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Mittagsblatt.
Reichspoſt.
Unabhängiges Tagblatt für das chriſtliche Volk Oeſterreich-Ungarns.

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Nr. 106 Wien, Montag, den 18. April 1910. XVII. Jahrgang.

Die Reform der Beamten - geſetze.

Eine ſtattliche Verſammlung der akademiſch ge - bildeten Staatsbeamten nahm geſtern zu dem dem Ab - geordnetenhauſe vorliegenden Geſetzentwurfe über die Reform der Beamtengeſetze Stellung. Dieſe Reform iſt bereits in ein ſehr aktuelles Stadium gerückt ſie ſteht bekanntlich auf der Tagesordnung des Ab - geordnetenhauſes an zweiter Stelle, was aber in der Beamtenſchaft einige Verſtimmung hervorgerufen hat.

Der Präſident des Abgeordnetenhauſes Dr. Pattai, der in der Verſammlung er - ſchienen war, beruhigte die Beamtenſchaft über dieſe Einreihung des Geſetzentwurfes und verſprach, ſo weit es in ſeiner Macht liegt, die baldige Erledigung der Beamtengeſetze zu fördern. Auch die Abgeordneten Dr. Glombinski, Dr. Skedl und Dr. Simonowicz wieſen in kurzen Anſprachen auf die Notwendigkeit einer raſchen Erledigung des Beamtengeſetzentwurfes hin. In einer Reſolution faßte die Verſammlung, in der alle Kategorien und Rangsklaſſen bis zum Sektionschef hinauf vertreten waren, ihre Wünſche zuſammen, indem ſie die Grundſätze, auf denen der Entwurf aufgebaut iſt, begrüßt, doch bedauert, daß ſie in der weiteren Verarbeitung im Geſetzentwurfe nicht entſprechend zum Ausdrucke kommen. Insbeſondere wendet ſich die Beamtenſchaft dagegen, daß ſich die Dienſtpragmatik die Auffaſſung des Dienſt - verhältniſſes zum Staat als Gewaltverhältnis und nicht als Pflichtverhältnis zu eigen macht. Gleichzeitig wird in der Reſolution die Forderung nach Gleichſtellung mit den Mittelſchulprofeſſoren aufgeſtellt, ſowie die nach Einrechnung der Geſamtdienſtzeit in die Uebergangszeit zum Zeitavancement.

Die in dieſer Hinſicht erſtatteten Referate waren tief und umfaſſend angelegt und ernteten die volle wiederholt ſtürmiſche Zuſtimmung der Verſammlung. Wie Präſident Dr. Pattai hervorhob, wird derGeſetzentwurf über die Dienſtpragmatik nach der in wenigen Tagen erfolgenden erſten Leſung dem Ausſchuſſe zugewieſen werden und dann ſofort wieder auf die Tagesordnung geſtellt werden, damit der Ent - wurf im Hinblicke auf ſeine Wichtigkeit bald Geſetz werden könne.

Für die Wiener Poſtdirektion war Oberpoſtrat v. Winkler, für die Finanzlandesdirektion Finanz - rat Nowotny anweſend. Der Vorſitzende Finanzrat Jordan (Gmunden) begrüßte die Erſchienenen, worauf namens des niederöſterreichiſchen Vereines Finanz - kommiſſär Dr. Waber den Regierungsentwurf einer Kritik unterzog und insbeſondere gegen jene Beſtimmungen des Geſetzentwurfes polemiſierte, durch welche die Ver - antwortlichkeit der Beamten bis zur Grenze des Straf - geſetzes in unverjährbarer Weiſe ausgedehnt werden ſoll.

Finanzkommiſſär Dr. Feldmann aus Lemberg referierte in eingehender Weiſe über die Dienſtpragmatik, wobei er ſich in entſchiedener Weiſe gegen jede Ver - kürzung der ſtaatsbürgerlichen Rechte der Beamten und die geradezu als Gewaltverhältnis aufzufaſſende Stel - lung der Beamten wendete. Von dieſem Geſichtspunkte aus wies Dr. Feldmann auf die Mängel der Beſtim - mungen über die Lösbarkeit des Dienſtver - hältniſſes der Praktikanten und die Zuſammen - ſetzung der Qualifikationskommiſſionen hin, die nur aus Vertretern der Regierung, ohne jede Teilnahme der Intereſſenten beſtehen. Was die im Entwurfe feſtgelegte Gehorſamspflicht betrifft, ſo ſei eine Moderniſierung unbedingt notwendig, eventuell nach ausländiſchem Muſter, wo der Gehorſam innerhalb der Verfaſſung und der Geſetze verlangt wird, nicht aber wie im Ent - wurfe bis an die Grenze das Strafgeſetzes . Weiters ſeien die Beſtimmungen, betreffend Vereinsangelegenheiten der Beamten, ſehr drückend und würden in ihrer Durch - führung die Vernichtung der Organiſation mit ſich bringen. Auch die Gehalts - und Urlaubsbeſtimmungen ſeien nicht entſprechend, ebenſo wie jene, über die Verſetzung auf andere Dienſtpoſten ohne Ueberſiedlungsgebühren, da ſie den Beamten die Frucht des ſchwererrungenen Avancements wieder rauben. Das Disziplinarverfahren iſt wohl human gedacht, aber doch ſehr verbeſſerungs - bedürftig. Insbeſondere hinſichtlich des Ablehnungsrechtes von Senatsmitgliedern wegen Befangenheit und desMangels einer Beſtimmung einer Verjährung von Dienſt - vergehen, der die Möglichkeit einer Verfolgung bis ans Grab offen läßt. Der Redner ſchloß ſeine Ausführungen mit dem Hinweis auf die Produktivität der für die Beamten aufgewendeten Ausgaben und appelliert an die Regierungsvertreter, die Wünſche der Beamtenſchaft zu erfüllen.

Das Referat über das Zeitavancement erſtattete Poſtkommiſſär Dr. Kallina, der feſtſtellte, daß der Entwurf diesbezüglich große Enttäuſchung ge - bracht hat. Man hatte die berechtigte und längſt an - geſtrebte Gleichſtellung mit den Mittel - ſchulprofeſſoren erwartet. Dies ſei aber nicht der Fall und die akademiſch gebildete Beamtenſchaft iſt dadurch in unverdienter Weiſe zurückgeſetzt worden. Die Aufrückungsfriſten für die akademiſch gebildeten Beamten ſind im Entwurf ſo außerordentlich ungünſtig, daß ſie abgeſehen von der ſozialen Stellung auch den hohen Koſten des Hochſchulſtudiums nicht ent - ſprechen. Man bedenke: ein Gehalt von 3600 Kronen mit 40 Jahren, von 4800 Kronen mit 50 Jahren, von 6000 Kronen mit faſt 60 Jahren das bedeutet direkt eine Entwertung des Hochſchulſtudiums, es bedeutet für den Juriſten oder Techniker, dem überhaupt noch ein Ausweg offenſteht, eine direkte Abſchreckung, ſich dem Staatsdienſt zu widmen.

Der Referent verlangte ſchließlich bei der Beſoldung außer der Rückſicht auf die Rangsklaſſe auch die Be - rückſichtigung der Geſamtdienſtzeit als Entſchädigung für die in der Vorrückung Zurückgebliebenen. Die Be - amtenſchaft fordere nicht zuviel, ſondern nur die im Regierungsentwurfe verſprochene ausgleichende Ge - rechtigkeit .

Nachdem Präſident Dr. Pattai und die an - weſenden Abgeordneten die Unterſtützung der vorge - brachten Wünſche der Beamten verſprochen hatten, wurde vom Finanzkommiſſär Manda nachſtehende Reſolution verleſen und mit großem Beifalle einſtimmig ange - nommen:

Die Tagung der akademiſch gebildeten Staatsbeamten be - grüßt es, daß der Motivenbericht der Regierung offen zugibt, daß die Vorrückungsverhältniſſe der Beamten nach dem geltenden Beſoldungsſyſtem von bloßen Zufälligkeiten abhängen, und daß die beſtehenden Mißſtände nur durch die Reformierung des Beſoldungsſyſtems behoben werden können. Die Verſammlung vermißt aber in dem Regierungsentwurfe den Geſichtspunkt

51. Folge.

Nachdruck verboten

Stolz um Stolz. Roman aus dem Leben von O. Elſter.

Na, ich meinte ja nur, daß ich ihm auf den Zahn fühlen will, brummte Onkel Chriſtof. Laß mich nur machen, Hildchen. Der Menſch hat ja ein Rieſenglück, und wenn er dann noch räſonnieren will, dann werde ich ihm ſchon die Augen öffnen. Es läuft ſo mancher in der Welt herum, der einen Fleck auf ſeiner weißen Weſte hat und dennoch ein braver Kerl iſt. Das Leben iſt nun einmal ſo. Alſo, ich ſage Dir morgen Beſcheid.

Aber das war gar nicht nötig. Denn ſchon in der Frühe des nächſten Tages erhielt Mary einen ſchönen Roſenſtrauch von Herrn Dettmer mit einer herzlichen Einladung für den nächſten Sonntag nach Wannſee zur Beſichtigung der Villa.

Ihr Herr Papa, Fräulein Hilde, Herr Wacker - nagel und Fräulein Wera werden mir gewiß die Freude bereiten, mit von der Partie zu ſein, ſchloß das liebens - würdige Schreiben, das einen feinen Duft von Veilchen ausſtrömte. Und am Sonntag mittag erſchien Herr Dettmer ſelbſt, um Herrn Hildebrandt und die Damen abzuholen.

Hilde blieb jedoch daheim.

Da Frau Ritter eine Bekannte beſuchte, wollte ſie die Wohnung nicht allein laſſen; auch beabſichtigte ſie, eine Arbeit zu vollenden, die ſie vor einigen Tagen an - gefangen hatte.

Mary war es ganz lieb, daß ſie den ernſten Augen Hildes entfliehen konnte. Sie freute ſich ungemein auf den Ausflug, war lebhaft und munter wie in früherer Zeit und bezauberte Herrn Dettmer durch ihr drolliges Weſen, in das ſich eine gewiſſe verlegene, ſchelmiſche Koketterie miſchte.

Auf dem Bahnhof traf man mit Wera und Chriſtof Wackernagel zuſammen. Die erſtere war ernſt und ſtillwie immer, der kleine Maler dagegen von einer etwas lärmenden Luſtigkeit. Er neckte Mary, daß dieſe ein über das anderemal errötete; er ſcherzte über den könig - lichen Hofphotographen, was ſich dieſer gutmütig ge - fallen ließ kurz, er trug weſentlich zur Unterhaltung und Erheiterung der kleinen Geſellſchaft bei.

Im Schwediſchen Pavillon am Ufer des im ſchönſten Sonnenglanz leuchtenden Sees wurde zu Mittag ge - geſſen. Herr Dettmer ließ es ſich nicht nehmen, bei ſchäumendem Champagner einen Toaſt auf alles, was wir lieben , auszubringen, wobei er Mary mit ſo ſchwärmeriſchen Blicken anſah, daß dieſe verlegen er - rötend die Augen niederſchlug.

Dann ging man nach der Villa, um ſie zu be - ſichtigen.

Die kleine, aber ſehr hübſche Villa ſtand leer, war aber vollkommen inſtand, ſo daß ſie ſofort bezogen wer - den konnte. Ein nicht ſehr großer, aber hübſch angelegter Garten umgab das Haus, das zum Hintergrunde den ſchattigen, duftenden Hochwald hatte, während der Gar - ten in der Front an das Waſſer des Wannſees ſtieß.

Mary gefiel alles ſehr gut. Sie lehnte ſich feſter auf den Arm Dettmers, als ſie mit ihm durch die Zimmer ſchritt und auf der Veranda ſtehen blieb, um die Blicke über den weiten See ſchweifen zu laſſen, auf dem gerade eine Segelbootregatta abgehalten wurde.

Ein herrlicher Anblick war es! Die grünen Ufer, der glänzende Waſſerſpiegel mit den ſanft dahingleiten - den Segelbooten, darüber der blaue, wolkenloſe Himmel und ſtrahlender Sonnenſchein.

Ein Bild des Friedens und der Freude und un - willkürlich entſchlüpfte Marys Lippen ein Seufzer.

Herr Dettmer ergriff ihre Hand.

Es iſt herrlich hier wundervoll!

Er drückte einen Kuß auf ihre Hand.

Alſo ſoll ich die Villa kaufen? fuhr er fort und ſeine Augen leuchteten.

Sie drückte ihm ſtatt der Antwort ſanft die Hand und lehnte ſich zärtlich an ihn. Da ſchlang er ſeinen Arm um ihre Geſtalt und flüſterte:

Mary, liebe Mary, willſt Du hier als meine ſüße, liebe Frau wohnen? Willſt Du mich zum Glücklichſten der Sterblichen machen?

Ich will es verſuchen, entgegnete ſie, mit reizen - dem Lächeln zu ihm aufblickend.

Da küßte er ſie auf den Mund und zog ſie ſtürmiſch in ſeine Arme.

Dank tauſend Dank, meine Mary.

Sie erwiderte ſeinen Kuß ſie war glücklich in dem Gedanken, einen Hafen des friedlichen, ſtillen Glückes gefunden zu haben. Ihr Herz war von Dank er - füllt doch plötzlich flog ein Schatten über ihr Geſicht und ſie entzog ſich ſeiner Umarmung. Sie dachte an das Unglück ihres Lebens.

Du weißt, ſagte ſie ſtammelnd, ich ich war am Theater ...

Ja aber nicht wahr, Du ſehnſt Dich nicht dort - hin zurück?

O nein nein! Wenn Du nur vergeſſen kannſt ...

Sie brach ab und erglühte heiß.

Da nahm er ihre Hände und blickte ihr ernſt und herzlich in die mit Tränen erfüllten Augen.

Es ſoll mein Beſtreben ſein, Mary, ſprach er mit tiefem Gefühl, Dich, meine Mary, vergeſſen zu machen, was Du gelitten haſt.

Da ſank ſie aufſchluchzend an ſeine Bruſt und ihre Tränen löſchten die Angſt ihres Herzens, die Schuld und das Unglück ihres Lebens aus.

Ich habe Dich lieb, Du Lieber, Du Guter, flüſterte ſie.

(Fortſetzung folgt.)

2Wien, Montag Reichspoſt 18. April 1910. Nr. 106

der ausgleichenden Gerechtigkeit und die konſequente Durch - führung der im Motivenberichte dargelegten Grundſätze. Sie richtet an die geſetzgebenden Körperſchaften den dringenden Appell, alle Beſtimmungen des Regierungsentwurfes, durch die das Staatsdienſtverhältnis zu einem Gewaltverhältnis im Sinne der Labandſchen Theorie wird, der Auffaſſung des Staatsdienſtes als Pflichtverhältnis entſprechend abzuändern, ferner die Beamten mit vollſtändiger Hochſchulbildung hinſichtlich des Ausmaßes der Zeitbeförderung den Mittelſchulprofeſſoren gleich - zuſtellen, da ſich die Zurückſetzung der übrigen akademiſch ge - bildeten Beamten in keiner Weiſe rechtfertigen läßt und in keinem auswärtigen Staate erfolgt iſt.

Mit aller Entſchiedenheit aber muß gefordert werden, daß rückſichtlich derjenigen Beamten, die bei Beginn der Wirkſamkeit des Geſetzes eine längere Geſamtdienſtzeit auf - weiſen als nach dem Schema des § 69 für die Er - langung einer beſtimmten Rangsklaſſe gefordert wird, bei dem Zutreffen der übrigen Vorausſetzungen die Geſamtdienſtzeit in demſelben Dienſtzweige für die Vorrückung in die höhere Rangsklaſſe, wie auch in die entſprechende Gehaltsſtufe entſcheidend ſei.

Andernfalls würden die bisherigen Zufälligkeiten der Be - förderung gerade für diejenigen Beamten, die die ſchlechteſten Avancementverhältniſſe durchzumachen hatten, nicht beſeitigt, ſondern ſtabiliſiert und hätten ſie die ohne ihr Verſchulden eingetretene Verſchlechterung ihres Avancements für ihr ganzes Leben zu büßen, ſindem ihnen nicht einmal das im § 69 ſtatuierte Mindeſtavancement eingeräumt wird.

Politiſche Rundſchau.

Oeſterreich-Ungarn.

Miniſterpräſident Baron Bienerth beim Kaiſer.

Miniſterpräſident Dr. Freiherr v. Bienerth iſt geſtern um 10 Uhr vormittags vom Kaiſer in Schönbrunn in längerer beſonderer Audienz empfangen worden.

Ein Schritt der Regierung zur Klärung der parlamentariſchen Lage?

Die heikle Situation, die durch den Vorſtoß des Polenklubs gegen die Rück - ſtellungen im Budget im Abgeordnetenhauſe geſchaffen wurde, erfährt durch folgende Wiener Meldung des Brünner Naſinec , des Organs des Abg. Doktor Hruban, eine eigenartige Beleuchtung:

Der Slaviſchen Union wird in kurzer Zeit wichtiges Material für ihre Beratungen vorliegen, da der Miniſter - präſident ſich entſchloſſen hat, ſeinen Plan zn verwirklichen und der Slaviſchen Union konkrete Anträge vorzulegen, durch deren Annahme ihr die Möglichkeit geboten werden ſoll, ſich der Regierungsmajorität anzuſchließen.

Die Meldung gibt zweifellos die Erwartungen wieder, die von verſchiedenen Kreiſen der Oppoſition an die derzeitigen parlamentariſchen Schwierigkeiten geknüpft werden, die durch die Rückſtellungspolitik des Finanz - miniſters hervorgerufen wurden.

Miniſter a. D. Dr. Zacek über die tſchechiſche Politik.

Aus Brünn, 17. d., wird uns berichtet: Abg. Dr. Zacek hielt heute hier im Narodni Klub der mähriſchen Nationalpartei eine Rede über die gegenwärtige politiſche Situation. Er verwies zunächſt auf die Enttäuſchungen, die das erſte Haus des gleichen Wahlrechts gebracht habe, ins - beſondere auf die angebliche Verſchärfung des nationalen Streites.

Am meiſten enttäuſcht ſei das tſchechiſche Volk, das mit einer gewiſſen Berechtigung von dem aus dem allgemeinen Wahlrechte hervorgegangenen Parlamente eine weſentliche Beſſerung ſeiner Stellung und eine Stärkung ſeines politiſchen Einfluſſes auch in der Staatsverwaltung erwarten konnte. Nach einem kurzen Intermezzo in der Aera Beck iſt der Einfluß des tſchechiſchen Volkes in der Verwaltung tiefer geſunken, als vielleicht lange zuvor! Und im Parlament, wo die tſchechiſchen Abgeordneten eine führende Rolle er -wartet hatten, vergeuden ſie nun alle ihre Kraft in oft klein - lichen Kämpfen, in wechſelnden Formen oppoſitioneller Be - tätigung ohne große, klar vorgezeichnete Ziele, eingeſetzt oft falſchen Beurteilungen von oben un - begründeten Anfeindungen ja ſogar Verdächtigungen vonſeiten mancher anderer Parteien, oft unverſtanden von ihren Freunden und hart behandelt von ihren Gegnern. Die Urſachen der Verhältniſſe lägen zunächſt in der veränderten Richtung unſerer äußeren Politik, dann aber auch in der Zer - ſplitterung der tſchechiſchen Vertretung in viele Fraktionen, die ſich gegenſeitig mit eiferſüchtigen Augen verfolgen. Und ſo ſei es den tſchechiſchen Führern ſchwer, ja beinahe unmöglich gemacht worden, ihren Gegnern mit Erfolg entgegenzutreten und auch die gegen ſie gerichteten Verdächtigungen, die in einzelnen kindiſchen Strömungen, abſichtlich falſch geteudeten Unternehmungen und Exkurſionen ihre Nahrung fanden, rechtzeitig unſchädlich zu machen. Aber es müſſe den entſcheidenden Faktoren ſelbſt daran gelegen ſein, das tſchechiſche Volk zur poſitiven Mitarbeit heranzuziehen und ihnen den der Bedeutung des tſchechiſchen Volkes entſprechenden Einfluß auf die Führung der öffentlichen Angelegenheiten zu ſichern. Aber da müßten die tſchechiſchen Abge - ordneten vor allem Ordnung in ihren Reihen machen, ſich ſelbſt ein klares, ſtreng umſchriebenes Ziel vor Augen ſtellen und um der notwendigen nationalen Auseinanderſetzung zwiſchen dem deutſchen und tſchechiſchen Volke praktiſch näher zu treten, müſſen ſie den unmöglichen Forderungen und Programmen der Deutſchen in Böhmen ſelbſt ein klares poſitives Programm entgegenſetzen, das die berechtigten Anſprüche beider Volks - ſtämme reſpektiert und ſchützt, ohne die Einheit des Landes zu gefährden.

Dr. Zacek denkt da wohl an die vor kurzem auch in der Korr. Zentrum als möglich zugegebene Ein - führung der nationalen Autonomie in Böhmen ohne territoriale Teilung. Es bleibt aber fraglich, ob die An - ſchauungen und Mahnungen Dr. Zaceks bei ſeinen Verbandsgenoſſen, die vielfach ganz andere Ziele als die nationale Verſtändigung im Auge haben, Gehör finden.

Parlamentariſches.

Der Budgetausſchuß

tritt heute 3 Uhr nachmittags zu einer Sitzung zuſammen, in der die Debatte über die Anleihevorlage und über die Frage der Rückſtellungen fortgeſetzt werden wird.

Die Slaviſche Union gegen die Rückſtellungen.

Die dem Budgetausſchuß angehörenden Mitglieder der Slaviſchen Union haben, nach einer Meldung der Narodny Liſty beſchloſſen, für den Antrag Glombinski, betreffend die Aufhebung der Rückſtellungen im Budget des Jahres 1910, zu votieren.

Ausland.

Zum Beſuche des Wiener Nunzius bei Rooſevelt wird von kompetenter vatikaniſcher Stelle erklärt, daß weder der Nunzius Weiſungen des Heiligen Stuhls erbeten, noch dieſer ihm ſolche erteilt hat. Es iſt daher nicht nur die Annahme grundlos, als ob der Nunzius Rooſevelt irgendwelche Mitteilung gemacht hätte, ſondern es kann auch dem Beſuche ſelbſt keinerlei Bedeutung in bezug auf den Heiligen Stuhl beigemeſſen werden.

Die angebliche Rolle Oeſterreich - Ungarns und Deutſchlands im Albaneſen - aufſtande wird von der Kölniſchen Zeitung in folgender, aus Berlin ſtammenden Meldung näher beleuchtet. Die Tatarennachricht des Pariſer Journal , die Pforte ſei im Beſitze von Beweiſen, daß die neueſten albaneſiſchen Unruhen von deutſchen und öſterreichiſch-ungariſchen Geheim - agenten (!) angezettelt worden ſeien, um dem Gedanken des Balkanbundes entgegen -zuarbeiten, wird in Konſtantinopel die be - abſichtigte Wirkung ganz und gar verlieren. Man weiß dort ganz genau, auf welche Gründe der Aufſtand in Wirklichkeit zurückzuführen iſt. Man kann nur wünſchen, daß dem tatkräftigen Vorgehen der türki - ſchen Regierung eine möglichſt raſche Unterdrückung des Aufſtandes gelingt. Die Nachrichten von einer voll - kommenen Beilegung der Bewegung in Nordkoſſowo ſcheinen verfrüht zu ſein. Aus dem türkiſchen Hauptquartier wird gemeldet: Die Arnauten von Djakova befinden ſich in Aufregung und ſammeln ſich in einer Entfernung von zwei Stunden von der Stadt. Die Entſendung von Truppen dorthin wird in Erwägung gezogen. Die Urſache der Zuſammen - rottung iſt noch unbekannt. In Priſchtina und Ipek wurde die Ruhe nicht weiter geſtört. Das Volk zeigt ſich nachgiebig, die Stimmung iſt jedoch gereizt. Die Geſamtverluſte der Arnauten ſollen 230 Tote und 60 Verwundete betragen. Die Arnauten von Ghilan ſind gleichfalls erregt.

Die Belgrader Inveſtitionsanleihe wurde bei der geſtrigen Abſtimmung mit 4842 gegen 1383 Stimmen gutgeheißen.

Die fremdenfeindliche Bewegung in China nimmt an Schärfe zu. Wie dem Reuterſchen Bureau aus Hankau gemeldet wird, wurde in Tſchang - ſcha der Yamen des Gouverneurs vollſtändig zerſtört. Der Gouverneur und ſein Sohn wurden getötet. Die Stadt ſteht in Flammen. Die norwegiſche Miſſion und die katholiſchen Miſſionen wurden nieder - gebrannt, die übrigen zerſtört. Die Stadt wurde von Tauſenden von Plünderern heimgeſucht. Unter den zer - ſtörten Gebäuden befindet ſich auch das japaniſche Kon - ſulat. Eine ohne Lichter fahrende Dſchunke wurde von dem nach Tſchangſcha eilenden engliſchen Kanonenboot Thiſtle überrannt. An Bord der Dſchunke ſollen ſich drei deutſche Miſſionäre befunden haben, die ertrunken wären. Man weiß indeſſen nur von acht Deutſchen, die ſich in Tſchangſcha befunden haben und ſämtlich in Sicher - heit ſein ſollen. Ein ſpäterer Bericht beſagt, daß drei Amerikaner vermißt werden; dieſelben ſind möglicher - weiſe mit der Dſchunke untergegangen.

Letzte Telegramme.

Parteitag der polniſchen Volkspartei.

(Privattelegramm.) Der Aus - ſchuß des Aufſichtsrates der polniſchen Volkspartei hielt geſtern unter dem Vorſitze des Abg. Stapinski eine überaus lange Beratung ab. Es waren faſt ſämtliche Reichsrats - und Landtagsabgeordnete der polniſchen Volkspartei erſchienen. Nach einer ausführlichen Debatte über die politiſche Situation wurden die Details des Projektes zur Reorganiſation beraten und die der am 1. Mai l. J. in Tarnow ſtattfindenden Verſammlung der Aufſichtsratsmitglieder der polniſchen Volkspartei zu unterbreitenden diesbezüglichen Anträge feſtgeſtellt.

Rooſevelt in Ofen-Peſt.

Rooſevelt empfing heute früh den Sektionsrat im Ackerbauminiſterium Joſef Nemeth, demgegenüber er ſein Entzücken über die Hauptſtadt ſowie über den ihm bereiteten Empfang Aus - druck gab. Um ½11 Uhr vormittags fuhr Rooſevelt nach Ofen, um beim Erzherzog Joſef und beim Miniſter - präſidenten Grafen Khuen-Hedervary ſeine Karte abzugeben. Um ¾12 Uhr mittags begab er ſich in das Parlamentsgebäude, wo die ungariſche

Literariſche Poſt.

Neuerſcheinungen des Verlages der Deutſchen Geſellſchaft für chriſtliche Kunſt. München.

1. Meiſterwerke religiöſer Kunſt. Serie II (neue Meiſter). Vierfarbige Kunſtblätter in Aquarellgravüre mit Text von Dr. Johannes Damrich. Format 69 × 51. Preis 25 Mark.

2. Janſſens: Die ſieben Schmerzen Mariä. Blatt I. Darſtellung im Tempel. Format 70 × 50. (Einzelpreis 10 Mark.)

3. Bayriſch-ſchwäbiſcher Kunſtkalender von Joſef Schlecht. VII. Jahrg. Preis 1 Mark.

Der rührige Verlag der Geſellſchaft für chriſtliche Kunſt hatte bereits im Vorjahre die I. Serie der Meiſterwerke religiöſer Kunſt erſcheinen laſſen, ſechs großformatige Kunſt - blätter in Aquarellgravüre, Reproduktionen alter Meiſter. Wir haben auf die Vortrefflichkeit dieſer Blätter bereits einigemale hingewieſen. In der II. Serie ſind nur moderne Meiſter vertreten, und zwar Fritz Kunz mit ſeiner Verkündigung und Heiligen Familie , ferner eine Madonna Schleibners und Martin Feuer - ſteins Hl. Odilia . Den Vorzug möchten wir den beiden Blättern Kunzens geben. Seine ein wenig archaiſierenden aber außerordentlich ernſten und eindrucks - vollen Bilder verſetzen in ihrer Geſchloſſenheit und anmuts - vollen Einfachheit unwillkürlich in andachtsvolle Stimmung. Das Bild Feuerſteins erfreut uns beſonders durch die romantiſchen Reize des Waldhintergrundes. Gleichwertig reiht ſich Schleibners Madonna an. Der Preis von 8 Mark pro Blatt iſt im Verhältnis zu der wirklich vollendeten Reproduktionstechnik der Aquarellgravüre, welche an künſtleriſchen Werten hoch über den gewöhnlichen Drei - oder Vier-Farbendrucken ſteht, mäßig. Wenn trotzdem unkünſtleriſche Oelfarbendrucke noch immer die Wände des chriſtlichen Hauſes zieren , ſo gibt es jetzt angeſichts dieſer nicht zu teur[e]n, farbigen und dabei künſtleriſch einwandfreien Bilder keine Entſchuldigung mehr.

P. Ad. Innerkofler C. SS. R.: Lebens - bild des hl. Kl. M. Hofbauer C. SS. R. Regensburg, Fr. Puſtet. Lange Zeit iſt es Uebung derHeiligenbiographen geweſen, den Gegenſtand ihrer Be - trachtung in jener abſtrakten und unkörperlichen Form dar - zuſtellen, die ihn wie eine Wolke umgab, hinter der die Verehrung ihn ſo hoch ſtellen konnte als ſie wollte, aus der aber der Leſer wenig Gewinn für ſein praktiſches Chriſtentum ziehen konnte, da ſie ihm kaum eine Hand - habe zur Nachahmung bot. Dieſer Methode, die ſich bis in unſere Tage verfolgen läßt, wagte ſich ſelbſt Voltaire nicht zu entziehen, denn der hl. Ludwig von Frankreich z. B. erhielt auch unter ſeinen Händen die ſüßliche, unperſönliche Schablonenhaftigkeit gewiſſer Heiligenbilder. Das iſt’s aber nicht was dem Volke not tut. Der kleine Mann, der von einem andern Mann aus dem Volke lieſt, wie er allen Gewalten zum Trotz durch Klippen und Hemmniſſe den Weg zur Heiligkeit gefunden, wird an einer ſolchen Erſcheinung nicht vorübergehen können. Es muß ihn packen, es läßt ihn nicht los. Und damit iſt der Anfang zum Guten ge - macht. So war es auch ein Griff ins volle Menſchentum, als P. Innerkofler aus dem Redemptoriſtenkollegium uns in vielen treuen Einzelzügen das Lebensbild des Wiener Kongregationsvaters, des heiligen Klemens Hofbauer aufrollte. Er zeigt ihn in ſeinen müh - ſeligen Anfängen als Handwerkerlehrling, in der ſchon Gottesminne atmenden Beharrlichkeit, mit der er das Prieſtertum anſtrebte, endlich in Ausübung des ſchwer - erkämpften Berufes. Keine Seite ſeines Lebens iſt übergangen, jede ſeiner prieſterlichen Funktionen, alle ſeine Beziehungen zu Freund und Feind, zu den Armen und Vornehmen, im Kloſter bei St. Urſula, unter ſeinen Novizen, unter den genialen Roman - tikern treten klar beleuchtet, in überſichtlicher Gliederung vor unſer Auge, und zahlreiche anekdotiſche Details, Ausſprüche des Heiligen und Stimmungsnüancen geben dem Werke die unmittelbare Friſche lebendiger, perſönlicher Berührung. Das Buch umfaßt über 900 Seiten Großoktav und hat doch keine Längen. Das überreiche Quellenmaterial, das dem Verfaſſer zur Ver - fügung ſtand, ließe das gar nicht zu, ja es werden bei der bald zu erwartenden zweiten Auflage einige Aus - ſcheidungen nötig werden, da ſeither wieder eine Unmenge neues Material zugefloſſen und auch die Anlage eines Sachregiſters in Ausſicht genommen iſt. Eigentlich wirdja derjenige, der dieſes Werk kennen gelernt hat, gar nich[t]s von ſeinem Inhalte miſſen wollen; wenn aber zur Erzielung wohlbedachter Aenderungen ſchon geſtrichen werden muß, wäre zu wünſchen, daß durchaus nichts von dem wegfiele, was den engeren Kreis und Lebens - rahmen des Heiligen bildet, weder von den harten An - fängen ſeines Seelſorgeamtes in der Fremde, noch von der aus Wienern ſo beſonders teuren Epoche ſeines hieſigen Wirkens mit all den intereſſanten und lebens - vollen Erſcheinungen, die hier wie leuchtende Sterne ſeine Bahnen ſchneiden. Wenn das Buch als Nachſchlagewerk über eine hiſtoriſche Perſönlichkeit ſchon wegen der gewiſſenhaften und liebevollen Sammelarbeit von hohem Werte iſt, wenn der Literaturfreund die lebendighinfließende, immer neu feſſelnde Darſtellungsweiſe würdigen wird, ſo liegt die höchſte Bedeutung des Werkes doch zuletzt in der natürlichen und greifbaren Geſtaltung, die der Heilige in dieſem Lebensbilde vor uns annimmt, und die uns das Wunder einer ganz durch die Gnade wirkenden Berufung aneifernd vor Augen führt. Der Verfaſſer hat alſo nicht nur die Literatur und die Hagiographie, ſondern nicht minder das katholiſche Bewußtſein bereichert, indem er zeigte, daß es etwas gibt, das ſelbſt die Fanatiker der Aufklärung zum Reſpekt und zum Rückzug zwingt und das iſt eine echte, unerſchütterte religiöſe Ueberzeugung.

S.

Aehnlich im Format und der Ausführung iſt eine andere Serie von ſieben Blättern, Die ſieben Schmerzen Mariä , nach Bildern des belgiſchen Malers Januſſens. Nach dem vorliegenden erſten Blatt zu urteilen, wird auch dieſe Novität dem Verleger alle Ehre machen. Von kleine - ren Erſcheinungen des Verlages wären noch der neue Jahrgang des Kalenders bayriſcher und ſchwäbiſcher Kunſt zu nennen, mit einer prächtigen, farbigen Wieder - gabe des apokalyptiſchen Weibes von Rubens. Auch auf die ausgezeichneten Kommunionsandenken, welche der Verlag herausgibt, ſei jetzt in der Oſterzeit aufmerkſam gemacht. Die letzten Blätter 11 und 12 ſind wunderſchöne Nachbildungen von Jeſus in Emaus von Dirck Sant - voort und des berühmten Abendmahlbildes von Leonardo da Vinci. Der Preis iſt trotz des Doppeltondruckes auf Mattpapier der gleiche (20 Pfennig) geblieben.

3Nr. 106 Wien, Montag Reichspoſt 18. April 1910

Gruppe der interparlamentariſchen Konferenz eine Sitzung abhält.

Die Rückkehr des Thronfolgers von Brioni.

Erzherzog Franz Fer - dinand iſt mit ſeiner Familie nach zweimonatlichem Aufenthalte in Brioni geſtern von hier über Trieſt und Klagenfurt nach Böhmen abgereiſt. Die erzherzogliche Familie traf um 4 Uhr nach - mittags an Bord der Jacht Lacroma aus Brioni im hieſigen Hafen ein und fuhr mittels Motorbootes zum Anlegeplatz beim Staatsbahnhof, wo ſich zur Begrüßung Hafenadmiral v. Ripper, der Leiter der Bezirks - hauptmannſchaft Hofrat Graf Attems, der Bürgermeiſter von Pola Dr. Vareton, die Spitzen der Behörden und alle Offiziere der Garniſon ſowie eine große Menſchenmenge eingefunden hatten. Der Herzogin von Hohenberg wurden von den Gemahlinnen des Hafenadmirals v. Ripper, des Hofrates Grafen Attems und des Bürgermeiſters Dr. Vareton Blumenſträuße überreicht. Der Erz - herzog zeichnete faſt ſämtliche erſchienenen Perſönlichkeiten durch längere Anſprachen aus und gab wiederholt ſeiner großen Befriedigung über den in Brioni und an der Adria verbrachten Aufenthalt Ausdruck.

Tagesbericht.

* Kalender für Dienstag den 19. April 1910.

Katho - liken: Crescentia. Griechen (6. April): Eutychius. Sonnenaufgang 5 Uhr 5 Minuten morgens. Sonnen - untergang 6 Uhr 54 Minuten abends. Mondesaufgang 1 Uhr 32 Minuten abends. Mondesuntergang 3 Uhr 39 Minuten morgens.

* Geſchichtskalender für Dienstag den 19. April.

1054. Tod des hl Papſtes Leo IX. 1529. Proteſtation der Lutherianer. 1560. Tod Philipp Melanchtons. 1588. Paul Veroneſe, italieniſcher Maler, geſtorben Venedig. 1689. Tod der Königin Chriſtine von Schweden. 1713. Kaiſer Karl VI. erläßt die pragmatiſche Sanktion. 1745. Ausbruch des nordamerikaniſchen Freiheitskrieges. 1759. A. W. Iff - land, Schauſpieler und Bühnendichter, geboren Hannover. 1775. Gefecht bei Lexington, Beginn des nordamerikaniſchen Befreiungskrieges. 1824. Lord Byron, engliſcher Dichter, geſtorben Miſſelunghi. 1824. Otto Roquette, Dichter, Krotoſchin, Poſen. 1838. Max Freiherr v. d. Goltz, dentſcher Admiral, geboren. 1876. Heinrich Herzog von Mecklenburg - Schwerin, Gemahl der Königin Wilhelmine der Niederlande, geboren Schwerin. 1881. Lord Beaconsfield, engliſcher Schriftſteller und Staatsminiſter, geſtorben London. 1885. Guſtav Nachtigal, Afrikaforſcher geſtorben auf See bei Kap Palmor. 1901. Proklamation der neuen ſerbiſchen Ver - faſſung. 1902. Heinrich XXII., Fürſt von Reuß, öſterreichiſche Linie, geſtorben Greitz.

* Auszeichnungen und Ernennungen.

Der Kaiſer hat dem Miniſterialvizeſekretär im Miniſterium für Kultus und Unterricht Dr. Egon Freiherrn Loebenſtein von Aigenhorſt das Ritterkreuz des Franz-Joſefordens verliehen; Erzherzogin Maria Joſefa hat der Maria Anna Gräfin zu Eltz, geborenen Gräfin Blome, und der Julia Gräfin Olaz, geborenen Gräfin Blome, den Sternkreuz - orden verliehen; der Kaiſer hat dem Landesregierungsrate und Referenten für die adminiſtrativen und ökonomiſchen Angelegenheiten beim Landesſchulrate für Krain Oskar Ritter Kaltenegger v. Riedhorſt den Titel eines Hofrates verliehen; die Engelhardine Gräfin Wolkenſtein-Troſtburg zur Ehrendame des freiweltlich-adeligen Damenſtiftes zu den heiligen Engeln in Prag ernannt, dem Bezirksſekretär Emil Joſimovics in Judenburg anläßlich der Verſetzung in den Ruheſtand das Goldene Verdienſtkreuz, dem Gefangenaufſeher der Männerſtrafanſtalt in Gradiska Andreas Spazzapan aus Anlaß der Verſetzung in den Ruheſtand das Silberne

Eingelaufene Bücher.

Prieſter und Welt. Eine Bilderreihe, gezeichnet von Fr. Aegidius M. Reder S. D. S. mit erläuternden Be - gleitworten von Profeſſor Richard Baſel. Druck der Kunſt - anſtalten Joſ. Müller. Zu beziehen direkt durch den Verlag der Salvatorianer Zeitſchriften in Herbestal (Rheinland) oder durch Vermittlung der Buchhandlung Herder und Puſtet. Preis Mark 6. .

Mie erziehen wir die Jugend zum Kampf gegen den Alkoholismus? Von Liska Gerken, Leitgebel. Mäßigkeitsverlag, Berlin W. 15.

Der Herrgottshof. Roman von Marie Baronin Pereira. Verlag Joſ. Singer, Straßburg.

Die Reklame. Eine Unterſuchung über Ankündigungs - weſen und Werbetätigkeit im Geſchäftsleben. Von Dr. Vikt. Mataja. Verlag Duncker & Humblot, Leipzig. Preis Mark 10. .

Spinale Kinderlähmung. Weſen und Verlauf der Krankheit, Heilung und Vorbeugung. Von Dr. A. Baum - garten. Verlagsanſtalt Wörishofen. Preis Mark .50.

Flagranti und andere Heiterkeiten von L. Heveſi. Verlag Bonz & Kie., Stuttgart. Preis Mark 2.50.

Siegelringe. Eine Sammlung politiſcher und kirch - licher Feuilletons. (Ferdinand Kürnbergers geſammelte Werke. Herausgegeben von O. E. Deutſch. I. Bd.) Verlag Georg Müller-München.

Der Weg zum Weltfrieden im Jahre 1909. Pazifiſtiſche Chronik, zuſammengeſtellt von Alf. Fried. Verlag der Friedens-Warte, Berlin.

Aus dem Leben eines Kaiſerpaares. Neues vom St. Petersburger Hofe von Bresnitz v. Sydacoff. (Aus Rußlands jüngſter Vergangenheit. Bd. I.) Verlag Eliſcher Nachf., Leipzig. Preis Mark 2. .

Ueber Arbeiterſeelſorge. Briefe an einen ſtädtiſchen Vikar, von Dr. Joſef Beck, Profeſſor an der Univerſität, R[e]gens des theologiſchen Konviktes Saleſianum in Freiburg (Schweiz). I. Heft: Erſter bis elfter Brief. VIII und 110 Seiten. Preis Franken 2. . II. Heft: Zwölfter bis zwanzigſter Brief. IV und 166 Seiten. Preis Franken 3. . Verlag O. Gſchwend, Freiburg.

Die Dornenkrone. Ein Myſterium des Glaubens. Severine. Ein Myſterium der Sinne. Von Val. Teirich. Verlag von Julius Kühkopf, Korneuburg. Preis Kronen 2. .

Eine ſtattliche Zwangsverſicherung. Entwurf zur Schaffung von Altersrenten für jedermann. Ein ſoziales Programm, von H. Prager. Verlag Manz, Wien. Preis Kronen 1.20.

Verdienſtkrenz verliehen. Der Juſtizminiſter hat den Grund - buchsvizedirektor des Landesgerichtes in Prag Leopold Kolar zum Grundbuchsdirektor unter Belaſſung in ſeiner dermaligen Dienſtleiſtung, den Vollſtreckungsbeamten zweiter Klaſſe Viktor Slyzuk in Lemberg zum Vollſtreckungs - beamten erſter Klaſſe unter Belaſſung an ſeinem Dienſtorte eruannt. Der Miniſter für Kultus und Unterricht hat den Uebungsſchullehrer an der Lehrerbildungsanſtalt in Teſchen und Bezirksſchulinſpektor Joſef Doſtal zum Hauptlehrer extra stutum an dieſer Anſtalt ernannt.

* Die neue Schule in Bozen.

Der Kaiſer hat dem vom Landtage der gefürſteten Grafſchaft Tirol beſchloſſenen Ge - ſetzentwurfe betreffend die Errichtung einer dreiklaſſigen Knaben - und Mädchenbürgerſchule in Bozen die Sanktion erteilt.

* Leogeſellſchaft.

An dem 18. April ſtattfindenden Naturwiſſenſchaftlichen Montagsabend wird Univerſitäts - profeſſor Dr. Alexander Pilcz, Vorſtand der Naturwiſſen - ſchaftlichen Sektion der Oeſterreichiſchen Leogeſellſchaft über Kurioſitäten aus der Geſchichte der Pſychiatrie ſprechen. Wien, I. Johannesgaſſe 4, Parterreſaal des Johanneshofs , 8 Uhr abends.

Gründungsfeſt der Vereinigung Wiener Muſiker .

Freitag den 15. veranſtaltete die Vereinigung Wiener Muſiker ihr fünftes Gründungsfeſt, welches einen ſehr animierten Verlauf nahm. Nach erfolgter Begrüßung durch den Obmann wurden zwei Muſikſtücke: A. Lortzing, Ouvertüre zur Oper Undine und Bériots Konzert Nr. 7 für Violine und Orcheſter, mit großem Verſtändnis von Herrn Hans Wagner zum Vortrage gebracht. Die Leiſtun - gen waren umſo anerkennenswerter, nachdem das Or - cheſter ausſchließlich mit Mitgliedern der Vereinigung be - ſetzt war. Für den humoriſtiſchen Teil ſorgte Herr Wilhelm Biedermann in trefflicher Weiſe. Der erſte Teile des Pro - grammes wurde mit dem Militärmarſch Nr. 7 von Franz Schubert abgeſchloſſen. In der Pauſe bereitete der Jux - baſar mit ſeinen hübſchen Treffern den Beſuchern viel Vergnügen. Der zweite Teil der Veranſtaltung war von einer kleinen Operette, Wenn die Roſen blühen , aus - gefüllt, in der mehrere Mitglieder der Vereinigung Ge - legenheit hatten, ihr Bühnentalent zu zeigen. Beſonders das anmutige Fräulein Fina Wildner fühlte ſich in der Rolle der Baroneſſe, wie ſichtlich, unbefangen und wohl, und erntete für ihr temperamentvolles Spiel neben dem mit guten Stimmitteln begabten Fräulein Fritzi Eck - ſtein wohlverdienten, reichen Beifall. Beide Damen wurden auch am Schluſſe der Operette mit den Blumen - ſpenden ausgezeichnet. Auch die mitwirkenden Herren machten ihre Sache ſehr gut. Den Abſchluß der Gründungs - feier bildete in ziemlich vorgerückter Stunde ein Tanz - kränzchen. Zweifellos hat die Vereinigung Wiener Muſiker auch bei dieſer Veranſtaltung den Beweis er - bracht, daß ſie ihren Gäſten nur Gutes zu bieten vermag.

* Ein Todesopfer des Geizes.

Samstag abend wurde dem Kommiſſariate Leopoldſtadt ein Mann eingeliefert, der ſeinem Aeußeren nach ein ganz herabgekommener Vagabund zu ſein ſchien. Er wurde in das Amtslokal ge - bracht, um am Morgen proviſoriſch in eine Armenanſtalt überführt zu werden. Sonntag früh verlangte er auf das Kloſett geführt zu werden und tötete ſich dort durch einen Revolverſchuß. Als man ſeine Leiche nach Dokumenten durchſuchte, fand man bei ihm außer Legitimations - papieren 15.000 Kronen in Tauſendernoten. Er hatte vor kurzem ſein Geſchäft in Nanuſchto in Ungarn um dieſen Betrag verkauft und war nach Wien gefahren. Aus Furcht, daß ihm ſein Geld geſtohlen werden könne, nahm er ſich kein Quartier, trieb ſich in den Parks herum, bis er ganz herunterkam und ſchließlich als Unterſtandsloſer auf - gegriffen wurde. Den Selbſtmord dürfte er gleichfalls in ſeiner krankhaften Angſt vor dem Beſtohlenwerden verübt haben.

* Eine Diebsbeute von 4000 Kilogramm Gewicht.

Am Morgen des 17. d. M. iſt einer der ſchwerſten Diebſtähle entdeckt worden, die in Wien verübt worden ſind. Die Diebsbeute, aus Metall beſtehend, hatte ein Gewicht von 4000 Kilo - gramm. Der Geſchädigte iſt der Gießereibeſitzer Joſef Pfundner, der im 10. Bezirke, Karmaſchgaſſe Nr. 58, ſeine an eine Wieſe grenzende Werkſtätte hat. Entdeckt wurde der Diebſtahl durch einen Sicherheitswachmann, der geſtern morgen an der der Wieſe zugekehrten Mauer der Werkſtätte patrouillierte. Er ſah, daß in die Mauer ein gewaltiges Loch gebrochen war. Unweit von dieſer Stelle befanden ſich in dem weichen Erdboden die Spuren von Wagenrädern und Pferden. Der Wachmann vermutete gleich, daß ein Einbruch geſchehen ſei und ver - ſtändigte das Gießereiperſonale. Man hielt Nach - ſchau und fand die Mutmaßung beſtätigt. Aus der Werkſtätte waren geſtohlen worden: Rotguß, und zwar Kaermametall und Meſſing, teils in Barren, teils fertige Waren, Zink in Platten, mit N. H. gezeichnet, und Zinn in Stangen. Das Gewicht wird auf 4000 Kilogramm, der Wert der Beute auf etwa 10.000 Kronen geſchätzt. Die Gauner es muß eine ganze Bande geweſen ſein ſind mit Pferd und Wagen vorgefahren. Aus einer Bauhütte in der Nähe des Betriebes haben ſie ſich nach Erbrechung das Werkzeug geholt, mit dem ſie das Loch in die Mauer im rückwärtigen Teile der Werkſtätte machten. Durch das Loch drangen ſie ins Lokal. Dann ſchafften ſie das Metall durch das Mauerloch ins Freie und verluden es auf den Wagen. Mit der Beute machten ſie ſich aus dem Staube. Es iſt unzweifelhaft, daß die Diebe mit den Lokalverhält - niſſen ſehr vertraut geweſen ſind.

* Abreiſe der Japan-Reiſegeſellſchaft.

Sonntag nachmittag hat die Japan-Reiſegeſellſchaft des Invaliden - dank mit den um 3 Uhr 10 Minuten abgehenden Krakauer Schnellzug Wien verlaſſen. Die Reiſe geht bekanntlich über Rußland und Sibirien. Unter den Teilnehmern befinden ſich u. a. der Vizepräſident des Invalidendank Graf Hans Blome, Gräfin Olga Attems, Regierungsrat Guſtav Rupp ꝛc. Die Vorbereitungen zu der ſieben - wöchentlichen Tour der erſten Geſellſchaftsreiſe, die über - haupt nach Japan unternommen wird und die Leitung derſelben hat der Anreger des Projekts Schriftſteller Alexander von Biczo übernommen, welcher ſeit Jahren die Geſchäfte des Invalidendank führt. Die Abreiſe der Geſellſchaft vollzog ſich in Gegenwart eines vielhundert - köpfigen Publikums, Freunden des Invalidendank , Familienmitgliedern der Teilnehmer an der Reiſe ꝛc. Vom Zentralausſchuß des Vereines waren der Präſident Exz. Graf Chotek und viele Mitglieder zum Abſchied erſchienen. Nachdem die Reiſegeſellſchaft photographiſch aufgenommen worden war, nahm Vizepräſident Dr. Gutmann zu einer kurzen Anſprache das Wort, um den Abreiſenden ein herz - liches Lebewohl zu ſagen. Reiſeleiter v. Biczo dankte hiefür, indem er in humorvoller Weiſe die Eroberung Japans ankündigte. Der Zug verließ fahrplanmäßig und unter Hochrufen und Tücherſchwenken der Zurückbleibenden und Abreiſenden die Halle.

* Feierliche Einweihung des ſtiftlichen Jubiläums - arbeiterwohnhauſes in Kloſterneuburg.

Aus Kloſter - neuburg wird uns gemeldet: Zum Andenken an das 60jährige Regierungsjubiläum Sr. Majeſtät unſeres er - habenen Kaiſers Franz Joſef I. erbaute das Chor - herrenſtift Kloſterneuburg für ſeine Arbeiter unter großem Koſtenaufwande ein großes Jubiläumsarbeiterwohnhaus in Kloſterneuburg. Der herrliche Bau, welcher auf den Gründen des ehe - maligen Kreindlhofes in der Albrechtsſtraße in Kloſterneuburg gelegen iſt und von dem Kloſterneuburger Stadtmaurermeiſter Johann Brenner unter der Ober - aufſicht des Wiener Stadtbaumeiſters Joſef Wurts ausgeführt und mit allen modernen und hygieniſchen Einrichtungen ausgeſtattet wurde und bereits vollendet iſt, enthält für 38 Parteien Wohnungen ſamt Gärten. Geſtern Sonntag den 17. d. 11 Uhr vormittags fand nun die feierliche Einweihung dieſes herrlichen Gebäudes durch den hochw. Herrn Prälaten des Stiftes Kloſterneuburg Friedrich Piffl ſtatt.

* Die Erkrankung des Abg. Dr. Kramar.

Wie die tſchechiſchen Blätter melden, ſind über den Geſundheits - zuſtand des derzeit in Neapel weilenden Abg. Dr. Kramar ungünſtige Nachrichten in Wien eingetroffen. Abg. Maſtalka erhielt vom Abg. Kramar einen Brief, in welchem dieſer über ſtarke Herzſchmerzen klagt, an denen Dr. Kramar bereits vor zwei Jahren gelitten hat.

* Dem Andenken Dr. Luegers.

Man meldet uns aus Kloſterneuburg: Die deutſch-chriſtlichen, politiſchen und wirtſchaftlichen Vereine Kloſterneuburgs veranſtalten am Schluſſe der Parteitrauerzeit für unſeren Führer Dr. Lueger am Mittwoch, den 20. April im großen Saale des Stiftskellers zu Kloſterneuburg eine Trauerkundgebung. Das Programm ſieht eine Trauerrede vor, welche der Obmann des chriſtlichen Wählervereines Kloſterneuburgs, Profeſſor Johann Duchon halten wird, und der Vorträge des Hornquartetts der k. k. Hofoper vorangehen und folgen. Der Beginn der Trauerfeier iſt für halb 8 Uhr feſtgeſetzt. Aus Obergrafendorf an der Pielach ſchreibt man uns: Unſer Ort, der Dr. Lueger zum Ehrenbürger ernannt hatte, ehrte das Andenken des großen Toten und betrauerte ſeinen Tod tief. Am Todestage trugen die Häuſer Trauer - ſchmuck, Bürgermeiſter Wimmer ſendete ein Kondolenz - telegramm an die Stadt Wien und nahm mit drei Ge - meinderäten an der Leichenfeier teil; am Tage nach dem Begräbnis wurde in unſerer Kirche ein Requiem abgehalten. Der Gemeinderat von Obergrafendorf beſchloß in einer Trauerſitzung zum ewigen Gedächtnis an Dr. Lueger, den am Ufer der Pielach angrenzenden Wald den Namen Luegerwald zu geben.

* Alexander Scharfs Nachfolger und Verleumder.

Die Scharfſche Sonn - und Montagszeitung muß heute an erſter Stelle folgende Berichtigung zum Abdrucke bringen:

Es iſt unwahr, daß der Zufall dem verſtorbenen Bürgermeiſter Dr. Lueger einen Brief der Deutſchen Bank an die Erben nach dem verſtorbenen Bürgermeiſter Strobach in die Hände ſpielte, aus dem Dr. Lueger erfuhr, daß der Verſtorbene (Strobach) dort (d. i. in der Deutſchen Bank) über ein Guthaben von einer Million Mark zu verfügen habe. Wahr iſt vielmehr, und ich erkläre das hiemit ſowohl in meinem Namen als auch im Namen meiner ſämtlichen Geſchwiſter, daß uns ein Brief der Deutſchen Bank oder irgendeiner anderen Bank niemals, weder direkt noch in direkt, zugegangen iſt, daß uns von irgendeinem Guthaben unſeres verſtorbenen Vaters an irgendeiner Bank niemals etwas bekanntgeworden iſt, daß alſo weder ein derartiger Brief der Deutſchen Bank oder irgendeiner anderen Bank noch irgendein Guthaben jemals exiſtiert hat und daß alſo auch der Zufall keinen ſolchen Brief dem Bürgermeiſter Dr. Lueger in die Hände ſpielen konnte, daher die Mitteilung in Ihrem Blatte ihrem geſamten Inhalte nach auf Erfindung beruht. Dr. Joſef Strobach.

Das Blatt ſucht ſich damit zu retten, daß es behauptet, es habe für eine allgemein bekannte Tatſache die Form einer verbreiteten Anekdote gewählt. Mit ſolchem Zynismus wird verleumdet. Zuerſt werden Enthüllungen gebracht, dann ſind es Anekdoten . Alle Erzählungen des Getto - blattes ſind eben Anekdoten.

* Großer Brand.

Sonntag den 17. d. um 2 Uhr früh brach in Wagram (nächſt St. Pölten) ein Brand aus, der zwei Wirtſchaftsgebände, die Häuſer Angelmeier und Piriwe ſamt Wirtſchaftsgebäuden faſt voll - ſtändig einäſcherte. Auch Schweine und Hühner gingen zu - grunde. Die meiſten Häuſer dieſer Ortſchaft ſind mit Stroh oder Schindeln gedeckt, es war daher die Gefahr eine große, und nur der Feuerwehr (auch die St. Pöltener iſt erſchienen ſowie auch eine Abteilung Militär) iſt es zu danken, daß der Ort vor einem noch größeren Unglück ver - ſchont blieb.

* Abſturz einer Skifahrerin auf dem Schneeberg.

Man meldet uns aus Puchberg am Schneeberg vom 18. d.: Geſtern fuhren 60 Perſonen mittels Extrazuges der Zahnradbahn bis zum Kaltwaſſerſattel, um am Hoch - ſchneeberg Skiſport zu treiben. Eine Partie unternahm eine Abfahrt längs der Bahntraſſe. Eine daran teilnehmende zirka 25jährige Dame aus Wien, deren Name nicht genannt wird, ſtürzte um die Mittagsſtunde beim erſten Tunnel hinter dem Baumgartnerhauſe über die Böſchung zirka 50 Meter tief ab und konnte ſich nicht erheben. Ein Arzt Dr. Mayer aus Wien, leiſtete der Verunglückten die erſte Hilfe. Vom Baumgartnerhauſe wurden Knechte mit einer Tragbahre requiriert, auf welcher die Verunglückte in das Haus gebracht wurde. Der Arzt konſtatierte zwei Rippen - brüche, nach anderern Mitteilungen auch eine Sehnen - zerrung. Die Verunglückte verblieb drei Stunden im Bette, wurde ſodann zum Kaltwaſſerſattel transportiert, von wo ſie mit der Zahnradbahn hieher und ſodann nach Wien gebracht wurde.

* Todesfall.

Aus Mödling wird uns heute telephoniert: Heute den 18. April um 2 Uhr früh iſt hier der Gemeindebeirat und Oberrevident Ludwig Kinder -4Wien, Montag Reichspoſt 18. April 1910. Nr. 106mann geſtorben; die Leichenfeier wird vorausſichtlich am Mittwoch ſtattfinden.

* Die Erweiterung Krakaus. Der Draht meldet aus Krakau vom 12. d.: Anläßlich der Einverleibung der Nachbarortſchaften in die Stadt Krakau wurde heute nach einem Gottesdienſte eine Feſtverſammlung in Anweſen - heit des Statthalters Dr. Bobrzynski, des Landmar - ſchalls Grafen Badeni, mehreren Reichsrats - und Land - tagsabgeordneten ſowie einer großen Zahl geladener Gäſte abgehalten. Nach der Rede des Bgm. Leo ſprachen der Statthalter, der Landmarſchall, im Namen des Polen - klubs der Obmannſtellvertreter Dr. R. v. Czaykowski, im Namen anderer Städte Galiziens Bgm. Dr. Dolinski aus Przemysl ſowie mehrere Vertreter der einverleibten Gemeinden. Der Bürgermeiſter gab abends zu Ehren der Gäſte ein Bankett.

* Unfall des Parſeval IV .

Der Draht meldet aus Leipzig vom 17. d.: Das Luftſchiff Parſeval IV , das um 2 Uhr nachmittags in Altenburg zur Fahrt nach Bitterfeld aufgeſtiegen war, mußte gegen 5 Uhr nach - mittags wegen eines Schadens an der Propellerwelle öſtlich von Leipzig landen. Die Landung erfolgte glatt. Die Hülle wurde durch die Reißvorrichtung entleert und mit der Bahn nach Bitterfeld befördert.

* Mordtaten in Bosnien.

Aus Sarajevo wird uns gemeldet: Vor drei Tagen wurden in Bosn. -Gradiska fünf ſerbiſche Burſche verhaftet und dem Gerichte ein - geliefert, die beiſpielloſe Roheitsakte verübten. In der vorigen Woche zogen die fünf, mit Ivo Matijaſevic an der Spitze, johlend durch das Dorf Markovac. Knapp vor demſelben begegnete ihnen der Katholik Mijaſic, den ſie ohne weiteres mit Knütteln niederſchlugen. Als er noch röchelte, gaben ſie ihm abermals Hiebe. Trotzdem hatte er dann ſo viel Selbſtbeherrſchung, ſich tot zu ſtellen. Im Dorfe ſelbſt begegnete ihnen der Katholik Markovic. Dieſer wurde mit unzähligen Knüttelſchlägen ermordet und von den Raſenden dann noch ſeine Leiche geſchändet. Die Elenden hatten ihr Opfer früher kaum gekannt.

* Der franzöſiſche Mitrailleuſendieb ver - haftet.

Der Draht meldet aus Paris vom 17. d.: Die Polizei verhaftete heute den fahnenflüchtigen Korporal Beſchamps, den Urheber des vor einigen Monaten in Chalons-ſur-Marne verübten Mitrailleuſendiebſtahls. Er war nach ſeiner Deſertion in Frankfurt und in Wien bei Automobilfirmen als Mechaniker beſchäftigt geweſen Deſchamps leugnet, den Mitrailleuſendiebſtahl verübt zu haben.

* Brand in der Belgrader Zuckerfabrik.

Der Draht meldet aus Belgrad vom 17. d.: Um ½2 Uhr nachts brach in der Belgrader Zuckerfabrik ein Schadenfeuer aus, welchem das Magazin mit 90 Waggons raffinierten Zuckers zum Opfer fiel. Der auf 600.000 Kronen geſchätzte Schaden iſt durch Verſicherung gedeckt. Das Feuer, deſſen Urſache unbekannt iſt, wurde durch die Fabriks - und die ſtädtiſche Feuerwehr gelöſcht. Die Zuckerfabrik gehört der deutſchen Induſtriegeſellſchaft in Regensburg.

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Rooſevelt in Ungarn.

Geſtern vormittag nach neun Uhr hat der geweſene Präſident Theodor Rooſevelt Wien verlaſſen, um auch den Magyaren einen Beſuch abzuſtatten. Der Abſchied auf dem Staatsbahnhofe geſtaltete ſich natürlich ziemlich geräuſchvoll, er ſpielte ſich im Hofwarteſalon ab, wo ſich mehrere Vertreter der politiſchen Welt und Bekannte Rooſevelts eingefunden hatten. Rooſe - velt äußerte ſich noch bei dieſer Gelegenheit, daß ihm Wien ſehr gut gefallen habe dann fuhr der Zug aus der Halle. Der erſte Empfang in Ungarn fand in Preßburg ſtatt, wo der Zug um 11 Uhr ein - traf. Bgm. Dr. Brolly, der an der Spitze des Munizipalausſchuſſes am Bahnhofe erſchienen war, be - grüßte Rooſevelt, worauf der geweſene Abg. Marzel Jankovics an ihn eine Anſprache hielt, auf welche Rooſevelt in einer Weiſe erwiderte, welche wohl ſchlagend illuſtriert, wie groß die Raumdiſtanz zwiſchen dem Lande der Magyaren und den Vereinigten Staaten iſt, wie wenig ſie von magyariſcher Kultur und Politik wiſſen. Seien Sie überzeugt, ſagte der Expräſident, daß ich wie jeder gebildete Menſch immer mit großem Intereſſe und beſonderer Sym - pathie Ihre Geſchichte und Entwicklung verfolgt habe, beſonders weil ich auch aus dem weiten Weſten bin und geſunden habe, daß es in unſerem Charakter gemeinſame Züge gibt. Immer habe ich mich für die einſtige Reiter - nation intereſſiert, welche Arpad folgend, hier, inmitten Europas, ein Vaterland fand und es aufrechthielt. Natürlich fand dieſe Rede großen Beifall. In Ofen-Peſt fand die echt ameri - kaniſche Magyarenhuldigung ihre Fortſetzung. Auch dort erwiderte er auf die Anſprache, welche Miniſterialſekretär Barczy im Auftrage des Miniſterpräſidenten an ihn hielt, in ähnlicher Weiſe, Ein Mann, der wie ich im fernen Weſten ge - lebt hat, führte Rooſevelt aus muß ſich intereſſieren für die Entwicklung eines Landes, das die Nachkommen des Reitervolkes Arpads zu einem der ziviliſierteſten Staaten Europas umgewandelt haben. Der Mut, welcher ſich in dem freiheitlichen Geiſte des ungariſchen Charakters kund - gibt, muß auf den Geiſt der fremden Völker immer großen Eindruck ausüben. Ich begrüße euch, und freue mich, hierher gekommen zu ſein. Schade, daß Rooſevelt der letzten Sitzung des ungariſchen Parla - mentes nicht beiwohnte. Vielleicht hätte er dann eine andere Meinung über einen der ziviliſierteſten Staaten Europas.

Die Bewegung gegen Hohenblum. Eine geſprengte Verſammlung in Schladming.

Hier ſollte eine große Verſammlung des Herrn v. Hohen - blum ſtattfinden, in welcher dieſer die evangeliſchen Bauern der Umgebung Schladmings zu einer Kundgebung gegen den chriſtlichſozialen Abg. R. v. Pantz zu gebrauchen gedachte. Es hatten ſich jedoch mehrere Tauſend Bauern aus dem ganzen oberen Ennstale in Schladming eingeſunden, die dem Abg. Pantz und ſeinen Freunden ſtürmiſche Ovationen bereiteten und Herrn v. Hohenblum und die mit ihm erſchienenen freiſinnigbündleriſchen Abg. Größwang, Riemelmoſer, Brandl und Pierer gar nicht zum Worte kommen ließen. Dieſe mußten ſich vom Marktplatze, wo die Verſammlung unter freiem Himmel tagte, ſofort zurück - ziehen. Es ſprach hier nun unter ſtürmiſchen Beifalls - kundgebungen der Abg. R. v. Pantz: Die Ennstaler Bevölkerung wolle mit der Hohenblumſchen Politik nichts mehr zu tun haben, dieſe habe die Taſchen einiger ungariſcher und böhmiſcher Großgrundbeſitzer gefüllt, aber die der alpen - ländiſchen Bauern geleert. Dieſe Politik ſei zu einem wahren Verhängnis für die Alpenländer geworden, ſie habe für den Bauernſtand der Alpenländer nicht die geringſte Beſſerung, wohl aber eine zunehmende Teuerung in wichtigen Bedürfniſſen gebracht; die Futtermittelpreiſe ſeien faſt unerſchwinglich hoch, die Schweinefett - preiſe bedrücken jeden Haushalt, hingegen ſei die den Alpenländern verſprochene Steigerung der Viehpreiſe nicht eingetreten und werde auf dem Wege dieſer Politik nie ein - treten. Hohenblum ſei zum Verbündeten der größten wirtſchaft - lichen Gegner der öſterreichiſchen Alpenbauernſchaft, der ungariſchen Agrarier und der Agrarier des Deutſchen Reiches geworden.

Die Hohenblumſche Politik iſt eine Verhetzung der arbeiten - den Stände gegeneinander, deren Lebensführung ſie erſpart. Wir wollen eine Volkspolitik und keine Klaſſen - politik. Deshalb kündigen wir der Politik Hohenblums die Gefolgſchaft. Nieder mit der verhetzenden Klaſſenpolitik Hohen - blums! Fort mit ſeinen Sendlingen!

Dieſe Worte wurden mit ſtürmiſcher Zuſtimmung auf - genommen.

Profeſſor Dr. Hoffmeiſter betonte, daß die von ihm im Auftrage des früheren Ackerbauminiſters Dr. Braf ge - pflogenen Erhebungen über die Rentabilität der bäuerlichen Betriebe mit völliger Klarheit ergeben haben, daß eine Ver - ſchlechterung der wirtſchaftlichen Lage der Gebirgsbauernſchaft eingetreten ſei. Dieſe in wiſſenſchaftlich einwandfreier Weiſe erworbene Kenntnis offen auszuſprechen, ſei das unverletzbare Recht eines Hochſchulprofeſſors. Die Erhebungen wurden von gewiſſen Seiten ohne daß die Betreffenden auch nur die geringſte Einſicht in dieſelben genommen hatten, auf das er - bärmlichſte herabgeſetzt. Wahrheiten und Tatſachen laſſen ſich aber nicht aus der Welt ſchaffen, auch dann nicht, wenn es dem Einfluſſe derjenigen, welchen die traurigen Tatſachen nicht in ihr Propramm paſſen, gelungen iſt, die Ver - öffentlichung dieſer Erhebungen bis jetzt zu hintertreiben. Hierauf ſprachen noch die Abge - ordneten Schwab und Kanzler, die Landwirte Adam, Haiger, Oberaſcher, Neunteufel und Krainz, worauf unter großen Beifallskundgebungen eine Reſolution einſtimmig angenommen wurde, in welcher den Vorgenannten mit Abg. R. v. Pantz an der Spitze Dank und Vertrauen ausgeſprochen wird und dieſelben aufgefordert werden, den Kampf gegen die Hohenblumſche Politik energiſch fortzuſetzen.

Den ganzen Nachmittag und Abend durchzogen Bauern - gruppen den Ort unter fortwährenden Kundgebungen gegen Hohenblum und Heilrufen für Pantz; es erneuerten ſich dieſe Demonſtrationen bei der Abſahrt Hohenblums und ſeiner Freunde am Bahnhof.

Ein Ballon vom Blitze getroffen.

Die vier Inſaſſen erſchlagen.

In der Nacht von Samstag auf Sonntag hat ſich eine Ballonkataſtrophe ereignet, die in der Geſchichte der Luftſchifffahrt bisher noch nicht vorkam. Ein Ballon, der in Bitterfeld zu einer Nachtfahrt aufſtieg, geriet während der Fahrt in ein Gewitter, wurde vom Blitze getroffen und die vier Inſaſſen der Gondel ſtürzten aus der Höhe herab. Ob ſie bereits vom Blitz getötet oder beim Abſturze tödlich verunglückt ſind, ſowie über die näheren Umſtände und den Verlauf der Kataſtrophe fehlt natur - gemäß jede poſitive Aufklärung, da alle vier Zeugen des Unglücks tot aufgefunden wurden.

Der Ballon Dellitzſch , der Samstag in Bitter - feld zu einer Nachtfahrt aufgeſtiegen war, iſt bei Reinſachſen in ein Gewitter geraten. Der Ballon wurde von einem Blitzſtrahle getroffen. Alle vier Inſaſſen wurden getötet. Die Paſſagiere waren der Kaufmann Karl Luft von der Parſevalgeſellſchaft, als Führer, der ſeine 25. Fahrt unternahm, der Vertreter der Luftfahrzeuggeſellſchaft Leuchſenring aus Bitterfeld, Amtstierarzt Hoecker und Kaufmann Graupner, die beiden letzteren aus Leipzig.

Der Ballon war Samstag um 6 Uhr 15 Minuten abends in Bitterfeld bei Windſtille glatt aufgeſtiegen. Es war eine längere Fahrt beabſichtigt und deshalb wurde reichlich Proviant mitgenommen. Um ½9 Uhr abends ſchwebte der Ballon in einer Höhe von zirka 160 Metern über Halle und wurde um 9 Uhr 50 Mi - nuten in Nieder-Eichſtädt, um 10 Uhr 20 Minuten in Coelleda und gegen Mitternacht über Eiſenach in einer Höhe von 440 Metern geſichtet. Um dieſe Zeit dürfte er in ein Gewitter geraten zu ſein. Beim Dorfe Rein - ſachſen ſtürzte er nieder. Die vier Luftſchiffer wurden getötet. Die Leichen waren gräßlich zugerichtet. Zwei waren aus der Gondel herausgeſchleudert worden, zwei lagen noch darin.

Die Hände der Leichen waren geballt. An zwei Leichen wurden von dem Amtskreisarzte deutliche Ver - ſengungen konſtatiert, welche darauf ſchließen laſſen, daß ſie von einem Blitzſtrahl getroffen wurden. Der Tod ſcheint jedoch auch bei dieſen beiden Unglücklichen nicht infolge des Blitzſchlages, ſondern infolge des furchtbaren Anpralles auf den Boden eingetreten zu ſein. Der Kaufmann Leuchſenring ſowie der Tierarzt Höcker und der Ballonführer Luft wollten ſich als Luftſchifführer ausbilden.

Die Ballonhülle war total zerfetzt. Einzelne Teile davon wurden ſpäter in weitem Umkreiſe gefunden. Einzelne Metallbeſtandteile des Ballons wieſen deutliche Schmelzſpuren auf, woraus ebenfalls geſchloſſen werden kann, daß die Urſache der Kataſtrophe in einem Blitz - ſchlag zu ſuchen iſt.

Die Auffindung der Leichen.

Als Sonntag früh 6 Uhr ein Einwohner von Eſchwege ſich in den Stall begeben wollte, um nach dem Vieh zu ſehen, ſah er unter einem Baume im Garten eine Hand emporragen. Er ging der Sache nach und fand zu ſeinem Entſetzen eine Ballonhülle in den Zweigen eines Kirſchbaumes hängen. Ferner be - merkte er in der Nähe des Baumes die Trümmer der Gondel und vier Leichen, welche entſetzliche Verletzungen aufwieſen. Der Bauer verſtändigte ſofort den Kreisarzt von Eſchwege, der bald erſchien, jedoch nur mehr den bereits vor Stunden eingetretenen Tod der Luftſchiffer feſtſtellen konnte. Die Leichen wurden nunmehr in die Totenhalle des Krankenhauſes gebracht. Die Ballon - hülle wurde von Bauersknechten von dem Baume herab - geholt. Im Laufe des Vormittags erhielt die Parſeval - geſellſchaft bereits Kenntnis von der Kataſtrophe, welche den Delitzſch erreicht hat, und zeigte telegraphiſch an, daß im Laufe des Nachmittags Vertreter der Geſellſchaft in Eſchwege eintreffen werden, um alle notwendigen Vorkehrungen zu treffen. Um 4 Uhr nachmittags kamen drei Herren der Parſevalgeſellſchaft aus Bitterfeld in Reichenſachſen an und trafen die notwendigen Maß - nahmen für die Ueberführung der Leichen in ihre Heimat.

Die hieſige Luftſchiffahrtshalle hat von der Polizei - behörde die Mitteilung erhalten, daß die Inſaſſen des Ballons Delitzſch , der dem Bitterfelder Vereine ge - hörte, wie die Leichenſchau ergeben hat, vom Blitzſchlage getroffen ſind.

Der Ballon hatte die Richtung über Coelleda Könnera und Eiſenach genommen und war hinter Eiſenach in ein Gewitter geraten. Die Luftſchiffer, die ſich in einer Höhe von 460 Metern befanden, konnten durch Auswerfen von Ballaſt dem Gewitter zunächſt entkommen. Der Ballon wurde in nordweſtlicher Richtung abgetrieben, geriet jedoch bei Reichenſachſen neuerlich in eine Gewitterſturmzone. Ein Blitzſtrahl traf den Ballon. Der Ballon ſtürzte pfeilſchnell ſenk - recht zu Boden. Nach einem Sachverſtändigen - gutachten muß angenommen werden, daß der Blitz die vier Inſaſſen der Gondel nur gelähmt hat und daß der Tod erſt infolge des ungeheueren Anpralles der Gondel auf den Boden eingetreten iſt. Zwei der Luftſchiffer, deren Antlitz nicht verunſtaltet war, zeigten deutlich die Spuren der ausgeſtandenen Qualen. Eine Krankenſchweſter war durch den Anblick der Leichen ſo erſchüttert, daß ſie in Krämpfe verfiel.

Die Gemeinderatswahlen.

Wählerverſammlung im 4. Bezirk.

Das chriſtlichſoziale Bezirkswahlkomitee des 4. Bezirkes ver - anſtaltet morgen Dienstag den 19. d. um 8 Uhr abends in den Saallokalitäten Zu den drei Engeln (Große Neugaſſe 36) eine Wählerverſammlung. Tagesordnung: Rechenſchaftsbericht der geweſenen Gemeinderäte des erſten Wahlkörpers des 4. Bezirkes. Vorſtellung der Kandidaten für die bevorſtehenden Gemeinderats - wahlen aus dem erſten Wahlkörper des 4. Bezirkes.

Fünfhaus.

Der chriſtlichſoziale Volksverein Fünfhaus hielt geſtern abend im Hotel Holzwart ſeine Generalverſammlung ab, in welcher auch zu den bevorſtehenden Gemeinderats - wahlen Stellung genommen wurde. Unter den zahl - reichen Anweſenden bemerkte man die LAbg. Schneider und Dr. Scholz, StR. Schreiner, BV. Dr. Mattis deſſen Stellvertreter Baumgartner, StR. Brauneiß, die Gemeinderäte Wimberger, Gebhardt und Baeßler.

Obmann StR. Schreiner erſtattete den Rechenſchafts - bericht und hielt Bgm. Dr. Lueger einen Nachruf. Der bisherige Ausſchuß wurde wiedergewählt.

Sodann ſtellte ſich GR. Wimberger als Kandidat für die Gemeinderatswahlen vor und fand einmütige Zu - ſtimmung.

LAbg. Dr. Scholz beſprach ſodann die Verkehrs - verhältniſſe der Südbahn und trat dafür ein, daß den national bedrohten Ortſchaften Siebenhirten und Vöſendorf, wo ſich zahlreiche ſlaviſche Ziegelarbeiter befinden, Hilfe gebracht werde. Die deutſchen Kinderbewahranſtalten der beiden Ge - meinden haben nicht die nötigen Geldmittel zur Verfügung, um gegen die tſchechiſche Anſtalt des Komenskyvereines auftreten zu können. Den Bemühungen Dr. Geßmanns ſei es zu danken, daß nun das Land die deutſchen Kindergärten dort mit einer ausreichenden Subvention unterſtütze. Auch der Deutſche Schulverein ſpendete einen namhaften Betrag. Hieraus erſehe man, daß durch ein gemein - ſames Vorgehen der Deutſchen in nationalen Dingen vieles erreicht werden kann. Leider gibt es Elemente, die ihre Freude daran haben, immer wieder Streit unter den Deutſchen zu ent - fachen. (Beifall.)

LAbg. Schneider beſprach gleichfalls Landesangelegen - heiten und bemerkte, daß er als Obmann des Eiſenbahn - ausſchuſſes im niederöſterreichiſchen Landtage die beſte Ge - legenheit habe, die einzelnen Forderungen und Wünſche be -5Nr. 106 Wien, Montag Reichspoſt 18. April 1910. treffs der Landesbahnen kennen zu lernen. Der Redner beſprach dann die Warenhausfrage und trat ſchließlich wärm - ſtens für den Kandidaten ein.

StR. Brauneiß ſprach hierauf über Bezirksangelegen - heiten, insbeſondere die Verbauung der Schmelz, GR. Geb - hard über kommunale Fragen.

Kandidatenaufſtellung im 16. Bezirk.

Das Bezirkswahlkomitee des 16. Bezirkes hatte für eines der beiden freigewordenen Mandate des 3. Wahlkörpers den Handelsminiſter Dr. Weiskirchner aufgeſtellt; nachdem nun vom Zentralkomitee beſchloſſen worden war, Dr. Weis - kirchner auf der Landſtraße zu kandidieren, mußte vom Be - zirkswahlkomitee im 16. Bezirk ein anderer Kandidat aufgeſtellt werden. Dies iſt nun geſchehen: Der Kandidat iſt Herr Franz Klaus, Bezirksrat und Hausbeſitzer, Galitzinſtraße 44. Die Kandidaten von Ottakring ſind: 1. Wahlkörper: Johann Laux, Monſignore, Pfarrer, Neulerchenfelderſtraße 47. (Im Bericht über die Sitzung des Zentralwahlkomitees war der Name durch einen Druckfehler entſtellt. Anm. d. R.) Leopold Schmidt, Bezirksrat, Hausbeſitzer, Payergaſſe 2. 3. Wahl - körper: Rudolf Heffenmeyer, Bezirksrat, Kirchſtettern - gaſſe 28. Franz Klaus, Bezirksrat, Hausbeſitzer, Galitzin - ſtraße 44.

Wählerverſammlung in Jedleſee.

In Jedleſee fand Donnerstag den 14. d. M. um 8 Uhr abends die erſte Wählerverſammlung des Wähler - vereines der vereinigten Chriſten im 21. Bezirke ſtatt. Unter den zahlreich Erſchienenen bemerkte man die Stadträte Hoß und Knoll, GR. Guſſenbauer, die BR. Broſch, Binder, Molzer, Kandidat Bernhard Richter, Pfarrer Wenzl u. a. Den Vorſitz führte Bezirksrat Broſch. Schriftführer Wilim der Zahlſtelle Jedleſee des chriſt - lichen Wählervereines erſtattet den Rechenſchaftsbericht. Nach Genehmigung desſelben erfolgte die Wahl der Vereinsleitung und Ausſchuſſes, und zwar wurden zum Zahlſtellenleiter BR. Broſch, zu deſſen Stellvertreter BR. Molzer, zum Schriftführer Herr Wilim, als Kaſſier Herr Guttmann wieder gewählt.

Hierauf ſprach lebhaft begrüßt StR. Hoß. Er entſchuldigt den ferngebliebenen GR. Oberleuthner, der einer dringenden Sitzung halber nicht erſcheinen konnte und erſtattete in nahezu zweiſtündiger Rede Bericht über ſeine Tätigkeit ſowie über die des GR. Oberleuthner im Gemeinderat und beſprach die Verdienſte der chriſtlichſozialen Partei ins - beſonders um die Schaffungen des 21. Bezirkes. Hiebei erörtert er die wichtigſten Lebensfragen des Bezirksteiles Jedleſee, wie Bau der Schulen, Erbauung des neuen großen Kindergartens, Eröffnung der Jedleſeerſtraße, Waſſerleitung, Beleuchtung, Erweiterung des Jedleſeer Friedhofes, Propellerüberfuhr nach Nußdorf, Poſtweſen, insbeſondere den Ausbau der Elektriſchen nach Jedleſee u. dgl. (Lebhafter Beifall.)

Kandidat Bernhard Richter ſtellte ſich ſodann den Wählern als Mandatswerber für den 3. Wahlkörper des 21. Bezirkes vor; er entwickelte ſein wirtſchaftliches Programm und verſprach feſte Treue zur chriſtlichſozialen Partei. Es ſprechen hierauf BR. Bürder über Bezirks - angelegenheiten, GR. Guſſenbauer und StR. Knoll über Organiſation; ſie baten gleichfalls, am Wahltage den chriſtlichen Kandidaten ihre Stimme zu geben. Es gelangte ſo - dann eine Reſolution zur Annahme, worin die Zahlſtelle Jedleſee des Wählervereins den bewährten bisherigen Vertretern Hoß und Oberleuthner den Dank und das Vertrauen aus - ſpricht und für die Wiederwahl ſowie Wahl des Kandidaten Bernhard Richter mit aller Energie eintreten wird.

Aus dem Gerichtsſaale.

Eine Betrügerkompanie.

Vor dem Schwurgerichte unter Vorſitz des LGR. Dr. Ender begann heute die für zwei Wochen an - beraumte Verhandlung gegen die beſchäftigungsloſe Amalie Liszt, deren Mutter Katharina Oreskovic, den ge - weſenen Oberleutnant Alois Platzer und den Agenten Auguſt Huber wegen Verbrechens des Betruges, gegen Platzer auch wegen Diebſtahls. Den Angeklagten werden eine ganze Reihe von Betrugsfakten und ſchmutzigen Geld - geſchäften, ein Erbſchaftsſchwindel mit einem gefälſchten Teſtament, Pfandſcheinſchwindeleien u. dergl. zur Laſt gelegt. Die ſehr umfangreiche Anklageſchrift ſchildert zu - nächſt den Lebenslauf der Liszt, die in Sebenico als Tochter eines Straßenmeiſters geboren wurde. Schon mit 15 Jahren betrog ſie in Sarajevo Geſchäftsleute, flüchtete nach Ofen-Peſt und ſtahl dort einem Wein - händler, bei dem ſie als Kindergärtnerin bedienſtet war um 11.000 Kronen Wertgegenſtände. Sie ging damals noch ſtraflos aus, ihre Mutter erhielt aber wegen Mitſchuld 18 Monate ſchweren Kerkers. Im März 1899 wurde ſie Erzieherin bei den Kindern des verwitweten Arztes Dr. Anton Joſef Liszt. Da ſie ihrer Niederkunft ent - gegenſah, heiratete ſie Dr. Liszt, dem ſie von einem zu erwartenden Erbe erzählte. Im Jahre 1902 wurde die Ehe einverſtändlich geſchieden und die Liszt inſerierte in einem hieſigen Tagblatt, daß eine unglückliche Familie ein Darlehen von 1000 Kronen erbitte, in welcher Form be - kanntlich gewiſſe Abenteuer geſucht werden. Auf dieſe Annonce meldete ſich ein penſionierter Mittelſchul - profeſſor, der für eine mühevolle und erfolgreiche Kuratel ein Legat von 30.000 Kronen erhalten hatte und von dem Streben erfüllt war, ſich als Wohltäter der Menſcheit anerkannt zu ſehen. Die Liszt erkannte ſofort, daß der Profeſſor ein willenloſes Ausbeutungsobjekt ſei, den ſie auch alsbald ſo unter ihren Bann brachte, daß er nicht nur nach und nach die 30.000 Kronen opferte, ſondern noch Schulden machte, um ihren immer maßloſer werdenden Geldanſprüchen nachkommen zu können. Schon im Jahre 1904 hatte die Liszt den damals noch aktiven Artillerie - oberleutnant Alois Platzer kennen und lieben gelernt, der ſich bald darauf beurlauben und dann in die Reſerve überſetzen ließ. Er zog zur Liszt, die ihm Wohnung, Ver - pflegung und ein Taſchengeld gab. Der leichtſinnig veranlagte, bis dahin jedoch unbeſcholtene Platzer, wurde bald darauf ebenfalls auf die Bahn des Verbrechens ge - drängt und ſpielte bei den wiederholten Verſuchen, aus dem Profeſſor immer neue Summen herauszulocken, einen er - folgreichen Helfer. Der Bruder der Liszt, Viktor Oreskovic, der als reicher Verwandter ebenfalls mit in die Affäre gezogen wurde, entfloh ſpäter nach Amerika. In dieſe Zeit, Mitte 1904, fällt ein ſchwerer Diebſtahl der Liszt an Joſef Buchbauer, dem ſie mit Hilfe einer zweiten Perſon Prezioſen und Bargeld um mehr als 12.000 Kronen entwendete. Buchbauer traf jedoch die Liszt unmittelbar nach dem Diebſtahl in der Wohnungan und ſie mußte ſich wohl oder übel zur Rückſtellung der Diebsbeute bequemen. Im Sommer 1907 war der Profeſſor völlig ausgeplündert und nun verübte Platzer mit Hilfe der Liszt eine ganze Reihe von Pfandſcheinfälſchungen und Darlehensſchwindeleien. Platzer wurde auch zweimal deswegen verhaftet, auf Be - mühen der Liszt jedoch wieder freigelaſſen. Die Lage des Paares wurde eine immer verzweifeltere, da dieſe ver - hältnismäßig kleinen Beträge den luxuriöſen Anſprüchen der verwöhnten Frau nicht genügten. In dieſer Lage kam dem Paare der Geldagent Auguſt Huber ſehr gelegen. Huber, ein geborener Schweizer, war in Amerika Kellner, Sägemühlen - beſitzer, Goldgräber und Grubenbeſitzer geweſen, verlor in Europa mit verſchiedenen Unternehmungen einen großen Teil des drüben erworbenen Vermögens, beteiligte ſich in Wien an dem Betrieb eines öffentlichen Hauſes und büßte durch waghalſige Spekulationen auch den Reſt ſeines Vermögens ein. Da er hiedurch wieder europamüde geworden war, vereinigte er ſich mit dem Paare Platzer-Liszt. Zu einem groß angelegten raffiniert ausgeklügelten Betrug durch ein auf den Namen Vinzenz Braun Edler von Braunwehr, Privatier in Amſtetten gefälſchtes Teſtament, wobei Platzer, als Ulanenoberleutnant v. Braun den glücklichen Erben ſpielte. Mit Hilfe zweier Geldagenten Emil Kramer und Emil Menkes wurde verſucht, auf dieſes Teſtament 50.000 bis 60.000 Kronen zu be - ſchaffen, bei dem Bemühen, dieſen Betrag um jeden Preis aufzutreiben, wurde die ganze Geſellſchaft verhaftet. Noch in der Unterſuchungshaft gelang es den Beſchädigten, untereinander und mit der Außenwelt in Verbindung zu treten, ja die Liszt verſuchte es ſogar, durch gröbliche Be - ſchimpfungen und ernſtliche Bedrohungen auf den Unterſuchungsrichter einzuwirten. Die Anklage vertritt Staatsanwalt Dr. Robert Winterſtein, die Ver - teidigung führen Dr. Anton Braß, Dr. Emil Rechert, Dr. Türkel und Dr. Herzberg-Fränkel.

Kirchliches.

Die Heimkehr des Weihbiſchofs Dr. Marſchall.

Weihbiſchof Dr. Marſchall wird am 19. d. auf der Rückkehr von ſeiner Paläſtinafahrt in Venedig Station machen. Der Lloyddampfer, der den Kirchen - fürſten aus dem Orient zurückführt, wird vor der Lan - dung in Trieſt in einem großen Bogen an Venedig vorüberfahren und dort, unfern der italieniſchen Küſte, einen Lokaldampfer aus Venedig kreuzen. Weihbiſchof Dr. Marſchall wird auf offener See das Lloydſchiff ver - laſſen und mit dem Lokaldampfer in die Markusſtadt fahren, wo er im bekannten Hotel Bauer u. Grün - wald , mit deſſen Beſitzern er ſeit langen Jahren be - freundet iſt, Abſteigquartier nehmen wird.

Der Kirchenfürſt wird mehrere Tage in der Lagunenſtadt weilen und dort das Feſt des Stadt - patrones, des hl. Markus, mitfeiern.

Die Ankunft in Wien, die nach ununterbrochener Fahrt mit der Südbahn erfolgen wird, iſt auf den 26. d. feſtgeſetzt.

Kurprieſter Zeremonier Forſter begibt ſich heute abend zur Begrüßung und Rückbegleitung des Weih - biſchofs Dr. Marſchall mit der Südbahn nach Venedig.

Wechſel in der Leitung der f. -e. Ordinariats - kanzlei.

Wie wir erfahren, ſteht in der Leitung der f. -e. Ordinariatskanzlei ein Wechſel unmittelbar bevor. Prälat Dr. Kornheisl, der ſeit 35 Jahren der Kanzlei in verdienſtvollſter Weiſe vorſtand, tritt von ihrer Leitung zurück. Als ſein Nachfolger iſt Konſiſto - rialrat Mſgre. Dr. Franz Kamprath zum Direktor der Kanzlei beſtimmt.

Ungariſche Pilger beim Papſte.

Man meldet aus Rom vom 17. d.: Der Papſt hat heute dreihundert ungariſche Pilger empfangen, die zur Einweihung des Denkmals des Papſtes Sylveſter II. gekommen waren. Auf eine vom Biſchof von Raab, Grafen Nikolaus Szechenyi, verleſene Ergebenheitsadreſſe erwiderte der Heilige Vater und erteilte allen Pilgern den Segen. Der Biſchof von Kaſchau, Dr. Fiſcher-Colbrie, verdolmetſchte den Pilgern die Anſprache des Papſtes. Die Pilger haben dem Heiligen Vater ein Geſchenk überreicht, darſtellend die unga - riſche Krone und das Szepter in überaus kunſtvoller Arbeit. Dem Empfang der Pilger wohnten der öſterreichiſch - ungariſche Votſchafter beim Vatikan Graf Szecſen und mehrere Mitglieder der ungariſchen Ariſtokratie bei. Vor der Audienz hatten die Pilger einem Gottesdienſt in der Peterskirche beigewohnt.

Sportnachrichten.

Fußball. Die Wettſpiele des Sonntags. (Gigenbericht der Reichspoſt .)

Deutſcher Fußballklub Prag gegen Vienna 5: 1 (Hohe Warte). Der D. F. K. eröffnet mit dem Winde im Rücken das Spiel und verlegt ſich vom Anfange an auf flinkes Kombinationsſpiel der Dreiinnenſpieler, die nur in wenigen Fällen den Ball den Flügelſtürmern überlaſſen. Ein weiter Schuß Merz und die Prager haben das erſte Goal erzielt. Zwei Minuten ſpäter ſitzt der Ball ſchon wieder im Netze der Blau-Gelben. Tiſchno war der Schütze. Langſam findet ſich nun die Vienna, einige ſchöne Vorſtöße können aber durch die Schußunſicherheit der Viennaſtürmer nicht ausgenützt werden, während bei einem Gedränge vor dem Wiener Tore der jüngere Merz einen dritten Treffer für die Prager Farben drückt. Halbzeit 3: 0. Nach Seitenwechſel iſt die Vienna um Klaſſen beſſer, namentlich der linke Flügel zeigte zeitweiſe zielbewußtes Kombinationsſpiel. Trotzdem erzielen die Prager aus einem Strafſtoß wegen Hands ein viertes G[oa]l. Der nun einſetzende Regen vereitelt fernerhin jedes ordentliche Spiel, der Boden iſt bald in ein Kotmeer verwandelt und von Kombination kann unter ſolchen Umſtänden keine Rede mehr ſein. Nachdem die Vienna die unglaublichſten Chancen vergeben, wobei das Glück des D. F. C. -Tormannes und das Pech der Wiener eine hervorragende Rolle ſpielte, erzielt endlich Valenta für die Wiener das Ehrengoal. Knapp vor Schluß ſind die Prager nocheinmal erfolgreich. Die Stärke der Gäſte lag im Angriff, wäh - rend die Verteidigung nicht ſonderlich ſicher erſchien. Kurpiel zehrt von dem Ruhme vergangener Zeiten. Bei der Vienna waren Eipel und Kaltenbrunner im Tor brillant, den Stürmern fehlt noch immer Schüßvermögen. Schiedsrichter in gewohnter vortefflicher Weiſe Herr Meisl.

Wiener Athletikſportklub gegen M. A. C. (Ofen - Peſt) 1: 0. Auf dem Praterſpitz lieferten die Peſter den Athletikern eine ebenbürtiges Spiel. Es ſcheint, daß der W. A. C. ſeine Gäſte anfangs unterſchätzt hatte, und als er zu dieſer Ein - ſicht kam, waren die Peſter ſchon ſo im Schwung, daß ſie zeit - weiſe vollſtändig das Spiel beherrſchten. Vergebens waren aber ihre Bemühungen, ihre Offenſive in Goals auszudrücken; Krof im Wiener Tor hatte einen glücklichen Tag und ſo verlief die erſte Halbzeit ergebnislos. Nach der Pauſe mit einigen Varia - tionen dasſelbe Bild. Einige Minuten vor Schluß ein Angriff der Athletiker auf das ungariſche Tor, wo der Goalmann an - ſcheinend nervös einen ganz leichten Ball der Wiener durchläßt. Der W. A. K. hat geſiegt!

Wiener Sportklub gegen Kricketer 3: 3 (Dorn - bacher Sportplatz). Gleich zu Beginn des Spieles vergeben die Sportklubleute die Chance eines Strafſtoßes. Meiringer iſt bald darauf für den Sportklub zum erſten Male erfolgreich und bald darauf führen die Dornbacher die Trefferzahl auf 2: 0. Die Kricketer ſtellen nun für Löwenfeld, der einer Verletzung wegen ausſpringt, einen Erſatzmann ein und ſind auch bald in der Lage, den Ausgleich des Spieles herbeizuführen. Halbzeit 2: 2. Nun werden die Kricketer ſtark ins eigene Feld zurückgedrängt. Meiringer ſichert ſeinem Klub abermals die Führung und auch fernerhin iſt der Sportklub überlegen. Prager im Kricketertor hat Arbeit mehr als genügend und wehrt ſo u. a. in zehn Se - kunden zehn Bälle ab; ihm haben die Kricketer es zu verdanken, daß das Spiel für ſie keinen ſchlechteren Ausgang nahm. Der Regen beeinträchtigte auch hier den Fortgang des Kampfes ſehr und bei einem Vorſtoß der Kricketer rutſcht Donhardt auf dem naſſen Boden mit dem Ball ins Tor und die beiden Vereine mußten ſich ſo mit einem unentſchiedenen Ergebnis begnügen. Schiedsrichter Daubeck.

Der Floridsdorfer A. K. ſchlug die Viktoria 3: 0. In Ofen-Peſt wurde der Sportklub Rapid , wie erwartet, von dem Ferenczvaroſi T. C. mit 5: 1 ſicher beſiegt. Halb - zeit 2: 0.

Freudenauer Frühjahrsmeeting. (Eigenbericht der Reichspoſt .)

Der Preis von Marchfeld hat ſeit ſeinem Beſtande ſchon manch überraſchendes Reſultat gebracht Auch heuer ſtimmte die Buchform mit dem Ausgange des Rennens nicht überein. In Dicſö oder Gouvernante er - blickte man den mutmaßlichen Gewinner und beide Pferde erfreuten ſich ſchließlich des gleichen Anhanges. Keines der beiden vermochte jedoch in die Entſcheidung einzugreifen, ſie hielten ſich vielmehr im beſcheidenen Hintergrunde auf, Granville, ein Stallgefährte der letzteren, trug den reichen Preis ſiegreich heim und hinter ihr placierten ſich Ikaria und Dinom-Danom. Auf dem Sieger ſaß Winkfield, der raſch beliebt gewordene Neger, vielleicht dazu berufen in Tarals Fußſtapfen zu treten. Allerdings trug ihm ſein leicht errungener Sieg eine nicht unempfindliche Strafe ein, denn er wurde wegen Krenzens beim Start für zwei Tage vom Reiten ſuspendiert. In dem vorangegangenen Magusrenneu gab es eine weitere Senſation. Menſchlichem Ermeſſen nach war Dezentor, der Gewinner des großen Handikaps der Dreijährigen, hier nicht zu ſchlagen und er ging mit dem vollſten Vertrauen ſeines Beſitzers ſowohl, als auch des wettenden Publikums, zum Start. Dezentor kam jedoch vom letzten Platz nicht hinweg, eine Form, die unmöglich mit dem wahren Können dieſes Pferdes übereinſtimmen kann. Der Ueberraſchungen gab es auch ſonſt noch viele. Die Freude an dem guten Sport verdarb leider der vor dem fünften Rennen einſetzende heftige Regen, der bis zum Schluſſe anhielt.

Preis von Laxenburg. 1000 M. 4000 Kr. Fürſt Hohenlohe-Oehringens Ikbal (Hewitt) 1., Fejedelem 2., Lucumon 3. Wesd el magad Bezigue. Nach Kampf mit 1 Länge gew., 3 Längen zurück der dritte. Tot. Sieg: 87: 10, 35: 5; Platz 48, 33: 20.

Magusrennen. 2000 M. 6500 Kr. Bar. Guſtav Springers Carabas (Ferguſon) 1., Kaiſerulan 2., Topper 3. Dezentor. Leicht mit 3 Längen gew., 5 Längen zurück der dritte. Tot. Sieg: 38: 10, 20: 5. Platz 42, 35: 20.

Preis vom Marchfeld. 1300 M. 23.000 Kr. Bar. Guſt. Springers Granville (Winkfield) 1., Ikaria 2., Dinom-Danom 3. Dicſö, Ridolfi, Nix, Gouvernante. Leicht mit 3 Längen gew., 2 Längen zurück der dritte. Tot. Sieg: 27: 10, 13: 5; Platz 52, 41, 42: 20.

Verkaufsrennen. 1600 M. 3400 Kr. G. Ne - gropontes Raspberry (Carslake) 1., Bogar 2., Reine 3. Piros kiraly, Rugany, Ladoga, Temeraire, Ediſon, Gardonne, Dumb Bell, Blue Peter, Gallowag. Nach Kampf mit einer Halslänge gew., ebenſo weit zurück die dritte. Tot. Sieg: 32: 10, 17: 5; Platz 32, 86, 96: 20.

Patiencehandikap. 1600 M. Gf. Heinr. Lambergs Krikerl (Winkfield) 1., Pagony 2., McLyn 3. Sonnwendſtein, Palatinszki, Tengelice, Palikam, Golf, Ferroniere, Goldregen, Avar, Sapriſti, Piroska. Sicher mit ½ Länge gew., 1 Länge zurück der dritte. Tot. Sieg: 41: 10, 20: 5; Platz 33, 45, 69: 20.

Tribünen-Steeplechaſe. 3200 M. 8000 Kr. Herm. Mattauſchs Le Breart (Sparkes) 1., L[o]tus 2., Tiny Queen. Nach Kampf mit einer halben Länge gewonnen, ſchlechte dritte. Tot. 47: 10, 24: 5.

Handikap. 1200. M. 4000 Kr. L. Egyedis Tintoretto (Broadwood) 1., Rabagas 2., Mikado 3. Szomszed, Jurgis, Deux Armoires, Kis-betyar, Osman, Hanum, Kolumbus Velladonna. Sicher mit einer Länge gewonnen, Fünf-Viertel - längen zurück der dritte. Tot. Sieg 67: 10, 25: 5; Platz 54, 70,, 64: 20.

Eingeſendet.

6Wien, Montag Reichspoſt 18. April 1910. Nr. 106
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7Nr. 106 Wien, Montag Reichspoſt 18. April 1910
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8Wien, Montag Reichspoſt 18. April 1910 Nr. 106
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Herausgeber Dr. F. Funder, Wien. Verantwortlichter Redakteur Heinrich Ambros, Wien. Druck von Ambr. Opitz Nachfolger, Wien.

About this transcription

TextNr. 106, 18.04.1910.
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Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Benjamin FiechterSusanne HaafNote: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).2018-01-26T13:38:42Z grepect GmbHNote: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T13:38:42Z Amelie MeisterNote: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.2018-01-26T13:38:42Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic informationNr. 106, 18.04.1910. . OpitzWien1910. Reichspost

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; mkhz2

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Editorial principles

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