneuerung der Tage der „ Ver - ſöhnungsära “gar nichts im Wege ſteht, und daß Graf Badeni, wenn er es wollte, durch nichts verhindert wäre, noch über Taaffe hinaus - zugehen. Es hat ſich ſogar gezeigt, daß wenn eine regelrechte Regierung nicht im Stande war, den Slaven den Willen zu thun, ſogar ein Pro - viſorium aushelfen mußte, um nicht den Zorn der Deutſchen auf ſich zu nehmen, damit dann die neue definitive Regierung zunächſt unbelaſtet von aller Schuld gegen die Deutſchen ins Amt treten kann, aber gar nicht gehindert iſt, ſpäter den Deutſchen eine Unbill zuzufügen.
Es gab manche dringliche Arbeit, redlich hat die deutſche Partei mitgeholfen, ſie zu bewältigen. Ja ſie hat den Löwenantheil der Mühen und Anſtrengungen zu dieſem Zwecke auf ſich genommen. Nun iſt es aber wohl an der Zeit, die Deutſchen auch von der drückenden Sorge um die Zukunft zu befreien. Sie können nicht immer im Saale
(Nachdruck verboten.)
Ich möchte wohl wiſſen, warum man Pfing - ſten heutzutage noch das Feſt der Freude nennt! — Iſt es etwa eine Freude, überall wo man vor dem Feſt hinkommt, ungemüthliche Scheuer - überſchwemmungen zu finden? Von Handwerkern und Kaufleuten, denen man Aufträge geben will, die achſelzuckende Abweiſung zu hören: „ aber bitte nach dem Feſt erſt “. Iſt es erfreulich, wenn man eine Erholungsſpritzfahrt machen will, etwa nach Dresden oder dem Harz, überall buchſtäblich auf die Menſchen zu treten?
Nein, bis jetzt habe ich von den Pfingſttagen noch nie eine reine Freude gehabt; im Gegen - theil, der blöde Jubel der aufgeputzten Menſchen, den ich in vollgepfropften Biergärten ſo oft be - obachtet habe, pflegte mich zu ärgern.
Mein Freund Helmer, der mich im vorigen Jahr um dieſe Zeit beſuchte, lachte mich aus; er findet ja überhaupt immer und überall etwas, was ſeine Heiterkeit erregt, der beneidenswerthe Menſch. Er behauptete, daß ich mit der Zeit die richtige, typiſche Figur des ernſt-mürriſchen, menſchenſcheuen Privatgelehrten werden würde, wenn ich mich nicht mehr „ herausriſſe “, mehr unter Leute und beſonders unter Damen ginge. —
Gott bewahre mich! Dieſe koketten, berech - nenden Berlinerinnen ſind mir ein wahrer Gräuel. Und überhaupt! Mir will ſcheinen, daß ein völlig unbefangenes, natürliches Mädchen heute gar nicht mehr zu finden iſt. — Ja, wenn ich Eine fände, wie meine gute Mutter war! Heiter, harmlos, klug, gut und hübſch! Aber wo findet man das noch beiſammen!
Helmer hat mich für dies Jahr nach Mar - burg eingeladen, und ich reiſe morgen hin; er hat eine Schwäbin zur Frau, eine allerliebſte blonde Dame, die es verſteht, Behaglichkeit um ſich zu verbreiten und Einen nicht mit feierlichen Feſtgeſellſchaften „ erfreut “. Uebrigens iſt mir Reiſen eine Qual, man muß an tauſend Baga - tellen denken, die an ſich ganz unwichtig ſind und ſich unterwegs zu unglaublicher Wichtigkeit auf - blähen! Das Letztemal hatte ich z. B. meinen Gepäckſchein verloren — das war höchſt unange - nehm. Dießmal werde ich wohl irgend ſonſt was verlieren.
Marburg, Pfingſtſonnabend.
Dem Himmel ſei Dank, daß ich glücklich angelangt bin! — Ich hatte diesmal meinen Gepäckſchein nicht verloren. Aber in Caſſel bin ich dafür in den falſchen Zug geſtiegen und fünf Meilen zurückgefahren ſtatt vorwärts.
Ich konnte übrigens nichts dafür, denn wenn aus einem Coupé ein accurat ſo ſchwarzweiß ge - würfelter Plaid herausſieht, wie meiner iſt — wenn überdies der Zugführer gerade ſeinen trillernden Abfahrtspfiff ausſtößt und ein aufge -regter Schaffner Einen vorwärts bugſirt, ſo iſt es kein Wunder, wenn man zu ſpät ſeinen Irr - thum erkennt.
So ſtand ich händeringend und heimlich fluchend an meinem Fenſter und wandte mich erſt um, als ein kicherndes Lachen hinter mir ertönte. Da ſaß plötzlich ein junges Mädchen und neben ihr ein Jüngling von etwa vierzehn Jahren, der ganz kirſchbraun im Geſicht vor unterdrücktem Lachen war.
„ Ach, erlauben Sie, “ſagte er jetzt, indem er ſich bückte und das Tuch unter meinen Füßen vorzog, „ dies iſt unſer Plaid. “
Ich hob meine Füße und trat dabei dem jungen Mädchen auf die ihrigen; ſie zuckte zu - ſammen, ich war aber ſo erboſt, daß ich alle Höflichkeit vergaß und anſtatt mich zu entſchul - digen einen vernehmlichen Fluch ausſtieß.
Hatte ich es nicht gleich geſagt, daß man zu Pfingſten geradezu auf die Menſchen tritt? — Zum Glück war Niemand da, dem ich dieſen ſchlechten Witz verſetzen konnte, aber der Fluch hatte doch mein Herz erleichtert, ſo daß ich nach und nach meinen Pfingſt-Galgenhumor wieder - fand.
Den Hut lüftend, wandte ich mich an mein hübſches Gegenüber — es war wirklich ſehr niedlich — und ſagte: „ Verzeihen Sie gütigſt — dürfte ich mir vielleicht die Frage erlauben, wo ich eigentlich hinfahre? “
Jetzt lachte ſie ganz unverhohlen auf. Ein reizendes Lachen übrigens.
„ Ich glaube, Sie fahren nach Berlin, — und wollten nach Marburg, nicht wahr? “
[2]König Etzels ſitzen, gerüſtet, und das blanke Schwert in der Hand und umſtürmt von den Widerſachern und Bedrängern. Der Zuſammentritt eines neuen Volkshauſes, der Beginn einer neuen Legislaturperiode iſt eine Aufforderung an die Deutſchen, um auch ihrerſeits einmal als ungeſtüme Forderer aufzutreten: zu verlangen, daß den ſchwankenden Nationalitätszuſtänden in Oeſter - reich, die ſchließlich immer nur zu Gunſten der Slaven ausſchlagen, abgeholfen werde. Ja wohl, die Wirthſchaftsfragen gehen mit Macht an die Thore. Aber die nationale Lebensfrage iſt für die Deutſchen trotzdem die wichtigſte. Sein oder Nichtſein! Das iſt für die Deutſchen in Oeſter - reich die Hauptfrage geworden. Den wirthſchaft - lichen Reformen ſoll ihr Recht werden, aber den Deutſchen auch ihr nationales Recht. Es iſt ge - hofft worden, daß die wirthſchaftlichen Angelegen - heiten, daß die ſocialen Bedrängniſſe den natio - nalen Kampf abſchwächen, vielleicht ganz beſeitigen werden. Das hat ſich bereits als ein Irrthum herausgeſtellt und in mancherlei Richtung wurde ſogar gerade die „ Wirthſchaft “als neues natio - nales Kampfmittel benützt. Die Deutſchen werden ſich alſo für die hereinbrechende Zeit doppelt rüſten müſſen; für ſie ſtehen die Dinge auf der Schneide und die Deutſchen müſſen dafür Sorge tragen, daß das Gemeinweſen nicht ganz hinüber finke zu den Gegnern. Große Kraftanſtrengun - gen, das Anſpannen aller Sehnen wird in nicht zu ferner Zeit nothwendig ſein, um für die deutſche Sache, für das deutſche Volksthum in Oeſterreich eine Wendung herbeizuführen. Das empfinden inſtinctiv alle deutſchen Volksgenoſſen, ſoferne ſie nur überhaupt ein deutſches Bewußtſein haben. Aus dieſer Empfindung erwächſt auch dieſes Drän - gen, dieſes Eifern, das eben jetzt ſich bemerkbar macht; daher kommt es vielleicht auch, daß ge - rade jetzt die Deutſchen umſo heftiger miteinan - der hadern, umſo leichter ſich miteinander zer - ſchlagen und dann ſich befehden. Das muß ſich jedoch abklären, abklären zu der Einigkeit, die das Nothwendigſte ſein wird für Alle. Immer ſtritten ſich die Deutſchen untereinander, wenn es zum Schlagen kam, da führte ſie gar oft ſchon, ein gütiges Geſchick zuſammen und damit allein ſchon zum Siege. Möge es diesmal an der Schwelle entſcheidender Ereigniſſe — wieder ſo ſein!
Bürgermeiſter Strobach, welcher geſtern in den allgemeinen Audienzen vom Kaiſer empfangen wurde, drückte dem Monarchen ſeinen Dank für die Beſtätigung aus. Der Kaiſererwiderte dem Bürgermiſter, es habe ihn gefreut, ihn beſtätigen zu können. Wie man weiters aus dem Wiener Rathhauſe meldet, habe der Kaiſer hinzugefügt, er hoffe, daß nunmehr in der Ge - meinde wieder geordnete Zuſtände platzgreifen werden.
Reichsraths-Abge - ordneter Wrabetz hat ſich geſtern gegen einen Redacteur der „ Wiener Allg. Zeitung “über die Gründe ausgeſprochen, die ihn veranlaßten, aus der Vereinigten Linken auszutreten, er ſagte:
Schon ſeit den Tagen der Coalition geht mir das Verhalten der Vereinigten Linken gegen den Strich, aber man betonte immer die Noth - wendigkeit des Zuſammenhaltens, der Parteieinig - keit, immer wieder wurden Hoffnungen auf beſſere Zeiten erweckt, und ſo blieb ich im Verbande und brachte der Parteidisciplin manches Opfer, ſo lang, bis ich einſah, daß auf dieſem Wege für uns nichts zu erreichen ſei. Ich folgte Sueß und trat aus, wenn dadurch die Zerbröckelung der Partei auch gefördert wurde. Soll der liberale Gedanke gerettet werden, ſo muß die liberale Partei eine Umformung durchmachen. In der heutigen Zuſammenſetzung iſt ſie mehr conſervativ als liberal. Alle Hochachtung vor unſeren Groß - grundbeſitzern und mehreren Anderen, aber liberal ſind ſie nicht. Bei jeder Frage erwägen ſie erſt, was man oben dazu ſagen werde, das Verſtänd - niß nach unten iſt ihnen verloren gegangen. Und dieſe Conſervativen bilden mehr als die Hälfte der Partei, die in Folge der fortwährenden Op - portunitätspolitik im Volke immer mehr an Boden verliert. Darum nimmt auch Badeni ſo wenig Rückſicht auf uns, und kommt Lueger entgegen, weil dieſer die Maſſe hinter ſich hat.
Die letzten Geſchehniſſe in der Luegeraffaire waren der Tropfen, der das Glas zum Ueber - fließen brachte. Es kam damals, gleich nach der Audienz, zu ſo ſtürmiſchen Scenen, wie ich ſie im Club noch nicht geſehen hatte, und ich glaube, Sueß war es, der die Einbringung einer Inter - pellation forderte. Da hieß es aber, das wäre unopportun, Badeni werde ſpontan eine Cor - rectur des Communiqués veranlaſſen, die ver - ſöhnliche Stimmung gewann die Oberhand und — es geſchah nichts. Wir wiſſen, daß der Kaiſer den anerkenneuden Worten eine ſcharfe Mißbilligung des antiſemitiſchen Treibens und der perſönlichen Haltung voranſchickte, aber wir wiſſen es nicht officiell. Nachdem ein Theil des Inhaltes der Audienz, und zwar der dem Dr. Lueger angenehme Theil, verlautbart wurde, hätte ſich der Miniſterpräſident vom Kaiſer die Ermächtigung erbitten müſſen, auch den anderenTheil zu veröffentlichen. Das hätte beſchwichtigend gewirkt und wäre ein Act der Loyalität gegen unſere Partei geweſen. So aber beſteht unwider - ſprochen und uneingeſchränkt die Thatſache, daß ein Mann belobt wurde, der noch vor drei Monaten als Demagoge bezeichnet wurde und darin liegt implicite ein Tadel gegen jene gemäßigten Elemente, die das Vorgehen Lueger’s hart verurtheilen und bekämpfen. Allerdings lehnt Badeni jede Theilnahme an der Faſſung des Communiqués ab, und man läßt durchſcheinen, daß die Audienz über ſeinen Kopf hin erfolgte. Wenn das richtig iſt, bedeutet es ein eclatantes Mißtrauensvotum für ihn und Badeni hätte die Conſequenzen daraus ziehen müſſen. Nachdem er es nicht gethan, hat er für dieſen Schritt die Verantwortung übernommen und der Schlag gegen die Linke kommt auf ſeine Rechnung.
Wozu ſoll der Miniſterpräſident übrigens gegen die Linke freundlich vorgehen? Er braucht die Partei zwar für ſeine Majorität, aber er weiß, daß ſie ihm ja doch folge, ob er ſich nun ſo oder ſo verhält. Wie viele Beiſpiele haben das ſchon bewieſen!
Und darum bin ich ausgetreten. Ich ſehe nicht ein, warum gerade wir immer eine gemäßigte Richtung verfolgen ſollen, die im Volke keinen Anklang findet, warum wir entſagen und pacti - ren ſollen, wo die Partei der rüdeſten Rückſichts - loſigkeit, der ſcrupelloſen Verhetzung, der maß - loſen Ueberhebung Anerkennung und Lob findet. Nein, ich will nicht mehr fragen, was der Re - gierung recht iſt, was einem Miniſter paßt, ſon - dern ich will meiner Ueberzeugung folgen und unbekümmert für die Intereſſen meiner Wähler - ſchaft wirken. Ich habe mich ſo oft gefügt, es war zwecklos, ich thue es nicht mehr. Gefällt mein Standpunct den Wählern nicht, bon, hier iſt mein Mandat. Uebrigens wird demnächſt das liberale Centralwahlcomité zuſammentreten, und wenn mich nicht Alles täuſcht, wird es einen Be - ſchluß faſſen, der auch die anderen Wiener Ab - geordneten veranlaſſen dürfte, aus der Vereinig - ten Linken auszuſcheiden.
Ich habe dem Miniſterium Badeni Oppo - ſition erklärt, und werde aus politiſchen Grün - den gegen die Steuerreform ſtimmen.
Alles in Allem, ich bin aus der Vereinigten Linken geſchieden, weil ich wirklich liberal bin.
welche morgen in den Straßen Moskaus unter Trompetenſchall und Trommelſchlag verleſen wer - den wird, hat folgenden Wortlant: „ Der aller - durchlauchtigſte, allererhabenſte, großmächtigſte Herr und Kaiſer Nicolaus Alexandrowitſch hat, nach - dem er den von ſeinen Ahnen ererbten Thron
„ Woher — wieſo — wiſſen Sie! “ſtam - melte ich.
„ Ich komme dorther und fahre auch morgen wieder dorthin zurück, “ſagte ſie ausweichend; „ übrigens hält der Zug in einer halben Stunde, und Sie finden dann gleich wieder Anſchluß nach Marburg. “
„ Sie wiſſen gut Beſcheid auf dieſer Bahn - linie, “ſagte ich verwundert.
„ Ja, ich fahre hier. — Jeſſes, Rudele, biſcht Du aber e unvernünftig Büeble! Wenn Du jetzt ’nausg’falle wärſt! “
Dies galt dem Jüngling mit dem gewür - felten Tuch, der ſich ſoeben aus dem Fenſter hinausgelehnt hatte und zwar mit ſolcher Vehe - menz, daß ihn die Schweſter bei ſeinem Jacken - zipfel vor dem Hinausſtürzen bewahren mußte.
„ ’s iſcht nit ſo gefährlich! “ſagte ärgerlich der Bruder, indem er ſeine Jacke von dem ent - würdigenden Griff befreite.
Alſo wackere Schwaben hätte ich da offen - bar zu Reiſegefährten bekommen! Der trauliche Dialect klang ſo allerliebſt von den rothen Lippen meines Gegenübers, daß ich bereits zu bedauern anfing, ihn nicht länger hören zu dürfen.
„ Sie ſagten, daß Sie morgen wieder zu - rückkämen, “knüpfte ich wieder an. „ Meinen Sie damit nach Marburg? “
„ Ja, das meint’ ich. Meine Schweſter iſt dort verheiratet, und ich lebe ſeit kurzem bei ihr; nur manmal beſuche ich eine andere Verwandte, die eine Stunde hinter Kaſſel lebt. “
Sie ſprach jetzt wieder in ſteifem Hochdeutſch, was ich innerlich bedauerte. Eine Viertelſtunde ſpäter ſtieg ich aus, ſah den Zug weiterbrauſen mit einem Gefühl von Verſtimmung, als führteer etwas Köſtliches von dannen und langte end - lich gegen Abend mit einem anderen Zuge hier in Marburg an.
Helmer holte mich am Bahnhof ab. Ich er - fuhr von ihm, daß ſeine Frau mit ihm ſchon Nachmittags hiergeweſen ſei und uns nun zu Hauſe erwarte.
Die Frau Profeſſor empfing mich mit lachender Schelmerei und mit ihrer halb heſſiſchen, halb ſchwäbiſchen Sprache, die ich ſo gern höre, neckte ſie auch: „ Iſcht er wirklich heil angekommen, der Herr Profeſſor? Jeſſes, iſcht das e Wunder! Mir habe ſcho’ geglaubt, mei Schweſterle und ich, daß Ihne am End’ en Unglück paſſiere könnt’ auf dem weite Weg. “
„ Iſt mir auch eins paſſiert, gnädige Frau, wozu bin ich denn ſonſt Privatdocent? — Aber Sie ſagen, Ihre Schweſter hätte dergleichen mit - vermuthet? Habe ich denn ſchon die Ehre von ihr gekannt zu ſein? “
„ Nein, gekannt juſt nit! Aber mir habe ihr halt ſoviel erzählt von Ihne, daß ſie ſchon ganz gut B’ſcheid weiß, gelt Männele? “
Das Männele nickte verſchmitzt und mir ſträubten ſich heimlich die Haare. Bin ich etwa hierher gelootſt worden, um meuchlings verlobt zu werden? ... Furchtbarer Gedanke!
Marburg, 1. Pfingſttag.
Was iſt mir heute für ein wunderlich nettes Abenteuer begegnet! Den Tag hatten Helmer und ich mit einem famoſen Ausflug in die herr - liche Umgegend dieſes geſegneten Städtchens zuge - bracht; ich war außerordentlich vergnügt in der richtig dummen Pfingſtfreudeſtimmung. Als wir dann nach Haus kamen, war’s ſchon dämmerig, und in dem Flur des hübſchen Häuschens meinesFreundes war es faſt dunkel. Helmer ging in ſein Arbeitszimmer, und ich hängte meinen Hut taſtend an den Garderobenſtänder.
Mit einem Male huſcht etwas herbei, zwei kleine Hände legten ſich von rückwärts um meine Augen und eine helle, wohltönende Stimme ruft:
„ Gute Morge, Bielliebche! “
Ich rühre mich nicht. — Die Stimme der Sprecherin kam mir bekannt vor, und jedenfalls war die Berührung der kleinen, weichen Hände äußerſt angenehm:
„ Biſcht Du nit zufriede damit, Schwagerle? — Muß i denn vielleicht franzöſiſch rede?! No alſo dann: i ’y pense! “
Da ich aber immer noch nicht antwortete, ließ ſie mich los und ſprang vor mich hin.
„ Was haſcht Du denn heute, Emil? Biſcht ja ſo ſtill? — Jeſſes — Jeſſes — — — — “
In dieſem Augenblick hatte ſich die Thür zum Eßzimmer aufgethan und ein breiter Licht - ſtrahl war auf mich gefallen.
Darauf hatte das Schweſterle, die keine andere als meine Reiſegefährtin war, aufgeſchrien und war Hals über Kopf fortgelaufen.
Sie erſchien auch nicht beim Abendbrot, wie die Profeſſorin meinte, weil ſie ſchon vorher einen Imbiß genommen habe. Ich glaube aber, ſie ſchämte ſich.
Das ſinde ich nun wieder reizend von ihr, daß ſie ſich ein bischen ſchä[m]t.
Ueberhaupt .....
Marburg, 2. Pfingſttag.
Heute früh ſtand ſie im Garten und begoß die Blumen. Als ſie mich ſah, ſtieg ihr eine helle Blutwelle in’s Angeſicht und nun begoß
[3]des ruſſiſchen Reiches und des mit dieſem un - trennbar verbundenen Czarenthums Polen - und Großfürſtenthums Finnland beſtiegen, dem Bei - ſpiele der ſehr gottesfürchtigen Herrſcher ſeiner Ahnen, folgend, anzubefehlen geruht: die aller - heiligſte Krönung und die heilige Salbung hat unter Gottes Beiſtand am 14. (26.) Mai ſtatt - zufinden, welche heilige Handlung auch auf ſeine Gemahlin, die großmächtige Kaiſerin Alexandra Feodorowna, zu übertragen iſt. Von dieſer Feier wird allen treuen Unterthanen hiemit Kunde ge - geben, damit ſie an dem erſehnten Tage ihre in - brünſtigen Gebete zum Könige aller Könige emporſenden; er möge in ſeiner allmächtigen Gnade die Regierung Sr. Majeſtät ſegnen und Friede und Ruhe feſtigen zu ſeinem heiligen Ruhme und zum unerſchütterlichen Wohlergehen des Reiches. “ An den beiden Pfingſttagen wird die Verleſung dieſer Kundmachung wiederholt.
Aus einer vom „ Corriere de la Sera “veröffentlichten Depeſche aus Maſſauah geht hervor, daß Menelik zur Zeit, als Major Salſa im Süden des Aſchangi-Sees erſchien, um mit dem Negus zu ſprechen, ſich gezwungen ſah, in aller Haſt auf - zubrechen, um die rebelliſchen Amharas und Gallas zu züchtigen. Menelik erlitt hiebei ſchwere Verluſte und wendete ſich an Ras Mangaſcha um Unterſtützung, der ſich aber, als er von der Con - centrirung der italieniſchen Truppen bei Adi - Kaje erfuhr, ſofort wieder nach rückwärts wen - dete. Die Schnelligkeit des Anmarſches der Ita - liener verhinderte ihn jedoch, dieſelben anzugreifen. Major Salſa wurde bei ſeiner Rückkehr aus dem Lager von Schoa auf Befehl des Ras Mangaſcha verhaftet, an welchen der Negus ein Schreiben gerichtet hatte, er möge es verhindern, daß Salſa den General Baldifſera von den troſtloſen Zu - ſtänden in Abyſſinien, wo überdieß Hungersnoth herrſcht, unterrichte. In Folge deſſen gebrauchte man den Vorwand, Salſa werde als Geiſel zurück - gehalten bis zur Zurückſtellung der Handſchreiben Meneliks’s mit dem Siegel Salomon’s. Die energiſche Proclamation des Generals Baldiſſera, in welcher die Ausrottung der Tigriner angedroht wurde, jagte ihnen aber großen Schrecken ein und bewog ſie, die Gefangenen freizugeben.
In der heutigen Sitzung des Abgeordneten - hauſes wurde die Verhandlung über die Grund -ſteuergeſetze fortgeſetzt, nachdem in der geſtrigen Abendſitzung die erſten ſechs Paragraphe unverändert angenommen worden waren.
In Verhandlung ſtehen die §§ 7 bis 17 des Geſetzes betreffend die Reviſion des Grund - ſteuercataſters.
Abg. Kaiſer ſtellt einen Abänderungsan - trag zu § 14, wonach ſowohl die Gemeinden als auch ſämmtliche Grundbeſitzer das Reclama - tionsrecht erhalten ſollen und die Reclamations - friſt von ſechs auf acht Wochen verlängert wird.
Abg. Graf Falkenhayn beantragt, im § 11 die Friſt für die Reclamation bezüglich ſolcher Parcellen, die im Grundſteuercataſter als Waldungen eingetragen ſind, in dem vorange - gangenen Grundſteueroperat jedoch einer anderen Culturgattung zugeſchrieben waren, ſtatt mit Ende December 1896 mit Ende Juni 1897 feſtzuſetzen. Er verweiſt darauf, daß die Sanction für die vorliegenden Geſetze vorausſichtlich erſt im Spätherbſte dieſes Jahres erfolgen dürfte und dann die Durchführung der im § 11 vor - geſehenen Veränderungen bis Ende December 1896 nicht möglich wäre.
Auf Antrag des Abg. Edler v. Burg - ſtaller wird die Debatte geſchloſſen.
Abg. Purghart (Generalredner contra) ſpricht tſchechiſch und kritiſirt dann, in deutſcher Sprache fortfahrend, einzelne Beſtimmungen der in Verhandlung ſtehenden Paragraphe.
Abg. Nabergoj vertritt die Anſchauung, daß das Küſtenland, insbeſondere aber die Gegend von Trieſt, bei der letzten Grundſteuer-Regulirung ſehr ſchlecht wegkam. In der Gegend von Trieſt wurden Leute in die Bezirkscommiſſionen berufen, welche Gerſte vom Weizen und die Kuh nicht vom Stier unterſcheiden konnten. (Lebhafte Heiterkeit.) Redner bittet die Regierung, bei der bevorſtehen - den Beſeitigung der Prägravationen insbeſondere das Küſtenland und die Umgebung von Trieſt zu berückſichtigen.
Nach dem Schlußworte des Berichterſtatters werden die §§ 7 bis 10 unverändert, § 11 mit dem Amendement Falkenhayn und die §§ 12 bis 17 unverändert angenommen. Die beantragten Reſolutionen werden zum Beſchluſſe erhoben.
Sodann werden die §§ 18 bis 20 (Ver - fahren bei den Centralcommiſſion) in Verhand - lung gezogen.
Der Präſident erklärt, daß hiebei die Summe von 1·5 Millionen im § 19 bis zur Entſcheidung über die Höhe des Nachlaſſes, welche bei § 21 erfolgt, in suspenso bleibt.
Abg. Adamek führt an der Hand eines großen Ziffernmateriales den Nachweis, daß man von einer Sublevirung Böhmens bei der letztenGrundſteuerregulirung nicht ſprechen könne. D[ie]Entlaſtung ſei keine ausreichende geweſen. Es ſ[ei]der Schade nicht erſetzt worden, der Böhmen durch die Mehrbelaſtung in Folge der Unrichtigkeiten des Cataſters zugefügt wurde. Redner ſchildert den Rückgang der Landwirthfchaft in Böhmen und erklärt ſchließlich, die dortigen Landwirthe ſeien der Anſicht, daß von dieſer Regierung und dieſem Parlamente nichts zu erwarten ſei. (Beifall bei den Jungtſchechen.)
Abg. Graf Falkenhayn weiſt darauf hin, daß den Landwirthen durch die Bildung von Berufsgenoſſenſchaften aus ihrer Mitte am beſten zu helfen wäre. Die Regierung und das Haus mögen darauf dringen, damit das betref - fende Geſetz, welches eine große Wohlthat für die Landwirthſchaft bedeute, recht bald zuſtande komme. (Beifall.)
Abg. Oberndorfer fordert den Finanz - miniſter auf, bei den Nachläſſen herunter -, bei der Aufſuchung neuer Steuerquellen hinaufzu - ſchauen. Er erklärt die Einſchätzung Niederöſter - reichs als zu hoch und verlangt hier neuerliche Erhebungen an Ort und Stelle.
Abg. Ritter v. Strnszkiewicz erklärt, man könne ſeiner Partei nicht vorwerfen, daß ſie für die Staatsfinanzen etwa nicht opferwillig genug ſei, aber es müſſe auch verlangt werden, daß der Staat bei einer ſolchen Lage, wie ſie jetzt die Landwirthſchaft durchmacht, Opfer nicht ſcheue, um ihr über dieſe ſchwere Zeit hinwegzu - helfen. Galizien beſonders ſei übel daran und durchaus nicht zu niedrig eingeſchätzt.
Abg. Dötz erklärt, die Grundſteuer müſſe wenigſtens auf 25 Millionen herabgeſetzt werden, ſonſt könne von einer Regulirung keine Rede ſein. Er beſpricht die Bevorzugung Galiziens. Der Finanzminiſter erklärt, gar nicht in die Lage zu kommen, die 10percentigen Nachläſſe bei der Grundſteuer in Folge der Perſonaleinkom - menſteuer zu gewähren, weil alle Mehreinkünfte durch die geſteigerten Militärforderungen in An - ſpruch genommen werden. Redner ſtellt den An - trag, das letzte Alinea des § 19, wonach die auf die einzelnen Länder und Rayons dermalen ent - fallenden Reinertragsſummen nicht erhöht werden dürfen, zu ſtreichen.
Abg. R. v. Czaykowski ſagt, der Fi - nanzminiſter ſei mißverſtanden worden; denn ein Mann, dem die Bedürfniſſe aller Bevölkerungs - ſchichten immer warm am Herzen lagen und der Finanzmittel genug hat, um den Nothleidenden zu Hilfe zu kommen, werde doch auch die Land - wirthſchaft, die von einer großen Kriſis heimge - ſucht ſei, nicht verlaſſen. Mehrere Redner haben Galizien als reiches Land dargeſtellt, welches die
ſie in der Verwirrung ihr eigenes, lichtes Kattunkleid.
„ Nein! Was für e ung’ſchickte Perſon ich bin! “ſagte ſie erſchrocken. Dann aber mir frank und frei in die Augen ſehend: „ Nehmet Sie’s nur nit übel, Herr Doctor, ich bitt’ Sie wirklich — “
„ Aber mein verehrtes Fräulein, was ſoll ich Ihnen denn nicht übel nehmen? “
„ Daß ich geſtern Abend, — ich hab’ doch natürlich geglaubt, es ſei mein Schwager, der da geſtanden hat — — “
„ Und mit dem Sie ein Vielliebchen gegeſſen hatten? Nein, liebes Fräulein, das nehme ich Ihnen wahrhaftig nicht übel. Im Gegentheil, für den Wiederholungsfall ſtelle ich mich gern zur Dispoſition. “
Sie lachte jetzt; es war dasſelbe quellende, naturfriſche Lachen wie in der Eiſenbahn.
„ Es ſcheint faſt, daß unſer’ Bekanntſchaft ſich unter lauter kleine Unſterne vollzieht. Erſt habe Sie in Caſſel das Unglück gehabt, dann ich geſtern im Hausgang, und vorhin mit dem Begieße — hoffentlich hat es jetzt we[n]igſtens en End’ mit dem Pech! “
Dabei ſtreckte ſie mir ganz kameradſchaftlich die Hand entgegen.
Woher ich die Kühnheit nahm, weiß ich nicht. Thatſächlich aber ergriff ich das Händchen und küßte es herzhaft. Sie riß es mir weg und ſah mich richtig erſchrocken an.
„ Jeſſes, iſcht das aber e Mod! “
Ich beeilte mich, ihr zu verſichern, daß das allerdings „ e Mod “in Berlin ſei, aber daß ich ſelbſt ihr nur damit hätte meine — Pfingſtfreude ausdrücken wollen. Wie kann ein Menſch ſolcheDummheit reden! — Sie hielt es jedoch augen - ſcheinlich für keine Dummheit, ſondern ſah mich wieder ganz zutraulich und fröhlich an. —
Der Tag verging mir wie im Fluge. Hel - mer und ſeine Frau überließen mich faſt beſtän - dig der Führung des Schweſterchens, die zu allem Ueberfluß auch noch Mareile beißt. Den jüngeren Bruder hatte ſie zum Glück bei jenen Verwandten „ eine Stunde hinter Caſſel “gelaſſen, ſo daß e[r]uns nicht ſtörte.
Wir gingen in dem geräumigen Garten hin und her, ich erzählte Fräulein Mareile von meinem einſamen, zur Hypochondrie treibenden Junggeſellendaſein in Berlin, und ſie plauderte in ihrer reizenden Offenheit von ſich und ihrem harmloſen Leben. Am Nachmittag war ich ſchon ſo weit verzaubert, daß ich mit einem Seufzer ſagte:
„ Ach, Fräulein Mareile, hätte doch Sie meine gute Mutter noch kennen gelernt! “
Sie ſah mich verwundert an, wurde aber dann plötzlich roth und begann mir allerhand Allotria zu erzählen; wie in ihrem Heimatsſtädt - chen zu Pfingſten ein Burſche, der natürlich von gutem Humor ſein müſſe, als „ Pfingſtöchſele “maskirt und durch die Stadt geführt werde, von allerhand Neckereien und Spottreden begleitet. Wie er dann aber zuletzt vor der „ Baumkönigin “niederkniee, von dieſer ſymboliſch getödtet werde und dann, die Maskerade abwerfend, mit ihr den Ehrentanz bei dem nun beginnenden Tanz anführe.
„ Die Baumkönigin? “fragte ich, „ das iſt wohl die Schönſte im Ort? “
„ Ah nein! Blos die wo man am liebſte hat. “
„ Dann waren Sie gewiß ſchon öfters Baumkönigin, nicht wahr? “
Sie lachte über mein plumpes Compliment, aber ſie nahm es nicht übel. Die Schweſter er - zählte mir nachher, daß Mareile in der That das letzte Mal Baumkönigin geweſen ſei, aber in ihrer Beſcheidenheit nicht gern davon ſpreche.
Welche Fülle von Tugenden verbirgt ſich hinter dieſem lieblichen Aeußeren! Nachgerade fange ich an, dieſe Pfingſtfahrt für ein Verhäng - niß, aber — für ein freundliches zu halten.
Marburg, 3. Pfingſttag.
Heute Abend oder ſpäteſtens morgen Früh muß ich abreiſen. Nein, ich reiſe auf alle Fälle morgen Früh; weshalb ſoll ich mir die Tage, die der Götter Gunſt mir hier freundlich be - ſcheert, verkürzen? Und außerdem: Fräulein Mareile fährt bis Gießen mit mir zuſammen. (Ich habe ein Rundreiſebillet über Frankfurt.) Sie ſoll dort eine andere Profeſſorsfrau beſuchen.
„ Aber ſie geht garnit gern hin, “ſagte mir Frau Helmer, „ weil meine Tante, — was wir e Menge Tante’ habe’, das glaube Sie garnit! — das Mareile gar ſo gern verheirate’ möcht’. “
„ Sooo?? Mit wem denn, wenn ich fragen darf? “
„ Ach, da ſind Mehrere, die ſie gern habe’ wolle’, lieber Herr Doctor. “
„ Wenn ſie aber nicht gern hinfährt, ſo laſſen Sie ſie doch hier. “
„ Geht nit, geht nit! Das ſind halt ſo colle - giale Rückſichte, die mir nehme’ müſſe! — “
Ich begreife ſo etwas nicht! Was hat die Collegialität mit dem Mädchen zu ſchaffen? .. Ueberhaupt, — wegſchnappen möchte ich ſie mir denn doch nicht laſſen! Aber ich finde den Muth
[4]Zeche zahlen könnte. Ich fürchte, daß dieſer Feldzug gegen Galizien die Koſten nicht decken wird. Es wäre das ein Feldzug der Italiener um Tigré. Aus Galizien wandern jährlich 15.000 Bauern nach Amerika aus: ſie würden ihre Scholle gewiß nicht verlaſſen, wenn der Ertrag der Landwirthſchaft ein ſo guter wäre. Zahlungsfähige Pächter gehören in Galizien zu den Ausnahmen. Es wurde auch von den Cavalieren in Galizien geſpro - chen. Die Hypothekarſchulden dieſer Cavaliere ſind in den letzten Decennien um 55 Millionen angewachſen. Man ſagt, ſie ſollen ihre Plätze Kräftigeren überlaſſen; mit dem Uebergange des mittleren Grundbeſitzes in die Hand des Großcapitals werde aber eine große ſocialpolitiſche Gefahr heraufbeſchworen, deren Folgen unabſehbar ſind. (Beifall bei den Polen.)
Abg. Svozil erklärt, am Niedergange der Landwirthſchaft in Mähren ſei die deutſchliberale Partei ſchuld. Redner werde aus politiſchen Gründen dieſer Regierung nichts bewilligen, denn einer Regierung, welche es noch zuläßt, daß in Mähren die übergroße Mehrheit des Volkes von einer kleinen Minorität beherrſcht und bedrückt werde, könne er nie einen Kreuzer bewilligen, umſoweniger, als die Regierung dann die bewil - ligten Mittel gegen die Tſchechen anwenden würde.
Es ſpricht noch der Abg. Baron Hackel - berg, worauf die Verhandlung abgebrochen wird.
Abg. Dr. Vašaty ſtellt einen Dringlich - keitsantrag, betreffend die vorhandenen Caſſen - beſtände und ihre Verwendung, welchen er in längerer Rede begründet. Hierauf ergreift Finanz - miniſter Dr. v. Bilinski das Wort.
Heute Voe - mittags 9 Uhr fand in der Metropolitankirche zu „ St. Wenzel “anläßlich des Ablebens Sr. kaiſ. Hoheit, des Herrn Erzherzogs Carl Ludwig ein feierlicher Trauergottesdienſt ſtatt. Dem Gottes - dienſte, welchen der hochw. Domprälat und Archi - diacon Dr. Anton Klug im Beiſein des hochw. getreuen Metropolitancapitels celebrirte, wohnten Se. Excellenz der Herr Truppen-Diviſion FML. Ritter v. Grivičić mit den dienſtfreien Offi - ciere der Garniſon, Herr Kreisgerichtspräſident Dr. Rodr, Herr Statthaltereirath Freiherr von Pillerstorff, Herr Vicebürgermeiſter Carl Brandhuber mit mehreren Herren Gemeinde - räthen, Herr Oberfinanzrath Sporner, HerrStaatsanwalt Roeder, die Herren Directoren der hieſigen Mittelſchulen, eine Officiers-Abord - nung des k. k. priv. Bürger - und Schützencorps ſowie zahlreiche Andächtige bei. Mit einem Gebete des hochw. Herrn Domprälaten vor dem im Kirchenſchiffe aufgeſtellten, mit der Erzherzogs - krone geſchmückten Katafalke wurde die Trauer - feierlichkeit um ¾10 Uhr Vormittags beendet.
Aus Anlaß des Hinſcheidens Sr. kaiſerl. Hoheit des Herrn Erzherzogs Carl Ludwig findet morgen Samſtag, den 23. Mail. J., um 11 Uhr Vormittags, im hieſigen iſrael. Bethhauſe ein feierlicher Trauergottes dienſt ſtatt.
Die Olmützer Kammer richtete an das Statthalterei-Präſidium in Brünn nachſtehendes Telegramm: „ Tief er - ſchüttert von dem unerſetzlichen, ſchmerzlichen Ver - luſte, welchen Se. Majeſtät unſer allergnädigſter Kaiſer und Herr, das Allerhöchſte Kaiſerhaus und die an deſſen Geſchicken ſtets loyalen und leb - haften Antheil nehmenden Völker Oeſterreichs durch den Tod weiland Sr. k. u. k. Hoheit des durchlauchtigſten Herrn Erzherzogs Carl Lud - wig erlitten haben, bittet die ergebenſt unter - zeichnete Kammer, deren ehrerbietigſten, unter - thänigſten Ausdruck warm empfundenen Beileides an die Stufen des Allerhöchſten Thrones leiten zu wollen. Oeſterreichs Induſtrie, Handel und Gewerbe werden dem hohen Verewigten immerdar das dankbarſte Andenken ehrfurchtsvoll bewahren und in der Wirthſchaftsgeſchichte Oeſterreichs bleibt der Name des huldreichen kaiſerlichen Prin - zen, höchſtwelcher in Wahrheit ein mächtiger För - derer induſtriellen gewerblichen Schaffens war, mit unvergänglichem Glanze umgeben. “
Am 24. d., als am Pfingſtſonntage, findet in der hie - ſigen evangeliſchen Kirche um 10 Uhr Vormittags ein feierlicher Gottesdienſt ſtatt. Die für dieſen Tag in Ausſicht genommene Jahresverſammlung des hieſigen Ortsver - eines der evangeliſchen Guſtav-Adolf-Stiftung wird erſt am Dienſtag, den 26. Mai, 8 Uhr Abends im deutſchen Caſino abge - halten werden.
Der Obmann der hieſigen Männerortsgruppe des Deutſchen Schulvereines, Herr Landtagsabgeordneter Robert Primaveſ’i wird in Vertretung dieſer Gruppe an den Ver - handlungen der am Pfingſtmontag in Brünn ſtattfindenden Hauptverſammlung des Schulver - eines theilnehmen.
In den Feſtausſchuß des Nordmährer - bundesfeſtes iſt, u. zw. in das Finanzcomité der ſtädt. Caſſier Herr Franz Xaver Parſch eingetreten.
In der vorgeſtern abgehaltenen Sitzung des Staats - eiſenbahnrathes ſtellte das Herrenhausmitglied, Handelskammer-Präſident Julius Ritter v. Gom - perz, folgende Anträge: 1. Die Regierung wird erſucht, Einfluß auf die priv. öſterr. -ungar. Staatseiſenbahn-Geſellſchaft zu nehmen, damit im Anſchluſſe an den in Böhm. -Trübau um 6 Uhr Abends aus Prag eintreffenden Schnell - zug Nr. 4 und an den in Böhm. -Trübau um 6 Uhr 42 Minuten Abends aus Wien ein - treffenden Schnellzug Nr. 3 in der Richtung gegen Olmütz ein Anſchluß geſchaffen werde. 2. Das k. k. Eiſenbahn-Miniſterium wird erſucht, auf der im Betriebe des Staates ſtehenden Mähriſchen Weſtbahn in der Richtung gegen Proßnitz einen Anſchluß an den von Proßnitz um 6 Uhr 46 Minuten Früh in der Richtung nach Nezamislitz — Brünn abgehenden Perſonenzug Nr. 1020 der Kaiſer Ferdinands - Nordbahn zu ſchaffen. 3. Die k. k. Regierung wird erſucht, den endlichen Ausbau des Flügels Kornitz — Gr. -Oppatowitz der Mähriſchen Weſtbahn an die Staatseiſenbahnlinie Brünn - Zwittau veranlaſſen zu wollen. 4. Die k. k. Regierung wird weiters erſucht, Einfluß auf die Verbeſſerung der Zugsverbindung Brünn - Budapeſt und umgekehrt, namentlich auf die Erſtellung einer das ganze Jahr hindurch beſtehenden Eilzugsverbindung mit möglichſt kurzer Wartezeit in Gänſerndorf, beziehungsweiſe Marchegg zu nehmen. Dieſe Anträge wurden vom Staatseiſenbahnrathe nach vorhergehender Befürwortung durch den Antragſteller als dring - lich anerkannt und der Regierung zur eingehendſten Berückſichtigung überwieſen. Aus dem Verlaufe der Sitzung verdient weiters beſondere Hervor - hebung die Erklärung des Verkehrsdirectors Hof - rathes Gerſtel bezüglich der dritten Wagen - claſſe bei Schnellzügen der Staats - bahnen. Die Staatsbahnverwaltung plant die Auflaſſung der dritten Wagenclaſſe bei Schnell - zügen und hat dieſe Maßregel zum Theile auch ſchon durchgeführt. Mehrere Mitglieder des Staatseiſenbahnrathes erklärten ſich gegen dieſe Neuerung, worauf Verkehrsdirector Gerſtel darauf hinwies, daß ein großer Theil der Staatsbahnen Gebirgsbahnen ſind, bei welchen andere Bedin - gungen für den Betrieb vorherrſchen, als bei
nicht, zu reden. Weiß ich denn, ob das liebe Geſchöpf mich überhaupt leiden mag? Ob ſie nicht ſchon längſt ein anderes Bild im Herzen trägt?
Da iſt ein Doctor Neiding in Gießen, mit dem ſie immerfort geneckt wird. Wenn der Kunde vielleicht wirklich ein bevorzugter Bewer - ber wäre? “
Berlin, nach Pfingſten.
Ihr Götter, wie iſt mir zu Muth! So muß dem Helden zu Muth ſein, der eine Schlacht gewonnen hat! — Vor mir auf dem Schreibtiſch ſteht Mareiles Bild, und an ſie ſelbſt habe ich eben einen langen, für meine Gefühle aber noch viel zu kurzen Brief geſchrieben.
Und wie iſt das alles ſo ſchnell gekommen? Nun, meine ganze Seligkeit habe ich nur Mareiles unbezahlbarer Offenherzigkeit zu danken.
Als wir ſelbander geſtern Früh aus Mar - burg abdampften, kam ſie mir ſchon merkwürdig ernſt und blaß vor; und je mehr wir uns Gießen näherten, um ſo blaſſer und einſilbiger wurde ſie.
„ Aha! “dachte ich bitter, „ die Aufregung, den heimlich Geliebten wiederzuſehen macht das! “ Und unwillkürlich wurde auch ich reſervirter.
Als dann der Zug in Gießen in die Halle fährt, guckt Mareile durch die Scheiben verſtoh - len auf den Perron hinaus, fährt plötzlich zurück und ſinkt in die entgegengeſetzte Ecke des Coupes auf den Sitz nieder.
„ Ich ſteig’ nit aus! Nein, ganz gewiß nit! Da ſteht ja richtig der fade Doctor Neiding mit ’n Blumenſtrauß! So en zudringlicher Menſch! Nein, nein, ich ſteig’ nit aus, ich will e’malnit! “
„ Aber Fräulein Mareile, “wollte ich ſie beruhigen, „ Ihre Tante wird Sie erwarten. “ Da fährt ſie auf wie ein kleiner Kampfhahn.
„ So iſch’s recht, Herr Doctor! Sie haben’s auch gar ſehr nöthig, mich zum ausſteige zwinge’ zu wolln! Wenn Sie nit bis Frankfurt mit mir fahren wolle, da könnte Sie ſich ja wo anders hinſetze’. Freilich hab’ ich nit g’wußt, daß Ihne meine G’ſellſchaft ſo ſchnell z’viel werde könnt. ’ “
„ Aber — Mareile, um Gotteswillen! Ich bin ja glückſelig, wenn Sie nichts von dem Doctor da draußen wiſſen wollen! Und ich würde mit Ihnen bis an’s Ende der Welt fahren ... “
„ Iſch das auch wahr? “ſagt ſie und ſieht mich ganz grad und treuherzig an ... Und ich, ohne eine Secunde zu zögern ſchmettere die Thür, die ein wenig geöffnet war, vollends zu, ſage dem Schaffner, die Dame fahre mit bis Frankfurt, er ſolle ein Billet beſorgen und lehne mich dann breit aus dem Fenſter, bis der Zug ſich wieder in Bewegung ſetzt.
Draußen ſtand der Doctor mit dem Blumen - ſträußchen in der glacébedeckten Hand und ſchaute dem Zug mit einem ſo urdummen Geſicht nach, daß ich laut auflachen mußt.
Mareile war aufgeſtanden und lugte hinter der Gardine nach dem verſpotteten Freier.
„ Macht’ er nit grad’ e G’ſicht wie e Pfingſt - öchſele? “ſagte ſie. Und ſo ſchelmiſch lachten ihre rothen Lippen dabei, daß ich mich umwandte und ſie jählings in die Arme ſchloß.
„ Mareile, Mareile, “— ſie wehrte ſich gar nicht — „ willſt Du denn meine kleine Baum - königin ſein mein Lebenlang? “
Sie antwortete nichts, aber ſie reichte mir nur die feuchten, friſchen Mädchenlippen zum küſſen dar. Und auch mit dieſer Antwort war ich zu - frieden. — —
„ Aber was machen wir nun in Frankfurt? “fragte ich nach fünf Minuten, die ich mit beſ - ſerem als mit Sprechen ausgefüllt hatte.
„ In Frankfurt haben wir auch eine Tante! “ſagte Mareile ſtolz; „ bei der werde ich ein paar Stunden bleiben und dann gleich wieder nach Marburg heimfahren. “
„ Hör’, ſüßer Schatz, werde ich denn aber auch Helmers recht ſein, als Dein Bräutigam? “ Sie ſah mich ganz mitleidig an.
„ Ja — weißt denn Du nit, daß wir zwei Beide ganz mit Fleiß z’ſammengebracht worden ſind? Ich hab’s meiner Schweſter gleich am erſten Tag geſagt, daß ich der ihren Kriegsplan durchſchau’. “
„ Und biſt doch mit mir gefahren, heute Früh? “
„ Jeſſes, was ſollt’ ich denn ſonſt mache? Aber eine Angſt hab’ ich gehabt, Du könnteſt mir entwiſchen! “
„ Alſo deshalb warſt Du heut Früh ſo blaß und ſtill? “
„ Wird wohl ſo ſein. Ich hab’ Dich ja gleich gern gemocht, wie Du mir biſt in Kaſſel ſo auf die Füß’ getrete und dabei geflucht haft. Und daß ich Dir auch nit übel gefallen hab’, das hab’ ich gleich g’merkt. “
„ So, Du Blitzmädel? — Aber dann haſt Du vielleicht gar keinen ſo großen Schreck be - kommen, als Du Deinen Vielliebchen-Irrthum entdeckteſt? “ Sie ſah mich mit erſtaunten Augen an.
„ Du biſcht aber Einer! Erſt recht hab ich mich erſchreckt! “—
„ Nun, Du kleines, erſchrockenes Mareile, da iſt’s nur gut, daß Du jetzt wirklich mein Viel — liebchen geworden biſt, nicht wahr? “
Sie nickte glücklich. Und weiter fuhren wir in den lachenden Frühling hinaus, dem Süden zu.
[5]Bahnen in der Ebene. Die Staatseiſenbahnver - waltung habe principiell gegen die Führung der dritten Wagenclaſſe bei Schnellzügen nichts ein - zuwenden. Wo eine Auflaſſung dieſer Wagenclaſſe erfolgt iſt, war ſie lediglich durch betriebstech - niſche Rückſichten, beziehungsweiſe durch die Bedachtnahme auf die Einhaltung der Fahrzeit bedingt. Nach Maßgabe der Möglichkeit werde die dritte Claſſe bei den Schnellzügen aufrecht erhalten werden.
Der erſchütternde Trauerfall in der Familie unſeres Kaiſers iſt ſelbſtverſtändlich nicht ohne Einfluß auf das bevorſtehende Schulvereins - feſt geblieben. Wie wir bereits mitgetheilt haben, werden laut Beſchluſſes des Feſtausſchuſſes die Decorirung der Stadt B[r]ünn und alle lärmenden Feſt - lichkeiten entfallen. Der Empfang der Feſtgäſt: wird in aller Stille vor ſich gehen, das projec - tirte Spalier deutſcher Turner vom Bahnhofe zum Hauptquartier (Hotel Padowetz) entfällt ebenfalls. Die Theater-Vorſtellung erfährt keine Aenderung, nur wird dieſelbe nicht als Feſtvor - ſtellung, ſondern als eine Wohlthätigkeits-Vor - ſtellung zu Gunſten der Brünner Armen arran - girt. Das Programm dieſes Begrüßungsabends bleibt auf die Begrüßungsreden, ernſte Geſänge und Concertſtücke beſchränkt. Die Fanfarenmuſik am Montag Früh entfällt. Die Hauptverſamm - lung findet programmgemäß ſtatt, hingegen ent - fällt das Volksfeſt im Schreibwalde und ſelbſt - verſtändlich auch die feſtliche Auffahrt der Ehren - gäſte. Dafür wird in den[ Nachmittagsſſtunden] in allen Räumen des Deutſchen Hauſes ein Prome - nadeconcert abgehalten, mit welchem auch die Tombola, das Schauturnen und der Verkauf der dem Feſt-Ausſchuſſe gewidmeten Gaben durch deutſche Frauen und Mädchen verbunden ſind. Der Feſt-Commers am Montag findet programm - gemäß, jedoch mit Hinweglaſſung heiterer Vor - träge und des geplanten Tanzkränzchens, ſtatt. Der Ausflug nach Znaim erfährt keine Aenderung. Für dieſen Ausflug hat die Staats-Eiſenbahn eine erhebliche Fahrpreisermäßigung für die Hin - und Rückfahrt bewilligt, und zwar für die Strecke Brünn — Znaim und zurück zweiter Claſſe 3 fl. 60 kr., dritter Claſſe 1 fl. 80 kr.
Am 20. d. M. Nachmittags, ſtarb in Brünn nach kurzer Krankheit im 67ſten Lebensjahre Herr Dr. Wilhelm Wolf, k. k. Sanitätsrath und Bezirksarzt i. R., Ehrenbürger von Mähr. -Weißkirchen ꝛc. Das Leichenbegängniß findet heute Freitag, Nachmittags 4 Uhr, auf dem iſrael. Friedhofe in M. -Weißkirchen ſtatt, wohin die Leiche auf Wunſch des Verblichenen überführt wurde.
Um den ungewöhnlich großen Perſonenverkehr in den Pfingſtfeiertagen ohne Ver - ſpätung der regelmäßigen Züge und ohne Ge -fährdung der Anſchlüſſe brwältigen zu können, hat die Nordbahn-Direction den Berkehr folgen - der Sonderzüge von Olmütz ab angeordnet: Am Pfingſtſamſtag den 23. Zug Nr. 1028 V. nach Proßnitz-Nezamislitz. Abfahrt von Olmütz 11 Uhr 15 M. Vorm., Zug Nr. 1016 V. nach Prerau Abfahrt 1 Uhr 7 M. Nachm., Zug Nr. 1025 V. nach Sternberg Abfahrt 3 Uhr 50 M. Nachm., Zug Nr. 1018 V. nach Proßnitz, Nezamislitz Abf. 6 Uhr 3 M. Abend, Zug Nr. 1118 V. nach Prerau Abf. 9 Uhr 30 Min. Abends. Am Pfingſtſonn - tage den 24. Mai 1896. Zug Nr. 1045 nach Sternberg Abf. 1 Uhr 56 M. Nachm. Am Pfingſtmontage den 25. Mai 1896: Zug Nr. 1028 V. nach Proßnitz-Nezamislitz Abf. von Olmütz 11 Uhr 15 M. Vorm. Zug Nr. 1116 nach Prerau Abf. von Olmütz 1 Uhr 7 M. Nachm. Zug Nr. 1045 nach Sternberg Abf. von Olmütz 1 Uhr 56 M. Nachm. Am Pfingſtdienſtag den 26. Mai 1896 Zug Nr. 1028 V. nach Proßnitz-Nezamislitz Abfahrt von Olmütz um 10 Uhr 15 M. Vorm
in der Rathhauscapelle wird an den beiden Pfingſt - tagen (Sonntag und Montag) von 10 bis 12 Uhr Vormittags zur allgemeinen Beſichtigung geöffnet ſein.
Fräulein Dima, unſere Primadonna vom Vorjahre, hat vom Prinz - Regenten von Bayern anläßlich ſeiner Anweſenheit in Nürnberg ein prachtvolles Bril - lantenarmband erhalten.
Wir erlauben uns darauf aufmerkſam zu machen, daß das heute im deutſchen Caſino ſtattfindende Kammerconcert des Quartettes: Hans Tſchauner, Carl Klob, Oscar Löſchenauer und Carl Lafite präciſe um 8 Uhr Abends beginnt. Nur Caſino-Mitglieder und geladene Gäſte haben zu dieſem Concerte, das bei freiem Eintritt ſtattfindet, Zutritt.
Der „ Bund der Deutſchen Nordmährens “beabſichtigt einen „ Wanderlehrer “anzuſtellen, der die Bun - desgruppen zu beſuchen, daſelbſt Vorträge nati - onalen und wirthſchaftlichen Inhaltes zu halten, bei Feſtveranſtaltungen die Bundesleitung zu vertreten und überhaupt zur Hebung der Bun - desthätigkeit ſeine Kraft einzuſetzen hätte. Jahres - gehalt 1000 fl. und Reiſevergütung nach Ueber - einkommen. Anträge wollen an die Bundesleitung in Olmütz gerichtet werden.
Unſer Publicum hatte geſtern Abends Gelegenheit, die Leiſtungen des Circus Henry, der erſt morgens von Troppau hier eingetroffen war, kennen zu lernen und ſich zu überzeugen, daß der vortreffliche Ruf, der dem Unternehmen des Herrn Henry voranging, vollkommen gerechtfertigt war. Es war dieß umſo erfreulicher, als unſere Stadt im Vorjahre von einem Circus-Unternehmen heimgeſucht wurde, das mit großer Reclame angeprieſen, ſich als echt amerikaniſcher Humbug erwes. Der Beſuch der geſtrigen Abendvorſtellung im Circus Henry war ein maſſenhafter und mochten wohl an 1400 Perſonen in dem geräumigen, ſehr elegant aus - geſtatteten Zuſchauerraume Platz gefunden haben. Was in der geſtrigen Vorſtellung dem Publicum in reicher Fülle und Abwechslung geboten wurde, überragt Alles, was wir hier in den letzten Jahren ſahen. Das ganze Unternehmen des Hrn. Henry, der übrigens bei unſerem Publicum von ſeiner früheren Anweſenheit in Olmütz noch in beſter Erinnerung ſteht, trägt den Stempel ſtrenger Solidität und guten Geſchmackes. Das Programm wickelt ſich in glatter Weiſe ab, die Darbietun - gen der Reitkünſtler, Radfahrer und Akrobaten ſind exquiſite und das Pferdematerialr iſt that - ſächlich ein prächtiges. Herr Henry, der ſich zu Beginn der Vorſtellung, umgeben von einer ſtattlichen Zahl von hübſch coſtümirten Stallmeiſtern dem Publicum vorſtellte, wurde mit lautem Beifalle begrüßt. Den Beginn der Productionen machte ein Pas de deux, vortrefflich geritten von Mr. Jean Bono und Miß Michaelitta, ihnen folgte Mlle. Mercedes, eine vorzügliche Parforce-Touren-Reiterin. Sehr günſtig führte ſich der Clown Alexander ein, der auf der Stuhlpyramide Productionen veranſtaltete, die von Kraft und Gewandtheit zeigen. Mit leicht begreiflicher Spannung wurde der nächſten Nummer, der Vorführung von fünf ungariſchen Fuchsſtuten und der Spring - pferde „ Rheingold “und „ Blitzmädel “durch Herrn Director Henry entgegengeſehen. Sowol die prächtigen Thiere wie die vorzügliche Dreſſur welche dieſelben zeigten, erregten einen Sturm von Applaus. Die größte Heiterkeit erregte die nächſte Nummer unter dem Titel „ Madame Pompadours Spazierfahrt “; es war in der That höchſt drollig einen in einem Wagen ſitzenden Ponyhengſt, angethan mit Frauenhut und roth - ſei[d]enem Vorhemd, zu ſehen, während auf dem Trittbrette zwei andere Ponyhengſte Stellung genommen hatten und Lakaiendienſte verſahen. Die nun folgende Kraftproduction: „ Die geheim - nißvolle Leiter “, wurde von Signor Mon - tovane und Signoritta Eliſa mit größter Eleganz und ſtaunenswerther Sicherheit ausgeführt. In Mr. Joſefi, der hierauf an die Reihe kam, lernten wir einen Jokey-Reiter von großer Bravour kennen; er bewegt ſich auf ungeſatteltem Pferde mit einer Gewandtheit, die auch nicht auf einen Augenblick das Gefühl der Unſicherheit aufkommen läßt. Sein Sprung aus der Manege auf den Rücken des galoppirenden Pferdes iſt ſehenswerth. Den Schluß der erſten Abtheilung bildete die Production der Kunſtrad - fahrer-Familie Klein. In kaum mehr zu über -
Wieder flog jenes wilde Heer von Worten, Blicken und Ereigniſſen an mir vorüber: Marys wiederholte Verſicherung von der Unſchuld ihrer Couſine, Eleonores ſtolzes Schweigen bezüglich gewiſſer Puncte, die auf den vermuthlichen Mörder hätten hinleiten können. „ Ihre Anſicht muß die richtige ſein, “ſagte ich endlich; „ un - zweifelhaft war es Eleonore, die jene Worte ſprach. Sie glaubt an Marys Schuld, und ich bin wirklich blind geweſen, daß ich dies nicht vom erſten Augenblick an bemerkt habe. “
„ Wenn Eleonore ihre Couſine für ſchuldig hält, ſo muß ſie wohl ihre Gründe dafür haben. “
Das mußte ich zugeben.
„ Sie verbarg auch den berüchtigten Schlüſſel, den ſie — der Himmel weiß wo? — gefunden haben mag, in ihren Buſen nicht ſo ohne wei - teres, noch ſuchte ſie den Brief, der ihre Couſine bloßgeſtellt haben würde, der Vernichtung preis - zugeben, ohne ein beſtimmtes Ziel dabei zu verfolgen. “
„ Gewiß nicht! “
„ Und trotz der Haltung, welche Eleonore von vornherein angenommen und bewahrt hat, verharren Sie bei Ihrer Anſicht, daß Mary unſchuldig iſt? Bedenken Sie doch, daß Sie mit den Verhältniſſen im Leavenworthſchen Hauſeerſt jetzt bekannt geworden ſind und Mary nur in dem Lichte geſehen haben, in dem ſie für gut fand, ſich darzuſtellen. “
„ Aber, “entgegnete ich, nur mit Wider - willen ſeinen Beweisgründen und Schlüſſen fol - gend, „ Eleonore iſt doch nur auch eine Sterbliche und kann ſich in ihren Bermuthungen leicht irren; ſie hat ſich niemals geäußert, worauf ſich ihr Verdacht gründet. Clavering kann ebenſogut der Mörder ſein als Mary, nach dem zu ur - theilen, was wir von ihm in Erfahrung gebracht haben. “
„ Sie ſcheinen in Ihrem Glauben an Cla - verings Schuld faſt abergläublich zu ſein. “
Ich zuckte zuſammen. War ich wirklich aber - gläubiſch? — War es möglich, daß Harwells phantaſtiſche Mittheilungen über dieſen Mann mein beſſeres Urtheil beeinflußt hatten?
„ Und Sie mögen auch darin recht haben, “fuhr Gryce fort, „ ich will meine Folgerungen keineswegs als Gewißheit hinſtellen; die bevor - ſtehende Unterſuchung muß uns ja Aufſchluß darüber geben, obgleich ich ſeine Theilnahme an dem Verbrechen für kaum wahrſcheinlich halte. Daß ſein Benehmen in allen Einzelheiten genau ſo geweſen iſt, wie man es von dem heimlichen Gatten einer Frau, welche Beweggründe zur Verübung eines Mordes beſitzt, erwarten würde, läßt ſich freilich nicht in Abrede ſtellen. “
„ Bis auf den Umſtand, daß er ſie ver - laſſen hat. “
„ Er hat ſie ja nicht verlaſſen. “
„ Was wollen Sie damit ſagen? “
Herr Clavering hat ſich nur den Anſchein gegeben, von New-York abzureiſen; er iſt nicht auf Marys Geheiß nach Europa gegangen, ſondern hat nur ſein Quartier gewechſelt und wohnt jetzt in einem Hauſe, welches demjenigen ſeiner Frau gegenüber liegt, wo er Tag für Tag an einem beſtimmten Fenſter ſitzt und acht gibt, wer drüben aus - und eingeht. “
„ Aber man ſagte mir doch im „ Hoffmann - Hauſe, “warf ich nach einigem Nachdenken ein, „ er ſei nach Europa zurückgekehrt, und ich ſelbſt ſprach den Mann, der ihn nach dem Dampfer gefahren hatte. “
„ Ganz richtig. “
„ Und Clavering hat ſich darauf wieder nach der Stadt begeben? “
„ Ja; in einem andern Wagen und nach einem andern Hauſe. “
„ Und dennoch behaupten Sie, der Mann ſei unverdächtig? “fragte ich erſtaunt.
„ Das gerade nicht, “antwortete er, „ ich meine nur, es ruht auf ihm auch nicht der Schatten eines Verdachtes, daß er es iſt, welcher Leavenworth erſchoſſen hat. “
Ich erhob mich von meinem Sitz und ſchritt einige Male durch das Zimmer, während wir beide ſchwiegen; dann aber erinnerte mich das Schlagen der Uhr, wie ſehr die Zeit drängte; ich blieb ſtehen und fragte Gryce, was er zu thun gedächte.
(Fortſetzung folgt.)
[6]bietender meiſterhafter Weiſe vollführt Herr Klein ſowohl allein wie mit ſeinen Kindern auf dem Hochrade die ſchwierigſten Touren. Ihm ſteht ſein Sohn Arthur wacker zur Seite, ein vortrefflicher Radfahrkünſtler, der, während er ohne Leitſtange das Rad nur mit den Füßen fortbewegend fährt, eine Violinpiece ausführt. Ganz herzig iſt der dreijährige Fritz Klein, heute wohl der kleinſte Radfahrer der Welt. Stürmiſcher, nicht endenwollender Beifall lohnte die Vorfüh - rung dieſer Senſationsnummer. Größtes Intereſſe erregte die nächſte Nummer, das äußerſt kunſtvoll ausgeführte Luftpotpourri des „ Trio Palo “, eine ganz eigenartige gymnaſtiſche Production. Miß Michaelitta, eine treffliche Reiterin, zeigte große Sicherheit. Ganz nett präſentirte ſich, was Tanzfertigkeit betrifft, das Corps de Ballet, an deſſen Spitze zwei hübſche und gewandte Solo - tänzerinnen ſtehen. Vielen Beifalles erfreute ſich die Vorführung des ruſſiſchen Schimmelhengſtes „ Nonius “. Herr Director Henry ritt das pracht - volle Thier in allen Gangarten der hohen Schule und zeigte ſich auch als Schulreiter von der beſten Seite. Eine Nummer von heiterſter Wir - kung war die Production der Mufikclowns „ Gebrüder Caſtagna “, die Triks vor - führen, die in ihrer Art ganz neu ſind. Ver - geſſen ſei auch nicht Mr. Barkes, der mit ſeinen dreſſirten Eſeln und einem putzigen Hünd - chen Proben ausgezeichneter Dreſſur vorführt und auch in ſeiner Rolle als „ dummer Auguſt “von zwerchfellerſchütternder Wirkung iſt. Um das ſehr ge - lungene Arrangement der Vorſtellung machte ſich der Secretär des Circus Henry, Herrn Anton Pilch ſehr verdient, der mit raſtloſem Eifer gearbeitet hatte. Das Buffet, das Herr Baum in einem elegant ausgeſtatteten Raume etablirte, war vom Publicum förmlich belagert und bot zu billigſten Preiſen Delicateſſen und trefflichen Ger - ſtenſaft aus der Dolleiner Brauerei.
Auf der Strecke der Staatsbahn zwiſchen Hochſtein und Budigs - dorf ereignete ſich am 19. d. M. Nachmittags ein ſchwerer Unglücksfall. Es hatten ſich gegen 5 Uhr mehrere Landleute aus Tattenitz von der Feldarbeit nach Hauſe begeben, den Bahndamm als Fußweg benützt und die 44 Meter lange Eiſenbahnbrücke nächſt Budigsdorf überſchritten. Als ſie ſich ungefähr in der Mitte der Brücke befanden, vernahmen ſie das Dampfſignal des um 5 Uhr 4 Min. jene Stelle paſſirenden, von Olmütz nach Böhm. -Trübau verkehrenden Per - ſonenzuges. Die Arbeiter begannen nun zu lau - fen, um die Brücke zu überſetzen, ehe ſie der Zug erreicht. Es gelang auch allen bis auf die 13jährige Häuslerstochter Anna Scherz, welche den andern nicht raſch genug folgen konnte, von dem Zuge erfaßt, niedergeriſſen und etwa zehn Schritte weit geſchleppt wurde. Hiebei wurde das Mädchen förmlich ſcalpirt, die Haare und die Kopfhaut blieben an den Rädern der Maſchine hängen. Das Mädchen ſelbſt wurde mit zahl - reichen Wunden bedeckt von den übrigen Arbei - tern als Leiche aufgefunden. Auf Anordnung des Diſtrictsarztes Aſt wurde die Leiche bis zum Erſcheinen der Gerichtscommiſſion in die Todten - kammer nach Tattenitz gebracht.
Eine Depeſche aus Frankfurt a. M. meldet das dort vorgeſtern erfolgte Ableben von Clara Schumann. Am 13. September 1819 zu Leipzig als die Tochter des Tonkünſtlers Friedrich Wielk geboren, war Clara Schülerin ihres Vaters und unternahm bereits als halbwüchſiges Mädchen große Con - certreiſen. Den größten Einfluß auf die künſt - leriſche Entwicklung Claras, die, wie man weiß, auch eine der hervorragendſten Pianiſtinnen ihrer Zeit geworden, nahm ſelbſtverſtändlich ihr Gatte Robert Schumann, mit dem ſie ſich 1837 ver - lobte und drei Jahre ſpäter vermählte. Nach dem 1854 erfolgten Tode ihres Gatten lebte Clara Schumann mit ihren Kindern zunächſt einige Jahre in Berlin, ſiedelte 1863 nach Wiesbaden über und nahm dann für einige Zeit die Virtuoſenthätigkeit wieder auf. In den Jah - ren 1878 bis 1892 nahm die nun Verſtorbene die Stelle einer erſten Clavierlehrerin am Hoch’ - ſchen Conſervatorium in Frankfurt ein, wo ſie eine höchſt erfolgreiche Thätigkeit entwickelte. Frau Schumann war auch producirende Künſt -lerin und gab eine ziemliche große Anzahl von Compoſttionen heraus, darunter viele Lieder, ein Clavierconcert, ein Trio, ferner Violin-Romanzen, Präludien, Fugen und Variationen. Auch revi - dirte ſie die Geſammtausgabe der Werke Schu - mann’s und beſchäftigte ſich mit der Redaction von pädagogiſchen Clavierwerken. — Wie des Weiteren telegraphirt wird, ſollen ſich im Nach - laſſe der Dahingeſchiedenen Tagebuch-Aufzeich - nungen finden, die, durch vierzig Jahre geführt, die muſikaliſche Entwicklung der letzten Jahrzehnte beleuchten.
Vor einiger Zeit wurde gemeldet, daß die Wiener Polizei - Behörde gegen jene elf Studenten, welche die bekannte Proteſtnote gegen die Millenniums-Feier - lichkeit unterfertigt haben, eine Unterſuchung ein - geleitet hat. Unter dieſen Studenten befanden ſich ein Ausländer, der reichsdeutſche Unter - than Oſthaus, ferner vier ungariſche Unter - thanen croatiſcher und rumäniſcher Nationalität und ſechs Oeſterreicher. Die Polizei-Behörde hat nun auf Grund der Unterſuchung den Ausländer Oſthaus aus den im Reichsrathe vertretenen König - reichen und Ländern ausgewieſen und die vier ungariſchen Unterthanen mit der Ausweiſung bedroht, falls ſie ihre agitatoriſche Thätigkeit fortſetzen ſollten. Die Polizei-Behörde ging bei dieſer Entſcheidung von der Anſicht aus, daß jene aufreizende Agitation gegen die Millenniums - Feier ſelbſt für einen öſterreichiſchen Staats - bürger ungehörig, für einen Ausländer aber ent - ſchieden unſtatthaft ſei. Der Studirende Oſthaus hat gegen den Beſchluß der Polizei-Behörde bei dem Miniſterium des Innern den Recurs er - griffen.
Aus Budapeſt wird unterm 20. d. Mts. geſchrieben: „ Geſtern Vormittags 10 Uhr ereignete ſich am Rákos, in der militäriſchen Schießſtätte, anläßlich des Scheibenſchießens der Infanterie ein Unglück - fall mit tödtlichem Ausgange. Während nämlich die Infanterie in der Schießſtätte ihre Schieß - übungen abſolvirte, exercirte die Artillerie auf einem Theile des Rákos. Plötzlich griff ein Artilleriſt nach ſeinem Kopfe und ſtürzte mit einem lauten Schrei leblos zufammen. Die her - beigeeilten Kameraden fanden den Unglücklichen bereits todt. Eine Mannlicher-Kugel, die ſich von der Schießſtätte auf das Exercirfeld verirrt hatte, bohrte ſich in den Halswirbel und tödtete den ſtarken Mann auf der Stelle. Sein Leichnam wurde in den Sezirſaal des Garniſonsſpitals Nr. 22. überführt und die Militärbehörde hat die Unterſuchung ſofort eingeleitet “
Ein Telegramm aus Paris meldet über die Urſache dieſes von uns ſchon erwähnten Un - falles: „ Der große Luſter iſt an ſieben Kabel oder eiſernen Ketten befeſtigt, die ſieben Gegen - gewichte von je 500 Kilo tragen. Die Kabel entlang laufen die electriſchen Beleuchtungsdrähte, von welchen mehrere ſich berührten, erhitzten, ein Kabel rothglühend machten und dadurch zum Reißen brachten. Eines der Gegengewichte ſtürzte ab, durchſchlug den Plafond und erſchlug auf der letzten Galerie Madame Chaumet. Die Beſchädi - gung des Gebäudes iſt eine ganz unbedeutende und beſchränkt ſich auf ein anderthalb Meter breites Loch im Plafond. Die Polizei gab die Bewilligung zur Aufführung der für geſtern an - gekündigten Galavorſtellung der Oper „ Hamlet “.
Das Landgericht verwarf unter Verurtheilung zu den Koſten die Reviſion der Angeklagten Zetoche, Hillert und Tſcheuner, welche am 9. März wegen Diebſtahls des Ar - mee-Verordnungs-Blattes, das den kaiſerlichen Er - laß mittheilt, zu 6, 3 und 1 Monate Gefäng - niß verurtheilt worden waren.
Das Wetter iſt kühl, der Himmel theilweiſe bewölkt. Die Ausſchmückung der Stadt iſt vollendet. Die Einzugsſtraße und die zuführenden Quergaſſen ſind mit einem noch nie dageweſenen Aufwande geſchmückt. Arrange -ments von Fahnen in ruſſiſchen Farben, Na - menszüge, Büſten, Bildniſſe des Kaiſerpaares ſchmücken die Häuſer. Ueber die Straßen ſind Laubkränze und kronentragende Wimpel-Guir - landen geſpannt. Auf den öffentlichen Plätzen ſind mächtige Flaggenmäſte und mit Kronen und dem Doppeladler geſchmückte Obelisken aufgeſtellt. An verſchiedenen Stellen der Einzugsſtraße ſind Pavillons für die den Kaiſer begrüßenden Stände errichtet. Gegenüber dem geſchmackvoll decorirten Palais des Generalgouverneurs iſt der Pavillon für den Adel aufgeſtellt. In den Straßen wogt ſeit frühem Morgen eine zahlloſe Menſchen - menge. Man ſieht vorwiegend ruſſiſche National - trachten. Zahlreiche Tribünen für Tauſende von Zuſchauern beſtimmt, ſind errichtet. Es herrſcht muſterhafte Ordnung.
Der vom Petrowski - Palaſt ſich bewegende Feſtzug traf in der Bannmeile der Stadt ein. 71 Salutſchüſſe entboten den Gruß der Stadt. Der General-Gouverneur Großfürſt Sergius empfing hier den Kaiſer.
Glockengeläute in der großen Maria Himmelfahrts-Cathedrale gab das Zeichen, daß die zur Theilnahme an dem feſt - lichen Einzuge des Kaiſerpaares beſtimmten Perſönlichkeiten ſich zu verſammeln haben. Gleich - zeitig rückten die zur Theilnahme an dem Feſt - zuge und zur Bildung des Spalieres in den Straßen aufgebotenen Truppen an ihre Beſtim - mungsorte. Eine ungeheuere, Kopf an Kopf gedrängte Menſchenmenge ſammelte ſich in freudiger Erregung hinter dem Truppenſpaliere an. Drei Schüſſe, abgegeben von der vor dem Petrowskypalais aufgeſtellten reitenden Batterie, bildeten das Zeichen zum Beginn des Zuges. Daß deſſen Spitze das Weichbild der Stadt erreicht habe, wurde der harrenden Menge durch 71 Salutſchüſſe bekannt. Bei der alten Triumph - pforte überreichten die Stadtverordneten mit dem Stadtoberhaupte an der Spitze, die verſchiedenen Innungen, die Mitglieder des Gouvernements - landſchaftsamtes und die Vertreter des Börſen - comités dem Kaiſerpaare Salz und Brot. Die gleiche Begrüßungsart wiederholte ſich am Twer’ - ſchen Platze ſeitens des vom Adelsmarſchall ge - führten Adels des Gouvernements Moskau. Bei dem Woßkreſſenski-Thore nahm der Kaiſer die Huldigung der Gouvernementsbehörden entgegen, und ſtieg hierauf vom Pferde, um mit beiden Kaiſerinnen, welche den Wagen verlaſſen hatten, in der Twer’ſchen Capelle bei dem wunderthätigen Hei - ligenbild der Mutter Gottes Gebete zu verrich - ten. Der Zug bewegte ſich hierauf, nachdem der Kaiſer das Pferd beſtiegen und die Kaiſerinnen in dem Wagen Platz genommen hatten, nach dem Kreml. Die allenthalben angeſammelte Menge brach, als ſie der Majeſtäten anſichtig wurde, in brauſende Hurrahrufe aus 85 Kanonen - ſchüſſe verkündigten der Menge, daß die Majeſtä - ten die Uskenſky-Cathedrale betreten hatten. Nach Verrichtung der Gebete in derſelben begab ſich Kaiſer Nicolaus und die Kaiſerinnen nach dem Kremlpalais. 101 Kanonenſchüſſe ſowie das Ge - läute ſämmtlicher Glocken ſignaliſirten den Mo - ment der Vollendung des Einzuges. Die Maje - ſtäten verblieben einige Stunden im Kremlpalais und begaben ſich hierauf nach dem Alexander - palais.
Eine Depeſche des „ Impercial “aus Havannah meldet, daß es dem Gros der Inſurgentenbande des Maximo Gomez gelungen ſei, den Fluß Hanabana zu überſchreiten und den Marſch nach Weſten fortzuſetzen, um ſeine Vereinigung mit den Kräften Maceo’s anzubahnen.
Der politiſche Verein „ Donauclub “in Wien hatte für geſtern Abends in die Saalloca - litäten des „ Hotel Stephanie “eine Plenarver - ſammlung einberufen, in welcher Reichsrathsab - geordneter Profeſſor Eduard Sueß ſeinen Austritt aus dem Club der Verei - nigten deutſchen Linken motivirte. Außer den Vereinsmitgliedern hatten ſich auch einige hundert Wähler, ſowie die Abg. Wrabetz und[7]Noske eingefunden, welche gleichfalls über die politiſche Situation ſprachen.
Abg. Sueß mit ſtürmiſchem Jubel begrüßt, ſagte, nicht wir haben den eiſernen Ring ge - ſprengt, ſondern die Begehrlichkeit der clericalen Partei.
Die Geſchichte der Vereinigten Linken bis zum Eintritte des Miniſteriums Badeni war folgende geweſen: Erſt war ſie Regierungspartei und Staatspartei zugleich geweſen, hatte geſchaf - fen, hatte die Verantwortung, die Laſten und die Ehren. Unter dem Grafen Taaffe war ſie in der Defenſive. In der Coalition war ſie ſchweigſam geworden und endlich entwickelte ſich mehr und mehr die Vorliebe für ein Schlag - wort: Staatspartei ohne Regie - rungspartei zu ſein. Ein ſchwieriger Standpunct, ein Standpunct, von dem mir nicht bekannt iſt, daß ihn irgend eine Partei in irgend einem anderen Parlamente ſchon gewählt hat. Man wollte bei den ſchwierigen Verhältniſſen jedes einzelne Stück niemals partei - mäßig, ſondern ſachlich beurtheilen und einzelne Geſetze bewilligen dem Staate, aber nicht dem Miniſterium. Es läßt ſich manches für eine ſolche Auffaſſung ſagen, aber doch mit einer gewiſſen Einſchränkung. Um ſeine Principien zur Geltung zu bringen, verwendet überall auf der Welt eine mächtige parlamentariſche Partei das Mittel der Verweigerung. Neben dieſem Vorbehalte gibt es aber noch einen anderen wichtigen: die Partei muß wiſſen, wie weit die Wähler bereit ſind, ihr auf dieſem ſchwierigen Wege zu folgen (Leb - hafte Zuſtimmung), ſie muß, wenn ſie eine ſo ſchwierige Poſition wählt, ſicher ſein, daß ſie im Einvernehmen mit der Wählerſchaft vorgeht.
Wenn alſo die Partei dieſen Weg wählen wollte, dann war die Vorbedingung, daß ſie immerfort, namentlich bei der Rührigkeit ihrer Gegner, ſich mit der Wählerſchaft über die Zweck - mäßigkeit dieſes oder jenes Schrittes ins Ein - vernehmen ſetze. Die Partei hat dazu beigetragen, daß das Vaterland gedeihe nach jenen Principien, welche die Principien der Partei ſind. (Stürmi - ſcher Beifall.) Einen politiſchen Selbſtmord darf wohl ein Individuum, niemals aber eine Partei begehen, und zwar darum nicht, weil mit ihr eine große Menge von Grundſätzen zu Boden fällt, welche zu vertreten ſie übernommen hat. Wir haben auch immer in Oeſterreich geſehen, daß, wenn eine Partei zu Boden ſinkt, an ihre Stelle eine viel radicalere tritt, daß es alſo im Intereſſe des Staates ſelbſt liegt, daß die gemäßigten Parteien nicht bis an die Grenze ihrer Leiſtungsfähigkeit angeſpannt werden, weil ſonſt der Tragbalken bricht.
Mit der Bewilligung der Wahlreform, welche nicht im engeren Parteiintereſſe gelegen war, hat die Linke, höheren Anforderungen fol - gend, dem Staatsbewußtſein ein großes Opfer gebracht. (Beifall.) Nachdem aber die Mandate der Abgeordneten im März zu Ende laufen, wäre es zweckmäßig geweſen, nach dieſem wichtigen Beſchluſſe nur untergeordnete Geſchäfte zu er - ledigen und nach der Sanction der Wahlreform auseinander zu gehen.
Man blieb und betheiligte ſich an der Be - rathung über die Steuerreform. Es ſcheint aber damit noch nicht aus zu ſein und man weiß nicht, welche Vorlagen ſich die Regierung von dieſem Parlamente noch wird bewilligen laſſen. Die Antiſemiten ſuchen doch einen Ausweg, um gegen dieſe Steuern zu ſtimmen, indem ſie dem kleinen Mann vormachen, daß ſie ſeine Intereſſen ver - folgen; ſie hoffen, auf dieſe Weiſe aber auch noch den erſten Wahlkörper zu bekommen, wenn ſie die Schuld für dieſes Geſetz auf Andere ſchieben können. Wenn die Regierung trotzdem die Steuer - reform auf die Tagesordnung ſetzen ließ, ſo iſt dieſes Vorgehen der Regierung gerade gegenüber der Linken kein rückſichtsvolles geweſen. Dieſe Frage der Tagesordnung war der unmittelbare Anlaß zu meinem Austritte aus dem Club.
Redner beſprach ſodann die Wiener Ge - meindewahlen und die Bürgermeiſterfrage und vergleicht die Wiener Vorgänge mit dem Bou - langismus. Das Schickſal der Deutſchen in Oeſterreich entſcheidet ſich nicht in Prag und nicht in Cilli, ſondern hier in Wien. (Stürmiſcher Beifall.)
Die Verſammlung nahm ſodann folgende Reſolution an:
„ Die über Einberufung des Vereines„ Donauclub “heute überaus zahlreiche Verſamm - lung von Vereinsmitgliedern und Wählern des zweiten Bezirkes bekundet ihre volle Zuſtimmung zu den ihr bekannt gegebenen Motiven, welche ihren hochverehrten Abgeordneten Prof. Sueß zum Austritte aus dem Club der Vereinigten Linken bewogen. Sie erblickt auch gleich ihm in dieſem Austritte einen Rücktritt zu den großen freiheit - lichen Traditionen der einſtigen Verfaſſungspartei, ſie ſpricht gleich ihm den dringenden Wunſch aus nach Bildung einer Partei, auf deren Pro - gramm gehören ſoll: ſtarke Accentuirung der Geſetze und das Streben, daß endlich wieder einmal Recht und Geſetz geachtet und gehand - habt werden (Lebhafter Beifall), und ſie bekundet neuerlich und zu oft wiederholtem Male ihr vollſtes Vertrauen zu dem Abgeordneten, welcher unſerem Parlamente, deſſen Zierde er iſt, noch lange angehören möge. (Anhaltender Beifall.)
Heute Vormittags fand die Wahl der beiden Wiener Vicebürgermeiſter ſtatt, bei der Dr. Carl Lueger zum erſten und Dr. Joſef Neumayer zum zweiten Vicebürgermeiſter, und zwar beide mit 95 Stim - men gewählt wurden. Die übrigen 41 Stim - men erhielt der Candidat der Liberalen, Dr. Vogler. Dr. Lueger dankte für die auf ihn gefallene Wahl und erklärte dieſelbe an - zunehmen; er werde, ſagte er, ſeine ganze Kraft dem Amte zur Verfügung ſtellen und ſeinen Freund und Collegen Stro - bach mit Kraft unterſtützen.
Er ſagt weiter, indem er auf einen Paſſus der geſtrigen Rede des Abg. Dr. Sueß anſpielt: „ Es iſt eine tiefe Kränkung, welche unſer Bür - germeiſter geſtern erfahren und welche ich zurück - weiſen muß und ich erkläre hiemit, daß wir unſeren Bürgermeiſter nicht zum Stroh - mann, ſondern zum Bürgermeiſter, dem wir Ehrfurcht entgegenbringen, gewählt haben.
Ich habe dem Programm des neuen Bürger - meiſters nichts hinzuzufügen, ſondern bin mit demſelben einverſtanden und hoffe, daß wir es, wenn wir zuſammenwirken, verwirklichen wer - den. Wir werden uns bemühen ſpeciell die Fi - nanzen Wiens zu unterſtützen und anderer Stelle uns dafür einſetzen, nicht ſo, wie manche Andere gethan er die hier im Gemeinderathe waren, hier ſo und an anderer Stelle anders geredet haben. (Beifall bei den Antiſemiten. — Bei den Liberalen Rufe: Wer?) Dr. Lueger fortfahrend: Es iſt die Frage an mich gerichtet Wer? Der Frageſteller möge es nur im Reichs - rathsprotocolle herausleſen. (Gelächter links.) Weiters erklärt Lueger ein Feind des Stadtrathes zu ſein, und daß er trachten werde, denſelben zu beſeitigen.
Er wird auch den Beamtenſtand unterſtützen und ſtreben, daß der Magiſtrat nicht ein Schein - magiſtrat ſei. Er werde immer objectiv vorge - hen. (Stürmiſcher Beifall bei den Antiliberalen.)
Der zweite Vicebürgermeiſter Dr. Joſef Neumayer dankt zunächſt für die Wahl und erklärt dieſelbe anzunehmen. Er ſagt: In dem Ergebniſſe der Wahl drückt die einheimiſche Wählerſchaft Wiens ihren deutſchen Character aus, die altehrwürdige Kaiſerſtadt werde künftig - hin gegen jeden Verſuch der Verfälſchung, mag derſelbe von wo immer gemacht werden, mit aller Kraft und Entſchiedenheit auftreten, damit auch die altgeſchichtliche erhabene ſtaatliche Stellung der deutſchen Reichshauptſtadt in allen Theilen der Monarchie bei jeder Gelegenheit mit voller Ueberzeugung zur Geltung gebracht werde. Er weiſt auf das traurige Schauſpiel hin, daß in jüngſter Zeit wiederholt deutſche Abgeordnete ſich wie bei Cilli ihrem Volksſtamme entfremde - ten. Er tritt für die freie Schule und Freiheit des Lehrerſtandes ein und erklärt auch dafür zu wirken, daß die deutſche Erziehung der chriſt - lichen Jugend vor dem ſchädlichen jüdiſchen Ein - fluß bewahrt werde. Wir ſtehen bei dieſem Beſtreben auf dem ſicheren Boden der Staatsgrundgeſetze, welche nirgends ausſprechen, daß man ſich eine ſolche Einflußnahme gefallen laſſen müſſe.
Hierauf beeidigte Statthaltereirath Dr. v. Friebeis die beiden Vicebürgermeiſter.
In Dörfel bei Reichenberg kam es infolge der wegen Betheili - gung an der Maiſeier veranlaßten Ausſperrung von Arbeitern zu einem blutigen Zuſammenſtoße der Arbeiter mit der Gendarmerie, wobei letztere von der Schießwaffe Gebrauch machen mußte. Zwei Arbeiter blieben todt auf der Stelle, einer verſtarb infolge der erhaltenen Wunden. Zahlreiche Arbeiter und Arbeiterinnen wurden verwundet.
zu dem feierlichen Trauergottesdienſte, welcher Samſtag, den 23. Mai 1896 um 9 Uhr Vormittags in der pröbſtl. Stadtpfarrkirche zu St. Mauritz für Wailand Se. kaiſerliche und königliche Hoheit, den durchlauchtigſten Herrn Erzherzog Carl Ludwig abgehalten werden wird.
Der Gemeinderath der kgl. Hauptſtadt Olmütz.
Aus Anlaß des Hinſcheidens Sr. kaiſ. Hoheit des Herrn Erzherzogs Carl Ludwig findet am Samstag, den 23. Mail. J. um 11 Uhr Vormittags im hieſ. iſr. Bethauſe ein feierlicher Trauergottesdienſt ſtatt.
21. Mai 1896.
| Oeſt. Kronenrente | 101.20 |
| Ung. Kronenrente | 98.85 |
| Ung. Goldr. 4% | 122.45 |
| Rente, Papier | 101.20 |
| Silberrente | 101.20 |
| 1874er Wien. -Loſe | 167. — |
| Ung. Präm. -Loſe | 151. — |
| Theiß-Loſe | 137.75 |
| Anglo-öſter. Bank | 156. — |
| Wr. Bankverein | 138. — |
| Credit-Actien | 348.25 |
| Ung. -Credit-Act. | 373. — |
| Länderbank | 253. — |
| Unionbank | 282.50 |
| Nordbahn | 3390. — |
| Staatsbahn | 345.75 |
| Südbahn | 93. — |
| Elbethal | 275. — |
| Nordweſtb. lit. A | 265.75 |
| Carl-Ludwigsb. | —. — |
| London | 120.05 |
| Napoleon | 9.53 |
| Reichsmark | 58.75 |
| Münz-Ducaten | 5.66 |
Druck von Joſef Groák in Olmütz
Benjamin FiechterSusanne HaafNote: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T15:49:55Z grepect GmbHNote: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T15:49:55Z Amelie MeisterNote: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T15:49:55Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe
Fraktur
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