PRIMS Full-text transcription (HTML)
[1]

Preis 2 kr.

Redartion, Adminiſtration Expedition und Druckerei: VIII., Strozzigaſſe 41.

Stadtexpedition I., Wollzeile 15. Zeitungsbureau Weis.

Unfrankirte Briefe werden nicht an - genommen: Manuſkripte werden nicht zurückgeſtellt. Unverſchloſſene Reclamationen ſind portofrei.

Ankündigungs-Bureau: VIII., Strozzigaſſe 41, ſowie bei dem Annoncenbureau für kath. -con - ſerb. Blätter, Hubert Fried! Wien, V. / 1.

Das Morgenblatt erſcheint um 6 Uhr Früh täglich, mit Aus - nahme der auf Sonn - und Feier - tage folgenden Tage; das Abendblatt an jedem Wochen - tage um 1 Uhr Nachmittags.

Abendblatt.
Reichspoſt.
Unabhängiges Tagblatt für das chriſtliche Volk Oeſterreich-Ungarns.

Preis 2 kr.

Bezugspreiſe: Für Wien mit Zuſtellung ins Haus ganzjährig fl. 18. , vierteljährig fl. 4.50, monatlich fl. 1.50.

Einzelne Nummern: Morgenblatt 4 kr., Abendblatt 2 kr.

Für Oeſterreich-Ungarn, ſammt Abendblatt: Mit einmaliger Poſtverſendung ganzjährig fl. 20. , halbjährig fl. 10. , vierteljährig fl. 5. , monatlich fl. 1.70; mit zweimaliger Poſtverſendung ganzjährig fl. 23. , halbjährig fl. 11.50, vierteljährig fl. 5.75, monatlich fl. 2. .

Für Deutſchland mit einmaliger Verſendung vierteljährig fl. 6. , für die übrigen Länder des Weltpoſtvereines vierteljährig fl. 7. .

Abonnements werden ange - nommen außer in den Expeditionen bei[J]. Heindl, I., Stephansplatz[7]

Telephon 1828.

III. Jahrgang. Wien, Dienſtag, den 11. Februar 1896. Nr. 41.

Politiſche Rundſchau.

Der Wiener Czas, das deutſchgeſchriebene Badenileiblatt, auch Reform-Preſſe genannt, bringt heute ein ſehr lendenlahmes Dementi hin - ſichtlich der zunehmenden Ausgleichsſchmerzen. Dasſelbe lautet im vollen Glanze leibofficiöſer Stiliſtik:

Die von mehreren Blättern lancirten Mittheilungen, wonach mit Rückſicht auf den prekären Stand der Aus - gleichsverhandlungen beſchloſſen worden ſei, lediglich den status quo um ein Jahr zu verlängern, werden an wohlunter - richteter Stelle als ein oppoſitionelles Manöver bezeichnet. Von Perſönlichkeiten, welche genauen Einblick in den Stand der Verhandlungen haben, wird beſtimmt verſichert, daß der Verlauf derſelben bisher eine derartige peſſimiſtiſche Auffaſſung nicht rechtfertigt. Die Verläßlichkeit der erwähnten Meldungen wird übr[i]gens am deutlichſten dadurch gekennzeichnet, daß dieſelben theil - weiſe ſogar von einer Unterbrechung der Verhandlungen zu berichten wiſſen, während dieſelben thatſächlich derzeit auf ſchriftlichem Wege fortgeſetzt werden und deren Ergebniß die Unterlage der für die Zeit um Ende Februar oder Anfangs März in Ausſicht genommenen neuerlichen mündlichen Ver - handlungen in Wien bilden wird.

Wenn man weiß, mit welcher Fixigkeit die officiöſen Scribifexe ſelbſt dann mit aus der Luft gegriffenen , läppiſchen Erfindungen , phantaſie - vollen Combinationen herumwerfen, wenn eine Nachricht nur in einigen Details von den Thatſachen abweicht, ſo kann man ſich ungefähr denken, wie wahr etwas ſein muß, was officiös derartig matt dementirt wird.

Im böhmiſchen Landtage kam es geſtern zu einer ſehr bedauerlichen Ausſchreitung, indem der radical-jungezechiſche Abgeordnete Baxa ſich in directen Angriffen gegen die Dynaſtie erging. Dieſer Vorgang wird ſicherlich von jedem Patrioten auf das ſchärfte verurtheilt werden und Herr Baxa hat wohl kaum irgendwo eine Aufmunte - rung gefunden, eine Repriſe ſeiner parlamentari -ſchen Poltronnerie zu geben. Man ſollte nun glauben, daß Niemand etwas ein - facheres und natürlicheres zu thun hätte, als die Geſchmackloſigkeit des Herrn Baxa zurückzuweiſen und für den Mangel an Tact nur dieſen, doch gewiß großjährigen Herrn[v]erantwortlich zu machen. Das Schweigen der Jungezechen gibt zwar zu denken, aber noch kein Recht, daraus auf ihre Zuſtimmung zu den Rodomontaden ihres Collegen zu ſchließen. Erſt der genaue Bericht über die Sitzung wird ermög - lichen, in dieſer Beziehung klar zu ſehen. Die N. Fr. Preſſe kann ſich aber mit ſolchen ſelbſt - verſtändlichen Dingen nicht zufrieden geben, ſie muß etwas Großes thun und ſchiebt die Schuld für die Lücken der Baxa’ſchen Erziehung den Antiliberalen des niederöſterreichiſchen Landtages in die Schuhe. Kein Widerſinn iſt ſo groß, als daß er nicht von der Wienflußpythia orakelt werden könnte. Baxa ein Schüler der Wiener Anti - ſemiten, das iſt nicht mehr dumm, das iſt ſchon geſundheitsſchädlich.

Laut einer officiöſen Mittheilung werden ſämmtliche Landtage geſchloſſen werden. Die projectirte Vertagung des böhmiſchen Land - tages ſcheint alſo fallen gelaſſen zu ſein, man hofft mit Hilfe von Abendſitzungen auch in Prag das Landesbudget zu erledigen.

Raſcher als vielleicht anzunehmen war, hatten die Interpellationen und die Debatte über die Affaire Pulszky im ungariſchen Abgeord - netenhauſe begonnen. Der Führer der National - partei, Graf Alb. Apponyi ſtellte diesbezüg - lich eine Anfrage an die Regierung, welche ebenſo tief in den Kern der Sache eindringt, wie ſie maßvoll in den darauf geſtützten Forderungen erſcheint, und die wir in der Morgenausgabe wiedergaben. Weniger kann doch ein Führer der Oppoſition nicht verlangen,in einem Falle wie der vorliegende, als die Ein - ſetzung einer parlamentariſchen Unterſuchungscom - miſſion. Wäre Baron Banffy überzeugt, daß die letztere in der Sache nicht ein Haar, ſondern ein ganzes Büſchel findet, er hätte mit glücklichem Antlitz ſeine Zuſtimmung zu dem Antrage Apponyi gegeben: der Ehrliche fordert die Controle ſelbſt. Aber die Angſt vor der Com - miſſion, welche aus der Antwortrede Banffy’s hervorleuchtet, läßt die verſchiedenen Zwiſchenrufe wie Diebe! Hehler! Man darf nicht ſtehlen! u. ſ. w, gerechtfertigt erſcheinen. Jeder Unbefan - gene in Ungarn wird den gleichen Eindruck von der Rede Banffy’s erhalten. Beſtärkt wird dieſer Eindruck noch durch die Auslaſſungen des Miniſters Wlaſſics, der nach Banffy das Wort ergriff. Dieſer Muſterminiſter weiß ſogar bereits, wo die fehlenden 7000 fl. hinge - kommen ſind: wahrſcheinlich für die aus Italien mitgebrachten Reſtauratoren! Der Miniſter gibt zu, daß bei der jetzigen Organiſation der National-Gallerie eine Controle unmöglich iſt Die parlamentariſche Commiſſion weiſt er ab, denn es ſei nicht die Sache derſelben, die Handlungen eines Wahnſinnigen oder Defraudanten zu be - urtheilen. Wahrlich, frivoler iſt kaum je Re - gierung und Parlamentarismus gehandhabt worden, als es unter Banffy’s Regime in Ungarn der Fall iſt.

Das ehemals Stambulow’ſche Organ Svo boda in Sofia brachte jüngſt eine bemerkens werthe Reminiscenz. Das Blatt führt aus, daß die Jahre, die mit der Ziffer 6 endigen, für die orientaliſchen Herrſcher unglücklich verliefen. So wurde im Jahre 1866 der Fürſt Cuſa von den Rumänen entthront; im Jahre 1876 entthronten und tödteten die Türken den Sultan Abdul-Aziz, und im Jahre 1886 entthronten die Bulgaren. ihren erſten Fürſten, Alexander Battenberg. Welche

Der Spinnerlehrling. Von William Weſtall. Verdeutſcht von Axel Albrecht. (Mit Genehmigung des Verfaſſers.)

33 [Nachdruck verboten.]

Aber er konnte jetzt ohne Erregung hierüber ſprechen und unterhielt ſich öfters darüber mit Herrn Bartlett. Robin ſelbſt hatte das unbeſtimmte Gefühl, daß das Verbot ſeiner Mutter, den Namen ſeines Vaters zu nennen, etwas mit dieſer eigenthümlichen Erſcheinung zu thun habe. Andererſeits hatte er den größten Wunſch, ſich des Namens zu erinnern; denn er ſah ſehr wohl ein, daß es ſonſt faſt unmöglich für ihn ſein würde, ſeinen Vater wiederzufinden oder von ſeinem Vater auf - gefunden zu werden.

Auch quälte ihn oftmals der Gedankte, daß Herr Bartlett[ſei]ner angeblichen Gedächtnißſchwäche in dieſem〈…〉〈…〉 keinen Glauben ſchenken könnte.

Ni[chtſde]ſtoweniger hielt Dr. Gockleton ſeine früher ausgeſpro[che]ne Diagnoſe aufrecht.

Sobald die richtige Saite angeſchlagen ſein wird, ſo wird ſich ſein Gedächtniß wieder einſtellen, ſagte er.

Ungefähr nach Ablauf einer Stunde kehrte Robin wieder in den Laden zurück.

Nun haſt Du alle Bücher abgeliefert, Du Wind - beutel? fragte ihn Salomon.

Jawohl, Salomon, König der Juden

König der Juden?! Warte, ich will Dich lehren Du, namenloſer Findling, Du!

Ein großer Foliant flog durch den Laden; dies - mal war Robin nicht ſchnell genug ausgewichen, das Buch traf ihn mit großer Heftigkeit am Ohr. Vor Schmerz und Scham über dieſen Schimpf verlor Robin jede Selbſtbeherrſchung und in dem blinden Eifer, ſichzu vertheidigen und zu rächen, ergriff er den erſten beſten Gegenſtand, um ihn nach Salomon zu werfen.

Unglücklicherweiſe war dies nun ein Tintenfaß, welches Salomon mit voller Gewalt am Kinn traf und ihm das Geſicht und die Kleider beſudelte.

In dieſem Augenblicke trat Bartlett unbemerkt von den beiden Kämpfern in den Laden.

Robin, rief er laut und ärgerlich, was ſoll das heißen? wie kommſt Du dazu, den ganzen Laden wit Tinte zu beſchmutzen? Und wie Sie ausſehen, Langſam! Sie ſind ja über und über mit Tinte beſchmutzt! Was geht hier vor? Ihr ſolltet doch wiſſen, wie ſehr mir ſolche Kindereien verhaßt ſind. Ich hoffe nicht, daß Ihr Euch gezankt und geprügelt habt?

Er nannte mich König der Juden, ſagte Salomon ärgerlich, indem er ſich das Geſicht mit einem ſchmutzigen Staubtuch abwiſchte, und dann

Aber er hat mich vorher Windbeutel und dann einen namenloſen Findling geſcholten und mir ein Buch an den Kopf geworfen, begann Robin erregt, und dann habe ich

Vergeltung mit dem Tintenfaß geübt. Nun, ich würde vielleicht ebenſo gehandelt haben; nichtsdeſto - weniger wünſche ich nicht, daß ſich dieſe Scenen während der Geſchäftsſtunden wiederholen. In welchen Ruf hätte mein Geſchäft kommen können, wenn gerade ein Kunde eingetreten wäre. Iſt jemand ſeit meiner Abweſenheit hier geweſen, Salomon?

Nur der alte Collis, welcher ſich während einer Stunde im Laden aufgehalten und alle Bücher durch - gekramt hat, um ſchließlich eine Broſchüre für zwei Pennys zu kaufen.

Das ſieht ihm ähnlich. Er iſt ein ebenſo großer Geizhals wie mein Neffe Weevil. Ich reiſe heute Abend mit der Schnellpoſt nach Portsmouth. Kann ich das Geſchäft Eurer Obhut anvertrauen?

Gewiß, Herr Bartlett.

Wollt Ihr Frieden halten?

Wenn Salomon mich in Ruhe läßt, ſo werde ich ihn auch in Ruhe laſſen, ſagte Robin.

Und wenn Robin mich in Ruhe läßt, ſo werde ich ihn auch in Ruhe laſſen, antwortete Salomon reſignirt.

Gut, der Friede iſt wiederhergeſtellt, und ich kann meine Reiſe leichten Herzens antreten , ſagte Bartlett lächelnd. Willſt Du mit mir zur Poſt gehen, Robin, und meine Sachen tragen?

Gerne Herr Bartlett?

Nach einer kurzen Abweſenheit erſchien der Buch - händler wieder in ſeinem Laden und zwar in voller Reiſeausrüſtung. Dieſe war ziemlich umfangreich, da er volle zwölf Stunden auf dem Verdeck der Poſtkuſche ſitzen mußte.

Seine Mittel hätten ihm zwar geſtattet, einen Sitz im Innern des Wagens zu bezahlen, aber er hielt dies für eine überflüſſige Ausgabe. Er trug einen großen Reiſemantel über dem einen Arm und einen Regenſchirm unter dem anderen. Dies war ein rieſiges Inſtrument aus Fiſchbein und blauer Baumwolle groß genug um einen ganzen Wagen zu beſchirmen. Der Mantel, welcher mit einer Kaputze zum Schutze des Kopfes ver - ſehen war, war ein Kleidungsſtück von bedeutender Schwere und Länge.

Robin folgte mit dem Reiſeſack, der nur wenig ſchwerer als der Regenſchirm und nur halb ſo ſchwer als der Mantel war

Nachdem Bartlett ſich von Salomon verab - ſchiedet hatte, trat er mit Robin den Weg zur Poſt an.

Hier wohnt der arme Herr Chubb, ſagte er, indem er auf ein hübſches, kleines Haus deutete, welches in einem Garten lag.

Warum ſagen Sie, der arme Herr Chubb?

(Fortſetzung folgt.)

2Wien, Dienſtag Reichspoſt 11. Februar 1896 41

Krone im Orient werde nun im Jahre 1896 fallen? fragt das Blatt.

Die Auslieferung Artons an die franzöſiſchen Behörden iſt eine beſchloſſene Thatſache, und dieſer Jude, der ſo oft mit der Tarnkappe geſpielt wenigſtens der franzöſiſchen Polizei gegen - über wird binnen 8 Tagen vor ſeinen Richtern in Paris ſtehen. Alle An - ſtrengungen der Freunde Artons, die Aus - lieferungsgründe als politiſcher Natur darzuſtellen, ſchlugen fehl; er wurde wegen Fälſchung von Rechnungen und Schriften ausgeliefert. Es bleibt allen denen, welche an der Befreiung Arton’s intereſſirt ſind, keine andere Hoffnung übrig, als daß es demſelben gelingen werde, bei der Ueber - führung von London nach Paris zu verſchwinden.

Aus den Landtagen.

Oberöſterreich.

Zum Antrage Beurle’s, daß ſich der Landtag dahin ausſpreche, daß der Erlaß des Landesſchulrathes vom No - vember 1895, betreffend die Ausübung der allgemeinen ſtaatsbürgerlichen Rechte ſeitens der Lehrer, eine empfindliche Verletzung der ſtaatsbürgerlichern Rechte bedeute, bemerkt der Referent Dr. Ebenhoch, daß es ſich im Erlaſſe nicht um eine Einſchränkung der ſtaatsbürgerlichen Rechte, ſondern um das Maß und die Art des Gebrauches derſelben durch die Lehrer, deren Beruf und Vertrauensſtellung bei der Ausübung dieſer Rechte ein beſonderes Maß erheiſche, handle. Der Referent beantragt, den Antrag abzulehnen. Der Statthalter ſtimmt den Motiven Dr. Ebenhoch’s zu und bezeichnet die Forderung nach einer Zurücknahme des Er - laſſes als unzuläſſig. Der Statthalter habe als Vorſitzender des Landesſchulrathes keinen Anlaß, den Beſchluß des letzteren zu ſiſtiren. Es ſtehe den Lehrern frei, beim Unter - richtsminiſterinm zu recurriren oder eine Befchwerde beim Verwaltungsgerichtshof oder beim Reichsgerichte einbringen.

Görz.

Zur heutigen Sitzung waren alle Abgeordneten, unter ihnen auch Fürſterzbiſchof Dr. Zorn erſchienen. Der Regierungsvertreter beantworte[t]e zwei Interpellationen. Für die ſloveniſche Gewerbeſchule wurde eine jährliche Sub - vention von 1000 fl. bewilligt. Der Voranſchlag des Landesfonds pro 1896 wurde genehmigt. Der Geſetz - entwurf betreffs Einhebung einer Zinsſteuer in der Stadt Görz wurde an den Landesausſchuß überwieſen, und die Geſetzentwürfe, betreffend die Verbeſſerung der Lage der Volksſchullehrer und den Schutz der Edelweißpflanzungen, angenommen.

Kärnten.

In der heutigen Sitzung wurde die Regierungsvorlage betreffs der Einführung des Religions - unterrichtes in den oberen Realſchul - claſſen trotz warmer Beſürwortung du[r]ch den Landes - präſidenten, den Fürſtbiſchof und den Abg. Dr. Stein - wender für heuer abgelehnt. Ferner wurde der Voranſchlag des Landesfonds mit einem Erforderniß von 1,270.900 fl. und dem aus den Caſſenbeſtänden zu be - ſtreitenden unbedeckten Abgange von 122.450 fl. genehmigt. Die Umlage beträgt wie im Vorjahre 60 %.

Krain.

Die Hauptbilanz des Lotterie-Anlehens der Stadt Lai - bach wurde zur Kenntniß genommen, für den Schulausbau Subventionen im Geſammtbetrage von 6 (0) fl. bewilligt und die Einreihung der Gemeindeſtraße von Prelog nach Rodica im Egger und Steiner Bezirk in die Kategorie der Bezirksſtraßen beſchloſſen. Die Berathung des Rechen - ſchaſtsberichtes wurde für die nächſte S[i]tzung verſchoben. An dieſe Berathung ſchloß ſich eine geheime Sitzung.

Steiermark.

Der Landtag verhandelte heute das Armengeſetz. Für die Vorlage ſpricht Fürſtbiſchof Dr. Schuſter. Er prä - ciſirt die Stellung der katholiſchen Kirche zu dieſer Vorlage und ſagt nach einer kurzen geſchichtlichen Einleitung über die Entwicklung der Armen-Fürſorge ſeit der Entſtehung des Chriſtenthums, daß gegenwärtig die private und öffentliche Wohlthätigkeit zuſammenwirken müſſen, da erſtere allein nicht ausreiche. Redner billigt es, daß der vorliegende Geſetzentwurf auf dem Grundſatze aufgebaut ſei, die private und kirchliche Wohlthätigkeit mit der ſtaatlichen und öffent - lichen Wohlthätigkeit ſtets in freundlichen Beziehungen zu erhalten zur Erreichung des gemeinſamen Zweckes. Der Fürſtbiſchof kommt im Verlaufe ſeiner Rede auf die gegenwärtig üblichen mildthätigen Weihnachtsbeſcherungen zu ſprechen und erklärt ſich mit der Art und Weiſe, wie ſelbe verabreicht werden, nicht einverſtanden, weil die Autorität und die Liebe zu den Eltern hiedurch gewiß nicht gefördert werde. Er urgirt die Schaffung eines Heimatsgeſetzes und verlangt von der Reichsregierung ein Arbeiterſchutzgeſetz in dem Sinne, daß ausländiſche Arbeiter ſo lange nicht zu - gelaſſen werden ſollen, als einheimiſche Arbeiter arbeitsbedürftig ſeien. Redner ſchließt mit dem Bemerken, daß von Seite der Kirche und ihrer Vertreter zur Ausführung des Armengeſetzes gerne jeder Beiſtand und jede Hilfe werde geleiſtet werden ſoweit die Kirchengeſetze dies geſtatten. Abg. Dr. Portugall beantragt die Vertagung der Berathung auf die nächſte Seſſion. Abgeordneter Graf Gundaker Wurmbrand rühmt an dem vorliegenden Geſetze, daß es den Armen die perſönliche Freiheit möglichſt erhalte. Landesausſchuß Dr. Reicher dankt dem Fürſtbiſchof für die in Ausſicht ge - ſtellte Unterſtützung der kirchlichen Behörden. Das Ein - gehen in die Specialdebatte wird beſchloſſen und das hundert Paragraphe umfaſſende Geſetz erledigt und angenommen.

Gerichtsſaal.

Ehrenbeleidigung.

In der am 30. September v. J. im evangeliſchen Schulgebäude (Technikerſtraße) abgehaltenen Superintendential-Verſammlung erſtat[tete]der Wiener Super - intendent A. C. Joſef Winkler Bericht über die Fonds - verwaltung, wobei er äußerte, es ſeien ihm Fonds trotz wiederholter Mahnſchreiben und Vorſtellungen unter allerleiVorwänden bisher nicht übergeben worden. Da nun Dr. Capeſius bis dahin dieſe Fonds als Superinten - dential-Curator zu verwalten hatte, glaubte er, dieſen Paſſus auf ſich beziehen zu können, erblickte in demſelben den Vorwurf eines unehrenhaften Gebahrens und ſtrengte eine Ehrenbeleidigungsklage an, weshalb ſich der Superinten - dent Winkler vor dem Bezirksgerichte Wieden zu verantworten hatte. Zu gleicher Zeit wurde auch über eine zweite Klage, die gegen Herrn Winkler, Carl Bünker, Pfarrer zu Trabeſing, Dr. Theodor Reiſch, und Dr. Erich Johanny gerichtet iſt, verhandelt. Die Angeklagten haben gegen den Dring - lichkeitsantrag der VI. ev. Generalſynode, dem Kläger Doctor Capeſius in Anerkennung ſeiner Verdienſte den Dank der Synode auszuſprechen, proteſtirt mit der Motivirung, Dr. Capeſius habe die Vertreter der Synode verunglimpft und die Sache des Proteſtantismus in Oeſterreich geſchädigt. Da ſämmtliche incriminirte Aeußerungen zugegeben wurden, wurde auf die Einvernahme der Zeugen verzichtet und Ausſchluß der Oeffentlichkeit beſchloſſen.

Zeuge Dr. Alfons Zimmermann, Pfarrer und Docent der theologiſchen Facultät an der Wiener Univerſität, erklärt, er habe ſofort nach Erhalt des Schreibens des Superintendenten, in welchem derſelbe die Uebergabe der Fonds forderte, den Betrag von 700 fl. an denſelben ab - geſendet. Bezüglich der anderen Fonds ſei an den Super - intendenten die Antwort abgegangen, es müſſe zuerſt die Vinculirung der Papiere vorgenommen werden. Richter: Wie ſind dieſe Papiere aufbewahrt geweſen? Zeuge: In einer eiſernen Caſſe. Richter: Wie war die Sperre? Zeuge: Die Schlüſſel hatte ich. Ich hätte die Papiere abſenden können, aber es kommen doch ſchließlich Poſtdiebſtähle vor und man hätte mir zumindeſt leicht - ſinniges Gebahren vorwerfen können. Richter: Wann hat die Uebergabe ſchließlich ſtattgefunden? Zeuge: Am 1. October.

Superintendent Winkler: Ich habe den Super - intendentialcurator, reſpective Dr. Zimmermann, wiederholt um Zuſendung der Fonds gebeten. Ich erhielt erſt eine ge - harniſchte Antwort und ſpäter endlich 700 Gulden. Ich machte abermals eine Vorſtellung und da hat es wieder ge - heißen, es müſſe zunächſt die Vinculirung der Papiere vor - genommen werden, und ſchließlich hieß es, der Superinten - dential-Ausſchuß und nicht der Superintendent hätten die Verantwortung. Durch dieſe Ausreden wurde die Uebergabe der Fvnds thatſächlich ſo weit hinausgeſchoben, daß ich über dieſelben keine Rechnung legen konnte. Dr. Capeſius erklärt, er hatte früher keine Zeit, weil zwei Herren aus Brüſſel ihn in einer Waſſerangelegenheit vollauf in Anſpruch nahmen.

Z[ur]zweiten Anklage wird als Zeuge einvernommen der D[irector]der Wiener Baugeſellſchaft u[n]d Curator de[r]Wiener evangeliſchen Gemeinde A. K. Rudolf Bode. Derſelbe erklär[te], er habe ſich da[&ſr]Ve[r]gn[ü]gen, die Broſchüre des Dr. Capeſius zu leſen, verſagt, denn dieſelbe [tte]ſehr großes mißlie[b]ig[e]s Aufſeh[e]n erregt, und viele angeſehene Männer hätten ihm erk[l]ä[r]t daß da[r]in Dinge wieder in die Welt hinausgebracht werden, welche ſelbſt vor Gericht ſchon zur Austragung gelangt ſeien. Dr. Capeſius bean - tragt nun die Führung mehrerer Zeugen, bei welchen ſeine Broſchüre eine günſtige Aufnahme fand. Der Richter lehnt dieſen Antrag ab und ſagt, es wird hier lediglich behaupte[t], daß man eine ſolche Broſc[h]ü[r]e überhaupt nicht ſchreibt, ohne daß die Gemeinde geſchädigt würde, und darüber wird entſchieden werden. Dr. Franz Berger erklärt, nur die Broſchüre und eine Eingabe des Dr. Capeſius an den Oberkirchenrath als Mittel zu ſeinem Wahrheitsbeweiſe be - nützen zu wollen, worauf der Richter das Beweisverfahren für geſchloſſen erklärt und die Verhandlung auf morgen vertagt.

Theater, Kunſt und Muſik.

Das dritte Geſellſchaftsconcert brachte Sonntag den 9. Februar zunächſt ein Fragment aus dem allegoriſchen Oratorium: Sieg der Zeit und Wahrheit von Härdel. Es war dies die Jagdſcene, ein Wechſelgeſang zwiſchen Tenorſolo und Chor, der keineswegs an die großangelegten Chornummern dieſes gewaltigen Tonſetzers hinanreicht; mit der Vorführung von Fragmenten, die den Charakter des ganzen Tonwerkes ſchwer errathen laſſen, ſind wir nicht einverſtanden. Die zweite Nummer, das Auftreten des Solovirtuoſen Herrn Profeſſor Heermann aus Frankfurt a. M. war doppelt intereſſant. Dadurch, daß er vielleicht zufällig das Violinconcert von Brahms brachte, das kürzlich der kleine Hubermann ſpielte, konnte man ſo recht den Gegenſatz zwiſchen künſtleriſcher Reife und ſchulmäßiger Ausbildung, zwiſchen Können und Wollen erſehen. Heermann ſpielte das Concert techniſchvollendet, die Cantilone im 1. Satze und das Andante hinreißend ſchön und erntete reichen Beifall und dreimalige Hervorrufe. Es folgte nun die Erſtaufführung eines Myſteriums: Eva in 3 Abtheilungen von Maſſenet, ein Werk, welches uns Schöpfung, Verſuchung und Sündenfall des erſten Menſchenpaares in muſikaliſcher Weiſe verſinnlichen ſoll. Es iſt in dieſem Werke viel Schönes an characteriſtiſchen Formen, meiſterhafte Orcheſtration und ſchwungvolle Scenen enthalten, doch iſt der Grundzug des Ganzen: muſikaliſches Raffinnement, Tonmalerei, Aeußerlichkeit ohne innere Empfindung. Die durch hohe Lage anſtrengenden Solo wurden von der Hofopernſängerin Frl. Mora, dem Herrn Hofopernſänger Ritter und dem Concert - ſänger von Zur Mühlen aus Berlin (der nicht ganz disponirt war) vorzüglich gegeben, wie auch ſonſt die ganze Aufführung, beſonders in den Chorſätzen, unter der umſichtigen Leitung Richard von Pergers eine tadelloſe war.

Der Amſterdamer Sänger Johannes Meßchaert beſitzt einen wohlklingenden, in allen Lagen ausgeglichenen Baryton und eine weitgehende künſtleriſche Bildung; dieſer entſprechend war auch das intereſſante Programm, das ſich der Künſtler geſtellt hatte. Der Cyclus An die entfernte Geliebte von Beethoven und der Liedercyclus op. 35 von Schuhmann ſind Geſänge, welche man bei uns ſelten, ge - ſchweige denn in einer ſo vollendeten Ausführung hört. Unterſtützt wurde der Sänger durch theoretiſch vorzüglich gebrachte Claviervorträge des Profeſſors Julius Röntgen.

Man kennt ſchon ſeit Jahren das ausgezeichnete Zu - ſammenſpiel der beiden Wiener Pianiſten Brüder Willi und Louis Thern; dieſelben glänzten wieder durch ihreVorträge in einem eigenen, vom Concertbarytoniſten Simonelli unterſtützten Concerte, dem wir wegen dem gleichzeitigen böhmiſchen Streich - quartett nur zum Theile anwohnen konnten. Eine neue Erſcheinung war die aus dem Wiener Conſerva - torium hervorgegangene Pianiſtin Frl. Tolomei, welche in ihrem Concerte am Donnerſtag, den 6. d. M., im Vereine mit den Conſervatoriſten, Herren Weber und Schmid, zu - nächſt eine Novität, Claviertrio von Wealbecker, ein recht anſprechendes, melodiöſes und geſchmackvoll componirtes Werk, zur Aufführung brachte. In dieſem und in allen übrigen Vorträgen erwies ſich die Concertgeberin als eine muſikaliſch und techniſch gebildete Künſtlerin, welche zu den ſchönſten Hoffnungen berechtigt. In dieſem Concerte wirkte auch die Sängerin Frl. Martha Gey mit, welche wir wegen ihrer ſympathiſchen Erſcheinung und reizvollen Vor - tragsweiſe ſtets gerne im Concertſaale begrüßen.

Die Claviervirtuoſin Adele aus der Ohe wird in ihrem Montag 17. d. Abends halb 8 Uhr im Böſendorfer - Saale ſtattſindenden Concert Werke vortragen von: Bach, Beethoven, Mendelsſohn, Schuhmann, Rubinſtein, Adele aus der Ohe und Liszt. Karten in Gutmann’s Hof - muſikalienhandlung.

Das böhmiſche Streichquartett gab unter Mit - wirkung des Kammervirtuoſen Grünfeld eine außer - ordentliche Soiree, die den großen Muſikvereinsſaal voll - ſtändig füllte. Die Concertgeber führten in wunderbarer Harmonie und claſſiſch ſchöner Vortragsweiſe auf: Schubert’s Streichquintett in C, Schuhmann’s Clavierquintett in Es und Brahm’s Sextett; in letzterem führten 2 Viola und 2 Cello, die Herren Rychlik und Burian. Daß Herr Grünfeld ſeinen Clavierpart künſtleriſch durchführte, iſt ſelbſtverſtändlich.

Ballnachrichten.

Der Liechtenthaler Männer-Geſangsverein ver - anſtaltet unter dem Titel: Dunkethaler Kirta und Jahrmarktfeſt am 15. ſein diesjähriges Carnevalsunternehmen in Kell’s Reſtauration zum Auge Gottes , 9. Bezirk, Nußdorferſtraße 73. In der Zwiſchen - pauſe Aufführung einer Geſangspoſſe. Juxpoſt, Juxbazar. Karten im Vorverkaufe 80 kr. bei Joſef Kell in Wien, 9. Bezirk, Nußdorferſtraße 73. Entrée an der Caſſe 1 fl.

Der Ober-St. Veiter Faſchingszug findet am Faſchingdienſtag vom Drahrer-Club veranſtaltet ſtatt. Die Vorbereitung geſtalten ſich großartig und dürfte die große Gruppe Oeſterreichs Völkertrachten die Siegespalme er - ringen; ferner wird ein großes Reiterbanderium, ſowie eine Reihe von humoriſtiſchen Gruppen allſeitigen Beifall finden. Das Reinerträgniß iſt armen Schulkindern gewidmet.

Die katholiſch-akademiſch-techniſche Studenten - verbindung Ferdinandea in Prag wird am 12. d. ein Kränzchen veranſtalten, über welches Graf Sylva-Tarouca das Protectorat übernommen hat.

Die chriſtlichen Gewerbetreibenden des 13. Be - zirkes veranſtalten Donnerſtag, 13. d., in Hopfner’s Caſino, Hietzing, Hauptſtraße 12 ein Kränzchen. Die Abgeordneten Dr. Carl Lueger, Dr. Pattat, Polzhoſer, Schneider, Gre - gorig haben bereits ihr Erſcheinen beſtimmt zugeſagt. Anfang 8 Uhr. Karten im Vorverkauf 50 kr. in Hietzing: Carl Bayer, Altgaſſe 16. Penzing: Victor Kortſchak, Penzinger - ſtraße 73. Lainz: Johann Kurz, Lainzerſtraße. Speiſing: Joſef Hampel, Gallgaſſe 31, Hütteldorf: Johanu Glöſſel, Bergmüllergaſſe 6. An der Caſſe 80 kr.

Tagesbericht.

* Auszeichnungen und Ernennungen.

Dem Feld - marſchall-Lieutenant Frh. v. Gagern wurde anläßlich der Uebernahme in den Ruheſtand und dem beurlaubten Feldmarſchall-Lieutenant Oswald Grafen Kielmansegg die Würde eines geheimen Rathes, dem Lieutenant im 1. Regiment der Tiroler Kaiſer-Jäger Hubert Freih. v. Walterskirchen die Kämmererswürde, dem Hilfs - ämtervorſteher bei dem Kreisgerichte in St. Pölten Ferdinand Scheibert anläßlich der Verſetzung in den Ruheſtand der Titel und Charakter eines Hilfsämterdirectors, dem Rent - amts - und Brunnenverwalter in Krynica, Sigismund So - koloski anläßlich ſeiner Verſetzung in den Ruheſtand das goldene Verdienſtkreuz mit der Krone verliehen.

* Der Ausſtand der Schneider.

In den Bezirken Stadt, Leopoldſtadt, Alſergrund, Favoriten und Simmering ſind geſtern wegen nicht bewilligter Lohnerhöhung 85 Ge - hilfen verſchiedener Schneidermeiſter in den Ausſtand ge - treten. In mehreren Bezirken haben aber auch die Meiſter ihre Werkſtätte geſperrt, in Folge deſſen 192 Gehilfen arbeitslos geworden ſind. Ungefähr 150 Gehilfen er - ſchienen heute Vormittags in der Kanzlei der Schneider - genoſſenſchaft, Fütterergaſſe 1, um die Forderung des Ge - hilfenausſchuſſes behufs Anſtellung eines Gehilfen als Be - amten im Rufhauſe der Schneider und um Vergrößerung der Rufhaus-Localitäten dem V[o]rſteher Herrn Fenzl vorzutragen. Das Anſuchen der Gehil[f]e[n]wurde vorläufig endgiltig nicht erledigt. Dieſer Strei[k]bezieht ſich haupt - ſächlich auf die bei den ſogenannten engliſchen Schneidern bedienſteten Gehilfen, die in geradezu ausbeuteriſcher Weiſe von ihren Chefs behandelt werden.

* Der Faſten-Hirtenbrief

des Herrn Biſchofs von Lavant (Marburg), Dr. Michael Napotnik, iſt eben ausgegeben worden, und enthält eine lichtvolle Er - klärung des « Ave Maria ».

* Bulthaupt-Vorleſung.

Profeſſor Dr. Heinrich Bulthaupt aus Bremen, deſſen Drama Timon ſoeben im Prager deutſchen Landestheater zum erſten Male aufgeführt wird, hält heute (Dienſtag) um ¼8 Uhr Abends in der Grillpa[r]zer-Geſellſchaft einen Vortrag Grill - parzer als Lyriker .

* Tiroler Jahrmarkt,

Dieſes Wohlthätigkeitsſeſt des Tiroler und Vorarlberger Club in Wien, findet am 7. und 8. März unter dem Protectorat des Erherzogs Carl Ludwig in den Blumenſälen ſtatt.

* In die Donau geſtürzt.

Der Tiſchlergehilfe Jo - hann Kabletz ſtürzte geſtern Nachmittags um 2 Uhr in betrunkenem Zuſtande oberhalb der Stefaniebrücke in den Donaucanal, ſchwamm jedoch ſelbſt wieder[a]n das Ufer, wurde aus dem Waſſer gezogen und in der nahegelegenen341 Wien, Dienſtag Reichspoſt 11. Februar 1896Wachſtube gelabt. Man brachte ihn ins Spital der Barm - herzigen Brüder.

* Selbſtmord eines Börſenagenten.

Der 76jährige Börſenagent Joſef Modley litt ſeit Jahren an einem unheilbaren ſchweren Magenleiden. Heute Morgens benützte Modley den Moment, während ſeine Frau in der Küche ihm einen Priesnizumſchlag bereitete, nur mit dem Hemde bekleidet, vom Fenſter des zweiten Stockes des Hauſes Nr. 28 der Novaragaſſe auf das Straßenpflaſter zu ſpringen. Mit zerſchmetterter Hirnſchale blieb er unten liegen.

* Selbſtmord.

Der 28jährige Photograph Willy Ochs hat ſich geſtern Abends in ſeiner Wohnung, Land - ſtraße, Poſthorngaſſe Nr. 8, am Fenſterkreuze an einer Schnur erhängt.

* Raubaufall.

Am 9. d. M. Nachts ſpielte der Kutſcher Johann Bartoſch, mit zwei Burſchen in Föchlingers Gaſthaus in Floridsdorf Karten. Er verlor drei Liter Wein, weigerte ſich aber, ſie zu zahlen. Als er ſich ſpäter in den Hof eines benachbarten Gaſthauſes begab, überfielen ihn die beiden Burſche und nahmen ihm eine Geldbörſe mit 2 fl. 50 kr. und ein Meſſer weg. Geſtern Früh wurden die beiden Burſche verhaftet. Es ſind die Bauernſöhne Franz Hertner und Leopold Fiſcher, Beide aus Stetten. Das Meſſer wurde bei Fiſcher gefunden, ſie leugnen aber, dem Bartoſch auch Geld geraubt zu haben, und wurden dem Kreisgerichte Korneuburg eingeliefert.

* In Frauenkleidern.

Der 30jährige Markt - helfer Albert Reichl, ein wegen ſeiner Gewaltthätig - keit abgeſtraſtes und aus Niederöſterreich abgeſchafftes Individuum, wurde geſtern Mittags als Fran ver - kleidet von einem Sicherheitswachmann in Favoriten, Himbergerſtraße, angehalten und auf das Polizei - Commiſſariat gebracht. Reichl gab an, deshalb Frauen - kleider angelegt zu haben, weil ihn die meiſten Sicher - heitswachmänner in Favoriten kennen und er befürchten mußte, wegen verbotener Rückkehr verhaftet zu werden. Er wurde dem Landesgerichte eingeliefert.

* Flüchtiger Kaufmann.

Der 29jährige Kaufmann Ernſt Hermann Groſſe iſt geſtern nach vollführtem Be - truge in der Höhe von 20.000 Mark aus Dresden flüchtig geworden.

* Verunglückt.

Eine ungefähr 60jährige unbekannte Frau ſtürzte geſtern Nachmittags auf der Landſtraße, Haupt - ſtraße nächſt der Schlachthausgaſſe auf das Tramwaygeleiſe uud erlitt eine Verletzung an der Stirne. Sie blieb bewußt - los liegen und wurde verbunden und ohne die Beſinnung bisher wieder erlangt zu haben, in das Rudolfsſpital ge - bracht. Der 36jährige Brauergehilfe Johann Knoll fiel geſtern Vormittags im Währinger Brauhauſe durch Un - achtſamkeit in den Keller und erlitt einen Bruch des linken Fußes. Die 36jährige Näherin Thereſia Weikmann glitt heute früh vor 8 Uhr auf dem Canalgitter vor dem Hauſe Nr. 5 der Plankengaſſe zu Boden und erlitt Brüche beider rechter Unterſchenkelknochen.

Nachtrag.

Niederöſterreichiſcher Landtag.

Zur Verhandlung gelangt ein Dringlichkeitsantrag des Abg. Gregorig auf Entſendung einer Commiſſion im Monate Mai in die Gemeinden Croß und Triel, der auch der Antragſteller beizuziehen wäre. Die Commiſſion ſoll ſich mit der Erhebung der Zu - ſtände infolge der im Jagdbezirke des Baron Gut - mann verurſachten Wildſchäden befaſſen. Der Antrag wird vom Abg. Gregorig eingehend begründet und von den Abgeordneten Steiner, Dr. Scheicher und Dötz wärmſtens unterſtützt unter Hinweis auf die Mängel des jetzigen Jagdgeſetzes.

Der Statthalter erklärt, daß eine Abänderung des Jagdgeſetzes in Ausſicht genommen ſei, jedoch dürfe man deshalb nicht etwa eine Freigebung der Jagd er - warten.

Telegramme.

Sofia, Privattelegramm.

Hier überſtürzen ſich jetzt ſozuſagen die Ereigniſſe, die mit der Umtaufung Boris zuſammenhängen. Schon werden die Vorbereitungen hierzu getroffen, das Programm der Feſtlichkeiten iſt feſtgeſetzt und harrt nur noch der Genehmigung Doctor Stoilovs. Der Exarch iſt bereits am Wege nach Sofia. Etwas eigenthümlich berührt es, daß zu gleicher Zeit ein Credit für militäriſche Zwecke verlangt wird und Aenderungen in der auswärtigen Vertretung Bulgarien ſignaliſirt werden. Stoilow iſt, mit Gnaden vom Sultan überſchüttet, von Con - ſtantinopel wieder abgereiſt und führt auch ein Geſchenk für ſeinen Fürſten mit. Als Ab - geſandte des Sultans zur Umtaufung wurden Muzafer Paſcha und Kara - theodory nach Sofia geſendet. In diplo - matiſchen Kreiſen iſt man der Anſicht, daß Oeſterreich-Ungarn ſich zu dem Um - ſchwunge in Bulgarien nur paſſiv verhalten könne.

Streiks in Berlin.

Die Schneider und Näherinnen der Confections-Induſtrie hielten geſtern Abends 14 große, ſehr zahlreich beſuchte öffentliche Verſammlungen ab, in welchen beſchloſſen wurde, ſofort in den allgemeinen Ausſtand zu treten. Die Forderungen betreffen vor Allem die Errichtung von Betriebs-Werkſtätten und feſte, bedeutend erhöhte Lohnſätze.

Baron Hammerſtein.

Freiherr v. Hammer - ſtein iſt um 6 Uhr Früh hier eingetroffen und wurde alsbald in das Unterſuchungs - Gefängniß von Moabit gebracht.

Parlament in Egypten.

Die geſetzgebende Körperſchaft wurde geſtern vom Khedive er - öffnet. Der Khedive drückte in einer An - ſprache die Hoffnung aus, daß die Körperſchaft Alles thun werde, um das Wohl des Landes und des Volkes zu fördern; ſie werde dabei vom Khedive und der Regierung unterſtützt werden.

Meteor in Madrid.

Die Einzelheiten über das geſtern über Madrid explodirte Meteor beſchäftigen vorwiegend die öffentliche Meinung. Das Phänomen wurde auch in Toledo, Guadala - jara, Valladolid und Sarragoſſa be - obachtet. In Madrid ſind einzelne Fragmente des Meteors niedergefallen; eines davon wurde dem Miniſterpräſidenten Canovas überreicht. Die Zahl der Verwundeten der durch die im erſten Augen - blicke hervorgerufene Panik iſt größer, als Anfangs an - genommen wurde.

Boris Glaubenswechſel.

Die Agence Balcanique meldet: Es wird auf das beſtimmteſte beſtätigt, daß der Sultan ſich durch zwei hohe Würdenträger bei der Feier des Uebertrittes des Prinzen Boris ver - treten laſſen werde. Die ruſſiſche Ab - ordnung wird im Palais abſteigen. Ein detaillirtes Programm über die Feſtlichkeiten wird nach Rückkunft des Miniſterpräſidenten Stoilow feſtgeſetzt werden. Es iſt wahrſcheinlich, daß die Feier ſich auf drei Tage erſtrecken wird.

Tauernbahn.

Die Trieſter Handels - kammer verhandelte in ihrer heutigen Sitzung über die Trieſter Eiſenbahnfrage. Die Börſe - deputation beantragte an den Handels -, Eiſenbahn - und Finanzminiſter eine Denkſchrift zu richten, worin als dringendſte Nothwendigkeit die Tauern-Bahn und deren kürzeſte Fortſetzung bis Trieſt verlangt wird. Abg. Combi hob die Vorzüge der Karawanker-Bahn hervor und erklärte, dem Antrage nicht zuzuſtimmen. Kammer - rath Eſcher, Brunner und Reichsraths-Abge - ordneter R v. Stalitz traten dem Redner entgegen, wobei erſterer ſeinen Antrag zu Gunſten der Tauernbahn durch Anführung ausführlicher Daten der k. k. Generalinſpection der öſterreichiſchen Staatsbahnen eingehend begründete. Schließlich wurde der Antrag der Börſe-Deputation bei namentlicher Abſtimmung mit allen gegen die Stimme Combi’s unter lauter Bei - fallskundgebung angenommen.

Arbeitsloſe in Prag.

Nach der heute gemeldeten Verſammlung der Arbeitsloſen wurden fünf Indivi - duen wegen Widerſetzlichkeit, Wachebeleidigung oder Steinewerfens verhaſtet.

Die ſüdafrikaniſche Frage.

Reuter’s Office meldet aus Prätoria: Präſident Krüger benachrich - tigte Robinſon, daß er bereit ſei, ſich nach Eng - land zu begeben, unter der Vorausſetzung daß alle mit der britiſchen Regierung zu verhandelnden Punkte im Vorhinein endgiltig ſpecificirt werden.

Der Verwaltungsrath der Chartered Company gibt bekannt, daß die Verſammlung der Actionäre verſchoben worden ſei, damit nichts zum Nachtheile Jameſon’s geſchehe. Weiters theilt der Verwaltungsrath mit, daß, obgleich die Polizei auf dem Territorium der Geſellſchaft zu - künftig unter der Controle der Reichs - regierung ſtehe, der Status ſonſt im Weſent - lichen unverändert bleiben werde.

Engliſche Thronrede.

Wie verlautet, wird die Thron - rede, mit welcher morgen das Parlament eröffnet werden wird, keine neuen Ankündigungen in Betreff der auswärtigen Politik ent - halten und wahrſcheinlich nur der Befriedigung Ausdruck geben, daß England mit allen Mächten ſich im Frieden befinde. Bezüglich Transvaals werde die Thronrede nur die Ereigniſſe aufzählen und in der Venezuelafrage keine Erwähnung vom Schiedsſpruche machen, ſondern nur die Ausſicht auf freundliche Verſtändigung mit den Vereinigten Staaten ausſprechen. Unter den angekündigten Geſetzentwürfen befänden ſich ſolche betreffend die Verpflichtungen der Arbeitgeber, die freiwilligen Schulen, iriſche Landreform und bezüglich der Hebung der Landwirthſchaft. Auch der Vermehrung der Flotte werde Erwähnung gethan.

Der Aufſtand auf Cuba.

Wegen der am letzten Freitag vorgefallenen Kundgebungen wurden drei Zeitungsredacteure verhaftet. Depeſchen aus Cuba melden gerüchtweiſe, daß eine von der ſüdamerikaniſchen Republik organiſirte Fli - buſtier-Expedition geſcheitert ſei. In dem letzten Kampfe mit den ſpaniſchen Truppen hatten die cubaniſchen Inſurgenten 107 Todte.

Der griechiſche Geſandte in Paris wurde als Führer der zu den Krönungs - Feierlchkeiten in Moskau zu entſendenden Miſſion in Ausſicht genommen.

Der Secretär der britiſchen Botſchaft in Wien, Barrington, wurde zum Geſandten in Buenos-Aires ernannt.

Wie die Voſſiſche Zei - tung hört, iſt General Golenitſchew-Kutu - ſow geſtern Abends hier eingetroffen und reiſt heute Abends mit dem zum diplomatiſchen Ver - treter in Sofia ernannten bisherigen Botſchaftsrathe Tſcharykow nach Sophia weiter.

Auswärtige Viehmärkte.

Prager Viehmarkt.

(Amtlicher Bericht.) 6. Februar. Auftrieb: 10 Stück Hornvieh ( böhmiſche, 10 galiziſche ſerbiſche und ungariſche.) Böhmiſche Maſtochſen per Kilogramm Lebendgewicht, I. kr. bis kr., II. bis kr. ; galiziſche, ſerbiſche und ungariſche Maſtochſen per Kilogramm 46 kr. bis 60 kr. Verkehr war mittel. Stechvieh. Stück lebende Schöpſen per Paar fl. . bis fl. . , 94 geſchlachtete Schöpſen per Kilo - gramm 46 kr. bis 56 kr., 280 geſchlachtete Kälber per Kilo - gramm 56 kr. bis 66 kr. (Abſchlag 7 bis 9 Kilogramm per Stück), 97 Stück Schweine, böhmiſche per Kilogramm 48 kr. bis 60 kr., galiziſche per Kilogramm 53 kr. bis 55 kr., un - gariſche Bakonyer per Kilogramm 44 bis 65 kr. Lämmer per Paar fl. . bis fl. . . Zickel per Stück fl. . bis fl. . . Rindfleiſch: 41.370 Kilo - gramm, per Kilogramm 34 kr. bis 46 kr. vorderes prima 52 kr. und 38 kr. bis 54 kr. hinteres, prima 64 kr. Schweinefleiſch: 10.930 Kilogramm, per Kilogramm 48 kr. bis 60 kr. böhmiſche, 53 kr. bis 55 kr. galiziſche Verkehr mittel.

Graz.

(Wochenviehmarkt amtl. Bericht), 6. Februar. Auftrieb: 340 Ochſen, 49 Stiere, 316 Kühe, 61 Kälber; zuſammen 766 Stück. Preiſe: Maſtochſen (über 55% Fleiſch und Unſchlitt) fl. 29.50 bis 32.50, Ausnahms - preis fl. 34.50 bis . , halbfette Ochſen fl. 27.50 bis 29. , magere Ochſen (unter 50% und Unſchlitt) fl. 25.50 bis 27. , Ochſen für Maſtzwecke fl. 27. bis 31. . Maſtkühe (über 55% Fleiſch und Unſchlitt) fl. 23.50 bis 27. , halbfette Kühe fl. 19. bis 23. , magere Kühe (unter 50% Fleiſch und Unſchlitt) fl. 15. bis 18. . Stiere fl. 24. bis 30. , junge neumelkende Kühe fl. 25. bis 28.50, ältere Melkkühe fl. 21.50 bis 24. , trächtige Kühe fl. 20. bis 25. ; Preiſe für 100 Kg. Lebendgewicht. Die Preiſe verblieben ohne weſentliche Aenderung. Stechviehmarkt, 7. Februar. (Todtes Stechvieh) 386 Kälber 42 54 kr. per Kilogr., 2253 Schweine 40 50, Maſtſchweine 48 53 kr. per Kilogr.

Ausweis

über den Auftrieb, die Zufuhr und die Preiſe des Schlachtviehes auf dem Centralviehmarkte zu St. Marx am 10. Februar 1896.

Geſammtauftrieb 3790 Stück, darunter unverkaufte von der Vorwoche 44 Stück. Neuauftrieb 3746 Stück.

Theilung des Auftriebes nach:

Qualitäten: Maſtvieh 3132, Weidevieh , Beinlvieh 658 Stück;

Preiſe per 100 Kilogramm Lebendgewicht:

Ungariſche Maſtochſen 26. fl. bis 41. fl. Ungariſche Weideochſen . fl. bis . fl., Galiziſche Maſtochſen 26. fl. bis 37. fl., Deutſche Maſtochſen 35. fl. bis 37.50 fl., Büffel 19. fl. bis 22. fl., Stiere 26. fl. bis 33. fl., Kühe 23. fl. bis 30. fl., Beinlvieh 16. fl. bis 25. fl.

Wiener Börſe.

Die heutig Börſentendenz iſt als eine befeſtigte zu betrachten. Die Großſpeculanten beobachten zwar ein tiefes Schweigen, die kleineren Börſenjuden kaufen in - deſſen luſtig ein.

Um 11 Uhr notirten: Oeſterreichiſche Creditactien 382.50, Ungariſche Creditactien 435. , Anglobank 174. , Unionbank 320. , Bankverein 150. Länderbank 252.50, Bodencreditanſtalt 483. , Tabakactien 183.50, Mairente 101.10, Silberrente 101.25, Oeſterreichiſche Kronenrente 101.40, Ungariſche Kronenrente 99.20, Oeſterreichiſche Goldrente 122.50, Ungariſche Goldrente 122.50, Staatsbahnactien 373.50, Lombarden 103. , Galizier . , Elbethalbahn 279.50, Norweſtbahn 278. , Czernowitzer 298.50, Kaſchauer . , Buſchtehrader A. . , Buſchtehrader B. 550. , Böhmiſche Nordbahn 279. , Böhmiſche Weſtbahn . , Graz-Köflacher . , Nordbahnactien . , Oeſterreichiſche Localbahnen 507. , Oeſterreichiſche Waffenfabrik 300. , Tramwayactien 489. , Neue Wr. Tramwayactien . Donau-Dampfſchiffahrts-Geſellſchaft 481. , Lloydactien . , Communalloſe . , Bulgaren . , Ungar - loſe . , Theißloſe . , Türkenloſe 59.20, Waggon - leihanſtalt . , Montan 87.75 Prager Eiſen 690. , Wienerberger Ziegelfabrik 320. , Rima-Muranier 255.50, Trifailer 171.50, Brüxer Kohle 291. , Weſtböhmiſche Kohle 145. , Rubel 1. 28·50, Marknoten 59.15 bis . , Napoleons 9. 60· Prag-Dux . , Wiener Bau . , Allgemeiner Bau , Hütten . ., Elektr. -Geſ. . .

Vereinsnachrichten.

§ Katholiſcher Schulverein.

In der Ausbreitung des katholiſchen Schulvereines iſt ein Aufſchwung bemerkbar. In dieſer Hinſicht muß beſonders die Gründung neuer Pfarrgruppen hervorgehoben werden, welche faſt ausnahms - los gleich Anfangs eine bedeutende Anzahl von Mitgliedern aufzuweiſen hatten. Conſtituirende Verſammlungen fanden in letzter Zeit ſtatt in Wieſelburg, Mannersdorf am Leitha - berge, Unterach am Atterſee, Ebenthal, Hörbranz, St. Gallen - kirch. Ferner ſind die Statuten für die in Kremsmünſter (Oberöſterreich), Aſchbach und Nieder-Kre[u]zſtetten zu errich -4Wien, Dienſtag Reichspoſt 11. Februar 1896 41tenden Pfarrgruppen bereits genehmigt und dürften die conſtituirenden Verſammlungen demnächſt ſtattfinden. Weitere Gruppengründungen ſtehen bevor. Aber auch die bereits beſtehenden Pfarrgruppen entfalten eine rege Thätigkeit. Verſammlungen haben in letzter Zeit abgehalten die Pfarr - gruppen in Schöngraben, Ohlsdorf, Alt-Pölla, Krems, Groß - Pertholz, Gmunden, Langenlois, Mähr. -Schönberg, Reichen - berg, Neutitſchein, Oberlaa, Mannersdorf a. d. M., Atzgers - dorf, ſchließlich Gerſthof, Margarethen, Alſergrund, St. Stefan und St. Othmar in Wien.

Volkswirthſchaftlicher Theil.

Börſenreform in Italien.

Man iſt jetzt in den meiſten Staaten daran Börſenreformen durchzu - führen. Sogar in Rußland fühlt man, daß es hoch an der Zeit iſt, den Börſeanern, das Leben ſauer zu machen. Auch Italien rüſtet ſich zu Reformen der Börſe. Dieſe ſind allerdings nicht ſo einſchneidender Natur wie die in Deutſchland geplanten. Der Entwurf eines Geſetzes für die Reform der italieniſchen Börſen, trifft vor allem über die Zulaſſung zur Börſe. Zugelaſſen wird Jeder, der berechtigt iſt, Verpflichtungen einzugehen; ausgeſchloſſen iſt, wer fallit wurde oder ſonſt ſeine commerciellen Verpflichtungen unerfüllt ließ, wegen ge - wiſſer Verfehlungen verurtheilt wurde. ꝛc. Im Uebrigen ordnet der Entwurf die Anſtellung von autoriſirten Vermittlern. Wer als ſolcher zugelaſſen werden will, muß 25 Jahre alt, im Beſitze bürgerlicher Rechte und einer gewiſſen Schulbildung ſein. Gewöhnliche Vermittler müſſen wenigſtens zwei, Wechſelagenten wenigſtens drei Jahre geſchäftlicher Thätigkeit in Banken ꝛc. hinter ſich haben, auch ein gewiſſes Examen beſtehen. Befreit können von dieſem durch die betreffende Handelskammer Solche werden, die zehn Jahre hindurch als Banquiers thätig waren. Die Vermittler haben eine Caution (eventuell bis 50.000 Lire) zu hinterlegen, mit der ſie für Schäden an Dritte und für Strafen haften; ſie dürfen nicht gleich - zeitig Theilhaber eines Geſchäftes Directoren oder Angeſtellte ſein, auch nicht für eigene Rechnung Geſchäfte machen. Wer als Vermittler falſche Curſe angibt oder die Angabe der richtigen unterläßt, verfällt in Strafen bis zur Streichungaus der Rolle. Alle Schlußſcheine müſſen nuf geſtempelten Blättern ausgeſtellt werden. Geſchieht dies ohne Vermittler, ſo beträgt der Stempel für Zeitgeſchäfte Lire, für Comptant - umſätze Lire auf jeden Schlußſchein; bei Inan - ſpruchnahme von Vermittlern hat jede Hälfte des Schluß - ſcheines für Zeitgeſchäfte 30, für Comptantumſätze 10 Centeſimi zu zahlen. Das gilt wie für Werthpapiere, auch für Waaren. Auf jeden Schlußſchein darf immer nur Ein Abſchluß geſchrieben werden, der zwiſchen den gleichen Contrahenten auf den gleichen Termin zu Stande kam. Bei Reportumſätzen dürfen auch ver - ſchiedene Gattungen auf Einem Schlußſcheine ſtehen, wenn der Abſchluß zwiſchen den gleichen Contrahenten auf den gleichen Termin mit nur Einem Preiſe für jede Gattung ſich vollzog.

Saatenſtand in Ungarn.

Das ungariſche Ackerbauminiſterium veröffentlicht folgenden Bericht über den Saatenſtand Anfangs Februar: Der Winter war für die Vegetation nicht von gleichmäßig guter Wirkung. Derzeit iſt eher Frühjahrs - als winter - liches Wetter und dürften die landwirthſchaftlichen Arbeiten alsbald aufgenommen werden. Aus den aus verſchiedenen Landestheilen eingebrachten Berichten geht hervor, daß, obzwar in zahlreichen Gegenden die Saaten noch ſchneebedeckt ſind, die Getreideſorten bisher zufriedenſtellend überwintern, ſtellenweiſe haben aber Weizen, Roggen, Gerſte, hauptſächlich aber Reps Schaden erlitten. Letztere Pflanze iſt längs der Theiß und in Alföld zum großen Theile ſchütter geworden und ſtellen - weiſe zugrunde gegangen. Am ſchwächſten, d. i. kaum zufriedenſtellend ſind derzeit die Saaten in einigen Theilen des Preßburger Comitates, in den Comitaten Zolyoni und Baranya, weiters in einigen Bezirken des Biharer Comitates, endlich in den größeren Theilen der Comitate Temes und Torontal, an welchen Orten der Schnee die Pflanzungen nicht genügend vor der Kälte ſchützte. Schwach ſind noch die Getreidearten in den Comitaten Unteralba, Udvarhely und Szolnokdoboka; trotz der vorjährigen mittleren Futterernte wird ſtellen - weiſe Futtermangel gemeldet, ſtellenweiſe herrſcht aber ſolcher Ueberfluß, daß die Oekonomen denſelben ſelbſt zu niedrigen Preiſen kaum verwerthen können. DerPreis des Heues ſchwankt im Lande zwiſchen 1 bis 3 fl. pr. Metercentner.

Die Deutſche Börſengeſetz-Commiſſion des Reichs - tages berieth den § 41 betreffend die Haftung auf Grund des Proſpectes und nahm trotz des Einſpruches des Staats - ſecretärs Bötticher den Antrag des Grafen Arnim an, anſtatt der in der Regierungsvorlage enthaltenen Worte ohne grobes Verſchulden die Worte bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes zu ſetzen. Ferner wurde ein Zuſatz des Grafen Kaunitz angenommen, wonach die Erſatzpflicht ſich auch auf diejenigen erſtreckt, welche Werthpapiere in den Verkehr eingeführt haben. § 42 über die Erſtreckung der Erſatzpflicht, § 43 betreffend die Ge - währung eines Erſatzanſpruches binnen fünf Jahren ſeit der Zulaſſung der Werthpapiere, ſowie § 44, wonach eiue Ver - einbarung über eine Ermäßigung oder einen Erlaß der Haftung unwirkſam iſt, wurden in der Faſſung der Regierungsvorlage angenommen.

Inſolvenznachrichten.

Der Creditorenverein meldet nachfolgende Zahlungseinſtellungen: Jul. Hinterleitner proto - kollirter Kaufmann in Wien, 8. Bezirk, Alſerſtraße Nr. 31; Karl Pflüger, protokollirter Kaufmann in Troppau; Iſaak Roditi, Kaufmann in Conſtantinopel; Moriz Huſchak, Kauf - mann in Wien, 2. Bezirk, Taborſtraße Nr. 53; Philipp Schoßberger, Juwelier und Uhrmacher in Neuſatz; Anton Umvogel, Gemiſchtwaarenverſchleißer in Wien, 13. Bezirk, Kufſteingaſſe Nr. 14; Joſef Smalek, Krämer und Hausmit - beſitzer in Groß-Zdikau; Johann Spindlegger, nichtproto - kollirter Kaufmann in Fohnsdorf; Fülöp Steiner, proto - kollirter Glas - und Porzellanwaarenhändler in Neupeſt; David Löwy, Handelsmann in Klauſenburg und Tapanſolva; L. und J. Gaillard, protokollirte Handelsfirma in Wien, 1. Bezirk, Rothenthurmſtraße 26 und Operngaſſe 4; Johann Schlegel, Schneider in Wien, 7. Bezirk, Kirchengaſſe 21; Ignaz Rabinek, protokollirter Manufakturenwaarenhändler in Totis; Laura Dozſa, Handelsfrau in Zilah; Meiſel u. Co., protokollirte Nürnbergerwaarenfirma in Wien, 6. Bezirk, Eſterhazygaſſe 29; Georg Schuchlenz, nichtprotokollirter Kaufmann in Groß-Siegharts. Wie der Wiener Handels - und Gewerbekammer ſeitens des k. u. k. Conſulates in Bel - grad mitgetheilt wird, iſt der Concurs eröffnet worden, und zwar vom Gerichte Cacak über Milovan Magyarevic in Cacak (Anmeldungstermin bis 16., Liquidirungstagfahrt 17. Februar 1896 a. St.) vom Gerichte Kragujevatz über Mileva Katanic in Kragujevatz (Anmeldungstermin bis 10., Liquidirungstagfahrt 12. Februar 1896 a. St.); vom Ge - richte Schabatz über Baruch S. Ruſſo in Schabatz (An - meldungstermin bis 9., Liquidirungstagfahrt 10. Februar 1896 a. St.)

〈…〉〈…〉

Herausgeber und Verleger A. Weimar, Wien. Sprechſtunden von 5 bis 6 Uhr Abends. Verantwortlicher Redacteur Franz Winter. Druck von Ambr. Opitz, Wien.

About this transcription

TextNr. 41b, 11.02.1896.
Author[unknown]
Extent4 images; 6839 tokens; 3110 types; 53723 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Benjamin FiechterSusanne HaafNote: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).2018-01-26T13:38:42Z grepect GmbHNote: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T13:38:42Z Amelie MeisterNote: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.2018-01-26T13:38:42Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationNr. 41b, 11.02.1896. . OpitzWien1896. Reichspost

Identification

IDS Mannheim

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; mkhz2

Editorial statement

Editorial principles

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: keine Angabe; Silbentrennung: keine Angabe; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: keine Angabe;

Publication information

Publisher
  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T11:23:50Z
Identifiers
Availability

Distributed under the Creative Commons Attribution-NonCommercial 3.0 Unported (German) License.

Holding LibraryIDS Mannheim
Shelfmark
Bibliographic Record Catalogue link
Terms of use Images served by Deutsches Textarchiv. Access to digitized documents is granted strictly for non-commercial, educational, research, and private purposes only. Please contact the holding library for reproduction requests and other copy-specific information.