PRIMS Full-text transcription (HTML)
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Note: P. A.
St. Galler Volksblatt.
30. Jahrgang.
(Druck und Verlag von K. Oberholzer in Uznach.)Mittwoch, 2. Dezember 1885.

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No. 96.

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Das Rundſchreiben Leo XIII. über die chriſtliche Staatsverfaſſung. (Fortſetzung.)

Nothwendigkeit der Religionsübung.

Es iſt klar, daß der ſo eingerichtete Staat auf jede Weiſe verpflichtet iſt, ſeinen ſo vielen und ſchweren Ver - pflichtungen, welche ihn mit Gott verbinden, durch öffent - lichen Religionskult Genüge zu leiſten. Natur und Vernunft, die da vorſchreibt, daß alle Einzelnen heilig und gewiſſenhaft Gott verehren, weil wir ja in ſeiner Ge - walt ſind und von ihm ausgegangen zu ihm zurückkehren müſſen, verpflichtet mit demſelben Geſetze auch die bürger - liche Geſellſchaft. Denn die in Genoſſenſchaft verbundenen Menſchen ſind nicht weniger in Gottes Gewalt als die einzelnen und nicht weniger als die einzelnen ſchuldet auch die Geſellſchaft Gott Dank, durch den ſie ja geworden, durch deſſen Wink ſie erhalten wird und von deſſen Güte ſie unzählige überfließende Wohlthaten empfangen hat. Wie es deßhalb Niemanden erlaubt iſt, ſeine Pflichten gegen Gott zu vernachläſſigen, und wie es die größte Pflicht iſt, mit Geiſt und Herz die Religion zu umfaſſen und zwar nicht eine beliebige, ſondern die, welche Gott feſtgeſetzt und durch ſichere und unzweifelhafte Zeichen als die eine wahre aus allen kundgethan hat, ebenſo können die Staaten ohne Frevel ſich nicht aufführen, als ob es überhaupt keinen Gott gäbe und nicht die Pflege der Religion als etwas Fremdes und Unnützes bei Seite ſetzen oder von den vielen Arten derſelben indifferent eine be - liebige annehmen: ſo müſſen ſie im Gegentheil auf die Art und Weiſe Gott verehren, wie er nach ſeiner Offen - barung verehrt werden will. Der Name Gottes muß alſo bei den Fürſten heilig ſein und ſie müſſen es als ihre vor - nehmſte Pflicht anſehen, die Religion huldvoll zu umfangen, wohlwollend zu beſchützen und mit Geſetz und ihrem An - ſehen zu decken und durchaus nichts zu beſchließen und zu verordnen, was ihrer Reinheit entgegen wäre. Das ſchulden ſie auch ihren Unterthanen. Denn alle ſind wir geboren und beſtimmt zu einem letzten und höchſten Gute, das über dieſem hinfälligen und kurzen Leben im Himmel iſt und auf das alles Trachten und Sinnen hinzurichten iſt. Weil aber davon die völlige Beglückung aller Menſchen abhängt, deßhalb liegt für jeden Einzelnen Alles daran, das erwähnte Ziel zu erreichen. Daher muß die ſtaatliche Geſellſchaft, die zum allgemeinen Wohle da iſt, in der Wahrung der Staatsintereſſen ſo für die Unterthanen ſorgen, daß ſie für die Erreichung jenes höchſten und un - wandelbaren Gutes, das man ja unwillkürlich anſtrebt, nicht nur kein Hinderniß bereitet, ſondern allen möglichen Vorſchub leiſtet. Dazu gehört es vorzüglich, daß ſie ſich bemüht, die Religion, die den Menſchen mit Gott verbindet, rein und lauter zu wahren.

Von der wahren Religion.

Welches aber die wahre Religion iſt, erkennt leicht jeder, der vernünftig und unbefangen urtheilt; denn aus ſehr vielen und evidenten Argumenten, wie aus dem Ein - treffen der Prophezeiungen, aus der Menge der Wunder, aus der überaus raſchen Verbreitung des Glaubens ſelbſt mitten unter ſeinen Feinden und trotz der größten Hinder - niſſe, aus dem Zeugniſſe der Martyrer und ähnlichem geht hervor, daß einzig und allein diejenige die wahre iſt, welche Jeſus Chriſtus ſelbſt eingeſetzt und ſeiner Kirche zur Bewahrung und Ausbreitung übergeben hat.

Denn der eingeborne Gottesſohn hat eine Geſellſchaft auf Erden gegründet, welche Kirche heißt, und als deren erhabene und göttliche Aufgabe er es bezeichnet hat, das auf alle Zeiten und Geſchlechter zu übermitteln, was er ſelbſt vom Vater empfangen hatte. Wie mich der Vater geſandt, ſo ſende ich Euch. Joh. 20, 21. Siehe ich bin bei Euch alle Tage bis an’s Ende der Welt. Matth. 28, 20. Wie alſo Jeſus Chriſtus auf die Erde gekommen iſt, damit die Menſchen das Leben haben und es reich - licher haben (Joh. 10, 10), ſo iſt es auch die Aufgabe der Kirche, gleichſam ihr Endzweck, das Heil der Seelen anzuſtreben, und deßhalb iſt es ihr von Natur aus eigen, ſich über das ganze Menſchengeſchlecht zu erſtrecken, un - begrenzt von den Schranken des Raumes und der Zeit. Verkündigt das Evangelium jeglicher Kreatur. Marc. 16, 15. Für eine ſo ungeheure Menſchenmenge hat Gott ſelbſt Behörden angeordnet, die ihr, mit Macht begleitet, vorſtünden. Und er wollte, daß nur einer von allen das Haupt und der oberſte und ſicherſte Lehrer der Wahrheit ſei, dem er die Schlüſſel des Himmelreiches anvertraut hat. Dir will ich die Schlüſſel des Himmelreiches geben. Matth. 16, 19. Weide meine Lämmer .... weide meineSchafe. Joh. 21, 16 17. Ich habe für dich gebetet, daß dein Glaube nicht wanke. Luc. 22, 32. Obgleich dieſe Genoſſenſchaft ebenſo wie die ſtaatliche Gemeinſchaft aus Menſchen beſteht, ſo iſt ſie doch wegen ihres auf - geſtellten Endzweckes und wegen der Mittel, mit denen ſie ihren Zweck anſtrebt, übernatürlich und geiſtig. Und dadurch unterſcheidet ſie ſich von der ſtaatlichen Gemeinſchaft. Und was ihr höchſter Vorzug iſt, ſie iſt eine Genoſſenſchaft in ihrer Art und in ihrem Rechte vollkommen, da ſie die zur Bewahrung ihrer Unverſehrtheit und ihrem Wirken nöthigen Mittel alle durch den freien Willen und die Güte ihres Gründers in ſich und durch ſich hat. Wie das Ziel, das die Kirche anſtrebt, bei weitem das edelſte iſt, ſo iſt auch ihre Macht bei weitem die vorzüglichſte und kann keiner weltlichen Macht unterſtehen oder irgendwie unter - worfen ſein.

Zwei Gewalten.

Und in der That hat Jeſus Chriſtus ſeinen Apoſteln freie Macht gegeben über das Heiligthum, verbunden mit der Gewalt, Geſetze zu geben und mit der hieraus folgenden Doppel-Gewalt, zu richten und zu beſtrafen. Mir iſt alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden; darum gehet hin und lehret alle Völker, .... lehret ſie befolgen Alles, was ich euch befohlen habe. Matth. 28, 18 20. Und anderswo: Wenn er ſie nicht hört, ſo ſage es der Kirche. Matth. 18, 17. Und wiederum: Seid bereit, zu ſtrafen jeden Ungehorſamen. II. Cor. 10, 6. Ferner: Härter werde ich verfahren gemäß der Gewalt, die der Herr mir gegeben hat. Ebenda 13, 10. Deßhalb iſt für die Menſchen nicht der Staat die Führerin zum ewigen Leben, ſondern die Kirche; ihr iſt es von Gott aufgetragen, daß ſie über Alles zur Religion Gehörige ſelbſt wacht und beſchließt, daß ſie alle Völker lehre, daß ſie die Grenzen des chriſtlichen Namens, ſoweit es ihr möglich iſt, weiter ausdehne: kurz, daß ſie über alle Angelegenheiten des Chriſtenthums frei und ungehindert walte. Die Kirche hat auch nie unterlaſſen, dieſe abſolute Autorität und ihre Rechte, die ihr von der den Großen ſchmeichelnden Philo - ſophie ſchon lange ſtreitig gemacht werden, für ſich in An - ſpruch zu nehmen, und auch öffentlich auszuüben; die erſten, welche für dieſelbe kämpften, waren ja ſchon die Apoſtel, welche, als ihnen von den Vorſtehern der Sina - goge verboten wurde, das Evangelium auszubreiten, ſtand - haft antworteten: es iſt nicht erlaubt, den Menſchen mehr zu gehorchen als Gott. Apoſtelgeſch. 5, 29. Auch die heiligen Väter der Kirche beſtrebten ſich, dieſe Autorität bei gegebener Gelegenheit mit Beweisgründen zu vertheidigen und auch die römiſchen Biſchöfe haben nie verſäumt, mit unbeſiegter Standhaftigkeit gegen deren Bekämpfer ſtrafend vorzugehen. Ja, auch die Fürſten und Staatslenker er - kannten dieſelbe an in Wort und That, indem ſie durch Verträge, Abmachung gemeinnütziger Geſchäfte, gegenſeitige Geſandtſchaften und andere wechſelſeitige Dienſtleiſtungen mit der Kirche als mit der oberſten Gewalt zu verhandeln pflegten. Und fürwahr, es iſt wohl nicht ohne beſondere Vorſehung Gottes geſchehen, daß eben dieſe Gewalt ſich Stärkung verſchaffte durch weltliche Macht (Kirchenſtaat), als dem zuverläſſigſten Schutze ihrer Freiheit.

Deßhalb hat Gott die Leitung des Menſchengeſchlechtes unter zwei Gewalten vertheilt, die ſtaatliche und die kirch - liche, dieſe für das Göttliche und Himmliſche, jene für das Irdiſche. Jede iſt in ihrer Art die größte, beide haben gewiſſe Grenzen, durch die ſie beſchränkt ſind, und zwar durch ihre Natur und ihren nächſten Grund; und deßhalb wird gewiſſermaſſen ein Kreis beſchrieben, in welchem ſich das Wirken einer jeden nach eigenem Rechte bewegt. Aber da die Herrſchaft beider ſich über dieſelben (Menſchen) er - ſtreckt, ſo muß, da es vorkommen kann, daß ein und die - ſelbe Sache, wenngleich in anderer Weiſe, vor das Forum beider Gewalten kommen kann, Gott in ſeiner Voraus - ſehung, von dem beide Gewalten eingeſetzt ſind, die Be - fugniſſe beider genau und richtig bezeichnet haben. Denn Alles iſt von Gott angeordnet. Röm. 13, 1. Wenn dem nicht ſo wäre, ſo würden oft verhängnißvolle Streitigkeiten und Verwicklungen entſtehen, und nicht ſelten müßte ein ängſtliches Gemüth wie an einem Scheideweg ſchwanken und zaudern, nicht wiſſend, was es in Wirklichkeit thun ſolle, wenn die zwei Gewalten Gegentheiliges befehlen. Nun aber iſt es ganz widerſinnig, dies von der Weisheit und Güte Gottes zu denken, der ſelbſt die natürlichen Dinge, die ja weit niedriger Ordnung ſind, in wunder - barer Ordnung und Harmonie verbunden hat, ſo daß keine derſelben die andern hindern und alle zugleich zum Endzwecke der Welt ihrerſeits auf geeignete Weiſe bei - tragen. Deßhalb muß nothwendig zwiſchen beiden Gewalteneine gewiſſe Ordnung und Verbindung beſtehen, die nicht mit Unrecht mit der Vereinigung, die im Menſchen zwiſchen Leib und Seele beſteht, verglichen wird. Welcher Art aber dieſelbe ſei und wie weit ſich dieſelbe erſtrecke, kann nur beurtheilt werden, wenn man, wie geſagt, auf die Natur einer jeden Gewalt ſchaut und die Hoheit und Würde ihres Urſprunges erwägt, da es nämlich der einen obliegt, zunächſt und hauptſächlich den zeitlichen Nutzen anzuſtreben, der andern aber, die himmliſchen und unvergänglichen Güter den Menſchen zu verſchaffen. Was immer alſo unter den irdiſchen Angelegenheiten irgendwie heilig iſt, was immer ſich auf das Heil der Seelen oder den Gottes - dienſt erſtreckt, möge es nun ſchon ſeiner Natur nach derart beſchaffen ſein, oder möge es in Folge ſeiner Beziehung auf eine ſolche heilige Sache nur dafür angeſehen werden: das alles unterſteht der Macht und dem Gutdünken der Kirche; das Uebrige hingegen, was ſich auf das ſtaatliche und politiſche Gebiet erſtreckt, iſt mit Fug und Recht der ſtaatlichen Gewalt unterſtellt, da Jeſus Chriſtus befohlen hat, dem Kaiſer zu geben was des Kaiſers iſt, und Gott, was Gottes iſt. Es kann jedoch Zeitumſtände geben, in denen auch eine andere Uebereinſtimmungsweiſe Giltigkeit hat, wenn nämlich irgend welche weltliche Machthaber und der römiſche Papſt hinſichtlich beſonderer Angelegenheiten ſich gegenſeitig verſtändigt und ein Uebereinkommen ge - troffen haben. Dieſen Zeitumſtänden trägt die Kirche in mütterlicher Pietät Rechnung, wie es viele Dokumente be - weiſen, da ſie ja in Nachſicht und Gefälligkeit ſo weit zu gehen pflegt, als ſie immer nur kann.

Der Art alſo, wie wir es in allgemeinen Zügen dar - geſtellt haben, iſt die chriſtliche Leitung der bürgerlichen Geſellſchaft, und dieſe iſt nicht blindlings und willkürlich erſonnen, ſondern aus den tiefſten und wahrſten Grund - ſätzen, welche die natürliche Vernunft beſtätigen muß, hergeleitet.

(Fortſetzung folgt.)

Heimreiſe eines Kantonsrathes (via Wyl Wattwil Ricken).

Vergangene Woche brachten ſämmtliche öffentliche Blätter unſeres Kantons ausführliche Berichte über die Großrathsverhandlungen. Der Eine mag die langen Artikel vollſtändig geleſen, der Andere ſie nur flüchtig durchgangen haben. Einem Dritten kam vielleicht ſein Blatt lang - weilig vor, ſeit es immer von der ordentlichen Winter - ſitzung handelte.

Das muß aber jeder geſtehen: Geſchafft iſt worden in St. Gallen in den letzten Tagen. Die Annahme des Sonntagsgeſetzes von Seite des Großen Rathes hat die Großzahl des Volkes gar angenehm überraſcht.

Wie die Vundesbehörde ſich durch das Schnapsgeſetz ein großes Stück Achtung und Ehre wieder erworben, das im Laufe der Zeit verloren gegangen war, ſo hat der Große Rath mit ſeinem Sonntagsgeſetze wieder mehr Zu - trauen bei dem St. Galler Volke erlangt.

Doch, es hätte noch mehr gethan werden können; das ſieht aber unſer Landesvater erſt auf ſeiner Heimreiſe ſo recht ein.

Abfahrt von der Hauptſtadt 2. 50. Bis Wyl gehts wie am Schnürli; wir ſind eben noch in der Nähe St. Gallens. Auf der Toggenburgerbahn geht’s ſchon mehr adagio; auffällig für unſer Großrathsmitglied war der lange und gemüthliche Halt in Bazenhaid. Bis Wattwil haben wir diesmal eine Verſpätung von 26 Min. (das Ordinäre wäre ſonſt 15 Min.).

Die Poſt ſteht bereit, der Kondukteur veranlaßt den Thürwälder zum ſofortigen Einſteigen, gilt es ja eine Viertelſtunde einzuholen, ſonſt wird der Zug in Uznach nicht mehr erreicht. Nun wird auf die Pferde losgepeitſcht, denn es muß eben ſein. Mit Ankunft des Zuges in U. ſprengt denn auch die Poſt das Städtchen hinunter. Wer die Route Wattwil-Uznach am Abend zur Winterszeit macht, bekommt einen Begriff von höherer Pferdeſchinderei. Mit Entrüſtung ſchaut man dem Fuhrmann nach, der ſeinen alten abgematteten Gaul quält, aber noch mehr Aergerniß gibt eine von oben herab gebotene Thierquälerei. Unſer Repreſentant im Coupé begreift nicht, warum man in St. Gallen noch nie (denn geſchehen iſt wahrhaftg noch nichts) mit vollem Ernſte eine beſſere Fahrordnung für unſere Gegend angeſtrebt. Joſeph, der Poſtillon, ruft ihm von ſeinem Sitze herab, wie ungern er auf ſein Liſel einhaue, aber es gehe nun einmal nicht anders.

Wir ſind auf der Endſtation der Poſt angelangt. Nun heißt’s ſchleunigſt an den Schalter um noch ein Billet zu erhaſchen. Herr Bahnhofvorſtand ruft’s hinein: Warum[2] habt ihr die Straße nicht beſſer beleuchtet? es wird doch für Anzünden 2 3 Lampen nicht alle Jahre eines extra Aviſes von St. Gallen bedürfen?

Leider iſt es höchſte Zeit zum Einſteigen. Unſer Landes - vater kann die Antwort des Verwalters nicht mehr ab - warten, er fliegt hinunter, ſtolpert noch über 2 Schienen hinaus und erreicht im letzten Momente glücklich die Waggontreppe.

Nun ſitzt er drinnen und denkt nach: Warum kommt es denn unſer Einem in St. Gallen nie in den Sinn im Großen Rathe ein ſpezielles Wort zu Gunſten des abgelegenen Seebezirks und des Gaſters zu reden, warum fällt es mir und meinen Kollegen nie ein, ſo zwiſchen hinein, anſtatt ſich im Löchlibad oder ſonſt wo beim Znüni gütlich zu thun, den Herren Bureaukraten, Direktoren, Betriebschefs, wie ſie da heißen, auf die Bude zu ſteigen und für die Intereſſen einer ganzen Gegend einzuſtehen? Inzwiſchen hat der Zug den Heimathort unſeres St. Gallers erreicht. Wir ſagen daher dem Hrn. Kantonsrathe noch ein Lebewohl mit dem Wunſche, es möchte ihm ſeine Heimreiſe ſtets in Erinnerung bleiben (alſo auch im Frühling, wenn er wiederum nach St. Gallen kommt. ) Gute Nacht, Herr Kantonsrath, ein ſchöner Gruß daheim!

Eidgenöſſiſches.

* Freimaurerei und Das Gläschen des armen Mannes.

Als jüngſt der als Pamphletär berüchtigte Freimaurer Leo Taxil in Paris der Loge den Rücken kehrte, verſprach er den Vorhang der Geheimſekte zu lüften, und er hält Wort. Bereits liegen von dieſem bekehrten Freimaurer zwei Bände vollſtändiger Ent - hüllungen über die Freimaurerei vor. Der zweite Band handelt über die Brüder zu den drei Punkten . Hier wird auch ein Blatt der Maurerei in der Schweiz gewidmet. Die ſchweizeriſchen Logen ſtehen entweder unter der Großloge Alpina oder unter dem Supreme Conſeil . Die freimaureriſche Hierarchie unterſcheidet drei Riten: der Egyptiſche Ritus, der Schottiſche Ritus und jener des großen Orients. Um den Humbug des Nichts, welches dahinter ſteckt, ja recht geheimnißvoll zu machen, muß man recht volltönende Namen vorſchicken! Die ſchweizeriſche Großloge Alpina führt ihre Lehr - jungen und Geſellen (ſo heißen die untern Grade der Logenbrüder) nach dem ſchottiſch-philoſophiſchen Ritus an der Naſe herum. Großmeiſter der Loge Alpina iſt der Architekt Ernſt Jung in Winterthur, Ritter Kadoſch (ſo heißt einer der höhern Grade). Einer der erſten Würdenträger iſt ferner der Regierungsſtatthalter Favrot in Pruntrut. Dieſer Hr. Favrot, eine Stütze des Berner Radikalismus, iſt einer der brutalſten Bedränger der juraſſiſchen Katholiken. Katholiſch getauft erklärte er im Jahre 1883 in einem Schreiben an den Kirchenverwaltungs - rath in Pruntrut ausdrücklich und förmlich ſeinen Austritt aus der römiſch-katholiſchen Kirche, der ich übrigens , fügte er bei, ſeit meiner Volljährigkeit nicht mehr an - gehört habe . Nun, dieſes offene Glaubensbekenntniß tadeln wir nicht. Als Stellvertreter des Großmeiſters wird im Buche Taxils Leonh. Muralt-Gyſi, Ritter Kadoſch, ſeines Zeichens Papierfabrikant in Zürich, genannt als Groß - ſekretär Heinr. Langsdorf, Profeſſor in Winterthur.

Gegenwärtiger Sitz der Großloge Alpina iſt Winterthur; ſie hat 74 Logen (Freimaurer-Vereine) unter ſich mit zirka 3700 Maurern. Die Freimaurerkorreſpondenz des Auslandes wird ſtets an den Großmeiſter gerichtet; wo dieſer wohnt, iſt auch der Direktorialſitz der Groß - loge Alpina.

Die Hauptloge Supreme Conſeil (hoher Rath) hat viel weniger Bedeutung als die Alpina . Wichtiger aber iſt für uns, daß der Großmeiſter dieſer Loge kein Anderer iſt, als Hr. Ludwig Ruchonnet, Bundesrath in Bern. Als Freimaurer hat er den Titel Unumſchränkter Ritter Großmeiſter . Wir haben alſo hier einen neuen Beweis vor Augen, daß in der Schweiz, wie in den meiſten radikaliſirten Staaten die Zügel der Verwaltung in den Händen der Freimaurerei liegen. Hr. Ruchonnet, abwechſelnd oberſter Leiter der eidg. Politik, iſt ein Schooß - kind der unheilvollen Brüderſchaft. Die meiſten berniſchen Statthalter ſind Brüder zu den drei Punkten .

Der von Hrn. L. Ruchonnet Bundesrath als Bürger und Souverain Commandeur als Freimaurer geleitete Hohe Helvetiſche Rath war 1777 mit Sitz in Lauſanne gegründet worden, iſt aber jetzt in völligem Zerfall. Er hat nur noch fünf Logen mit kaum 200 Frei - maurern unter ſich. Die freimaureriſche Korreſpondenz des Auslandes gelangt an Br *** Ruchonnet in Bern.

Aus dieſen Enthüllungen zeigt ſich, wie Taxil ſagt, daß die Freimaurer im Gebiete des politiſchen Lebens ausſchließlich nur diejenigen unterſtützen, welche zu ihnen gehören. Das iſt das Geheimniß ihres raſchen, oft räthſelhaften Emporkommens.

In religiöſer Hinſicht iſt die Loge bekanntlich das Werkzeug der Revolution, des tiefinnerſten Gotteshaſſes, jenes Prinzips, das lauernd auf den einſtigen Sieg der Empörung gegen die Kirche, grinſend in ſeiner Macht - ſphäre ſpricht:

Ich der Uhu, Oberuhu,
Ich, der Denker, ſeh die Zeichen
Großer Zeit, wo meine Lehre
Siegt und herrſcht in allen Reichen.

Das Gläschen des armen Mannes zeigt ſich denn doch nicht ſo unſchuldiger Natur, wie ihm ſeine Anwälte in neueſter Zeit andichteten. Es gleicht vielmehrdem verruchten Beſen in Göthe’s Zauberlehrling, der, vom ungeſchickten Burſchen in einen Geift verwandelt, durch immer neue Waſſerſtröme das Haus überſchwemmte; oder auch Dr. Fauſt’s gefährlicher Phiole . Auch der arme Mann , des Gläschens Freund, ſpricht nur zu oft:

Ich grüße Dich, du einzige Phiole,
Die ich mit Andacht nun herunterhole,
In dir verehr ich Menſchenwitz und Kunſt.

S’iſt leider nicht immer Glockenklang und Chorgeſang zur Stelle, der den Trinker vom Genuſſe des Gläschens abhält wie weiland den lebensüberdrüſſigen Fauſt, als er die Schale mit dem Saft, der eilig trunken macht , an den Mund ſetzen wollte. Was frägt übrigens ein ächter Freund des Schnapsgläschens nach Glockenklang und Chorgeſang, wenn er mal vor ſeiner Phiole ſitzt! Es liegen uns wieder ein Paar Beiſpiele der unſeligen Zaubergewalt des berüchtigten Trankes vor. Im Bezirk Veveyſo (Freiburg) kehrte vorletzten Sonntag eine ſchnaps - beduſelte Frau Abends nach Hauſe zurück. Plötzlich ſtarb ſie in der Wohnung ihres Nachbars. In ihrem Bette fand man eine Halbe Schnaps! Aus dem Gau (Solo - thurn) ſchreibt man einem Oltener Blatte, daß in einem einzigen Dorfe zwölf verheirathete Frauen genannt werden, die Tag für Tag einen Schnapsrauſch haben, oft ſchon von Mittag an. Natürlich gebe es in dieſem Dorfe noch viel mehr Männer, die dieſem ſchändlichen Laſter fröhnen. Das Elend ſei daher groß und dürfe man hier den Zeugen dieſes Zuſtandes nicht vom Gläschen des armen Mannes reden. Die Eidgenoſſenſchaft wird es alſo doch ver - antworten können, daß ſie am 25. Oktober dieſen wirklich armen Tröpfen die Giftphiole, den Inbegriff der holden Schlummerſäfte , mit Gewalt vom Munde zog!

Ebnat. In ſeiner letzten Sitzung wählte der Schulrath den Hrn. Albert Forrer von Krummenau, zur Zeit Lehrer in Stein, an die vakante Unterſchul - Lehrſtelle, und zwar auf dem Berufungewege.

Viehſeuchen.

Die Maul - und Klauenſeuche hat laut dem neueſten Bulletin des ſchweizeriſchen Land - wirthſchaftsdepartementes auch in der erſten Hälfte des laufenden Monats an Verbreitung bedeutend abgenommen. Am 1. November waren 126 Ställe von derſelben infizirt, auf den 15. gl. Mts. nur noch 88 (alſo Abnahme 38) und zwar in den Kantonen Waadt 45, Freiburg und Wallis je 17, Teſſin 4, Genf 3, Solothurn und Luzern je 1.

St. Galliſches.

* Es iſt beſtimmt im Hohen Rath, daß man von Allem, was man hat, gibt Steuern! Du zahlſt von jedem Gegenſtand ein Pflichttheil deinem Vaterlande, dem theuern ſo ungefähr lautet der Steuer-Hymnus des deutſchen Reiches. Dem ſt. galliſchen Volke hat man dieſes hübſche Liedchen letzte Woche auch geſungen: in der Sitzung vom 23. Nov. nahm der Große Rath das Poſtulat der ſtaatswirthſchaftlichen Kommiſſion an: im Laufe des Jahres 1886 eine allgemeine Steuerreviſion im Kanton durchführen zu laſſen. Weil aber die Silberſtrecker für ihr Schätzegraben betaglöhnt ſein wollen, ſo wurden ſofort dem bereits zum Unterſinken belaſteten Steuerrachen, vulgo Büdget, noch Fr. 30,000 muthmaßliche Koſten der Silber - ſtrecke aufgebürdet. Alsdann wurde auf Antrag des Regierungsrathes und der Büdgetkommiſſion vom Großen Rathe beſchloſſen, für das Jahr 1886 eine Staats - ſteuer von Fr. 2. 40 von Fr. 1000 Steuerkapital zu erheben. Die ſtaatliche Vermögensſteuer iſt alſo mit einem Ruck von Fr. 1. 80 auf Fr. 2. 40 geſtiegen eine Hauſſe-Bewegung , wie wir ſie zu Gunſten der Bauern - ſame lieber auf den Viehmärkten ſähen.

Uns iſt der Gedanke durchaus fern, als ob bei Ankauf dieſes Krames nicht gute Treue und rein patriotiſcher und humaner Sinn vorgewaltet hätten; aber das darf ausgeſprochen werden, daß das Volk über die Urſachen dieſes Krames (Gehaltserhöhungen, Subventionen ꝛc. ) und über die Opportunität der Steuerreviſion ganz anders denkt als ſeine Vertreter im Großen Rathe zu glauben wähnten. Es werden im nächſten Jahre die Klaſſen des Mittelſtandes alle Kräfte zu Rathe halten und ſich nach der Decke ſtrecken müſſen, um ſich über Waſſer zu halten, denn das Jahr 1885 wird auch für ſie mit einem wirth - ſchaftlichen Defizit abſchließen und was die Zukunft im Schooße birgt, kann den jetzigen Status ebenſowohl ver - ſchlimmern als günſtig umgeſtalten. In ſolchen Zeiten ſieht das ſteuerzahlende Publikum es gern, ja hat ein ge - wiſſes Recht, es von der Landesverwaltung zu verlangen, daß man der Zeitlage Rechnung trägt und beim Ausgaben - dekretiren nicht ſowohl das Wünſchbare als das Noth - wendige im Auge behalte. Der barmherzige Sama - riter kann ſonſt zu einem recht unbarm - herzigen Leviten werden.

An der allerdings weitgehenden Subvention von Fr. 40,000 aus dem Staatsſäckel für das Kranken - und Greiſenaſyl haben ſich im Sinne der Unterſtützung meiſtens Herren betheiligt, denen der Franken Steuer leichter fällt, als dem Bauer der Rappen und die daher an die Leiſtungs - fähigkeit der übrigen Steuerklaſſen ihren eigenen Maßſtab anlegen. Die Sparſamkeit und Vorſicht des bäuerlichen Elementes im Ausgeben als Geiz oder Hartherzigkeit taxiren, iſt häufig ein Unrecht, denn, wie P. Eſſeiva richtig ſagt, überall hält der Bauer ſeine Börſe feſt geſchloſſen, weil er beſſer als Jemand den Werth des Geldes kennt und jeder Rappen für ihn ein Tropfen Schweiß bedeutet. Wolle man das in der Hauptſtadt nie vergeſſen!

Regierungsrathsverhandlungen.

Fol - gende Hauptleute des Auszuges werden in die Landwehrverſetzt: Chriſtian Beuſch in Buchs, Oskar Bärlocher in St. Gallen, Mathias Eggenberger in Grabs, G. E. Keller in Wattwil, Peter Höfliger in Thal, Johann Baumann in Flawil und Oberſtlieulenant Jakob Felder in Kappel.

Mit dem 31. Dezember werden aus der Wehrpflicht entlaſſen die Majore Emil Zollikofer in St. Gallen und Karl Good in Mels, die Hauptleute I. U. Rietmann und I. I. Saxer in St. Gallen und B. Schlegel in Wallenſtadt; die Oberlieutenants Gottfried Schuſter in Zürich, I. M. Lengweiler und I. A. Engeler in St. Gallen, Ulrich Künzle in Kappel; die Lieutenants Ferdinand Glarner in Schännis und Eduard Zweifel in Flums.

Zu Lieutenants der Infanterie ernannt: Iſenring, Alfred, Uznach, Lengweiler, Robert, St. Gallen, Bau - mann, Ulrich, Flawil, Baugartner, Anton, Herisau, Bruggmann, Florentin, Tablat, Curti, Eugen, St. Gallen, Dürler, Bernhard, St. Gallen, Hauſer, Joſ. Anton, Häggenſchwil, Heß, Otto, Bern, Herzig, Jak., St. Gallen, Ilg, Eugen, St. Gallen, Ilg, Wilhelm, St. Gallen, Keller, Karl, St. Gallen, Kuhn, Jakob, |Buchs, Kunz, Karl Otto, Tablat, Kuratli, Emil, Winterthur, Mauer - hofer, Paul, St. Gallen, Nigg, Mathias, Rapperswil, Raſchle, Auguſt, Lichtenſteig, Roggwiler, Johs., Flawil, Schefer, Theodor, St. Gallen, Schmid, Joh., Niederuzwil, Scherrer, Hermann, St. Gallen, Schneider, Karl, St. Gallen, Seiler, Oskar, St. Gallen, Stäheli, Auguſtin, St. Gallen, Steiger, Joh. Ulrich, Flawil, Sulſer, Chriſt., Azmoos, Weber, Karl, St. Gallen, Wehrli, Heinrich, St. Gallen, Wick, Joh., St. Gallen, Wyler, Martin, Flawil, Zeller, Joh., Wittenbach.

Dem Offiziersverein der Stadt St. Gallen wird an die Koſten eines Reitkurſes, und dem Organiſationskomite in St. Fiden für das kantonale Schützenfeſt ein be - ſcheidener Staatsbeitrag verabfolgt.

Die Ortsgemeinde Eichenwies erhält die Bewilligung zur Vornahme eines Bodenverkaufes, Montlingen, zu einem umfangreichen Torfaushub, deſſen Verkaufserlös zur Tilgung von Kapitalſchulden verwendet werden ſoll.

Die Krankaſſa-Statuten für die Aufenthalter-Verbände der Gemeinde Jona und Wartau werden genehmigt.

Von Frl. Babetta Hilty ſel. von Buchs ſind vergabt worden: dem Freibettenfond Fr. 1000 und an ein Aſyl für Unheilbare Fr. 500.

Der Spinnerei von Johannes Hürlimann in Rappers - wil wird auf die Dauer eines Monats Ueberarbeitszeit um täglich eine Stunde bewilligt.

Von der Erziehungskommiſſion ſind 5 Lehrer mit der vollen Penſion in den Ruheſtand verſetzt worden, darunter Brunner in Libingen, mit 34; Inhelder in Kappel, mit 42; Meßmer in Wattwil, mit 37 Dienſtjahren.

Lichtenſteig.

Die Stelle eines hieſigen Kaplanes wird Hochw. Hr. Pfarr-Reſignat L. I. Muff, aus dem Kanton Luzern, einnehmen.

Letzten Dienſtag begab ſich Hr. Ulrich Huber im Feld bei Ganterswyl mit einem andern Jäger auf die Jagd. An der Grenze der beiden Gemeinden Ober - helfenſchwil und Ganterſchwil, gegen den Necker hin, wurde ein Marder von den Hunden aufgeſpürt und verfolgt. Das Wild flüchtete ſich über einen ſteilen Abhang hinab. Hr. Huber, in der Meinung, nur eine kleine Schlucht vor ſich zu haben, wagte ſich über die Halde hinab, während ſein Jagdgenoſſe weiter unten am Fuße des Felſens, über den das angeſchoſſene Thier kommen mußte, Poſten faßte. Statt des Thieres bemerkte dieſer immer mehr Steine über den Felſen hinabrollen und ſah mit Schrecken plötzlich Huber über den Rand des Felſens kopfüber in die grauſe Tiefe ſtürzen. Ein gewaltiger Schlag und leblos lag Huber neben dem ſchreckensbleichen Jagdgefährten. Sein Jagdhund, der glücklicher als er die Höhe wieder erreichte, heulte ent - ſetzlich, als er die Leiche ſeines Herrn fand; vergebens leckte er, kläglich wimmernd, die klaffenden Wunden ſeines Meiſters. Hr. Huber, ein junger, braver, rechtſchaffener Mann, wird ſehr tief bedauert.

Bazenhaid.

Am 26. ds., Abends, wurde im Hauſe des Hrn. Brändle in Unterbazenhaid von ruchloſer Hand Feuer gelegt. Glücklicherweiſe konnte das - ſelbe noch zur rechten Zeit gelöſcht werden.

Kantonales.

Zürich.

Die Polizei hat die Urheber der jüngſten zahlreichen Einbrüche in der Perſon des Adolf Nötzli von Höngg und des Emil Huber von Hauſen, beides jüngere Leute, entdeckt. Der Letztere traf heute von Paris ein, wahrſcheinlich zu neuen Unternehmungen gerüſtet, wurde aber am Bahnhofe ſofort verhaftet, und hat bereits geſtanden. Auch ſein Kom - plice Nötzli, deſſen Verhaftung ſchon letzten Sonntag erfolgte, iſt der begangenen Verbrechen zum größten Theile geſtändig.

Zürich.

Am Samſtag Abend erſchoß ſich ein iſraelitiſcher Großhändler in einem hieſigen Hotel.

= Als der Beſitzer der Bierbrauerei Oerlikon, am Samſtag Abend mit dem Eiſenbahnzuge heimkehrend, der Wagen, der noch nicht ganz ſtille ſtand, verlaſſen wollte, gerieth er unter die Räder des Zuges; dieſe gingen ihm über die Beine. Noch in der Nacht vom Samstag auf den Sonntag mußten zwei aus Zürich herbeigeholte Aerzte eine Amputation beider Beine vornehmen. Den Be - dauernswerthen hofft man am Leben erhalten zu können.

Bern.

Wyningen.

Samſtag Nachmittag hat der all - gemein beliebte, fleißige und geachtete Rechen - und Holz - ſchuhmacher Jakob Dysli auf unerwartete Weiſe einen ſchnellen Tod gefunden. Es ſollte ihm ein Fuder Holz nach[3]Hauſe geführt werden. Der Fuhrmann ging neben den Pferden her und Dysli wollte während des Fahrens den Wagen beſteigen. Der ſonſt ſo gewandte Jüngling that einen Fehltritt, und bevor der Fuhrmann etwas merkte war dem Gefallenen ein Rad über den Unterleib gegangen. Er ſtund ſelbſt wieder auf und begab ſich nun auf den Wagen. Bei den erſten Häuſern im Dorfe angekommen, ließ er ſich vom Wagen nehmen, wurde in ein Haus gebracht, wo er bald ſein junges Leben aushauchte. Durch ſeinen Tod hat die betagte Mutter ihre einzige Stütze verloren.

Luzern.

Luzern.

Der biſchöfliche Kommiſſär Dr. Winkler hat wegen hohen Alters und geſchwächter Geſundheit demiſſionirt.

Ein Herkules verhaftet. Am Donnerſtag Abend verhaftete die Kantonspolizei einen Mathias Dietrich, welcher auch in Luzern durch ſeine Kraftproduktionen Auf - ſehen machte. Derſelbe hat einem Jeden, der ſeine Produktionen nachmache, 100 Fr. als Prämie verſprochen. Von St. Gallen aus wegen Unterſchlagung verfolgt, mag man daſelbſt genau zuſehen, daß der Herkules nicht eines Tages aus dem Käfig ſich freie Bahn ſchafft. (Vtrl.)

Eine Deputation der Belgrader Kaufmannſchaft ſoll um Fortſetzung des Krieges gebeten haben. Wenn man gleichzeitig liest, daß in den Spitälern Belgrads 8000 Selbſtverſtümmler liegen, kann man ſicherlich nicht an eine gewaltige Kriegsluſt des Volkes glauben.

Schwyz.

Einſiedeln.

Das muß man den Einſiedlern laſſen, daß ſie ein thätiges, ſtrebſames und intelligentes Völklein ſind, die in der alten und neuen Welt eine hervorragende Stellung zu behaupten wiſſen.

Bekannt iſt die weltberühmte Firma der Gebr. Benziger in Einſiedeln, die auch in New-York, Cincinnati und St. Louis blühende Filialen gegründet hat, und den Schweizernamen auch im fernen Weſten mit Ruhm und Ehre krönt.

Der ehemalige vieljährige Chef der artiſtiſchen und techniſchen Abtheilungen der Firma Gebr. Karl und Nikolaus Benziger, Herr Kommandant und alt-Bezirksammann Adelrich Benziger in Einſiedeln, hat nun mit ſeinen Söhnen ein Kirchenornamentengeſchäft unter der Firma Adelrich Benziger u. Co. in Einſiedeln eröffnet. Dazu hat er ſchon ſeit mehreren Jahren einen jungen, intelligenten Mann in Lyon ausbilden laſſen, und ſeit einiger Zeit auch einen ſeiner Söhne.

Der Klerus begrüßt mit dem hochwürdigſten Episkopate dieſe neue kirchliche Induſtrie mit Freuden, und zwar dies um ſo mehr, als man bisher in dieſem Fache das Meiſte aus dem Auslande beziehen mußte. Die vielen Geſchäfts - verbindungen und eigenen Erfahrungen ſetzen den Herrn Adelrich Benziger in den Stand, allen Erwartungen in Rückſicht auf Kunſt, Styl, Solidität und mäßige Preiſe zu entſprechen, und dies um ſo mehr, da mit dem Paramentengeſchäfte nicht nur ein ſchönes Lager, ſondern auch eigene Fabrikation verbunden ſein wird, um ſo möglichſt billige Herſtellung der Artikel zu erzielen. Dieſe kirchliche Kunſtanſtalt iſt daher gerade zur rechten Zeit in’s Leben gerufen worden und es iſt ihr nur der beſte Erfolg zu wünſchen.

Glarus.

Mühlehorn, den 30. Nov. Uebereinftimmenden Berichten zufolge ſoll der Bahnverkehr zwiſchen Murg und Unterterzen ernſtlich gefährdet ſein. Es habe ſich nämlich zunächſt Murg ob der paralell der Eiſenbahn angelegten Wallenſeeſtraße eine Felsmaſſe von zirka 700m 3 abgelöst, welche bereits unvermeidlich auf letztere und die Bahn herunterrutſchen müſſe und diesfalls einen mehrtägigen Unterbruch zur Folge haben würde. HH. Ingenieur Bürgi und Bahnmeiſter Welter waren am 27. Nov. auf Ort und Stelle uud haben inzwiſchen die möglichſten Vorſichts - maßregeln getroffen, um die Gefahr ſo weit als möglich abzuwenden, was jedoch unter obwaltenden Umſtänden ſchwer halten dürfte.

Der Landrath lehnte den Antrag der Landes - kommiſſion, es ſollen vom 1. Januar 1886 an von der Kantonalbank alle Sparkaſſaguthaben von über 2000 Fr. nur noch zu Prozent, diejenigen unter 2000 Fr. zu 4 Prozent verzinst werden, ab.

Von Schwanden ging der N. Gl. Ztg. vom 30. Nov. folgender Bericht zu: Linth und Sernft ſind ſehr groß und hoch angeſchwollen. Die Linth hatte Nachts 2 Uhr die gleiche Höhe erreicht wie im Jahre 1876. Seit Morgens 8 Uhr iſt ſie wieder im Wachſen. Der Betrieb in den Etabliſſements iſt eingeſtellt, weil an den Wuhrungen, Waſſerfällen ꝛc. gewehrt werden muß.

Die letzte Woche war für die Firma A. Boßhard in Näfels eine Collaudationswoche. Es wurden nämlich in den Kantonen St. Gallen und Zürich 9 von dieſer Firma erſtellte Brücken der Probebelaſtung unterworfen und haben ſämmtliche ein ſehr günſtiges Reſultat ergeben, indem die vorübergehende Einſenkung durchſchnittlich kaum der Drittel der erlaubten ergab und bleibende Einſenkung nirgends zu konſtatiren war.

Baſelſtadt.

Auf die Entdeckung der Urheber der in Baſel aufgegebenen, an den dortigen Schuhhändler Saladin und den Pfandleiher Sonderegger gerichteten Drohbriefe iſt eine Belohnung von 300 Fr. ausgeſetzt.

Teſſin.

* Alte Leute.

Im Verzaska Thale ſind kürzlich die beiden älteſten Bewohner geſtorben: ein gewiſſer Gunſa Giovanni, geboren 1794, und eine gewiſſe Porra Ezzechias, geb. 1797; letztere hatte zwölf Kinder. Dieſe beiden greiſenLeute erklärten oft, daß ſie an ſich ſelbſt nie erfahren, was Krankheit ſei. Wenige Tage vor ſeinem Tode ver - richtete der 91jährige Giovanni noch harte Feldarbeiten.

Neuenburg.

Die Sonne bringt es an den Tag.

Vor etwa fünf oder ſechs Jahren fand man in der Gegend von Beroche (Kanton Neuenburg) an einem Baume einen Mann erhängt. Man nahm Selbſtmord an, manche Leute aber vermutheten ein Verbrechen. Dieſer Tage nun hat ſich ein Individuum in betrunkenem Zuſtande ſelbſt verrathen; es wurde verhaftel und geſtand, jenen Mann getödtet und aufgeknüpft zu haben, um den Schein eines Selbſtmordes zu erwecken.

Genf.

* Körperliche Züchtigungen in der Schule ſind unterſagt . Eine Mutter meinte, das Verbot gelte bloß der Lehrerin zu Gunſten ftrafwürdiger Kinder. Als die Lehrerin einer Kleinkinderſchule in Eaux-Vives einem un - gezogenen Mädchen eine kleine greifbare Züchtigung zutheil werden ließ, ſprang die Mutter des beſtraften Kindes in heller Wuth der Schule zu und beohrfeigte im Schulzimmer die vom Staate angeſtellte Jugendbezähmerin. Dieſe führte allerdings Klage in der Meinung, daß das Prügelverbot in der Schule auch zu Gunſten der Lehrerſchaft Geltung habe.

Ein durchreiſender Amerikaner hatte dieſer Tage die großmüthige Idee, ſämmtlichen armen Kindern der Stadt Genf und Umgebung gratis ein Mittagsmahl mit einem Glas Wein ſerviren zu laſſen. Es fanden ſich gegen 500 dieſer Kleinen im Stand der Coulouvreniere ein und freuten ſich des edlen Spenders.

Ausland.

Deutſches Reich.

Stuttgart.

Den 20. ds. wurde hier am hellen Tage auf offener Straße eine Mordthat begangen. Der mit einer Wittwe Weidmann, Mutter von 6 Kindern, im Konkubinat lebende Kolporteur Haller, welcher ſelbſt verheirathet, Vater von 4 Kindern, aber von ſeiner Ehe - frau geſchieden iſt, hatte ſich mit ſeiner Geliebten entzweit. In der Nähe der Militärſtraße begegnete er ihr Sonntag Vormittag zwiſchen 11 und 12 Uhr. Hier kam es zwiſchen den Beiden zu einem Wortwechſel. Haller zog plötzlich ſein Meſſer und ſtieß dasſelbe der Weidmann in die Bruſt. Die Verletzung hatte den augenblicklichen Tod der W. zur Folge. Hierauf brachte ſich H. in ſelbſtmörderiſcher Weiſe einige Stiche bei; er wurde ſchwer verletzt in das Katharinen - hoſpital verbracht, wo er ſich heute noch am Leben befindet.

In Aſchaffenburg machte ein Schüler der zweiten Gymnaſialklaſſe wegen einer Schulſtrafe einen Selbſtmord - verſuch mittelſt eines Revolvers. Der Schuß ging durch die Lunge, war aber nicht tödtlich.

Das Beiſpiel von zwei Frankfurter Primanern, welche nach Serbien ziehen wollten, um gegen die Bulgaren zu kämpfen, hat in Stuttgart einen Nachahmer gefunden. Ein ſiebenzehnjähriger Schriftſetzerlehrling, Sohn eines dortigen bekannten Schneidermeiſters, hatte ſich in aller Stille ein Sümmchen von 173 Mark aus der Kommoden - ſchublade ſeines Vaters zuſammengeſpart und wollte damit nach Bulgarien, um dem Fürſten Alexander zu Hülfe zu eilen , wie er in einem Briefe an ſeine Eltern mittheilte. Glücklicherweiſe gelang es dem Vater, ſeinen heldenmüthigen Sohn noch am Stuttgarter Bahnhofe in dem Augenblicke einzuholen, als er ein Billet nach Wien zu löſen im Begriffe war. Der junge Held ſteht bereits wieder am Setzkaſten und handhabt Winkelhaken und Setzlinie, anſtatt das Schwert zu ſchwingen.

In Frankfurt hatte ein Mann beim Aufſpannen ſeines Regenſchirmes eine Dame derart unglücklich in den Mund getroffen, daß ſie mehrere Zähne einbüßte. Darauf erſchien der Gatte der Dame in der Wohnung des Herrn, der das Unglück verſchuldet hatte, und verlangte eine Ent - ſchädigung von nicht weniger als 30,000 Mark. Seine Frau, ſagte er, ſei durch den Verlurſt der ſchönſten Zähne in hohem Grade entſtellt. Da der Herr auf dieſes Ver - langen nicht einging, will der Gatte der Beſchädigten die geforderte Summe einklagen.

Seit den letzten Stadtverordnetenwahlen im Jahre 1883 iſt die Zahl der ſozialdemokratiſchen Stimmen in Berlin auf das Doppelte geſtiegen.

In der Erzdiözeſe Poſen ſind gegenwärtig 200 Pfarreien verwaist. Von dieſen beſitzen nur 45 Hilfsgeiſtliche. Es ſind ſomit 155 Gemeinden mit über 200,000 Seelen ohne jeden Geiſtlichen.

England.

* Die Proteſtanten und die Unabhängigkeit des Papſtes. Ein engliſches proteſtantiſches Blatt ( Fortnightli Review ) hat kürzlich ein intereſſantes Geſtändniß über die hochwichtige Frage der weltlichen Herrſchaft des Papſtes gemacht. Der Verfaſſer anerkennt vollſtändig den unhalt - baren Charakter der gegenwärtigen Lage. Unter Bezugnahme auf die Rede, welche der Papſt im März l. J. hielt, und in der er gegen das Verhalten der italieniſchen Behörden gegen das Papſtthum proteſtirt, erklärt das Blatt: Eine ſo ruhige und in den Ausdrücken ſo gemeſſene Auseinander - ſetzung, unterſtützt vom Hinweis auf die Augenſcheinlichkeit der Thatſachen, hat auf der ganzen Welt einen tiefen Ein - druck hervorgebracht. Der Verfaſſer erklärt übrigens, daß heutzutage die großen proteſtantiſchen Mächte an der geiſt - lichen Unabhängigkeit des Papſtes nicht weniger betheiligt ſind, als die katholiſchen Mächte. England, Deutſchland und die Vereinigten Staaten haben gar viele katholiſche Einwohner, und aus dieſem Titel haben dieſe Länder dasRecht, ſich um die dem Papſte in Rom bereitete Lage zu kümmern. Bezüglich England hebt das Blatt den Stimmungs - wechſel hervor, der ſich in der engliſchen Meinung gegen - über den Katholiken vollzogen. Es ſcheint der Wiederher - ſtellung der offiziellen Beziehungen mit Rom günſtig geſinnt. Wie dem auch ſei, ſchließt das Blatt, die Staats - männer und das Volk Großbritaniens können angeſichts der Lage, in welcher ſich das Haupt der Kirche befindet, nicht gleichgültig bleiben.

Was in England wahr iſt, iſt es auch in den Ver - einigten Staaten. Die Fortnightli Rewiew konſtatirt die reißenden Fortſchritte des Katholizismus in dieſem Lande, und erblickt den Grund hievon in der Thatſache, daß der Katholizismus in den Vereinigten Staaten wie in Eng - land die Vertheidigung der bürgerlichen und religiöſen Freiheit zu ſeiner eigenſten Sache gemacht hat.

Wie man ſieht, bleibt die römiſche Frage ſtets eine offene. Es ſind nicht die Katholiken allein, welche ſie be - handeln, ſondern ſie intereſſirt auch noch Alle, welche den chriſtlichen Namen tragen.

Bis Schluß des 29. Nov. waren gewählt 166 Liberale, 155 Konſervative und 25 Parnelliten. In London und den Vorſtädten ſind definitiv gewählt 26 Liberale und 36 Konſervative.

Man berichtet aus London: Die 17jährige Nichte des Marquis of Lorne, Schwiegerſohn der Königin von England, Fräulein Ellen Coſtelloe, eines der ſchönſten Mädchen Englands, Beſitzerin eines großen Vermögens, iſt mit einem Kutſcher Namens Anderſon, der verheirathet und Vater von ſechs Kindern iſt, entflohen. Zwei Detek - tives fanden das Paar in einer armſeligen Wohnung in Knighton, in welcher die Beiden in kümmerlichen Verhält - niſſen lebten, und verhafteten ſie.

Spanien.

Die Leiche Alfonſos wurde am 27. Nov. Mittags nach dem königlichen Schloſſe in Madrid über - geführt. Vom Bahnhofe zum Schloſſe folgten dem in einer Glaskutſche aufgebahrten Leichnam 2000 Wagen. Im erſten ſaß die Königin mit den Infantinen. Die Straßen füllten etwa 200,000 Menſchen. Alle Balkone waren ſchwarz drapirt, alle Läden geſchloſſen. Als die Leiche im Palaſt angekommen war, wurden nach altem Brauche eine Anzahl ſchwarzer Tauben freigelaſſen.

Madrid, 29. Nov.

Der Trauerzug verließ den Palaſt um zehn Uhr. Er beſtand aus den Großwürden - trägern und den Geiſtlichen des königlichen Hauſes. Truppen bildeten Spalier bis zum Bahnhof, wo die Mit - glieder der Regierung warteten. Der Zug wird Mittags im Eskurial ankommen, wo nach Verleſung einer Meſſe der Sarg in die Gruft hinabgeſenkt werden wird.

Madrid.

Alle Großmächte und faſt alle euro - päiſchen Regierungen, ſowie die Vereinigten Staaten von Nordamerika, haben Spanien mitgetheilt, daß ſie die Regentſchaft der Königin Maria Chriſtine anerkennen werden. Bis jetzt blieb in Spanien die Ruhe ungeſtört. Aber die Behörden haben vorſichtshalber den Belagerungszuſtand in Barcelona, Cartagena und auf den kanariſchen Inſeln angekündigt, ſowie Ausnahmemaßregeln in den Provinzen des nördlichen und mittleren Spaniens, wo die Bevölkerung karliſtiſch geſinnt iſt, angeordnet. Wie es heißt, hat die franzöſiſche Regierung beſchloſſen, Don Karlos verhaften zu laſſen, falls er Frankreich betreten ſollte, da gegen ihn ein Ausweiſungsbefehl vorliegt.

Ein engliſcher Löwenzähmer Namens Williams, ſollte in Madrid am 19. November in dem Plaza del Tuero ſeine Vorſtellungen beginnen. Während der Nacht wurde Petroleum in die Käfige geſchüttet und entzündet. Sämmtliche Löwen kamen in den Flammen um. Mehrere Perſonen, welche der That verdächtig ſind, wurden verhaftet.

Rußland.

Von den in der Warſchauer Zitadelle inter - nirten Sozialiſten wurde nur ein Theil gerichtlich abgeurtheilt. Die 24 Angeklagten dieſer Gruppe, darunter einige Mäd - chen, wurden nach Sibirien verſchickt. In den Kerkern blieben noch 27 ſchwerer kompromitirte Unterſuchungsſträflinge zu - rück, über die ein Kriegsgericht entſcheiden ſoll.

Aſien.

In dem Himalayaſtaat Nepal iſt ein Aufſtand ausgebrochen. Der Premier wurde getödtet, und der Maharadſcha, Großkönig, zum Gefangenen gemacht.

Aus Kalkutta wird berichtet, daß der Wirbelwind in Oriſſa bedeutendere Verheerungen angerichtet hat, als man anfänglich glaubte. Bis jetzt iſt keine genaue Schätzung des Lebensverluſtes möglich geweſen, aber es ſcheint ſicher, daß wenigſtens 5000 Perſonen ertrunken und mehr als 150 Dörfer überſchwemmt worden ſind. Wahrſcheinlich werden einigermaßen ausgedehnte Unterſtützungswerke nöthig ſein.

Der Krieg im Balkan.

Der Köln. Ztg. wird unterm 27. Nov. aus dem bulgariſchen Lager vor Pirot telegraphirt: Begünſtigt von wunderbarem Wetter, überſchritt Fürſt Alexander an der Spitze ſeiner Truppen heute Mittag 12 Uhr die Grenze unter unbeſchreiblichem Jubel der Truppen. Nahe vor Zaribrod verſuchten die Serben auf beiden Flanken einen leichten Widerſtand, der mühelos gebrochen wurde. Als die Truppen ſich in der Ebene vor Pirot ausbreiteten, traten ihnen zwei ſerbiſche Reiterregimenter entgegen. Sofort gingen im Galopp unter den Augen des Fürſten die Feldartillerie und anderthalb Reiterregimenter vor. Es war ein prachtvoller Anblick, als die begeiſterte bulgariſche Reiterei neben dem Fußvolk vorbeijagte, um, geführt von dem Oberſtlieutenant von Corvin, den Serben das Gefecht[4]anzubieten. Einen Augenblick ſchien es, als ob die Serben das Gefecht annähmen, und mit fiebenhafter Aufregung verfolgten wir unſere vorgehende Reiterei. Leider ſchwenkten die Serben im letzten Augenblick ab und verſagten damit unſern Reitern die Genugthuung eines Gefechtes. In - zwiſchen ging das bulgariſche Fußvolk in der Ebene vor, ſtets vom Fürſten und dem fürſtlichen Gefolge begleitet. So kamen wir um drei Uhr vor Pirot an, wo die An - weſenheit einer ſtarken feindlichen Truppenmaſſe ein vor - ſichtigeres Vorgehen räthlich erſchienen ließ. Schon vorher war die Vereinigung der Seitenkolonnen der von Gutſchew befehligten rechten Flanke und der von Popow befehligten, über Trin Commenden linken Flanke erfolgt. Die Serben hatten ſich vor der Abſchneidung nur durch ſchleunige Flucht gerettet. Eine mächtige Artillerieſtellung vor Pirot eröffnete ein äußerft ſtarkes Feuer. Die einbrechende Dunkelheit verhinderte jedoch die Fortſetzung des Kampfes.

Sofia, 28. Nov.

Die Bulgaren haben geſtern nach einem den ganzen Tag andauernden Kamvfe Pirot, das bisherige Hauptquartier der Serben, beſetzt. FürſtAlexander wird heute ſeinen Einzug in Soſta halten.

Belgrad, 30. Nov.

Der Waffenſtillſtand iſt beſinitiv geſchloſſen.

An die Redaktion des St. Galler Volksblatt in Uznach. Erklärung.

In Nr. 92 Ihres Blattes wird in einer Korreſpondenz aus Wallenſtadt dem Herrn Thurneiſen, proteſtantiſchen Pfarrer und Vizepräſidenten des Realſchulrathes, der Vor - wurf gemacht, er habe die Sache Scherrer ſehr glimpflich behandelt. Schon etwas ernſter habe der Präſident (der Unterzeichnete) die Sache angefaßt, dem wir in der That mehr Gewiſſenhaftigkeit und Schneid zutrauen u. ſ. w.

Unverblümt und Jedermann verſtändlich will damit eigentlich geſagt werden, Herr Thurneiſen habe es dem proteſtantiſchen Lehrer gegenüber an Gewiſſenhaftigkeit, Ernſt und Unparteilichkeit fehlen laſſen.

Wir weiſen dieſe durchaus unwahre Behauptung, dieſe ungerechte und unverdiente Kränkung mit aller Ent - ſchiedenheit und Entrüſtung zurück. Hr. Thurneiſen hat indieſer Angelegenheit durchaus korrekt, gewiſſenhaft und im vollen Einverſtändniß des Schulrathes gehandelt. Es lag für dieſen kein Grund vor, gegen Sch. ſtrafrechtlich ein - zuſchreiten, weil die ihm zur Laſt gelegten Handlungen nur unter den Begriff von Unſchicklichkeiten und Takt - loſigkeiten, nicht aber unter denjenigen von delikten gegen die Sittlichkeit gehören.

Wir bitten die öffentlichen Blätter, welche die An - ſchuldigung gegen Pfarrer Thurneiſen in ihre Spalten aufgenommen haben, dort auch dieſer Rechtfertigung Raum zu gewähren.

2) Treffort, doppelbreiter engliſcher Che - viot neueſter Deſſins à Fr. 1. per Elle oder Fr. 1. 65 Cts. per Meter in einzelnen Roben, ſowie ganzen Stücken verſenden portofrei in’s Haus Oettinger & Co., Centralhof, Zürich.

P. S. Muſter-Collektionen und Modebilder bereitwilligſt. |

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About this transcription

TextNr. 96, 02. 12. 1885.
Author[unknown]
Extent4 images; 7163 tokens; 2990 types; 51694 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Benjamin FiechterSusanne HaafNote: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).2018-01-26T13:38:42Z grepect GmbHNote: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T13:38:42Z Amelie MeisterNote: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.2018-01-26T13:38:42Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic informationNr. 96, 02. 12. 1885. . GegenbauerUznach1885. St. Galler Volksblatt

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Fraktur

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