PRIMS Full-text transcription (HTML)
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Uznach, MittwochNo. 62. den 3. Auguſt 1892.
St. Galler-Volksblatt.
Publikationsorgan der Bezirke See und Gaſter. Obligatoriſch in Uznach, Jona, Eſchenbach, Schmerikon, St. Gallenkappel, Ernetſchwil, Gommiswald, Goldingen.

Abonnementspreis: Bei den Verträgern und mit Adreſſe in der Schweiz halbjährlich Fr. 2. 50 Rp., vierteljährlich Fr. 1. 30 Rp. Bei der eidgen. Poſt jährlich Fr. 5. Rp., halbjährlich Fr. 2. 60 Rp., vierteljährlich Fr. 1. 40 Rp. Für das Ausland (Poſtverein) jede Nummer mit Adreſſe halbjähr - lich Fr. 5. Rp., wöchentlich ein Mal halbjährlich Fr. 3. 50 Rp.

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37. Jahrgang.

Inſertionsgebühr für den Seebezirk und Gaſter (ohne Vermittlung der Inſeratenbureaux): Die kleinſpaltige Petitzeile oder deren Raum 10 Rp. Für die übrigen Inſerenten koſtet die kleinſpaltige Petitzeile oder deren Raun 15 Rp. Bei Wiederholungen Rabatt. Inſerate müſſen jeweilen bis ſpä teftens Dienſtag und Freitag, Vormittags 9 Uhr, abgegeben werden.

Erſcheint Mittwoch und Samſtag.

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Druck und Verlag von K. Oberholzer’s Buchdruckerei.
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Wöchentl. Gratisbeilage: Linth-Blätter .

Ein Jubiläum.
Schon fünfmal hundert Jahre ſind
Verfloſſen bis auf heute,
Seitdem das erſte Kartenſpiel
Die ganze Welt erfreute.
Wer iſt ſo dumm und kennt es nicht
Mit ſeinen Prachtsfiguren!
Wem geht das Herz nicht wohlig auf
Beim Jaſſen und Panduren!
Ein Jubiläum gibt’s darum
Dem Kartenſpiel zu Ehren,
Mit Trumpf, Muſik und Redeſchwall,
Bankett und Becherleeren.
Und zu dem Jubiläumsſchmaus
Iſt Alles eingeladen,
Wer je die Karten nahm zur Hand
Zum Nutzen oder Schaden.
Scharwenzelnd kommen ſie herbei
Die dicken, reichen Praſſer,
Die auf der Welt nichts and’res ſind
Als täglich Kaffee-Jaſſer.
Von allen Seiten ſammeln ſich
Die Lumpen auch in Schaaren,
Die Ehre, Geld, Kredit verklopft
Beim Spiel in wenig Jahren.
Die Frauen wollen auch hinein
Mit ihren bleichen Kleinen,
Die, als der Vater Karten wies,
Gehungert unter Weinen.
Das ſchmeckt den alten Zechen nicht;
Man weist ſie vor die Thüre
Und miſcht die Karten, zieht und bringt
Die Bauern alle viere.
So ſpielen ſie mit Lärm und W〈…〉〈…〉
Und wollen gar nicht enden,
Bis dann der Tod in ſeinen Sack
Sie wirft mit beiden Händen.

* Behaltet euere Silberlinge! (Eingeſandt.)

Die Oberaufſicht des Staates über das Beſtattungsweſen, inſoweit ſie ſich auf die öffentliche Geſundheitspflege bezieht und darauf beſchränkt, hat die Kirche jederzeit anerkannt. Die Be - ſtattung der Verſtorbenen aber in der geweihten Erde des Kirch - hofs iſt eine kirchliche, eine religiöſe Feier und ihre Ausübung, Kraft eigenen Rechts auf eigenem Grund und Boden, der Kirche, mit dem Eigenthum und der Kultusfreiheit durch die Staatsverfaſſunggaran - tirt. Nun aber erklärt das vorliegende Geſetz im offenbaren Widerſpruche mit dieſer Verfaſſung im zweiten Jahre ihres Beſtandes, daß ihr vom 1. Januar 1893 an jede kirchliche Be - ſtattung Kraft eigenen Rechts und auf eigenem Grund und Boden zu verwehren ſei; es erklärt zu dieſem Zwecke die zur Zeit den Kirchgemeinden zugehörigen Kirchhöfe mit einem frechen Federſtriche als Eigenthum der politiſchen Gemeinden. Die Herrſchaft über Kirchengut, die Rechte, darüber zu verfügen und zu verordnen, ſpricht dieſes Geſetz den Ge - meinderäthen zu. Dieſe haben freilich, ſowohl in den Be - gräbnißordnungen, als in den Reglementen über Feuerbeſtattung vorzuſehen, daß die Beiſetzung und Gedächtnißfeier Verſtorbener nach den kirchlichen Gebräuchen der betreffenden Konfeſſion geübt werden können . Ueber kirchliche Gebräuche zu beſtimmen und wie ſie geübt werden können, deren Ausübung zu erleichtern und zu erſchweren, ſoll Sache der Gemeinderäthe ſein. Wenn dann Andersgläubige und ſog. Altkatholiken finden, daß ſie auf dem katholiſchen Kirchhofe für ihre kirchlichen Gebräuche auch der katholiſchen Kirche bedürfen, ſo beſtimmen darüber ihre Gemeinderäthe. Es iſt eine kirchenfeindliche Geſinnung in dieſem Geſetze und für ein ſolches Geſetz dürfen und werden wir niemals unſere Zuſtimmung geben. Aber auch Anders - gläubige, welche es ehrlich meinen, werden dieſes Geſetz zurück - weiſen; denn es iſt kein Geſetz, das zum Frieden dient. Wer den Frieden unter den Konfeſſionen will, der achtet die Freiheit eines jeden und ihr Eigenthum. Wir haben das Geſetz vom Jahre 1873 bekämpft und verworfen und bekämpfen und ver - werfen auch das neue und mit dem neuen auch das alte wieder. Oder ſoll man den Feind nur einmal bekämpfen und vor dem zweiten Anfall die Waffen ſtrecken? Gewiß nicht. Im Unrecht ſind daher jene unſere Geſinnungsgenoſſen, welche, wie wir, das neue, wie das alte Geſetz verurtheilen, aber dennoch der Meinung ſind, daß die Verwerfung des neuen nur dahinaus - laufe, das alte zu ſichern. Umgekehrt, wer im neuen und mit dem neuen das alte beſtätigt, der hat dem Feinde den Beſitz doppelt geſichert. Das neue Geſetz iſt ja noch ſchlimmer, als das alte, dieſes kennt die unchriſtliche Feuerbeſtattung noch nicht. Dieſe neuheidniſche Leichenverbrennung mag der Staat auf ſeinem eigenen Grund und Boden gewähren laſſen, aber aufden Kirchhöfen der chriſtlichen Konfeſſionen darf er ſie nicht dulden, da muß er ſie als eine Beleidigung und Beeinträchtigung der chriſtlichen Gewiſſensfreiheit verbieten. Ob die Anſicht, als würden mit der Annahme des neuen Geſetzes der Errichtung chriſtlicher Denkzeichen Schwierigkeiten bereitet, ſo ganz unbe - gründet ſei, das glauben wir ganz und gar nicht. Im Geſetze freilich ſteht dies und anderes wohlweislich nicht geſchrieben, wohl aber in der unchriſtlichen Geiſtesrichtung, die hinter dem Geſetze ſteht. Das Kreuz iſt den Juden ein Aergerniß und den neuen, wie den alten Heiden eine Thorheit. Oder wozu denn, ſo fragen wir, immer und immer wieder dieſer kirchenfeindliche Geiſt in den Geſetzen, wenn man nicht wollte, daß er nach und nach und Hand in Hand mit der konfeſſionsloſen Schule im Volke die Herrſchaft erlangen und wenn nicht die Befeindung und Unterdrückung des chriſtlichen Lebens und der Kirche der Beweggrund und das endliche Ziel iſt. Aber mit der un - entgeltlichen Beerdigung, ſo wendet man uns ein, waren wir ja einverſtanden; ja, wir ſind es noch, aber nicht einverſtanden für die 15 Silberlinge der unentgeltlichen Beerdigung Freiheit und Rechte der Kirche preiszugeben. Mit der unentgeltlichen Beerdigung ſind wir einverſtanden, inſoweit und wo ſie eine Wohlthat iſt für die Armen. Aber wo hört die Wohlthat auf? Wenn eine Familie einige tauſend Franken verſteuert und auf 10 Jahre einen Sterbefall zählt, ſo wird ſie finden, daß ſie in ihrem, durch die unentgeltliche Beerdigung ſo wohlthätig er - höhten Steuerbetreffniß, in dieſen 10 Jahren dieſe Wohlthat dem Staate vorausbezahlen müßte. Da hört die Wohlthat auf. Für die Armen ſind wir einverſtanden, aber wozu dieſe Wohl - that an die Wohlhabenden und Reichen verſchwenden auf Koſten der kleinen Vermögen und des Mittelſtandes? Gebet dem Staate, was des Staates iſt, im Begräbnißweſen die Ober - aufſicht, inſoweit ſie ſich auf die öffentliche Geſundheitspflege bezieht und darauf beſchränkt, und gebet Gott, was Gottes iſt, das Gotteshaus der Kirche und den Gottesacker, den Hofraum der Kirche, den Armen aber ſpendet die Wohlthat der unent - geltlichen Beſtattung in der geweihten Erde des Kirchhofs, aber verſuchet nicht, für elende Silberlinge Freiheit und Rechte der Kirche preiszugeben! Sie werden euch zurufen: Behaltet euere Silberlinge, haben wir auf eigene Koſten des Lebens Noth und das Kreuz durch’s Leben getragen, ſo pflanzen wir auch noch auf eigene Koſten das Kreuz auf unſerem Grabe auf, das Kreuz der Erlöſung.

Eidgenöſſiſches.

Die ſogen. eidgen. Bank , welche keine ſtaatliche Anſtalt iſt, hat eine üble Zeit hinter ſich. Ihr Zweigbureau St. Gallen, unter der Direktion des im Mai l. I. verhafteten Schenk geſtanden, hat Fr. 3 199 416 als Defizit einzutragen. Davon fallen Fr. 2 971 781 zu Laſten der konkurſiten Firma Sturzenegger in Herisau. Der geſammte Verluſtkonto bei allen Zweigbureau und der Hauptbank zuſammen beträgt ca. Mill. Beſonders gegenüber dem Komptoir St. Gallen und einigen gewagten oder zweifelhaften ausländiſchen Unternehmungen waltete zu wenig Sorgfalt. Bezüglich der raffinirten Machi - nationen und Veruntreuungen des Direktors Schenk in St. Gallen ſagt der Unterſuchsbericht des Fürſprech Dr. Zuppinger in Zürich: Schenk hatte es verſtanden, nahezu ſein ganzes Perſonal ſo heranzubilden, daß die Einen aus Un - kenntniß oder in gleichgiltiger Verrichtung ihrer Obliegenheiten nichts bemerkten, während die Andern aus unſauberer Gewinn - ſucht in Mitleidenſchaft gezogen und damit zum Stillſchweigen und Mitbetrügen gebracht wurden. Hiezu kam das Schenk von Bern aus geſchenkte blinde Vertrauen und die ihm von der Generaldirektion und dem geweſenen Generalinſpektor gewordene konſtante Anſpornung zur Heranziehung immer neuer Börſen - Klienten. In ſolcher Weiſe ermuthigt, ließ der wenig ſkrupulöſe Schenk ſeine Klienten immer neue Spekulationen mit dem Gelde der Bank unternehmen, unbekümmert darum, ob ſie überhaupt in irgend welcher Weiſe zahlungsfähig waren. Wie die General - direktion Winke zur Vorſicht auffaßte, geht aus folgendem Vor - kommniſſe hervor: Im Juli 1891 ſchrieb ein bekannter Genfer Bankier an die Generaldirektion in Bern, um ſie auf die That - ſache aufmerkſam zu machen, daß von St. Gallen aus öfters Wechſel in hohen Summen in Genf mit Umgehung des dortigen Komptoirs reeskomptirt wurden, deren Bezogene nach eingeholter Information als unbekannt bezeichnet wurden. Derartige Wechſel wurden häufig erneuert und es machte dies einen den Kredit der Bank ſehr ſchädigenden Eindruck. Anſtatt nun die Sache direkt unterſuchen zu laſſen, ſchickte die Generaldirektion die bezügliche Korreſpondenz dem Direktor Schenk zur Bericht - erſtattung und begnügte ſich mit deſſen vager, unbefriedigenden Auskunft. Ein derartiges Verfahren mußte dazu beitragen, Schenk ſtets frecher zu machen und verſtärkte ſeine Zuverſicht, daß ſeine verbrecheriſchen Handlungen nicht entdeckt werden. Das Komptoir St. Gallen wurde vom Dezember 1890 bisDezember 1891 ohne Inſpektion gelaſſen. Die ſonſtigen wenigen Inſpektionen ſind zudem, trotz mehrwöchentlicher Dauer, niemals auf die Prüfung der Befundsanzeigen und Kontokorrentauszüge mit den eigenen Büchern ausgedehnt worden; ſonſt hätten die Unregelmäßigkeiten längſt aufgedeckt werden müſſen. Dagegen iſt ebenſo hervorzuheben, daß den Inſpektionsberichten und den darin gemachten Rügen und Bemerkungen ſeitens der General - direktion und des Generalinſpektors ſehr wenig Beachtung ge - ſchenkt wurde. Schwer in’s Gewicht fällt die Art und Weiſe, wie die Jahresbilanz pro 1891 der Geſammtbank auf - geſtellt wurde. Nach dem St. Galler Tagblatt wurden eine Reihe großer zweifelhafter Poſten ohne Vornahme einer Ab - ſchreibung voll eingeſetzt. Der Geſammtbetrag desſelben ſtellt ſich auf mindeſtens 7 Mill. Franken und es iſt nicht zu ſchlimm berechnet, wenn die Differenzen zwiſchen dem eingeſetzten und dem wirklichen Werthe auf rund 3 Millionen Franken ange - ſchlagen worden. Wären dieſe letztern, dem Geſetze entſprechend, unter die Paſſiven aufgenommen worden, ſo wäre der aus - gerichtete Gewinn verſchwunden! Auf Grund der aufgeſtellten Bilanz von 1890 aber mußten von der eidgen. Bank Fr. 2 400 000 ausbezahlt werden und zwar Fr. 2 100 000 als 7 Proz. Zins und ſodann Fr. 300 000 als Gewinnantheile. Von dieſen letzteren entfielen Fr. 96 000 oder 8 Prozent an die 12 Mit - glieder des Verwaltungsrathes, welche der Direktion nicht an - gehörten und an jedes Mitglied Fr. 8000; ferner Fr. 60 000 an die 4 Mitgleder der Direktion, alſo an jedes Mitglied Fr. 15 000, zugleich Fr. 36 000 an den Generaldirektor Graffen - ried, Fr. 108 000 an die vielen Angeſtellten der Bank und ihrer Komptoirs. Ein Verwaltungsmitglied P. hatte außerdem im Jahre 1891 neben ſeinem obigen Antheil noch Fr. 9750 als Entſchädigung bezogen. Der Generaldirektor von Graffen - ried fand Zeit, in nicht weniger als 19 Geſellſchaften als Mit - glied des Verwaltungsrathes thätig zu ſein.

Zur Landesvertheidigung.

Oberſt Theophil Sprecher in Chur ſpricht ſich in einem veröffentlichten Artikel über die Eiſenbahnfrage ſchließlich dahin aus, daß nach dem militäriſchen Geſichtspunkte ſelbſt der Bau von Eiſenbahnen in den Grenz - gegenden gefordert werden müſſe, es ſei das ebenſo wichtig, wie die Anlage von Feſtungen. Hr. Rektor Arbenz in St. Gallen ſagte am 26. Juli d. J. in einer Anrede an die Turnſchüler, daß ohne ſittliche Zucht auch das größte Talent haltlos ver - derbe das lehre die Weltgeſchichte auf jedem ihrer Blätter. Die phyſiſche und ſittliche Geſundheit des Volkes wird zu allen Zeiten die wirkſamſte Landesbefeſtigung bleiben .

Die geplagten Bundesväter in den Ferien.

Bundes - präſident Hauſer iſt zum Ferienaufenthalt nach Zermatt ver - reist, wo auch Herr Schenk weilt, während Herr Droz Morgins, Herr Ruchonnet das Berner Oberland vorgezogen hat und Herr Frei feiert mit dem ſchweiz. Offiziersverein in Genf. Es iſt alſo noch zu Hauſe Zemp und Deucher.

Militäriſche Beförderungen.

Zu Lieutenants der Sanitätstruppen (Pferdeärzte) wurden ernannt: Näf Rudolf in Luzern und Zimmermann Hieronymus, Weggis. Zum Major der Infanterie (Schützen): Hauptmann Tſchudi Peter, Schwanden, Chef des Schützenbataillons 8, Auszug. Major Pelliſſier, Maurice, in St. Maurice, bisher Kommandant des Bat. 11 wird zum Oberſtlieutenant befördert und Kommandant des Infanterieregiments 4, Auszug. Oberſtlieutenant Hauſer Otto in St. Gallen wird Kommandant des Infanterieregiments 26, Auszug. Oberſtlieutenant Herzog Adolf, Aeſch, Kommandant des Infanterieregiments 15, Landwehr.

Silbermünzen.

Bekanntlich hat das eidgen. Finanz - departement, im Hinblick auf die Ueberhandnahme der italieniſchen Silberſcheidemünzen im ſchweizeriſchen Verkehr, alle größeren Kaſſen des Landes erſucht, am 23. Juli eine Aufnahme ihrer Silberlinge vorzunehmen. Dieſe Aufnahme hat nun bei der Bank in Baſel 80 Proz. italieniſche, 12 Proz. franzöſiſche, 6 Proz. belgiſche und griechiſche und nur 2 Proz. ſchweizeriſche Prägung ergeben.

Schächtfrage.

Bis jetzt ſind über 55 000 Unterſchriften in verſchiedenen Schweizerkantonen geſammelt worden. Die Abſtimmung über das in die Verfaſſung aufzunehmende Schächt - verbot muß alſo ſtattfinden.

Schweizer macht’s nach!

Die Regierung des König - reichs Griechenland hat beſchloſſen, aus Sparſamkeitsrückſichten alle Geſandten im Ausland, diejenigen in Konſtantinopel und in Bukareſt ausgenommen, abzuberufen.

Nochmals Sozialdemokratiſcher Patriotismus . Wir haben in letzter Nummer den Redaktor der Arbeiterſtimme , Bürger Seidel, etwas unſanft angefahren wegen der Notiz vom Bour - geois Blauen in der Arbeiterſtimme . Nun ſchreibt uns Herr Otto Lang in Zürich, daß Redaktor Seidel gegenwärtig von Zürich abweſend iſt und daß er, Otto Lang, als Stell - vertreter von Seidel, die betr. Notiz verfaßt habe.

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St. Galliſches.

* Samuel Hilf!

Ein Einſender in der Oſtſchweiz möchte dem neuen Zivilbeſtattungsgeſetz das Mäntelchen chriſtlicher Charitas umhängen. Eitle Liebesmühe! Es braucht doch fruchtbar wenig Verſtand dazu, um eingeſehen zu haben, daß das Geſetz nicht aus chriſtlicher Nächſtenliebe , ſondern aus grundſätzlichem Haß gegen die chriſtliche Be - erdigung, nach den bekannten Rezepten der Freimaurerei und des antichriſtlichen Sozialismus hervorgegangen. Der Staats - beitrag von Fr. 15 bildete gewiſſermaßen nur eine Art Be - ſtechung, um es den Großräthen ab dem Lande annehmbarer zu machen. Die Mitwirkung| einiger konſervativer Führer war eine Konzeſſion an die Sozialdemokraten. Was hat aber das Volk von dieſen Speckartikeln , die es mit ſeinem Steuerbeutel doppelt bezahlen muß? Statt einer Wohlfahrt nach unten, iſt es vielmehr eine Ungerechtigkeit für den Bauern - und Mittel - ſtand überhaupt, der ja nicht blos für die Armen, ſondern auch für die Reichen herhalten muß; denn auch die Reichen ſollen auf Koſten der Gemeinde beerdiget werden und nicht blos die Armen. Auch die Leichenverbrennung hat doch ſpottwenig mit der chriſtlichen Charitas zu thun. Hat man aber einmal auch den Mittelſtand, in dem faſt allein noch die chriſt - liche Tradition mit ihren Wurzeln der Religion und der Moral etwelchen Halt hat, decimirt, ſo wird man bald bei Mathä am Letzten ſein.

Von der Weltgeſchichte ſcheint der Herr in der Oſtſchweiz gleichfalls einen ſehr dunkeln Begriff zu haben, ſonſt würde er nicht behaupten wollen, die franzöſiſche Revolution ſei deswegen entſtanden, weil man für die untern Volksklaſſen nichts gethan habe. O Röhrle! Weißt Du denn nicht, daß die franzöſiſche Revolution aus der antichriſtlichen Literatur (Voltaire, Encyclopediſten u. dgl. ) hervorgegangen und daß die Gottesleugnerei in Form einer ausgeſchämten Straßendirne auf dem Altar gehoben wurde? Die Noth in den untern Klaſſen war offenbar ſehr unſchuldig an den blutigen Opfern der franz. Revolution; nicht aber der hohe Wohlfahrts - Ausſchuß in den hohen Kreiſen. Si tacuisses, lieber Freund! philosophus mansisses!

Regierungsrathsverhandlungen vom 29. Juli 1892.

Der ſt. galliſchen Fohlenweiden-Genoſſenſchaft wird an die Koſten einer projektirten Alpverbeſſerung auf Unterbächen, Gemeinde Ebnat, ein Staatsbeitrag von 25 Proz. zugeſichert; zugleich wird beim Bundesrath das Geſuch um Zuerkennung eines gleichhohen Bundesbeitrages geſtellt.

An 18 Elementargeſchädigte aus verſchiedenen Gemeinden werden aus der Kantonshülfskaſſe Unterſtützungen im Geſammtbetrage von Fr. 1240 verabfolgt.

Dem Bundesrath wird über die für das Jahr 1893 projektirten Schutzbauten an Wildwaſſern Bericht erſtattet.

Die vom Kantonsingenieur ausgearbeiteten Planvorlagen für eine neue Verbauung des Auerbaches bei Eichberg werden genehmigt und dem Bundesrath zur Prüfung und behufs Erwirkung einer Bundes - ſubvention vorgelegt.

Dem Krankenhaus Wattwil wird ein Staatsbeitrag von Fr. 3000 zuerkannt.

Der Regierungsrath hat unterm 22. Juli d. I. in theilweiſer Reviſion der Hebammenordnung behufs noth - wendiger Weiterbildung von älteren Hebammen Repetitions - kurſe vorgeſchrieben, welchen nach und nach alle diejenigen Hebammen beizuwohnen haben, welche in den letzten 10 Jahren weder eine Prüfung noch einen ſolchen Kurs durchgemacht haben. Dieſe Kurſe ſollen die Dauer einer Woche haben und in der Regel im Frühjahr und im Herbſt für eine Zahl von 20 Theil - nehmerinnen in St. Gallen ſtattfinden. Die Aufforderung zur Theilnahme geſchieht auf Anordnung der Sanitätskommiſſion durch die betreffenden Bezirksärzte. Außer dem Unterrichte wird eine Nachſchau über den Zuſtand der Berufsgeräthſchaften der Repeditionsſchülerinnen vorgenommen werden.

Das Kantonsgericht hält am 30. Auguſt einen Plenaraugenſchein in Uznach, am 31. Auguſt iſt Präſidial - augenſchein in Weeſen, vom 1. bis und mit 20. September Sitzung im Kantonsgerichtsſaal in St. Gallen.

Cäcilianiſches.

Für die Abhaltung des kantonalen Cäcilienvereinsfeſtes in Flums iſt nun ſchon ordentlich vor - gearbeitet. Das Programm iſt fertig geſtellt. Das Feſt ſoll Montag, den 10. Oktober 1. Jahres abgehalten werden. Ver - ſchiedene Umſtände wirkten mit, daß der Zeitpunkt der Ab - haltung hinausgeſchoben werden mußte. Am Vorabend des be - ſagten Tages (Sonntag Abend) iſt die erſte Produktion mit Andacht, an welcher ſich die Chöre von Flums, Wallenſtadt, Berſchis, eventuell Mels ſich betheiligen werden. Am Feſttage ſelber wird der Chor von Chur das Requiem und der Chor von Uznach eine Meſſe (von Stehle?) beim Hochamt vortragen, woran ſich Einzelproduktionen von Chören aus dem Bezirk ſich an - ſchließen werden. Nachmittags (den 10.) iſt Veſper von Kühne, vorgetragen von den Chören des Bezirkes.

St. Gallen.

Die ſt. galliſche Sanitätskommiſſion hat ſich durch die leidige Ueberhandnahme der Maul - und Klauenſeuche in Innerrhoden veranlaßt geſehen, den Verkehr zwiſchen dem Kanton St. Gallen, bezw. dem Rheinthal und Werdenberg und den an dieſe Landestheile anſtoßenden inner - rhodiſchen Alpen zu ſperren. Der Beſuch des Hohenkaſtens vom ſt. galliſchen Gebiete aus iſt nicht geſtattet und auch der Abſtieg gegen dieſe Seite durchaus verwehrt. Die Gefährde, welche in einer Verſchleppung der Krankheit auf hierſeitiges Gebiet ent - ſtehen würde, iſt eine ſo enorme, daß wohl gehofft werden darf, es werde der Verfügung der genannten Behörde ſtrenge Nach - achtung zu theil.

St. Gallen. Erdbeben.

Montag Morgen 5 Uhr wurde hier ein ſtarker Erdſtoß in der Richtung von Weſten nach Oſten verſpürt. Während man denſelben in Goßau 3 Minuten vor 5 Uhr gewahrte, wurde er hier um 5 Uhr und in Altſtätten um 5 Uhr 10 Min. bemerkt und zwar überall mit gleicher Heftigkeit, ſo daß in den Zimmern die Möbel ſtark gewiegt wurden und die Wände und Mauern krachten.

Goßau.

Die Volksverſammlung vom letzten Sonn - tag in Sachen des Beerdigungsgeſetzes war überaus zahlreich beſucht. In ſachlicher und ſehr gewandter Weiſe referirten Herr Dr. Thürlemann gegen und Herr Schuhmacher für das Geſetz. In der Diskuſſion vertraten die Herren Nationalrath Staub, Gemeindeammann Ruggli, Kantonsrath Högger, Land - wirth Niedermann und Gerichtsſchreiber Geeſer den gegneriſchen,Herr Scherrer und Redaktor Baumberger den annehmenden Standpunkt. Goßau wird ohne Zweifel verwerfen.

Geſtern referirte Herr Kurer von St. Fiden vor einer Verſammlung von zirka 80 Mann über das Beerdigungsgeſetz. Die Mehrheit ſoll gegen das Geſetz ſein.

Die heutige Volksverſamm - lung zur Beſprechung des Beerdigungsgeſetzes war von ca. 200 Mann beſucht. Gegen das Geſetz ſprachen die HH. Bezirks - ammann Schönenberger, Pfarrer Kellenberger von Bütſchwil, Pfarrer Bühler und Lehrer Köppel, während Hr. Kantonsrath Meßmer für dasſelbe eintrat. Eine Abſtimmung fand nicht ſtatt. Nach den Beifallsbezeugungen zu urtheilen, war eine Mehrheit gegen das Geſetz.

Bei dem heftigen Gewitter von geſtern Nacht ſchlug der Blitz in das Haus des Landwirthes Scherrer in Botsberg, jedoch ohne zu zünden. Das Kamin wurde total zertrümmert und im angebauten Stalle eine Kuh erſchlagen.

Mels.

Die veranſtaltete Volksverſammlung zur Beſprechung des Beerdigungsgeſetzes war von ca. 60 (!) Mann beſucht.

Kathol. Geſellenverein.

Sonntag den 30. Aug. begehen die kath. Geſellenvereine Wil, St. Gallen und Rorſchach gemeinſam in Wil das 25jährige Stiftungsfeſt, verbunden mit der Weihe einer neuen Vereinsfahne für den Verein von Wil.

Die Drahtſeilbahn Ragaz-Wartenſtein wurde am 1. Auguſt eröffnet. Bei der Kollaudation fanden ſowohl die Geſammtanlage, der Unterbau mit dem ſtattlich repräſen - tirenden 7 Bogen-Viadukt und den 2 Tunels als auch der ſolid angelegte Oberbau (Eiſenſchwellen, Schienen, Zahnſtangen, Seilführung und Ausweichung) große Anerkennung. Gut be - währten ſich desgleichen die 2 Wagen, jeder eingetheilt in ein Koupe erſter Klaſſe für 8 Perſonen und 2 Koupe’s zweiter Klaſſe, von dieſen das eine zu 8 Sitzplätzen und das andere zu 12 Stehplätzen. Für Ragaz-Pfäfers wird dieſe Drahtſeil - bahn eine angenehme und vortheilhafte Neuerung ſein.

Flums.

Der 29. Juli war für die Gemeinde Flums ein wahrer Unglückstag, ſchreibt man der N. Gl. Ztg. Eine Frau Lori hatte mit Petrol Feuer angemacht und ließ die damit gefüllte Kanne zu nahe am Feuer ſtehen. Auf einmal gab es einen Knall, die Kanne zerplatzte, und Frau Lori ſtand in hellen Flammen. Sie verbrannte ſich gräßlich. Die linke Hand ſoll ganz ſchwarz ausſehen und die Muskeln an Leib und Armen hingen in Fetzen herunter.

Ein 3 4jähriger Knabe von Herrn Maler Gämperli fiel heute mit einem Teller ſo unglücklich zu Boden, daß er auf einer Scherbe des Tellers die Naſe entzwei ſchnitt und die Stirn nicht unerheblich verletzte.

Auf dem hieſigen Bahnhof ſchoben einige Arbeiter einen Wagen, welchen ſie beladen hatten, vorwärts, um einem andern Platz zu machen. Auf einmal hörten ſie einen Jammerruf, und als ſie nachſahen, gewahrten ſie einen Knaben, welcher hinten aufgeſeſſen und heruntergefallen war, mit einem Bein im Rade. Schwer verletzt wurde er nach Hauſe verbracht.

In der Nähe von Flums fand am Samſtag ein Felsabſturz ſtatt und verſchüttete mehrere weidende Kühe.

* Amden.

Heute (1. Auguſt) langte der ſehnlich erwartete erſte Poſtwagen an, feſtlich bekränzt und von Böller - ſchüſſen begrüßt. Das ganze Dorf war beflaggt. Als erſte Paſſagiere ſtiegen aus ein fremder Herr und eine Dame (Touriſten). Ammons abgehärtete kräftige Bewohner werden wohl noch lange den Weg zu Fuß machen, dagegen werden wohl Aerzte, Kranke, Reiſende gerne das Poſtroß benutzen. Morgens 5 Uhr vernahm man hier 3 ſtarke Erdſtöße, die mit dumpfem unterirdiſchem Donner verbunden waren.

Amden.

Der am 1. Auguſt begonnene Doppel-Poſt - kurs zwiſchen Amden und Weeſen wird ſo ausgeführt, daß der zweiſpännige Poſtwagen Morgens um 5 Uhr 15 Minuten und Nachmittags um 3 Uhr 30 Minuten von Amden abfährt, von wo er jeweilen nach 3 Viertelſtunden am Bahnhof in Weeſen eintrifft. Die Rückfahrt von hier, je um 10 Uhr 10 Minuten Vormittags und 4 Uhr 30 Minuten Nachmittags, wird in 1 Stunde nnd 25 Minuten vollzogen.

Weeſen.(Korreſp.)

Die Berggemeinde Amden hat endlich die Schranken der Iſolirung gebrochen. Durch die Poſt, die den 2. d. M. ihren Kurs eröffnete, iſt ſie in den Bund der ziviliſirten Welt getreten und zum Theil auf die Höhe ihrer er - ſehnten irdiſchen Wünſche gelangt. Das goldene Zeitalter rückt nun in die Gemeinde ein. Licht, Fortſchritt und alle ihre Schweſtern brauchen jetzt vor dem ſtrengen Wege auf Amon’s Höhen und vor dem Schwitzen nicht zu ſchaudern; ſie können nun auf ſchönen und weich gepolſterten Sitzen dorthin gelangen und ihre Tabernakula aufſchlagen. Die Faktoren, welche die Verbindung mit der Außenwelt vermitteln, überſteigen alle Er - wartungen. Man erwartete eine Kaleſche aus den erſten Zeiten der turntaxiſchen Erfindung, ſchwere Mecklenburger und in dem Poſtillon einen aus der franzöſiſchen Revolution ſtammenden Invaliden und ſtatt deſſen erblickte man eine feine, moderne, zwar etwas ſchwerfällige Kutſche, feurige Roſſe à la ächte Araber, die Karl May mit ſeinem Freunde Halef bei ſeinem Ritte durch die Wüſte ſicher nicht verſchmäht hätte, und einen Roſſe - lenker, der ſein Metier gründlich verſteht. Dieſe Fürſorge der hohen Poſtverwaltung für das Publikum iſt kein Wunder; die Menſchen wollen ja fein und modern ſogar in den Himmel ſpedirt werden! Die Brautfahrt ging durch die Straßen des Städtchens und unter Bewunderung vieler Zuſchauer flott von Statten. Der erſte Eindruck berechtigt zu der ſicheren Er - wartung, daß die Poſt das reiſeluſtige Publikum befriedigen werde. Wohl, auf nach Amden, man braucht nicht zu Fuß zu gehen und der Genuß, den die Schönheit der Natur dem Auge dort bietet, wiegt die geringen Koſten der Reiſe tauſendfach auf!

Uznach.

Den 1. Auguſt, Morgens nach 5 Uhr, ver - ſpürte man hier ein Erdbeben, nach einem von halb 12 bis 1 Uhr vorausgegangenen intenſiven Gewitter. Der Erdſtoß wurde in der ganzen Oſt - und Zentralſchweiz mehr oder weniger beobachtet.

Zweites offenes Wort an den leitenden Ausſchuß der konſervativen Partei des Kantons St. Gallen. (Schluß.)

Wir verwerfen das neue Geſetz ferner auch, weil es den Gemeinden wieder eine bedeutende Steuerlaſt aufbürdet. Sie meinen zwar, das habe nicht viel zu bedeuten, da ja der Staat im Durchſchnitt zwei Drittheile der Koſten auf ſich nimmt. Iſt es möglich, daß einſichtige Staatsmänner ſo etwas hinſchreiben können! Woher nimmt denn der Staat das Geld? Woher anders als aus den Geldbeuteln der Bürger? Alſo haben die neuen Laſten des Staates wohl etwas zu bedeuten für die Bürger. Und ihre Rechnung deſſen, was die Gemeinden noch dazu zu leiſten haben, dürfte auch etwas zu roſig ſein. Nach der Be - rechnung anderer Freunde des Geſetzes wird dasſelbe den Staat jährlich 75,000 Fr. koſten und ebenſo viel die Gemeinden; alſo müſſen die Bürger jährlich wieder ca. 150,000 Fr. mehr zuſammenſteuern. Fürſprech Heinrich Scherrer, ein Befürworter des Geſetzes, berechnet 160,000 Fr. Wir glauben, die Geſammt - ſumme dürfte in Wirklichkeit ſich noch erhöhen. Und das ſoll eine Kleinigkeit ſein für ein Volk, das jetzt ſchon mit Steuern ſo ſehr belaſtet iſt, wie das St. Galliſche? Und das in einer Zeit, wo Handel und Verkehr ſtocken, wo der Verdienſt immer geringer und die ſonſtigen Ausgaben des Staates und der Gemeinden immer größer werden? Während der Kanton St. Gallen die ſchwerſten Steuerlaſten hat vor allen Kantonen und die Politiker anderer Kantone nicht begreifen können, wie das St. Galliſche Volk ſie mit ſo lammfrommer Geduld ertrage, wie uns ein erfahrener Politiker letzthin mittheilte, wiſſen unſere Staatsmänner nichts Beſſeres zu thun, als neue Steuern zu ſchaffen. Und ſchon denken ſie darauf, nach Annahme des Be - erdigungsgeſetzes neue Poſtulate zu bringen, die neuen Steuern rufen. Das heißt dem Volke Steine ſtatt Brod reichen. Da müßte das St. Galliſche Volk wirklich verblendet ſein, wenn es durch Annahme des Geſetzes dieſe Geldverſchleuderung ſanktionirte. Oder ſoll etwa das eine Beruhigung ſein für den gewöhnlichen Mann, wenn man ihm ſagt, die reiche Stadt St. Gallen zahlt zwei Drittel der Staatsſteuer? Aber die erhöhten Gemeinde - ſteuern bezahlt ſie nicht. Und was nützt es dem gemeinen Mann, wenn er hohe, ihm ſchwer fallende Steuern bezahlen muß, was dat er davon, denken zu können, ja die reichen St. Galler Herren bezahlen noch viel mehr? Damit wird ſein ohnehin magerer Geldbeutel nicht wieder gefüllt. Den reichen St. Galler Herren thut es freilich nichts; ſie ſuchen nur etwas mehr Vermögen zu verheimlichen, und wenn man ſie gar zu arg ſchröpfen will, packen ſie zuſammen und ziehen nach Conſtanz oder ſonſtwohin, wo die Herren Millionärs beſſer traktirt werden. Was nützen uns hohe Steuern, wenn ſie am Ende eine große Kapitalflucht veranlaſſen?

Wenn Sie ferner meinen, die unentgeltliche Beerdigung werde bewirken, daß für das Kirchliche mehr gethan werde, ſo dürften Sie auch hierin im Irrthum ſein. Die Vermöglichen werden wegen ca. 30 Fränklein, die ſie bei Beerdigungen von Staat und Gemeinden erhalten, keinen Centimes mehr ausgeben als bisher. Die von der Hand in den Mund Lebenden werden dieſe noch eher zum Luxus verwenden. Wird ja in dieſer Hinſicht ohnehin bei Beerdigungen für zu koſtbare Särge, Kränze, Eſſen, Grab - ſteine u. dgl. ein ſchweres Geld unnöthig verſchwendet. Und gerade die, welche gerne auf Koſten anderer leben, wollen bei ſolchen Anläſſen immer die Noblen ſpielen. Hier hätten die Herren eine verdienſtliche Aufgabe, wenn ſie dieſem Luxus ſteuern, der den Verſtorbenen nichts nützt und nur der Eitelkeit der Lebenden ſchmeichelt. In einem Jahr könnte da mindeſtens zweimal ſo viel erſpart werden, als das neue Geſetz Steuern veranlaßt, die nur wenigen einen kleinen Vortheil bringen.

Auch die Gefahr iſt nicht zu unterſchätzen, daß es ſpäter beißt: Wer zahlt, befiehlt . Die gleichen Elemente, welche darauf gedrungen, daß das Beerdigungsweſen den Konfeſſionen entriſſen werde, werden darauf drängen, daß nun auch Friedhof und Beerdigung ganz verſtaatlichet werde, d. h. in ihrem Sinn, daß alles religiöſe davon fern gehalten werde. Sie werden Schritt für Schritt vorwärts ſteuern, bis Friedhof und Beerdigung ein religionsloſes, troſtloſes Gepräge erhalten. Iſt es doch unter der Herrſchaft des jetzigen Geſetzes wiederholt vorgekommen, daß man den Katholiken verboten hat, mitten in ihrem Friedhof ein großes Kreuz, wie üblich, zu ſtellen.

Wie Hohn iſt uns Ihre Berufung auf Leo XIII., den glorreich regierenden Papſt, den erlauchteſten Kirchenfürſten der Gegenwart, den unvergeßlichen Ketteler rc., vorgekommen. Wohl verlangen dieſe Koryphäen des Katholizismus eingreifende, ſtattliche Thätigkeit zu Gunſten der arbeitenden Klaſſe, wie jeder, der ein chriſtl. Herz beſitzt; aber wo verlangen dieſelben Geſetze, die allen chriſtlichen Grundſätzen Hohn ſprechen? Wo verlangen ſie Geſetze, welche die ſtrebſamen Bürger ausſaugen zu Gunſten der leichtlebigen Elemente?

Es iſt uns ſchwer angekommen, gegen Sie, die Führer des kathol. Volkes, eine ſolche Sprache zu führen. Aber unſer Gewiſſen trieb uns an, auch unſer Scherflein nach unſern Kräften beizutragen, daß in ſozial-politiſchen Dingen eine beſſere Er - kenntniß wach werde.

Es war vielleicht unbeſcheiden von uns, Ihnen zuzumuthen, von uns Belehrung entgegen zu nehmen, da ſie an Talent, wie an Kenntniſſen uns überragen und hohe Ehrenſtellen bekleiden, die wir mit unſern beſcheidenen Talenten und geringen Kennt - niſſen zu übernehmen uns nicht getrauten (nebenbei bemerkt, es iſt freilich keine Gefahr, daß ſie uns angetragen werden). Dennoch glauben wir ohne Anmaßung in ſolchen Dingen ein beſſeres Urtheil uns zutrauen zu dürfen. Wir entſtammen ſelbſt der ärmeren Klaſſe, gehören ihr jetzt noch an und ſind ſeit einer Reihe von Jahren immer in allſeitigem Verkehr mit ihr geſtanden; wir haben alſo wohl beſſere Gelegenheit gehabt, deren Bedürfoiſſe kennen zu lernen als Sie. Wir haben ferner in guten philo - ſophiſchen Büchern ein wenig uns umgeſehen, wo die Grundlagen der Volkswohlfahrt theoretiſch beſprochen waren. Wir haben auch hiſtoriſche Werke geleſen, welche dieſe Grundlagen durch die beſte Lehrmeiſterin, die Erfahrung insbeſondere im Volksleben des Mittelalters als bewährt uns zeigten. Dann haben wir durch dieſelbe beſte Lehrmeiſterin die entgegengeſetzten modern-liberalen Staatsideen als nur deſtrultio wirkend erkannt. Urtheilen Sie ſelbſt, ob es da noch große Anmaßung ſei, wenn wir einmal aus unſerm gewohnten Stillleben heraustraten und auch ein3Wort in Politicis mitzureden uns erlaubten. Wir ſchließen mit dem Wunſche: Möchten Sie doch die erhabenen Vorbilder Leo XIII., Ketteler u. ſ. f. recht zu Ihren Vorbildern nehmen; möchten Sie jene Werke ſtudiren, die in ihrem Geiſt den berechtigten Staats - ſozializismus lehren! Nur ſo können Sie geheilt werden von Ihren liberal-demokratiſchen Ideen, nur ſo wahre Volksbeglücker werden. Das walte Gott.

Kantone.

Zürich.

Zürich.(Korreſp.)

Heute, Montag den 1. Auguſt, wurde ungefähr Morgens 5 Uhr ein ſtarkes Erdbeben verſpürt.

Vorletzten und letzten Sonntag fand in der kathol. Kirche in Außerſihl, im Gottesdienſtlokal des Geſellenvereins in Hottingen und in Oerlikon die Erſtkommunion der Kinder ſtatt. Die Zahl derſelben war noch nie ſo groß wie dieſes Jahr: in Außerſihl waren es 75 Knaben und Mädchen, im Geſellenhaus 72 und in Oerlikon, wo zum erſten Mal Erſtkommunion gehalten wurde, deren 14.

Die kathol. Herz-Jeſu-Kirche in Oerlikon wird binnen wenigen Wochen unter Dach kommen.

Der Flächeninhalt von Neu-Zürich iſt gleich groß, wie Petersburg, beinahe um die Hälfte größer als Wien, kleiner als Berlin, halb ſo groß wie London, kleiner als Paris und größer als Rom. Das vereinigte Zürich zählt heute über hundert tauſend Einwohner.

Bern.

Studentenkrakehle.

Letzten Dienſtag hat unter Studenten der Univerſität Bern eine große Keilerei ſtatt - gefunden.

Luzern.

Bei der Stadt Luzern, in der Nähe der Straße nach Zürich, befindet ſich das berühmte Löwendenkmal , ein im ſenkrechten Hügelfelſen künſtleriſch ausgehauener großartiger Löwe, der Tapferkeit und Treue der Schweizer gewidmet. Dieſes gewaltigen Eindruck machende ſteinerne Bild eines ſterbenden Löwen iſt das Werk des verſtorbenen ſchwediſchen Künſtlers Thorwaldſen und gilt dem unſterblichen Ruhm jener 900 Schweizer, welche während der franzöſiſchen Revolution am 10. Auguſt 1792 in Paris in unentwegter Treue und Tapferkeit als Palaſtwache des Königs Ludwig XVI. ihr Leben zur Vertheidigung ihres Dienſtherren in die Schanze ſchlugen. An jenem Tage blieben gegen 5000 Menſcheu, darunter 700 Schweizer, im Kampfe oder fielen als Opfer der Volkswuth. Die gefallenen Offiziere der Schweizergarde hießen Salis, Reding, Erlach, Diesbach, Rainold, Maillardoz u. ſ. w.

Nächſten Sonntag den 7. Auguſt 1892 wird in Luzern beim Löwendenkmal und der dortigen Kapelle eine Hundert - jahrfeier nicht das traurige Blutbad, ſondern die muthige Treue der Heldenſchaar ehren.

Schwyz.

Einſiedeln.(Eingeſ.)

P. Felix Wagner O. S. B. Kaum hat ſich die Kloſtergruft von Ein - ſiedeln über die ſterbliche Hülle des unvergeßlichen P. Georg Ulber, des lieben Bruders Mathias Stäuble und des noch jugend - lichen P. Gregor Luthiger, Mitglied des Kloſters Subiaco, ge - ſchloſſen, ſo fordert der Tod ein neues ſchmerzliches Opfer aus dem Stift. P. Felix gehörte der Herkunft nach unſerm Kanton St. Gallen an. Geboren in Eſchenbach den 24. Oktober 1862 wurde der ſtrebſame Knabe Proſper , ſo hieß ſein Taufname, von ſeinen biedern Eltern an die Kloſterſchule von Einſiedeln gebracht. Im Laufe mehrerer Jahre reifte in dem durch gute Anlagen, eiſernen Fleiß und goldenen Charakter ſich auszeichnen - den Jüngling der Entſchluß, in den Ordensſtand zu treten. So begann er im Frühjahr 1883 ſein Probejahr, legte 1884 ſeine einfachen und 1887 ſeine feierlichen Ordensgelübde ab. Im gleichen Jahr wurde er Diakon und erhielt am 29. Juli 1890 die bl. Prieſterweihe. Leider war es dem guten Vater nicht vergönnt, am Freuden - und Ehrentage ſeines Sohnes und der ganzen Familie theilzunehmen; er hatte kurze Zeit vorher das Zeitliche geſegnet. Nachdem er dann noch ſeine theologiſchen Studien völlig vollendet, wurde der Neuprieſter, wie es Uebung, an verſchiedenen Stellen zur Aushilfe verwendet. So war er dies Jahr ſchon längere Zeit in Seedorf (Kt. Uri), um den hochw. Kloſterbeichtiger, welcher vorübergehend eine andere Stelle zu verſehen hatte, zu erſetzen. Dieſen Herbſt ſollte P. Felix noch eine andere Stelle antreten. Allein der Menſch denkt und Gott lenkt. Niemand hätte geahnt, daß der hoffnungsvolle junge Mann dieſe Stätte nicht mehr lebend verlaſſen ſollte. Vor etwa 7 Wochen ergriff ihn die ſog. fliegende Gicht (Gliederſucht), welche gegenwärtig im Reußthal ſtark verbreitet ſein ſoll; erſt unbedeutend, machte ſie ſeit 8 Tagen reißende Fortſchritte, ſchlug ſich auf die innern Organe, ſo daß letzten Dienſtag Lebensgefahr einzutreten ſchien, nachdem er kurz zuvor noch einen Brief an ſeine Mutter auf deren Namensfeſt (Anna) diktirt hatte. Mit den hl. Sterbſakramenten verſehen, blieb er ſeines Bewußtſeins mächtig bis zum Eintritt des Todes, welcher Mittwoch den 27. Juli nachmittags erfolgte. Die Beiſetzung der Leiche fand Samſtags in der Gruft der Kloſterkirche zu Einſiedeln ſtatt. P. Felix war ein ſeelenguter, pflichteifriger Prieſter und Ordens - mann. Früh vollendet, hat er der Jahre viele erfüllt (Buch der Weisheit 4). Er ruhe im Frieden!

Einſiedeln.(Korreſp.)

Samſtags langten die längſt angekündigten Rheinthaler und Vorarlberger hier an. Es ſollen über 1600 frommer Waller ſein. Auch von Württemberg langten viele Pilger an. Ein Pilger darf doch gewiß aus dieſer 1628köpfigen Maſſe herausgeholt und dem Leſer vorgeführt werder: es iſt das der 72jährige Widnauer Meßner. Das kleine Männchen, das vor 4 Jahren unter allgemeinem Jubel der wackeren Widnauer ſein 50jähriges Meßnerjubiläum feierte, erhielt von ſeinem allzeit hilfsbereiten Pfarrherren die Bahn bezahlt und lief dann voller Freude auf Schuſters Rappen ohne alle Müdigkeit über den ſtruppigen Etzel und wieder zurück. War das eine Herzensfreude für den alterprobten Kirchendiener, als er nach 44 Jahren noch einmal vor ſeinem Lebensabſchluſſe vor Maria’s wunderbarem Gnadenbilde knieen und beten konnte! Ehre dieſem braven Rheinthaler! Gehab dich wohl, wackrer Mann!

Obwalden.

Die Eiſenbahnbrücke bei Lungern wurde 150 Meter fortgeſchwemmt, bis an den Lungernſee. Eine Erſatzbrücke iſt bereits angelangt. Der Betrieb auf der Brünigbahn wird vorausſichtlich morgen wieder auf - genommen. Der Schaden beträgt 15,000 Fr.

Glarus.

Gegenwärtig wimmelt es von Touriſten auf auf allen Bergen des Glarnerlandes. Der Glärniſch ſieht täglich eine Menge Beſucher. Das Hüttenbuch der Klubhütte am Glärniſch weist von dieſem Sommer bereits einige Hundert Namen auf, und es ſind außer dem Ruchen auch Vrenelisgärtli und Bächiſtock vielfach beſtiegen worden. Die Schneeverhältniſſe ſind ſehr günſtig, und die Verpflegung in der Klubhütte verdient alle Anerkennung.

Am letzten Sonntag wurde bei der ſo zweifelhaften Witterung der Mürtſchenſtock von drei kühnen Bergſteigern beſtiegen.

Zug.

Vor einigen Tagen ſchloß das Pen - ſionat bei St. Michael in Zug das Schuljahr 91 / 92. Es war von 132 Zöglingen beſucht, wovon 109 Schweizer und 23 Ausländer ſind. 118 wohnten in und 14 außer der Anſtalt. 96 Zöglinge gehörten der deutſchen, 20 der franzöſiſchen, 10 der italieniſchen, 3 der romaniſchen, 3 der ſpaniſchen Sprache an. 26 waren aus Zug, aus St. Gallen 15, Freiburg 13, Schwyz 11, Aargau 9, Graubünden 9, Luzern 8, Schaffhauſen 3 u. ſ. w. Auch Südamerika war mit 3 vertreten. In der Faſtnacht wurde zur Erinnerung an die Entdeckung Amerikas das Drama Kolumbus v. H. Schmidt, bearbeitet von Herrn Rektor Keiſer für Schultheater, mit großem Erfolg aufgeführt. Zur Erheiterung diente das Luſtſpiel Baron und Schuſterjunge v. L. v. Senden. Der ſogenannte große Spaziergang gieng nach Andermatt. Von Zug nach Arth gieng’s mit dem Schiff, von da zu Fuß nach Goldau, dann mit der Bahn nach Göſchenen, von da wieder zu Fuß nach Andermatt. Dort wurde zu Mittag gegeſſen und etwas ausgeruht. Auf dem Rückweg gieng es wieder in gleicher Weiſe zu Fuß, per Bahn und Schiff. Dieſer Ausflug in eine der großartigſten Landſchaften der Schweiz mit dieſer angenehmen Abwechslung zu Fuß, per Schiff und Bahn hat allen Theilnehmern überaus gefallen.

Die Erziehungsanſtalt bei St. Michael hat jetzt bereits 20 Jahre hinter ſich und hat beſonders in den letzten Jahren an Schülern zugenommen. Sie ſteht unter der hohen Protektion des hochwſt. Biſchofs von Baſel. Abgeſehen von den tüchtigen Leiſtungen in wiſſenſchaftlicher Beziehung Zug hat überhaupt ſeit Jahren den Ruf guter Schulen iſt die Anſtalt wegen ihrer ausnehmend ſchönen Lage und ihrer vortrefflichen ſanitariſchen Einrichtungen zu empfehlen.

Zug.(Korreſp.)

Gegenwärtig ſind unſere Penſionen und Bäder gut beſetzt. So ſind Bad Schönbrunn , Felſenegg und Schönfels gut angefüllt; ebenſo die Kneipp’ſche Kur - anſtalt in Walchwyl. Es iſt darum ein ziemlich lebhafter Verkehr von Thal zu Berg und umgekehrt.

Was die Politik anbetrifft, ſo ſind die Stellen des ver - ſtorbenen Stadtpräſidenten Zürcher noch nicht beſetzt. Herr Polizeidirektor Rüttimann, ein gemäßigt Liberaler, hat die auf ihn gefallene Wahl in die Regierung nicht angenommen, wohl wegen der ſehr geringen Stimmenzahl. Da er nicht Stadt - burger iſt und die Stadt in der Regierung ſonſt nicht vertreten iſt, ſo ſcheinen deßwegen viele ſeiner Parteigenoſſen ihm nicht geſtimmt zu haben. Auch die Kantonsrathswahl kam nicht zu Stande. Leicht hätten die Konſervativen ihren Kandidaten bei ſtärkerer Betheiligung durchgeſetzt, da nebenbei ein liberaler und ein demokratiſcher Vorſchlag war. Der Kandidat der Demokraten war ein Briefträger. Dieſe Wahlgeſchichten haben auch etwelche Uneinigkeiten unter den Liberalen der Stadt verurſacht.

Appenzell A. -Rh.

Hundwil.

Bei dem heftigen Gewitter von geſtern Morgen ſchlug der Blitz in eine mit Futter gefüllte Scheune, welche alſogleich in hellen Flammen ſtand.

Aargau.

Nationalrathswahl.

Telegramme aus Baden und Aarau melden den Sieg des konſervativen Kandidaten, Hrn. Vizegerichtspräſident Widmer. Herr Widmer erhielt 5657 Stimmen, 400 mehr als im zweiten Wahlgange; Redaktor Jäger unterlag mit 5133.

Teſſin.

Ueber einzelne Theile des Kantons Teſſin ging geſtern ein Gewitter mit Hagel weg, das die Reben und die Feldprodukte vollſtändig zerſtörte. Die Schloſſen erreichten die Größe eines Eis.

Neuenburg.

Ein fürchter - liches Hagelwetter hat in den Weinbergen von Cortaillod die diesjährige Ernte total vernichtet.

Ausland.

Deutſches Reich.

Es werden reichsamtliche Maßregeln gegen die Cholera für die badiſchen Grenzſtationen ebenfalls angewandt.

Eine durchreiſende Familie wurde als verdächtig heute nach der hieſigen ſtädtiſchen Cholera - baracke gebracht.

Amerika.

Große Hitze.

Am 30. Juli ſtarben in New-York 98 Perſonen an Hitzſchlag. Die Krankenhäuſer ſind überfüllt. Auch in Chicago vermag das Leichenhaus die Zahl der Todten kaum mehr zu faſſen; es iſt überdies ein Waſſer - mangel eingetreten.

Literariſches.

Im Verlage der Oſtſchweiz iſt dieſer Tage eine Broſchüre erſchienen, welche allſeitige Beachtung verdient. Auf den Wunſch ſeiner Freunde hat nämlich der hochw. Hr. Rektor I. A. Schmuki die Reiſeerlebniſſe eines St. Galliſchen Jeruſalempilgers , welche während drei Vierteljahren das Feuilleton der Oſtſchweiz bildeten, in Broſchürenformat unter dem Titel: Vom Bodenſee zum Jordan erſcheinen laſſen. Es wurden vielleicht noch wenige Feuilletons der Oſtſchweiz mit ſolchem allgemeinen und regen Intereſſen geleſen, wie dieſes. Der hochw. Verfaſſer verſteht es in gewandter, ſchöner Form alle ſeine und zum Theil auch ſeiner Gefährten Er - lebniſſe auf dieſer Reiſe dem Leſer zu erzählen. Wenn man dieſe Broſchüre liest, wird man mit den verſchiedenen Völkern, Konfeſſionen, Gebräuchen, Sehenswürdigkeiten u. ſ. w., die in Griechenland, Aegypten. Paläſtina und der Türkei zu treffen ſind, gut vertraut. Zum wieder - holten Male zieht er auch zutreffende Vergleiche zwiſchen den dortigen und den hieſigen Verhältniſſen und nicht ſelten fallen dieſe zu Ungunſten der freien Schweiz aus. Der Verfaſſer weiß Alles in ſchöner, geradezu muſterhafter Sprache auf das ſpannenſte zu ſchildern und oftmals wird auch unwillkürlich die Lachmuskel erregt, indem er an paſſender Stelle auch paſſende Scherze zu machen verſteht. Wir haben aus dem Munde vieler angeſehenen Männer nur Worte des Lobes über dieſe Broſchüre gehört. Ein jeder, der Gebildete wie der Ungebildete, liest ſie mit großer Leichtigkeit und regem Intereſſe. Fürhieſige Gegend dürfte noch beſonders der Umſtand dieſe Broſchüre empfehlenswerth machen: Viele haben die lehrreichen und amüſſanten Vorträge, die unſer Landsmann letzten Herbſt in Eſchenbach, Goldingen, Walde u. ſ. w. über dieſen Gegenſtand gehalten, auch angehört; durch das Leſen derſelben werden die angenehmen Erinnerungen an beſtimmte Orte, Ereigniſſe, Perſönlichkeiten rc. wieder aufgefriſcht und die Kennt - niſſe mit jenen Gegenden und Völkern bedeutend vermehrt. Der Preis (Fr. 1. 50) iſt bei 312 Seiten Oktav Format gewiß auch nicht zu hoch geſtellt. Wie uns geſagt wurde, beanſprucht der hochw. Verfaſſer in großmüthiger Weiſe für ſich auch nicht einen Rappen, ſondern wird der Reinertrag für einen guten Zweck verwendet. Jeder übt ſomit zugleich ein gutes Werk, der dieſe Broſchüre kauft; daher: Kauf und lies ſie .

Volks-Literatur.

Schon oft und oft iſt auf die hohe Be - deutung der Preſſe hingewieſen worden als auf die wichtigſte Lebens - äußerung des Volkes . Man kann nicht genug warnen vor den Er - zeugniſſen der unchriſtlichen und antiſozialen Preſſe und vor jenen fatbloſen Preß-Produkten, die gar kein Prinzip konſequent und beharrlich zu verfechten wagen. Anderſeits kann man nie zu oft wiederholen, welche Miſſion die poſitive chriſtliche Preſſe zu erfüllen habe und welche Verpflichtung das katholiſche Volk treffe, die gute Preſſe zu heben, zu fördern durch getreues Abonnement. Dem chriſtlichen Volke muß und darf nur das geſunde, kräftige Hausbrod einer unverfälſchten, ſoliden Welt - und Lebensanſchauung geboten werden. Die Wahrheit iſt nur eines möglichſt ſchönen Kleides würdig und leerer hochtrabender Rede - ſchwall ohne die feſte Baſis der Wahrheit nimmt ſich komiſch, unnatürlich aus. In beiden Beziehungen wird auf unglaubliche Weiſe geſündiget, indem man hier mit der Wahrheit ſpielend umgeht, dort ohne allen Geſchmack und Takt die Regeln eines guten Stiles verletzt. Möchte deshalb auf eine literariſche Erſcheinung aufmerkfam machen, die zwar nicht mehr ganz neu, aber leider noch zu wenig bekannt und gewürdigt iſt, nämlich auf die katholiſchen Flugſchriften zur Lehr und Wehr. Dieſe Broſchürchen bilden ein wahres Arſenal für die gegneriſchen Angriffe auf den Gebieten der Geſchichte, der Soziologie und des kath. Glaubens. Sie ſind eben ſo volksthümlich als gründlich und zuverläſſig geſchrieben; für ihre Gediegenheit zeugt der Umſtand, daß ſie zumeiſt von Jeſuiten, dieſen gefürchteten Apologeten verfaßt ſind.

Dieſe Flugſchriften eignen ſich, weil von ganz geringem Umfange und bei dem beiſpiellos billigen Preiſe von 15 Cts. für jede Nummer, vorzüglich als Lektüre für die weiteſten Kreiſe des Volkes. Die Nummern können durch j de Buchhandlung und in beliebiger Reihenfolge bezogen werden. Im Verlag der Germania , Berlin.

Markt in Herisan, den 29. Juli.

Butter, zollenweiſe Fr. 1. 15 bis 1. 20, pfundweite Fr. 1. 30 1. 35.

Kartoffeln, ztrw, neue Fr. 4. 50 bis 5. , pfdw. 5 6 Cts.

Birnen, ztrw. 20 Fr.; pfundweiſe 25 Cts.

Kirſchen, pfundw. 25 30 Cts.

Kälberpreis: per Pfund 46 52 Rp.

Butterpreis in Uznach, den 30. Juli.

Fr. 1. 20 per Halb-Kilo.

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TextNr. 62, 03. 08. 1892.
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Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Benjamin FiechterSusanne HaafNote: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).2018-01-26T13:38:42Z grepect GmbHNote: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T13:38:42Z Amelie MeisterNote: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.2018-01-26T13:38:42Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic informationNr. 62, 03. 08. 1892. . GegenbauerUznach1892. St. Galler Volksblatt

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