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Nr. 198. Olmütz, Montag den 31. Auguſt 1885. 6. Jahrgang.

Königinhof.

Königinhof! Der Name dieſer Stadt iſt viel - fach bekannt. In ihr ſpielte ſich vor mehr denn 50 Jahren jener ſeuſationelle Fälſchungsproceß ab, durch welchen Hanka, der große Patriot , in die ſpärliche Literatur ſeines Volkes ein alt - böhmiſches poetiſches Kunſtwerk einſchmuggeln wollte. Heute ſchwebt der Name Königinhof auf den Lippen des geſammten deutſchen Volkes in Oeſterreich; ja, ſelbſt über der Grenze des Reiches, in dem benachbarten Deutſchland iſt der Name in aller Munde. Nach allen Richtungen der Windroſe hat der Telegraph die Kunde von der blutigen Affaire getragen, welche am Sonn - tage in dem Auffindungsorte der gefälſchten - niginhofer Handſchrift ſich zugetragen hat. Wehr - loſe Deutſche wurden mißhandelt, weil ſie ein deutſches Feſt feierten, Gäſte aus den nahen Dör - fern und Städten durch Steinwürfe und Meſſer - ſtiche verwundet, weil ſie ſich erkühnten, inner - halb der vier Mauern eines Turnlocales deutſche Worte zu ſprechen, deutſche Lieder zu ſingen. Die Gensdarmerie mußte von der Schußwaffe Ge - brauch machen, um den fanatiſchen tſchechiſchen Pöbel, unter dem diesmal nicht die rohe Menge allein zu verſtehen iſt, zu hindern, ein förmliches Blutbad unter den verfolgten deutſchen Turnern anzurichten.

Fürwahr, ſagt die Reichenb. Ztg. es iſt weit gekommen im Lande Böhmen! Mit Mühe kämpfen wir die berechtigte Entrüſtung nieder, welche uns verleiten könnte, jenen Anklagen Aus - druck zu geben, über welche heute das ganze deutſche Volk in Oeſterreich ſich vollſtändig im Klaren iſt. Die öſterreichiſchen Preßverhältniſſe geſtatten esleider nicht, die letzten Conſequenzen zu ziehen aus einer Affaire, mit welcher der gebildete und ungebildete Mob von Königinhof der Geſchichte des tſchechiſchen Volkes in Böhmen ein bleiben - des Schandmal aufgedrückt hat. Empörender aber noch als dieſe Schandthat iſt die Art und Weiſe, mit welcher die tſchechiſche Lügenpreſſe dieſe Vorfälle zu verdrehen, die blutigen That - ſachen wegleugnen will. So Großes die offi - ciöſe Preſſe Oeſterreichs auch leiſtet in ſcharfen und hämiſchen Angriffen auf un - ſer Volk, Alles dies wird in Schatten ge - ſtellt durch jene impertinente Schreibweiſe, mit welcher die geſammte tſchechiſche Preſſe das Königinhofer Attentat gloſſirt. In heuchleriſcher Weiſe ſchreibt z. B. die Politik : Wenn es je aus Rückſichten des politiſchen Anſtandes ge - boten erſchien, daß die inneren Zwiſtigkeiten für einen Augenblick völlig zur Ruhe gebracht werden, ſo war dies ſicherlich der Fall in dem Augenblicke, da Kaiſer Franz Joſef einen frem - den Souverain auf ſeinem Gebiete als Gaſt be - grüßte . Und dieſe Mahnung erfrecht ſich Rieger’s Organ an die Deutſchen zu richten in demſelben Momente, wo nach dem Zwiſchenfall von Köni - ginhof eine erhebliche Auzahl mit Steinwürfen und Stockhieben tractirter Deutſchen ſchwer krank darniederliegt!

Selbſtverſtändlich haben nach Auffaſſung der tſchechiſchen Blätter die Deutſchen in Köni - ginhof wieder die Veranlaſſung zu den blutigen Exceſſen gegeben, ebenſo wie dies bei der Kuchel - bader Affaire der Fall ſein mußte. Die deut - ſchen Turner haben provocirt ſo heißt es in den tſchechiſchen Lügenberichten. Haben viel - leicht auch, ſo fragen wir, die deutſchen Frauen und Mädchen provocatoriſche Aeußerungen ge -than, welche die Taubennatur der Königinhofer Tſchechen derart in Harniſch brachten, daß man deutſchen Mädchen und Frauen in’s Geſicht ſpeien mußte? Solche Acte gemeinſter Rohheit noch entſchuldigen wollen, zeigt von der boden - loſen Niedrigkeit der Geſinnung, welche die fana - tiſirte tſchechiſche Preſſe beherrſcht.

Welches ſind aber die nächſten Folgen dieſes Exceſſes? Eine unbeſchreibliche Aufregung hat die deutſche Bevölkerung des Landes ergriffen, die in einer Weiſe ſich kundgibt, durch welche die Verſöhnungsära gekennzeichnet erſcheint. Aus Trautenau kommt unterm 28. d. Mts. die Meldung daß die Erbitterung über die Rohheit der Köni - ginhofer Tſchechen, trotz aller mäßigenden Ein - flüſſe, gewaltſam zu Repreſſalien ihre Zuflucht nimmt. Der Bürgermeiſter von Reichenberg muß der Bevölkerung die bekannten Geſetzesparagraphen in Betreff von Anſammlungen in Erinnerung bringen. Wir können wohl die ſichere Hoffnung hegen, daß alle Kreiſe jener Stadt zuſammen - wirken werden, um naheliegenden Revanchegelüſten ſofort zu begegnen.

Der Eindruck, den die Königinhofer Blut - affaire unter dem ganzen deutſchen Volke, ſelbſt im Auslande, hervorgebracht hat, darf und ſoll nicht abgeſchwächt werden durch nutz - und zweck - loſe Gegendemonſtrationen, auf die man tſchechi - ſcherſeits vielleicht warten mag. Die ſtramme Erfüllung nationaler Pflichten erſcheint uns An - geſichts der tſchechiſchen Rohheit in Königinhof angezeigter als fruchtloſe Demonſtrationen.

Politiſche Nachrichten.

(Ruſſiſche Journalſtimmen über die Kremſierer Kaiſer-Entrevue.)

Die Mehrzahl

Feuilleton.

Frau Wolter und der König von Baiern.

Von den Separatvorſtellungen des Königs Ludwig von Baiern, bei denen er ſelbſt zum Director und Regiſſeur wird, die Stücke aus - wählt, die Vertheilung der Rollen vornimmt und ſich ſelbſt die Modelle der Decorationen und Coſtüme zur Genehmigung vorlegen läßt, um dann als alleiniger Zuſchauer das Spiel der Künſtler zu genießen, von dieſer Laune des extra - vaganten Baiernkönigs iſt ſchon viel erzählt wor - den, aber ſo viel Ungereimtes und Unzureimendes, daß man thatſächlich nicht weiß, wo die Wahr - heit endigt und wo die Phantaſie ihre Clown - ſprünge beginnt. Es iſt daher intereſſant, über dieſen um ſeine Originalität willen anziehenden Gegenſtand endlich durch die Mittheilungen einer betheiligten und höchſt glaubwürdigen Perſönlich - keit ins Klare zu kommen, durch die Schilderung der berühmten Wiener Tragödin Charlotte Wolter (Gräfin O’Sullivan), welche dieſelbe, da ſie an einer der Separatvorſtellungen mitwirkte, dem Redacteur des Figaro , Albert Wolff, entwarf. Wir entnehmen der auf Grund dieſer Mitthei - lungen veröffentlichten feſſelnden Darſtellung des geiſtreichen franzöſiſchen Journaliſten das Nach - ſtehende:

Frau Wolter ſpricht von dieſer myſteriöſen Vorſtellung vor dem launenreichen Monarchen als von dem eigenartigſten Ereigniſſe ihrer künſt - leriſchen Laufbahn. König Ludwig hatte ſeinem Intendanten befohlen, für die große Künſtlerin Sardou’s Theodora in Scene zu ſetzen, eine Rolle, welche ſie im nächſten Winter im Burg - theater darſtellen wird; allein Frau Wolter wußte noch kein Wort von der Rolle und em - pfand durchaus nicht den Drang oder die Luſt, ſie direct für Se. Majeſtät zu ſtudiren. Sie machte dies dem Intendanten klar, und der König, welcher vom frühen Morgen bis zum ſpäten Abend nicht zu befehlen a[u]fhört, befahl denn, der Künſtlerin mitzutheilen, daß ſie die Ehre haben werde, vor Ihm in Brach - vogel’s Drama Narciß die Madame de Pompa - dour zu ſpielen und befahl weiter, das alte Stück mit neuen, prachtvollen Decorationen und der Zeit, in welcher es ſpielt, ent - ſprechenden, echten Möbeln auszuſtatten, welche ſeinen Sammlungen zu entnehmen ſeien.

Man kann von dieſen Separatvorſtellungen füglich behaupten, daß ſie die größte Leidenſchaft des Königs bilden. Alles, was in denſelben ver - wendet wird, darf niemals das Publicum er - blicken. Der König hat daher für jedes Stück ſein beſonderes Decorationsmaterial und er ge - ſtattet nicht, daß ihm ein Bühnenwerk in der - ſelben Geſtalt vorgeführt werde, in welcher es die große Maſſe ſieht. So wurde z. B. Theo -dora für den Monarchen mit allem Pomp und Luxus des Theaters de la Porte-Saint-Martin ausgeſtattet; damit der Intendant nicht zu wenig thue, reiſte König Ludwig incognito nach Paris, ſah dort das Drama und ordnete für die Mün - chener Separat-Aufführung noch einige koſtbare Verſchönerungen an, mit denen Paris übertrumpft werden ſollte. So koſtete die misse-en-scene hundertfünfzigtauſend Francs und das Stück wurde zweimal aufgeführt, das erſte Mal um 9 Uhr Vormittags, das zweite Mal um 6 Uhr Nachmittags. Dann wanderten Decorationen und Coſtüme in die Garderobe und gegenwärtig wird für die öffentlichen Aufführungen desſelben Stückes eine neue, weitaus beſcheidenere Ausſtattung her - geſtellt. Ein noch fabelhafterer Luxus wird in den Feerien entwickelt, welche ſich der König von Zeit zu Zeit von einem ſeiner Hofdichter ver - faſſen und einmal vorſpielen läßt; dieſe Dich - tungen gelangen niemals zur Kenntniß der Oeffentlichkeit und die Poeten begnügen ſich mit dem Honorare.

So ſollte denn auch Narciß mit beſon - derem, des Genies der gaſtirenden Künſtlerin würdigen Glanze wie es in der königlichen Ordre hieß in Scene gehen. Der König hatte die Vorarbeiten mit größter Sorgfalt bewacht, gewohnheitsgemäß die Modelle der Decorationen geprüft und die Coſtümſkizzen höchſt eigenhändig corrigirt; er wollte ſich dieſe Vorſtellung zu einem beſonderen Feſte geſtalten.

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der ruſſiſchen Blätter hat die Kremſierer Kaiſer - Zuſammenkunft und die dabei zu Stande ge - kommene Annäherung zwiſchen Oeſterreich und Rußland mit Freude und Genugthuung begrüßt. An der Spitze dieſer befriedigenden Kundgebung ſteht die hochofficiöſe Aeußerung des Journal de St. Pétersbourg, welche bereits vor mehreren Tagen auf telegrafiſchem Wege mitgetheilt wor - den iſt, und die gewiſſermaßen als eine für ganz Europa beſtimmte Manifeſtation der ruſſiſchen Regierung zu betrachten ſein dürfte. Nun, nach - dem das diplomatiſche Organ der ruſſiſchen Reichskanzlei geſprochen hat, beeilen ſich auch die anderen Blätter, die Entrevue von Kremſier als ein neues Unterpfand für die Aufrechterhaltung des europäiſchen Friedens zu bezeichnen.

Das größte Intereſſe verdient die Aeußerung des in der ruſſiſchen Nachbarprovinz erſcheinenden amtlichen Dniewnek Werszawski. Das ruſſiſche Regierungsblatt bemerkt unter Anderen:

Wir hoffen, daß die engere Annäherung an Oeſterreich-Ungarn den verſchiedenen Ausbrüchen von Ruſſophobie, den verſchiedenen ſchwarzen Puncten , welche auf Seite Oeſterreichs in Cis - und Transleithanien und nach der Skierniewicer Entrevue auftauchten, ein Ende machen wird. Seit der Zeit dieſer Entrevue hat, ſo viel wir uns erinnern können, weder in den ruſſiſchen Regierungs-Sphären noch in unſerer Preſſe, noch in irgend einer der Erſcheinungen unſerer öffent - lichen Meinung auch nur eine ſtörende, falſche Note ſich vernehmen laſſen, welche durch ihre ſcharfe Diſſonanz unſere wieder befeſtigten freund - ſchaftlichen Beziehungen zu Oeſterreich hätte ſtören können; unſere ſüdweſtlichen Nachbarn thäten Un - recht, wenn ſie ſich über uns beklagen würden. Aber in einigen Provinzen des öſterreichiſch-un - gariſchen Reiches, welche zu nennen überflüſſig wären, wurden Demonſtrationen verübt, welche offen feindſelig gegen Rußland waren. Wie ſoll man dieſe Allen bekannte Thatſache erklären? In einigen dieſer Fälle kann die öſterreichiſche Regie - rung ſich auf den bekannten Dualismus und die Unabhängigkeit Transleithaniens, ſeiner Preſſe und öffentlichen Meinung berufen. Doch kann dieſe Unabhängigkeit nicht an die Abſurdität rei - chen und ſo weit gehen, daß die Linke nicht wüßte, was die Rechte thut , und dann wird die Richtung der äußeren Politik und der Charac - ter der Beziehungen zu den fremden Mächten in Wien und nicht in Peſt beſtimmt. Im zweiten Falle erſcheint die conſtitutionelle Freiheit der Preſſe, der Verſammlungen u. ſ. w. als eine ſehr gute Aufklärung. Iſt das aber eine Recht - fertigung? Gegenüber der Preſſe macht die öſter - reichiſche Regierung nicht viel Weſens, ſobald es ihr nicht paßt, und ſehr häufig finden Conſis - cationen und gerichtliche Verfolgungen ſtatt ... Jedes Einvernehmen iſt nur bei Gegenſeitigkeit der von demſelben allen Theilnehmern auferleg - ten Verpflichtungen feſt, bis heute hat es aber leider dieſe Gegenſeitigkeit nicht gegeben. GrafTaaffe wurde ohne Zweifel zu dem Zwecke nach Kremſier berufen, damit er die Möglichkeit habe, ſich an Ort und Stelle mit den beiden Miniſtern des Aeußern zu beſprechen, von denſelben die Re - ſultate ihrer Berathungen zu erfahren, ſich von den von ihnen feſtgeſetzten Principien durchdrin - gen zu laſſen und die innere Politik, beſonders in Bezug auf Galizien, in die gehörige Ueber - einſtimmung mit der auswärtigen zu bringen ...

Eine merkwürdige, vielleicht nicht ganz un - gerechtfertigte Auffaſſung der Folgen der Entrevue hat der Petersburger Herold . Dieſes Blatt will ſich von Combinationen fernhalten und nur die eminente Bedeutung der Kaiſer-Begegnung für den europäiſchen Frieden betonen. Natürlich nur für den europäiſchen , fügt der Herold hinzu.

( Die ſlaviſche Idee. )

In einem Artikel über die Kremſierer Entrevue führen die Nár. Liſty aus, daß die ſlaviſche Idee wieder ſtärker auflebe, daß jedoch der Auſtroſlavismus , wel - cher den öſterreichiſchen Slaven als ein Surrogat für die ſlaviſche Idee vorgelegt worden ſei, kein Slavismus ſei. Das Jungtſchechenblatt citirt ſo - dann einen Ausſpruch Havličeks’s, daß Rußland unſer reicher Onkel ſei. Aber auch der große Herr Onkel müſſe gegenüber ſeinen kleineren Verwandten ſeine Pflicht thun. Wir fühlen ſehr wohl unſere politiſche Unzulänglichkeit im Augen - blicke, wo Onkelchen Czar Gaſt auf dem ge - heiligten Boden unſeres Königreiches iſt und wir mit Anſpannung aller Kräfte mit Noth erreicht haben, daß an die Begrüßungsanſprache im frem - den Idiom zum Schluſſe zwei oder drei Worte unſeres ſlaviſchen Idioms hinzugefügt wurden. Allein die Maſſen unſeres Volkes, deren begei - ſtertes Hoch! über Cylinder und Tſchakos direct zum Herzen des weißen Czaren flog, gaben deut - lich zu erkennen, wie und was wir fühlen und hoffen im Augenblicke, wo die beiden ſlav. Impe - ratoren ſich freundſchaftlich die Rechte drücken.

(Die Königinhofer-Affaire und die Politik.)

Unter der Wirkung der Angſt vor den möglichen Folgen der Königinhofer Affaire weint die Politik wahre Krokodilsthränen, indem ſie ſchreibt:

Wir ſtehen auf dem Puncte, die Sympa - thien als Culturvolk zu verlieren. Wir ſind be - droht, auch die Freundſchaft unſerer heutigen politiſchen Verbündeten im Inlande zu verlieren. Videant consules! Schon tauchen in den pol - niſchen und conſervativen Blättern Stimmen auf, die uns tadeln, und leider Gottes iſt die Art, wie ein Prager gewiß gut nationales Blatt manche Fragen behandelt, ganz danach angethan, Jenen das Handwerk zu erleichtern, die uns voll - ſtändig iſoliren wollen. Haben wir denn um des Himmelswillen nicht ſchon Gegner und Feinde genug, und iſt ihre politiſche Poſition ſo feſt, daß wir kühn allen Eventualitäten durch die eigene Kraft die Spitze bieten könnten? Es gibt keine unglückſeligere Phraſe bei uns, als daß die Tſche - chen immer dann am ſtärkſten waren, wenn ſiedie halbe Welt gegen ſich hatten. Auf Taus folgte Lipan, auf deu Fenſterſturz der Weiße Berg. Man wiege ſich nicht in optimiſtiſchen Träu - men, man erwarte nichts von dem im Völker - leben ſo trügeriſchen Geſetze der Wahlverwandt - ſchaft. Die Sache unſeres Volkes iſt heute ernſt - lich gefährdet, und täuſchen wir uns nicht, die Ausbeutung der Königinhofer Vorfälle verfehlt ihre Wirkung nicht, weder nach Unten noch nach Oben. Wenn die Verblendeten von Königinhof wüßten, welches maßloſe Unheil ſie angerichtet haben, ſie müßten ſich das Haar vom Kopfe reißen und blutige Thränen weinen. Aus all dieſen Jammerrufen ſpricht nur die Angſt des böſen Gewiſſens.

(Die Vorgänge in Reichenberg.)

In Reichenberg ſind in den letzten Tagen Anſamm - lungen von Lehrlingen und Handwerksburſchen vorgekommen, über welche die Bohemia folgen - des berichtet: Nach amtlichen Erhebungen wur - den in den letzten drei Tagen bei drei deut - ſchen und bei drei tſchechiſchen Inwohnern 52 Fenſterſcheiben eingeſchlagen. Einer der Thäteer, ein 17jährige Schloſſerlehrling wurde verhaftet, und dem Strafgerichte eingeliefert. Von einem Ueberfalle und einer Durchprügelung Reichen - berger Tſchechen iſt keine Rede .

Die Reichenberger Tſchechen benützten dieſe Vorkommniſſe um an den Abgeordneten Trojan folgendes Telegramm abzuſenden: Seit drei Tagen bereits werden die Reichenberger Tſchechen ohne jegliche Urſache zu Hauſe und auf der Straße bedroht, überfallen und geprügelt. Geſtern wurden abermals in mehreren Orten den Tſche - chen mit bis zu zwei Kilogramm ſchweren Steinen die Fenſter eingeſchlagen. Die Polizei iſt ohn - mächtig und bitten wir um ſchleunigſte Abhilfe .

Wie verlogen dieſe Meldung iſt geht aus dem nachfolgenden Berichte der amtlichen Prager Zeitung hervor, welcher derſelben aus Reichenberg zugeſendes wurde und lautet:

Die Vorfälle in Königinhof haben hier insbeſondere in den niederen Schichten der Bevölkerung eine hochgradige Erregung hervorgerufen, welche zur Folge hatte, daß ſich vor der Beſeda Anſamm - lungen bildeten und in der vorgeſtrigen Nacht von unbekannten Thätern drei Fenſter der Beſeda eingeſchlagen wurden. Auch ſoll geſtern Nachts ein Setzer in der Karlsgaſſe von jungen Leuten überfallen und mißhandelt worden ſein. Die an beiden Tagen vor der Beſeda angeſammelte Menge beſtand faſt ausſchließlich aus Lehr - lingen und Handwerksburſchen. Die Wachorgane ſchritten energiſch ein, ſo daß es zu keinen weiteren Exceſſen kam. Die Strafhandlung wurde eingeleitet und wurden umfaſſende Sicher - heitsvorkehrungen getroffen.

Aber bald wäre Sr. Majeſtät die Freude zu Waſſer geworden durch einen Zwiſchenfall, auf welchen weder der an unbedingten Gehorſam gewöhnte Monarch, noch auch ſein Intendant gefaßt ſein konnten. Frau Wolter hatte ihre Coſtüme nach München mitgebracht, allein der König wollte nicht zugeben, daß ſie vor ihm in einem Kleide erſcheine, welches bereits durch gewöhnliche Sterb - liche applaudirt worden, während er ſelbſt die für ſie beſtimmten Gewänder entworfen hatte. Aber die Künſtlerin blieb feſt gegenüber der königlichen Laune und erklärte, ſie ſei gewohnt, in ihren eigenen Coſtümen zu ſpielen und nicht geneigt, von dieſer Gewohnheit abzugehen. Ein alter Kammerherr, der bei der Geburt des Königs zugegen geweſen und einzig das Vorrecht genießt, direkt mit dem Souverän zu verkehren, über - nahm die Verhandlungen und führte ſie zu gutem Ende. Der König ließ der Künſtlerin ihren Willen, wahrte jedoch die Form, indem er ſich die Coſtüme ins Schloß bringen ließ, ſie dann genehmigte. Zugleich ordnete er die Vorſtellung für die Mit - ternachtsſtunde des nächſten Tages an.

Frau Wolter gab mir eine bis in die ge - ringſten Details gehende Schilderung dieſer Thea - ternacht, wobei ſie eine große Ehrerbietung gegen ihren unſichtbaren Zuſchauer bekundete. Sie er - blickt in der Theatermanie des Königs nichts, als wahre Begeiſterung für ihre Kunſt. Es ſcheine, daß das Theater den König in eine Art von Ekſtaſe verſetzte Leute ohne Ehrfurcht wür -den Hallucination ſagen während welcher er ſich einbildet, wirklich in jener Epoche zu leben, welche vor ſeinen Augen dargeſtellt wird. Ueber die Vorſtellung ſelbſt erzählte mir die berühmte Künſtlerin, der ich nun das Wort überlaſſe, das Folgende:

Um halb 12 Uhr waren die Schauſpieler auf der Bühne verſammelt. Es herrſchte eine abſolute Stille. Durch den Vorhang konnte man wahrnehmen, daß nur die Lampen der Rampe brannten, im übrigen Theile des Saales herrſchte die tiefſte Finſterniß. Genau um Mitternacht er - hielt der Intendant durch ein electriſches Signal die Anzeige, daß der König ſoeben ſeinen Palaſt verlaſſe, um ſich in das Theater zu begeben. Er benützt hiezu eine ſpärlich beleuchtete Galerie, die von Hellebardieren bewacht iſt, damit kein pro - fanes Auge das Antlitz des Herrſchers erblicken könne. Ein zweites Signal zeigte an, daß der König in ſeiner Loge Platz genommen habe ganz allein. Sofort erhebt ſich der Vorhang, denn wenn eine Verzögerung ſelbſt nur von einer Minute einträte, würde ſie zuverläſſig die Abſetzung des Intendanten nach ſich ziehen. Der König läßt keinen Grund dafür gelten, daß man Se. Majeſtät warten laſſe. Er iſt das ſtrahlende Geſtirn ſeines Zeitalters und würde gerne zu - geben, daß man ihn den Roi-Soleil nenne, wenn nicht Ludwig XIV. dieſen Titel vor ihm geführt hätte.

Als der Vorhang aufgezogen war, überfielmich zwiſchen den Couliſſen, wo Niemand zu ſprechen wagte ein nervöſes Zittern. Wie ſollte ich vor dieſem leeren und finſteren Saale ſpielen? Endlich betrat ich die Scene. Ich, die ich ge - wohnt bin, vor gedrängt vollen Häuſern zu ſpielen, ſah mich nun dem Nichts gegenüber. Ich ſtrengte mich vergebens an, durch die Finſterniß hindurch ſelbſt nur die Umriſſe der Perſon mei - nes einzigen Zuſchauers wahrzunehmen. Nichts! Es fehlte mir der zwiſchen dem Publicum und den Künſtlern beſtehende electriſche Contact. Zum erſten Male befand ich mich in einer ſo aben - teuerlichen Lage und es bedurfte großen Muthes, um nicht den Kopf zu verlieren. Was mich auf - recht erhielt, war der Gedanke, daß mein unſicht - barer Zuſchauer großen Sinn für die Kunſt be - ſitzt und daß man bei dieſem König, abgeſehen von ſeinen Excentricitäten, eine wahre Leidenſchaft für meine Kunſt fände. Dieſer Gedanke war für mich ſchmeichelhaft und gab mir meine Ruhe wieder. Ich wußte, daß der König mich nicht aus dem Auge ließ, daß er in ſeiner Loge ſaß, in vollſtändiger Sammlung und Aufmerkſamkeit und ſo tief in Ekſtaſe verſunken, daß er ſelbſt den Athem zurückhielt, um nicht ſeine Anweſenheit zu verrathen und um ſich nicht ſelbſt zu ſtören. Dies Alles war mir neu und fremd. Es ſchien mir, als ſpiele ich meine Rolle im Traume und ich glaube, daß ich ſie nie in ſo fieberhafter Stim - mung ſpielte.

Was mich einigermaßen aus der Faſſung

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Allg. öſterreichiſcher Müllertag in Wien. (Original-Bericht des Mähr. Tagblattes .)

Als Einleitung zu dem morgen und über - morgen in Wien abzuhaltenden XIII. interna - tionalen Saatenmarkte haben heute hier mehrere Verſammlungen ſtattgefunden. Zunächſt hielt der Verband öſterreichiſcher Müller - und Mühlen-Intereſſenten im kleinen Saale der Wiener Frucht - und Mehlbörſe unter dem Vorſitze ſeines Präſidenten Lutter ſeine Ge - neralverſammlung. Der in derſelben erſtattete Jahresbericht gedenkt der Thätigkeit des Vereins bei diverſen gewerblichen Fragen, welche insbe - ſondere durch das Inslebentreten der neuen Ge - werbeordnung aufs Tapet gebracht wurden, erwähnt ſeiner Stellungnahme in der Lloyd-Enquete, bei der Einführung des öffentlichen und mündlichen Verfahrens im Civilproceſſe, ferner in der Tarif - Enquete, in der Frage der Verlegung der Frucht - und Mehlbörſe ꝛc. Schließlich beklagt er es, daß nationale und politiſche Animoſitäten auch bei materiellen Intereſſenfragen einen Hemmſchuh zur Fortentwicklung gemeinnütziger Beſtrebungen bil - den. Nach Entgegennahme des Caſſaberichtes folgte die Wahl von 25 Ausſchußmitgliedern, von denen folgende zugleich dem Vorſtande der Wiener Frucht - und Mehlbörſe angehören: Fr. Grager (Fiſchamend), Carl Lutter (Wienersdorf), Paul v. Schöller (Ebenfurth), Ig. Seidl (Traut - mannsdorf), Fr. Vogel (Simmering) und C. Volk (Fiſchamend). Zum Schluſſe hielt Herr Vincenz Till einen Vortrag über Weizen - ſchälung. Seine Ausführungen, welche ein Schachzug gegen das Mühlenweſen waren, ſtie - ßen auf heftige Oppoſition und wurde zur Prüfung der von der Verſammlung mit Kopf - ſchütteln aufgenommenen Reformen des Mahl - verfahrens ein unparteiiſches ſachverſtändiges Co - mité eingeſetzt.

An dieſe Verſammlung ſchloß ſich der allge - meine öſterr. Müllertag, welcher jedoch nur ſchwach beſucht war. Es handelte ſich zunächſt um eine Beſprechung der nachtheiligen Rückwirkungen einzelner Beſtimmungen des VI. Hauptſtückes der Gewerbeordnung und wurden nach längerer De - batte, in welcher insbeſondere die Frage ventilirt wurde, ob die Müller ſich als Fabrikanten oder als Gewerbetreibende declariren ſollen, folgende Anträge zum Beſchluſſe e[r]hoben:

1. Als nicht fabriksmäßig betriebene Mühlen ſollen jene betrachtet werden, welche weniger als 20 Arbeiter beſchäftigen; insbeſondere aber jene Mühlen, welche ausſchließlich im Taglohn arbeiten und die zu ihrem Betriebe weniger als 60 Pferdekräfte benöthigen. 2. Den continuirlich be - triebenen Mühlen ſoll auch am Sonntag das Mehlfaſſen zur Entlaſtung der Arbeitsmaſchinengeſtattet ſein, ebenſo den Lohmühlen das Auf - und Abladen. 3. Den fabriksmäßig betriebenen Mühlen ſoll wöchentlich einmal eine Arbeits - ſchicht von 24 Stunden geſtattet ſein. Die Verſammlung acceptirte weiters eine Reihe von Vorſchlägen zur Beſſerung der gegenwärtigen Lage des Mühlengewerbes. Dieſelben lauten:

1. Der Beitritt ſämmtlicher öſterr. Müller zu dem öſterr. Mühlenverbande iſt im Intereſſe der öſterr. Mühleninduſtrie erwünſcht. 2. Bei Handelsverträgen mit fremden Staaten ſoll auf die öſterr. Mühleninduſtrie hinſichtlich des Mehl - exportes beſonders Rückſicht genommen werden. 3. Der Abſchluß eines Zollbündniſſes mit Deutſch - land iſt im Intereſſe der öſterr. Mehlinduſtrie wünſchenswerth. 4. Die Fracht-Tarife der öſterr. Bahnen ſollen mindeſtens den deutſchen gleichge - ſtellt werden. 5. Die Tarife der öſterr. Bahnen ſollen keine Bevorzugung auswärtiger (auch un - gariſcher) Mühlen, weder im Local -, noch im directen, noch im Tranſit-Verkehr enthalten. 6. Eine einheitliche Regelung der öſterr. Waſſer - geſetze iſt dringend nöthig.

Dreizehnter internationaler Ge - treide - und Saatenmarkt in Wien.

(Orig. -Telegr, des Mähr. Tagblattes .)

Heute wurde hier der 13. internationale Getreide - und Saatenmarkt abgehalten. Derſelbe war ſehr gut beſucht. Von Seite der Regierung war ein Vertreter erſchienen, ebenſo Vice-Bür - germeiſter Dr. Prix, welche beide Anſprachen an die Verſammlung hielten. Hierauf begrüßte der Präſident der Wiener Frucht - und Mehlbörſe Herr Wilhelm Naſchauer die Verſammlung.

Rede des Herrn Wilhelm Naſchauer.

Geehrte Verſammlung!

Die Anerkennung, welche unſerem Streben durch die ſoeben vernommenen Worte des hochver - ehrten Vertreters der kaiſerlichen Regierung und des Herrn Vice-Bürgermeiſters der Stadt Wien geworden iſt, ſo wie die ſehr erfreuliche That - ſache, daß Delegirte ſo vieler ausländiſcher Cor - porationen, landwirthſchaftlicher Vereine und induſtrieller Geſellſchaften ſich an unſeren Arbeiten betheiligen, muß der Leitung des Wiener Saaten - marktes, der dem internationalen Verkehr von Getreide zu dienen beſtimmt iſt, zur hohen Be - friedigung gereichen, in einer Zeit, welche dieſen internationalen Beziehungen ſo wenig günſtig ge - ſtimmt iſt, daß an vielen Orten die Neigung beſteht, Fremde, ja Freunde, die Brod ins Land bringen, als Feinde anzuſehen und zu behandeln, einer Zeit, in welcher die wichtigſten continen - talen Staaten zur Abweiſung von Getreide und Mehl nahezu unüberſchreitbare Zollſchranken er -richtet haben oder zu errichten im Begriffe ſind. Dieſe Anerkennung, für welche ich im Namen der Wiener Frucht - und Mehlbörſe verbindlichſt danke, ſowie der Umſtand, daß Tauſende Intereſſenten aus den verſchiedenſten Staaten und nicht zum gering - ſten Theile aus mit prohitivartigen Zollſyſtemen kämpfenden Ländern, unſere Verſammlung beſuchen, bekunden den unlösbaren Zuſammenhang der Märkte und müſſen uns Muth einflößen, die internatio - nalen Beziehungen des Getreidehandels, trotz Allem weiter zu pflegen, uns überzeugen, daß die Erkenntniß der Undurchführbarkeit einer dauernden künſtlichen Erhöhung der Getreidepreiſe noch nicht allen Boden verloren hat und in uns die Hoffnung ſtärken, daß die Macht der That - ſache über kurz oder lang einen Irrthum beſei - tigen werde, der allen Betheiligten nur Wunden zu ſchlagen geeignet iſt; denn die Sprache der Märkte iſt in wirthſchaftlichen Dingen nicht ſelten eindringender als vieles Andere und wenn man ſieht wie in dieſem Jahre trotz des Umſtandes, daß in dem gefürchteten America in New-York Weizen um circa 12½ fl. per Meterzentner mehr koſtet als in Wien, die Landwirthe aller europäiſchen Staaten gleichviel ob mit oder ohne hohe Schutzzölle ſich in ſehr gedrückten Verhältniſſen befinden, ſo muß dies, ſelbſt in den maßgebendſten Kreiſen, ernſte Zweifel darüber anregen, ob es möglich ſei, eine Calamität mit ſo tief liegenden Urſachen, wie die des Sinkens der Grundrente in Europa, auf eine ſo einfache, ich möchte ſagen mechaniſche Art, wie ſie die Errichtung von ſimplen Zollſchranken[i]ſt, in befriedigender Weiſe zu löſen! Wir dürfen alſo hoffen, daß das Princip: Jedermann Das - jenige erzeugen zu laſſen, wozu er am Beſten die Eignung beſitzt und ihn in der Verwerthung ſeines Productes in keiner Richtung zu behindern, wieder einmal allgemein zur Geltung gelangen werde. In Erwartung dieſer allerdings nicht nahen Eventualität, wollen wir unſerer auf Cultivirung eines, möglichſt weite Gebiete um - faſſenden Getreideverkehrs abzielende Inſtitution wenn dieſelbe auch momentan angeſichts eines Zolles in Deutſchland von 3 M. für 100 Kilo Weizen, von M. für Mehl, in Frankreich von 3 Frcs. für Weizen, von 6 Frcs. für Mehl in geſchäftlicher Hinſicht nicht mehr die einſtmalige Bedeutung haben kann, doch die weitere Pflege nicht verſagen, durch thunlichſte Aufrechthaltung der kaufmänniſchen Beziehungen, ſo weit dies heute noch möglich iſt, Mangel und Ueberfluß ausgleichen helfen, hauptſächlich aber durch fortgeſetzte Bekanntgabe unſerer verläßlichen Ernteberichte, den Blick der Intereſſenten, von den localen Marktverhältniſſen ablenken, und deren Geſichtskreis hinſichtlich der Urſachen der Preis-Ent - wicklung auf dem Weltmarkte erweitern, deſſen Erſcheinungen in ihren Wirkungen ohne Ausnahme maßgebend bleiben, für das Steigen und Fallen der Getreidepreiſe in allen Staaten, mögen ſich einzelne derſeben auch noch ſo ſehr vom allge -

brachte , ſo fuhr Frau Wolter fort, war der Umſtand, daß der unſichtbare König am Schluſſe des Actes kein Zeichen des Bei - falles gab. Allein man bequemt ſich, ſo raſch ſelbſt den ungewohnteſten Eindrücken an, daß ich ihm für ſein Stillſchweigen Dank wußte. Man hat über die Manie des Königs, ausſchließ - lich für ſeine Perſon Schauſpiele aufführen zu laſſen, viel geſpöttelt, aber ich muß geſtehen, daß ich ſie vollkommen begreife. Der König hält in dieſer Weiſe Alles fern, was den Künſtler und den Zuhörer ſtören kann. Es gibt da keine laut geſprochenen kritiſirenden Bemerkungen, kein Rücken der Sitze, kein Geräuſch der Fächer, nichts, als das dramatiſche Werk, die Darſteller desſelben und den einzigen Zuſchauer, den wir ſo ſehr in die Welt der Illuſion verſetzen, daß er die wahre Pompadour zu ſehen glaubt, daß er die Dichtung für Wahrheit hält. Ich ſage nicht, daß es mir angenehm wäre, immer unter ſolchen Umſtänden zu ſpielen, allein es iſt mir lieb, daß ich auch dieſe Probe durchmachte, denn ich wurde durch einen neuen Eindruck meiner Kunſt bereichert.

Als gegen 4 Uhr Morgens der letzte Act zu Ende und der Vorhang gefallen war, befahl man uns, bewegungslos auf der Bühne zu blei - ben, damit der König nicht geſtört werde. Er pflegt nämlich noch einige Zeit lang in der Loge bleiben und über das, was er geſehen, nachzuſinnen, wie ein Menſch, dem es Mühe koſtet, wieder in die Wirklichkeit zurückzukehren. Endlich belehrte uns ein Glockenzeichen, daß Se. Majeſtät das Theater verlaſſen habe und daß wir frei ſeien. Bald darauf erhielt ich den Beſuch des alten Kammerherrn, der mir von Seite des Königs ein ungeheures Bouquet über - brachte und dabei alle Titel Sr. erhabenen und huldreichen Majeſtät, angefangen vom König von Baiern bis zum beſcheidenen Landgrafen von Bayreuth es waren wohl an zwanzig mit nachdrücklicher Betonung herzählte. Zugleich überreichte er mir einen Schmuckgegenſtand. Ich bat den Kammerherrn, daß er den Ausdruck mei - ner Dankbarkeit Sr. Majeſtät überbringen möge, allein er antwortete, es ſei üblich, daß die Künſt - ler dem Könige ſchriftlich danken müſſen. Ich war zum Umfallen müde und entgegnete daher, daß ich am nächſten Morgen die Ehre haben würde, Sr. Majeſtät zu ſchreiben. Darauf erwiderte der alte Herr, m[a]n dürfte den König nicht war - ten laſſen, Se. Majeſtät erwarte das Dankſchrei - ben zur feſtgeſetzten Stunde; übrigens werde er die Ehre haben, mir den Brief in der durch das Hofceremoniel vorgeſchriebenen Form zu dictiren. Ich fügte mich und um 5 Uhr Morgens konnte ich endlich in meine Wohnung zurückkehren. Ich habe den König weder vor, noch während, noch nach der Vorſtelung geſehen; er kreuzte meine künſtleriſche Laufbahn, wie ein unſichtbarer Schatten. Selbſt in dieſem Augenblicke frage ich mich noch, ob das Alles auch wahr ſei und ob ich Ihnen nicht einen Traum erzähle.

So weit die Erzählung der Frau Wolter. Und wie verhält es ſich denn , fragte ich hier - auf mit der berühmten Million, die der König Ihnen geſchickt haben ſoll? Die große Künſtlerin antwortete lächelnd, ſie habe außer dem erwähn - ten Schmuckgegenſtand nur eine unbedeutende Summe erhalten; ſie ſei übrigens zufrieden, denn ſie habe nicht wegen des Geldes, ſondern wegen der Ehre geſpielt.

Uebrigens bin auch ich, fügt Albert Wolff hinzu, in der Lage, verſichern zu können, daß der König von Baiern vorläufig nicht mit den Millio - nen herumwirft. Se. Majeſtät läßt ſich ſeit fünf - zehn Jahren außerordentlich koſtſpielige, phan - taſtiſche Paläſte bauen, in welche Niemand eintre - ten darf. Nun iſt die Civilliſte auf dem Trockenen; die Unternehmer weigern ſich, die Aufträge des Königs auszuführen, die Lieferanten ſind wider - ſpenſtig. Allein der König, der in einer Welt von Chimären lebt, kümmert ſich um ſolche elende Details nicht; er fordert von ſeinem Schatzmeiſter Millionen, die der Bedauernswerthe nicht in der Caſſe hat. Nichtsdeſtoweniger fährt Se. Majeſtät in einer ſolchen Lebensweiſe fort, als ſtünden ihm die unerſchöpflichen Schätze aus T[auſe]nd und eine Nacht zu Gebot. Die Sache iſt ſchon ſo verwickelt, daß die baieriſchen Kammern wohl ge - zwungen ſein werden, eine gewiſſe Zahl von Mil - lionen zur Bezahlung der Schulden des Königs zu votiren. Und dann kann Se. Majeſtät von Neuem anfangen.

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meinen Verkehre abſchließen wollen! Und ſo ſchreiten wir denn auch heute an die Erfüllung unſerer Aufgabe. Mögen die Berichte welche hier zum Vortrage gelangen werden, die Frage in welchem Maße die Production von Getreide, bei Berückſichtigung der Vorräthe aus früheren Jahren, den Bedarf in jedem einzelnen Lande und in allen Ländern zuſammengefaßt, decken oder überſteigen, klären, damit der Abgeordnete der Ungew[i]ßheit über die Tragweite der alten und neuen Beſtände, welcher ſo ſchwer auf der Land - wirthſchaft, der mit ihr zuſammenhängenden Indu - ſtrie und auf dem Handel dermalen laſtet, ent - hoben werde und die Stockung in dem Abſatze des wichtigſten Gutes der Volkswirthſchaft, welche heute allerorten beſteht ſchwinde.

Mit dieſem Wunſche erkläre ich den 13. internationalen Getreide - und Saatenmarkt für eröffnet.

Von den in dieſer Verſammlung erſtatteten Berichten heben wir die folgenden hervor:

Bericht über die Ernte in Oeſterreich-Ungarn.

Erſtattet im Auftrage des Vorſtandes der Wiener Frucht - und Mehlbörſe von Moriz Leinkauf.

Die Schätzungen, welche der Vorſtand der Wiener Frucht - und Mehlbörſe über den Ernte - Ausfall des laufenden Jahres hiemit vorlegt, haben die beiden Reichshälften die amtlich er - hobenen Anbauflächen pro 1884 zur Grundlage. Dieſe betrugen für:

Weizen in Ungarn ohne Croatien, Slavonien und die Militärgrenze 2,751.020 Hec[-]taren, was eine Zunahme gegen das Jahr 1883 von nicht weniger als 150.000, gegen das Jahr 1882 ſogar von 250.000 Hectaren darſtellt. Das Ergebniß kann in Ungarn als ein ſehr gutes be - zeichnet werden, da, wenn von Siebenbürgen und einigen Diſtricten der Theißgegend abgeſehen wird, alle Comitate theils volle Durchſchnitts - ernten, theils Ernten über den Durchſchnitt in Weizen ausweiſen, und von vorerwähnten 2,751.020 Hectaren nach den Mittheilungen unſerer Vertrauensmänner 74 Percent, eine Ernte über das Mittel, 10 Percent eine Mittelernte, 16 Percent einen Ausfall ergeben haben. Die ge - erntete Qualität zeigt ein Plus im Verhältniß zum Durchſchnitt (nicht zu verwechſeln mit dem Verhältniſſe zum Vorjahre) von Millionen Metercentnern, wozu ſich noch geſellt, daß die Qualität des Weizens in den Ländern der ungariſchen Krone mit wenigen Ausnahmen eine ſehr be - friedigende iſt, und daß das Naturalgewicht der diesjährigen Fechſung den Durchſchnitt um circa 3 Percent überſteigt

In den Ländern der diesſeitigen Reichshälfte betrug die Anbaufläche unter Weizen im Jahre 1884 nach den Erhebungen des hohen k. k. Ackerbau-Miniſteriums 1,113.093 Hectare. Es hat zwar im laufenden Jahre zufolge Beſchrän - kung der Rübencultur ein Mehranbau in Weizen ſtattgefunden, dieſe Zunahme des Anbaues fällt jedoch gegen die Geſammtſumme nicht ſchwer in die Wagſchale. Das Ergebniß der Ernte in Weizen kann in der diesſeitigen Reichs - hälfte nur als ein mittleres bezeichnet werden, denn wenn auch einzelne Kronländer gute Weizenernten zeigen, ſo wird doch das Mehrer - gebniß zum größten Theile paraliſirt durch Aus - fälle, welche andere Gebiete, insbeſondere große Strecken in Böhmen, zu beklagen haben. Von der Anbaufläche per 1,113.093 Hectaren weiſen 55 Perc. eine Ernte über, 21 Perc. eine Ernte unter dem Mittel und 24 Perc. eine Mittelernte aus, aber die Ausfälle per Hectare ſind dort, wo ſie ſtattgefunden haben, ſehr bedeutende, wäh - rend die Mehrergebniſſe per Hectare in den be - günſtigten Gegenden ſich in beſcheidenen Grenzen halten, hiedurch kommt es, daß Cisleithanien in ſeiner Geſammtheit genommen, quantitativ trotz des vorerwähnten Percentual-Verhältniſſes ein Pl[u]s von kaum einer halben Million metriſcher Centner Weizen gegen den Durchſchnitt zeigt, welcher Mehrertrag noch weiter eingeſchränkt wird durch den Verluſt in Folge mangelhafter Quali - tät, der in großen Theilen Böhmens durch Noth - reife bei monatelang anhaltende Dürre, in Oſt - galizien, wo während der Erntezeit Regenwetter eintrat, durch feuchte Beſchaffenheit des Kornes entſtanden iſt.

Roggen und Halbfrucht wurde in Ungarnohne weſentliche Veränderung gegen frühere Jahre 1,303.667 Hectaren angebaut. Das Ergebniß der Ernte iſt ein mittleres. Von der genannten Geſammt-Anbaufläche zeigen nur 20 Percen[t]eine Ernte über das Mittel, 41 Percent eine Mittel - ernte, 39 Percent eine Ernte unter derſelben. Der ſchließliche Ausfall beläuft ſich auf beiläufig eine halbe Million metriſcher Centner unter einem[ Durchſchnittsergebniſſe]. Dieſer Ausfall wird jedoch durch die guten Qualitäten, die in den Ländern der ungariſchen Krone in Roggen vorherrſchen, ausgeglichen, nachdem das Natur - gewicht von Roggen im laufenden Jahre, gleich - wie bei Weizen, circa 3 Percent höher iſt, als der Durchſ[ch]nitt früherer Jahre.

In den Ländern der diesſeitigen Reichshälfte beſtehen bezüglich Roggen ähnliche Verhältniſſe. Der Anbau im Jahre 1884 belief ſich auf 1,981.715 Hectare, welche in quantitativer Be - ziehung ein mittleres Ergebniß liefern. Erträge über den Durchſchnitt zeigen ſich auf 32 Percent des Anbaues, Ausfälle auf 33 Percent und Mittelerträge auf 35 Percent, wobei der Ueber - ſchuß die Ausfälle im Ganzen deckt. Die Q[u]alitäten ſind in einzelnen Kronländern ſehr gut, in anderen, insbeſondere in Oſtgalizien zum großen Theile ſchlecht und iſt in Cisleithanien keine Steigerung des Geſammt-Erträgniſſes durch höheres Naturalgewicht anzunehmen.

Gerſte. Der Anbau dieſer Getreidegattung iſt in Ungarn in einer ſtetigen, wenn auch nicht bedeutenden Zunahme begriffen; derſelbe betrug im Vorjahre 995.000 Hectare und hat im laufenden Jahre nach den Mittheilungen unſerer Vertrauensmänner eine neuerliche erhebliche Steigerung erfahren. Das Ergebniß in quanti - tativer Beziehung iſt ein gutes. Von der vorbenannten Anbaufläche lieferten 61 Percent eine Ernte über, 11 Percent eine ſolche unter Mittel, 28 Percent eine Mittelernte. Quantita - tive Ausfälle hat zumeiſt Siebenbürgen. Der Ueberſchuß gegen eine Mittelernte iſt auf eine Million metriſchen Centner zu beziffern.

Nicht gleich befriedigend iſt jedoch das Er - gebniß hinſichtlich der Qualität, insbeſondere was Braugerſte anbelangt, welche heuer in tadelloſer Beſchaffenheit in Ungarn weniger häufig vor - kommt als in anderen Jahren. Die Slovakei, die ſonſt in guter ungariſcher Brauge[r]ſte excellirt, zeigt heuer Waare von ſehr divergirender Qua - lität, dagegen hat das Gebiet längs der Süd - bahnſtrecke Braugerſte von ungewöhnlich guter Beſchaffenheit producirt.

In der diesſeitigen Reichshälfte wurde unter Gerſte 1,072.688 Hectare bebaut und muß das Ergebniß als ein ſchwachmittleres bezeichnet wer - den. Der Fläche nach, zeigen 21 Percent einen Ueberſchuß, 43 Percent eine Mittelernte, 36 Percent eine Ernte unter Mittel. Der geernteten Menge nach, iſt ein Ausfall von einer halben Million metriſcher Centner zu verzeichnen, welcher noch eine erhöhte Bedeutung dadurch erlangt, daß das Deficit zumeiſt in Böhmen mit ſeiner ſo guten Braugerſte, ſtattfindet und dort nahezu ¾ Mill. metriſcher Centner beträgt, während das Mehr - erträgniß in Productionsgebieten erzielt wurde, welche nur Brenn - oder Futtergerſte erzeugen; letztere wird wohl quantitativ mitzählen, aber weder zu Brau - noch zu Exportzwecken ein Aequi - valent für den Entgang in Böhmen bieten. Mähren, das zunächſt wichtigſte Productionsgebiet für Gerſte, hat quantitativ eine gute, qualitativ eine ziemlich befriedigende Ernte, wobei bemerkt zu werden verdient, daß daſelbſt die Gebiete an den Berglehnen heuer hinſichtlich der Qualität von der Natur bevorzugter ſind, als das ſonſt ſo vorzügliche Braugerſten producirende mähriſche Flachland.

Hafer wurde im Jahre 1885 in Ungarn gleichwie in den zwei Vorjahren auf circa 1 Million Hectare angebaut. Das Ergebniß iſt ein ſchwach mittleres. Nach der Fläche geurtheilt, zeigen 21 Percent eine Ernte über, 49 Percent eine Ernte unter dem Mittel, 30 Percent eine Mittelernte; der Ausfall in quantitativer Be - ziehung beläuft ſich auf circa ½ Millionen metriſcher Centner.

Auch in den Ländern der diesſeittgen Reichs - hälfte iſt das Erträgniß in Hafer ein nur ſchwach mittleres. Von 1,918.383 Heceare Anbau zeigen 32 Percent eine Ernte unter, 35 Percent eine ſolche über eine Mittelernte, 33 Percent eine Mittelernte; der Ausfall beziffert ſich nach den uns vorliegenden Schätzungen auf ¼ bis ½Million metriſchen Centner, ſo daß die ganze Monarchie circa 1 Million metriſcher Centner Hafer weniger geerntet hätte, als der Durchſchnitt beträgt. Die Qualität dieſer Getreidegattungen iſt in beiden Reichshälften eine ſehr divergirende, doch überwiegen die guten Sorten.

Die Ausſichten für Mais ſind in der ganzen Monarchie gut, Kartoffel haben im Allgemeinen weniger Knollen angeſetzt, als in anderen Jahren, ſind aber bisher geſund geblieben. Hülſenfrüchte aller Art ergeben eine ſchwachmittlere Ernte.

Normale Conſumverhältniſſe vorausgeſetzt, ſchätzen wir die Exportfähigkeit der öſterr. -ung. Monarchie in der Campagne 1885 / 6 für Weizen und dem daraus erzeugten Mehl auf 6 Mill. metriſche Centner; für Gerſte und dem daraus erzeugten Malz auf Millionen metriſche Centner. In Roggen und Hafer haben wir nach dem Reſultate unſerer Erhebungen nichts zu exportiren.

Der rechnungsmäßige Durchſchnitt der Ernte - Ergebniſſe der Jahre 1879 bis 1884 die früheren Ergebniſſe ſind wegen der außerordent - lichen Mißernten, die damals in Ungarn häufig ſtattfanden, außer Betracht geblieben für Ungarn, diejenigen der Jahre 1870 bis 1884 für Oeſterreich, mit 100 Einheiten als eine Mittelernte angenommen, zeigt die diesjährige Ernte, in Percenten ausgedrückt, in:

Ungarn.
Weizen Durchſchnitt ca. 35Mill. Hectl. 117 Perc.
Roggen 16 96
Gerſte 15½ 108
Hafer 19 94
Oeſterreich:
Weizen Durchſchnitt ca. 13½Mill. Hectl. 104 Perc.
Roggen 25½ 100
Gerſte 16 95
Hafer 32 98

Berichte über die Ernte in Preußen.

Im Großen und Ganzen dürfte die Roggen - ernte einen Mittelertrag nicht erreichen, wenn ſich bisher auch über die Qualitäten meiſt nur Lobenswerthes berichten läßt. Die Klagen, daß der zu Markt kommende neue Roggen zum großem Theil ſich klamm zeigt, iſt eine faſt in jedem Jahre wiederkehrende Erſcheinung und berechtigt zu keinem ungünſtigen Schluſſe auf die Beſchaffen - heit des Gros der Ernte

Weizen hat faſt überall eine gute Ernte ergeben und wo nicht Hagelſchlag oder ſonſtige elementare Ereigniſſe geſchadet haben, wird der Ertrag als Mittelernte oder noch darüber be - zeichnet.

Die Beſchaffenheit des Korns iſt, ſoweit dies jetzt zu beurtheilen möglich, gut, und die ge - wonnene Quantität dürfte um ſo größer ſein, als diesmal auf Grund der vorjährigen ſchlechten Zuckerpreiſe dem Rübenbau viel Land entzogen und der Weizencultur gewidmet wurde.

Bemerkenswerth iſt, daß von den ſonſt faſt nie fehlenden Klagen über Krankheiten des Wei - zens nichts verlautete und nur in den in Sachſen vielfach angebauten engliſchen Riveſorten ſich mannigfach Brand zeigen ſoll.

Gerſte iſt quantitativ ziemlich befriedigend ausgefallen, allein die bisherigen Erfahrungen über die Beſchaffenheit der Körner ſind wenig günſtige geweſen. Schöne helle Farben ſind ver - hältnißmäßig ſelten und die Gleichmäßigkeit der Körner läßt viel zu wünſchen übrig. Der Juni - froſt und die demnächſtige Dürre haben dieſer frühreifen Frucht viel geſchadet.

Während der Einheimſung ſtörten gerade wiederholte Regen, ſo daß die Gerſte an vielen Stellen ſchon zu keimen anfing, doch dürfte immerhin der größere Theil trocken eingebracht ſein. Im Allgemeinen zeigt ſich hier eine ähnliche Erſcheinung wie bei Roggen, indem auf warmen Boden der Ertrag meiſt weſentlich beſſer ſich ſtellte, als in kalten Lagen, beſonders auf leich - tem Boden letzerer Gattung. Der Strohertrag fiel durchaus verſchieden aus und hat im Großen und Ganzen nicht ſonderlich befriedigt.

Hafer gibt zu vielen Klagen Veranlaſſung. Das Stroh iſt kurz geblieben, der Stand viel - fach dünn und hat namentlich die ſchleſiſche Ernte quantitativ wie qualitativ durch die Dürre ſehr bedeutend gelitten. Was davon bisher an die[5]Märkte gelangte, ſtand in ſeiner Mehrheit an Güte hinter dem ruſſiſchen Korn zurück.

Hülfenfrüchte hatten durch die trockene Junihitze namentlich auf höher gelegenen Feldern viel gelitten und wurden gleichzeitig an vielen Stellen durch zahlloſe Inſecten arg heimgeſucht. Im allgemeinen ließ ſich ein reichlicher Schotten - anſatz conſtatiren und da die demnächſtige Näſſe der Frucht nach etwas aushalf, ſo iſt die Ge - ſammternte noch mit 93 Percent zu beziffern.

General-Bericht über die Hopfenernte des Jahres 1885.

Wenn wir die Variationen der Hopfenpreiſe durch mehrere Jahrzehnte beobachten, ſo finden wir in jedem Decennium ein Jahr, in welchem der Hopfen einen derart hohen Preis erreichte, daß er denjenigen Producenten, welche eine gute oder Mittelernte erzielten, einen enormen Nutzen abwarf.

Die natürliche Conſequenz war jedesmal eine ſo ſtarke Vergrößerung der Plantagen, daß dieſelbe außer allem Verhältniß zu dem nur lang - ſam ſteigenden Conſum war. Dieſe Ueberpro - duction führte bis jetzt ausnahmslos zu einer Kriſe, welche ausbrach, ſobald der große Ausſatz günſtige Witterungsverhältniſſe zu ſeiner Ent - wicklung antraf, und ſo finden wir auch bis jetzt, ohne Ausnahme, im Gefolge eines theueren Jah - res ein ſolches, in welchem der erzielte Durch - ſchnittspreis tief unter die Productionskoſten ſinkt.

Auf dieſe Erſcheinung haben wir bereits in unſerem Generalberichte für das Jahr 1883 hin - gewieſen.

Von allen Seiten wird über den guten Stand der Hopfepflanze berichtet, nur hört man manchmal die Befürchtung ausſprechen, daß in Folge der großen Trockenheit der Späthopfen viel ungleiche Waare geben könnte. Beinahe über - all erwartet man halbe bis Zweidrittel-Ernten, was bei den jetzigen Verhältniſſen zweifellos Ueberproduction bedeutet.

Auf die einzelnen Productions-Diſtricte über - gehend, finden wir:

Saaz erwartet ein Product von ſo vor - züglicher Qualität und Reinheit, wie es ſeit Jahren nicht dageweſen. Die Pflanze war wäh - rend ihrer ganzen Entwicklung vollſtändig frei von Ungeziefer.

Dasſelbe kann auch vom ſogenannten Roth - und Grünland gelten, wo beſonders der Hopfen in der Platte vorzüglich ſteht.

Steiermark und Oberöſterreich geben ungefähr das vorjährige Erträgniß.

Das Deutſche Reich dürfte ca. 200,000 Ctr. Ueberſchuß für den Export erzielen, in America der Ausfall in Californien durch die guten Erträgniſſe in den Oſt - Staaten gedeckt werden.

England hofft auf ca. 500,000 Ctr., doch divergiren, wie immer, die Schätzungen dort ſehr ſtark. Die in den letzten zwei Tagen von dort eingelaufenen Berichte lauten allgemein weniger günſtig.

Allerdings haben wir noch Wochen bis zur allgemeinen Ernte und jeder Tag kann ſchwer - wiegende Veränderungen bringen, welche die Sach - lage gänzlich alteriren können.

Locales und Provinzielles.

(Perſonales.)

Se. Excellenz der Corps - Commandant FML. v. Stubenrauch trifft heute Nachts ½10 Uhr in Begleitung der Her - ren: Chef des Generalſtabes Oberſt v. Habiger und des k. k. Majors und Landwehr-Comman - danten Zoglauer von Brünn in Olmütz ein und wird im Hotel Lauer das Abſteigequartier nehmen. Se. Exzellenz der Feſtungscomman - dant FML. v. Fröhlich iſt geſtern von Brünn in Olmütz eingetroffen. Der k. k Oberſt und Geniechef Rylski v. Groß-Scibor iſt heute hier angekommen.

(Feſtungsmanöver.)

Morgen Dienſtag findet definitiv das Feſtungsmanöver ſtatt. Die Truppen werden zu demſelben Früh 6 Uhr aus - marſchiren und erſt um Mitternacht wieder in die Stadt zurückkehren. Se. Excellenz der Feſtungs - Commandant FML. v. Fröhlich wird heuteNachmi[t]tags im mititär-wiſſenſchaftlichen Vereine über das morgen ſtattfindende Manöver einen Vortrag halten.

(Militäriſches.)

Heute Vormittags wurde ein Diviſions-Manöver in der Richtung Fort Galgenberg-Ohnitz abgehalten. Ueber das am Samſtag in der Richtung Dascabat-Krčman abgehaltene Manöver, bei welchem die ausgerückte Landwehr-Cavallerie zum erſtenmal in Action trat wird uns berichtet, daß ſich Se. Excellenz der Truppen-Diviſionär FML. Pokorny über die vortrefflichen Leiſtungen dieſer Truppe in gün - ſtigſter Weiſe ausſprach und derſelben volle An - erkennung zollte. Die Officiere und Mannſchaft waren ihrer Aufgabe vollkommen gewachſen und zeigten ſich tüchtig geſchult. Für übermorgen Mittwoch iſt ein Raſttag angeordnet.

(Aus dem Stadtverordneten-Collegium.)

Die Tagesordnung der heutigen Sitzung des Stadtverordneten-Collegiums iſt folgende: Note des hieſigen k. k. Kreisgerichtes über die Stif - tungen des verſtorbenen Herrn Vice-Bürgermei - ſters Joſef Wallenda. Reviſionsbericht über die Baumaterialien-Rechnung für das Jahr 1884. Bericht über den vom Forſtamte beantragten Ankauf einer Realität. Bericht der 2. Section über die Geſuche, um die an der Knabenvolks - ſchule erledigte Lehrerſtelle. Desgleichen über die an der Mädchen-Bür[g]erſchule erledigte Fach - lehrerſtelle. Bericht der 2. Section über die Geſuche um Betheilung aus dem Fonde der pa - triotiſchen Hilfeleiſtung.

(Leichenbegängniß.)

Freitag Nachmittags 4 Uhr. fand aus der Brünner Dompfarrkirche zu Sct. -Peter das feierliche Leichenbegängniß der verſtorbenen F[r]au Emilie Witting, geb. Czikann, k. k. Ober-Landesgerichtsraths-Witwe, unter ſehr zahlreicher Betheiligung ſtatt. In der genannten Kirche waren anweſend die Herren: Se. Excellenz der Corps-Commandant Feldmarſchall-Lieutenant Freiherr von Stubenrauch, Se. Excellenz der Feſtungs-Commandant aus Olmütz, Feld - marſchall-Lieutenant Ritter von Fröhlich ſammt Gemahlin, Generalſtabschef Oberſt von Habiger, Oberlandesgerichtsrath Schilder und viele Damen. Nach der vom hochw. Herrn Dompfarrer Conſiſtorialrath Riedl unter beſonders zahlreicher geiſtlicher Aſſiſtenz vorgenom - menen Einſegnung und Executirung eines Trauer - Chorales wurde der reichbekränzte Sarg auf den ſechsſpännigen Leichenwagen der Pietät gehoben und hierauf auf den Central-Friedhof zur Bei - ſetzung überführt, wohin die meiſten der Anwe - ſenden zu Wagen folgten.

(Ernennung.)

Se. Excellenz der Herr k. k. Finanzminiſter hat die in Mähren erledigte Finanzwach-Obercommiſſärs-Stelle in der IX. Rangsclaſſe dem hierländigen Finanzwache-Com - miſſär Carl Roſatzin und die hiedurch erledigte, ſowie die hierlands bereits offene Finanzwache - Commiſſärs-Stelle in der X. Rangsclaſſe den mähriſchen Finanzwache-Reſpicienten Friedrich Megiska und Ignaz Zbořil verlieben.

(Aus dem Armee-Verordnungsblatte.)

Der Oberſtlieutenant-Auditor Ad. Starz, Juſtiz - Referent des 10. Corps (Brünn), wurde zum Referenten beim Militär-Obergerichte und der Major-Auditor Leopold Beniſchko des Garniſons - gerichtes in Krakau zum Juſtiz-Referenten des 10. Corps ernannt. Verſetzt werden: Der Regimentsarzt 1. Cl. Dr. Joh. Savara vom IR. Nr. 16 zum Garniſonsſpitale Nr. 6 in Olmütz; der Hauptmann-Rechnungsführer 1. Cl. Martin Gallatz vom Garniſons-Transporthauſe in Olmütz zum IR. Nr. 24; und der Lieutenant - Rechnungsführer Moritz Schneller vom Corps - Art. -R zum Garniſönstransporthaufe in Olmütz.

(Ruſſiſche Auszeichnungen für die Genie - truppe.)

Die Officiere der in Kremſier dislo - cirten Compagnie des Genie-Regimentes ſind, wie man uns mittheilt ſämmtlich durch Ver - leihung ruſſiſcher Orden ausgezeichnet worden. Die Compagnie des Genie-Regts. wird noch bis zum 6. 8. September in Kremſier ver - weilen, da dort noch mehrere Arbeiten zu be - werkſtelligen ſind. Der Dienſt der Genieſoldaten war in den Kremſierer Tagen ein ſehr anſtren - gender, da denſelben die Herſtellung von Wegen, Waſſerläufen ꝛc. oblag und dieſelbe in kürzeſter Friſt beendet ſein mußte.

(Die belohnten Conducteure.)

Wie man uns mittheilt erhielt jeder der Conducteure, die den ruſſ ſchen Hofzug von Oderberg nach Krem - ſier und von dort wieder zurück bis an dieöſterreichiſche Grenze führten, ſechs Ducaten. Die Conducteure bedauern gewiß, daß der Frieden Europas nicht in jedem Quartale durch eine Kaiſerentrevue a la Kremſier neu befeſtigt wird.

(Die Unzufriedenen.)

Es gibt ihrer nach der Kremſierer Kaiſerzuſammenkunft vielleicht mehr als früher. Zu ihnen gehören zunächſt Jene, die ihre Frack-Knopflöcher heute noch mit einer Nelke ſchmücken müſſen, während ſie doch erwarter hat - ten, daß ein anderer Schmuck das Comité-Abzei - chen erſetzen werde. Ihre Zahl iſt groß; noch größer iſt jedoch die Zahl derer, die unzufrieden ſind, weil ihre werthe Perſönlichkeit ſelbſt in Kremſier nicht genug Aufmerkſamkeit erregte; dahin gehören zahlreiche Deputationsmitglieder, die erwartet hatten, der Kaiſer werde mit ihnen mindeſtens eine Stunde converſiren und ſich nach dem Befinden des Jüngſten erkundigen. Nicht minder unzufrieden ſind Andere, die gerne auch mit der kürzeſten Anſprache ſich begnügt hätten, wenn ſie nur als Deputirte hätten den Kaiſer im Namen einer Gemeinde oder Corporation be - grüßen können. Wieder Andere ſind unzufrie - den, weil ſie von all der Herrlichkeit zu wenig ſahen; einzelne laſſen ihrem Grolle die Zügel ſchießen, weil man ihre Phantaſieen über die Entrevue als Lügen bezeichnete, und unſere Stadt beherbergt gar ein Gewächs, das aus Zorn dar - über, daß man ſeine Abweſenheit in Kremſier nicht bemerkte, die Galle Anderer auszuſpucken ſich nicht ſcheut und im Einklange mit ſeinen Beſtrebungen ſich vom erſten beſten tſchechiſchen Lumpen als Kameel benützen läßt.

(Alte Häuſer.)

Für die Leſer unſeres Blattes dürfte es nicht unintereſſant ſein zu erfahren, daß die beiden Häuſer Nr. 58 und 59 am Franz Joſefs-Platze, welche ſoeben demolirt wor - den ſind, im Jahre 1765 erbaut wurden. Das Haus Nr. 59 war das zur Liebfrauenkirche ge - hörige Glöcknerhaus und das Haus Nr. 58 ge - hörte einer Bildhauersfrau, Namens Hoff. Das anſtoßende zu den Domherrn-Reſidenzen führende Haus Nr. 57 mit den Stallungen war die ſtädt. Reitſchule. Im ſtädt. Archieve ſind noch die Bau - pläne über die erwähnten Gebäude aufbewahrt, und enthalten als Unterſchrift die Bezeichnung: Feci[t]J. B. A. 1765 mit der erforderlichen Exp[l]ication.

(Monſtre-Concert der Militär-Capellen.)

Wie man uns mittheilt haben die Herren Militär - Capellmeiſter Kaplon, Hickl, Czansky und Schubert ſich geeinigt, das für nächſten Donner - ſtag Nachmittag auf der Schießſtätte projectirte Mili - tär-Concert der Muſikcapellen der Infanterie-Regi - menter Nr., 1, 54, 93 und 100 ſchon am Mitt - woch u. z. nicht im Garten der Schießſtätte, ſondern im Stadtparke abzuhalten, voraus - geſetzt, daß die löbl. Stadtgemeinde ihre Bewilli - gung ertheilt, daß das Concert im Stadtparke gegen ein mäßiges Entrée ſtattfinden dürfe. Um dieſe Bewilligung wurde bereits bei der Stadt - gemeinde eingeſchritten und dürfte dieſer Gegen - ſtand in der heutigen Sitzung des Stadtverord - neten-Collegiums zur Verhandlung gelangen.

(Firma-Protokollirungen.)

Bei dem k. k. Kreis - als Handelsgerichte zu Olmütz wurde in das Handelsregiſter eingetragen: Am 21. Auguſt 1885: Die Geſellſchaftsfirma: Emanuel Löw & Sohn. Die Geſellſchaft iſt eine offene und beſteht zum Betriebe des Baumwollwaaren - Handels mit dem Sitze in Proßnitz, und hat am 15. Auguſt 1885 begonnen. Mitglieder der Geſellſchaft ſind: Emanuel Löw und Louis Löw, Kaufleute in Proßnitz. Zur Vertretung der Ge - ſellſchaft und zur Zeichnung der Geſellſchaftsfirma ſind beide Geſellſchafter ſelbſtſtändig berechtigt. Am 21 Auguſt 1885: Die Einzelnfirma: F. Klumpner, Gemiſchtwaarenhandlung in Olmütz. des Ferdinand Klumpner in Olmütz. Am 21. Auguſt 1885: Die Löſchung der Geſellſchaftsfirma: Eiſen - ſtein & Co. über erfolgte Auflöſung der Handels - geſellſchaft.

(Der verregnete Sonntag.)

Nun hat das ungünſtige Wetter, das heuer im Auguſt herrſchte, uns auch den letzten Sonntag dieſes ſonſt ſo heißen Monats verregnet. Dieſes regneriſche Wetter machte geſtern wieder alle Ausflugs-Projecte zu Schanden. Nur Wenige wagten es dem Regen trotzend den Wald aufzuſuchen, kehrten aber durch - näßt bald wieder heim. Am meiſten jammern über den verregneten Sonntag unſere Garten - wirthe, die überhaupt auf den heurigen Auguſt ſehr ſchlecht zu ſprechen ſind. Was nützen auch die ſchönſten Placate und die trefflichſten Regi -[6][me]ntscapellen gegenüber ſolch trübem und regne - riſchen Wetter, wie es geſtern herrſchte.

(Eine ſchwi[e]rige Arretirung.)

Geſtern Mittags wollten[z]wei Sicherheitswachleute eine ſich bei der Wache in der Schwimmſchule auf - haltende, bereits mehrmals abgeſtraſte Dirne ar - retiren, die ſich[j]edoch, als ſie die Wachleute er - blickte, durch Flucht der Arretirung entziehen wollte. Nachdem dieſelbe bis in die Nähe des Stadtparkes verfolgt wurde, und ihr dort jeder Ausweg abgeſchnitten war, ſprang ſie von der Straße in den Wallgraben und von hier aus in den vom Schlachthauſe kommenden Marcharm, um ſich vor den Wachleuten zu ſchützen, die ihr hart auf den Ferſen waren. Die Dirne blieb trotz - dem ſie bis an die Bruſt im Waſſer ſtand, eine gute ¼ Stunde in demſelben, bis ſich ein in der angeſammelten Volksmenge ſtehender Feldwe - bel des 1. Genie-Rgts. bereitwillig anbot, den Wachleuten einen Kahn aus nächſter Nähe zu holen, um der peinlichen Sccue ein Ende zu machen. Ein in nächſter Nähe des Wachhauſes wohnen - d[e]r Werkmeiſter wollte jedoch die Arretirung der Dirne vereiteln, indem er ſich derſelben annahm, und den Wachleuten zurief, ſie mögen fort gehen und das Frauenzimmer in Ruhe laſſen, auf wel - ches Commando die Wachleute jedoch nicht achte - ten, ſondern dem Tugend-Wächter bedeuteten, er möge ſich in ihre Angelegenheiten nicht ein - miſchen. Die Arretirung der Dirne wurde ſodaun vollzogen. Gegen den betreffenden Werkmeiſter wurde die Anzeige beim Platz-Commando erſtattet.

(Curatels-Verhängung.)

Vom k. k. Be - zirksgerichte in M. -Schönberg wird bekannt ge - macht, daß das k. k. Kreisgericht in Olmütz mit dem Beſchluſſe vom 18. Auguſt, 1885, Z. 6886, über Maria Beſchorner, Hufſchmiedstochter aus Weikers - dorf, wegen gerichtlich erhobenen Blödſinnes nach § 273 a. b. G. B. die Curatel zu verhängen befunden hat, weshalb Emanuel Beſchorner, Huf - ſchmied Nr. 124 in Weikersdorf, zum Curator für dieſelbe beſtellt worden iſt.

(Olmützer Wochenmarkt vom 29. Auguſt.)

Das Geſchäft in Gerſte iſt noch immer belang - los und der ganze Verkehr auf den überall ſehr gut beſuchten Wochenmärkten beſchränkt ſich nur auf den Einkauf ſeitens der Malzfabrikanten und Exporteure. Hoffentlich wird der in Wien ſtattfindende Saatenmarkt die Klärung der Ver - hältniſſe bringen. Am ſamſtägigen Markte bewegte ſich deßhalb auch der Geſchäftsverkehr nur in engen Grenzen, da nur für den heimiſchen Bedarf eingekauft wurde und bezahlte man die bisherigen Preiſe für Gerſte in den beſſeren Sorten, leichtere Qualitäten ſogar etwas billiger. In Mohn war nur ein geringes Ausgebot zu bemerken. Auch dieſer Artikel erzielte vorwöchentliche Preiſe (von 6 fl. bis 7 fl. per ½ Hectl. bei flotter Abnahme.

(Sonntagsruhe auf Jahrmärkten.)

Ueber mehrfache Anfragen, ob das Geſetz über die Sonntagsruhe auch auf Jahrmärkte Anwendung findet, diene zur Kenntniß, daß dieſes Geſetz zwiſchen zeitweiligen oder ſtändigen Verkaufs - ſtätten keinen Unterſchied macht, und daß dem - nach jene Gewerbsleute, bei welchen nach der Miniſterialverordnung vom 27. Mai 1885 R. -G.-Bl. Nr. 83 B Punct 11 und 12 ſonſt an Sonntagen eine Beſchränkung der Verkaufs - zeit einzutreten hat, auf Märkten ihre Buden um 12 Uhr Mittags zu ſchließen, beziehungs - weiſe den Verkauf ihrer Waaren einzuſtellen haben.

(Der tſchechiſche Gottesdienſt in Stern - berg abgelehnt.)

Se. Eminenz der Cardinal Fürſterzbiſchof Fürſtenberg hat mittelſt Decret vom 17. Auguſt die Einführung eines ſlaviſchen Gottesdienſtes in Stern - berg nicht bewilligt. Die 14000 Deutſchen Sternbergs werden dieſe Nachricht jedenfalls mit lebhafteſter Befriedigung aufnehmen, denn durch die Einführung des tſchechiſchen Gottesdienſtes in jener Stadt wäre ein Object geſchaffen wor - den, das zu manchen unerquicklichen Auseinander - ſetzungen geführt hätte.

(Platzmuſtk.)

Heute Abends 6 Uhr findet vor der Hauptwache eine Platzmuſik, ausgeführt von der Muſik-Capelle des Inſt. -Regts Nr. 54. Graf Thun-Hohenſtein, ſtatt.

(Vom Wetter.)

Nach den neueſten meteo - rologiſchen Beobachtungen iſt für die erſten Tage der nächſten Woche ein mit Niederſchlägen, ſtellen - weiſe auch mit Gewittern abwechſelndes wärmeresWetter zu gegenwärtigen; für die letzten Tage dieſer Woche ſteht jedoch windigeres, kühleres und trockeneres Wetter bevor.

( Nationalverein deutſcher Bürger und Bauern in Sternberg. )

Die Statuten des unter dieſem Titel gegründeten Vereines wurden von der k. k. Statthalterei nunmehr genehmigt. Die Gründung dieſes Vereines hat eine intereſ - ſante Vorgeſchichte. Um nämlich jede Verzögerung zu vermeiden und der Behörde ja nicht einen Anhaltspunkt zur Bemängelung der Statuten zu geben, wurden ſeinerzeit vom Gründungs-Aus - ſchuſſe die Statuten des von der mähr. Statt - halterei genehmigten, mit der Unterſchrift des Statthalters verſehenen Statuten des Schönberger Nationalvereines auch für den Sternberger Na - tionalverein acceptirt und wörtlich gleichlautend mit den Statuten des genannten Vereines einge - reicht. Deſſenungeachtet wurden die Statuten als dem Vereinsgeſetze nicht entſprechend von der Statthalterei zurückgewieſen. Da es im Recurs - wege vorausſichtlich Monate gedauert hätte, bis die Entſcheidung vom Miniſterium des Innern herabgelangt wäre, ſo entſchloß ſich der Grün - dungsausſchuß, um eine weitere Verzögerung möglichſt hintanzuhalten, die von der Statthalterei gewünſchte, ganz unweſentliche Aenderung vorzu - nehmen und dieſe neuerdings vorzulegen. Dieſe Statuten wurden genehmigt und der Beſtand des Vereines im Sinne des § 9 des Vereinsgeſetzes beſcheinigt.

(Gründung eines deutſchen Turnvereins in einer Landgemeinde.)

Mehreren wackeren Männern iſt es gelungen, in der Gemeinde Deutſch-Jaſſnik einen Turnverein zu gründen, deſſen conſtituirende Verſammlung am 16. d. M. ſtattfand. Als Obmann wurde Herr Gutsver - walter Joſef Wild, zum Turnwart Herr Theod. Langthaler, zu deſſen Stellvertreter Hr. Fr. Wolf, zum Säckelwart Herr Carl Gobig und zum Schriftwart Hr. Wilh. Pellikan gewählt. Wir rufen dem neuen Vereine ein herzliches Gut Heil zu.

(Kindesmord.)

Am 25. d. wurde von zwei Landwehrdragonern im Teiche des Herrn Mazal in Drozdowitz die Leiche eines männlichen Säuglings aufgefunden und von Herrn Mazal der Gerichtscommiſſion behufs der ärztlichen Unterſuchung übermittelt. Nach dem Befunde dieſer Commiſſion iſt das lebensfähig geborene Kind lebend ins Waſſer geworfen worden, und wahrſcheinlich 2 Tage lang darin gelegen. Die erforderlichen Maßregeln zur Erforſchung der verbrecheriſchen Mutter ſind im Zuge, haben jedoch bis jetzt noch kein Reſultat ergeben.

(Zum ſogenannten Verſehen der Kühe.)

Als ein Beiſpiel des ſogenannten Verſehens wird von Herrn A. Kubelka in Groß-Wiſternitz Fol - gendes mitgetheilt: Ich habe in meinem Kuh - ſtalle an der Wand die einzelnen Kühe numerirt und hat jede Kuh ihre Nummer vor Augen. Vor acht Tagen kalbte nun eine meiner Kühe, und zwar Nr. 7, und trägt das rothe Stierkalb auf der Stirne eine regelrechte 7, genau ſo wie die Nummer an der Wand. Das iſt wohl nur ein Naturſpiel! Wir geben die Mittheilung, wie ſie uns gemacht wurde, ſo ſchreibt die Zei - tung für Landwirthſchaft.

(Von der Handels - und Gewerbekam - mer.)

Laut eines Berichtes des k. und k. Gene - ral-Conſulates in Lima hat das peruaniſche Handelsminiſterium um die Erhebung einer Taxe von 25 cent. Silber per 100 K. von jedem in Peru aus - oder eingeſchifften Coli zu erleichtern, vor Kurzem einen Erlaß veröffentlicht, wornach bei allen dortlands importirten Colis das Brutto-Gewicht auf deren Außenſeite in Kilo - gramm anzuſetzen iſt. Die Verordnung tritt für die von Europa anlangenden Waaren-Ballen am 3. Dezember l. J. in Kraft, und alle dann ohne, oder mit unrichtiger Gewichtsangabe einge - führten Coli verfallen einer Geldſtrafe von je 10 Soles Silber per Stück. Hierauf werden Intereſſenten aufmerkſam gemacht. In dem dies - monatlich erſcheinenden Hefte (Nr. 8) der Zeit - ſchrift Auſtria ſind die durch Ukas vom 3. bis 15. Juni l. J. neuerlich abgeänderten Poſitionen des ruſſiſchen Zolltarifs verlautbart. Hierauf werden die intereſſirten Kreiſe mit dem Bemer - ken aufmerkſam gemacht, daß die durch Ukas vom 20. Mai und 1. Mai l. J. getroffenen Modifikationen einiger anderer Artikel des ruſſi - ſchen Zolltarifes bereits im Junihefte (Nr. 6) der Auſtria (Seite 339) veröffentlicht wurden.

(Speiſezettel der Polksküche.)

Morgen Dienſtag: Ulmergerſtelſuppe, Rindfleiſch, Erdäpfel - Tillſauce, Aepfelreis.

Vom Tage.

(Der iriſche Parteiführer Parnell)

hielt am 25. d. M. in Dublin eine Anſprache an die Mitglieder der iriſchen Nationalliga, im Verlaufe welcher er die Ueberzeugung ausdrückte, daß der Triumph der nationalen Sache geſichert ſei, gleichviel ob die Whigs oder die Tories ſieg - reich aus der nächſten Wahl hervorgehen. Wenn die iriſche Partei ihren Sieg mit Tact und - ßigung ausnütze, würden die zwei engliſchen Parteien in der Löſung der iriſchen Frage mit einander wetteifern. In einer unter dem Vorſitze Parnells abgehaltenen Sitzung der iriſchen parla - mentariſchen Partei wurde beſchloſſen, daß Can - didaten für die nächſte Parlamentswahl in mit Parnell im Einverſtändniſſe handelnden Graf - ſchaftsconventionen gewählt werden ſollten. Ferner wurde der Beſchluß gefaßt, daß jeder Candidat ſich ſchriftlich verpflichten müſſe, mit der Partei zu ſtimmen und zu handeln und ſein Mandat niederzulegen, wenn er dazu von der Mehrheit ſeiner Collegen aufgefordert werde.

(Ein Heiratshinderniß.

Der Biſchof und ſelbſt die geringeren Geiſtlichen haben in Irland das Recht, jedem Mädchen, das nicht leſen kann, die eheliche Einſegnung zu verweigern. Die Liebe wird alſo dort wohl oft das ABC lehren.

(Wirbelſturm.)

Nach einer Depeſche aus Charlestown in Süd-Carolina hat dort am 25. d. M. ein ſchrecklicher Wirbelſturm gehauſt, durch deſſen Heftigkeit der vierte Theil der Häuſer in der Stadt entdacht wurde. Der Schaden wird auf eine Million Dollars veranſchlagt, doch gingen keine Menſchenleben verloren.

(Bankdiebſtahl.)

In Melbourne hat die Polizei einen Commis verhaftet, welcher in dem Gebäude der Hotham-Filiale der Federal-Bank von Auſtralien ſchlief, als dort ein Diebſtſtahl von 2800 Pfd. St. verübt wurde. Er geſtand ein, den Raub verübt und das Geld vergraben zu haben. Der größte Theil der Summe wurde wiedererlangt.

(Schiffbruch.)

Im Golfe von Aden iſt kürz - lich ein Fahrzeug verunglückt, das wie nachträglich gemeldet wird, nicht der dritiſche Dampfer Bun - galow , ſondern ein ſogenanntes Buggalow oder zweimaſtiges arabiſches Boot war. Hundert Perſonen, ſind ertrunken, es waren größtentheils Pilger, die auf der Reiſe nach Mekka begriffen waren.

(Thereſina Tua in Lebensgefahr .)

Die Künſtlerin, die eben in Berlin weilt, war dort Freitag Morgens eben mit dem Brennen ihrer Stirnlocken beſchäftigt, als die dabei ver - wendete Spirituslampe explodirte. Die Tiſchdecke hatte ſchon Feuer gefangen, und ſicherlich wäre ein größeres Unglück geſchehen, wenn nicht der im Nebenzimmer arbeitende Impreſſario des Fräuleins Tua, Herr Henry Klein, die Rufe der Künſtlerin gehört und raſch mit einer Reiſedecke die Flammen erſtickt hätte. Der um das Leben der Künſtlerin ſehr beſorgte Impreſſario confis - cirte ſofort die gefahrbringende Lockendreh - maſchine .

(Epiſoden aus dem Ueberfalle bei Köni - ginhof.)

Es kommt immer mehr Licht in die Blutaffairen, wie ſehr auch die tſchechiſchen Blätter, allen voran die Politik , ſie zu verdrehen und zu vertuſchen ſuchen. Eine Lüge iſt die Behauptung der Politik vom 27. d., daß der Polizeicommiſſär Paul Petru darum nicht am Platze ſein konnte, weil er außerhalb der Stadt wohne. Der Polizei - commiſſär wohnt vielmehr am Ringplatze, keine 10 Schritte vom Hotel Kopp. Eine Lüge iſt ferner die Meſſergeſchichte vom Turner Mattig, der mit dem Meſſer ſich in die Menge geſtürzt haben ſoll. Ein Deutſcher in ein Heer von tau - ſend Huſſiten! Vielmehr wurde Mattig von dieſer Maſſe unter Anführung ſeines alten Tod - feindes, des Fleiſchhauers und Raufboldes Ludo - mirsky, angefallen und übel mit 5 Stich - und 2 Hiebwunden zugerichtet, als er ſeiner bruſt - kranken Frau auf deren Wunſch einige Erfriſchun - gen vom Conditor holte. Arm in Arm führte der Herr Bezirkshauptmann Schneider mit G - fährdung ſeines Lebens Mattig, den die Menge lynchen wollte, zum Arreſtlocal, wo ihn die ſtädtiſche Polizei trotz ſeiner Bitten durch faſt 24 Stunden ohne ärztliche Hilfe, ja ohne Waſ -[7]ſer ließ, mit welchem er ſich ſeine Wunden hätte waſchen können! Der Stadtverordnete Richard Stuchlik rief dem Herrn Bezirks - hauptmann zu: Schämen ſie ſich, mit ſolch einem ſchmutzigen Uebelthäter Arm in Arm zu gehen. Laſſen Sie ihn uns todtſchlagen! brüllte die Menge. Heute ſteht bereits feſt, daß kein Tſcheche durch einen Meſſerſtich verwundet iſt. Bezirkshauptmann Schneider hat ſich muſter - haſt benommen. Nur ſeiner außerordentlichen Thätigkeit verdanken die Deutſchen, daß das 9 Stunden lang belagerte Hotel nicht geſtürmt wurde. Der Bezirkshauptmann, ein ehrenhafter Charakter, wollte keinen Augenblick daran glauben, daß der Bürgermeiſter und die Stadtvertretung ihr Ehrenwort, welches ſie ihm freiwillig für die Sicherheit der abfahrenden Feſtgäſte verpfändeten, brechen würden. Die ſtrafgerichtlichen Anzeigen der Trautenauer conſtatiren alle, daß das Stein - bombardement beim Gaſthauſe des Bürgermeiſters Schip begonnen habe, daß aus demſelben die erſten Steine geflogen ſeien. Der Fanatiker Mandl kannte freilich den Werth des Ehrenworts Schips beſſer und warnte nach den tſchechiſchen Zeitungen Polaban , Politik und Pokrok die Feſtgäſte und Turner fortzugehen oder zu fahren. Der Bezirkskommiſſär Paſſovsky, von welchem ſämmtliche tſchechiſchen Blätter hervor - heben, daß er ſich während der ganzen Affaire ſehr tactvoll benahm, ließ den Bezirkshauptmann vor dem verrammelten Thore die über dritthalbtauſend Köpfe zählende Menge allein in Zügel halten und machte ſich innerhalb des Feſtraumes Notizen über das Verhalten der zu Tode geängſtigten Deut - ſchen (!) ſtatt an der Seite des Herrn Bezirks - hauptmannes, der tactvoll intervenirte, zu ſtehen. Daß die Blutthaten vorbereitet waren und das Werk einer planmäßigen Agition ſind, ſteht Gott ſei Dank, trotz aller Verdrehungen tſchechiſcher Blätter bereits feſt. Es wird von glaubhaften Zeugen erwieſen werden, daß bereits am Vorabende im Gaſthauſe Schmidt’s, von Franz Puš, vulgo Rebelka, Fahnenträger des Sokol, dem anweſen - den Volke Bier gezahlt und an jeden Einzelnen ſlaviſche Tricoloren vertheilt wurden. Es wird ferner von Zeugen ausgeſagt werden, daß wäh - rend der Crawalle von einem Stadtverordneten im Gaſthauſe Tins, von Vincenz Brož im Gaſt - hauſe des Schmidt Bier, von dem Schneider Holeček aber Schnaps gezahlt wurde. In der Abenddämmerung erſchien Dr. Moravec im Schmidt’ſchen Gaſthauſe und hielt dort der Menge folgende Rede: Brüder! Ueber 400 ſchulpflichtige Kinder wurden dieſes Jahr in die tſchechiſche Stadtſchule nicht eingeſchrieben. Sie gehen alle in die Mandlbude und ſind unſerem Volke verloren. Heute iſt die Stunde da, daß wird dieſelben zurückerobern, damit ſienicht Renegaten werden. Königinhof iſt tſchechiſch und muß tſchechiſch bleiben! Den Agitator Aleš Andrýs aus Nachod, welcher von Podhardt zu - rückkehrte, umarmte Dr. Moravec und rief: Das haſt Du gut gemacht Bruder! Es circulirt unter den Deutſchen in Königinhof eine Anzeige an die Bezirkshauptmannſchaft, dieſelbe möge con - ſtatiren, wer den beiden Poliziſten Recina und Fähndrich befahl, daß ſie ihre Poſten am Hotel Kopp zu verlaſſen haben und wohin der Poli - zeicommiſſär Paul Petru ſpazieren gegangen ſei, daß er nirgends zu finden war.

(Ein Wortſpiel.)

Eine artige Anecdote, deren Mittelpunct der Berliner Bankier Gold - berger iſt, curſirt augenblicklich in den dortigen Börſenkreiſen. Als jüngſt der finanzpolitiſche Vertreter einer fremden Regierung, die ſich in permanenten Geldſchwulitäten befindet, zur Ein - leitung von Finanzoperationen in Berlin weilte, ſprach auch Goldberger vor. Der Geheimſecretär meldete den Beſuch ſeinem Vorgeſetzten mit den Worten: Herr Goldberger wünſcht Excel - lenz zu ſprechen. Goldberger? wiederholte dieſer mit Nachdruck, wir können jetzt nur einen Geldborger brauchen! Dieſe Worte waren ſo laut geſprochen worden, daß ſie der anticham - brirende Bankier durch die nur angelehnte Thür hören konnte. Wie ſchlecht muß es um Eure Finanzen ſteheu ſoll darauf der ſchlagfertige Berliner Finanzier ausgerufen haben, indem er, ohne Antwort abzuwarten, ſich entfernte wenn man bei Euch ſchon Buchſtaben verſetzt!

(Eine amüſante Kußgeſchichte)

berichtet ein Marineoffizier aus China, wo bekanntlich die Gewohnheit des Küſſens den jungen mei gin (ſchönen Damen) noch ein ſüßes Geheimnis iſt. Um eine Eroberung zu vollenden, forderte er von ſeiner Angebeteten einen Kuß. Sie begriff nicht, was er von ihr wollte und ſo macht er es ihr begreiflich. Von Angſt ergriffen, flüchtete die ſchöne Lbaſa in ein anderes Zimmer, immer rufend: O, der ſchreckliche Menſchenfreſſer! Ich werde aufgegeſſen werden! Als ſie dann aber fand, daß ihr friſches Roſenmündchen noch voll - ſtändig heil war, kam ſie zurück und ſagte: Ich möchte noch mehr von Eurer ſonderbaren Gewohnheit kennen. Kü-üß mich! Und er - üßte ſie, bis ſie vollſtändig eingeweiht war. Doch nicht genug damit, ſchlug ſie ihm einen zweiten Curſus vor, indem ſie ſagte: Kü-üß mich immer mehr, seen jine Mee-lee lee! Und ſo ging der Unterricht fort, bis Mamas Stimme im tiefſten Bruſttone der Entrüſtung auf Chine - ſiſch donnerte: Nu aber raus!

(Ein frommer Wunſch.)

Fräulein v. H. (ruft freudig bewegt): Mama, Mama, ſehen Sie, da kommt meine Amme! Frau v. H. (erzürnt): Schrei doch nicht ſo, Du unvorſich -tiges, tact - und chic-verg[e]ſſenes Kind! Willſt Du jetzt noch die Welt daran erinnern, daß Du bürgerliche[ Muttermilch] getrunken? Oh, mon Dieu, wann werden wir endlich adelige Ammen bekommen!

Telegramme.

(Orig. -Tel. d. Mähr. Tagbl. )

In politiſchen Kreiſen v[er]lautet, daß die Stellung des Statthalters von Böhmen, Freih. v. Kraus, erſchüttert ſei.

(Orig. -Tel. d. Mähr. Tagbl. )

Der Saatenmarkt iſt ſtark beſucht, die Geſchäftstendenz jedoch flau.

(Org. -Tel. des Mähr. Tagbl. )

Exminiſter Freih. v. Bach lehnte die ihm angebotene Pairswürde ab; demzufolge wurde von ſeiner Berufung in das Herrenhaus Umgang genommen. Conſervative Kreiſe wollen Bach neuer - dings für ein Reichsrathsmandat candidiren.

(Org. -Tel. des Mähr. Tagbl. )

Die Berathungen des 25er Comité’s (Deutſcher Club) werden zwiſchen dem 17. und und 24. September ſtattfinden.

(Orig. -Teleg. des Mähr. Tagblattes .)

Die Vorfälle in Königin - hof haben jene Kreiſe, welche an maßgebender Stelle die Tſchechen und ihre Politik protegiren, ſehr irritirt. Es verlautet hierüber, daß die Krone vom böhmiſchen Statthalter einen ſpeciellen Bericht abverlangte Die Zweitheilung Böhmens wird nun auch in Regierungskreiſen ventilirt.

(Origl: - Telg. d. Mähr. Tagbl. )

Ferry ſprach ſich in einer geſtern abge - haltenen Verſammlung ſeiner Wähler dahin aus, daß die Politik der Colonial-Ausdehnung beendet ſei, Frankreich ſtehe nicht iſolirt und werde auch weiterhin die Politik der Nichtintervention befolgen.

Fremdenliſte.

Hotel Lauer.

F. Vorliček, Pfarrer, Butſchowitz. E. R. Mayer, Fabrikantenstochter, Prag. Dr. Wiſch - novsky, Kojetein. Dr. Steinbrecher, M. -Schön - berg. Dr. Ludwig Fulnek. Wilh. Ziegler, Kfm., Wien. J. Ernſt, Kfm., Wien. Heymann, Haupt - mann, Troppau.

Hotel Goliath.

Wilh. v. Loy, k. k. Hauptmann, Troppau. V. Sika, Kfm., Prag. J. Zemann, Rſdr., Prag. M. Reimann, Rſdr., Wien. Anna Knapp, Kauf - mannsgattin, Wien. Salo Löwenſohn, Rſdr., Podvoloczysko. J. Pollak, Kfm., Wien. Emerich Bondi, Rſdr., Wien. Bertha Schrimpf ſammt Söhnen, Majorsgattin, Lemberg. Joh. Gabriel, Oberbeamter des Wiener Magiſtrates ſammt Sohn, Wien.

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Herausgeber und verantwortlicher Redakteur Wilhelm Seethaler. Druck von Joſef Groak in Olmütz.

About this transcription

TextNr. 198, 31.08.1885.
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Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Benjamin FiechterSusanne HaafNote: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T15:49:55Z grepect GmbHNote: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T15:49:55Z Amelie MeisterNote: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T15:49:55Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic informationNr. 198, 31.08.1885. . Jakob RiemerCzernowitz1885. Mährisches Tagblatt

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LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; mkhz2

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