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Im großen Muſikvereinsſaale wurde heute Vormittags die 15. ordentliche Hauptverſammlung des Deutſchen Schulvereins abgehalten. Es hatten ſich zu derſelben eingefunden: Statthalter Graf Kielmansegg, die Herrenhausmitglieder Ritter v. Arneth und Lobmayr, die Abgeordneten Graf Kuenburg, Beer, Bendel, Bohaty, Demel, Rudolf Freih. v. Doblhoff, Dr. Exner, Dr. Foregger, Dr. Fournier, Dr. Götz, Dr. Groß, Habicher, Dr. v. Hellrigl, Dr. Hirſch, Vinc. Hofmann, Hütter, Kindermann, Baron Klein, Dr. Kopp, Dr. v. Kraus, Lorber, Dr. Menger, Dr. Nitſche, Noske, Dr. Per - gelt, Pernerſtorfer, Peſchka, Dr. von Rainer, Dr. Roſer, Schwab, Dr. Stein - wender, Profeſſor Ed. Sueß, Wannieck, Hofrath Dr. v. Wildauer und Wrabetz; ferner Vice-Bürgermeiſter Matzenauer mit mehreren Stadt - und Gemeinderäthen, der n. ö. Landtags-Abgeordnete Kitſchelt, der Brünner Vicebürgermeiſter Rohrer u. A. In den zu beiden Seiten des Saales ſich hinziehenden Par - terrelogen hatten die Vertreterinnen der Frauen - Ortsgruppen Platz genommen.
Der Obmann des Schulvereins, Dr. Weitlof, eröffnete die Hauptverſammlung mit der Mittheilung, daß 1584 Stimmen durch 118 Vertreter von Ortsgruppen für 68.600 Mit - glieder angemeldet ſeien und begrüßte ſodann die Freunde und Freundinnen des Schulvereins, die aus allen Theilen Oeſterreichs zur Hauptver - ſammlung erſchienen waren. Dr. Weitlof brachte weiters zur Kenntniß, daß vom Finanzminiſter Dr. v. Plener und Handelsminiſter Graf Wurmbrand, die durch dringende Amtsgeſchäfte am Erſcheinen verhindert ſind, Entſchuldigungs - ſchreiben eingelangt ſeien. Der Präſident des Abgeordnetenhauſes, Frh. v. Chlumecky ſende dem Vereine brieflich beſte Wünſche und Grüße, er ſei leider durch einen Erkrankungsfall in ſeiner Familie am perſönlichen Erſcheinen ver - hindert. Als Dr. Weitlof nunmehr den Statt - halter Graf Kielmansegg begrüßte, brachen die Anweſenden in ſtürmiſche Bravorufe und minuten - langes Händeklatſchen aus. „ Seine thatenreiche und energiſche Verwaltung — ſagte der Vor - ſitzende — iſt nicht nur in Niederöſterreich, ſondern auch über die weiteſten Grenzen unſeres Vaterlandes hinaus bekannt und überall erfreute er ſich großer Sympathien. Es kann uns daher nur freuen, wenn er unſere Ver - ſammlung mit ſeiner Anweſenheil und dadurch mit dem Ausdrucke ſeiner Sympathien beehrt. Ich begrüße ferner eine große Anzahl von Abge - ordneten als unſere Ehrengäſte. (Beifall.) Ihr Erſcheinen iſt nicht nur ein Beweis ihrer per - ſönlichen Sympathien, ſondern beweiſt auch die Sympathien der hinter ihnen ſtehenden weitaus - gebreiteten Wählerſchaften. Dr. Weitlof fuhr dann fort: Die Stadt Wien entbehrt heute eines ent - ſprechenden Oberhauptes, infolgedeſſen haben wir auch keine officielle Begrüßung von Seite dieſerStadt zu gewärtigen. (Rufe: Hört! Leider! Große Bewegung.) Die Anweſenheit zahlreicher Gemeinderäthe und an ihrer Spitze Vicebürger - meiſter Matzenauer und das morgen von den vereinigten Ortsgruppen Wiens veranſtaltete große Park-Feſt wird aber Zeugniß dafür ablegen, welche Sympathien der überwiegende Theil der Bevölkerung Wiens dem Deutſchen Schulvereine und ſeinen Gäſten, wenn auch nicht officiell, entgegenbringt. (Beifall. Wacker!) Von Vertretern uns naheſtehender Vereine begrüße ich vor Allem den Volksbildungsverein und an ſeiner Spitze den anweſenden Hrn. v. Arneth. (Lauter Beifall und anhaltendes Händeklatſchen.) Sie werden mir zuſtimmen, daß Arneth nicht nur ein Vertreter des Volksbildungsvereins, ſon - wohl in Oeſterreich der erſte und bedeutſamſte Volksbildner iſt. (Wiederholter Beifall) Es ſind weiters vertreten: Der Bund der Deutſchen in Böhmen, der n. ö. Landeslehrerverein durch Hrn. Oberlehrer Ernſt, der Volksbildungsverein in Krems, der Allg. deutſche Schulverein durch Prof. Koch aus Breslau (großer Applaus) und durch Prof. Seydlitz aus Königsberg, der ſchon ſeit einer Reihe von Jahren unſere Hauptverſamm - lungen beſucht und niemals mit leeren Händen kommt. (Rauſchender Beifall.)
Am Schluſſe ſeiner Begrüßungsrede bringt Dr. Weitlof ein dreimaliges Hoch auf den Kaiſer aus, in das die ganze Berſammlung begeiſtert einſtimmt.
Sodann nahm das Wort Gemeinderath Wünſch, der Obmann des liberalen gemeinde - räthlichen Parteiverbandes. Er ſagte:
Seit dem Beſtande des Deutſchen Schul - vereines iſt derſelbe in allen Städten, wo er ſeine Hauptverſammlung abhielt, ſtets gaſtlich empfangen worden, und zwar nicht allein von der Bevölkerung, ſondern auch von dem betreffenden Oberhaupte der Stadt. Heute, in der Reichshaupt - ſtadt, iſt es das erſtemal, daß dieſe Ver - ſammlung der officiellen Begrüßung ſeitens des Stadtoberhauptes ent - behrt. (Rufe: Leider!) Ich muß im Namen meiner Collegen im Gemeinderathe dem tiefſten Bedauern Ausdruck geben, daß ein politiſches Ereigniß Aulaß gegeben, eine Pflicht nicht zu er - füllen, deren Erfüllung ſchon durch den Umſtand geboten erſchien, daß ſo zahlreiche edle Frauen und ehrenwerthe Männer aus allen Theilen des Reiches hieher ge - kommen ſind, um über das Wohl unſer es deutſchen Volsſtammes zu berathen. (Rufe: Sehr richtig.) Wir Mitglieder des Parteiverbandes im Wiener Gemeinderathe erachten es nicht allein für un - ſere Pflicht, Sie hier zu begrüßen; wir fol - gen auch dem Zuge unſeres Herzens, wir folgen dem Gefühle unſerer deutſchen Geſinnung, indem wir Sie als Vertreter eines Vereines, der, unabhängig von politiſchen Strömungen, es ſich zur Aufgabe gemacht hat, die Wahrung und Pflege des deutſchen Volksſtammes in unſerem Vaterlande durchzuführen, hier in der deutſchen Stadt Wien aufs herzlichſte bewillkommnen. (Stürmiſcher Beifall.) Denn Wien iſt und bleibt eine deutſche Stadt. (Stürmiſcher Beifall.) Deutſch fühlt ſeine Bevölkerung und darum hat auch derWiener Gemeinderath ſtets dem Wirken des Deutſchen Schulvereines die wärmſten Sympa - thien entgegengebracht und dieſen Traditionen werden auch wir Vertreter des fortſchrittlichen Verbandes im Gemeinderathe durch thatkräftige Unterſtützung der edlen Beſtrebungen dieſes Vereines und unſerer deutſchen Geſinnung nach wie vor kräftigſt Ausdruck verleihen. Ich überbringe Ihnen die herzlichſten Grüße und Wünſche meiner Geſinnungsgenoſſen und Collegen. (Stür - miſcher Beifall.)
Dr. Weitlof machte ſodann Mittheilung davon, daß Hof - und Gerichtsadvocat Dr. Rudolf Prokſch zur Ergänzungswahl für die Vereins - leitung vorgeſchlagen ſei. Für die neu zu be - ſetzende Stelle im Aufſichtsrathe werde Dr. Alex. Eger, Hofrath und Director der Nordweſtbahn, vorgeſchlagen, und für jene im Schiedsgerichte Dr. Raimund Grübl, ein Mann, der ſich der Sympathien der geſammten Bevölkerung Wiens erfreue, bis vor Kurzem noch Bürgermeiſter dieſer Stadt. Als Dr. Weitlof den Namen Grübls nannte, brachten die Anweſenden dem ehemaligen Oberhaupte der Stadt Wien eine ſpontane Ovation; endloſe Bravorufe ertönten, Hochrufe wurden ausgebracht und an das ſtürmiſche Hände - klatſchen betheiligten ſich auch die Damen lebhaft.
Hierauf ergriff Herr Dr. Weitlof zur Verichterſtattung das Wort.
Das abgelaufene Vereinsjahr kann ich im Großen und Ganzen als ein ruhiges bezeichnen.
Die Einnahmen desſelben mit 274.933 fl. 58 kr. blieben zwar ewas gegen jene des Jahres 1893 zurück, erreichten aber doch wenigſtens die Bedarfshöhe. Demzufolge konnten wir auch für Schulzwecke die Summe von 244.527 fl. 28 kr. verwenden.
Bei dieſen Einnahmen und einem Reinver - mögen von nahezu einhalb Million werden die Wünſche unſerer Gegner und Neider, daß unſer Verein ſeine von Millionen Stammesgenoſſen gewürdigte und als ſegensreich geprieſene Thä - tigkeit aus Mangel an Theilnahme werde ein - ſtellen müſſen, noch lange nicht in Erfüllung gehen.
Dieſe nun durch 15 Jahre andauernde Lei - ſtungsfähigkeit unſeres Vereines legt uns viel - mehr die Verpflichtung auf, vor etwa auftauchen - den inneren und äußeren Schwierigkeiten nicht zurückzuweichen, ſondern eine Organiſation lebens - fähig zu erhalten, in welcher alle Deutſchen ohne Unterſchied bei noch ſo verſchiedenen politiſchen oder confeſſionellen Anſichten einen Sammelpunkt zu gemeinſamer nationaler Thätigkeit finden können. Dieſe Verpflichtung iſt um ſo unabweis - barer, als trotz aller ſonſtigen in dieſe Zeit fal - lenden Wandlungen der Deutſche Schulverein noch immer einen unentbehrlichen Hort und Schutz für die, in ihrer nationalen Exiſtenz bedrohten Volksgenoſſen in den ſprachlich gemiſchten Ge - bieten bildet.
In immer weitere deutſche Kreiſe und ſelbſt in ſolche, die uns zeitweiſe weniger freundlich gegenüber geſtanden ſind, dringt die Erkenntniß, daß unſer Verein mit unermüdlicher Conſequenz ausſchließlich ſeine ideale, nationale Arbeit pflegt, mit derſelben hervor -[2]ragende Erfolge errungen hat und daher die Unterſtützung aller Deut - ſchen ohne irgend eine Ausnahme in Anſpruch nehmen darf.
Gegenüber dieſer beredten Sprache, welche unſere Werke führen, können wir unbekümmert darüber hinausgehen, daß uns immer wieder die einander widerſprechenden und durch unſer Ver - halten genügend widerlegten Vorwürfe begegnen, daß wir einerſeits im Dienſte einer beſtimmten politiſchen Partei ſtehen und andererſeits ein gutes Einvernehmen mit den außerhalb dieſer Partei ſtehenden Volksgenoſſen zu erhalten be - ſtrebt ſind.
Nicht oft genug kann es geſagt werden, daß wir für unſer Wirken Einmüthigkeit und Eintracht unter uns Deutſchen brauchen, und daß wir daher jeden politiſchen Hader aus unſeren, nationalen Liebeswerken geweihten Hallen zurückweiſen müſſen.
Im Sinne dieſer unſerer Haltung und in dem Bewußtſein, jahraus, jahrein eine patriotiſche Aufgabe in unſerem Vaterlande zu erfüllen, haben wir auch an der den Deutſchen des ganzen Weltalls gemeinſamen Feier des 80. Geburtstages des deutſchen Reiches Altkanzlers theilgenommen, und bei dieſem Anlaſſe an den, um die Hebung des deutſchen Nationalgefühles ſo hochverdienten Für - ſten Bismarck eine Glückwunſchadreſſe gerichtet.
Die Möglichkeit unſerer andauernden Thätig - keit im großen Style verdanken wir der Uner - müdlichkeit und Opferwilligkeit der überwiegenden Mehrzahl unſerer Ortsgruppen, denen aufrichtiger Dank und Anerkennung gebührt. Denſelben zollen wir aber vor Allem den zahlreichen in unſeren Reihen wirkenden deutſchen Frauen und Mädchen. Ihre Begeiſterung für unſere Sache erhält dem Deut - ſchen Schulvereine ſeinen idealen Character und iſt uns eine unausgeſetzte Mahnung, denſelben als eine Stätte zu wahren, welche von unſeren deut - ſchen Frauen und Mädchen allezeit würdig zu befinden iſt, durch die Weihe ihrer Mitarbeiter - ſchaft geziert zu werden.
Ein erfreuliches Zeichen nachhaltiger Theil - nahme an unſeren Beſtrebungen bilden die nam - haften, uns in dem abgelaufenen Jahre ange - fallenen Erbſchaften und Legate, darunter die letzwilligen Zuwendungen der Herren und Frauen: Emanuel Zeidler in Teplitz, Werth -
| papiere im Betrage von rund. | 20.000 fl. |
| Adelheid Stampfl in Prag .. | 3 000 „ |
| Ferd. Hänel in Bielitz-Saybuſch | 500 „ |
| Dr Alfred Königsberg in Wien | 500 „ |
| Hans Schreiner in Graz ... | 500 „ |
| Franz Bergmann in Wien ... | 500 „ |
| Joſef Schiffner in Dauba ... | 400 „ |
| Dr. Schönberg in Klagenfurt .. | 200 „ |
u. ſ. w.
Dieſen bis in den Tod treuen Freunden unſerer Sache wollen wir ein weihevolles An - denken bewahren und dieß durch Erheben von den Sitzen bekunden. (Geſchieht.)
An dieſer Stelle ſei auch erwähnt, daß die, nothleidenden Volksſchullehrern deutſcher Natio - nalität in Wien gewidmete Thereſe Rigoni’ſche Stiftung von urſprünglich 50.000 fl, in dem mit der Erledigung dieſer Angelegenheit verbundenen langen Zeitraum auf die Summe von 63.000 fl angewachſen iſt und zuverſichtlich im Laufe dieſes Jahres ihrer Beſtimmung wird zugeführt werden können.
Wie alljährlich haben wir auch für zahl - reiche, unſeren Zwecken, ſei es mittelbar oder unmittelbar zugekommene Widmungen außer - halb Oeſterreich und namentlich aus dem deutſchen Reiche zu danken. Dieſelben erreichten auch im Jahre 1894 die Summe von 60.000 Mk.
Ebenſo haben wir für zahlreiche Bücher - ſpenden Privater und deutſcher Buchhändler zu danken, die uns in den Stand ſetzten, einer größeren Anzahl von Schul - und Volksbibliotheken die erwünſchte Bereicherung aus dem Schatze der deutſchen Wiſſenſchaft und Poeſie zuzuführen.
Nicht minder dankbar ſind wir jenem Theile der Preſſe, der in echt deutſcher Opfer - willigkeit uns in der nachhaltigſten und uneigennützigſten Weiſe ſeine werthvolle Unterſtützung angedeihen ließ.
Mit beſonderer Befriedigung haben wir der immer gleichbleibenden, verdienſtvol - len und überzeugungstrcuen Thätig -keit unſerer Lehrer, Kindergärtue - rinen und Beamten mit aufrichtigem Danke zu gedenken.
Leider habe ich auch in dieſem Jahre ſchmerz - volle Verluſte aus unſeren Reihen zu erwähnen, die wir durch das Ableben unſeres Ausſchußcol - legen Dr. Heilsberg und des Mitgliedes des Aufſichtsrathes Sr. Excellenz Graf Chriſtian Kinsky erlitten haben. Beide haben ihre beſten Kräfte in verſchiedenen öffentlichen Stellungen für das Wohl des deutſchen Volkes eingeſetzt und trotz ihrer ausgebreiteten Thätigkeit doch die Zeit gefunden, auch an unſeren Arbeiten theil - zunehmen. Ihre Namen werden in den Annalen des Deutſchen Schulvereines ſtets ehrenvoll ver - zeichnet ſein, und wollen wir ihnen unſere, bis über das Grab hinausreichende Werthſchätzung durch Erheben von den Sitzen bezeugen. (Geſchieht.)
Aehnliche Nachrufe nehmen nun ſchon ſeit Jahren einen ſtändigen Platz in meinem Berichte ein und mahnen Manche unter uns mit immer größerem Nachdrucke auf einen jüngeren Nachwuchs ernſtlich bedacht zu ſein. Dies hoffen wir insbe - ſondere durch die Bildung von Gauverbän - den zu erreichen, für welche wir mit Ihrer Zuſtimmung in der heurigen Jahres - verſammlung eine geſetzliche Grund - lage zu ſchaffen bemüht ſind.
Für die frei gewordenen Stellen ſchlagen wir Ihnen vor:
Für die Ausſchußſtelle den durch ſeine bis - herige öffentliche Thätigkeit bewährten Dr. Rudolf Prokſch, Hof - und Gerichtsadvocaten in Wien, für die Aufſichtsrathsſtelle Dr. Alexander Eger, k. k. Hofrath und Director der Nord - weſtbahn, der unſerem Vereine in früheren Jah - ren als Ausſchußmitglied und ſeither als Mit - glied des Schiedsgerichtes angehörte; endlich für die Stelle im Schiedsgerichte den, ſich der Sym - pathien der geſammten Bevölkerung von Wien erfreuenden Dr. Raimund Grübl, bis vor kurzem Bürgermeiſter von Wien.
So gerüſtet treten wir die uns in dem lau - fenden Jahre obliegenden Arbeiten mit Zuverſicht und frohem Muthe an.
Hiebei dient es uns namentlich zur Auf - munterung, daß Sie in Ihrer überwiegenden Mehrheit ſeit dem Anbeginn unſerer Thätigkeit und noch im letzten Jahre in Olmütz mit dem Curſe, in welchem unſer Vereinsſchiff geſteuert wird, vollkommen einverſtauden ſind.
Ohne Ihnen untreu zu werden, dürfen wir daher auch nicht daran denken, jene Grundſätze, von welchen wir uns mit Ihrer Zuſtimmung bis - her in der Führung des Vereines leiten ließen, zu verleugnen und dadurch eine Schwächung un - ſerer gutgefügten Organiſation herbeizuführen.
Zum Schluſſe rufe ich Ihnen, aber auch den heute noch außerhalb des Deutſchen Schulverei - nes ſtehenden Deutſchen Oeſterreichs, zu:
Laſſen wir unſere Blicke nicht durch Streit über untergeordnete Fragen von dem ablenken, was dem veutſchen Volke in Oeſterreich noth thut, vereinigen wir uns vielmehr im Dienſte unſeres herrlichen Volkes zu gemeinſamer Arbeit, auf daß immerdar feſtſtehe und treu die Wacht in der deutſchen Oſtmark. (Stür - miſcher nicht endenwollender Beifall.)
Hierauf erſtattete der zweite Zahlmeiſter Dr. Rudolf Mareſch den Bericht über die Geldgebahrung im Jahre 1894 und erörterte eingehend die Thätigkeit der matice školska.
Redner ſagt, nachdem er die von uns bereits veröffentlichte financielle Gebahrung des Deutſchen Schulvereins dargelegt hatte, Folgendes:
Wir ſind leider genöthigt auszuſprechen, daß die erhoffte dauernde Feſtigung unſerer Finanzen noch nicht erreicht iſt, daß daher eine unentwegte Thätigkeit unſerer Mitglieder in der Herbeiſchaf - fung von Mitteln nicht entbehrt werden kann, ſoll die Erhaltung unſerer Schöpfungen geſichert ſein und uns ein Ueberſchuß zur Entfaltung neuer Thätigkeit verbleiben.
Beſondere Aufmerkſamkeit wäre ſeitens unſerer Ortsgruppen insbeſondere der Pflege der ordent - lichen Einnahmen zu widmen, der Aufrechthaltung des Mitgliederſtandes, durch Erſatz natürlichen Abfalles mittels Werbung neuer Mitglieder undder regelmäßigen Veranſtaltung einträglicher Unter - nehmungen.
Die Ihnen heute vorliegenden Anträge wegen Bildung von Gauverbänden zeigen einen Weg, auf dem auch eine Stärkung unſerer Finan - zen möglich wird.
Die mit der Gauverbands-Thätigkeit ver - bundene eingehendere Erkundung der Verhältniſſe an den Sprachgrenzen und in den bedrängten Gebieten, wird auf das nationale Pflichtgefühl, das, ferne vom Schuſſe, einzuſchlummern droht, belebend wirken und angeſichts der drohenden Gefahr den Weckruf zur Abwehr ſo laut ſchallen laſſen, daß darob die Schläfer erwachen, und unter Verzicht auf Sonderbeſtrebungen ſich alle Stammes - genoſſen wieder die Hand reichen, darin wenig - ſtens einig: dem gemeinſamen Feinde auch ge - meinſam gegenüberzutreten. (Großer Beifall.)
Der erſte Obmann-Stellvertreter Dr. Victor von Kraus berichtet Namens der Schulver - waltung u. A. Folgendes:
Auch in dieſem Jahre rechtfertigte der Gang der öffentlichen Dinge und die wachſende Gleich - giltigkeit in allen den nationalen Beſitzſtand be - rührenden Fragen, beides nicht ohne Einfluß auf den um mehr als 9000 fl. verminderten Caſſa - erfolg, die weitgehendſte Zurückhaltung und die Scheu der Schulverwaltung, durch neue belaſtende Unternehmungen die Sorgen unſeres Zahlmeiſters zu vergrößern. Dem Stillſtand im Centrum un - ſeres Vereinslebens ſtand jedoch erfreulicherweiſe ein unverkennbarer Aufſchwung in den Gebieten der demnächſt zu bildenden Gauverbände gegen - über. — Eine vergleichende Ueberſicht der Lei - ſtungen des abgelaufenen und des vorangehenden Verwaltungsjahres ergibt Folgendes: Die Zahl der Vereinsſchulen iſt von 29 mit 69 Claſſen auf 28 mit 67 Claſſen geſunken. Doch ſtellt dies keine Verſchlechterung unſeres Standes dar. Die Zahl der Vereinskindergärten — 44 mit 50 Ab - theilungen — iſt im Vergleich mit dem Vorjahre dieſelbe geblieben. Während der Kindergarten zu Přivos in Mähren durch Uebernahme von Seite der Gemeinde aus den Vereinskindergärten ausſchied, wurde zu Třemoſchna bei Pilſen ein Kindergarten errichtet. Hiemit erſcheint eine in der Thätigkeitsüberſicht geſchehene Auslaſſung ver - beſſert. Den 47 ſubventionirten Schulen des Vorjahres ſtehen heuer 42, u. zw. fortlaufende Subventionen 30, neu erfolgte Bewilligungen 12 gegenüber.
Dagegegen iſt die Zahl der Schulſubven - tionen von 24 im Vorjahre auf 11 in dieſem Jahre, ſowie ferner die Zahl der im Vereins - eigenthum befindlichen Schulbauten von 31 im Vorjahre auf 30 in dieſem Jahre gefallen, während die Zahl der für Schulzwecke erwor - benen Realitäten — circa 20 — die gleiche blieb.
Zweifellos iſt unſerer Gebahrung die auf weiter geſteckte Ziele gerichtete und angeſichts der wachſenden nationalen Gefahr zu ſteigernde Spannkraft abhanden gekommen. Sie durch Satzungsänderungen und derlei kleine, von dem Berichterſtatter perſönlich übrigens gerne zuge - ſtandene Mittel neuerlich erlangen zu wollen, verräth von geringer Einſicht in den Zuſammen - hang der Dinge. Das Uebel ſteckt viel tiefer. Es wurzelt in der anationalen deutſchen Denk - weiſe, die ſich einmal in dem unverhüllten Haß unſerer Stammesgenoſſen gegen unſere nationale Arbeit, das anderemal in der unausrottbaren Gleichgiltigkeit der großen Maſſen in Dingen der nationalen Ehre, das drittemal in der Ab - ſonderlichkeit jener Freunde äußert, die uns ſtatt durch Mittragen der Laſt und Darreichung ma - terieller Opfer durch oft unzeitgemäße, vor dem nationalen Gegner bloßſtellende und recht billige Rathſchläge zu helfen glauben. Wie wenig um - gekehrt bei dem Slaven innerhalb des nationalen Empfindens Raum bleibt für die aus den zahl - reichen politiſchen und wirthſchaftlichen Strömun - gen ſich ergebenden Gegenſätzlichkeiten, das hat der Obmann der Národni Jednota Severo - česka zu Pfingſten 1894 in Laun mit folgenden Worten dargelegt: „ In der Vertheidigung (der bedrohten Brüder) werden wir nicht nachlaſſen, weil ſie die Vertheidigung unſerer Nationalität iſt. In unſeren Ortsgruppen finden alle Parteien Platz, weil die Vertheidigung unſerer Nationalität Sache[3]unſerer aller iſt ohne Unterſchied der politiſchen Ueber - zeugung. Allein wir dürfen in unſeren Kampf auch keine Ständeunterſchiede miſchen. Wir alle ſind Mitglieder einer Familie, haben gleiche Rechte, aber auch gleiche Pflichten. “ Dem ent - ſpricht auch der Character der ſlaviſchen Schul - vereinsarbeit. Wir heben die mächtige Förderung der ſlaviſchen Mittelſchulbewegung in Mähren, die Thätigkeit der Ausſchüſſe zur Erbauung eines Hauſes für das in Hohenſtadt zu errichtende tſchechiſche Gymnaſium, zur Errichtung böh - miſcher Mittelſchulen in Miſtek und Friedek hervor. September 1894 eröffnete die Matice zu Göding eine tſchechiſche Realſchule ſofort mit Parallelclaſſen. Die Direction der Anſtalt über - nahm ein k. k. Profeſſor aus Brünn, dem der Unterrichtsminiſter zu dieſem Behufe ſofort bereit - willigſt Urlaub gewährte. Es war noch kein Jahr vergangen, als die Anſtalt von der oberſten Un - terrichtsbehörde mit dem Oeffentlichkeitsrechte aus - geſtattet wurde. (Hört! Hört!)
Für die Errichtung einer ſlaviſchen Unterrealſchule in Leipnik wird, nachdem ein hochherziger Spender in Prag 10.000 fl. ge - opfert hatte, eifrig fortgeſammelt. Derſelbe Spender hat weitere 10.000 fl. einer ſlaviſchen Handels - ſchule in Brünn gew[i]dmet. Der Opferwilligkeit einer anderen Perſönlichkeit verdankt die Vereins - ſchule zu Iglan ein jetzt fertiggeſtelltes Gebäude, in welches 2 Abtheilungen des Kindergartens und die ſlaviſche gewerbliche Fortbildungsſchule einziehen werden. Dabei bleibt noch Raum für weitere Unternehmungen. Den Witkowitzern wurde ſtatt der erbetenen 2claſſigen eine 3claſſige Volks - ſchule zugeſichert und im Berichtsjahre als 4claſſige Schule ſammt Parallelclaſſe und einer Baum - ſchule eröffnet.
Redner ſchildert nun eingehend die Thätig - keit der Matice školska und der übrigen Sl[a]- viſirungsvereine. Die nationale Opferwilligkeit der Tſchechen wird am beſten durch folgende Mit - theilungen des Maticeberichtes gekennzeichnet: Ein Sommerfeſt in Prag 1894 zu Gunſten der Matice brachte einen Reinertrag von 18.000 fl. Die gläſerne Sammelbüchſe im Schaufenſter der Pra - ger Kanzlei füllte ſich durch Kreuzerſpenden der Paſſanten in 2 Jahren mit 1390 fl. Die ame - rikaniſchen Tſchechen ſendeten im letzten Jahre 1940 fl. Wir anerkennen dieſe Stammesſolida - rität, trotzdem ſlaviſche und leider auch deutſche Blätter nicht müde werden, auf das „ preußiſche Geld “in gehäſſiger Weiſe zu zeigen, wenn un - ſere Stammesbrüder im Reiche bald da, bald dort recht wirkſam unſere Thätigkeit durch Spenden fördern. Von der den Privatſchulen Böhmens zugewieſenen Landesſubvention von 20.000 fl. kam der Löwenantheil von 12.180 fl. den Matice - ſchulen zu.
Zu unſerem Thätigkeitsbericht zurückkehrend,〈…〉〈…〉 gen vereinzelte Beobachtungen Sie über den Gang unſerer Arbeit und unſere nächſten Ziele orientiren.
Trotz unerhörter Agitation unter Interven - tion der Gendarmen am Einſchreibungstage iſt die Zahl der Kinder an der deutſchen 2claſſigen Schule zu Schüttenhofen auf 157 geſtiegen. Man hat auf dem Weg zur Schule buch - ſtäblich den Eltern die Kinder aus der Hand geriſſen. Dennoch ſitzen im engen für kaum 30 berechnetem Raume 70 Kinder in der eeſten, und im Raume für 54 Kinder 87 in der zweiten Claſſe beiſammen und ſpotten die nöthigen Neben - räume jeglicher Sitte Hohn. Als Muſter, wie auch anderwärts dieſe Agitation publiciſtiſch unter - ſtützt wurde, ſei eine Stelle des „ Podřipan, “Or - gans des Bürgermeiſters von Raudnitz, vom September 1894, mitgetheilt: „ Der Bürgermeiſter hat es für gut befunden, mit den Eltern ſolcher Kinder (welche die deutſche Schule beſuchen wollen), ganz aufrichtig zu ſprechen und ſie zu belehren, wie ſie ihre Kinder ſchädigen würden, wenn ſie ſie aus der hieſigen Bürgerſchule herausnehmen und ſie (der deutſchen Sprache wegen) in eine niedrigere deutſche Schule einſchreiben ließen. Wir conſtatiren mit Freude, daß bei der Mehrzahl der Eltern die vernünftigen Gründe des Bürger - meiſters volles Verſtändniß fanden und die er - wartete Wirkung hatten, und daß nur etwa in 4 Fällen alle Auseinanderſetzungen des Bürger - meiſters ohne Wirkung blieben. Die Namen der betreffenden Eltern werden wir nach der heurigen Einſchreibung der Oeffentlichkeit mittheilen. “ In der That folgten bald Name und Beruf derbetreffenden Eltern, „ die ſich in trauriger Weiſe durch Hartnäckigkeit hervorthaten, mit der ſie das Alleinſeligmachende der deutſchen Sprache und das wunderbare Wirken der 1claſſigen deutſchen Schule vertheidigen. “ Der Verſuch, unſere Schule zu Wittuna der öffentlichen Verwaltung zu unter - ſtellen, iſt bis zur Stunde ohne Erfolg geblieben.
Seitdem die deutſche Schulexpoſitur in Neuroshosna nach Erbauung unſeres Schulhauſes daſelbſt eröffnet wurde, mehren ſich die Drang - ſalirungen der Deutſchen in unerhörter Weiſe. Von der Kanzel herab wird von dem Pfarrer gegen das Deutſche gewettert und am 14. Nov. 1894 wurden vom böhmiſchen Ortsſchulrathe zu Rohosna 21 Parteien aus Neurohosna vorgela - den und unter Bezug auf einen angeblichen Erlaß der Bezirkshauptmannſchaft zu Policka zwangweiſe zur Unterfertigung eines Protokolles verhalten, nach welchem ſie ihre Kinder nicht mehr in die deutſche Schule ſchicken dürfen. Wie kam - pfesmuthig der dortige Pfarrer ſich ſeinen deutſchen Pfarrkindern gegenüberſtellt, bezeugt ſeine Aeuße - rung: „ Eher ſoll man über meine Leiche hinweg - ſchreiten, bevor ich im Kampfe zur Vernichtung der deutſchen Schule nachlaſſe. Wir Tſchechen ſtehen auf der Wacht und werden nicht eher ruhen, bis die ganze Zwittauer Sprachinſel zu - rückerobert iſt. “ Das geſchieht in einem Orte, deſſen Weber jährlich an 45.000 fl. Arbeitslohn vom deutſchen Zwittau ausgezahlt erhalten.
Die Prieſterfrage wird in den Sudeten - ländern von Jahr zu Jahr brennender, ſie nimmt übrigens auch in Kärnthen und Unter-Steiermark eine dem Deutſchthum wenig zuträgliche Geſtalt an. Im Olmützer fürſterzbiſchöflichen Seminar waren 1893 unter 202 Alumnen nur 37 Deutſche, welche für die in Betracht kommenden mehr als 500.000 deutſchen Pfarr - kinder kaum als genügender Nachwuchs in der Seelſorge gelten können. In einer Diöceſe, in der der Sproſſe eines uralten reichs - deutſchen Grafengeſchlechtes, der Dom - herr Pötting-Perſing die Mittel bot, mit denen im Sommer 1894 der Bau eines ſlavi - ſchen Mädcheninſtitutes in Olmütz begonnen wurde und der die Dankſagung von 68 tſchechiſchen Gemeinden des Bez[ir]kes mit den Worten erwiderte: „ So handle ich aus National - bewußtſein, wie es mein Volksthum mir als einem Tſchechen befiehlt, ſo handle ich aus Pflicht, wie es mir meine Pflicht als Standesherr des Königreiches Böhmen auferlegt “(Rufe: Hört! Hört!) und deſſen Erzbiſchof Dr. Kohn trotz alles Liebeswerbens deutſcher Abgeordneter ſich bei der Angelobuug im Landtag der tſchechiſchen Sprache bediente. Ebenſo nimmt das deutſche Element in Böhmens Kloſtergeiſtlichkeit fortgeſetzt ab. Nicht blos die angebliche Abneigung der Deutſchen gegen den geiſtlichen Beruf, das bekannte Martyrium des Deutſchen in der Schaar der ſlaviſchen Seminargenoſſen, ſondern auch die heuer conſtatirte Weigerung, Deutſche der ſlaviſchen Sprache nicht mächtige Abiturienten aufzunehmen, tragen dazu bei.
Die Strahower Prämonſtratenſer können in ihre ſtärkſte Station Iglau nicht einen deutſchen Prieſter ſenden; ihr Noviciat iſt faſt ausſchließ - lich ſlaviſch. Nicht anders iſt es in Braunau be - ſtellt. Wegen Einführung ſlaviſchen Gottesdienſtes und Kirchengeſanges iſt es auch in dieſem Jahre an Orten des geſchloſſenen Sprachgebietes wie - derholt zu heftigen Conflicten zwiſchen den Ge - meinden und der kirchlichen Behörde gekommen.
Auch in dieſem Jahre wurde der in allen Zweigen des öffentlichen und wirthſchaftlichen Lebens organiſirte Anſturm des Nordſlaventhums gegen das deutſche Gebiet mit ungeſchwächter Kraft fortgeführt. Das „ Svnj k ſvému “auf wirth - ſchaftlichem Gebiete ſteht noch in voller Blüthe. Vereinzelte Klagen, wie die der Narodni Jednota Severočeska im Sommer 1894, über geringe Hilfsbereitſchaft bei „ den Leiden der armen Mit - brüder “im deutſchen Sprachgebiet können uns über den Ernſt der Lage nicht hinwegtäuſchen. Wenn ſich die tſchechiſche Lehrerſchaft des Leito - miſchler Bezirkes einen 10% Gehaltsabzug zu Gunſten des obgenannten Tſchechiſirungsvereines, der Matice školska, des Wiener Komensky - Vereines und des Bolzano’ſchen Waiſenhauſes freiwillig auferlegt, wenn vom Stadtamt in Jaromeř von allen in Geſchäftsräumen auf - gehängten Placaten zu Gunſten der Matice školska Stampigle-Gebühren von 20 — 60 kr. eingehoben und nur ſo beſtempelte Pl[a]cate in öffentlichen Localen zugelaſſen werden, ſo ſind das Symptome einer gegentheiligen Abſicht. Es gilt, den Wahn des geſchloſſenen deutſchen Sprach - gebietes längs der ganzen Umwallung zu zer - ſtören. Es vergeht kein Tag, an dem die tſchechiſchen Blätter nicht Kundmachungen der Tſchechiſirungs - vereine veröffentlichen würden, in denen der Ankauf verſchiedener Realitäten im deutſchen Sprachgebiet oder die Niederlaſſung von Handels - und Gewerbetreibenden daſelbſt den tſchechiſchen Pionnieren empfohlen wird. Da wird unter Zuſicherung von Unterſtützung ſelbſt der kleinſte Gewerbebetrieb ins Auge gefaßt. Es iſt dies eine fortgeſetzte und deſto wirkſamere prakti - ſche „ Kleinarbeit “, die ſich nicht bei all - gemeinen Phraſen von der Reinheit der Raſſe oder ein beſſeres oder ſchlechteres Tſchechenthum aufhält. Angeſichts der Erfolge wächſt auch der Siegesmuth. „ Hlasy z Podř “ſchreibt: „ Wir ſagen aufrichtig, die Wiedereroberung des Leit - meritzer Gebietes für das tſchechiſche Volk, des ſchönen Leitmeritzer Gebietes, welches vor 100 Jahren noch tſchechiſch war und uns heute mit deutſchen Händen würgt, ſollte die heilige Miſſion des Riper Gaues ſein, welcher neidvoll auf das Vordringen des tſchechiſchen Elementes im Süden Böhmens, auf die fortwährenden Siege der nichts weniger als wohlhabenden ſüdböhmiſchen Tſchechen im Budweiſer Gebiete blicken muß. “ In der That vergleicht die „ Politik “1894 Budweis mit dem verſinkenden Vineta. Es müſſe wieder böhmiſch werden, ebenſo wie das geſammte Südböhmen bis nach Weitra ins Oeſterreichiſche hinein.
Auch das Kuhländchen in Mähren gilt als rechtmäßiges Eigenthum der Slaven. Im Mai 1894 erſchien in Neutitſchein ein Aufruf zur Erbauung eines „ Narodni dům “mit folgen - der Einleitung: „ Der hundertjährige Kampf des tſchechiſchen Volkes um die Vertheidigung ſeiner Exiſtenz iſt bis jetzt nicht ausgekämpft ..... Unſer durch das uebergewicht an Zahl und Capitalskraft mächtigere Urfeind ſtürmt mit er - höhter Kraft und unter Anſpannung der letzten Kräfte heran, um uns den mit dem Blute unſerer Vorfahren beſprengten und ſchwer ver - theidigten heiligen Boden zu entreißen. Durch Ge - walt, Corruption und Terrorismus wird uns der Boden entzogen, auf welchen wir durch Tradition und Geſchichte ein Anrecht haben. “ Das hinderte im reindeutſchen Neutitſchein Mai 1894 den dor - tigen Bezirkshauptmann nicht, bei Eröffnung der dortigen Beſeda zu erſcheinen und ſein Glas in polniſcher Sprache dem Gedeihen der Beſeda zu widmen und nicht den neuernannten Kreisgerichts - präſidenten daſelbſt, die Sommerſchwurgerichtspe - riode 1894 mit einer tſchechiſchen Anſprache an die Geſchworenen zu eröffnen. In Iglau iſt im Sommer 1894 das tſchechiſche Vereinshaus mit einem Koſtenaufwand von 65.000 fl. fertiggeſtellt worden, in Olmütz verhandelten 53 Gemein - den der Umgebung über die Beſchaffung eines Capitals von 300.000 fl. zur Errichtung eines tſchechiſchen Actienbräuhauſes daſelbſt. Die „ Narodni Jednota severočeska “, welche ſich die Hebung des „ tſchechiſch-nationalen Lebens in politiſcher, wirthſchaftlicher und cultu - reller Beziehung “zur Aufgabe ſtellte, unterhielt mit ihren 200 Ortsgruppen eine zielbewußte Minierarbeit auf deutſchem Sprachboden. An die Gruppen ergingen vom Centrum eigene In - ſtructionen mit der Anweiſung, wie gearbeitet werden ſolle. In der Judenfrage wird ein rein practiſcher Standpunct eingenommen. Gefügige Elemente werden als werthvolle Beſtandtheile des ſlaviſchen Volkes mit Freuden begrüßt und die Beſtrebungen zur Bildung tſchechiſch-jüdiſcher Ver - einigungen lebhaft befördert. (Rufe: Hört, Hört!) Wer die Wege der Slaven vom deutſchnationalen Standpunkte kreuzt, muß der heftigſten Angriffe gewärtig ſein. Hat doch ein ſlaviſcher Abgeordneter des mähriſchen Landtages den um Nordmähren hochverdienten Wilhelm Braß in Hohenſtadt[ gütigſt] die Anweiſung einer Zelle in der Strafanſtalt Mürau zugedacht. (Stürmiſche Pfui-Rufe.) Nach den Worten des Prager Vicebürgermeiſters Dr. Podlipny muß Groß Prag, eingedenkt ſeiner glorreichen Vergangenheit, einmal ein großes tſchechiſches Prag werden.
Man iſt bei der Zerfahrenheit der Deutſchen und angeſichts der Thatſache, daß ſich beſtimmte politiſche Richtungen ausſchließlich das Vorr[e]ch[t][4]nationaler Geſinnungstüchtigkeit vindiciren, endlich unter dem Einfluſſe eines jeglichen nationalen Aufſchwung erdrückenden Syſtemes über die zweckentſprechende Wahl zuläſſiger Mittel zur Abwehr im deutſchen Lager noch nicht klar ge - worden. Daß unſere Jugend für ihre dereinſtige Wirkſamkeit bei Amt und Gericht und in ſon - ſtigen öffentlichen Stellungen ſich der Kennt - niß der zweiten Landesſprache erfreuen möge, dafür erheben ſich immer mehr gewichtige Stimme in Böhmen Mähren, Schleſien und der Steier - mark. Es iſt jedoch ein beklagenswerthes Symp - tom der durch unſere jetzige Aera wieder gezeitig - ten deutſchen Vertrauensſeligkeit, daß im Som - mer 1894 abermals ein Vorſchlag zu Gunſten einer durchgreifenden Utraquiſirung unſerer Schulen und wohl auch unſerer ganzen Lebensführung gemacht wurde. Speciell in Böhmen hieße das, dem compacten ſlaviſchen Sprachgebiete über kurz oder lang ein durchſetzendes national-ohnmächtiges ſprachlich gemiſchtes anzugliedern, der tſchechiſchen Propaganda auf deutſchem Boden die Thüre zu öffnen, und damit ſelbſt mit gebundenen Händen den letzten Act des nationalen Dramas, der uns die triumphirende Slavia im Wenzelreiche vorführt, mitvollenden zu helfen. Obwohl bei den Gemeindewahlen unterlegen, haben ſich die Deut - ſchen von Trebnitz, des „ deutſchen Numantia “im ſchweren Kampfe muthig behauptet.
Redner ſchildert nun die Thätigkeit der Slovenen. Nicht ohne Zagen trete ich, ſagt Redner, in dieſem Augenblicke an das verſchleierte Bild von Sais, an die Cillier Frage, heran. Das wiſſen alle Deutſchen nördlich und ſüdlich der Donau, daß es ſich hier gar nicht mehr um die ſimple Gymnaſialfrage dreht. Das Schickſal ſtellt Völker und Nationen auch vor Aufgaben von ſcheinbar nichtsſagender Tragweite. Nach meiner Meinung wird es ein Prüfſtein ſein — darauf kommt es an — ein Prüfſtein darüber, ob wir die nationale Nackenſteife wirklich endgiltig verloren haben oder ob wir noch jenes Maß von Unbeugſamkeit beſitzen, die niemals zu faulen Declamationen, unwahren Scheingefechten und halben Schritten, nöthigenfalls zur letzten entſcheidenden That führt. (Bravo.)
In die ernſte Betrachtung der unſer Ve[r]eins - leben beherrſchenden Zuſtände theilen wir uns mit ſo manchem treuen Mitarbeiter in den Orts - gruppen.
Wir ſchließen unſere Betrachtungen, die Ihnen in Beſcheidenheit Rechenſchaft ablegen ſollen über die von uns im letzten Jahre voll - brachte Arbeit. Wenn wir auch Weniges erreich - ten, ſo billigen Sie uns vielleicht doch die Ungunſt der Umſtände, die Kraft der zahlreichen Gegner - ſchaft, die Schwäche im eigenen Lager, als Ent - laſtungsgründe zu. Mehr kommt es darauf an, ob Sie den Geſichtspunkt, unter dem wir die uns umgebenden nationalen Erſcheinungen be - trachtet haben, als den richtigen anerkennen. Wirmeinen: ſchwer würde es für jeglichen nationalen Schutzverein, deshalb auch für den deutſchen Schulverein, Nutzbringendes zu ſchaffen, wenn ſich — was Gott verhüte — des Dichters Wort erfüllen ſollte:
(Stürmiſcher nicht endenwollender Beifall.)
Herr Wieſenburg erſtattete hierauf Namens des Aufſichtsraches Bericht.
Dr. Schloffer (Graz) pries in begeiſter - ten Worten der Anerkennung die aufreibende Thätigkeit der Vereinsleitung, auf deren Schul - tern die ganze Laſt ruhe und die hiefür noch oft Undank und auch Verleumdungen ernten. Mit bewundernswürdiger Selbſtaufopferung arbeiten ſie im Dienſte des Schulvereines und kämpfen unbeirrt für die Sache des deutſchen Volkes, den Kampf gegen den ärgſten Feind, gegen den In - differentismus in den eigenen Reihen. Er bat die Verſammlung, ſich von den Sitzen zu erheben und der Vereinsleitung, insbeſondere dem hoch - verdienten Dr. Weitlof den wärmſten Dank aus - zuſprechen und ſie zu bitten, in ihrer nationalen Arbeit nicht zu erlahmen (Stürmiſcher Beifall und Hochrufe.) Sodann wurde dem Geſammt - ausſchuſſe einſtimmig das Abſolutorium ertheilt, für welchen Beweis des Vertrauens Dr. Weitlof neuerlich dankte.
Herr Dr. Groß bringt die zahlreich ein - gelaufenen ſchriftlichen und telegraphiſchen Begrüßun - gen, darunter ſolche vom Deutſchen Böhmerwald - bund, Südmark (Graz), Dr. Schleſinger, Namens der Abgeordneten und Vertrauensmänner der Deutſchen Böhmens, vom Vorſtand des Landesverbandes Braunſchweig (Hannover) vom Schubertbund (Wien) von verſchiedenen ſtudentiſchen Vereinen, vom Allgemeinen Deutſchen Schulvein in Berlin, ferner von Falkenau, Reichenberg, Graz, Wiesbaden etc. etc. zur Verleſung.
Hierauf ſtellte der Vertreter der Ortsgruppe Hohenſtadt Herr Hermann Braß nachſte - henden Antrag:
In Erwägung, daß eine Belebung der Schulvereinsthätigkeit erwünſcht und nothwendig iſt und daß alle Jahre Anträge von Ortsgrup - pen kommenin Sachen der Aenderung der Satzungen, beſchließt die Hauptverſammlung:
Die Hauptleitung wird erſucht
1. die Ortsgruppen zu befragen, welche Satzungsänderungen und ſonſtige Maß - nahmen ſelbe für nothwendig halten, um die Schulvereinsthätigkeit zu beleben,
2. die Hauptleitung möge aus ſich und den ihr bekannten warmen Freunden und eifrigen Arbeitern der Schulvereinsſache einen verſtärk - ten Ausſchuß bilden, der dieſe Fragen einge - hend zu beſprechen hat,
3. das Ergebniß dieſer Berathungen iſt dann einer ordentlichen Hauptverſammlung oderaber beſſer einer zu dieſem Zwecke einberufe - neu außerordentlichen Hauptverſamm - lung zur Beſchlußfaſſung vorzulegen.
Obmann Dr. Weitlof erklärt, über dieſen Antrag die Debatte zu eröffnen. vorerſt aber müſſe der Bericht über die durch die Gauver - bandsleitung nothwendige Aenderung der Vereins - ſatzungen und über einen von der Ortsgruppe Deutſch-Jaßnik eingebrachten Antrag erfolgen.
Dr. v. Kraus referirte ſodann über die neuen Gauſatzungen, welche auch über Antrag Apfel (Auſſig) en bloc einſtimmig angenom - men wurden.
Dr. Wolfhardt brachte hierauf Namens der Vereinsleitung den Antrag der Ortsgruppe Deutſch-Jaßnik zur Kenntniß: „ Die Satzun - gen des Deutſchen Schulvereines ſeien dahin zu ändern, daß in Hinkunft den einzelnen Orts - gruppen das Recht eingeräumt werden möge, ſelbſtſtändig über die Aufnahme von Mitgliedern in die Ortsgruppe zu verfügen. “
Nachdem auch dieſer Antrag mit dem Be - ſtreben, den Ortsgruppen eine regere Lebensthä - tigkeit einzuhauchen, motivirt wurde, richtete der Vorſitzende an den anweſenden Vertreter von Dentſch-Jaßnik die Anfrage, ob dieſe Ortsgruppe bei Annahme des Antrages Braß ihren Antrag zurückziehen würde. Der Vertreter von Deutſch - Jaßnik erklärte ſich hiemit einverſtanden und zog ſeinen Antrag zurück. Herr Matſcheko (Orts - gruppe Wieden in Wien) begrüßte den Antrag Braß, erſucht jedoch von der Einberufung einer außerordentlichen Hauptverſammlung Abſtand zu nehmen und das Ergebniß der Berathungen der ordentlichen Hauptverſammlung zur Beſchlußfaſſung vorzulegen, da eine außerordentliche, die erfah - rungsgemäß nie ſo vollzählig beſucht ſei, nur einem Rumpfparlament zu vergleichen iſt.
Nachdem noch einige Redner geſprochen, wies Herr Frank darauf hin, daß nach den Statuten die Beſchlußfaſſung nur in ordentlicher Hauptverſammlung erfolgen könne. Der Antrag Braß gelangt ſodann mit der von Matſchekos be - antragten Aenderung nahezu einſtimmig zur Annahme.
Delegirter Prof. Schwarz verlangt die Gründe zu wiſſen, welche die Ortsgruppe Deutſch-Jaßnik zu ihrem Antrage bewogen haben. (Rufe: Oho! Man kennt doch dieſe Gründe!)
Obmann Weitlof bemerkt, daß dies gegen - ſtandslos ſei, nachdem Deutſch-Jaßnik den Antrag zu Gunſten des Antrages Braß zurückgezogen habe und ſchloß ſodann, da die Tagesordnung erſchöpft war, die 15. ordentliche Hauptverſamm - lung mit Worten des Dankes an alle Theilnehmer.
Die Ergänzungswahl in die Vereinsleitung ergab die Wahl des Herrn Dr. Rudolf Prokſch (Wien), in den Aufſichtsrath wurde Hofrath Dr. Alexander Eger (Wien) und in das Schiedsge - richt Dr. Raimund Grübl (Wien) neugewählt.
Nachdruck verboten.
(95. Fortſetzung.)
Jetzt trat Graf Reichenau, deſſen Eheſchei - dungsproceß Robert führte, in die Loge, um Erneſtine zu begrüßen. Sein Proceß war ein ſogenannter ſenſationeller und Ulrich dadurch der großen Welt bekannt geworden. Er ſelbſt hatte ſich zeitlebens ſpeciell um Eheſcheidungen wenig gekümmert, hatte keine Erfahrung und keine beſondere Sachkenntniß auf dieſem Gebiete. Aber ſein Ruf war ſchon ſo weit gediehen, daß Graf Reichenau mit Genugthuung ſagen konnte „ mein Rechtsanwalt Doctor Ulrich, “und das war es, was Ulrich ſo heiß erſtrebt hatte. Das Gebiet, auf dem er wirklich etwas Hervorragendes zu leiſten vermochte, war die Vertheidigung in Strafſachen, aber er konnte auf dieſem Felde nicht raſch genug emporkommen, deshalb ge - brauchte er andere Mittel, um Carriére zu machen. Seine höchſten Träume waren eine ſociale Stel - lung erſten Ranges, Reichthum, Ruf, ein Sitz im Abgeordnetenhauſe, und das Alles war heute für ihn nicht unerreichbar. Nun muthig und rückſichtslos weiter.
Und dieſe Gedanken erfüllten ihn an dem ſchönen Frühlingsnachmittage in Hoppegarten. Ob „ Poldi “als Erſte oder Zweite oder garnicht durchs Ziel ging, war ihm furchtbar gleich - giltig. Er hatte niemals gewettet oder geſpielt, das hatte er alle Zeit für höchſt thöricht gehalten. Aber er fühlte ſich heute glücklich gehoben, und er hatte nicht die leiſeſte Ahnung davon, wie unglücklich ſeine Frau neben ihm war.
Aber ſie hatte in ihrer ſtillen, keuſchen, weltfremden Mädchenzeit von einem Manne geträumt, der hohe Ziele vor ſich ſah, aber ſolche im Dienſte des Guten, im Dienſte der Menſch - heit. Und der Mann, dem ſie ihr ganzes Weſen hingegeben, hatte nur conventionellen Ehrgeiz. Und dann, er liebte ſie nicht. Er war artig, aufmerkſam, vielleicht auch treu, aber er liebte ſie nicht. Niemals wechſelten ſie einen herzens - innigen Liebesblick miteinder, nie hatte ſie an ſeiner Seite einen jener beſeeligenden Momente des Ineinanderaufgehens, des beglückenden Anein - anderſchließens erlebt, deren Schilderung in Büchern ſo oft ihr Herz ahnungsvoll klopfen gemacht. Er erfüllte ſeine Pflicht gegen ſie, aber er liebte ſie nicht. Und ihr war elend zum Sterben.
Er aber führte ſie galant zum Wagen und ſagte mit frohem Lächeln:
„ Warte nur, meine ſchöne, kleine Frau, vielleicht im nächſten Jahre ſchon, fahren wir in eigener Equipage nach Hoppegarten! “
VI.
Dem Frühlingsrauſch vom Hoppegarten folgte ein Tag der Entnüchterung für Ulrich. Er hatte 50.000 Mark Actien gezeichnet und ſollte ſie heute einzahlen. D’Armont hatte ihm verſprochen, das B[a]rgeld vorzuſchießen, aber bei ſeinem minimalen Intereſſe für Geldgeſchäfte hatte d’Armont natürlich vergeſſen, die Sache zu ordnen. Nun wollte Ulrich geſtern während des Rennens eine Anweiſung von ſeinem Freunde verlangen, aber d’Armont war nicht da. Er ſandte ſeinen Diener zu ihm — d’Armont war wegen heftiger Nervoſität ſeit einigen Tagen verreiſt. So waren die 50.000 Mark von daher nicht zu beſchaffen.
Ulrich war ſehr ärgerlich; ihm war bisher ſo alles nach Wunſch gegangen, weil das, was er anſtrebte, in erſter Reihe von ſeinen intellec - tuellen Fähigkeiten abhing. Nun hatte er ſich auf ein Gebiet begeben, wo mehr oder minder der Zufall herrſchte, wo ſein Können und Wiſſen nicht ausſchlaggebend war. Woher bis heute Mittag zur Börſenſtunde dieſen immerhin be - deutenden Betrag nehmen? Er hatte ſicher auf d’Armonts Zuſage gerechnet und ſich nicht weiter gekümmert.
Ohne Zweifel war ſein Schwiegervater im Stande, ihm zu helfen, aber direct Geld von ihm wollte er nicht. Vielleicht konnte er ihn bewegen, 50.000 Mark zu zeichnen riskiren, dann für ſich einzahlen und einige Tage ſpäter bei d’Armonts Rückkehr den Poſten Grunow nachzahlen. So wollte er die Sache „ ſchieben. “
(Fortſetzung folgt.)
[5]wird am nachſten Mittwoch zu - ſammentreten, um das Referat des Subcomité’s, welches Abg. Rutowski erſtatten wird, entgegen - zunehmen.
In der am 21 d. M. ſtattgefundenen Sitzung des Ab - geordnetenhauſes wurde der Verlauf der Steuer - debatte durch einen wilden Tumult unterbrochen, der an die ſchönſten Leiſtungen der Lueger-Partei im Wiener Gemeinderathe erinnert. Nachdem ein Antrag des Abg. Pacák die Verhandlung abzu - brechen, abgelehnt worden war, wurde nach einer neuerlichen Rede desſelben Abgeordneten die Steuerdebatte auf die nächſte Sitzung ver - tagt, und es folgt die Verhandlung über einen Dringlichkeitsantrag der Abg. Kaizl und Ge - noſſen, die eine unverzügliche Berichterſtattung des Wahlreform-Subcomités an den Ausſchuß und die Vorlage eines Berichtes im Hauſe bis längſtens 14. Juni fordern. Miniſter Marquis de Bacquehem gibt die Erklärung ab, daß das Subcomité ſeine Arbeiten abgeſchloſſen habe und in den allernächſten Tagen ſeinen Bericht erſtatten werde. Die Regierung, ſagt der Miniſter, bedürfe keiner Mahnungen, ſie fei ſich ihrer Pflicht bewußt, und die Meldungen über ein Scheitern der Berathungen im Subcomité ſeien falſch. — Der Dringlichkeitsantrag war durch dieſe bündige Erklärung eigentlich gegenſtandslos geworden. Aber noch mußten einige oppoſitionelle Reden, die für dieſen Zweck vorbereitet waren, losge - laſſen werden. — Abg. Pernerſtorfer öff - nete die Schleuſen ſeiner Beredtſamkeit und ſagte der Coalition u. A. folgende Artigkeit: „ Wenn Sie der Teufel ſchon am Genick hat, glauben Sie noch immer, Sie können im letzten Augenblick vielleicht doch noch auskommen und wieder einmal die Völker betrügen. “ Abg. Dr. Polak rief dem Redner bei dieſer Stelle ver - gebens zu: „ Benehmen Sie ſich anſtändig! “und es gab eine kleine Auseinanderſetzung zwiſchen beiden Abgeordneten. — Hierauf brach Dr. Steinwender über das Parlament den Stab. — Der Obmann des Polenclubs Zaleski wies die vom Abg. Pernerſtor - fer gegen den letzteren gerichtete Verdächtigung zu - rück, als ob die Polen die Wahlreform überhaupt nicht wollten. — Abg. Dr. Menger hatte die Aufgabe, die Linke gegen die oppoſitionellen Stür - mer zu vertheidigen; aber als er die letzten, einer Prager Ausſtellung würdigen Exceſſe der Oppoſition mit hartem, aber zutreffendem Tadel ſtreifte, richtete ſich ein neuer Sturm gegen ihn ſelbſt. — Abg. Dr. Herold hatte das Schluß - wort, worauf die Dr[i]n[g]lichkeit abgelehnt wurde. — Wie aus Wien gemeldet wird ſollen die letz - ten ſtürmiſchen Auftritte im Abgeord - netenhauſe nur die Vorboten einer Sturm - är[a]ſein, welche die coalirten Jungtſchechen, An - tiſemiten und Deutſchnationalen zu arrangiren be - abſichtigen. Man hatte ſchon in der letzten Sitzung des Abgeordnetenhauſes den Eindruck, daß der ſo plötzlich hereingebrochene Tumult auf Verabredung ſtattfinde und planmäßig in’s Werk geſetzt ſei. Nun verlautet, daß in der Debatte über die Steuec - reform Obſtr[u]ction geübt werde und, wie Stein wender ſchon ankündigte, dem Zuſtandekommen der Steuervorlage die größtmög - lichen Schwierigkeiten bereitet werden ſollen.
Von in - formirter Seite geht der „ W. Allg. Ztg. “die Mittheilung zu, daß laut jüngſten Parteibe ſchluſſes der Antiſemiten Vicebürgermeiſter Dr. Carl Lueger für die Stelle des Bür - germeiſters gar nichi candidirt wird. Der Grund dieſes Entſchluſſes ſoll darin zu ſuchen ſein, daß einerſeits die Möglichkeit, ſiebzig Stimmen für Lueger zu gewinnen, immer ge - ringer wird, andererſeits die Beſtätigung Dr. Lueger’s fraglich iſt. Es handelt ſich darum, einen anderen antiſemitiſchen Gemeinderath zum Bürgermeiſter zu machen, für den eventuell auch einige liberale Stimmen erhältlich ſind. Man glaubt in Profeſſor Schleſinger den richtigen Mann getroffen zu haben.
In der am 22. d. Mts. ſtattgefundenen Sitzung des Wiener Stadtrathes gelangte die Herabſetzung der Functionsgebühr der beiden Vicebürgermeiſter von 6000 fl. auf 4000 fl. und der Stadträthe von 3000 fl. auf 1500 fl., zur Behandlung. Die Liberalen bekämpften dieſen Antrag, während Lueger für denſelben eintrat und ihn als erſte Etappe auf dem Wege zur Abſchaffung des Stadtrathes bezeichnete. Nachdem ſich einige liberale Stadträthe entfernt hatten, wurde der Antrag Luegers angenommen.
Der Hoch - und Deutſchmeiſter Herr Erzherzog Eugen iſt am 21. d. Mts. um ¾11 Uhr mit der Bahn in Begleitung ſeines Kammervorſtehers Majors Baron Henniger aus Meran wieder in Bozen angekommen und im Hotel „ Kaiſerkrone “ab - geſtiegen, von dem anläßlich der Anweſenheit des Erzherzogs die Reichsflagge weht. Der Erzherzog feierte Dienſtag ſeinen Geburtstag, aus welchem Anlaſſe ihm von vielen Seiten Gratulationen zugekommen ſind. In den im Hotel aufgelegten Gratulationsbogen zeichneten ſich ein die Herren Ludwig Graf Huyn, Oberſt Camillo Troll Namens des Officiers-Corps des Landesſchützen - Regimentes Nr. 2, Generalmajor Baron Kopal, Bürgermeiſter Dr. Perathoner, der Kammer - vorſteher der Erzherzogin Eliſabeth Oberſtlieutenant Graf Chotek, Hofrath und Kreisgerichtspräſident Ritter v. Koep〈…〉〈…〉, Alois v. Mackowitz, Major Ritter v. Jonak, Oberſt Klug v. Klugenwald, Hans Graf Taxis, Vice-Vürgermeiſter Dr. Hep - perger, Raimund Baron Hippolity, Major von der Planitz. Um 1 Uhr fuhr Erzherzog Eugen mit dem K[a]mmervorſteher nach Gries, wo anläß - lich ſeines Geburtstages bei Frau Erzherzogin Eliſabeth ein Diner ſtattfand. An dem Diner nahmen theil: Frau Erzherzogin Eliſabeth, Erzherzog Eugen, Prinzeſſin A[d]elgunde und Marie von Bayern, Fürſt und Fürſtin Campofranco, Hafdame Gräfin Emma Daun, Graf von Pettenegg, Baron Dorth, Oberſt Baron de Fin, Oberſtlieutenant Graf Chotek, Major Freiherr von Henniger und kaiſ. Rath Dr. Höffinger. Nach dem Diner begaben ſich die Herrſchaften um 2 Uhr in den Garten der Villa Habsburg, wo der ſchwarze Kaffee und Cigarren ſervirt wurden, während die Capelle des 14. Infanterie-Regimentes unter der Leitung des Herrn Capellmeiſters Rezek aufgeſtellt war und mit dem Concert begann, das bis 4 Uhr währte. Das Concertprogramm umfaßte zwölf Nummern, Compoſitionen von Weber, Ziehrer, Zimmermann, Schubert, Strauß, Leoncavallo, Komzak, Gumbert, Keller und Mascagni. Ueber Wunſch der Frau Erzherzogin Eliſabeth brachte Herr Capellmeiſter Rezek eine ſeiner beſten Com - poſitionen die Gavotte „ Tiroler Alpenblumen “zum Vortrage. Die ausgezeichnete Executirung aller Stücke fand die wärmſte Anerkennung der Herr - ſchaften und ſprachen Frau Erzherzogin Eliſabeth ſowohl als auch Herr Erzherzog Eugen perſönlich dem Capellmeiſter ihre Zufriedenheit aus. Nach 5 Uhr kehrte der Erzherzog zu Fuß nach Bozen zurück und gegen 7 Uhr Abends konnte man ihn wieder auf dem Wege nach Gries ſehen.
Se. kaiſ. Hoheit Herr Erzyerzog Eugen wird am 16. Juni l. J. auf der Reiſe nach Schleſien hier eintreffen und ſodann in der Zeit vom 17. bis 27. Juni die Viſitation der Beſitzungen des deutſchen Ritter - ordens in Freudenthal und Eulenburg vor - nehmen. Am 28. Juni kehrt Se. kaiſ. Hoheit von der Viſitationsreiſe nach Olmütz zurück und übernimmt wieder das Commando der 9. Inft. - Brigade.
Der Commandant des 2. Drag. -Rgts., Herr Oberſt Graf Kalnoky hat ſich nach Wien begeben, um den dortigen Pferderennen beizuwohnen. Herr Oberſt Graf Kalnoky nahm in Vincenz Hirſch’ Hotel „ zum Erzherzog Carl “das Ab - ſteigequartier. — Der Lieutenant des 2. Drag. - Rgts. Albin Frh. v. Kosjek, welcher ſich von dem ihm vor kurzer Zeit zugeſtoßenen Unfalle bereits vollſtändig erholt hat, trat geſtern einen mehrwö[ch]entlichen Urlaub an, den er in Athen, wo deſſen Vater Geſandter am griechiſchen Hofe iſt, zubringt.
In Brünn iſt geſtern Mor - gens die dortige Hausbeſitzerin Frl. Caroline Pokorny verſtorben. Das Leichenbegängniß findet morgen Samſtag, Nachmittags 3 Uhr, inBrünn ſtatt. Die Verblichene war eine Schweſter der Gemahlin des Herrn Gemeinderathes Adolf Thannabaur. — In Purkersdorf iſt am 21. d. der Bruder des Advocaten Herrn Dr. Fritz Haas in Proßnitz und des Brünner Advocaten Herrn Dr. Guſtav Haas, der ehemalige Advocat in Groß-Meſeritſch Herr Dr. Max Haas ver - ſchieden. Derſelbe erfreute ſich allgemeiner Achtung und Beliebtheit. Im Vorjahre wurde er von einer ſchweren Nervenkrankheit überfallen, der er nun nach langem Leiden erlegen iſt. Herr Dr. Fritz Haas hat ſich zu dem Leichenbegäng - niſſe ſeines Bruders, das geſtern ſtattfand, nach Wien begeben.
Der Verein deutſcher Lehrer und Schul - freunde des Landbezirkes Olmütz veranſtaltet an - läßlich ſeines zehnjährigen Beſtandes am 1. Juni l. J. Nachm. ½2 Uhr im Clublocale des „ Hotel Lauer “eine Feſtverſammlung mit nachſtehendem Programm: 1. Begrüßung durch den Obmann, 2. „ Ein Bild der zehnjährigen Thätigkeit des Ver - eins “, entworfen von Herrn Franz Mikulaſch, Lehrer in Paulowitz, 3. Bekanntgabe der Einläufe. An die Feſtverſammlung knüpft ſich eine gemüth - liche Unterhaltung.
Sonntag, den 26. l. M. Nachmittags 4½ Uhr findet im Garten der bürgerl. Schießſtätte die 93. Liedertafel des Männergeſaugvereins unter Mitwirkung der Muſikcapelle des 93. Inf. -Rgts. und unter Leitung des Vereinschormeiſters Herrn Wlad. Labler mit nachſtehender Vortragsord - nung ſtatt:
Die beitragenden Mitglieder haben gegen Vorweiſung der Mitgliedskarte freien Eintritt. Nichtmitglieder zahlen für Einzelnkarten 40 kr., für Familienkarten (4 Perſonen) 1 fl. 20 kr.
Am 22. d. Mts. unternahmen die Schüler der Vorbereitungsclaſſe der böheren Handelsſchule unter Leitung ihres Lehrers der Naturgeſchichte und Phyſik Herrn Prof. Dr. O. Leneček eine Excurſion in die hieſige Malzfabrik von „ Ed. Hamburger & Sohn “. Die Beſucher wurden in der liebens - würdigſten Weiſe von dem commerciellen Leiter Herrn Kaufmann und dem techniſchen Leiter Herrn Thomas empfangen und in der ganzen großen Anlage herumgeführt. Beſichtigt und den Schülern erklärt wurden: Die Heizanlagen für die Malzdarre[n], das Keſſelhaus und die Dampfmaſchine, die Elevatoren und Transport-Einrichtungen, die Weichkeſſel, die Malztennen mit ihren Kühlvor - richtungen, die Malzdarren ſowie die großen Lagerräume, die Wäg - und Zählvorrichtungen. Beſonderes Intereſſe erregten auch die electriſchen Temperatur-Controlapparate und die Thermo - metrographen. Leider konnten die Sortier - und Reinigungsmaſchinen den Schülern nicht im Be - triebe gezeigt werden, da wegen der vorgeſchrittenen Saiſon die nicht mehr benöthigten Maſchinen bereits zerlegt waren. Die Beſichtigung knüpfte an den botaniſchen und phyſikaliſchen Unterricht in der Schule an. Um 5½ Uhr verließen die Beſucher höchſt befriedigt die große Anſtalt.
findet morgen Samſtag den 25. Mai 9 Uhr vormittags im Zeichenſaale der ſtädt. Mädchenvolksſchule unter dem Vorſitze des k. k. Bezirksſchulinſpector Herrn Profeſſor Joſef Jahn ſtatt. Außer den üblichen Programmpunten über Wahlen u. dgl. enthält die Tagesordnung „ Mittheiluugen des k. k. Bezirksſchulinſpectors. Bemerkungen desſelben über ſeine Wahrnehmun -[6]gen bei den Schulvifitationen. 2. „ Die Heimats - kunde als Begründerin der Vaterlandsliebe. Referent F. Mikulaſch. 3. Ueber Reform der im Bezirke im Gebrauche befindlichen detaillirten Lehrpläne aus den Realien. Referent R. Wlaſchany. 4. „ Bericht über die Erfahrungen in der Steil - ſchrift. “ Referent K. Stenzl. 5. „ Bericht über die Erfahrungen bei Schülermärſchen. “ Reſerent K. Hever. 6. Lehr - und Lernmittel pro 1895-96. Referent D. Thin. 7. Bericht über die Bezirks - lehrerbibliothek. Reſerent A. Metelka.
Die vom Kriegsminiſter erlaſſene Circularverordnung vom 13. Mai, betreffend die ausnahmsweiſe vorzeitige Be - urlaubung von Einjährig-Freiwilligen, welche die Reſerveofficiers-Prüfung nicht beſtanden haben, hat auch im Bereiche der k. k. Landwehr gleichartige Anwendung zu finden.
Die deutſchfortſchrittliche Partei in Troppau for - derte am 22. d. M. in einem Wahlaufrufe den erſten Wahlkörper zur Wahlenthaltung auf, weil nach dem Ausfall der Wahlen im zweiten und dritten Wahlkörper nurmehr eine kleine Mi - norität zu erringen wäre. Die im zweiten Wahl - körper gewählten Liberalen haben erklärt, die Wahl nicht anzunehmen.
Wie wir erfahren, ſind Vorarbeiten im Zuge, um eine telefoniſche Verbindung zwiſchen Olmütz-Hohenſtadr-Müglitz und Loſchitz herzuſtellen. Man gibt ſich der Er - wartung hin, daß die Eröffnung dieſer neuen Telefon-Linie ſchon im nächſten Jahre möglich ſein werde.
Der Character-Komik[e]r unſerer Bühne, Herr Carl Auguſtin hat ſich heute von hier nach Mödling in ſein Engagement am dortigen, unter Director Arlt’s Leitung ſtehenden Sommertheater begeben. Im Herbſte kehrt Herr Auguſtin nach Olmütz zurück, um wieder an unſerer Bühne, an welche er reenga - girt wurde, zu wirken.
Infolge ungünſtiger Witterung unterblieb das für vorgeſtern angeſetzt geweſene Promenade-Con - cert der Muſikcapelle des 98. Inf. -Regiments im Stadtpark. Das betreffende Concert findet nun heute Nachmittags 5 Uhr ſtatt. Das Programm desſelben haben wir bereits veröffentlicht.
Das ſchöne Wetter des geſtrigen Feiertages brachte unſeren Reſtaurations - gärten, in welchen Concerte abgehalten wurden, einen ſehr zahlreichen Beſuch und veranlaßte auch viele Ausflügler zu Excuſionen in die Umge - bung von Olmütz. Jene, welche als Zielpunct Großwaſſer und Hombok gewählt hatten, wurden jedoch durch einen plötzlich niedergegan - genen Reg[e]n unangehm überraſcht und gründlich durchnäßt.
Im Ronache[r]- Saale zu Wien begannen geſtern Vormittags die Verhandlungen des erſten öſterr. Fleiſchhauer - und Fleiſchſelcher - tages. Die Stadt Wien war durch den Vice - bürgermeiſter Dr. Lueger vertreten, der bei ſeinem Erſcheinen mit langanhaltendem Beifalle begrüßt wurde; er führte in ſeiner Begrüßungs - rede aus, daß der Hauptübelſtand des Nieder - ganges des F[l]eiſchergewerbes in dem unreellen Zwiſchenhandel zu ſuchen ſei; er hoffe, daß man Mittel und Wege finden werde dieſen unreellen Zwiſchenhandel zu beſeitigen. Auch eine Reform der Verzehrungsſteuer ſei dringend nothwendig, da dieſe als eine Haupturſache der Fleiſch - thenerung bezeichnet werden kann. Es wur - den ſodann von der Verſammlung die von uns bereits mitgeheilten Vorſchläge zu einer Reform der Gewerbeordnung angenommen. Als Vertreter der Olmützer Fleiſcher - und Fleiſch - ſelchergenoſſenſchaft waren die Herren Bymětal, Carl Nowotni und Strawa jun. erſchienen.
Von der k. k. Finanz-Bezirks-Direction (Abtheilung für Stempel und unmitt. Gebühren) in Olmütz wird zur allgemeinen Kenntniß gebracht, daß mit der im Reichsgeſetzblatteverlautbarten Verordnung des hohen k. k. Finanz-Miniſteriums vom 25. Februar 1895 RGBl. Nr. 38 die Abſtempelung der erneuerten Obligationen (Loſe) der ruſſiſchenerſten Staatsprämien-Anleihe vom Jahre 1864, ſoweit dieſelben an Stelle von Stücken ausgefolgt werden, die der im § 5 des Geſetzes vom 28. März 1889 RGB. 32 angeordneten Abſtempe - lung ſeinerzeit nachweisbar unterzogen ſind, be - willigt und mit dieſer das k. k. Central-Stem - pelamt in Wien betraut wurde. Für die Ab - ſtempelung iſt eine Stempelgebühr per 1 fl. 25 kr. für jedes auf einen Nominalbetrag von 100 Rubel in Silber lautende Los zu entrichten. Die Parteien, welche Abſtempelung in Anſpruch zu nehmen beabſichtigen, haben die in ihrem Beſitze befindlichen alten, nach dem Geſetze vom 28. März 1889 geſtempelten Loſe der erwähnten Prämien - anleihe, unter Anſchluß eines deutlichen Serien - und Nummernverzeichniſſes in zweifacher Ausfer - tigung, welches von der Partei mit ihren Vor - und Zunamen unter Angabe ihres Standes, Wohnortes zu unterfertigen iſt, bis längſtens 31. Mai 1895 in Olmütz und im Olmützer Steuer - bezirke dem k. k. Hauptzollamte in Olmütz, in anderen Orten jedoch den zuſtändigen Steuer - bezw. Hauptzollämtern vorzulegen. Die Einſen - dung der Loſe durch die Poſt iſt unzuläſſig. Nach vorgenommener Prüfung der alten Obligationen wird dann ſeitens des k. k. Hauptzollamtes in Olmütz bezw. von dem k. k. Hauptſteueramte oder k. k. Steueramte der Partei das eine Exemplar des beſtätigten Verzeichniſſes ſammt den Loſen rückgeſtellt, welcher es obliegt, den Umtauſch der alten gegen die neuen Stücke termingemäß zu er - wirken. Bis längſtens 31. Auguſt 1895 ſind die neuen Stücke bei demſelben Amte, welchem die alten Stücke in Gemäßheit des Obenange - führten vorgelegt worden ſind, von der Partei ſammt dem in ihren Händen befindlichen Exem - plaren des amtlich beſtätigten Verzeichniſſes zur Abſtempelung einzureichen, nachdem die der geſetz - mäßigen Gebühr entſprechenden Stempelmarken (pr. 1 fl. 25 kr. für jedes auf einen Nominal - betrag von 100 Rubel in Silber lautende Los) nach Vorſchrift des Punctes 5 der Verordnung des hohen k. k. Finanz-Miniſteriums vom 28. März 1889 RGB. 33 befeſtigt worden ſind. Der Punct 5 der vorerwähnten Finanz-Miniſterial - Verordnung vom Jahre 1889 lautet: „ Die ent - fallende Stempelgebühr iſt mittels der im Ver - ſchleiße befindlichen öſterreichiſchen Stempelmarken zu entrichten. Dieſe ſind von der Partei ſelbſt u. zw. derart zu befeſtigen, daß ſie nach gehöri - ger Befeuchtung mit der ganzen Fläche f[e]ſthalten. Als Regel wird angeordnet, daß die Stempelmar - ken auf der Vorderſeite der Schuldverſchreibungen, inſoferne dieſelben mit Gewinnſtſcheinen nicht ver - ſehen ſind, und an derjenigen Stelle befeſtigt wer - den, wo ſich der größte freie Raum befindet, damit durch ſie kein oder möglichſt wenig Text, auf kei - nen Fall aber die Bezeichnung der Serien, und Nummern verdeckt werde. Nur in dem Falle, wenn auf der Vorderſeite kein genügender Raum für die Anbringung der Stempelmarken vorhan - den ſein ſollte, iſt es geſtattet, dieſelben auf der Rückſeite der Schuldverſchreibungen an der geeig - neiſten Stelle zu befeſtigen. In erſter Linie iſt der Originaltext, ſodann der Text in deutſcher Sprache, inſofern derſelbe auf der Schuldverſchreibung vor - handen iſt, frei zu laſſen. In Poſtſendungen ein - langende Loſe werden zur Abſtempelung nicht zu - gelaſſen. Nach vorgenommener Prüfung der Ueber - einſtimmung der Serien - und Nummerbezeichnung der neuen Stücke, mit den beiden Exemplaren des Verzeichniſſes ſeitens des k. k. Hauptzollamtes in Olmütz, bezw. des betreffenden k. k. Steueram - tes wird der Partei auf dem von ihr überbrach - ten Ex[e]mplare des Verzeichniſſes der Empfang der Loſe beſtätigt. Die ſeitens des k. k. Central - Stempelamtes in Wien abgeſtempelten Loſe wer - den dann ſeinerzeit der Partei gegen Rückſtellung des in ihren Händen befindlichen und von ihr zu quittirenden Verzeichniſſes ausgefolgt.
Wie aus Manila unte[r]m 22. d. M. gemeldet wird, iſt der ſpaniſche Dampfer „ Gravina “geſcheitert. 167 Perſonen ſind ertrun - ken. Der Schiffbruch des 600 Tonnen großen Dampfers erfolgte an der Zambalesküſte infolge eines ſchrecklichen Wirbelſturmes. Das Schiff ging unter und 167 Perſonen, darunter vier Officiere des ſpaniſchen Heeres und 2 Miſſionäre vom Dominikaner-Orden, ertranken.
Auf einem Ausfluge in heiterer Geſellſchaft fühlt ſich Fräulein Marie, ein ſchwärmeriſch veranlagtes Mädchen, durch den Zauber der Waldesſtille zu dem bekannten Liede begeiſtert:
Kanm ſind die erſten, mit glockenheller Stimme geſungenen Liedzeilen verklungen, da tritt, von der Geſellſchaft bisher unbemerkt, der alte Förſter Baumert hinter einer Baumgruppe hervor und bemerkt, mit wichtiger Amtsſtimme: „ Den Wald, mein verehrtes Fräulein? Den hat mein früherer Vorgeſetzter, der ſelige Oberförſter Kieſelmeier angelegt! “
Dieſe gefährlichen Gifte ſind oft in den zu unterſuchenden Körpern in ſo kleinen Mengen enthalten, daß ein Auffin - den derſelben mittelſt chemiſcher Reagention un - möglich iſt Wie uns nun das Patent - Burean J. Fiſcher in Wien mittheilt, iſt es dem Dr. Kohn in Liverpool gelungen, ein Verfahren zu entdecken, um mit Hilfe der Electrolyſe auch die kleinſten Mengen metalliſcher Gifte zu conſtati - ren, eine Thatſache, die beſonders auch für gericht - liche Fälle, wie für Vergiftungen von weittra - gender Bedeutung iſt. Wenn es ſich z. B. um Antimon, Kupfer, Queckſilber und Cadminin handelt, ſo wird es mit Hilfe des electrolytiſchen Verfahrens möglich, dieſe Gifte zu entdecken, ſelbſt wenn ſie nur in einem Verhältniß von 1 zu 150.000 in der betreffenden Löſung ent - halten ſind. Die Electricität hat ſich mit dieſer Entdeckung ein neues Feld auf wiſſenſchaftlichem Gebiete erobert.
nennt man in England den „ Crimſon Rabler “. Die Roſe kommt von Japan. Die engliſchen Gärtner behaupten, daß der „ Rambler “die größte Neuigkeit iſt ſeit dem Erſcheinen der „ American Beauty. “ Der „ Rambler “hat wahrſcheinlich ſeit Jahrhunderten in Japan exiſtirt. Der europäiſchen Welt aber gab ein Engländer erſt im Jahre 1890 die Species bekannt. Der „ Crimſon Rambler “erreicht eine Höhe von 15 — 20 Fuß in einem Sommer. Das Blätterweck iſt ſanſtgrün und bildet einen wunderbaren Hintergrund zu dem tiefen Roth der Blumen. Solch tiefes Roth war bisher bei Rankenroſen kaum bekannt. Das Roth iſt rein ſcharlach. Keine Färbung von Magenta iſt darin.
ſind, wie man den „ M. N. N. “von dort ſchreibt, von dem Provinzialrathe Weſtflan - derns dem Spielpächter Delloge aus Fontaine - bleau für die jährliche Pachtſumme von 363.000 Franken zugeſchlagen worden. Das niedrigſte Angebot betrug 213 333 Franken. Zu der Pacht - ſumme kommen noch beträchtliche Ausgaben an Steuern, von Abgaben an die Armen und für die Unterhaltung und Beleuchtung der Säle, ſo daß die Summe, die der Pächter in der kurzen Badezeit wieder herausſchlagen muß auf mindeſtens 500.000 Franken anzuſetzen iſt!
Gegenwärtig ſind, wie man den „ M. N. N. “aus Londen berichtet, 41,000.000 Pfund Sterling Capital in der Ocean-Telegraphie angelegt. Die elf, fünf verſchiedenen Geſellſchaften gehörigen, über den Atlantiſchen Ocean gehenden Kabel haben allein 14,750.000 Pfund Sterling gekoſtet. Die Oceankabel bringen keine reichlichen Zinſen, im Durchſchnitt nur 1 Percent; nur die „ Eaſtern Extenſion “und die „ South African Telegraphen - Geſellſchaft “ſind im Stande, 5 — 7 Percent Dollars zu zahlen.
Buluwayo, die jüngſt eroverte Hauptſtadt des Matebele-Königs, wird ſich bald einer Waſſerleitung und electriſchen Lichts erfreuen. Ganze Seiten der Londoner Zei - tungen ſind bedeckt mit dem Proſpect der „ Buluwayo Woterworks Company “, in dem das Publicum eingeladen wird, zu dem genannten Zweck 4 Mil - lionen Mark in 200,000 Actien zu zeichnen. „ Die Bevölkerung Buluwayos, ſo heißt es in dieſen Proſpecten, wächſt von Tag zu Tag und wird Ende des Jahres 5000 überſteigen. Die Stadt enthält bereits verſchiedene Hundert fertige Ziegel -, Holz - und Eiſengebäude, darunter Markthallen, eine Bank, einen Club, verſchiedene Hotels, Läden ꝛc. “— Die armen Matebele werden die Augen aufreißen, und wenn „ Lo Ben “von den Todten zurückkeh - ren könnte, würde er wohl heute ſchon ſein ge -[7]liebtes Buluwayo nicht mehr erkennen, wo er noch vor zwei Jahren in ungeſtörter ſchwarzer Maje - ſtät herrſchte. “
Der Motor, dieſes von den Herren Hildebrand und Wolf - müller in New-York conſtruirten Fahrrades be - ſteht, wie uns das Patentbureau J. Fiſcher in Wien mittheilt, aus zwei Cylindern, von welchen aus die Bewegung auf die beiden großen Hinter - räder mittelſt Gliederkette und Zahnrad über - tragen wird. Der Keſſel ſelbſt befindet ſich hinter dieſen Cylindern, iſt von ſphäroidiſcher Form und aus Stahl conſtruirt. Er iſt vollkommen mit Asbeſt oder anderem nicht entzündlichen Material in einer Lage von ½ Zoll Dicke bedeckt. Das Asbeſt iſt mit imprägnirender Flüſſigkeit getränkt. Wenn die Maſchine in Betrieb geſetzt werden ſoll, wird das flüſſige Feuerungsmaterial ent - zündet. Nach Ablauf von 15 Minuten iſt der Druck im Keſſel groß genug, um den Motor in Bewegung zu ſetzen. Der hiezu nöthige Mindeſt - druck erfordert 60 Pfund Dampf. Der Keſſel iſt jedoch auf 180 Pfund geprüft, ſo daß der Druck vermehrt werden kann, wenn eine größere Ge - ſchwindigkeit erforderlich iſt.
Der Samſtag ſtattfin - dende Miniſterrath wird über die zur Errichtung des Monumentes für die im Jahre 1870 ge - falleuen Soldaten beſtimmten Credite beſchließen und zugleich das genaue Programm der Grund - ſteinlegung feſtſetzen, die in feierlichſter Weiſe in Gegenwart aller öffentlichen Functionöre und der Vertreter der Armee und Marine demnächſt vor ſich gehen wird.
Wie „ Reuter’s Office “aus Shanghai vom Geſtrigen erfährt, herrſcht daſelbſt das Gerücht, daß die chineſiſche Regierung ſich weigere, für die Zurückgabe von Liao-tung irgend eine Zuſchlagſumme zur Kriegsentſchägigung zu zahlen.
Cardinal Fürſt Ruffo Scilla, der frühere Nuntius in München, liegt in Sterben.
Miniſterpräſident Crispi hielt heute im Teatro argentino eine Rode, in welcher er zunächſt der Verhältniſſe gedachte, unter denen er im Jahre 1893 die Regierung übernahm.
Immerhin hatte es anfangs den Anſchein, als ob das Gute ſich Platz machen würde, ſobald man nur von Reſultat ſah. In der That begann Italien, das ſich fähig gezeigt hatte, ſich noch eine Regierung zu geben, und welches die Regic - rung unterſtützt von der Sympathie des Landes, an ein überaus ernſtes Werk Hand anlegen ſah, wieder aufzuleben. Man war auf den guten Weg zurückgekehrt. Aber als wir nabe dem Ziele waren, wollte eine mißgünſtige Coalition das Parlament vom rechten Wege abbringen und das Land jählings wieder in ſein Unglück zurück - ſchleudern. Die nationale Tribüne wurde zur einer Kanzel für Verleumdung, die parlamen - tariſche Immunität zu einer Immunität für Beleidigungen. Der perſönliche Kampf, oder viel - mehr der Kampf gegen die Perſon, trat an Stelle ſachlicher Gegnerſchaft. Die Verleumdung iſt keine neue Waffe in der Politik. Sie hat in democratiſchen Ländern den Dolch und das Gift des Mittelalters erſetzt. Umſo mehr nahm man zu ihr Zuflucht, als der von irgend einem fal - ſchen David geſchleuderte Stein und die von einem fanatiſchen Mörder abgeſandte Kugel fehl - gegangen waren. Niemals war die Verleumdung ſo lärmend, ſo gewaltthätig und gleichzeitig ſo hinterliſtig, ſcharf, umfaſſend und geſchickt aufge - baut, wie jetzt. Man rechnete darauf, daß ein derartiger Kampf einen Mann, der am Ende einer langen, ermüdenden Laufbahn angelangt, vor allem den Frieden erſehnen mußte, anwidern würde.
Wenig hätte gefehlt, fuhr Crispi fort, und ich wäre vor dem neuem Syſtem, durch Ver - leumdung Miniſterkriſen hervorzurufen, zurückge - wichen, und das Land hätte die ſchmachvolle Be - kehrung zu einem neuen Hoſanna erfahren. Aber nicht von heute habe ich gelernt, für die Erfül -lung meiner Pflichten zu leiden. Demnach leiſtete ich Widerſtand, da es außerhalb der Regierung mehr als jemals politiſchen Nihilismus gab, und da der Kampf nicht ſo ſehr gegen den Menſchen als gegen das Syſtem gerichtet war, das er vertrat.
Crispi erwähnt ſodann die Vertagung der Kammern und preiſt die Erhaltung des Friedens.
Unſere Diplomatie hat es zu zeigen ver - ſtanden, daß unſere Intereſſen überall Hand in Hand gehen mit unſerem nationalen Ideal, von Marocco bis zum äußerſten Oſten, von einem Ende Amerika’s bis zum an[d]eren.
So wurde auch die andere Legende, daß unſere Politik ein: Politik der Herausforderung ſei, zerſtört. Das, was die Regierung in dieſem Puncte gethan hat, war durch Thatſachen ge - rechtfertigt. Die Regierung verhehlt ſich übrigens keineswegs, welch’ ſchwere, dringliche Abhilfe er - heiſchende Formen das ſociale Problem in Italien angenommen hat.
Crispi richtet ſodann eine warme Mahnung an die Wähler, ſich für die Regierung oder für die Gegner zn entſcheiden, welch’ Letztere ver - kappte Verſchwörer ſind, die zerſtören wollen und eine Coalition von Anarchiſten, Monarchiſten, Radicalen, Plebiscitären, Republikanern, Förde - raliſten, Socialiſten und Pſeudoconſervativen bilden. Selbſt wenn dieſe Gegner triumphiren ſollten, würde es ihnen nicht gelingen, irgend eine Regierung zu bilden; aber ſie werden nicht ſiegen. Das Dilemma, vor welches die Wähler geſtellt ſind, iſt ein einfaches und ernſtes; es iſt das Dilemma zwiſchen der nationalen Monarchie und der ſocialen, moraliſchen und politiſchen Anarchie. Dieſe Anarchiſten jeder Gattung zu be - kämpfen und dieſelben vom Parlament auszu - ſchließen, iſt die Aufgabe, welche heute allen guten Bürgern obliegt. Ich werde auf die Re - gierung an dem Tage gerne verzichten, an dem es mir gegönnt ſein wird, dies ohne Feigheit und ohne Beunruhigung für die Sicherheit der Inſtitution und für das Wohl des Landes thun zu können. Schaaren wir uns um den König und lenken wir unſere Blicke auf das Kreuz von Savoyen, das uns von der nationalen Fahne entgegenſtrahlt, und ſtimmen auch wir in den Ruf ein: „ In hoc signo vinces! “ (Stür - miſcher Beifall.)
Den Reigen der Tiſchreden bei dem geſtrigen äußerſt animirten und überaus zahlreich beſuchten Commers im Concertſaale des Thiergartens im Wiener Prater eröffnete das Mitglied des Central - Ausſchuſſes des Deutſchen Schulveréines, Dr. Wolfhardt. Er feierte in ſeiner, mit großem Beifall aufgenommenen Rede den Frieden und die Eintracht als die mächtigſten Förderer einer ſegensreichen Arbeit. Redner ſchloß mit einem ſtürmiſch acclamirten Hoch auf die deutſchen Gäſte aus Oeſterreich und dem Deutſchen Reiche. — Dr. Vogt ſagte: Die großen Culturaufgaben der Deut - ſchen enden keineswegs an den Grenzen[d]eutſchen Reiches, überall wo Deutſche und ihre Sprache bedroht erſcheinen, können ſie auf die Sympathie ihrer Brüder im Reiche rechnen, auf die Sym - pathie der Stammesbrüder desjenigen Staates, den treue Waffenbrüderſchaft und tauſendjähriges freundſchaftliches Zuſammenleben mit den Deut - ſchen in Oeſterreich innig verbündet. (Stürmiſche Proſitrufe.) Unſere großen Dichter und Denker ſind auch die Ihrigen und die Ihrigen ſind auch die unſrigen. (Großer Beifall.) Und ſie werden es bleiben, ſo lange wir unſere theure deutſche Mutterſprache hochhalten und da ſchützen, wo ſie gefährdet iſt. Ihrem herrlichen Vereine, der ſich dieſen Schutz zur Lebensaufgabe geſtellt, gilt mein Spruch: Hoch der Deutſche Schulverein! (Minutenlanger Beifall und Hochrufe.)
Obmann Dr. Weitlof ſagte: Kräftige Töne brauchen wir in Oeſterreich und junges kräftiges, friſches Leben in unſerem Verein! Die männliche und weibliche Jugend, die ich heute hier verſammelt ſehe, zeigt, daß auch der Nach - wuchs in unſere Fußſtapfen treten wird. Ich erhebe mein Glas auf die Einmüthigkeitin unſerem Verein, auf die unſerer Ceutralleitung am Herzen liegeuden wackeren Ortsgruppen, ins - beſondere aber auf unſere Frauenortsgruppen!
Frau Ohneſorg, Gattin des um den Deutſchen Schulverein hochverdienten Bürger - meiſters aus Auſſig, feierte, wiederholt von rau - ſchendem Beifall unterbrochen, die deutſche Mut - terſprache. Um Mitternacht hatte der Feſtabend den Höhepunct noch nicht überſchritten. Auch eine große Anzahl eingelangter Telegramme aus allen deutſchen Gauen des Kaiſerreiches gelangten zur Verleſung.
Auf dem Ausſtellungsplatze in Prag brach geſtern gegen ½10 Uhr Abends Feuer aus, zu einer Zeit, wo die Hauptmaſſe der Beſucher ſich bereits entfernt hatte. Plötzlich verlöſchten die electriſchen Bogenlampen und eine Feuerſäule ſtieg aus dem Maſchinenraume empor. Unter den Anweſenden entſtand eine große Panik. Der Maſchinenraum, ein langgeſtreckter, mit Dachpappe gedeckter Holzbau, war zerſtört und auch die Maſchinen hatten erheblichen Schaden genommen. Wie das Feuer entſtanden, iſt vorläufig noch nicht eruirt; man vermuthet jedoch, daß ein Fehler in der electriſchen Anlage die Urſache ſei.
Der Hoch - und Deutſch - meiſter Erzherzog Eugen beſichtigte geſtern mehrere dem deutſchen Ritterorden gehörige Schlöſſer, welche einer Renovirung zu unterziehen ſind. Heute iſt Erzherzog Eugen von Bozen nach Klagenfurt abgereiſt.
Der Präſideut des öſterr. Abgeordnetenhauſes Freiherr v. Chlumecky hat einen ſchweren Verluſt erlitten. Geſtern verſtarb nämlich in Purkersdorf deſſen Bruder Victor Ritter v. Chlumecky, Sectionschef im k. k. Landes-Vertheidigungsminiſterium. Der Verblichene hat ſich durch hervorragende Fortiſicationsarbeiten verdient gemacht.
In der heutigen Sitzung des Clubs der Vereinigten deutſchen Linken wid - mete Obmann Graf Kuenburg dem verſtor - benen Abg. Joſef Neuwirth einen warmen Nach - ruf. Durch Neuwirths Hinſcheiden habe die Partei abermals ein verdienſtvolles hervorragendes Mit - glied verloren. An dem heute ſtattfindenden Leichenbegängiſſe Neuwirths wird ſich der Ob - mann des Clubs der Vereinigten deutſchen Linken und zahlreiche Mitglieder desſelben betheiligten.
Die hiefige Statt - halterei hat den Hofrath Grafen Loſch nach Saybuſch entſendet, um dort Erhebungen über die bereits bekannten Ausſchreitungen gegen die Juden zu pflegen, ins - beſondere in der Angelegenheit des Advocaturs-Candidaten Dr. Sigmund Leſer. Die Bewohner von Saybuſch berufen ſich auf ein Gubernial-Decret vom Jahre 1809, nach welchem den Juden der Aufenthalt in Saybuſch nicht ge - ſtattet ſein ſoll.
(Getreide-Preiſe der königl. Haup[t -]ſtadt Olmütz) am Wochenmarkt, den 22. Mai 1895.) Weizen per Hectoliter —. —, 6.37, —. —, Korn —. —, 5.17, —. —, Gerſte —. —, 4.90, —. —, Hafer —. —, 3.26, —. —, Proſſo —. —, —. —, —. —, Erbſen —. —, —. —, —. —. Linſen —. —, —. —, —. —, Wicken —. —, —. —, —. —, Hanfſamen —. —, —. —, —. —, Leinſamen —. —, —. —, —. —, Mohn —. —, —. —, —. —, Heu 100 Kilo 4. —, 4.60, 5.20, Stroh 100 Kilo —. —, 2.10, —. —.
Druck von Joſef Groák in Olmütz.
Benjamin FiechterSusanne HaafNote: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T15:49:55Z grepect GmbHNote: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T15:49:55Z Amelie MeisterNote: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T15:49:55Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe
Fraktur
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