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Das Mähriſche Tagblatt erſcheint mit Ausnahme der Sonn - und Feiertage täglich. Ausgabe 2 Uhr Nachmittag im Adminiſtrationslocale Niederring Nr. 41 neu. Abonnement für Olmütz: Ganzjährig fl. 10. Halbjährig 5. Vierteljährig 2.50 Monatlich .90 Zuſtellung ins Haus monat - lich 10 kr. Auswärts durch die Poſt: Ganzjährig fl. 14. Halbjährig 7. Vierteljährig 3.50 Einzelne Nummern 5 kr. Celephon Nr. 9.

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Nr. 1. Olmütz, Montag den 2. Jänner 1893. 14 Jahrgang.

Die landwirthſchaftliche Kriſe.

(Orig. -Corr.)

In der alten Zeit , welche die großen Herren die gute und die meiſten aus dem Volke die ſchlimme zu nennen alle Urſache hatten, da war der Grund und Boden, ſchreibt die Linzer Tagespoſt , nicht nur die ſicherſte Capitalsanlage, was er wohl auch heute noch iſt, ſondern auch die regelmäßigſte und ſtetigſte Einnahmsquelle. Die großen und kleinen Land - güter konnten freilich mit ihren Feldfrüchten keine entlegenen Märkte aufſuchen, aber ſie hatten dafür auch keine Mitbewerbung zu fürchten. Die Unmöglichkeit des Transportes der verhältniß - mäßig geringwerthigen und ſchweren Producte des Feldbaues war für ſie ein Schutzzoll, der, wie alle Schutzzölle, eine Minderheit begünſtigte und die große Mehrheit bedrückte. Hatte das Volk bei guter Ernte Brot, oder hungerte es nach einer Mißernte, dem Gutsherrn war es gleich. Wurde viel gebaut und wurde das Ge - treide billig, ſo hatte er viel zu verkaufen, gab es ein ſchlechtes Erntejahr, ſo ſtieg der Preis. Der Geldbetrag für ihn blieb immer ziemlich derſelbe, die Rente des Grundbeſitzes war eine unveränderte, feſte.

Dann kam die Dampfkraft und brachte Völker und Länder einander näher. Friedlich und ſtill vollzog ſich da die größte und ſegenreichſte Revo - lution, welche in der Geſchichte des Menſchenge - ſchlechtes verzeichnet ſteht. Die große Maſſe des Volkes wurde von der Scholle unabhängig, ſie wurde freizügig; ſie konnte mit Leichtigkeit den beſſeren, wenn auch noch ſo fernen Markt für ihre Artikel aufſuchen und die Producte dieſesMarktes wurden ihr nahegerückt; ſie blieb nicht länger von dem örtlichen Ertrage der Scholle abhängig; die Mißernten verloren ihren Schrecken, das bleiche Geſpenſt der Hungersnoth wurde ge - bannt.

Aber während es im weſtlichen Europa ver - ſchwand, tauchte ein anderes Geſpenſt auf: die landwirthſchaftliche Kriſe. Die Getreidepreiſe ſtie - gen und fielen nicht länger mit dem Ausfalle der localen Ernte. Die ungeheuren Preisſchwankungen hörten auf; was früher dem beſtändigen Wechſel unterworfen war, erlangte eine verhältnißmäßige Stetigkeit, und umgekehrt, das früher Feſtſtehende, der Geldertrag aus Grund und Boden, ſchwankte auf und ab. Der Grundherr wurde vom Ernte - ertrag ebenſo abhängig, wie es früher das Volk war. Die Agrarkriſe war da und ſie verſchärfte ſich beſtändig. Ungeheuere Gebiete jungfräulichen Bodens wurden urbar gemacht und bebaut; un - geheuere Herden von Schafen, Rindern und Schweinen wurden herangezüchtet. Die Zunahme an Nahrungsmitteln hielt nicht nur Schritt mit der Zunahme der Menſchenzähl, ſie überflügelte ſie bei weitem. Die Ueberproduction der über - ſeeiſchen Länder konnte bei den geänderten Trans - portverhältniſſen nur die Folge haben, die Preiſe auf den Märkten der alten Welt herabzudrücken. Alles wurde billiger: Brotfrucht, Wolle, Speck, Fleiſch. Die Landwirthe der alten Welt wurden von ihren Collegen in der neuen Welt gezwun - gen, billiger zu verkaufen. Der Grundbeſitz klam - merte ſich dabei noch immer an die hohe Bewer - tung ſeines Bodens; er verlangte noch immer eine Rente, die dieſer Boden unter dem Einfluſſe der überſeeiſchen Concurrenz nicht geben konnte. Wurde doch alles, was der Boden erzeugt, billi -ger und billiger. Es war dies ein Segen für die arme Menſchheit, aber eine Calamität für den Grundbeſitz.

Die landwirthſchaftliche Kriſe war nun da, ſie wurde immer acuter und wird noch acuter werden. Schon ſeit langem ſtehen die Viehpreiſe und beſonders die Getreidepreiſe ſo niedrig, daß unſere Landwirthe dabei nicht exiſtiren können. Die Anſprüche der Dienſtboten werden immer höher, die Staats - Landes - und Gemeindeſteuern wachſen fortwährend und der Landwirth nimmt nicht mehr, ſondern weniger ein wie früher. In guten und regelmäßig ver - laufenden Zeiten kann der Landwirth bei aller Sparſamkeit, Mühe und Plage nur mühſelig ſchwimmen, hat er irgend ein Unglück oder iſt ſeine Realität mit Schulden belaſtet, ſo iſt er geliefert. Das war ſchon bis heute der Fall, in Zukunft wird es noch ſchlimmer werden. Das Getreide hat ſchon heute einen beiſpiellos nie - drigen Preis, und doch iſt dieſer Preis des Ge - treides in Oeſterreich-Ungarn noch viel zu hoch, da ganz Weſt - und Centraleuropa von ameri - kaniſchem Getreide überſchwemmt wird, ſo zwar, daß der Metercentner des ſchwerſten amerika - niſchen Weizens in der Schweiz, in Deutſch - land um zwei Francs oder zwei Mark billiger iſt als der Weizen aus Oeſterreich-Ungarn, und das Getreide aus Rußland, Rumänien ꝛc. iſt noch billiger. Die Folge davon iſt, daß die Ge - treideausfuhr aus Oeſterreich-Ungarn faſt ganz aufgehört hat und daß bei uns das Getreide noch billiger werden muß als jetzt.

Daß die Landwirthſchaft unter ſolchen Um - ſtänden nicht beſtehen kann und zugrunde gehen muß, iſt ſelbſtverſtändlich und es wäre Pflicht

Feuilleton.

Gerade wie ſonſt ! Eine Neujahrsplau derei vonMaximilian W. Trapp.

(Nachdruck verboten.)

Der Schnee fällt in dichten Maſſen.

Der noch vor wenigen Stunden froſtig-klare Himmel hatte ſich mit grauem Gewölk überzogen, das der Wind nur hin und wieder auseinander trieb, um dem Mond einen Ausblick zu geſtatten. Auf den hartgefrorenen Straßen knirſchte der Schnee unter den Füßen. Die Menſchen eilen jetzt, die Naſe im Rockkragen, die Hände in den Taſchen, haſtig vorwärts: Niemand bleibt ſtehen und die Hausthüren öffnen und ſchließen ſich unmittelbar wieder, um Schnee und Kälte nicht einzulaſſen.

Bei alledem iſt es ein luſtiges Schneetrei - ben, wenigſtens für diejenigen, die ſorglos ihrem Vergnügen oder der warmen Stube zuſtreben.

So ſtreben dort drüben glänzende Unifor - men, kokette alte Fräulein und junge Dämchen den erhellten Salons des Baron Herrnig’ſchen Hauſes zum Sylveſterball zu.

Wagen auf Wagen rollt in das weitge - öffnete Portal.

Eine Anzahl Gaſſenjungen hat ſich dort trotz Wind und Wetter angeſammelt und begrüßt jeden Wagen, welcher Gäſte bringt, mit Schreienund Lachen und jeden Ausſteigenden mit einem verwunderten Ah!

Da tritt eine einzelne Frauengeſtalt in dunklem Kleid und Mantel tief verſchleiert in das Portal.

O je, da kommt gar eine zu Fuß, zum Tanzen! rufen die Gaſſenjungen mit dem ihnen eigenthümlichen Spott, doch ſchon zieht ein eben einfahrender Wagen ihre Aufmerkſamkeit auf ſich.

Ein junges Mädchen ſpringt heraus, leicht und behend, noch ehe ein Diener herbeieilen kann, ihr folgt ein Herr in Officiers-Uniform und dieſem wieder eine ältere Dame. Die einzelne Dame, die vorher einen Schritt vor dem anfah - renden Wagen zurückgetreten war, folgt nun ebenfalls, ohne von den ihr Vorangehenden bemerkt zu werden.

Alle vier ſteigen jetzt die breite, mit Teppi - chen belegte Treppe hinan.

Oben im Saale ein ceremonielles Begrüßen ein bewunderndes oder auch neidiſches Be - trachten einer neuen Toilette ein mitleidiges Achſelzucken bei einem gewaſchenen Mullfähnchen feurige Blicke aus dunklen Männeraugen verheißungsvolles Lächeln von roſigen Lippen. Das fade Schmeichelwort des alten Stutzers das kokette Fächerſpiel der pikanten Witwe alles das zugleich und in jedem Moment ein anderes Bild, bietet ein Ball in ſeinem Anfang, wo die Kerzen und Augen noch hell leuchten, die Toiletten und Stimmungen noch unzerd[r]ückt ſind wie ein Kaleidoſkop, das bei jedem Bewegen ein neues buntes Geſtalten zeigt.

Wer iſt denn dieſer pauvere Nachtvogel? wendet ſich eine reizende Schöne an die neben ihr ſtehende Nichte der Hausfrau. Sie ſelbſt war allerdings neueſter Bazar und ſah mit ſpöttiſchem Lächeln zu dem etwas altmodiſchen Seidenkleide, das von der uns ſchon bekannten alten Dame getragen wird, hinüber.

Das iſt Fräulein von Stern, eine Jugend - freundin meiner Tante, ſie iſt auf der Durchreiſe hier und beſucht die Verwandten, antwortet die Gefragte, ohne ſelbſt ein leiſes Zucken um die Mundwinkel unterdrücken zu können, als ſie dem beſprochenen Kleide näher kommt.

Doch ſchnell iſt dieſes Lächeln verſchwunden, als das alte Fräulein auf ſo gewinnend liebens - würdige Weiſe mit ihr ſpricht. Sie drückt mit herzlichen Worten die Freude aus, die liebe Nichte ihrer Jugendfreundin zu ſehen und er - zählt, daß ſie ſelbſt als junges Mädchen hier getanzt habe vor genau 30 Jahren, im Sylveſter 1862, war es das letzte Mal geweſen als das Haus noch von den Eltern ihrer Freundin der jetzigen Freiin Herrnig be - wohnt wurde. Doch nun mein liebes Kind , unterbrach ſie ſich, dürfen Sie nicht länger mit einer alten Frau ſprechen, die gar kein Recht hat, der frohen Jugend die ſchönen Minuten des Ballabends zu rauben, denn ich ſehe da drüben einen jungen Herrn böſe Blicke auf mich werfen, daß ich ſeine Tänzerin ihm ſo lange

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der maßgebenden Kreiſe, ernſte Erwägungen und Berathungen zu pflegen, wie dem unausbleib - lichen Bauernkrach vorgebeugt werden könnte. Es müſſen dagegen Mittel gefunden werden. Möge dies bald geſchehen, ehe es zu ſpät iſt!

Hundert Quittungen des Wel - fenfonds.

Unter dieſer zwar ſehr ſenſationellen, aber nicht mehr neuen Ueberſchrift veröffentlicht der Vorwärts , das officielle Parteiorgan der deut - ſchen Socialdemocratie, erſichtlich in der Abſicht, ſeinen durch die Panama-Scandale in eine ſo üble Lage gerathenen Freunden, den franzöſiſchen Republikanern, eine vergnügte Stunde zu bereiten, die ſchon ſo oft in marktſchreieriſcher Weiſe an - gekündigten Enthüllungen über die Koſtgänger des Welfenfonds. Wer nun glaubt, daß hier wirkliche Enthüllungen aufgetiſcht werden, der irrt ſich. Es werden keinerlei Namen genannt, ſondern nur die angeblichen Empfänger beſchrie - ben; ob dieſelben durch die Art der Beſchreibung wirklich kenntlich gemacht ſind, oder ob es ſich nur um Erfindung ins Blaue hinein handelt, muß dahingeſtellt bleiben. Wenn wir von den Mittheilungen des Vorwärts Notiz nehmen, ſo geſchieht es nur in der Vorausſetzung, daß die Angelegenheit noch weiter die Oeffentlichkeit be - ſchäftigen wird. Das Blatt weiß von den hundert Quittungen Folgendes zu erzählen:

Die Nummern 1 10 ſtammen von Groß - würdenträgern verſchiedener Staaten her, u. zw.:

Nr. 1 von einem ſolchen, der allen Grund zu großer Dankbarkeit gegen den blinden König gehabt hätte.

Nr. 2 von einem Miniſter, deſſen Kriegs - ruhm in Aller Mund,

Nr. 3 von einem ſüddeutſchen, früher lei - tenden Staatsmann und bekannten Intriganten, bekannt und berüchtigt durch ſeinen häufig ſich wiederholenden Geſinnungswechſel. Er verſchwand im rechten Augenblick, um Bismarck nicht unbe - quem zu werden.

Nr. 4 von dem Miniſter eines ſüddeutſchen Königreichs. Eifriger Förderer der Kaiſerprocla - mation und ausgeſprochener Freund eines guten Trunks.

Nr. 5 von einem Kriegsminiſter, deſſen militäriſche Tüchtigkeit ebenſo unbeſtritten war, als deſſen parlamentariſches Geſchick allgemein bezweifelt wurde.

Nr. 6 von einem Cultusminiſter, der ſich in der Geſchichte der Verhetzung der Parteien für ewige Zeiten einen Platz geſichert.

Nr. 7 von einem beſonders gottesfürchtigen Miniſter, auf deſſen Zukunft die Mucker große Hoffnungen ſetzten.

Nr. 8 von einem ſüddeutſchen Miniſter, dem die Liebe zum Vaterlande und zum Amte eine rührende Zähigkeit im Beharren auf dem Poſten verlieh, trotz aller Gelegenheiten, abzugehen.

Nr. 9 von einem Staatsmann, der ſich im preußiſchen und im Reichsdienſt verſuchte.

Nr. 10. Eine bittere Erinnerung an einen geweſenen Miniſter.

Die Nummern 11 18 ſind von Generälen ausgeſtellt, die das Geld als Grat[i]ficationen er - halten zu haben ſcheinen. Ein politiſcher Zweck iſt wohl ausgeſchloſſen. Wir zählen darunter zwei General - und einen Flügeladjutanten, ſowie fünf commandirende Generäle, die in der Zeit von 1868 1887 Quittungen unterzeichnet haben, die ſich deutlich als Belege zum Welfenfonds darſtellen.

Ob auch die folgenden 15 Belege, welche von in Süddeutſchland verwendeten Officieren unterfertigt ſind, ebenſo relativ harmlos ſind, bleibe dahingeſtellt.

Die Nummern 19 21 ſtammen von Gou - verneuren, von denen einer das Malheur hatte, mit dem Gerichtsvollzieher Bekanntſchaft zu machen.

Die Nummern 22 33 von Commandeuren aller General Chargen die im Süden ſtationirt waren. Da nicht anzunehmen iſt, daß dieſe Gelder dazu verwendet wurden, um die zahlreichen geborenen Hannoveraner, die in nichtpreußiſchen Heeresver - bänden dienten, zu überwachen, ſo fragt man ſich: wozu ſonſt dieſes Geld?

Die Nummern 34 36 ſind von Richtern, und zwar vorſitzenden Richtern unterfertigt. In - wiefern dieſe Richter an den Maßregeln zur Ueberwachung und Abwehr der gegen Preußen gerichteten Unternehmungen des Königs Georg und ſeiner Agenten betheiligt waren, bleibe da - hingeſtellt.

Die Nummern 37 47 ſind von Zeitungs - redactionen verſchiedener Länder und Parteien ausgeſtellt.

Davon:

Nr. 37. Preußiſch-nationalliberal.

Nr. 38. Bekanntes ſüddeutſches Reptil, deſ - ſen politiſche Characterloſigkeit und grundſätzliche Verlogenheit trefflich zu den muckeriſchen Poſen ſtimmen.

Nr. 39 und 40. Franzöſiſche Redactionen. Dieſe Quittungen ſind unmittelbar vor der Kriegs - erklärung ausgeſtellt.

Nr. 41. Preußiſch-nationalliberal.

Nr. 42. Preußiſch-conſervativ.

Nr. 43. Angeblicher (?) ſocialdemocratiſcher Literat.

Nr. 44. Hochangeſehene ſüdbeutſche liberale Zeitung.

Nr. 45. Preußiſch-nationalliberal.

Nr. 46. Redaction ohne nähere Bezeichnung. Datum unleſerlich.

Belege Nr. 47 71 ſind von Parlamenta - riern ausgeſtellt.

Wir geben hier der beſſeren Ueberſichtlichkeit wegen und um ein Urtheil zu ermöglichen, zu welchen Zwecken und aus welchem Anlaß die Gel - der gegeben wurden, die Daten und Summen mit an.

Nr. 47. Parlamentarier erſten Ranges, immer noch in einflußreicher Stellung, von höchſtem An - ſehen, am 21. Mai 1868 20,000 Thaler.

Nr. 48. Hannoverſcher conſervativer Abge - ordneter des norddeutſchen Reichstages, am 1. Juli 1868 1000 Thaler.

Nr. 49. Hannoverſcher nationalliberaler Ab - geordneter des norddentſchen Reichstages am 1. Juli 1868 20,000 Thaler.

Nr. 50. Heſſen-Kaſſeler nationalliberaler Abgeordneter des norddeutſchen Reichstages am 1. Juli 1868 8000 Thaler.

Nr. 51. Württembergiſcher Landtags-Abge - ordneter am 31. December 1870 2000 Thaler.

Nr. 52. Württembergiſcher Landtags-Abge - ordneter am 5. Februar 1871 (Summe un - leſerlich.)

Nr. 53. Preußiſcher conſervativer Reichstags - Abgeordneter am 1 Mai 1872 4000 Thaler.

Nr. 54. Pfalz-Baieriſcher nationalliberaler Reichstags-Abgeordneter am 1. Auguſt 1872 4000 Thaler.

Nr. 55. Württembergiſcher Reichstags-Ab - geordneter am 1. September 1872 2000 Thaler.

Nr. 56. Württembergiſcher Landtags-Abge - ordneter am 11. März 1873 10,000 Mark.

Nr. 57. Sächſiſcher Reichstags-Abgeordneter am 1. October 1874 7000 Thaler.

Nr. 58. Württembergiſcher Reichs-Heißſporn, Landtags-Abgeordneter 11. Mai 1876 15,000 Mark.

Nr. 59. Preußiſcher conſervativer Reichs - tagsabgeordneter am 1. April 1881 10,000 M.

Nr. 60 62. Drei bairiſche Landtagsabge - ordnete am 21 Juni 1886.

Nr. 63 71 ſind von neun Mitgliedern des preußiſchen Landtags unterfertigt. Fünf derſelben gehören der nationalliberalen, vier der conſervativen Partei an.

Die Beträge, über welche quittirt wird, be - wegen ſich zwiſchen 2000 und 8000 Thalern, bezw. 3000 und 15,000 M. Dieſe Belege tragen ſämmtlich Daten vom Frühjahr 1875, alſo aus der Zeit der Hochfluth des Culturkampfes.

Die Nr. 72 81 quittiren Summen, recht artigen Umfanges, ſind von hohen und niederen Hofbeamten unterfertigt. Was die Gräfin H. und eine andere hohe Dame, deren Name, den ihr Herr Gemal ihr zubrachte, ſeit vielen Jahr - zehnten mit preußiſchen Hofdienſt verwachſen, mit der Abwehr der welfiſchen Umtriebe zu thun haben, iſt wohl nicht blos uns ein Räthſel.

Von hervorragendſtem Intereſſe ſind drei Quit - tungen, die am nämlichen Tage unterzeichnet wurden,

entziehe. Gehen Sie ſchnell, denn ich weiß, wenn es auch ſchon recht lange her iſt, wie es einem jungen Herrn zu Muthe iſt, wenn der erſte Tanz beginnt , und mit einem heitern Lächeln blickt ſie dem dahinſchwebenden Paare einen Augenblick nach.

Das alte Fräulein vermißt auch Unter - haltung nicht, ihre Blicke ſind nun unverwandt in das Nebenzimmer gerichtet, wo der Officier, der vor ihr die Treppe hinanſtieg unter uns geſagt: General von Wedemeher-Strehlen mit ſeiner Gemahlin und anderen Gäſten ſteht.

Der General iſt eine hohe ſtattliche Er - ſcheinung. Das Haupt, wenn auch ſchon mit ſtarkem Silberſchimmer, iſt ſtolz gehoben, der Blick entſchloſſen und feſt, denn er iſt ein vor - nehmer Mann und es iſt eine vornehme Stellung, die er ſich errungen hat.

Als der General jung geweſen war, war auch das alte Fräulein dort in dem beſcheidenen Kleide jung geweſen und die Beiden hatten ſich damals geliebt und hatten getanzt zuſammen, hier in dieſen Räumen, gerade wie jetzt die - jenigen tanzten, die nun jung waren. Viel, viel ſpäter, als das alte Fräulein hörte, daß der General ſich mit ſeiner Couſine verheirathen werde, da war ſie ein altes Mädchen ge - worden. Es war, ſeit die Beiden ſich getrennt hatten Familienverhältniſſe wegen, ſagten die Leute eine große Menge Zeit vergangen, ſtill und gleichmäßig, und ſo gingen die Jahre dennauch weiter und allmählich wurde es immer ſtiller, immer einſamer um ſie.

Nun trat der Hausherr an Fräulein von Stern heran, ihre Erinnerungen unterbrechend mit der Frage, ob er ihr nicht von ſeinen Gäſten noch einige vorſtellen dürfte, denn er beklage, daß ſie, als Fremde, ſo wenig Unter - haltung fände.

Ich unterhalte mich mit der Erinnerung, Baron , entgegnete ſie ihm mit eigenthümlich zerſtreutem Lächeln. Aber ſchon hatte ſich dieſer an den eben auf ihn zukommenden Herrn ge - wandt mit den Worten: Sie erlauben, Ihnen Herrn General von Wedemeyer-Strehlen vorzu - ſtellen Fräulein Minna von Stern.

Der Hausherr entfernte ſich und der General ſtand bewegungslos vor dem Fräulein und ſah ſie an wie eine fremde Erſcheinung.

Auch ſie, obwohl ſie ja vorausgeſehen hatte, daß ſie ihn ſprechen würde, war nun auch einen Moment faſſungslos geworden und in dem Blick, womit ſie ihn anſah, lag, wohl ihr unbewußt, etwas Fragendes und Suchendes nach der Vergangenheit. Aber ſchnell hatte ſie ſich wieder gefaßt und mit einem heiteren Lächeln bot ſie ihm die Hand:

Sie haben mich nimmer erkannt, Herr von Wedemeyer, und wie natürlich; denn es iſt lange her, ſeit wir uns nicht geſehen haben wohl dreißig Jahre

Er fuhr ſich mit der Hand über die Stirne und ſagte halblaut: Ja, es iſt lange her dann ſchwieg er wieder und endlich ſagte er: Ich wußte nicht, daß Sie hier ſind; verzeihen Sie, daß ich Sie nicht ſogleich erkannt und be - grüßt habe.

Wer uns geſagt hätte, hier vor dreißig Jahren, am Sylveſter 1862, daß Sie mich ein - mal nicht wiedererkennen würden! lachte ſie melancholiſch.

Und wieder ſtarrte er vor ſich hin und fand kein Wort, bis ein Diener herantrat und in reſpectvollem Flüſterton die Botſchaft brachte, daß die Frau Präſidentin ihn am Spieltiſch er - warte.

Unterbrochen werden natürlich gerade wie ſonſt! fuhr er zornig auf.

Ja, gerade wie ſonſt! wiederholte ſie leiſe. Und als ſie ihm nachſah, ja wirklich, da hatte er denſelben zornigen Ausdruck im Geſicht und die Haltung, gerade wie ſonſt.

Gerade wie ſonſt , wiederhallte etwas in ihr wieder und wieder gerade wie ſonſt

Und nun ſpielte es auch die Muſik ganz deutlich in leichter, luſtiger Weiſe in ihrem Schottiſch hinein und zierliche, weiße Atlas - ſchuhe glitten an ihr vorüber nach dieſer Melodie gerade wie ſonſt.

Und gerade wie ſonſt trat er dann wieder auf ſie zu und wiederholte die alten Worte: Darf ich Sie nicht zum Souper führen?

Wie ſonſt folgten dem Paare ärgerliche Blicke, wenn auch anderer Art, denn es war doch anerkannt nothwendig, daß der Herr General die

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wie die von der großen ſüddeutſchen Zeitung und den drei bairiſchen Landtags-Abgeordneten: den 21. Juni 1886. Sie ſind gefertigt von einem hohen Diener König Ludwig II. von Baiern über 35.000 Mark, uud von eben einem ſolchen über 30.000 Mark, während ein ſubalterner Beamter der intimſten Umgebung des Königs über 10.000 Mark quittirte.

Die Nummern 82 89 ſind von Aerzten ausgeſtellt.

Nr. 82 berühmter Chirurg.

Nr. 83 hervorragender Hofarzt.

Nr. 84 86 von preußiſchen Miltitärärzten.

Nr. 87 89 von preußiſchen Civilärzten.

Nr. 90 92 ſind von hervorragenden Geiſt - lichen einer diſſidirenden katholiſchen Secte in Tagen unterfertigt worden, da beſtimmte Partei - hoffnungen einem dauernden Schisma entgegen ſahen.

Nr. 93 95 ſind von vielgenannten Polizei - beamten, die die höchſten Staffeln ihrer Carriere erklommen, ausgeſtellt. Das Datum iſt un - leſerlich.

Nr. 96 von einem Militär-Attaché an einer auswärtigen Geſandtſchaft eines neutralen Staates.

Nr. 97 und 98. Von gewöhnlichen Agents provocateurs.

Nr. 99. Von einem vielgenannten Spitzel E., Hauptmann a. D., 11. Mai 1884 6000 M.

Nr. 100. Lockſpitzel, der Jahre lang in der Schweiz ſich aufhielt, Bierwirth und Krämer ſpielte und zuletzt Bankrott machte. Am 11. Novem - ber 1887 20.000 M.

Man hat es hier zweifellos mit den näm - lichen Quittungen zu thun, deren Veröffent - lichung unlängſt von einer bekannten Züricher Verlagsbuchhandlung in ſehr marktſchreieriſcher und reclamenhafter Weiſe angekündigt wurde. Die Veröffentlichung ward dann einmal über das andere Mal hinausgeſchoben und unterblieb ſchließlich gänzlich, wie man allgemein annahm, weil die Quittungen als Fälſchungen erkannt worden waren. Daß die echten Quittungen ſeiner Zeit verbrannt worden ſind, iſt eine von be - rufener Seite aufgeſtellte Behauptung, an deren Wahrheit zu zweifeln unſeres Erachtens kein Grund vorliegt. Wir neigen deshalb zur Anſicht, daß die oben beſchriebenen Quittungen Fälſchungen ſind. Daß der Vorwärts ſelbſt ſeiner Sache nicht ſicher iſt, erhellt aus dem Umſtand, daß er Bedenken trägt, die Empfänger bei Namen zu nennen.

Das Auswärtige Amt erklärt, das ſocialiſti - ſche Blatt Vorwärts müſſe mit den hundert Welfenfonds-Quittungen myſtificirt worden ſein. Ueber Zahlungen aus dem Welfenfonds ſeien Quittungen weder verlangt noch gegeben worden. Die Quittungslegung und die Controle ſeien durch eine finnreiche Methode erfolgt, welche jedes Quittungsweſen überflüſſig gemacht habe. Wahrſcheinlich habe Bebel die Liſte der angeb - lichen Quittungen aus Zürich mitgebracht, und offenbar glaube er ſelbſt nicht an die Echtheit, da doch der Vorwärts ſich ſonſt nicht geſcheut hätte, die Namen zu veröffentlichen.

Der Zug des Todes.

Im Samſtagsblatte brachten wir die Namen der im Jahre 1892 aus regierenden und fürſtlichen Häuſern Verſtorbenen; heute widmen wir eine kurze Erinnerung den heuer aus den Reihen des Geiſtesadels Heimge - gangenen. Dieſe Erinnerung umfaßt eine ziemlich große Anzahl von Schriftſtellern, Künſt - lern und Muſikern, die wir der Ueberſicht wegen nach dem Monate ihres Ablebens bringen.

Im Monate Jänner verſtarben: Baron Emile de Lavelaye, beſtändiger Mitarbeiter der Revue des Deux Mondes . J. D. Warton, engliſcher Maler, Aquarelliſt. Ignaz Spöttl, Hiſtorienmaler. Emilie Flygare Carlén, ſchwediſche Romanſchriftſtellerin. Bruno Zappert, Poſſen - dichter.

Im Februar: Gisbert Frh. v. Vinke, Dichter, bekannt durch ſeine Shakeſpeare-Bearbei - tung. Ludovico Buſi, hervorragender italieniſcher Baritoniſt. Joſef Anton Propſt, Bildhauer.

Im März: Auguſt Fellmann, ausge - zeichneter Genremaler. Albert Kliſchnegg, Libretto - dichter. A. Goring Thomas, engliſcher Compoſiteur. Sebaſtian Stelzer, Schauſpieler am Theater an der Wien.

Im April: James Brinsley-Richards, Correſpondent der Times , Romanſchriftſteller. Heinrich Natter, Bildhauer, einer der bekannteſten modernen Plaſtiker (Haydn-Monument in Wien). Scholl, Bildhauer (Schöpfer der Coloſſalſtatue Schiller’s in Mainz.) Dr. Hermann Ziller, volks - wirthſchaftlicher Schriftſteller. Friedrich von Boden - ſtedt. Peter Cuvallo, bekannter Organiſt und Componiſt. Ferdinand Deſſoir, geweſener Schau - ſpieler am Deutſchen Volkstheater in Wien, der einzige Sohn Ludwig Deſſoir’s. Zerline Gabillon, geborene Würzburg, Hofſchauſpielerin.

Im Mai: Joh. N. Skraup, peuſ. Dom - capellmeiſter und Componiſt.

Im Juni: Emil Maria Vacano, Schrift - ſteller. Wilhelm Richter, bekannter Thier - und Schlachtenmaler. Albert Wolff. Bildhauer, Pro - feſſor, Schüler und Mitarbeiter Rauch’s.

Im Juli: Wolfgang Brachvogel, Mün - chener Schriftſteller. Franz Komloſy, Land - ſchaftsmaler, Schüler Waldmüller’s. Dr. Philipp Marktbreiter, Arzt, Begründer der Wiener Medicinal-Halle und der Wiener Mediciniſchen Preſſe .

Im Auguſt: Leopold Carl Müller, Maler. Joſef Stevens, berühmter Thiermaler. Amédée de Bart, der älteſte franzöſiſche Schriftſteller der

Frau Präſidentin führe und nun ging er auch noch, zum allgemeinen Mißfallen, an dem Zim - mer, wo gewöhnlich die älteren Herrſchaften ſou - pirten, vorüber, in ein Nebenzimmer, das doch, ſeit in dem Hauſe Bälle gegeben wurden, für die jungen Paare beſtimmt war.

Ach, ſie wußten Alle nicht, daß er gerade in dieſes Zimmer ſchritt und jenen runden Tiſch dort wählte, weil er auch damals mit ihr dort geſeſſen hatte, auf dem Balle, wo ihre jungen Herzen ſich gefunden hatten.

Sind es denn dieſelben Menſchen und ſind die ganzen langen Jahre dazwiſchen nur ein Traum geweſen?

Dort ſitzen wieder, wie an jedem Abend, die Mütter auf dem Eckdivan, dort ſtehen wieder die einzelnen Herren und dort drüben unter dem großen Spiegel, neben der Thüre, da ſitzt ſie ſelber in dem mattroſa Kleide, zu dem der volle weiße Roſenkranz in den goldenen Locken ſo lieb - lich ſteht.

Sie wußte das wohl und er hatte ihr ja auch ſoeben geſagt, daß er im Traume ſie ſo ſähe, daß er nimmermehr ihr Bild vergeſſen könne. Und nun gab er ihr den für ſie geholten Strauß und

Darf ich Ihnen nicht meinen Strauß geben? fragte es leiſe und als ſie aufſah, da ſtand ein liebliches Mädchen vor ihr und ſie hörte in der Stimme, die zu ihr ſprach, die ſeine wieder, und ſah ſeine Augen in denen des jungen Mädchens, das ihr die duftendenBlüthen bot. Sie war zur Gegenwart zurück - gekehrt.

Das iſt Ihre Tochter, Herr von Wede - meyer? wandte ſie ſich zu dieſem, der ihr ſein Kind zuführte.

Innig ruhte ihr Blick auf der lieblichen Erſcheinung, in deren jugendfriſchen Mienen ein ganzer Himmel von Frohſinn und Hoffnung lag.

Wie freue ich mich, Sie zu kennen, mein liebes Kind, ſagte ſie indem ſie dankend nahm. Oft, oft werde ich an Sie denken und wie muß ich Sie nennen, wenn meine freundlichen Wünſche Sie umgeben?

Amalie!

Amalie, möchten Sie glücklich ſein und bleiben, und ſie drückte einen Kuß auf die reine Mädchenſtirn. Dann ſich wieder zu ihm wendend, ſagte ſie leiſe: Mein Freund, behüten Sie Ihr Kind vor unſerm Geſchick.

In den Augen, die ſo ruhig bei der Erin - nerung an die Vergangenheit, bei dem Wieder - ſehen in der Gegenwart geblickt hatten und die von einer inneren ſchönen Ruhe zeugten, erglänzte eine Thräne.

Die Tanzweiſen waren mit Schlag zwölf Uhr verklungen, das neue Jahr war da! Bei dem Zuſammenſchaaren der einzelnen Paare eilte das alte Fräulein unbemerkt und allein wie ſie gekommen die Treppe hinab, hinaus in die Nacht gerade wie heute am Sylveſter 1892 vor dreißig Jahren gerade wie ſonſt!

Gegenwart, Romandichter. Emil Jacob Schindler, Landſchaftsmaler. Eliſe Henle, Schriftſtellerin, Verfaſſerin des Preisluſtſpieles Durch die Inten - danz . Robert Hübner, Hofburgſchauſpieler.

Im September: Dr. Wilh. Forbes Skene, königl. Hiſtoriograph für Schottland. Heinrich Börnſtein, Schriftſteller, geweſener Director des Joſefſtädter Theaters. Auguſt Hablawetz, Hofopernſänger. Conrad Adolf Hallenſtein, Hof - ſchauſpieler i. P.

Im October: Friedrich Schlögl. Lord Alfred Tennyſon. Georg Bleibtreu, Schlachten - maler, Profeſſor. Otto Baiſch, Hauptredacteur der Zeitſchrift Ueber Land und Meer . Albert Millaud, Schriftſteller und Redacteur des Fi - garo . Wilhelm Rab (Schellhorn), Componiſt. Felix Otto Deſſoff, erſter Capellmeiſter des Opern - hauſes in Frankfurt a. M., bis 1860 Hofopern - Capellmeiſter in Wien, Compoſiteur. Dr. Gerſon Wolf, Schriftſteller und Hiſtoriker.

Im November: Adolf Stoeber, elſäßi - ſcher Dichter. Robert Parry, berühmter walliſi - ſcher Barde. Fr. H. Meyer, Bibliothekar des Börſevereines der deutſchen Buchhändler, Mitar - beiter an der Geſchichte des deutſchen Buchhan - dels . Jens Chriſt an Hoſtrup, Dichter.

Im December: Ernſt Klimt, Hiſtorien - maler, verdient um die Ausſchmückung des Hof - burgtheaters und um die Hofmuſeen. Fred Leslie, hervorragender Komiker des Gaiety-Theaters in London, John Lemoinne, Journaliſt. Joſef Winkler, Mimiker am Wiener Hofoperntheater.

Politiſche Nachrichten.

(Zur Bildung einer neuen Majorität.)

Dem Vernehmen nach ſind die Einladungen an die Führer der Parteien zu den Unterhandlungen wegen der Programmbildung bereits verſendet worden. Graf Taaffe wird zuerſt mit Herrn v. Jaworski, ſodann mit Dr. v. Plener und zuletzt mit dem Grafen Hohenwart unterhandeln. Nach Beendigung dieſer Berathungen ſoll eine gemein - ſame Conferenz folgen. Während der Verhand - lungen ſoll die Geheimhaltung ſtreng gewahrt werden. Aus parlamentariſchen Kreiſen wird hin - ſichtlich der Zurückſtellung des böhmiſchen Aus - gleichs und der Sprachenfrage auch heute wieder berichtet, daß es ein gewaltiger Irrthum ſei, wenn man im Regierungslager annehme, daß die Deutſchen zu dem vorläufigen Fallenlaſſen des böhmiſchen Ausgleiches ihre Zuſtimmung ertheilen werden. Der böhmiſche Ausgleich und die Regelung der Sprachenfrage ſind Puncte, deren Erörterung und Löſung ſich kein öſter - reichiſcher Staatsmann wird entziehen können. Man begegne vielfach der Meinung, daß es Sache der Regierung wäre, wenn ſie ſchon den Deutſchen eine ſolche Zumuthung ſtellt, beide Parteien, Deutſche und Tſchechen, zu einer ge - meinſamen Conferenz einzuladen, in welcher neuerdings das Tempo für die Behandlung der Ausgleichsaction durchzuberathen wäre, und da würde die Regierung erfahren, welche Puncte die Deutſchen vorläufig ruhen laſſen und welche Puncte ſie durchgeführt wiſſen wollen und auf welche ſie in keinem Falle verzichten können. Cardinalfragen des Staates, vom Monarchen feierlich anerkannte Staatsnothwendigkeiten können nicht bei Seite geſchoben werden. Sollte ſich die Regierung den Feudalen gegenüber verpflichtet haben, den böhmiſchen Ausgleich zurückzuſtellen, ſo wird ſie erinnert werden, daß ſie etwa drei Jahre früher eine bindende und ſolenne Ver - pflichtung eingegangen iſt, den Ausgleich durch - zuführen.

(Die Trinkgelderpolitik der Polen)

will wieder in die Halme ſchießen, wenigſtens ver - langt der Dzennik Polski , die Polen mögen für ihre Mitwirkung an der Majoritätsbildung die Vermehrung der ſtädtiſchen Reichsrathsabge - ordneten aus Galizien und der Zahl ihrer Ver - treter in der Delegation, ſowie die geſetzliche Sicherſtellung der Rechte der polniſchen Sprache in Galizien fordern. Bei ſolchen beſcheidenen Wünſchen kann man den Aerger der Polen darüber begreifen, daß die Deutſche Linke dem Programme des Herrn Grafen Taaffe ſehr miß - trauiſch gegenüberſteht.

(Die deutſche Militärvorlage.)

Der Ber - liner Correſpondent der Weſtdeutſchen Allge - meinen Zeitung verſichert gegenüber anderweiti - gen Blättermeldungen, die Conferenzen hoher

[4]

Militärs mit dem Kaiſer in Sachen der Militär - vorlage hätten nicht ſtattgefunden. Der Kaiſer hege die Abſicht, falls der Reichstag die Militär - vorlage in der Hauptſache nicht genehmige, die geſetzlich beſtehende dreijährige Dienſtzeit in vollem Umfange zur Ausführung zu bringen. Es ſei verbürgt, daß die entſcheidenden Stellen einen Conflict vermeiden und mit dem jetzigen Reichs - tage auskommen möchten, auch wenn die Vorlage ſcheitern ſollte.

(Der Panamaſcandal.)

Samſtag wurden an zahlreichen Straßenecken von Paris Placate an - geheftet, unterzeichnet mit Suffrage universel , worin Carnot aufgefordert wird, ein Ausnahme - decret zu erlaſſen, wonach alle irgendwie den Ruin der Panama-Geſellſchaft verſchuldenden oder mit Geld betheiligten Perſonen verhaftet und ihr ganzes Vermögen bis zu einer Milliarde confis - cirt werden ſoll behufs Entſchädigung der Actio - näre und der Prioritätenbeſitzer.

Locales und Provinzielles.

(Kaiſerliche Spenden.)

Der Kaiſer hat dem Franziskaner-Kloſter in Ung. -Hradiſch zur Reſtaurirung des Thurmes der Kloſterkirche als Unterſtützung den Betrag von 100 fl., der Gemeinde Počitek zur Wiederſtellung der ab - gebrannten Capelle den Betrag von 50 fl., der Gemeinde Laſchkau für Feuerwehrzwecke, dann der Feuerwehr in Drinau, Hangenſtein, Neufang, Spieglitz und Zeſchau je eine Unterſtützung von 50 fl. aus Privatmitteln be - willigt.

(Gratulationscour.)

Geſtern Vormit - tags 11½ Uhr empfing der hochw. Herr Fürſt - erzbiſchof Dr. Theodor Kohn das Metro - politancapitel, den Domclerus, ſowie den übrigen Clerus von Olmütz um die Neu - jahrsglückwünſche entgegenzunehmen. Der hochw. Prälat Capitel-Vicar Dr. Joſef Hanel brachte Namens der Erſchienenen die Glückwünſche dar, worauf der Herr Fürſterzbiſchof mit herzlichen Dankesworten erwiderte.

(Perſonales.)

Herr Generalmajor Ritter v. Benkiſer iſt von ſeinem Urlaube zurückge - kehrt.

(Leichenbegängniß.)

Geſtern Nachmittags ½5 Uhr fand vom Trauerhauſe, Oberring, das Leichenbegängniß des verſtorbenen Haus - und Buchdruckereibeſitzers Herrn Guſtav Slawik unter äußerſt ſtarker Betheiligung ſtatt. Nach der Einſegnung der Leiche wurde der mit Kränzen reich geſchmückte Sarg auf den vierſpännigen Gala-Leichenwagen der Pietät gehoben, worauf ſich der impoſante Trauerzug zum ſtädt. Friedhofe in Bewegung ſetzte. Dem Sarge folgten die trauernden Hinter - bliebenen, Herr Bürgermeiſter Joſef v. Engel, Herr Handelskammerprädent Moritz Prima - veſi, Mitglieder des Gemeinderathes, des Stadt -verordneten-Collegiums, der Olmützer Handels - und Gewerbekammer, der Genoſſenſchaft der Preßgewerbe, Vertreter des Beamtenſtandes, der Lehrerſchaft, der Advocatie, des Handels[-]und Gewerbeſtandes, ſowie zahlreiche Leidtragende. Auf dem Friedhofe fand die nochmalige Einſeg - nung der Leiche ſtatt, worauf dieſelbe in der Familiengruft beigeſetzt wurde.

(Patriotiſcher Frauenhilfsverein.)

Der hieſige Zweigverein des patr. Frauenhilfsvereins hat bereits ſeinen Rechnungsabſchluß für das Jahr 1892 dem Präſidium in Brünn vorgelegt. Wir entnehmen demſelben, daß das Vereinsver - mögen, welches mit Schluß 1891 die Höhe von 7834 fl. 84 kr. erreicht hatte, im abgelaufenen Jahre den anſehnlichen Zuwachs von 1736 fl. 89 kr. erfahren hat und ſomit gegenwärtig ſich auf 9571 fl. 73 kr. beläuft. Auch die Zahl der Ver - einsmitglieder iſt Dank der eifrigen Thätigkeit der Präſidentin, Gräfin Erneſtine Zierotin im verfloſſe - nen Jahre um 38 geſtiegen, ſo daß der Verein gegen - wärtig 298 Mitglieder zählt, die höchſte Mit - gliederzahl ſeit ſeinem Beſtehen. Die Jahresbei - träge der Mitglieder betrugen im Jahre 1892 die Summe von 638 fl. An Spenden gingen ein 32 fl., an Erträgniß für die lebenden Bilder 1049 fl. 10 kr. An den Stammverein wurden abgeführt 315 fl. Die Auslagen für den Verein beliefen ſich auf 8 fl., eine gewiß unbedeutende Summe, die nur dadurch erklärlich iſt, daß die Präſidentin, Gräfin Zierotin, eifrigſt befliſſen iſt, dem Vereine jede Auslage zu erſparen.

(Aus dem Stadtverordneten-Collegium.)

Die Tagesordnung der heutigen Sitzung des Stadtverordneten-Collegiums iſt folgende: Ge - meinderäthlicher Antrag auf den Beitritt der im Parke beſchäftigten Arbeiter in die Bezirks - krankencaſſa. Eingabe des hieſigen Vereines der Hausbeſitzer zur Frage der Kehricht-Ausfuhr aus den Häuſern. Bauämtlicher Bericht über die Beleuchtung der Bahnhofſtraße mit electriſchem Lichte. Bauämtlicher Bericht über einige Ab - änderungen zu der neuen Landwehrkaſerne zur volleren Ausnützung derſelben. Geſuch des Central-Vereines zur Erhaltung der Krieger - denkmale in Böhmen vom Jahre 1866 um Förderung ſeiner Zwecke. Bericht der ſtädt. Rechnungsabtheilung über den Erlös für ab - geſetzte Hundemarken im Jahre 1892. Bericht der ſtädt. Rechnungsabtheilung über die Einnahme von Bürgerrechtstaxen im Jahre 1892. Bericht der ſtädt. Rechnungs-Abtheilung über die Einnahme von Heimathrechtstaxen im Jahre 1892. Geſuch der Franziska Galle, Witwe des verſtorbenen ſtädt. Wachinſpicienten Johann Galle, um einen Beitrag zu den Krankheits - und Begräbnißkoſten. Eingabe des Curatoriums der ſtädt. Pfandleihanſtalt in Betreff der Wahl zweier Stadtverordneten zur Prüfung des Rech - nungsabſchlußes der Anſtalt. Bericht des Theater-Comités mit Bezug auf den Ablauf des beſtehenden Theatervertrages. (2. Leſung. ) Bericht der 3. Section über ein Geſuch um das Heimathrecht. (2 Leſung. ) Bericht der 3. Section über die Beſetzung von forſtämtlichen Dienſtesſtellen. (2. Leſung. ) Bericht der 3. Section über das Geſuch des Revierförſters A. Dwořak um Vorrückung in die höhere Gehalts - ſtufe. (2. Leſung. ) Bericht der 3. Section über das Geſuch eines ſtädt. Beamten über die Umwandlung der Caution durch ratenweiſe Ein - zahlung. (2. Leſung) Bericht der 3. Section über das Geſuch des ſtädt. Thierarztes Herrn Franz Sallinger um Aufbeſſerung ſeiner Bezüge. (2. Leſung) Bericht der 3. Section über ein Geſuch um Wiederzuerkennung des Bürgerrechtes.

(Todesfall.)

Geſtern Vormittags verſtarb hier Frau Anna Zähntner, Reſtaurateursgattin aus Wien. Die Verſtorbene war die Schwieger - mutter des Herrn Reſtaurateurs Emanuel Krejcik. Das Leichenbegängniß findet morgen Dienſtag um 3 Uhr Nachmittags vom Trauer - hauſe, Oberring Nr. 24, aus ſtatt.

(Die erſte Hälfte der Theaterſaiſon)

iſt vorüber. In derſelben gelangten 14 verſchiedene Opern, ( Martha , Maskenball , Waffen - ſchmied , Hugenotten , Fauſt , Lohengrin , Rigoletto , Nachtlager , Troubadour , Frei - ſchütz , Tell , Undine , Carmen , Caval - leria ) auf unſerer Bühne zur Aufführung. Operetten wurden zwölf verſchiedene aufgeführt und zwar: Methuſalem , Micado , Des Löwen Erwachen , Vogelhändler , Penſionat , Sonntagskind , Die Glocken , Zigeuner - baron , Fatinitza , Der arme Jonathan , Verwunſchenes Schloß und Die ſchöne Gala - thea . Die übrigen Aufführungen gehören dem recitirenden Drama an. Das Reperioire war ein ſehr abwechslungsreiches und brachte eilf Novitäten, darunter Ibſens Nora Anzen - grubers Der Fleck auf der Ehr , Blumenthals Orientreiſe. An Gäſten von Bedeutung ſahen wir Herrn Baumeiſter, Frau Baudius und Herrn Bonn. Von claſſiſchen Stücken wurde Goethes Egmont , Schillers Braut von Meſ - ſina , Shakeſpeares Hamlet aufgeführt. Auf dem Gebiete des claſſiſchen Repertoires wäre ſo - mit noch Manches in der zweiten Saiſonhälfte nachzuholen. Die Oper rüſtet für dieſe Saiſon - hälfte zur Walküre Richard Wagners und zu deſſen Taunhäuſer. Das Schauſpiel ſoll uns eine ſorgfältige Vorführung von Goethes Fauſt bringen.

(Vom Theater.)

Die Strauß’ſche Operette: Carneval in Rom hat bei ihrer geſtern ſtattgefundenen Aufführung ſeht gefallen und waren ſämmtliche in derſelben beſchäftigt geweſe - nen Darſteller bemüht ihre Parthicen zur vollen Geltung zu bringen. In erſter Linie gilt dieß von den Damen Koleit und Kronthal, von welchen erſtere die Marie und letztere die Gräfin Falkoni ſpielte. Frl. Koleit ſang ihre Parthie mit ſchöner Stimme und fand ſich auch ſchauſpieleriſch mit derſelben gut ab.

Am Millionen. Roman vonA. K. Green. (Nachdruck verboten.)

Erſtes Capitel. Der Brief.

Auf dem oberſten Treppenabſatz eines New - Yorker Ateliergebäudes ſtand ein altes Weib. Sie hielt einen Brief in der Hand, deſſen Auf - ſchrift ſie eifrig ſtudierte und dann auf das ſorg - fältigſte mit dem Namen auf dem Thürſchild verglich. Hamilton Degraw las ſie hier, Hamil - ton Degraw las ſie dort. Verſtohlen blickte ſie nach allen Seiten, ſchob raſch den Brief unter die Thür und floh eileuds davon.

Drinnen ſaß der junge Künſtler dieſes Namens allein. Er malte nicht, er war nur in das Anſchauen eines faſt vollendeten Bildes auf ſeiner Staffelei verſunken. Beim Geräuſch der ſich draußen haſtig entfernenden Fußtritte ſah er ſich um und bemerkte den Brief. Er ſtand auf, bückte ſich danach, betrachtete ihn flüchtig und öffnete ihn. Erſtaunt las er folgende Worte:

Herr Degraw wird gebeten, das Beifol - gende gütigſt anzunehmen und in Erwiderung dafür ſich heute Abend um acht Uhr mit Pa - pier und Bleiſtift nach Nummer 391 der Eaſt Straße zu begeben. Es handelt ſich für jetzt nur um Aufnahme einer einfachen Skizze. Später würde vielleicht ein größeres Gemälde beſtellt werden. Durch den Gegenſtand der Skizze ſelbſt wird es ſich erklären, warum die Arbeit zu ſo ungewöhnlicher Stande und bei aller Eile doch mit der größten Genauigkeit ausgeführt werden muß.

Sollte Herr Degraw verhindert ſein, ſo bitten wir um ſofortige Benachrichtigung.

Das Beifolgende war eine Banknote von nicht unbedeutendem Werth und die Unterſchrift ſah aus wie Andrea Montelli, ſoweit ſie ſich entziffern ließ.

Sonderbar , murmelte der junge Mann, nachdem er den Brief geleſen und die Banknote entfaltet hatte. Der Ton der Forderung iſt etwas gebieteriſch, aber der Auftrag vielleicht gerade deßwegen intereſſant. Soll ich mich auf das Abenteuer einlaſſen? Um einer ſolchen Summe willen iſt es wohl der Mühe werth und zudem Er ließ den Satz unvollendet, aber auf ſeinem Geſicht ſtand geſchrieben, daß er ſich gerade in einer Stimmung befand, bei welcher ihm ein etwas aufregendes oder ungewöhnliches Erlebniß ſehr willkommen war.

Erſt um acht Uhr , wiederholte er nach einigen Minuten, um ſechs Uhr wäre mir lieber.

Mit einem leiſen Seufzer wandte er ſich wieder dem Bilde auf ſeiner Staffelei zu. Wäh - rend er es betrachtet, wollen wir ihn in Au -genſchein nehmen. Obgleich ſein Geſicht jetzt einen mißvergnügten Ausdruck trägt, (er iſt offenbar mit ſeinem Tagewerk unzufrieden) ſo liegt doch in ſeiner ganzen Erſcheinung etwas unwiderſteh - lich Anziehendes für Auge und Gemüth; ſeine feinen Geſichtszüge, ſein Blick, ſein Lächeln, feſſeln wie mit Zaubergewalt. Wer ſo als Menſch und Künſtler nicht nur durch äußere Wohlgeſtalt, ſondern auch durch einen höheren geiſtigen Reiz das Intereſſe wecken und die Herzen für ſich einnehmen kann, der hat einen großen Einfluß, zum Guten oder Böſen, je nachdem Selbſtliebe oder Edelmuth die Triebfeder ſeiner Hand - lungen iſt.

Wie es in der Seele dieſes Mannes aus - ſieht, wird uns ſein künftiges Thun offenbaren. Einflweilen laſſen uns die Blumenſtöcke an ſei - nem Fenſter und der ſingende Vogel im Bauer darauf ſchließen, daß er ſanften Neigungen zu - gänglich iſt, während die Schwerter und Flinten, die auf rothem Hintergrund über dem Kamin - ſims prangen, kundthun, daß auch kraftvollere, männliche Züge ſeinem Charakter nicht fremd find. Er iſt groß und hat graue Augen, Haar und Bart ſind ſchwarz. Wir halten ihn bis auf weiteres für einen ſtarken, begeiſterungsvollen, liebenswerthen Menſchen. Es wird ſich bald herausſtellen, ob wir nur ein allzugünſtiges Vor - urtheil für ihn gefaßt haben oder ob er wirklich unſere Hochachtung verdient.

[5]

Fräulein Kronthal ( Gräfin Falkoni ) ſpielte ihre Parthie mit feinem Humo[r]und wußte dieſelbe auch ſehr picant zu geſtalten. Ge - ſanglich leiſtete Frl. Kronthal wie immer Vor - treffliches. Ein trefflicher Arthur Bryk war Herr Krauſe und Herr Indra ein urko - miſcher Graf Falkoni . Eine nicht unange - nehme Ueberraſchung bot geſtern Frl. Meiß - ner dem Publicum dadurch, daß ſie ſich nicht ohne Glück als Sängerin verſuchte. Den Benveneto Rafaeli ſpielte Herr Amenth mit ſehr glücklicher Laune; er wußte das Publi - cum durch ſein draſtiſches Spiel wiederholt in die heiterſte Stimmung zu verſetzen. Der Chor ent - ledigte ſich, namentlich im Finale des zweiten Actes ſeiner Aufgabe in zufriedenſtellender Weiſe. Voll: Anerkennung verdient auch Herr Capellmeiſter Andreae. Samſtag Abends gab man die urdrollige Hopp’ſche Poſſe: Hut - macher und Strumpfwirker Die Her - ren Indra und Amenth ſpielten die Titelrollen mit übermüthiger Laune. Ungemein ergötzlich waren die Repräſentanten der Theaterſchmierenge - ſellſchaft des Theater directors Igelfiſch und unter denſelben beſonders Herr Moritzer, der eine köſtliche Charge ſchuf. Das Publicum kam den ganzen Abend über nicht aus dem Lachen heraus.

(Benefice - Vorſtellung.)

Frau Setti Seyfferth, eine der beſten Vertreterinnen des Faches der komiſchen Alten, welche ſeit län - gerer Zeit auf unſerer Bühne thätig waren, hat am nächſten Donnerſtag, den 5. d. M. ihre Be - nefice-Vorſtellung. Zur Aufführung gelangt die reizende Lecoq’ſche Operette: Der kleine Herzog , in welcher die Beneficiantin die Rolle der Inſtitutsvorſteher in ſpielt. Hervorragend beſchäftigt ſind außerdem die Damen Kronthal und Koleit, ſowie die Herren Krauſe und Indra. Lecoq’s Operette: Der kleine Herzog wurde zum letz - tenmale unter der Direction Müller auf unſerer Bühne aufgeführt und hat damals ſehr gefallen. Die diesmalige Aufführung des liebenswürdigen Werkes wird wol gegen die frühere nicht zurück - ſtehen. Die Beneficiantin Frau Seyfferth, welche ſich der vollen Gunſt unſeres Theaterpublicums erfreut, kann wol mit Recht hoffen, daß ihr die - ſelbe auch an ihrem Beneficeabende in reichem Maße zutheil werden wird.

(Theaternachrichten.)

Morgen gelangt die Oper: Murillo von Ferdinand Langer zur Wiederholung. Die für morgen zur Aufführung beſtimmt geweſene Beethoven’ſche Oper Fidelio kommt erſt in der nächſten Woche zur Aufführung. Die Proben zu dieſem Werke, das eine ſehr ſorg - fältige Aufführung erfahren ſoll, ſind im Gange.

(Vom Militär-Caſino.)

Die im Militär - Caſino vorgeſtern veranſtaltete Sylveſterfeier geſtaltete ſich ſehr animirt. Als die Mitternachts - ſtunde eingetreten war, hielt Herr Major Chizzola eine auf den Beginn des neuen Jahres bezügliche Anſprache, die er mit einem Hoch auf den oberſten Kriegsherrn, Seine Majeſtät den Kaiſer, ſchloß,in welches die Geſellſchaft dreimal begeiſtert ein - ſtimmte. Die Concertmuſik ſowie die Tanzmuſik beſorgte die Militärcapelle des 93. Infanterie - Regiments unter Leitung ihres Capellmeiſters Herrn Schubert in vortrefflicher Weiſe. Eine Tombola beſcheerte den Gewinnern ſehr hübſche Neujahrsſpenden, aber auch manchen artigen Jux - Gegenſtand. Nach Mitternacht begann der Tanz, der bis gegen 4 Uhr Morgens währte. Herr Feſtungs - commandant Generalmajor Emil v. Ambrozy aus Temesvar, die Herren Oberſte v. Albach und Edelmüller, Herr Oberſtlieutenant Mayerhoffer ſowie zahlreiche Stabsofficiere und deren Familien beehrten das heitere Feſt mit ihrer Gegenwart.

(Sylveſter.)

Der Sylveſterabend wurde auch dießmal in fröhlicher Weiſe begangen. Der Be - ſuch der Reſtaurationen und Gaſthäuſer, in wel - chen Sylveſterfeierlichkeiten veranſtaltet wurden, war ein ſehr leb[h]after, wenn auch nicht ſo zahl - reich wie in fr[ü]heren Jahren. Als die Mitter - nachtsſtunde herangekommen war, da klangen die Gläſer fröhlich zuſammen und man begrüßte ſich mit dem Rufe: Proſit Neujahr! Wird das neue Jahr die vielen Wünſche erfüllen, die man von demſelben erhofft oder wird es zu den Ent - täuſchungen der früheren Jahre neue hinzufügen?

(Die Sylveſterfeier der Ortsgruppe Olmütz des Vereines reiſender Kaufleute,)

welche Samſtag Abends im Clublocale des Hotel Lauer ſtattfand, verlief in beſter Stimmung. Herr Obmann Zweig begrüßte die Theilnehmer der Feier in herzlichen Worten und gab ſeiner Befrie - digung über die bisherige Thätigkeit der Orts - gruppe Ausdruck. Eine hübſche Jux Tombola, eine Production im Schnellzeichnen, die Vorträge eines Herrn aus der Geſellſchaft, der im Kunſt - pfeifen geradezu Vorzügliches leiſtete, ſowie die trefflichen Vorträge eines Sextettes der ſtädt. Mu - ſikcapelle bildeten das Programm der Unterhal - tung, die, als die Mitternachtsſtunde heranrückte ihren Höhepunct erreichte.

(Sylveſter-Feier in der Reſtauration Engliſch.)

Die am letzten Samſtag in der Re - ſtauration Engliſch abgehaltene Sylveſterfeier, arrangirt von der Tiſchgeſellſchaft Gemüthlichkeit bot den zahlreich erſchienenen Gäſten eine Fülle von Unterhaltung. Die Mitwirkenden, durchwegs Mitglieder der Geſellſchaft, brachten ein ſehr reich - haltiges Programm zur Aufführung. Von den Vor - trägen nennen wir zuerſt jene eines Streichorcheſters und die Liedervorträge einer Dame, die ſich ihrer Auf - gabe in wahrhaft künſtleriſcher Weiſe entledigten. Die Aufführung eines Einacters: Ein Morgen beim Herrn Oberſt und mehrere witzige Couplets fanden ein ſehr dankbares Publicum. Nach den Vorträgen wurde dem Tanze gehuldigt.

(Deutſches Caſino.)

Geſtern Nachmittags 5 Uhr fand im Deutſchen Caſino die Verliciti - tung der Zeitungen an die Subabonnenten ſtatt.

(Wohlthätigkeitsſpende.)

Der Herr Pri - mararzt und Gemeinderath Dr. Emilian Mick,hat wie im vorigen Jahre auch heuer der Leitung der 5claſſigen Knabenvolksſchule den Betrag von 25 fl. mit der Beſtimmung über - geben, dieſe Spende zur Beſpeiſung der armen Schulkinder zu verwenden. Wer da weiß, wie viele, meiſt recht ſtrebſame Kinder der Aerm - ſten der Olmützer Bevölkerurg oft während der ganzen Winterszeit einer hinreichenden Nahrung entbehren müſſen, der wird auch zu ermeſſen vermögen daß durch die Darbietung einer kräftigeren Koſt, wenigſtens je einmal in der Woche, den armen, Schü - lern eine wahrhafte Wohlthat erwieſen wird. Alle Menſchenfreunde, die ihr Scherflein zur Lin - derung der Nothlage der Armen beigetragen haben oder noch beizutragen beabſichtigen, wollen ſich des innigſten Dankes der Beſchenkten verſichert halten. Insbeſondere aber fühlt ſich die Leitung der fünfclaſſigen Knabenvolksſchule angenehm ver - pflichtet dem obengenannten Wohlthäter, Herrn Dr. Mick wohl gegen ſeinen Willen, hier - mit im Namen der armen Schulkinder den wärm - ſten Dank für die Zuwendung obigen Betrages auszuſprechen.

(Drei Kinder in Erſtickungsgefahr.)

Geſtern in der 5. Nachmittagsſtunde bemerkte die Gattin des in der Littauergaſſe Nr. 10 wohn - haften Privatbeamten Herrn Robert Hawich daß der Ofen großen Rauch entwickle, weshalb ſie ſich unter Zurücklaſſung ihrer 3 Kinder vom Hauſe entfernte, um einen Rauchfangkehrer herbei - zuholen. Bei der Rückkunft fand ſie die Kinder im Alter von zwei Monaten bis 3 Jahren be - wußtlos vor. Dem herbeigeholten Arzte Herrn Fleiſcher gelang es die Kinder ins Bewußtſein zu - rückzurufen. Die Erhebungen ſind im Zuge.

Entgleiſung eines Laſtzuges.)

Geſtern Nachmittags gegen 4 Uhr entgleiſten auf der Staatsbahnſtrecke zwiſchen den Stationen Olmütz und Stefanau zwei Waggons des Laſtzuges Nr. 863 der Staatsbahn in Folge eines Rad - bruches. Einer der entgleiſten Waggons ſtürzte in den Materialgraben, während der zweite Waggon auf der Böſchung ſtehen blieb. Es wurden ſofort Arbeiter requirirt um die Strecke frei zu machen, was jedoch erſt nach dreiſtündiger angeſtrengter Arbeit gelang. Der Verkehr konnte erſt gegen ½8 Uhr Abends wieder eröffnet werden und mußten die Reiſeuden, welche den Prager Zug benützen wollten, bis zu dieſem Zeitpunkte warten. Von dem Bahnperſonale iſt bei der Entgleiſung Niemand verunglückt.

(Jugendliche Taſchendiebe.)

Der Tag - löhnerin Cäcilie Wodečka aus Hodolein wurde während des ſamſtägigen Wochenmarkes am Nie - derringe durch den 11jährigen Johann Pohles, Schüler der 4. Claſſe der ſlav. Volksſchule eine Geldbörſe mit 48 fl. Inhalt aus der Taſche ge - ſtohlen. Bei Verübung des Diebſtahls betheiligte ſich auch der 12jährige Johann Kummer, Schüler der 5. Claſſe der ſlav. Volksſchule, indem er den erſtgenannten Knaben zur Diebſtahlsverübung aufforderte. Bei Pohles wurde anläßlich der

Das Bild, auf dem ſein Auge ruht, ſtellt ein junges Mädchen dar. Wenn es ihn auch nicht befriedigt, uns gefällt es. Wir glauben, daß er vielleicht nur das Ideal, welches ihm vor - ſchwebt, nicht hat wiedergeben können, und nicht der Gegenſtand ſelbſt ſchuld iſt an dem Mangel, den der Künſtler empfindet. Lieblichere Züge, ein Bild von vollendeterer Schönheit hat wohl noch nie ein Maler auf die Leinwand gezaubert; ein goldiger Schimmer umgibt es und die ſüße Un - ſchuld, mit der es uns anlockt und anlächelt, ſollte ſelbſt den anſpruchsvollſten Meiſter für alle arbeitsvollen Tage und unruhigen Nächte ent - ſchädigen, die es ihm gekoſtet haben mag. Aber Hamilton Degraw iſt nicht befriedigt. Vielleicht verrathen uns die Worte, die ihm jetzt auf den Lippen ſchweben, den Grund ſeines Unmuths:

Es iſt ſchön, es iſt ein Traum , murmelte er, aber wo ſoll ich das Antlitz finden, nach dem ich ſuche? Ich brauche ein Gegenſtück zu dieſem Bilde. Dieſes möchte ich Traum, jenes Wirklichkeit nennen. In den Traum könnte ich mich verſenken, die Wirklichkeit würde ich lieben. Aber ach gibt es eine Wirklichkeit, die die - ſem Traum an die Seite zu ſtellen wäre? Ich werde ſie niemals finden.

Um halb acht Uhr es war im Mai - monat nahm Degraw Papier und Bleiſtift und fuhr in die obere Stadt.

Zweites Capitel. Ein merkwürdiges Abenteuer.

Die Gegend der Stadt, in welcher er die bezeichnete Adreſſe zu ſuchen hatte, war ihm nicht unbekannt. Er ſah die langen einförmigen Reihen der einander völlig gleichenden Backſteinhäuſer ſchon im Geiſte vor ſich. Als er ſich jedoch, dort ange - kommen, nach Nummer 391 umſah, war er an - genehm überraſcht das betreffende Haus in einem Theil der Straße zu finden, der einen von dem herkömmlichen ganz verſchiedenen Character trug. Mitten in der Reihe ſtanden mehrere ziemlich verfallene Gebäude von abſonderlicher Bauart, die ſich ganz maleriſch ausnahmen.

Es waren ihrer vier, alle von einer Größe, alle von graubrauner Farbe mit Bildhauerei über den Fenſtern und hölzernen Säulen auf der Vorderſeite. Die Spuren früheren Reichthums, die noch erkennbar waren, ließen die jetzige Dürftigkeit um ſo greller hervortreten, trotzdem in dieſem Augenblick vor einem der Häuſer eine prächtige herrſchaftliche Kutſche hielt, deren Eigen - thümer ſicherlich nicht unbegütert ſein konnte. Schon von ferne hatte Degraw’s Künſtlerauge jene verwitterten Gebäude mit Wohlgefallen be - trachtet, beim Näherkommen war er daher an - genehm überraſcht, zu finden, daß Nummer 391 eins derſelben ſei und zwar gerade dasjenige, vor welchem die Kutſche ſtand. Dies ſchien ihmein erfreulicher Umſtand, denn er hätte ſonſt das Haus für unbewohnt halten könnén, es ſah mit ſeinen dicht verſchloſſenen Läden ganz beſonders düſter und wenig einladend aus.

Um Einlaß zu erhalten, brauchte er nicht zu ſchellen, denn gerade als er die Hand nach der Klingel ausſtreckte, ging die Thür auf und eine junge Dienerin mit ziemlich ausdrucksloſen Geſichtszügen, winkte ihm, raſch einzutreten. In dem Augenblick, da er die Schwelle überſchritt, ſchlug die Uhr auf dem benachbarten Kirchthurm die achte Stunde.

Das nenne ich mir pünktlich! dachte er bei ſich.

Er trat in eine dunkle, anſcheinend leere Halle. Niemand kam ihm entgegen, keine Thür ward ihm geöffnet; verwundert über den un - höflichen Empfang blickte er ſich fragend nach der Dienerin um, welche ſogleich auf eine Wendel - treppe deutete, die nach oben führte.

Wohnt Signor Montelli im oberen Stock? fragte er.

Sie ſchien ihn nicht zu hören und zeigte noch immer nach der Treppe. War ſie wohl taub? Es hatte ganz den Anſchein. Mehr und mehr betroffen ſtieg er bis zum erſten Abſatz hinauf, dann ſtand er ſtill. Dunkelheit umgab ihn auch hier und niemand ließ ſich ſehen.

(Fortſetzung folgt.)

[6]

am vorgeſtrigen Nachmittage erfolgten Arre - tirung ein Reſtbetrag von 13 fl. 4 kr. vor - gefunden, den fehlenden Betrag hat Pohles mit Kummer durchgebracht, reſpective an mehrere andere Schulknaben vertheilt. Nachdem der Dieb - ſtahl an ſich verbrecheriſch qualificirt iſt, den Kindern jedoch wegen des unmündigen Alters nur als Uebertretung zugerechnet werden kann, wurden die jugendlichen Diebe dem k. k. ſtädt. Bezirksgerichte angezeigt.

(Der verſchwundene Poſtbeutel.)

Wir meldeten bereits, daß am 11. v. M. auf der Strecke Prerau-Wien ein vom hieſigen Haupt - poſtamte aufgegebener Poſtbeutel, welcher 7 Briefe mit einer Baarſchaft von 2810 fl. enthielt aus der Poſtambulanz verſchwunden iſt. Dem Ver - nehmen nach ſoll ein Bahnbedienſteter den aus dem Ambulanz Waggon herausgefallenen Poſt - beutel gefunden und ſich die in den Briefen be - findliche Baarſchaft angeeignet haben. Bei der Umwechslung größerer Geldnoten ſoll ſich der betreffende Mann verdächtig gemacht haben, worauf man denſelben zur Verantwortung zog. Eine Beſtätigung dieſer Nachricht iſt noch abzu - warten.

Vom Tage.

(Penſionen für Officierswitwen.)

Wir leſen in der Prager Politik : Im Monate Februar d. J. erging an die Witwen und Waiſen nach Officieren, die vor dem 27. April des Jahres 1887 geſtorben ſind und deren Ange - hörige ſonach nicht im Genuſſe der durch das Geſetz von dieſem Tage an gewährleiſteten Penſion ſtehen, die Aufforderung, ſich bei der zuſtändigen Militär behörde zu melden. Dieſe Aufforderung erging ausgeſprochenermaßen aus dem Grunde, weil das Reichskriegsminiſterium Schritte unternehmen wollte, damit das Geſetz vom 27. April 1887 auch auf Perſonen dieſer Catego[r]ie ausgedehnt werde. Die Anmeldungen wurden bis Ende April abverlangt, und jetzt, nach acht Monaten, wo doch ſchon das nichts weniger als umfangreiche Material längſt geſchlichtet ſein dürfte, verlautet doch noch immer nichts von den unternommenen Schritten . Wir bringen die Sache den maßgebenden Fac - toren und namentlich unſeren Abgeordneten - kreiſen in Erinnerung, zumal es eine Ehren - ſchuld des Staates iſt, die Witwen gerade jener Officiere zu verſorgen, welche in den kritiſchen Jahren 1830 1866 gedient haben und noch nach dem alten Normale penſionirt worden ſind. Und daß dabei der Staatsſäckel in einer kaum erwähnenswerthen Weiſe in Angriff ge - nommen werden müßte, erhellt ſchon aus dem Umſtande, daß die jüngſten dieſer Witwen bereits in den Sechziger-Jahren ſtehen und infolgedeſſen eine Wohlthat, der ſie ſchon eine Reihe von Jahren hoffnungsvoll entgegenſehen, nur eine kurze Spanne Zeit genießen würden.

(Die Cholera-Kundmachung in den - niglichen Weinbergen.)

Die Prager Statthal - terei hat den Streit über die Verlautbarung der deutſchen Cholera-Kundmachungen in den Königlichen Weinbergen in derſelben Weiſe beige - legt, wie ſeinerzeit die Troppauer Landesregierung. Die Bezirkshauptmannſchaft wurde veranlaßt, für die Publication der erwähnten Kundmachungen in deutſcher Sprache Sorge zu tragen und als dies geſchehen war, wurde der Bürgermeiſter der Königlichen Weinberge mittelſt Erlaſſes verſtändigt, daß ſeine Beſchwerde gegen den ihm gewordenen Auftrag gegenſtandslos geworden, umſomehr als es ſich bei Kundmachungen zur Bekämpfung der Cholera nicht um das Austragen von nationalen oder ſonſtigen Fragen formaler Natur, ſondern nur darum handeln kann, daß ſolche Kund - machungen thatſächlich zur Kenntniß aller jener Kreiſe der Bevölkerung kommen, für welche ſie beſtimmt ſind, was mittlerweile durch das Vor - gehen der Bezirkshauptmannſchaft bereits erzielt worden iſt. Narodni Liſty triumphiren ſelbſt - verſtändlich über den Rückzug der Regierung und empfehlen das Beiſpiel der Königlichen Weinberge allen tſchechiſchen Gemeinden zur Nachahmung.

(Ein Kaubmordverſuch in Budapeſt.)

Aus Budapeſt, 31. December, wird gemeldet: Heute Nachts wurden der auf dem Telekyplatze wohnhafte Gaſtwirth Stefan Vinicsſay und deſſen Gattin von unbekannten Thätern im Schlafe überfallen und durch Meſſerſtiche vielfach ver - wundet. Die Thäter, welche es jedenfalls aufeine Beraubung des als reich geltenden Gaſt - wirthes abgeſehen hatten, ergriffen die Flucht, als ſich eine durch den Lärm herbeigelockte Polizei - patrouille näherte. Heute Morgens wurde ein Gurkenhändler Namens Kapobſi, als der Mit - ſchuld an der That verdächtig, verhaftet. Die Verdachtsmomente, die gegen Kapobſi ſprechen, waren der Umſtand, daß ſein Standplatz in un - mittelbarer Nähe des Gaſthauſes des Vinicsſay ſich befindet, und ferner die ſchwer verwundete Frau Vinicsſay in einer am Thatorte vorgefundenen Pelz - mütze das Eigenthum Kapobſi’s zu erkennen glaubte. Thatſächlich trug der Verhaftete eine ganz neue Mütze. Bis zum Abend leugnete er hartnäckig, erſt als der Pelzwaarenhändler eruirt worden war, bei dem die neue Mütze gekauft wurde und derſelbe in Kapobſi den Käufer agnoscirt hatte, legte der Gurkenhändler ein Geſtändniß ab. Er gab an, die Wirthsleute überfallen zu haben, um ſie unſchädlich zu machen und dann ihres Geldes zu berauben.

(Falſche Zehnguldennoten.)

In den letzten Tagen mehrte ſich in auffallender Weiſe in Wien die Zahl der falſchen Zehnguldennoten. Im Laufe des vorgeſtrigen Tages wurden 14 falſche Noten zumeiſt in Traſiken ausgegeben. Die Polizei ent - faltete eine fieberhafte Thätigkeit zur Eruirung der Fälſcher. In öffentlichen Localen, in Wirths - und Caféhäuſern erſchienen Poliziſten, welche das Publicum auf die Falſificate aufmerkſam machten. Dieſelben ſind leicht von den echten zu unterſcheiden. Sie tragen nämlich auf dem un - gariſchen Texte fälſchlich die Unterſchrift A. Moſer ſtatt Moſer A.

(Aus Columbia [Südamerika])

wird der Köln. Volksztg. geſchrieben: Im September 1891 wurde die elektriſche Straßenbeleuchtung eröffnet, und zwar mit Bogenlampen von 1200 Kerzen Lichtſtärke. Nach den erſten Nächten war der Boden unter den Lampen mit Inſectenleichen aller Größen, Formen und Farben förmlich be - ſäet; nach ein paar Wochen nahm deren Zahl ſtetig zu, ſo daß die Glasglocken der Lampen öfters in den erſten Nachtſtunden geleert werden mußten, da die Maſſen der todten Thiere das Licht ganz zu ſtören drohten. Nach und nach kamen aus den umliegenden Wäldern von Nutz - holz -, Cacao - und Kaffee-Bäumen allnächtlich unzählbare Schaaren von bislang in der Stadt niemals geſehenen noch gekannten Kerbthieren, Schmetterlingen, L[i]bellen, Mücken, um das elek - triſche Licht kennen zu lernen und dafür mit dem Leben zu büßen. Monatelang wurden jeden Mor - gen von jedem Laternenpfahl Körbe voll Inſecten weggeſchafft. Nach ein paar Monaten fing die ſonderbare Einwanderung an geringer zu werden, um endlich ganz nachzulaſſen, und heute beträgt die Anzahl der neugierigen Nachtzügler kaum noch täglich ein Dutzend bei jeder Lampe. Die Landleute in meilenweitem Umkreis der Stadt erzählen aber, daß die Käfer und Nachtſchmetter - linge in den Wäldern ausgeſtorben ſeien.

(Falſche Folgerung.)

Haben Sie’s ſchon g’hört, Frau Nachbarin, der Pavian von de Menagerie drüben iſt heut Nacht hin ’wor - den. Nachbarin: Ah, geh’n S zu der hat doch alleweil ſo ſchöne rothe Backerln g’habt!

(Wörtlich aufgefaßt.)

Gaſt: Das iſt ja ein Scandal, Einem ein gebratenes Huhn vorzu - ſetzen, das nicht einmal gerupft iſt. Wirth: Sie verlangten doch ausdrücklich, Ihnen ohne viel Federleſen was zu ſpeiſen zu bringen.

Telegramme des Mähriſchen Tagblattes .

Die Nordd. Zeitung ſchreibt, daß Regierungskreiſe das im Vorwärts erſchienene Verzeichniß der Welfenfonds - Quittungen als Erfindung bezeichnen. Quit - tungen über Zahlungen ans den Welfenfonds hätten niemals exiſtirt.

Ahlwardt wurde geſtern aus dem Gefängniß Plötzenſee beurlaubt, angeblich um dem Leichenbegängniſſe ſeines Schwiegervaters beiwohnen zu können.

Der Biſchof von Trier richtete ein öffentliches Schreiben an die Geiſtlich - keit des Strikegebietes an der Saar, worin erdie Bergleute eindringlich vor der Betheiligung an dem Strike warnt. Auf der Grube Gerhard iſt der Verſuch der Strikenden die Schächte zu demoliren, mißlungen. Der Arbeiterführer Wanken wurde wegen Aufreizung zum Aufruhr verhaftet.

Die Cholera.

(Priv. -Tel. d. M. T. )

Amtlich wurden bis 31. December Mittags vier neuerdings vorgekommene Choleraerkran - kungen aus Altona gemeldet. Drei hievon verliefen tödtlich. In Hamburg kam am 31. December eine Neuerkrankung vor.

(Privat-Telg. des Mähr. Tagbl. )

Das Gerücht, Kriegsminiſter Freycinet werde doch aus dem Cabinet aus - ſcheiden, erhält ſich. Freycinets Rücktritt ſollte nur deshalb erſt nach Neujahr erfolgen damit die Feſttage noch ruhig verlaufen. Neuerdings wird auch Juſtizminiſter Bourgeois wieder heftig angefeindet; man wirft ihm vor, er habe aus den Unterſuchungs-Acten verſchiedene Documenet ge - ſtohlen, um Floquet zu retten. Es iſt ſchwer zu ſagen was an dieſen Mittheilungen Wahres iſt; ſie dienen nur zur Kennzeichnung der Unſicherheit der Lage. Ein Pariſer Blatt kündigt gar an, die verhafteten Verwaltungsräthe der Panama-Geſell - ſchaft würden vorläufig in Freiheit geſetzt werden.

(Priv. -Tel. des M. Tagbl. )

Das Ableben des Führe[r]s der Cen - trumspartei des deutſchen Reichstages Peter Reichenſperger, der vorgeſtern nach ſchwerer Krankheit verſtarb, erregt in den ihm befreundeten Kreiſen große Beſtürzung.

Das Valutageſchäft.

(Priv. -Tel. d. M. T. )

Ende dieſer Woche werden alle Verträge bezüglich des Valutageſchäftes von Seite Oeſterreich-Ungarns perfect ſein. Anſämmt - lichen öſterreichiſchen Valutaoperationen partici - piren alle Wiener Banken. Die Geſammt - quote der Participation der nicht zur Rothſchild - Gruppe gehörigen Banken dürfte ungefähr 25% betragen. Die Betheiligung erfolgt auf Grund der Original-Bedingungen.

Sprechſaal. Deutſcher Caſtnoſaal.

5. Jänner 1893. Beamtenball im Deutſchen Caſtno verbunden mit Kammermuſik-Concert

der k. u. k. Regimentscapelle Frei - herr v. Joelſon Nr. 93 unter dem Protectorate des hochwohlgeborenen Herrn

Moritz Primaveſt,

Präſident der Handels - und Gewerbekammer ꝛc.

zu Gunsten der Armen der Stadt Olmütz. Concert-Programm:

  • 1. Roſſini: Ouverture zur Oper Tancred.
  • 2. Verdi: Scene und Arie aus der Oper La Traviata .
  • 3. Oberthür: Am Meeresſtrand, Romanze für Harfe.
  • 4. Tiſl: Serenade für Flöte und Horn.
  • 5. Bocherini: a) Menuett.
  • Weber: b) Perpetuum-mobile für Violine.
  • 6. Schreiner: Mozartiana , Potpourri.
  • 7. Mascagni: Intermezzo a. d. Oper Caval - leria rusticana .
  • 8. Händel: Largo.
  • 9. Czibulka: Fliegenmenuett aus der Operette Der Bajazzo.
  • 10. Komzak: Schulter an Schulter , Marſch.

Eintrittskarten für geladene Gäſte ſind zum Preiſe von 1 fl. für die Einzelkarte, 2 fl. für die Familienkarte, im Vorverkaufe in Herrn Ed. Hölzel’s Buchhandlung und in der Mode - waarenhandlung des Herrn Ludwig Beck, Löfler - hof, Niederring zu haben.

[7]
〈…〉〈…〉
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〈…〉〈…〉
[He]rausgeber und verantwertlicher Redacteur Wilhelm Seethaler.

Druck von Joſef Groaß, Olmütz.

About this transcription

TextNr. 1, 02.01.1893.
Author[unknown]
Extent8 images; 9341 tokens; 3850 types; 70823 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Benjamin FiechterSusanne HaafNote: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T15:49:55Z grepect GmbHNote: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T15:49:55Z Amelie MeisterNote: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T15:49:55Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic informationNr. 1, 02.01.1893. . Jakob RiemerCzernowitz1893. Mährisches Tagblatt

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; mkhz2

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Editorial principles

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

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  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T11:23:32Z
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