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Marburger Zeitung.

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Die Einzelnnmmer koſtet 10 h.

Nr. 58 Donnerstag, 14. Mai 1903 42. Jahrgang.

Geehrte Mitbürger!

Das Unglück, welches am 10. d. M. Windiſchgraz betroffen, iſt fürchterlich! Ein großer Teil der Stadt liegt heute in Schutt und Aſche; groß iſt die Not, da viele der Verunglückten nur das Leben gerettet; ſchnelle Hilfe iſt dringendſt erforderlich, um das Elend nur einigermaßen zu lindern. Vielen Marburgern iſt Windiſchgraz aus heiteren Tagen in freundlichſter Erinnerung, ge - denken wir nun der biederen Bewohner auch in ihrem Unglücke!

Es wird daher die Bitte geſtellt, für die ſchwer geſchädigten Bewohner von Win - diſchgraz Spenden an Geld oder Kleidungs - ſtücken auch die kleinſte Gabe iſt herzlichſt willkommen zu widmen und werden die - ſelben am Stadtamte dankend in Empfang genommen und ihrer Beſtimmung raſch zuge - führt werden.

Frei iſt der Burſch!

Die Philiſter ſind uns gewogen zumeiſt, ſie ahnen im Burſchen was Freiheit heißt, frei iſt der Burſch! So ſang und ſingt wohl noch der akade - miſche Bürger, wenn er ſeiner Jugendluſt freien Lauf und das Vollgefühl der Jugendkraft zum Ausdrucke kommen läßt. Weit hinaus ſchallt es dann: Frei iſt der Burſch! Aber immer ſeltener werden leider von Jahr zu Jahr die Sänger, welche aus innerer Ueberzeugung den Ruf hinaus ſchmettern, denn das holde Weſen, die Freiheit, die ſie meinen, zieht ſich immer häufiger zurück in das Sternenzelt; immer finſterer wird es auch auf dem akademiſchen Boden.

Wo es nur immer geht, ſchreibt das All - deutſche Tagblatt , werden die ehemaligen Frei - heiten geſchmälert, immer mehr wird der Weg ein - geſchränkt, den der Muſenſohn zu ſchreiten hat. Schon längſt ſind Stimmen laut geworden, die ſie zurückrufen möchten, die Zeit, in welcher an der Spitze der techniſchen Hochſchule noch der militä - riſche Direktor geſtanden; heraufbeſchwören möchte man eine Zeit der Knebelung unſerer jugendlichen Geiſter, eine Zeit, in welcher das Hochſchulſtudium nur zum Brotſtudium und die Hochſchule zur Er - zeugungsanſtalt wohlgedrillter, vorſchriftsmäßig denkender Staatsdiener herabgewürdigt, freiem Geiſte, freier Wiſſenſchaft aber, dem letzten Ueber - bleibſel der Lehr - und Lernfreiheit ſamt der gol - denen akademiſchen Freiheit die Türe gewieſen werden könnte. Und ſie naht heran die Zeit! Nach - dem man vorſichtig zur Volksſchule vorgedrungen iſt, die nun, wenigſtens in einzelnen Landesteilen, bald ganz in der Gewalt der ſogenannten ſittlich - religiöſen Erzieher liegt, greift man, begehrlich ge - worden, nicht blos nach den Mittel -, ſondern auch ſchon nach den Hochſchulen. Wieder einmal wurde auf dem niederöſterreichiſchen Katholikentage ein Teil der Hülle, welche heute noch das Werk derFinſterlinge vor den Blicken der Mitwelt verbirgt, gelüftet. Man hält die Zuſtände ſchon für weit genug gediehen, die Mittelſchule mit Beſchlag be - legen zu können und fordert die Einführung des Spitzelweſens von amtswegen. Die Direktoren ſollen den Schülern Zeugniſſe über ihre religiöſe und ſittliche Geſinnungstüchtigkeit innerhalb und außerhalb ihres Beruflebens ausſtellen; um das zu können, muß ſelbſtverſtändlich der Schüler auch außer der Schule überwacht werden; das wird natürlich der Lehrer dem Nebenſchüler über - tragen. In Blüte käme dann das ſchönſte Anzeige - weſen, dem auf den Fuß die Heuchelei folgen muß. Doch auf dieſen Gegenſtand wollten wir als ein Zeichen der Zeit nur hinweiſen, ſprechen aber wollen wir darüber, daß dieſer Geiſt, der jetzt her - aufbeſchworen wird, ja ſchon in der Luft ſchwebt und zwar auch an unſeren Hochſchulen, unſerer freiheitlichen nationalen Studentenſchaft nicht ent - gangen iſt. All der angebliche Lärm, der kürzlich ſo viel Staub aufgewirbelt und zur Schließung der techniſchen Hochſchule geführt hat, entſprang der Abwehr gegen die Polypenarme, die ſich ausſtrecken, das freiheitliche Leben unſerer Pflegſtätten der freien Wiſſenſchaft zu erdrücken.

Nicht um die farbigen Mützen und Bänder, Cereviſe und Schläger, welche die klerikalen Verbin - dungen wie in der Faſtnacht tragen, ſondern um den Geiſt handelt es ſich, dem durch die Austreibung dieſer ſchwarzen Geſellſchaft Raum an unſeren Hoch - ſchulen geſchaffen werden ſoll, daß hier eine Geſell - ſchaft als gleichwertig an die Oeffentlichkeit treten will, der Wohldienerei als offenbare Grundlage gilt, eine Geſellſchaft nach Geltung ringt, die nicht Hochziele zuſammengeführt hat, wie die Mitglieder der farbentragenden nationalen Vereinigungen, ſondern die Sorge um ein leichtes und gutes Fort - kommen, auch nebenbei ein fröhliches Leben in der Zeit des Hochſchulſtudiums.

Es iſt ja kein Geheimnis geblieben, wie die

Note: Nachdruck verboten.

Liebe und Leidenſchaft. (10. Fortſetzung.)

Werner wurde dunkelrot und blickte ſchweigend zu Boden.

Sie können nicht lügen , ſagte der Buſch - müller, wollten Sie es ſelbſt verſuchen, Ihr Ge - ſicht verrät Sie.

Und ich will auch gar nicht lügen , entgeg - nete Werner tief aufatmend, ja ich bin heute morgen ſcharf mit meinem Vater zuſammengeraten, Sie kennen ihn ja.

Ja, ich kenne ihn , wiederholte der Buſch - müller, kenne ihn lange und ſehr genau. Hören Sie mich, Herr von Brauſedorf. Er richtete ſich auf, er ſah aus, als dehne ſich die breite Bruſt noch breiter, das ſonſt etwas ſchläfrig blickende Auge belebte ſich, die gutmütigen, verſchwommenen Züge bekamen einen ſcharfen, geſpannten Ausdruck. Es entſtand eine Pauſe, es war, als ſuche der Buſchmüller nach paſſenden Worten für das, was er zu ſagen hatte, was geſagt werden mußte. Gott weiß, es fällt mir ſchwer, ſehr ſchwer , be - gann er endlich, zu einem Sohne ſo von ſeinem Vater zu reden, wie ich es jetzt tun muß; ich bin Ihnen ausgewichen ſo lange ich konnte, Sie ſelbſt haben mich dazu gezwungen.

Reden Sie, lieber Peters , drängte Werner in fieberhafter Haſt.

Ich kenne das Treiben Ihres Vaters ſeitmehr als vierzig Jahren , begann der Buſchmüller und ſeine Stimme erhielt einen gedämpften Ton, ich war dabei, als Ihre Mutter als junge Frau eingeholt ward und half ſie zu Grabe geleiten, ich ſah auch die zweite Frau von Brauſedorf auf das Schloß ziehen und im Leichenwagen wieder herunter - kommen, ich ſah und hörte alles, was dazwiſchen lag ... Meinen Sie wirklich, es könnte mich darnach gelüſten, meine einzige Tochtet zur gnädigen Frau von Radzionka hinzugeben?

Herr Peters! fuhr Werner auf, mit welchem Rechte können Sie einem ſolchem Verdachte gegen mich Raum geben?

Ruhig, ruhig, junger Mann , entgegnete Peters, gegen Sie habe ich nichts, von Ihnen weiß ich nur Gutes und wenn mir auch der Jäh - zorn, der ſoeben wieder in Ihnen aufloderte, eine böſe Erbſchaft Ihres Vaters zu ſein ſcheint, würde ich Ihnen doch ohne Bedenken mein Lieschen geben.

Weiter verlange ich ja nichts , fiel ihm Werner freudig in die Rede, aber der Buſchmüller fuhr, ohne ſich irre machen zu laſſen, fort:

Wenn Sie ein ſchlichter Landmann und meinesgleichen wären.

Lieschen wäre für eine Fürſtin genug! rief Werner lebhaft.

So denke ich auch , ſtimmte der Müller bedächtig zu, und deshalb ſoll ſie keiner haben, dem doch eines Tages der Gedanke kommen könnte, er habe ihr eine beſondere Ehe angetan, als er ſie zur Frau machte.

Können Sie mir das zutrauen rief Werner tief verletzt.

Peters zuckte die Achſeln. Man denkt mit fünfzig Jahren anders als mit fünfundzwanzig, und doch, ſtänden Sie allein, ich würde auch dar - über hinwegkommen, weil Lieschen Sie liebt. Aber können Sie mir wirklich zumuten, mein gutes, ſchönes, unverdorbenes Kind nach einem Hauſe zu geben, wo wo Ihr wo der Alte hauſt, wo eine Joſepha regiert? ſtieß er mit Aufregung hervor.

Mein Vater müßte

Was denn , unterbrach ihn der Buſchmüller bitter, etwa ſeine Wirtſchafterin fortſchicken, ein neues Leben anfangen? Daß er das tut, glauben Sie ſelbſt ſo wenig wie ich. Sie könnten ihm eine Grafen - tochter ins Haus bringen und es würde dort um kein Haar anders, geſchweige denn um ein Müllers - kind.

Herr Peters , ſtammelte Werner, Sie ſollen die ganze Wahrheit hören, mein Vater hat mir die Tür gewieſen, ich bin weniger als Ihresgleichen, ich bin nur auf meiner Hände Arbeit angewieſen.

Der Buſchmüller betrachtete ihn mit mitlei - digem Kopfſchütteln.

Das iſt noch ſchlimmer als ich dachte , ſagte er. Mein junger Mann, Ihr Vater mag ſein wie er will, er iſt und bleibt Ihr Vater. Mit ſeiner Einwilligung wäre es mir ſchwer geworden, Ihnen mein Lieschen zu geben, ohne ſie bekommen Sie ſie nimmermehr.

Sie weiſen mich ab? rief Werner außer ſich.

Ich kann nicht anders. Wenn Ihr Vater Ihnen das kleinſte Vorwerk zum Bewirtſchaften gäbe, ich wollte zufrieden ſein, ja ſelbſt, wenn Sie

2Marburger Zeitung Nr. 58, 14. Mai 1903.

Mitglieder ſolcher klerikaler Verbindungen geworben werden, wie es auch kein Geheimnis iſt, daß ſich manche darunter befinden, deren Sinn nicht bei der Sache iſt, die der bitteren Not und nicht dem ei - genen Triebe gehorchen. Unvergeſſen iſt und bleibt, wie insbeſondere an den unter geiſtlicher Obhut ſtehenden Mittelſchulen ſchon ſeit Jahren vor dem Abgang zur Hochſchule alle Ueberredungskünſte an - gewendet und jeder nur mögliche Druck verſucht wird, die jungen Männer abzuhalten, einer natio - nalen Verbindung beizutreten und welche Lockmittel in Anwendung kommen und welche Lobpreiſungen von den Lippen des Lehrers fließen, um zum Beitritt zu einer katholiſchen Verbindung zu be - wegen und wie ſelbſt vor einer Eidesabnahme nicht zurückgeſchreckt wird.

Sie ſind ſtark geworden, ſie haben ſich raſch vermehrt, dieſe katholiſchen Verbindungen, deren Mitglieder Band und Mütze tragen, die im Flaus und mit dem Schläger in klerikale Konventikel eilen, ſich ihren Herren und Meiſtern wohlgefällig zu zeigen, welche fleißig die kirchlichen Uebungen mitmachen und mit andächtigen Mienen nach oder vor dem Kommers ihr Dankgebet heruntermurmeln.

Was tut der Menſch eben nicht alles für ein Stipendium, um ein gutes oder doch genügendes Mittagsbrot, einige Lektionen und was doch die Hauptſache iſt um eine geſicherte Verſorgung. Das alles wird den Mitgliedern ſolcher Verbin - dungen geboten, daher der Zulauf und daher die Begeiſterung, mit welcher ſich die meiſten für ihre Schützer und Schirmherren, mit welcher ſie ſich auch für deren Sache, wenn ſie auch nicht ihrer Ueberzeugung entſpricht, einſetzen.

Sie mögen’s tun; wer freiheitlich geſinnt iſt, mag ja jeden nach ſeiner Art ſelig werden laſſen, wem das Sklavenmahl beſſer ſchmeckt als das dürftige Brot, das in der Freiheit genoſſen wird, mag ſich unter das Sklavenjoch beugen, er ſoll und darf aber dann nicht die Abzeichen des freien Mannes tragen.

Gegen die Verfälſchung der Wahrheit muß ſich der rechtliche Sinn unſerer akademiſchen Jugend richten, und es iſt eine Fälſchung der Wahrheit, wenn junge Leute in Band und Mütze herum - laufen, den Abzeichen des freien Burſchentums, die ſich der Finſternis und dem Rückſchritt verkauft und ergeben haben.

Wie ſchon angedeutet, hat die Urſache der Er - regung einen viel tieferen Urſprung als man viel - fach annimmt, er liegt in der Erkenntnis der Ge - fahren, welche der Hochſchule durch das ungehinderte Emporwuchern ſolcher Gewächſe drohen, wie ſie die katholiſchen Verbindungen darſtellen, die unter der Maske echtdeutſchen Burſchentums auftretend, Un - erfahrene anlocken und vom rechten Wege abbringen, welche Verbindungen, wie die Chriſtlichſozialen in der politiſchen Bewegung, am Gebiete des Studenten - lebens das ſchwarze Römlingstum verhüllen wollen,

nichts von ihm bekämen, ich hätte wohl ſo viel, um meinem Schwiegerſohn ein Gütchen zu pachten oder zu kaufen, aber gegen ſeinen Willen in offener Auflehnung gegen ihn bekommen Sie meine Tochter niemals.

Der Buſchmüller wollte ſich umwenden und ins Haus gehen, denn die Unterredung hatte im Garten ſtattgefunden; der von Natur ſchweigſame Mann hatte in dieſer halben Stunde mehr ge - ſprochen, als ſonſt während des ganzen Tages, er fühlte ſich förmlich ermüdet und wünſchte abzu - brechen, aber Werner hielt ihn am Arme zurück.

Herr Peters, das kann Ihr letztes Wort nicht ſein.

Ich habe Ihnen nichts weiter zu ſagen.

Bedenken Sie Lieschens Schmerz.

Der Buſchmüller ſeufzte tief auf. Sie iſt noch jung und wird ſich ins Unabänderliche finden.

Sie wird es nicht! fuhr Werner auf und ich finde mich ebenſo wenig. Ich laſſe ſie nicht.

In meinem ſchlichten Hauſe hat von alters her der Spruch gegolten: Ehre Vater und Mutter , verſetzte der Buſchmüller ſtreng, und er gilt heute noch, Lieschen wird mir nicht ungehorſam ſein.

Das wollen wir ſogleich mal ſehen! rief Werner leidenſchaftlich und wollte fortſtürzen. Der Buſchmüller vertrat ihm dem Weg.

Halt! rief er gebieteriſch, nicht einen Schritt weiter. Wenn Sie mein Kind wirklich lieben, ſo ſchonen Sie ſeinen Frieden; wenn Sie ein Mann von Ehre ſind, ſo meiden Sie von heute ab die Buſchmühle.

(Fortſetzung folgt.)

bis auch der akademiſche Boden, von dem in unſeren Tagen der erſte Los von Rom - Ruf in die Lande gezogen, erobert iſt. Des Schutzes ihrer Brot - und Auftraggeber ſicher und vor dem Waffen - gange gefeit, entwickelten dieſe dem akademiſchen Boden zur Unzier gereichenden Farbenträger eine Frechheit, die endlich zu Tätlichkeiten führen mußte. Und bei dieſer Lage der Dinge wagt man noch den Studenten Vorwürfe zu machen, nimmt man ſich in Reden wie in Zeitungsaufſätzen heraus, beleh - renden Tones die Jugend zu ermahnen an die Folgen zu denken, die eine Schließung der Hoch - ſchule haben könnte, ſtatt in Heil - und Wackerrufe auszubrechen auf die akademiſche Jugend, die ihrer Hochziele tatkräftig gedenkt. Schließlich mußten die deutſchen Studenten zur Selbſthilfe greifen, da ihnen von der berufenen Seite der entſprechende Beiſtand nicht zuteil wurde, weil diejenigen, welche die Pflicht gehabt hätten, das Recht, welches auf der Seite der nationalen Studenten ſteht, zu ſchützen, die Zukunft der Hochſchulen vor Ueber - fällen finſterer Mächte zu bewahren, nicht den nötigen Mut beſeſſen haben, einen entſcheidenden Schritt zu tun, den Klerikalen zu unterſagen, durch ihr Auftreten in Farben u. ſ. w. Anlaß zu Aergernis zu geben. Alle Ausreden, dahin gehend, daß bisher die klerikalen Studenten auch Mütze und Schläger getragen haben, daß dieſes nicht ein Zeichen der Wehrhaftigkeit, ſondern gewiſſermaßen als Teil eines Maskenanzuges zu gelten habe, ſind haltlos. Die Abzeichen des deutſchen Studenten ſollen eben nicht zu Maskenanzügen, zu leeren Formen herabgewürdigt werden, ſie ſollen einen Inhalt haben und zwar jenen Inhalt, den ſie bei der Gründung der deutſchen Burſchenſchaft, vor faſt hundert Jahren, bekamen, als man den Kor - poralſtock und die Schnürbruſt nebſt den deutſch - feindlichen Schriften auf der Wartburg verbrannte, ſeit überhaupt der Wahlſpruch Freiheit, Ehre und Vaterland das Hochziel deutſcher Studentenſchaft kennzeichnet.

Man wird vielleicht die Ruhe erzwingen, der Gewaltmittel ſind ja mannigfache, die Schließung der Hochſchule, Verluſt eines Jahres, der Stipen - dien, ſie wiegen bei manchem ſchwer, wir dürfen angeſichts dieſer Umſtände nicht zum Widerſtande herausfordern, ohne eine ſchwere Verantwortung auf unſere Schultern zu laden, wir können aber den Wunſch nicht unterdrücken, es möchte auch noch heute einer Studentenſchaft möglich ſein, von einer Stätte ausziehen zu können, wo man die Freiheit knebeln will. Jenen aber, die wie im Abgeordneten - hauſe unſeren deutſchen Studenten drohen: Die Nichtakademiker würden ſie zur Ruhe bringen , möchten wir raten jener Zeiten zu gedenken, in der ſie dankbar der Studentenſchaft waren, als ſie ſich im Kampfe gegen das Judentum auf ihre Seite ſtellte. Trotz der böſen Drohung glauben wir auch heute noch daran, daß der Philiſter, aber freilich nicht der ſchwarze Bierphiliſter, einſtimmt in den Sang: er ahnet im Burſchen was Freiheit heißt und mit warmen Herzen die heutige Bewegung verfolgt. Heil dem freiheitlichen deutſchen Studenten - geiſt! P. p. n.

Politiſche Umſchau.

Inland.

Zu den jüngſten ſloveniſchen Beamten - ernennungen.

Der nunmehrige Oberlandesgerichtsrat Herr Dr. Vouſchek ließ in der geſtrigen Nummer des hieſigen deutſch geſchriebenen Wendenblattes einen Aufſatz erſcheinen, der ſich mit ſeiner eigenen Ernennung zum Oberlandesgerichtsrate und mit den Angriffen befaßt, welche ſich auf ſeine einſtige Tätigkeit als Leiter des Marburger Bezirksgerichtes beziehen. Herr Dr. Vouſchek verweist auf ſeine richterliche Tätigkeit bei der Prozeß-Abteilung I (Stadt Marburg) und auf ſeine während jener Zeit gefällten Urteile, von denen jene, welche angefochten wurden, bis auf ſechs vom Berufungsgerichte be - ſtätigt wurden. Ob daraus ſo ſchließt der kurze Aufſatz auf meine mindere Befähigung oder mangelhafte Beherrſchung der neuen Zivil - prozeßgeſetze zuläſſig iſt, mögen die geehrten Leſer ſelbſt entſcheiden. Wir bemerken hiezu, daß die Ausführungen des nunmehrigen Oberlandesgerichts - rates von einer falſchen Vorausſetzung ausgehen und etwas zu beweiſen ſuchen, was nicht bewieſen werden ſollte. Die diesbezüglichen Blätterangriffe erwähnten nichts von der Art und Weiſe der vomHerrn Dr. Vouſchek gepflogenen Urteilsfällung, ſie befaßten ſich vielmehr mit der Tätigkeit des Ge - nannten als Leiter des Bezirksgerichtes. Daß zwiſchen beiden Begriffen eine bedeutende Differenz beſteht, braucht wohl nicht betont zu werden.

Von den windiſchen Niederlagen.

Des Biſchofes Napotnik windiſche Peſt iſt begreiflicherweiſe über die fortwährenden windiſch - klerikalen Wahlniederlagen in keiner roſigen Laune. Um den deprimierenden Eindruck, den dieſe Hiobs - meldungen im windiſchklerikalen Lager hervorrufen, einigermaßen abzuſchwächen, erklärt das Wendenblatt, daß es in dieſen Wahlergebniſſen keine Niederlage der ſloveniſchen Partei erblickt. Die pervakiſchen Hetzer verlieren im ſloveniſchen Volke ſchrittweiſe den Boden, aber ſie erblicken darin keine Niederlagen! Uns kann dieſe Auffaſſung recht ſein! In welcher Weiſe bei der Beſprechung dieſer Wahlergebniſſe das zitierte Blatt vorgeht, um ſeinen Leſern Sand in die Augen zu ſtreuen, mag z. B. daraus erſehen werden, daß es aus der beiſpielloſen Niederlage der windiſchen Klerikalen in Kerſchbach richtig eine Niederlage der Štajerc - Partei macht! Daß bei der Wahl in Maria-Neuſtift bei Pettau die Windiſchklerikalen zu den ungeheuerlichſten Mitteln greifen mußten, um ihre verfaulte Herrſchaft noch für eine Weile zu halten und daß die Statt - halterei mit Rückſicht auf dieſe ungeheuerlichen Vorkommniſſe die Wahl von amtswegen annullierte darin erblickt dieſe verzweifelte Partei ebenfalls keine Niederlage. Das Amt einer Troſtſpenderin für Windiſchklerikale verſteht die windiſche Peſt ſehr ſchlecht!

40.000 los von Rom!

Nach dem ſoeben erſchienenen Ausweis ſind ſeit dem Beginn der Los von Rom - Bewegung in Oeſterreich 40.000 Perſonen zum Proteſtantismus übergetreten. Aus dieſem Anlaſſe veranſtaltet der Verein Alldeutſche Luther-Sippe heute Donnerstag den 14. d. im Saale zum Engliſchen Hof in Wien eine Los von Rom - Feier, bei welcher die Abgeordneten Laurenz Hofer, Iro und Pfarr - vikar Mahnert aus Mahrenberg ſprechen werden. Aus Anlaß der Feier erſcheint eine Feſtſchrift im Verlage des Vereines, zu welcher hervorragende völkiſche Schriftſteller wie Felix Dahn und andere ſchwungvolle Beiträge geliefert haben. Beginn der Feier um halb 8 Uhr abends.

Auch ein deutſcher Pater !

Aus Laibach wird dem alldeutſchen Tagblatt geſchrieben: Der Komponiſt Pater Hartmann von an der Lahn hatte vor kurzem auf weſſen Veranlaſſung iſt unbekannt der Laibacher ſloveniſchen Muſikgeſellſchaft Glasbena Matica die Gefälligkeit erwieſen, ſein Oratorium St. Fran - ziskus in einer Vereinsaufführung perſönlich zu dirigieren. Für die Aufführung, die in der Dom - kirche ſtattfand, wurde namentlich von der Geiſtlich - keit Stimmung gemacht, ſo daß der Beſuch nichts zu wünſchen übrig ließ und der windiſchen halb - verkrachten Geſellſchaft, die der berühmten, ſeit 200 Jahren beſtehenden deutſchen Philharmoniſchen Geſellſchaft zum Trotze errichtet wurde, einen namhaften Betrag abgeworfen dürfte. Liegt ſchon darin, daß ſich ein Deutſcher zur Förderung einer ſlaviſchen Kampfanſtalt bereit findet, ein Stück Volksverrat, ſo iſt das Verhalten Pater Hartmanns den windiſchen Schlaumeiern gegenüber ſchmählicher noch zu nennen. Laut Berichten windiſcher Blätter äußerte ſich Hartmann bei dem ihm zu Ehren ver - anſtalteten Feſteſſen ſehr ſchmeichelhaft über die Slovenen und bedauerte (!), ihre Kulturſprache nicht zu verſtehen. Von Rom aus ſandte er an einige Slovenen Anſichtskarten mit ſloveniſcher Anſchrift und den Worten: .. ein ſchmetterndes Zivijo! ... ein urkräftiges Zivijo! So verwendet Hartmman den Ruf, der ſeinen bedrängten Volks - genoſſen ſo oft als Kampfruf entgegenſchallte, zum Ausdruck ſeiner freundlichen Gefühle für die windiſche Nation !

Dr. Schlindra’s Lehrerfreundlichkeit.

Ein neues Mittel zur Verbeſſerung der Lage des Lehrerſtandes hat Dr. Schuſterſitz, erfunden. In ſeiner ſogenannten Wählerverſammlung erfreut er laut einer Meldung des Slovenec die windiſchen Analphabeten durch den Vorſchlag, die Erhöhung der Lehrergehälter durch eine Beamten - gehaltsſteuer aufzubringen, die Beamten mit über 5000 Kronen Gehalt auferlegt werden ſoll. Wie3Nr, 58, 14. Mai 1903. Marburger Zeitungwär’s mit einer Steuer für politiſche Advokaten wie Schuſterſitz und Genoſſen oder mit einer Steuer für windiſche politiſche Hetzpfaffen?

Abzug Schwarz-Gelb !

Bei den Kroaten, die durch ihre zügelloſe Plünderungsgier noch aus dem 30 - und 7jäh - rigen Kriege ſich auch draußen im Deutſchen Reiche einen gewiſſen Namen gemacht haben, geht es in der letzten Zeit wirklich erbaulich zu. Dieſe ganze intereſſante Nation befindet ſich ſeit einiger Zeit im vollen Aufruhr und geſtohlen wird und geplündert, daß jedes pauſlaviſtiſche Herz daran ſeine reine Freude haben kann. Zuerſt richtete ſich die Revolution gegen die Madjaren, gegen die madjariſchen Beamten, Aufſchriften und gegen den Banus. Zu Tauſenden ziehen die kroatiſchen Bauern im Lande umher, ſtürmen Schlöſſer, Hotels, mißhandeln die wehrloſen Beſitzer und die Taſchen der Kroaten füllen ſich an mit allerlei wertvollen Dinge, in deren Beſitz ſie auf recht billige Weiſe gelangt ſind. So ſieht bei den diverſen ſla - viſchen Natiönchen der nationale Kampf aus! Es wird gegenwärtig geſtohlen und geplündert von Agram bis Saloniki; man ſieht förmlich den wirtſchaftlichen Aufſchwung der ſlaviſchen Natiön - chen des Südens aus den Taſchen anderer Völker emporſteigen. Wohl wurde bereits Militär nach Kroatien geſendet, um den Herren Dieben und Plünderern ordentlich auf die Finger zu klopfen; ſchon fielen, wie uns aus Kroatien mitgeteilt wird, die erſten Schüſſe aus den Armeegewehren, aber der Trieb zum Diebſtahl und Gewalttätigkeit iſt dort derart ſtark entwickelt, daß an die Abſendung weiterer Truppen gedacht wird. In den letzten Tagen hat die Revolution in Kroatien und um eine tatſächliche Revolution der Kroaten handelt es ſich plötzlich einen anderen Charakter be - kommen, als den bloß ungarnfeindlichen. Wie uns aus Agram mitgeteilt wird, zogen dort vorgeſtern gewaltige Bauernſcharen umher, ſchreiend und brüllend: Abzug Schwarzgelb! Die kroatiſche Revolution nimmt alſo einen bereits ausgeſprochen antiöſterreichiſchen Charakter an, was auf den Pa - triotismus der teuren Slaven ein grelles Licht wirft. Unter dem Signal Abzug Schwarzgelb! wird man jetzt die öffentliche Gebäude und Kaſſen ſtürmen und erbrechen und des Pandurenhäuptlings Trenk wüſte, plündernde Soldateska feiert wieder ihre Auferſtehung. Hoffentlich wird unſer Militär bei dieſen Schnapphähnen dort unten bald Ordnung machen! Wenn bei uns Deutſchen eine rein poli - tiſche Demonſtration ſtattfindet, läßt man gleich die Bosniaken los ...

Ausland.

Eine ausgiebige Verrechnung der Engländer.

Das engliſche Schatzamt hat vor wenigen Tagen eine Zuſammenſtellung veröffentlicht, aus der ſich die Koſten des Krieges in Süd-Afrika und der Teilnahme an der Expedition nach China er - ſehen laſſen. Dieſe Koſten verteilen ſich auf vier Finanzjahre. Für den ſüdafrikaniſchen Krieg be - laufen ſie ſich auf 5064 Millionen Kronen und für die Wirren in China auf 144 Mill. Kronen. Von dieſer Summe wurden über 1600 Millionen Kronen durch Staatseinkünfte gedeckt, während der Reſt durch Anleihen aufgebracht werden mußte. Sir Michael Hicks-Beach hatte im Jahre 1899 erklärt, daß man nach einer gründlichen Berech - nung zu der Ueberzeugung gekommen ſei, daß der Krieg in Süd-Afrika einen Koſtenaufwand von 240 Millionen Kronen erfordern werde. In der engliſchen Preſſe macht man jedoch nicht das Finanzminiſterium, ſondern das Kriegsminiſterium für die ungenaue Rechnung verantwortlich, indem man behauptet, daß die falſchen Schlüſſe über die Kriegskoſten aus den Angaben des Kriegsminiſte - riums gezogen worden ſeien. Die Kriegskoſten kamen für die Engländer alſo mehr als 21mal ſo hoch, als ſie glaubten. Ja, die Buren!

Der ſchwarze Freitag und die Kriſe von 1873.

In dieſen Tagen, nämlich am 9. Mai, jährte ſich zum 30. Male die Erinnerung an den ſchwarzen Freitag , an dem der 73er Krach in Wien ſeinen Ausgangspunkt nahm, um ſich von da in langſamem Fortſchritt faſt über die ganze Welt auszubreiten. Es war die größte und ausgebreitetſte Geld - und Börſenkriſe, die es je gegeben hat. DasGründungsfieber graſſierte damals allgemein, allerdings in Oeſterreich und Deutſchland, wo die Milliarden-Entſchädigung ſtimulierte, am bedeu - tendſten. In Jahren waren in den ziviliſierten Staaten nicht weniger als 30 Milliarden Mark in Anſpruch genommen worden, eine Summe, welche die Erſparniſſe der Bevölkerung bei weitem über - ſtieg. In Oeſterreich allein waren in den Jahren 1867 1873 nicht weniger als 1005 Aktiengeſell - ſchaften mit einem Nominale von 4 Milliarden Gulden konzeſſioniert worden, die freilich nicht alle ins Leben traten. In Oeſterreich waren es haupt - ſächlich die Maklerbanken und die Baubanken, welche am unſolideſten vorgingen, und deren Aktien Gegen - ſtand einer wüſten Spekulation bildeten. Doch war die Aglotage allgemein, namentlich in Oeſterreich beteiligten ſich die höchſten Klaſſen der Bevölkerung am Gründungsweſen und alle Klaſſen am Börſen - ſpiel. Und, wie Lasker z. Zt. ſagte: Wenn die Dilettanten eingreifen, machen ſie es in der Regel noch viel ſchlimmer als die berufsmäßigen Schwindler. Die Zahl der Wiener Börſenbeſucher war von 900 1000 im Jahre 1867 auf 3300 3600 im Jahre 1873 geſtiegen.

Schon im Herbſt 1872 hatte man in Wien ernſtlich mit einem Zuſammenbruch der Agiotage gerechnet, aber die Hoffnung auf den Geldſtrom, den die Weltausſtellung mit ſich bringen ſollte, hielt die Gemüter aufrecht. Genau aber an dem Tage, an dem die Weltausſtellung faktiſch eröffnet wurde, brach die Börſe zuſammen. Ungefähr drei Wochen vorher begannen die Kurſe langſam zurückzugehen, ſchon am 7. Mai erfolgte eine große Deroute, und am 8. Mai gab es 90 100 Inſolvenzen. Aber noch am Morgen des 9. Mai gaben die Blätter der Hoffnung Ausdruck, daß es gelingen werde, dem maſſenhaften Ausgebot der Effekten, den Exekutionen durch die Banken und dem ſtündlichen Kursfall Einhalt zu tun. Im ſchneidenden Widerſpruch hiezu kam es infolge der Inſolvenzerklärung einer großen Kommiſſionsfirma und eines Großſpekulanten zum definitiven Krach. Die Kurſe ſchienen ins Bodenloſe zu ſinken. Mil - lionen drohten in Nichts zu zerrinnen. Die Verzweiflung und Wut der Börſenbeſucher entlud ſich in tumultuariſchen Ausbrüchen gegen den Schranken , die Vertreter der Banken und Kom - miſſionsfirmen, gegen die Repräſentanten der Grün - der, welche die jetzt wertlos gewordenen Aktien im Publikum angebracht hatten. Das Arrangement wurde auf eine Stunde ſiſtiert, das Geſchäft über - haupt ausgeſetzt. Eine Hilfsaktion wurde ins Werk geſetzt, an der die öſterreichiſche Regierung ſich eifrigſt beteiligte, dieſe trat ſogar mit 3 Millionen Gulden einem Garantiekonſortium bei und ſuspen - dierte die Bankakte, ohne daß die Bank es verlangt hätte. All das nützte indes wenig, bis man erkannte, daß die Ueberkapitaliſierung ſich auf keinem anderen Wege gut machen ließ, als durch Liquidationen, Kapitalsreduktionen und Fuſionen. Die Summe der erlittenen Kursverluſte wird auf 607 Mill. Gulden beziffert, wovon 366 Mill. Gulden auſ Bank -, 135 Mill. Gulden auf Induſtrie - und 105 Mill. Gulden auf Transportwerte entfielen. Selbſtmorde waren damals an der Tagesordnung, auch der Feldzeugmeiſter v. Gablenz befand ſich unter den Opfern der Kriſe.

Tagesneuigkeiten.

(Das iſt zu viel des Guten!)

Aus Wilhelmshaven wird unter dem 11. d. ge - meldet: Der Matroſe Kohler iſt wegen Ermordung eines Kameraden vom Oberkriegsgericht zum Tode, Verſetzung in die zweite Klaſſe des Sol - datenſtandes, Entfernung aus der Marine und dauerndem Verluſt der bürgerlichen Ehren - rechte, ferner wegen ſchweren Diebſtahls und Fahnenflucht zu Jahren Zuchthaus ver - urteilt worden. Ein wirklich recht gelungenes Urteil!

(Die Seeſchlange iſt da!)

Sie hat ſich in dieſem Jahre früher als je gezeigt und zwar in den Spalten eines Pariſer Blattes, nämlich des Matin. Dieſem wird von ſeinem Spezialbericht - erſtatter aus Le Havre gemeldet: Der Kapitän Torgenſen, der Führer des norwegiſchen Drei - maſters Emil Stang , der von Mobile in Le Havre angekommen iſt, berichtet, daß er am 20. April gegen ein Uhr nachmittags eine ungeheuere Seeſchlange bemerkt hat, die aus den Fluten emportauchte. Die Schlange befand ſich drei oder vier Faden vom Emil Stang entfernt. Sie maßacht bis neun Meter in der Länge und war etwa fünfzig Zentimeter dick; ihre Farbe war braun. Das Ungeheuer rückte auf der Oberfläche des Waſſers durch kleine Bewegungen vor. Als der Kapitän ſein Schiff darauf lenkte, tauchte dieſe Schlange plötzlich unter und verſchwand. Schade! Die zoologiſchen Muſeen müſſen ſich alſo trotz der augenſcheinlichen Tapferkeit des norwegiſchen See - bären immer noch gedulden, bis ein ſolches Pracht - exemplar einmal wirklich gefangen wird ...

(Zwei getötete Radfahrer.)

Man ſchreibt dem Alldeutſchen Tagblatt unterm 9. d.: Die ſchlechte Gewohnheit mancher Radfahrer, ein - ander ausſtechen zu wollen, brachte geſtern zwei unbekannten Radfahrern den Tod. Die beiden fuhren auf der zwiſchen Waldſaſſen und Mittereich über den Kondrauer Berg führenden Straße in raſender Eile hinab. Plötzlich prallten ſie mit ihren Rädern mit ſolcher Wucht zuſammen, daß beide Radler auf die Straße geſchleudert wurden. Die beiden Rad - fahrer erlitten ſolche Verletzungen, daß der eine ſofort tot blieb, der andere nach einigen Stunden den Geiſt aufgab. Da die getöteten Radfahrer keinerlei Papiere bei ſich trugen, konnte ihre Iden - tität noch nicht feſtgeſtellt werden.

(Die Bluttat eines Offiziers.)

Wie aus Pilſen gemeldet wird, fuhr am 9. d. nach - mittags unter dem Kommando des Leutnants der erſten Batterie des 22. Div. -Art.-Reg. Richard Burger ein beſpanntes Geſchütz über eine vom Bahnwächter Joſef Konkl nächſt Bory gepachtete Hutweide. Als der Wächter bat, dies zu unterlaſſen, fuhr ihn der Offizier an und rief ihm im barſchen Tone zu: Marſch! Als ihm darauf Konkl ent - gegnete: Herr Leutnant, ich bin kein Soldat und laſſe mich nicht kommandieren! , wandte ſich der Offizier, der keinen Säbel trug, einem neben ihm ſtehenden Leutnant zu, riß dieſem den Säbel aus der Scheide und verſetzte Konkl mehrere Hiebe über die Bruſt und die linke Hand. Der Akt dieſer brutalen Roheit hat in der Bevölkerung die denkbar größte Erbitterung erregt.

(Großartige Bauernhochzeit.)

Aus Regen (im bayriſchen Wald) wird den Münchner N. N. berichtet: Bei dem Mahle, welches hier gelegentlich der Hochzeitsfeier des Realitätenbeſitzers Joſef Pfeffer von Poſchetzried mit der Metzger - meiſterstochter Joſefa Haushofer von hier ſtattfand, wurden 25 Zentner Fleiſch, 1250 Knödel und zirka 35 Hektoliter Bier vertilgt.

(Die Unzuverläſſigkeit unſerer Sinneswahrnehmungen.)

Unſere Sinnes - organe dienen dazu, uns die Kenntnis der Außen - welt zu erſchließen, indeſſen iſt ihre Zuverläſſigkeit bei weitem nicht ſo groß, wie man gemeinhin an - zunehmen pflegt. Daß die Funktion der Sinnes - organe überhaupt nur bis zu einer gewiſſen Grenze geht, können wir tagtäglich erfahren, aber es gibt Fälle, wo dieſelben tadellos funktionieren, dennoch aber Vorgänge der Außenwelt gar nicht oder nur unvollkommen wahrgenommen werden. Die Ablen - kung der Aufmerkſamkeit und die Gewöhnung kom - men hier als Urſache oft in Frage. Wir hören z. B. das Ticken der Uhr nicht, wenn wir be - ſchäftigt ſind, ebenſo merken wir den Lärm der Straßenbahn nicht mehr, während dagegen ein leichtes ungewohntes Geräuſch viel eher von uns wahrgenommen wird. Wir ſuchen einen Schlüſſel, haben ihn unmittelbar vor uns liegen, können ihn ſehen, aber trotzdem ſuchen wir weiter. Derartige Fälle laſſen ſich Dutzende aufzählen. Die Taſchen - ſpieler und Schauſteller wiſſen daraus Nutzen zu ziehen und ganz beſonders dadurch, daß ſie mit ihrem Geplauder unſer Hörorgan feſſeln, die Auf - merkſamkeit unſerer Augen zu ſchwächen, ſo daß wir die offenkundigſten Manipulationen nicht wahr - zunehmen vermögen. So wie hier offenbare Sinnes - täuſchungen vorliegen, ſo kommen dieſe im ge - wöhnlichen Leben ſehr häufig vor und ſie gewinnen an Bedeutung, wenn es ſich um ernſte Fälle, um Ausſagen vor Gericht u. ä. handelt, von denen unter Umſtänden ein Menſchenſchickſal abhängt. In einem hochintereſſanten Aufſatze von Dr. Albert Moll unter obigem Titel, den wir in der Gar - tenlaube finden, ſind mehrere derartige Fälle aufgeführt und wir bringen als ein treffendes Bei - ſpiel das nachſtehende Vorkommnis zum Abdrucke: Zwei Knaben begegneten einem Wachtpoſten. Als ſie einige Schritte von ihm entfernt waren, wird der eine Knabe plötzlich durch einen Schuß in den Kopf getötet. Der andere Knabe drehte ſich nun ſchleunigſt um und lief weg. Die genaue Unter - ſuchung aller Verhältniſſe ergab als ſicher, daß4Marburger Zeitung Nr. 58, 14. Mai 1903.durch einen unglücklichen Zufall das geladene Ge - wehr des Soldaten herunterglitt und daß die Waffe, als er ſie feſtzuhalten ſuchte, ſich entlud, wobei der Soldat den Knaben den Rücken zukehrte. Trotzdem erzählte der überlebende Knabe ſpäter vor Gericht, er hätte ſich umgedreht und hätte geſehen, wie der Soldat ſie angeſehen und vor dem Schießen gezielt hätte. Da in ſeinem Kopfe das Zielen immer vor dem Schießen ſteht, verlegte er Bewegungen, die der Soldat nach dem Schießen gemacht hatte, vor den Schuß und glaubte mit Sicherheit nun be - haupten zu müſſen, daß der Soldat wirklich ge - zielt hätte.

Marburger Nachrichten.

(Vom Marburger Kreisgerichte.)

Der Landesgerichtsrat Karl Martinak wurde an Stelle des k. k. Oberlandesgerichtsrates Dr. Franz Vouſchek als Stellvertreter des Vorſitzenden des Ge - ſchwornengerichtes beim k. k. Kreisgerichte in Mar - burg für die zweite Schwurgerichtsſitzung im Jahre 1903 berufen. Vor einigen Tagen verließ der Unterſuchungsrichter Herr Dr. Torggler unſere Stadt, nach Pettau zurückkehrend. Die Staats - gewalt läßt ſich durch eine Handvoll erbärmlicher windiſcher Denunzianten und Hetzer allemal ein - ſchüchtern, weil wir Deutſchen im Parlamente keine ordentliche, radikale, Reſpekt einflößende Vertretung haben.

(Für die Abgebrannten von Windiſchgraz.)

Die Steiermärkiſche Sparkaſſe hat Sr. Exzellenz dem Herrn Statthalter den Be - trag von 20.000 K. zur Linderung des Brand - unglückes in Windiſchgraz mit dem Erſuchen über - geben, hieraus in erſter Linie kleine Gewerbsleute, Dienſtboten, Arbeiter u. dgl., keinen unbeweglichen Beſitz habende Perſonen, bei denen vorausſichtlich eine Erſatzleiſtung durch die Verſicherung von vorneherein ſo ziemlich ausgeſchloſſen erſcheint, zu bedenken.

(Handelskurſe für Erwachſene.)

Am 30. v. M. wurde der halbjährige Handelskurs für Damen beendet. Dieſer Kurs, der zum erſtenmale in unſerer Stadt abgehalten wurde, erfreute ſich eines recht guten Beſuches. Gelehrt wurden von den Herren Bukwich, Engelhardt, Grub - bauer, Kowatſch und Ruß folgende Gegen - ſtände: einfache und doppelte Buchführung, Wechſel - kunde, Handelskorreſpondenz, Kontorarbeiten, kauf - männiſches Rechnen, Stenographie, Maſchinſchreiben und Kalligraphie. Die Unterrichtserfolge waren trotz der Fülle der Gegenſtände und der verhältnis - mäßig kurzen Unterrichtszeit durchgehends lobens - werte. Allerdings ließen Fleiß und Ausdauer der Teilnehmerinnen nichts zu wünſchen übrig. Bei der würdigen Schlußfeier überreichten die Abſolven - tinnen den Lehrern des Kurſes zum Zeichen des Dankes für ihre Mühewaltung ein hübſches An - denken in Form eines nett ausgeführten Gruppen - bildes. Die nächſten für Damen und Herren ge - trennten Handelskurſe werden am 1. Oktober er - öffnet werden. Daß mit der Einführung dieſer Kurſe in unſerer Stadt eine ſchon längſt vorhan - dene Lücke ausgefüllt wurde, zeigt das rege Inter - eſſe, welches ſchon jetzt den im Herbſte zu eröff - nenden Kurſen entgegengebracht wird. Der Lehr - körper ſteht zwecks Unterbringung der Abſolventen mit Handelshäuſern, Kanzleien, Gewerkſchaften uſw. hier und auswärts in Verbindung. Intereſſenten erteilt jederzeit bezügliche Auskünfte Herr Lehrer Ruß Franz, Herrengaſſe 56, 3. Stock.

(Marburger Schützenverein.)

Beim letzten Kranzelſchießen am Sonntag, den 10. d., welches als Probeſchießen auf ſämtliche Scheiben und Karten diente und durch Militärmannſchaft bedient wurde, erhielten auf der Standſcheibe das 1. Tiefſchußbeſt Herr k. u. k. Oberwaffenmeiſter H. Schwann, das 2. Herr Rudolf Straßmayer und das 1. Kreisbeſt Herr k. u. k. Oberwaffen - meiſter Schwann; auf der Feſtſcheibe das 1. Beſt Herr Guſtav Bernhard, das 2. Herr Kaſpar Hausmaninger, das 3. Herr A. Quandeſt; auf der Feldſcheibe das 1. Tiefſchußbeſt Herr Jul. Rupprich, das 2. Herr V. Hausmaninger und das 1. Kreisbeſt Herr V. Hausmaninger. Es wurden gegen 2000 Schuß abgegeben. Das nächſte Probeſchießen auf ſämtliche Scheiben findet am Sonntag, den 17. Mai, um 2 Uhr nachmit - tags, ſtatt.

(Ausflug.)

Die Radfahr-Riege des Mar - burger Turnvereines unternimmt Sonntag, den 17. d. M. einen Ausflug nach Schleinitz, woſelbſtſie mit den anderen Turnern, welche zu Fuß und per Bahn dort ankommen, zuſammentreffen. Nach Abhaltung eines Staffettenlaufes der Turner iſt allgemeiner Aufbruch nach Perſchaks Weinſchank. Sammelpunkt der Radfahrer in Azzolas Café am Burgplatz um ¼2 und Abfahrt Punkt halb 2 Uhr. Die radfahrenden Turner mögen ſich recht zahlreich einfinden. Gäſte willkommen.

(Marburger Trabrennverein.)

Für das am 21. Mai (Himmelfahrtstag) ſtattfindende Frühjahrstrabrennen gibt ſich, beſonders angeſichts der in Ausſicht ſtehenden Beteiligung mehrerer auswärtiger Rennſtälle, ein ſehr reges Intereſſe kund. Die Herren Pferdebeſitzer werden nochmals daran erinnert, daß heuer ausſchließlich nur ſchriftliche, an den Schriftführer Herrn Ver - walter A. Kern, Marburg, Schlachthaus zu rich - tende Nennungen angenommen werden. Die - ſelben werden am 17. Mai geſchloſſen und ſind Nachnennungen nicht ſtatthaft. Die Rennbahn ſteht von Sonntag, den 17. d. an zur Verfügung.

(Geni’s Kinematograph.)

Für Freitag, Samstag und Sonntag iſt wieder ein neues Pro - gramm beſtimmt, aus dem wir die Bilder: Der Empfang Sr. Majeſtät des Kaiſers Franz Joſef in Auſſig und The Romers Truppe (Filmlänge 250 Meter) anführen, welche beſonders gefallen werden. Morgen, Freitag, um 4 Uhr nachmittags Extra-Herrenvorſtellung; ſolche werden jeden Sams - tag, Sonntag und Dienstag gegeben. Der Beſuch der Vorſtellungen iſt ein recht guter. Heute kommt noch das Dornröschen zur Vorführung, welche hübſchen Bilder gewiß noch einmal gebracht werden dürften. Der Beſuch iſt auch bei ungünſtigem Wetter leicht möglich.

(Pettauer Geſchichten.)

Geſtern fand vor dem hieſigen Kreisgerichte unter dem Vorſitze des LGR. Morokutti die Appellverhandlung über das Urteil des Pettauer Bezirksgerichtes ſtatt, nach welchem der penſionierte Poſtbeamte Friedrich R. v. Kalchberg wegen Beleidigung des Pettauer Buchdruckereibeſitzers Heinrich Blanke und wegen Uebertretung des Tierſeuchengeſetzes durch Nicht - beachtung der Hundekontumaz zu 14 Tagen Arreſtes mit einem Faſttage verurteilt wurde. Der Appell - gerichtshof wandelte die Arreſtſtrafe in eine Geld - ſtrafe von fünfzig Kronen um.

(Wetterkanonen oder Wetter - raketen.)

Mit Bezug auf den unter obiger Auf - ſchrift in unſerem letzten Blatte erſchienenen Artikel teilen wir allen Weinbautreibenden mit, daß Herr Sorko am Freitag, den 15. d. M., um halb 9 Uhr abends, im hieſigen Volksgarten und auf dem Kalvarienberge ein Probeſchießen vornehmen wird, zu welchem alle Landwirte eingeladen werden.

(Der letzte deutſche Prieſter in Marburg.)

Vor wenigen Tagen iſt bekanntlich hier Pater Ludwig Wellenthal geſtorben. Mit ihm iſt der letzte deutſche Prieſter Marburgs mit Tod abgegangen. Marburg, eine Stadt mit über 25.000 Einwohnern, von welchen ſich als Deutſche bekennen, hat nunmehr nicht einen einzigen deutſchen Geiſtlichen. Und da - bei iſt Marburg mit einem derartigen Ueberfluß an Kleriſei ge ſegnet , wie nicht bald eine zweite Stadt in Inneröſterreich. Aber alle gehören der Koroſchetz-Raſſe an, politiſches Vollblut, heran - und ausgebildet im be kannten Koroſchetz-Seminar, getränkt mit tiefgehendem Haſſe gegen alle Deutſchen, gegen dieſelben Deutſchen, deren Prieſter ſie ſein ſollen. Selbſtverſtändlich werden ſie auch entſpre - chend gewürdigt und wenn man von den Kerzel - weibern des Marburger Chriſtlichen Frauenbundes abſieht, welche in freudiges Entzücken geraten, wenn ſie einem feiſten windiſchen Hochwürdigen die Hand küſſen dürfen, mit welcher derſelbe ſoeben einen Brandartikel gegen die Deutſchen für ein windiſches Blatt geſchrieben hat wenn man alſo von dieſen Kerzelweibern abſieht, welchen die Aufgabe zuteil wurde, ihre Männer katholiſch und für die win - diſchen geiſtlichen Hetzer gefügig zu machen, ſo bleibt ja faſt gar kein Kreis mehr übrig, welcher über die windiſchen Vollblutkapläne eine andere Meinung haben würde als die, welche die ſelbſt - verſtändliche iſt. Aber dieſe erfreuliche Erwägung ändert gar nichts an der Tatſache, daß die deutſche Stadt Marburg nunmehr aus - ſchließlich windiſche Geiſtliche hat, welche ſich als nationale Feinde unſerer Stadt, unſerer deutſchen Bevölkerung fühlen und betätigen. Eine dem Deutſchtume und unſerer Stadt feindliche Organiſation, deren Tätigkeit zum großen Teile überdies immun iſt! Welch Indianergeheul lärmtin jeder Nummer der windiſchen Blätter über deutſche Richter, Beamte und Lehrer; die deutſchen Marburger aber ſollen es ſich wohl gefallen laſſen, ausſchließlich mit windiſcher Vollblut-Kleriſei ge ſegnet zu werden! Das Schönſte an der Sache iſt aber der Umſtand, daß dieſelben windiſchen Vollblutkapläne, welche der windiſche Biſchof den Deutſchen als Seelenhirten aufzwingt, unab - läſſig in windiſchen Verſammlungen zum Boykott der deutſchen Geſchäftsleute auffordern, derſelben Geſchäftsleute, deren Seelenhirten ſie angeblich ſind! Vormittags verzeiht er im Beicht - ſtuhle die Sünden anderer Leute; nachmittags hetzt er in Verſammlungen voll wilder Feindſelig - keit gegen ſeine eigenen Beichtkinder ! Wir ſind wohl über den Verdacht erhaben, in den ſoge - nannten deutſchen Geiſtlichen am Ende gar eine Wohltat für das deutſche Volk zu erblicken; nichts deſtoweniger muß es angenagelt werden, daß der windiſche Biſchof der deutſchen Stadt Marburg mit ihren 25.000 Einwohnern ausſchließlich fana - tiſche, windiſchnationale Geiſtliche aufdrängt! Wir haben in Marburg die Windiſche Kirche ; gut! Wir haben die Domkirche, in welcher von Rechts - wegen ausſchließlich deutſch gepredigt werden ſollte; in Wirklichkeit aber iſt die Domkirche dank dem Walten und Wirken der windiſchen Kleriſei faſt noch windiſcher als die offiziell als ſolche geltende Windiſche Kirche . Wir haben ferners die Magdalenen-Pfarkirche am rechten Drauufer; dort wird von der Kanzel überhaupt kein deutſches Wort geſprochen! Man ſieht, daß die windiſche Kleriſei die Marburger mit aller Ge - walt los von Rom machen will! Uns ſind dieſe ſkandalöſen Zuſtände übrigens nicht unerwünſcht. Um ſie voll ausnützen zu können, wird es geboten ſein, die Marburger Los von Rom-Orga - niſation wieder gehörig in den Sattel zu ſetzen auf daß die monatlichen Uebertrittsausweiſe unſerer Stadt jedesmal eine ſchöne Ziffer bilden. Wird die Sache wie in Nord - und Weſtböhmen energiſch angepackt, kann ſie ſtolze, hocherfreuliche Ergebniſſe liefern. Jetzt iſt der letzte deutſche Prieſter Marburgs tot wir haben nur mehr windiſche; dann aber wird die Zeit kommen, wo man vom letzten Römiſchkatholiſchen in Marburg ſprechen wird wir werden lauter Evangeliſche haben. So mag ſich an das Andenken des Paters Ludwig, des letzten deutſchen Prieſters von Marburg, die ſichere Zuverſicht auf die Wiederevangeliſation unſeres Volkes knüpfen!

(Beſpritzung der Obſtbäume gegen Fusicladium.)

Gegen die Fusicladium-Krankheit bei Aepfel - und Birnbäumen ſollte die Beſpritzung jetzt gleich nach der Blüte mit einer einprozentigen Kupferkalklöſung zur Ausführung kommen. Bei dieſer Arbeit achte man darauf, daß möglichſt alle Blätter und jungen Früchte fein beſtäubt werden, indem dadurch der Schutz gegen die genannte Krankheit ein ſicherer iſt. Die Löſung muß durch Beigabe einer genügenden Menge Kalk (auf ein Kilo Kupfervitriol ungefähr 2 Kilo ſpeckigen, ge - löſchten Kalk) neutraliſiert ſein, d. h. ſie darf nicht mehr ätzend wirken, weil ſonſt die jungen, zarten Triebe und Blätter leicht Schaden nehmen könnten. Die Beſpritzung wirkt nur vorbeugend, nicht heilend. Daher warte man nicht, bis ſich die Erkrankung der Blätter zeigt, ſondern beſpritze jetzt baldmöglichſt alle diejenigen Aepfel - und Birnbäume, welche man gegen die Krankheit ſchützen und deren Früchte man gerne fleckenfrei haben möchte. Auch ſolche Bäume, welche keine Früchte angeſetzt haben, ſind zu ſpritzen, weil ſonſt die für die ganze Entwicklung ſo ſehr notwendigen Blätter erkranken, wodurch eine empfindliche Schwächung der erſteren eintreten würde. B.

(Das Kind im Fäkalienfaſſe.)

Vor - geſtern wurde der Gendarmerie angezeigt, daß bei der auf dem Acker des Beſitzers Mickl in Unter - poberſch ſtattgefundenen Entleerung eines Fäkalien - faſſes in dem Faße ein totes Kind weiblichen Ge - ſchlechtes gefunden wurde. Der Gendarmeriewacht - meiſter Herr Schesko aus Heil. Dreifaltigkeit, welcher gegenwärtig den hieſigen Wachtmeiſter ver - tritt, erſchien nach der Meldung an der Auffindungs - ſtelle und ließ die Leiche in die Poberſcher Toten - kammer ſchaffen, woſelbſt geſtern früh die gericht - liche Obduktion der Leiche ſtattfand. Wie feſtgeſtellt wurde, ſtammte das Faß aus dem Nendl’ſchen Hauſe Trieſterſtraße 11. Dortſelbſt befindet ſich auch ein Gaſthaus. Es lag die Vermutung nahe, daß eine Perſon das Kind durch den Abort in das Fäkalienfaß geworfen habe. Wie der Augenſchein5Nr, 58, 14. Mai 1903. Marburger Zeitungim genannten Hauſe ergab, hätte aber das Kind im Abortſchlauche Verletzungen davontragen müſſen, was aber nicht der Fall war. Nachdem das Faß auch in Unterpoberſch eine Zeit lang unbeaufſichtigt ſtand, iſt die Möglichkeit, daß das Kind erſt dort in das Fäkalienfaß geworfen wurde, ebenfalls nicht ausgeſchloſſen. Die Sicherheitswache iſt eifrig be - müht, die Täterin ausfindig zu machen.

(Beim Sprengen verunglückt.)

Aus Cilli ſchreibt man: Am 6. d. um etwa 9 Uhr abends waren die Häuer Joſef Judeš und Joſef Jeſih, bedienſtet bei der Kohlengewerkſchaft in Trifail, im Joſefiſtollen mit der Sprengung mit Rhexitpatronen beſchäftigt. Als dieſelben eine Ladung anzündeten und davoneilten, trat die Exploſion ſo unverhofft ſchnell ein, daß Judeš von einem Steine rückwärts getroffen wurde. Derſelbe erlitt hierdurch einen Rippenbruch auf der linken Seite und eine Lungenbeſchädigung, welche lebens - gefährlich iſt.

(Ein Verbrechen an einer Halb - gelähmten.)

Vorgeſtern vormittags begab ſich die 22jährige Winzerstochter Maria Efferl in ihre am Kapellenberge gelegene Wohnung. Ein kurzes Stück vor derſelben wurde die Efferl von einem angeblich beiläufig 25 Jahre alten brünetten, mit dunkler Kleidung und blauer Schürze verſehenen Manne überfallen und vergewaltigt. Die Efferl iſt auf einer Seite gelähmt und konnte ſich daher des Mannes nicht erwehren. Als der Tat verdächtig wurde bereits ein Mann dem hieſigen Kreisgerichte eingeliefert.

(In die Zirkularſäge geraten)

iſt am letzten Sonntag der 12jährige Sohn Anton des Sägemeiſters Gregor Paulitſch in Maria - Raſt. Die rechte Hand wurde ihm ober dem Ellen - bogen weggeriſſen und auch der Daumen der linken Hand wurde verletzt. Der Schwerverletzte hatte noch die Kraft, in Begleitung nach Marburg zu fahren, um das hieſige Krankenhaus aufzuſuchen.

(Eine recht heitere Beſcheidenheit.)

Das hieſige windiſche Organ windiſcher Hetzpfaffen ſchreibt in ſeiner geſtrigen Nummer über die ge - plante Maifahrt deutſcher Lehrer nach Cilli, daß die Maifahrt taktlos (!!) ſei, weil Cilli immer mehr ſloveniſch werde! Aber es kommt noch ſchöner. Das Wendenblatt erklärtnämlich allen Ernſtes, daß die Windiſchen von Cilli die kommen den deutſchen Gäſte nicht mit Steinen und Eiern bewerfen, ſondern ruhig durch die Gaſſen ziehen laſſen werden. Nein dieſe Beſcheidenheit! Sie erinnert an die Genügſamkeit des Fuchſes, dem die Trauben zu ſauer waren, weil ſie ihm zu hoch hängten! Die Windiſchen in Cilli wollen den Marburger Gäſten nichts tun. O rührende Selbſtverleugnung, die ſo tief in der Furcht vor einer ausgiebigen Tracht ungebrannter Haslinger-Aſche ihre tiefe Begründung hat!

(Brände.)

Wie aus Rann berichtet wird, kam am 8. d. beim Schweineſtalle des gegenwärtigim Ranner Krankenhauſe befindlichen Beſitzers Johann Rozmann in Birkdorf, Gemeinde Wiſell, Feuer zum Ausbruche, welches den Stall und das Wohngebäude einäſcherte. Dem Schaden von 700 K ſteht eine Verſicherung von 400 K gegenüber. Das Feuer wurde durch den vierjährigen Knaben Stefan Gjule infolge unvorſichtigen Hantierens mit Zünd - hölzchen gelegt. Am 8. d. gegen 11 Uhr nachts kam in dem Wohngebäude des Beſitzers Michael Vodišek in Preſično, Gerichtsbezirk Drachenburg, infolge eines blitzſchlages Feuer zum Ausbruche, welches den Dachſtuhl ſamt allen am Boden auf - bewahrten Kleidern und Getreidevorräten einäſcherte. Schaden 2000 K; Verſicherung 500 K. Bei der Bergung der Habſeligkeiten erlitt Vodišek ſchwere Brandwunden an Händen und Füßen und ver - ſtauchte ſich den rechten Fuß.

(Sommerfeſt in Deutſch-Lands - berg.)

Der Feſtausſchuß des am 28. Juni in Deutſch-Landsberg unter dem Protektorate Se. Exzellenz des Statthalters Grafen Clary und Aldringen ſtattfindenden Sommerfeſtes hat beſchloſſen, das Reinerträgnis dieſes Feſtes zur Hälfte dem ſteiermärkiſchen Notſtandsfonde, zur Hälfte den Abbrändlern in Windiſchgraz zuzuführen.

(Tötlicher Sturz.)

Aus Rann be - richtet man unterm 10. d. M.: Der Maurer Herr Franz Soba aus Anovec, Gemeinde Videm, war mit zwei Gehilfen mit dem Ausheben eines neuen Brunnens beim Weingarten des Herrn Silveſter Schalk aus Lichtenwald in Kremen bei Videm tätig, welche Arbeit am 9. d. vollendet wurde. Nach der Beendigung dieſer Arbeit ließ ſich Soba mittels eines Haſpels noch einmal in den Brunnen, wobei die Hemmvorrichtung verſagte und Soba mit voller Gewalt in den fünf Meter tiefen Brunnen ſtürzte und dabei derartige Verletzungen erlitt, daß er an den Folgen ſtarb.

(Eine Kuhgeſtohlen.)

In der Nacht vom 28. auf den 29. v. M. wurde dem Beſitzer Franz Nemetz in Stadtberg bei Pettau von unbe - kannten Tätern eine Kuh im Werte von 100 Kronen geſtohlen. Die Kuh war von kaſtanienbrauner Farbe.

Jahr - und Viehmärkte in Steiermark.

Die ohne Stern aufgeführten ſind Jahr - und Krämermärkte, die mit einem Stern (*) bezeichneten ſind Viehmärkte, die mit zwei Sternen (**) bezeichneten ſind Jahr - und Viehmärkte.

Am 16. Mai zu Hochenegg** im Bez. Cilli; St. Martin** im Bez. Deutſchlandsberg; Neudau** im Bez. Hartberg; St. Egidi** im Bez. Marburg; Peilenſtein** im Bez. Drachenburg; Rann (Schweine - markt); Wiſell** im Bez. Rann; Weiz**; St. Georgen a. d. Stiefing ** im Bez. Wildon.

Am 18. Mai zu Stainz**; Fürſtenfeld**; Deutſch-Feiſtritz; Arnfels**; Studenitz* im Bez. Wind. -Feiſtritz; Mureck**; Fiſchbach im Bez. Birk - feld; Eggendorf** im Bez. Gleisdorf; Paſſail* im Bez. Weiz; Rohitſch**.

Eingeſendet.

Anfruf an die Südmark - Mitglieder.

Die unbeſchreibliche Not, die über unſere Stammesgenoſſen in Windiſchgraz gekommen iſt, veranlaßt uns, die herzliche Bitte an alle geehrten Mitglieder der Südmark zu richten, den Hart - bedrängten zu helfen. Von dem Grundſatze aus - gehend: Wer ſchnell gibt, gibt doppelt , bitten wir alte Kleidungsſtücke, Wäſche u. ſ. w. bei unſerem Zahlmeiſter Herrn Max Wolfram, Herrengaſſe, oder beim Schriftführer Herrn Alois Waidacher, Kärntnerſtraße 19, abgeben zu wollen, welche Gegenſtände ſofort nach ihrem Beſtimmungsorte, an die Windiſchgrazer Südmark-Ortsgruppe, abge - ſendet werden. Direktor Schmid, Obmann, A. Waidacher, Schriftführer.

Verſtorbene in Marburg.

  • 2. Mai. Koß Mathilde, Bahnkeſſelſchmieds-Tochter, 2 Mo - nate, Joſefigaſſe, Bronchialkatarrh.
  • 3. Mai. Strach Anna, Wirtſchafterins-Kind, 10 Monate, Bankalarigaſſe, Fraiſen. Danko Thomas, Magds - Kind, 12 Monate, Poberſcherſtraße, Lungentuberkuloſe,
  • 4. Mai. Wergles Viktor, Bahnſchloſſerskind, 5 Monate. Mellingerſtraße, Darmkatarrh.
  • 5. Mai. Piſanetz Wilhelm, Schuhmacherskind, 12 Tage, Windenauerſtraße, Atrophie. Saje Anton, Maſchi - niſt aus Graz, 44 Jahre, Schwußwunde.
  • 7. Mai. Wellenthal Ludwig, Franziskaner-Prieſter, 72 Jahre, Fabriksgaſſe, Lungenentzündung.

Verſtorbene im allg. Krankenhauſe.

  • 18. April. Aloiſia Nerat aus Marburg. Antonia Wed - maier aus Marburg.
  • 19. April. Maria Kermautz aus Zellnitz a. D.
  • 20. April. Maria Sork aus St. Margarethen.
  • 21. April. Roſalia Lamprecht ans Ober-Laſche.
  • 22. April. Gertraud Lečnik aus Marburg.
  • 23. April. Maria Paveletz aus St. Peter.
  • 25. April. Franz Graber aus Marburg.
  • 26. April. Aloiſia Weber aus Poberſch
  • 27. April. Joſef Jurſcha aus Wurmberg. Friedrich Poſch aus Brunndorf.
〈…〉〈…〉
6Marburger Zeitung Nr. 58, 14. Mai 1903.
〈…〉〈…〉
7Nr. 58, 14. Mai 1903. Marburger Zeitung
〈…〉〈…〉
8Marburger Zeitung Nr. 58, 14. Mai 1903.
〈…〉〈…〉

Verantwortlicher Schriftleiter Norbert Jahn. Herausgabe, Druck und Verlag von L. Kralik in Marburg.

About this transcription

TextNr. 58, 14.05.1903.
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Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Benjamin FiechterSusanne HaafNote: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).2018-01-26T13:38:42Z grepect GmbHNote: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T13:38:42Z Amelie MeisterNote: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.2018-01-26T13:38:42Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic informationNr. 58, 14.05.1903. . KralikMarburg1903. Marburger Zeitung

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IDS Mannheim

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; mkhz2

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Editorial principles

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  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
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