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Telephon 1828.
In Peking ſpielt man mit den Geſandten immer noch Verſtecken. So häßlich iſt Europa in der Kriegsgeſchichte noch niemals genarrt worden. Kein Sterbenslaut dringt ſeit Wochen von den Eingeſchloſſenen, die ſich der unverletz - lichen Geſandtenfreiheit erfreuen ſollen, über die düſteren Ringmauern der chineſiſchen Hauptſtadt hinüber nach Tientſin, wo die bewaffneten Boten aller Weltmächte mit der Klinge in der Hand Auskunft über das Schickſal der Eingeſchloſſenen fordern. Lebt dort drinnen noch Jemand? Ein - mal hat ſich die Depeſche eines Geſandten herausverirrt, es wollte ihr jedoch Niemand glauben, da ſie kein Datum trug und vielleicht ſchon vor längerer Zeit aufgegeben ſein konnte. Man hat ſich daran gewöhnt, das Schreckliche feſter zu glauben als das menſchlich Natürliche, und Jedermann war bei den immer neuerlichen ungewiſſen Nachrichten von einer Rettung der Geſandten nur erbittert über die Frivolität, mit der die Wahrheit über das Pekinger Blutbad zu bemänteln geſucht wurde. Warum ſollten denn auch die Geſandten mit ihren geringen Schutzmann - ſchaften geſchont worden ſein, indeſſen allerorts der Fanatismus der heidniſchen Maſſen hunderte und tauſende von Chriſten hinſchlachtete, indeſſen Miſſionäre gefoltert und ans Kreuz geſchlagen wurden und brennende Kirchen und Niederlaſſungen an allen Ecken und Enden als Rieſenfanale ver - kündeten, daß es ſich um einen wohlvorbereiteten und organiſirten Streich gegen die chriſtliche Cultur handle. Man wußte, daß vor vier Wochen von allen Geſandtſchaften nur mehr drei ſtanden, und daß die übrigen mit ſchwerem Geſchütz von regulären chineſiſchen Truppen und einer nach vielen Tauſenden zählenden Menſchenmaſſen ange - griffen worden waren; es hätte geheißen, an ein halbes Wunder zu glauben, wenn man da noch an die Rettung der Geſandten gedacht hätte.
Die chineſiſche gelbe Katze hat die Maus, mit der ſie ſo lang ein blutiges Spiel trieb, zwiſchen ihren Pranken aber doch noch nicht zerriſſen. Heute liegen nicht nur ſehr beſtimmt abgefaßte und ehrenwörtlich unterſtützte Depeſchen vor, die be -richten, daß ſich die Geſandten auf dem Wege nach Tientſin befinden, ſondern auch der Wortlaut eines Bittgeſuches des chineſiſchen Kaiſers an Kaiſer Wilhelm um Friedensver - mittlung, ein Doeument, das geradezu eine Narrheit bedeuten würde, wenn der Pöbel ſich außer an Ketteler auch an den übrigen Geſandten vergriffen hätte. — Warum der Blutdurſt der fremdenfeindlichen Fanatiker ſich nicht in der Ab - ſchlachtung der zuſammengeſchmolzenen kleinen Fremdencolonie gefättigt hat, während er außer - halb Peking ungeſtört ſeine brüllenden Orgien weiterfeiert, iſt für Europa heute noch ein Räthſel. Es mag uns vorderhand genug ſein, heute endlich einmal etwas von der freund - lichen Hoffnung zu empfinden, Jemand gerettet zu ſehen, dem man ſein tiefſtes Mitleid für ſein grauſiges Los geſchenkt hatte. Die letzte Un - gewißheit über das Schickſal der Geſandten muß ſich in den allernächſten Tagen heben und heute haben wir endlich Grund zur Freude, daß uns vielleicht doch nur ein räthſelhaftes Lügengewebe mit ſeinen Todesphantaſien bisher genarrt hat.
Doch damit ändert ſich die Weltlage nicht. Es mag, wenn die Geſandten leben, einer der Gründe für die empörte Entrüſtung über die chineſiſchen Barbareien der letzten Wochen eliminirt ſein, aber über die Thatſache darf man ſich doch nicht hinwegtäuſchen, daß trotzdem China im wil - deſten Aufſtand gegen Alles, wodurch es bisher mit Europa verbunden war, begriffen iſt. — Die blühenden Miſſionen ſind in Aſche gelegt, die Handelsverbindungen ſind zerſtört und gewaltige Truppenkörper ſtehen in offener Feldſchlacht gegen die Europäer. Da gibt es keine Friedensangebote. Ent - weder iſt Kaiſer Kwangſu ein Ohnmächtiger vor Re - bellen oder ein willfähriges Werkzeug in den Händen verſchlagener Heuchler. Die Großmächte haben ſich mit den Thatſachen abzufinden, daß China ſich in factiſchem Kriegszuſtande gegen ſie befindet.
Anders ſteht die Frage, wenn wir uns nach den Ausſichten der europäiſchen Militäraction umſehen. Bereits werden von ſehr anſehnlicher Seite Stimmen laut, daß es mit Ausnahme Deutſchlands keine der führenden Mächtemit ihren Maßregeln in Tientſin ernſt meine, weder England und Rußland, und ein Kenner ſagt von Deutſchland, es werde mit ſeinen Ver - ſtärkungen für China zu ſtark, um eine zweite, zu ſchwach ſein, um eine erſte Rolle zu ſpielen. — Und wenn wir von den düſteren Geſchehniſſen nach der Erſtürmung von Tientſin hören und die bisher unwiderſprochene Conſtatirung vernehmen, daß europäiſche Soldaten aller Nationen die er - ſtürmte Stadt geplündert und die öffent - lichen Schatzkammern ausgeraubt haben, dann zweifeln wir, wie dieſer Kampf gegen die Barbarei enden wird. Die hyperfeine Civiliſation der Moderne ſcheint ſich drüben am Stillen Ocean ein gemüthliches Café chantant errichten zu wollen, wo die Tugendſame hofft, von den Opfern moderner Geſittung und Enthaltſamkeit ſich un - bemerkt erholen zu können. Das iſt tieftraurig. Sind auch die Geſandten gerettet, ſo haben wir doch Anlaß, um das Ende dieſes Kampfes ſehr beſorgt zu ſein.
Zur Ehre der Armee und des Offi - ciersſtandes traten wir in der Affaire Tacoli ſo entſchieden gegen den Duellzwang auf. Wir ſchätzen die Armee und unſer Officierscorps viel zu hoch und würdigen deſſen Bedeutung viel zu ſehr, als daß wir nicht Front machten gegen Alles, was der Ehre dieſes Standes zuwiderlaufen und ihm das An - ſehen oder die Sympathien der Bevölkerung auch nur verkürzen könnte. Und nicht zum Mindeſten des - halb erheben wir Tag um Tag den Ruf: Fort mit dem Duellzwang in der Armee! Es kann der Armee und dem Officierscorps nicht zur Ehre und zum Nutzen gereichen, wenn man den Officieren das zur Pflicht macht, was durch das fünfte Gebot Gottes, durch das allgemein giltige Staatsgeſetz, durch das militäriſche Strafgeſetzbuch als Verbrechen verboten und unter ſchwere Strafe geſtellt iſt, wenn man die Officiere zwingt, die verletzte Ehre durch ein Verbrechen zu repariren, durch eine Handlung, die nicht einmal an ſich geeignet iſt, die verletzte Ehre wieder gut zu
ſind um ſo gewichtiger, als faſt nur noch in der Armee, nicht bei allen Officieren, ſondern zumeiſt bei den älteren, in den alten Traditionen und Vorurtheilen aufgewachſenen Mitgliedern des Officierscorps, die Stimmung für das Duell und gegen die durch die neueſten Ereigniſſe als dringend nothwendig erwieſene Aufhebung des Duellzwanges iſt.
Ausſprüche berühmter Philoſophen, Rechtslehrer, Geſchichtsforſcher, welche das Duell in jedem Falle ver - dammen, machen auf Militärkreiſe keinen Eindruck; der Civiliſt, ſo heißt es dann, erkennt eben nicht die Beſonderheit der Officiersehre. Was aber dann, wenn ſelbſt hervorragende Herrſcher und Feldherren dieſe Zweikampfsunſitte verwerfen?
Von Guſtav Adolph, deſſen militäriſches Be - wußtſein wohl Niemand bezweifelt, erzählt ſein Bio - graph Garte: „ Als in den Jahren 1626 — 1629 das Duell in der ſchwediſchen Armee ſehr einriß, ſelbſt unter gemeinen Soldaten, erließ der König eine ſtrenge Ordre, welche jede Uebertretung mit der Todes - ſtrafe bedrohte. Da entſtand ein Zwiſt zwiſchen zwei hohen Officieren. Sie gingen vor den König ſelbſt, um ihn zu bitten, ein Duell zwiſchen ihnen zu geſtatten. Der König ging endlich darauf ein. Am beſtimmten Tage traf er an dem verabredeten Platzeein, jedoch mit einer Abtheilung — Infanterie! — „ Wohlan! “, rief er, „ nun fechtet, bis einer bleibt! “ Zugleich aber erging der Befehl an den Profoß, wenn der eine gefallen ſei, ſolle dem andern ſofort vor ſeinen Augen der Kopf abgeſchlagen werden. Auf dies hin ſtanden die tapferen Degen ab von dem Duell und baten den König um Verzeihung.
Kaiſer Matthias ſagte: „ Durch Duell wird das Ziel und Ende der ritterlichen und adeligen Tugenden, auch alter deutſcher Redlichkeit, welche in dieſen Exceſſen gar nicht, ſondern in der Ehrbarkeit und erlaubten Tapferkeit beſteht, mit nichten erhalten “.
Kaifer Joſef II. ſchreibt an den Staatsminiſter von Lascy: „ Ich will und leide keinen Zweikampf in meinem Heere, verachte die Grundſätze derjenigen, welche ihn vertheidigen, zu recht - fertigen ſuchen und ſich mit kaltem Blute durchbohren. Ich halte einen ſolchen Menſchen für nichts beſſer, als einen römiſchen Gladiator. Eine ſolche barbariſche Gewohnheit, die dem Jahrhundert der Tamerlans und Bajazets angemeſſen iſt, und die ſo oft traurige Wirkungen auf einzelne Familien gehabt, will ich unterdrückt und beſtraft wiſſen, und ſollte es die Hälfte meiner Offiziere mir rauben .... “
Napoleon I. ſagt einmal: „ Latour-d’Auvergne, der Tapferſte der Tapfern, hat ſich nie duellirt. “
Friedrich II., der Abgott der Offiziere, entließ einen Offizier mit den Worten: „ Ich liebe tapfere Offiziere, aber Scharfrichter kann ich in meiner Armee nicht brauchen. “
Blücher und Gneiſenau erließen 1818 eine Er - klärung, in welcher ſie das Duell als durchaus uner -laubt und unehrenhaft brandmarkten und für ihre untergebenen Offiziere in ſcharfen Worten verboten.
Friedrich Wilhelm III. von Preußen bemerkt einmal: „ Das Leben der Offiziere iſt der Vertheidigung des Thrones und des Vaterlandes geweiht, und wer dasſelbe um einen kleinlichen Zwiſt einſetzt, beweiſt, daß er ſich ſeiner ernſten Beſtimmung nicht bewußt iſt und nicht die ſittliche Haltung zu behaupten weiß, welche auf Sittlichkeit und wahrem Ehr - gefühl beruht. “
König Johann von Sachſen, der berühmte Dante-Ueberſetzer, nimmt in ſeiner Novelle „ Der Entehrte “entſchieden Stellung gegen die Officiers - duelle
Prinz Albert von England, der Gemahl Victoria’s, ſchaffte das Duell in der engliſchen Armee ab, „ als eines Gentleman unwürdig. “1844 erfuhren die Kriegsartikel folgende Aenderung, daß es „ dem Charakter von Ehrenmännern für an - gemeſſen erklärt wurde, für verübtes Unrecht oder Be - leidigungen ſich zu entſchuldigen und ſich bereit zu er - klären, das begangene Unrecht wieder gut zu machen und ebenſo für den gekränkten Theil, für das ihm widerfahrene Unrecht offen und herzlich eine Er - klärung und Entſchuldigung anzunehmen. “
„ Hier wäre “ſo ſchreibt das „ Bayr. Vaterland “für den deutſchen Kaiſer ein Feld, mit einem Federſtrich eine Unſitte zu beſeitigen, die die Religion, die Moral, das Recht und die Geſchichte mit Rechtverdammt. “ Und wir haben ſchon wiederholt erklärt, daß wir den Ruhm, den Duellzwang zuerſt beſeitigt zu haben, als glorreiche That unſerem katholiſchen öſterreichiſchen Kaiſer wünſchen.
machen; denn ob der Beleidigte ſiegt oder unterliegt im Duelle, in keinem Falle iſt dadurch die Beleidigung, die Verleumdung und dergleichen aus der Welt geſchafft. Er hat einfach be - wieſen, daß er den Muth hat, den Säbel oder die Piſtole als Waffe zu führen gegen den Beleidiger, deswegen kann er aber doch das ſein oder das ge - than haben, was ihm der Beleidiger zum Vorwurf gemacht hat. Es gereicht auch der Armee und dem Officierscorps nicht zur Ehre, einem ſo veralteten - rückſtändigen, gänzlich unmodernen Zopf, wie es das Duell nach dem Urtheil aller fortgeſchrittenen, aufge - klärten Geiſter thatſächlich iſt, fortgeſetzt zu huldigen. Es ſind ja auch thatſächlich nur noch die alten Officiere mit der alten Tradition heutzutage wirklich begeiſterte Vertreter des Duells in der Armee. Es gereicht ferner der Armee und dem Officierscorps nicht zum Nutzen, wenn ſie mit dem Duellzwang ſich in Widerſpruch ſetzen mit den Anſchauungen des chriſt - lichen Volkes, aus dem doch die Armee ſelbſt hervor - geht, und endlich kann es der Armee und dem Officierscorps nicht zum Nutzen ſein, wenn ſich die Eltern der beſſeren Stände bei Fortdauer des Duell - zwanges die ernſte Gewiſſensfrage vorlegen müſſen: ob ſie ihren Kindern noch geſtatten können, ſich der Officierscarriére zu widmen, welche dieſelben in die ſchwerſten Conflicte mit ihren Anſchauungen von der Heiligkeit und der moraliſchen Verpflichtung des Staats - geſetzes und mit ihren religiöſen und kirchlichen Pflichten bringen kann. Alſo kann es nur zur Ehre und zum Segen des Officiersſtandes ſein, wenn endlich einmal der Duellzwang in der Armee fällt, und wir wiederholen: es wäre die ſchönſte Perle in der Ruhmeskrone unſeres Kaiſers, wenn er als der Allerhöchſte Kriegsherr die Initiative dazu ergriffe. Ein Wort von ihm — und der Duellzwang in der Armee iſt gefallen, und es wird auch gehen ohne ihn, vielleicht beſſer gehen; denn dann wird die Geſetzgebung Mittel und Wege finden, um die Ehre wirkſamer zu ſchützen, als dies in der That bis jetzt vielleicht der Fall iſt.
In gleicher Weiſe beſprechen wir heute nur aus Liebe zur Armee und ihrem edlen Officiersſtand den Fall des Baron Erlanger. Wir haben be - reits berichtet, daß der Rittmeiſter Baron Erlanger bei Stockerau einen alten, gebrechlichen, zum Gehen un - fähigen Bauer Namens Schmied, der ſich über die Verwüſtung ſeines Ackerfeldes durch die Hufe der Pferde des Landwehr-Uhlanen-Regimentes beſchwerte, heftig anfuhr mit den Worten, wenn es dem Bauer nicht recht ſei, möge er ſich beſchweren. Wie der Bauer dann ſeinen Namen zu wiſſen verlangte, verweigerte dies der Rittmeiſter Baron Erlanger. Der Bauer ließ ſich dadurch zu einem Schimpfwort hinreißen, worauf ihn Baron Erlanger derart mit dem Säbel bearbeitete daß der Bauer blutend zuſammenbrach und es nur ſeiner Peluchemütze zu verdanken hatte, daß er nicht ſchwerer verletzt wurde. Der Bauer war entſchieden im Unrecht, daß er den Rittmeiſter beleidigte, wie die Cavalleriſten Unrecht hatten, ſtatt in der Reitſchule auf den Aeckern der Bauern ihre Reitübungen zu ver - anſtalten und ſo den armen Bauern ihre Ernte zu ruinieren. Aber doppeltes Unrecht war es, daß der Officier, ſtatt den Bauern wegen Beſchimpfung der gerichtlichen Strafe zuzuführen, auf denſelben einfach mit dem blanken Säbel einhieb. Wir ſind überzeugt, daß dies von der militäriſcher Behörde nicht gebilligt und der Baron zur ſtrengen Rechenſchaft gezogen werden wird. Das iſt jedoch ein Vergehen, welches wirklich ſtrenger Ahndung bedarf, über welches die Militärbehörde Beſchlüſſe faſſen könnte ähnlich dem - jenigen des Ehrenrathes, der einen Officier caſſierte und degradierte, weil er nur ſeine Pflicht als Staats - bürger und Katholik treu erfüllte, indem er nicht zum Duell forderte. Ein ſolches oder ähnliches Urtheil in ſolchem Falle würde der Armee, würde dem Officiers - orps zur Ehre gereichen. Das würde das Anſehen des Officierſtandes im Volke heben und fördern. Wie zweifeln nicht, daß man im Falle Erlangen mindeſtens dieſelbe Strenge walten laſſen wird, wie ſie im Falle Tacoli zu Tage trat — zumal es nicht das erſte Mal iſt, daß Baron Erlanger ſich der - artig vergangen hat. Man theilt heute der „ Oſtd. Rundſchau “Folgendes mit:
Gelegentlich der am 9. October 1894 in Wels tagenden Verſammlung des oberöſterreichiſchen Lehrer - vereines ſaßen im „ Hotel Greif “an einem Tiſche mehrere Lehrer, als ein Uhlanenoberlieutenant an einem Tiſche Platz nahm und bald ſchrie und polterte, daeiner der Kellner die Thür hatte offen laſſen. Darauf waren noch mehrere Lehrer eingetreten. Als dann ſpäter alle Lehrer gemeinſchaftlich das Local verließen, traf es ſich, daß einer derſelben, der von der Em - pfindlichkeit des Herrn Oberlieutenant nichts wußte, die Thür nicht ſchloß, da zugleich eine andere Perſon eintreten wollte; im ſelben Moment ſprang der Ober - lieutenant auf und ſchlug die Thüre zu, daß die Fenſter erklirrten, und ſchrie den Lehrern nach: „ Lümmeln, das! “ Einer von dieſen antwortete: „ Selber Lümmel! “ Gleich darauf erſchien der Herr Oberlieutenant im Hausflur und fragte nach dem Ant - wortenden. Dieſer ſtellte ſich ſofort; im ſelben Augen - blicke aber hatte der Oberlieutenant ſeinen Säbel ge - zogen und ſchlug auf den völlig überraſchten Lehrer ein und verwundete ihn am linken Arme, mit welchem der Angegriffene die auf ſeinen Kopf niederſauſenden Hiebe zu pariren ſuchte. Die Sache kam zur An - zeige, es kam zur Zeugenvernehmung — eine Erledi - gung ſeiner Anzeige aber iſt dem Kläger bis heute nicht zugekommen, doch hatte er die Klagekoſten aus Eigenem zu tragen. Trotzdem dieſer Fall damals in den Zeitungen auch beſprochen wurde, hat die Militärbehörde nicht erklärt, daß ſie ſolche Aus - ſchreitungen nicht billigt. Im Gegentheile: Der Ober - lieutenant iſt ſeither Rittmeiſter geworden.
Es iſt der Rittmeiſter Baron Erlanger. Wir fügen dem keinen weiteren Commentar bei als die Frage: Wie können ſolche Vorfälle, wenn dieſelbe ungeſühet bleiben ſollten, das Anſehen der Armee und des Officiersſtandes im Volke heben, woran uns Oeſterreichern doch Allen ſo ſehr gelegen ſein muß und gelegen iſt? Das ſind die beſten Freunde nicht, die ſich ſcheuen, den Freund auf Fehler aufmerkſam zum machen. Aus Liebe zur Armee und zu unſerem edeln Officiersſtande glaubten wir die Affaire Erlanger der Affaire Tacoli gegen - überſtellen zu müſſen.
Während die Regierung ſich gründlich ausſchweigt und Nie - mandem einen Einblick in ihre Pläne geſtattet, fahren die verſchiedenen Parteipolitiker fort, auf eigene Rechnung und Gefahr Pläne zu machen, wie aus der gegenwärtigen Situation, die keiner einzigen Partei angenehm iſt, herauszukommen wäre. Dabei offenbart ſich mit Beſtimmtheit nur das eine, daß die verſchiedenen Parteien — vielleicht mit der einzigen Ausnahme der Chriſtlich-Socialen — nicht wiſſen, was ſie ſelber wollen, geſchweige denn, daß ſie zu einer Ver - ſöhnung der verſchiedenen Gegenſätze zwiſchen den Parteien gelangen könnten. Auf Seite einer Gruppe der Deutſchcon ſer - vativen iſt ſicher eine gewiſſe Neigung dafür vorhanden, das alte Bündniß wieder aufzunehmen und den Jung - czechen die trüben Stunden zu verzeihen, daß ſie z. B. dem Herrn Baron Dipauli ſeit anderthalb Monaten bereitet haben. Auch von Seite des czechiſchen conſervativen Adels ſähe man dieſe Löſung am liebſten, da man dadurch um das Dilemma herum wäre, aus Popularitätsrückſichten ſich für die Obſtruction oder aus Loyalitätsrück - ſichten gegen die Obſtruction entſcheiden zu müſſen. Ein Wiener conſervatives Blatt iſt ſogar ge - neigt, für die Hußſchwärmereien der Jungezechen einen milderen Maßſtab anzulegen. Am Sonntag wurde wieder in dem nordböhmiſchen Lomnitz eine Huß-Statue enthüllt und ſprach bei dieſer Gelegenheit der graue Stürmer und Dränger Dr. Eduard Gregr. Das conſervative Blatt ſagt bei Beſprechung dieſer Rede: „ Da mochte ſich wohl mancher Leſer gedacht haben, daß bei dieſer Gelegenheit dem Katholicismus übel mit - geſpielt worden ſei. Allein, was auf öffentlichem Markte geſprochen wurde, war doch weniger ſchlimm, als zu denken nahelag. “ Warum ſpricht ein Blatt ſo, das doch ſonſt in derartigen Dingen ſehr ſenſibel iſt? Es begründet ſeine Stellung, indem es ausführt:
„ Ganz verſagen konnte es ſich Dr. Gregr auch bei der öffentlichen Enthüllungsfeier nicht, von Zügel - loſigkeit, Verderbtheit und Verſchwendungsſucht an den päpſtlichen Höfen, von ausgebreitetem Handel mit Reliquien, Präbenden und Abläſſen zu ſprechen; aber er bezog dies auf die Zeit Huſſens und ließ die gegenwärtige Kirche in Ruhe. Ja, er zog nicht einmal gegen Huſſens Richter los dafür, daß ſie ihn als Ketzer verurtheilt hatten. Er ſagte: War Johannes Hus ein Ketzer oder nicht? Darauf kann ich nicht antworten. Ich bin kein Theo - loge und habe mich nie mit dogmatiſchen Fragen und Problemen befaßt. Ich bin ein Politiker, ein Natio -naler, ein czechiſcher Patriot, und wenn ich den Con - ſtanzer Märtyrer ehre, preiſe und feiere, ſo thue ich es nicht etwa deshalb, weil ich ſeine theologiſchen Anſichten und Grundſätze als die einzig richtigen, unfehlbaren und für die Menſchheit heilſamen betrachte. Es iſt wahr, daß Magiſter Johannes Hus vor Allem Theologe war, daß er als Lehrer, Prieſter, Ge - lehrter, Prediger und Schriftſteller hauptſächlich und faſt ausſchließlich ſich mit religiöſen Dingen beſchäftigte, und daß er wegen ſeiner Thätigkeit auf kirch lichem und religiöſem Gebiete verfolgt, gerichtet und vom Leben zum Tode gebracht wurde. “
Gregr ſagt alſo: Huß war vor Allem Theologe, er wurde wegen religiöſer Lehrſätze ver - brannt — wenn nun aber Gregr und ſeine Partei für den Theologen Huß nicht eintreten will, warum verehrt ſie ihn als einen Heiligen, der den Martertod erlitt? Alſo entweder haben die Jungczechen einen unſinnigen Hußcultus bisher geübt oder Dr. Gregr hat eine unſinnige Rede gehalten. Dieſer Alternative iſt ſchwer auszu - weichen, ſelbſt wenn man den guten Willen hat, die alte Mehrheit zu favoriſiren. — Mit welcher Unverſöhnlichkeit man czechiſcherſeits das Entgegen - kommen beantwortete, beweiſen die Auslaſſungen des Brünner Organes des Abg. Dr. Stransky, in denen es über die deutſche Vermittlungsſprache heißt:
„ Wenn die Deutſchen dieſes Poſtulat immer wieder in den Vordergrund drängen, ſo zeigen ſie damit nur, daß ſie die nichtdeutſchen Nationalitäten provociren wollen; ſie glauben, damit einen Damm für ihre Forderungen zu errichten. In dieſer Beziehung ſind ſie aber in einer argen Täuſchung, denn je mehr ſie die ſlaviſchen Volksſtämme drang - ſaliren, deſto ſtärker wird die Ueberzeugung erwachen, daß die Slaven die Majorität in Oeſter - reich bilden. Die Slaven haben daher das Recht, zu verlangen, daß ſie als die Majorität in Wien reſpectirt werden. “
Herr Dr. Ebenhoch wird alſo merken, daß die auch von ihm vertretene deutſche Forderung „ provocirt “. — Nebenbei iſt bemerkenswerth, daß ſelbſt die jüdiſche Phantaſie des Juden Stransky gegen die deutſche Vermittlungsſprache kein anderes Argument zu finden weiß, als daß die Slaven „ die Majorität in Oeſterreich bilden “. Dieſe Slaven, die ſich in keiner einzigen ſla - viſchen Sprache untereinander verſtändigen können, wären heute ſchon in einer ſchönen Calamität, wenn ſie ſich nicht durch die deutſche Vermittlungsſprache verſtändigen könnten. Warum wären ſonſt ihre Organe zur Vertretung der ſlaviſchen Solidarität und der angeblich „ geſammtſlaviſchen Intereſſen “gerade deutſch geſchrieben?
Ein „ verehrter Mitarbeiter “der „ N. Tir. Stimmen “— ein Blatt bezeichnet als dieſen Baron Dipauli — ſchreibt in dem genannten Tiroler conſervativen Organ:
„ An eine vollkommene Iſolirung der Czechen iſt, wenn ſich nicht die Czechen ſelbſt dazu verurtheilen, nicht zu denken und man darf ſie anch nicht wünſchen. Denn gerade in der Iſolirung wären dieſelben am bockbeinigſten; ſie würden das Parlament, in welches ſie ohnehin nur mit der bekannten, ihrer Idee von dem Machtanſpruche ihrer Nationalität entſprungenen Rechtsrerwahrung eingetreten ſind, zu keiner Arbeits - fähigkeit gelangen laſſen. Eine Parteigruppirung mit einer Majorität, die auch die Linksdeutſchen in ſich begreift, erſcheint faſt ausgeſchloſſen; einfluß - reiche Wortführer unter denſelben perhorresciren ja jedes Zuſammengehen mit den Polen und der Katholi - ſchen Volkspartei, gegenſeitige Stimmen, wie die von Grabmayr finden bei den eigenen Parteigenoſſen keinen Anklang, und andererſeits iſt weder bei den Polen (mit vielleicht vereinzelten Ausnahmen) noch bei der Katholiſchen Volkspartei ein Zug nach links wahrzunehmen. Wenn eine Majorität zu Stande kommt, ſo kann es daher vor - ausſichtlich nur die reconſtruirte alte Rechte ſein und die Katholiſche Volks - partei dürfte ſich durch die Vorwürfe, die von linksdeutſcher Seite allerdings nicht ausbleiben werden, wohl nicht abſchrecken laſſen, derſelben wieder anzugehören. “— Guten Appetit!
wurde geſtern in Iſchl vom Kaiſer in längerer Audienz empfangen und der Familientafel beigezogen.
iſt dank der energiſchen Haltung der Berliner Gaſtwirthe und des Publicums beendet. Zwiſchen den Berliner Wirthen und den Ver - tretern des Pilſener Bürgerlichen Brauhauſes iſt eine Vereinbarung zu Stande gekommen. Von dem ſich auf 3 M. 40 Pfg. berechnenden Aufſchlag auf den Bier - zoll wird das Bürgerliche Brauhaus 2 M. 40 Pfg. übernehmen, während den Reſt von 1 M. die Wirthe tragen werden. Für das Publicum verbleibt es in Folge deſſen bei den bisherigen Ausſchankpreiſen.
Das Organ der czechiſchen Realiſtenpartei ſchreibt mit einer Offenheit, die den Jungczechen ſehr ungelegen kommen dürfte: „ Wir waren von den Bedingungen Doctor3168 Wien, Donnerſtag Reichspoſt 26. Juli 1900Ebenhoch’s durchaus nicht überraſcht, ſagt das Blatt, ſchon deshalb nicht, weil er eigentlich nichts Neues von den Jungczechen fordert. Haben denn die Jungczechen nicht längſt und auch ſchon in der früheren Rechten alle ihre Principien, alle ihre Ziele aufgegeben? Die ganze Obſtruction war nichts Anderes, als eine Rettung vor dem Unwillen der Wähler und das Product der Furcht vor denſelben. Die „ Nar. Liſty “treten heute bereits in der Sprachenfrage den Rückzug an. Von dem „ Verbrechen “vom 17. October und von der Satisfaction iſt keine Rede mehr und das führende Organ deutet ſchon an, daß man eine Ent - ſchädigung wo anders ſuchen könne, wenn es in der Sprachenfrage nicht gehe. Uebrigens ſei es kein Geheimniß, daß die Majorität in ihrer bisherigen Zuſammenſetzung in den Kreiſen, die über der Regierung ſtehen, keine großen Sympathien habe, und dieſe Gründe des Herrn v. Koerber gegen eine Wiederauf - richtung ſind auch die Gründe des „ Verrathes “der Herren Jaworski, Kathrein und Ebenhoch. “
leiſtet das Collegium der Aelteſten der Berliner Kaufmannſchaft (meiſt Juden) Widerſtand. Neuerdings will dasſelbe bekannt - lich einen Corporationsbeſchluß für das mittlere und Kleingewerbe bilden. Zu dieſem Plane bemerkt die „ Nordd. Allg. Ztg. “: „ Es kann wohl nicht erwartet werden, daß die Forderung nach Schaffung einer die Geſammtintereſſen der Kaufleute und Induſtriellen vertretenden Berliner Handelskammer, die der Miniſter für Handel und Gewerbe in Ueber - einſtimmung mit faſt allen Parteien des Abgeordneten - hauſes und des größten Theiles der Berliner Kaufleute und Induſtriellen mehrfach mit Entſchiedenheit betont hat, auch nur im geringſten an Nachdruck verlieren wird in Folge derartiger Palliativmittel, die, falls ſie dazu beſtimmt ſind, die Schaffung der Berliner Handelskammer zu verhindern, lediglich einen Verſuch mit untanglichen Mitteln darſtellen. “
ſprach am Donnerſtag in einer Verſammlung zu Zürich, die von über 1000 Perſonen beſucht war, über die chineſiſchen Wirren. Er prophezeite unter toſendem Beifall den Zuſammen - bruch der capitaliſtiſchen Geſellſchaft, falls die Eifer - ſucht der Mächte in China einen Weltbrand entzünde. Daß Herr Bebel nach ſeinen trüben[ Erfahrungen mit] dem großen „ Kladderadatſch “das Prophezeien noch immer nicht bleiben läßt, iſt ſchwer zu verſtehen. Diesmal macht er den „ Zuſammenbruch “wenigſtens von einer Bedingung abhängig; das iſt immerhin ein Fortſchritt.
nahm die Vorlage betreffend die Genehmigung der Schlußacte der Haager Friedensconferenz und der dazu gehörigen Verträge an. Auf eine Anfrage erklärte der Miniſter des Aeußern, er ſtehe dem Plane einer belgiſchen Expedition nach China ſympathiſch gegenüber, da der elbe der öffentlichen Meinung entſpreche.
In Gegenwart des Königspaares, der Miniſter, zahlreicher Abgeordneter und Vertreter der Behörden fand geſtern in Laeken die Feier der Eröffnung der Arbeit ſtatt, welche Brüſſel zu einem Seehafen geſtalten werden. König Leopold II. that den erſten Spatenſtich.
hat ſich, nachdem Nicolaus Chriſtic die Cabinetsbildung abgelehnt hat, in folgender Zuſammenſetzung conſtituirt: Alexa Jovanovic, bisher Präſident des Apellgerichtshofes, — Präſidium und Aeußeres; Lazar Popovic, bisher Richter am Caſſationshofe — Inneres; Naſtas Antonovic, bisher Sectionschef im Miniſterium des Innern — Juſtiz; Dr. Mika Popovic, geweſener Sectionschef im Handelsminiſterium — Finanzen; Oberſtlieutenant Milos Waſic, Adjutant des Königs Alexander — Krieg; Oberſt des Geniecorps Andreas Jovanovic — Bauten; Duſan Spaſic, bisher Sectionschef im Handelsminiſterium — Handel; Rechts - anwalt Paul Marinkovic — Cultus und Unterricht.
für politiſche Ver - brechen wird durch einen heute veröffentlichten Ukas gewährt. Bloß die an dem Attentate gegen König Milan direct betheiligt geweſenen Perſonen ſind von der Amneſtie ausgeſchloſſen.
hat, wie wir bereits geſtern mit - theilten, in Folge der Verlobung des Königs Alexander als Armee-Obercommandant demiſſionirt. Verſchiedene Hofchargen, darunter der Flügeladjutat Oberſt Solaro - witſch, der Leibarzt Dr. Michel und der Oheim des Königs Alexander, Oberſtlieutenant Konſtantinowitſch, und deſſen Sohn, Gardelieutenant Konſtuntinowitſch, haben ebenfalls ihre Entlaſſung gegeben.
die ihre Ableger in der ausländiſchen Preſſe finden, be - ſchäftigen ſich bereits eingehend mit dem Vorleben der königlichen Braut und mit ihren angeblich ſchon Jahre langen Beziehungen zum Könige. In der bäuerlichen Bevölkerung ſoll die Wahl des Königs keine freund - liche Aufnahme finden.
Das neue Cabinet wurde von den Wiener Börſenblättern freundlichſt begrüßt, denn ſie wiſſen, daß der Cabinets - cheſ wiederholt zu Gunſten der Juden eingetreten iſt. Das Organ des ſchlechten Kerls von Wien entwirft von Herrn Carp die folgende, jedes jüdiſche Herz erhebende Charakteriſtik: „ Er hat vornehmlich in der Juden - frage ſtets den ſeltenen Muth gefunden, populären Strömungen entgegenzutreten. Er hat hiebei ſeine humane Geſinnung auch zu ſolchen Zeiten mannhaft geoffenbart, da die Leidenſchaften derart aufgewühlt waren, daß ein kühnes Eintreten für die Parias inner - halb des rumäniſchen Volkes mit einer Lebensgefahr für ihn verbunden war. “ Dann wird Herrn Carp ſeine Aufgabe vorgezeichnet: „ Er wird vor Allem mit unnachſichtlicher Rückſichtsloſigkeit jene conſervativen Elemente bändigen müſſen, die unter der Führung fanatiſcher Chauviniſten den Antiſemitismus als ihren Lieblingsſport betreiben. “ In gleicher Weiſe ſtrudeln auch die übrigen Wiener Judenblätter den neuen rumäniſchen Miniſterpräſidenten an. Die „ Frank - furter Zeitung “gießt aber etwas Waſſer in den Wein der Wiener Börſenpreſſe, indem ſie zorn - erfüllt ſchreibt: „ Kenner der Verhältniſſe wiſſen, daß eine Beſſerung der Lage der Juden unter der gegenwärtigen Verfaſſung nicht eintreten kann. Denn trotzdem Carp ein freiſinniger Mann iſt, war er doch ſelbſt als Miniſter ſeiner Zeit von der eigenen Partei gezwungen worden, das Geſetz betreffend die Nichtaufnahme der Juden in die rumäniſchen Schulen anzunehmen. Die Urſache hiervon liegt in den eigen - thümlichen parlamentariſchen Verhältniſſen. Es iſt aber keinem Miniſter lieb, über die jüdiſche Frage zu fallen. Im Uebrigen zeigt auch die Zuſammenſetzung des neuen Miniſteriums, daß Herr Carp ſelbſt, wenn er judenfreundliche Maßregeln treffen wollte, bei den eigenen Collegen Widerſtand finden würde. Der ein - flußreichſte Miniſter nächſt Herrn Carp, Herr Filipescu, iſt einer der Führer des wüthendſten, erbarmungsloſen Antiſemitismus, und er wird unter - ſtützt von den Miniſtern Gradiſteanu und Maiorescu. “ Die Hoffnungen, welche die Wiener Judenblätter auf die „ Ehrlichkeit “des „ aufgeklärten “Carp ſetzen, von dem ſie erwarten, daß er im Intereſſe des finanziellen, moraliſchen und culturellen Credites, Rumänien von der „ oſtaſiatiſchen Barbarei “befreien und die im Berliner Vertrage von 1878 vereinbarte „ Emancipation “der Juden durchführen werde, dürften vergebliche ſein. Die antiſemitiſche Strömung iſt in Rumänien eine ſo nachhaltige, daß, wie geſagt, keine Regierung ſich dazu verſtehen wird, ihr entgegen zu treten. Die Zahl der Juden in Rumänien wird auf etwa 300.000 berechnet. Sie wohnen zumeiſt in der Moldau, haben zwar keine politiſchen Rechte, ſind von allen Staatsämtern ausge - ſchloſſen, vermehren und bereichern ſich aber gleichwohl zuſehends auf Koſten der heimiſchen Bevölkerung mit Hilfe von Wucherpraktiken der verſchiedenſten Arten. Sie ſind zumeiſt erſt um die Mitte dieſes Jahr - hunderts aus Rußland eingewandert. Die „ N. Freie Preſſe “täuſcht abſichtlich, wenn ſie behauptet, die Juden ſeien ſchon ſeit Jahrhunderten im Lande wohn - haft, und aus leicht begreiflichen Gründen nachzurechnen verſucht, daß die Bojaren erſt ſpäter eingewanderten Geſchlechtern angehören. Ein richtiges Bild der rumäniſchen Juden entwirft der Franzoſe E. Desjardin der als Philoſemit nach der Moldau gekommen iſt, um die Juden kennen zu lernen. Er ſchreibt: „ Sie ſeien Fremde auf dem rumäniſchen Boden, nicht nur der Sprache und Sitte, ſondern auch dem Geiſte nach, und wollten auch Fremde bleiben! Sie ſendeten ihre Kinder nicht in die rumäniſche Schule, obgleich ſie ihnen unentgeltlich geöffnet iſt; der ganze Kleinhandel (Milch, Fleiſch, Früchte u. ſ. w.) ſei in ihren Händen, beſonders aber der Vertrieb des Branntweins, den ſie ſelbſt nicht tränken, ſondern mit Vitriol gemiſcht den Rumänen verkauften. In der Moldau ſei der Jude auch Schneider, Schuſter, Uhrmacher, Klempner, vor allen Dingen aber Wucherer. Bis zu 50 Percent monatlich nehme er von dem Entliehenen, und da es keine Creditanſtalten gebe, müßten in Zeiten der Noth, bei jeder ſchlechten Ernte, Alle zu ihm ihre Zuflucht nehmen. “
Aus Panama wird depeſchirt: 1500 Aufſtändiſche kamen letzten Freitag in Corozal bei Panama an. Die Regierungstruppen rückten Samſtag vor, zogen ſich jedoch nach mehrſtün - digem Gefecht zurück. Sonntag wurden die Feindſelig - keiten mit einem Artilleriegefecht wieder aufgenommen. Der Befehlshaber der Regierungstruppen flüchtete ſich mit ſeinem Stabschef auf das britiſche Kriegsſchiff „ Leander “. Der ſtellvertretende Gouverneur von Panama übernahm die Leitung der Operationen der Regierungstruppen.
Katholiken: Anna. — Griechen (13. Juli): Gabriel E. — Sonnenaufgang 4 Uhr 28 Minuten Morgens. Sonnenuntergang 7 Uhr 44 Minuten Abends. — Mondes - aufgang 4 Uhr 24 Min. Morgens. — Mondesuntergang 7 Uhr 18 Minuten Abends.
Der Kaiſer hat dem Feldmarſchall-Lieutenant Ludwig v. Caſtaldo das Ritterkreuz des Leopold-Ordens, dem Oberfinanzrathe bei der Finanz-Landesdirection in Lemberg Joſef Waydo - wicz den Orden der Eiſernen Krone III. Claſſe, dem Bauunternehmer Heinrich Rabs in Wien den Titel eines Baurathes, dem Kaufmann und Hausbeſitzer Clemens Jurenka in Olmütz den Titel eines kaiſerlichen Rathes (für die Dauer ſeiner Function als fachmänniſcher Laien - richter bei dem Kreisgerichte in Olmütz) und dem Chef der Firma Friedrich Otto Schmidt in Wien Max Schmidt ſowie dem Chef der Firma J. W, Müller in Wien Leopold Müller das goldene Verdienſtkreuz mit der Kron[e]verliehen.
Zwei Plätze der Theobald Uffenheimer’ſchen Gewerbeſtiftung von je 197 K 50 h für verarmte Gewerbsleute. — Zwei Plätze der Schöbl - Wünſch’ſchen Erziehungsſtiftung per 600 K jährlich und vier Plätze der Schöbl-Wünſch’ſchen Unterſtützungs - ſtiftung à 1000 K. Näheres ſ. „ Wr. Ztg. “ Nr. 168 vom 25. d. M.
In der „ Oſtd. Rundſchau “wird, um den Fall Tacoli zu verwirren, zweierlei, was wir ſchon längſt widerlegt haben, nach dem „ Salzburger Tagblatt “friſch auf - gewärmt: erſtens, daß Marcheſe Tacoli von ſeinem Gegner eine Ohrfeige erhalten habe; das iſt einfach erfunden, es iſt zu Thätlichkeiten überhaupt nicht ge - kommen; zweitens, daß Marcheſe Tacoli ſeinen Gegner denunciert habe. Das iſt durchaus nicht der Fall. Als die beiden Herren Officiere, welche Marcheſe Tacoli gebeten hatte, den Fall beizulegen, die Sache dem Ehrenrathe vorlegten, citierte dieſer den Marcheſe Tacoli, und dieſer forderte ihn auf, über den Hergang zu berichten, was derſelbe natürlich thun mußte. Wenn dies Denunciation iſt, dann iſt auch Jeder, der vor dem Unterſuchungs - richter ausſagen muß, ein Denunciant. Wir haben übrigens jetzt, da andere Blätter des Inlandes und Deutſchlands den Namen des Gegners des Marquis Tacoli nennen, keine Veranlaſſung mehr, denſelben zu verſchweigen, zumal wir bisher dafür geſorgt haben, daß die Sache nicht eine perſönliche Zu - ſpitzung erhalte, ſondern die principielle Seite der Frage offen und oben bleibe. Der - ſelbe iſt der Lieutenant von Szilley.
Aus Görz wird ge - meldet: Hier wurde der Schriftſteller Joh. Friedrich Gutzeit verhaftet. Derſelbe war in Breslau wegen Religionsſtörung zu drei Monaten Gefängniß verurtheilt worden, hatte ſich jedoch der Strafe durch die Flucht entzogen. Er wird nach Breslau ausgeliefert werden.
Im Hoftracte des Dotzauer’ſchen Hauſes in der Hybernergaſſe in Prag brach geſtern Vormittags, wahrſcheinlich durch unverſichtiges Hantiren mit Streichhölzern, ein großer Brand aus, welcher das zweiſtöckige Magazinshaus, in welchem die Firmen Elkan Fiſchl und Comp., Julius Kuſty und Tempsky und Freytag ihre Comptoris und Magazine hatten, vollſtändig einäſcherte. Das Feuer entſtand im Kellergewölbe. Als die daſelbſt aufge - ſtapelten Benzinfäſſer explodirten und das Gewölbe in Folge deſſen zertrümmert wurde, theilte ſich das Feuer auch den übrigen Localitäten mit. Es verbrannten große Maſſen von Farbwaren, Droguen, Fettwaren, ferner Kaffee und Zucker, ſowie eine große Menge Druckbogen der Firma Tempsky. Die Höhe des Schadens iſt noch nicht ſichergeſtellt, doch dürfte er mehrere hunderttauſend Kronen betragen. Das an - grenzende Gebäude der Hypothekenbank war arg ge - fährdet.
Die 19jährige Magd Katharina Bücher, Ottakring, Herbſtſtraße Nr. 11, unternahm im Laufe des vor - geſtrigen Tages dreimal den Verſuch, ſich das Leben zu nehmen. Zunächſt kaufte ſie um 20 Heller Laugen - eſſenz und wollte die Flüſſigkeit ſogleich austrinken. Der Gemiſchtwaarenhändler hinderte ſie aber daran. Nun eilte das Mädchen in den zweiten Stock und wollte ſich in den Hofraum ſtürzen — auch daran konnte ſie gehindert werden. Auf das Polizeicommiſſariat Ottakring gebracht, gab Katharina Bucher an, daß ſie einen Selbſtmord ausführen wollte, weil der Magazins - arbeiter Vincenz Bodzek, der um ſie geworben hatte und abgewieſen worden war, am 21. d. Nachts in einem Pavillon des Weſtbahnhofes eine Phosphor - löſung trank. Das Giſt im Leibe, ſchleppte er ſich damals bis nach Ottakring, wo er bewußtlos zuſammen - brach. Der Bucher wurde auf dem Commiſſariat mit - getheilt, daß ſich Bodzek im Wilhelminenſpital ſchon außer Gefahr befinde, und ſie zeigte ſich auch voll - kommen beruhigt. Man übergab ſie ſpäter ihrer Schweſter. Kaum zu Hauſe angelangt, unternahm die Magd abermals einen Verſuch, ſich aus einem Fenſter des zweiten Stockwerkes auf die Straße zu ſtürzen, doch wurde ſie an der Ausführung der That abermals gehindert und ſodann der pſychiatriſchen Klinik über - geben.
Es ſteht leider bereits außer Zweifel, daß der Einſturz des Tunnels zwiſchen Eiſenerz und Schichtthurmberg zwei4Wien, Donnerſtag Reichspoſt 26. Juli 1900 168Menſchenleben als Opfer gefordert hat. Die unermüdlich fortgeſetzten Arbeiten zur Bergung der beiden unter dem Schutte begrabenen Arbeiter ſind bisher vollkommen reſultatlos geblieben. Die Ver - unglückten ſind der 21jährige, ledige Arbeiter Ludwig Illmayer und der 27jährige Arbeiter Joſef Reindl, verheiratet und Vater von zwei Kindern. Die übereinſtimmenden Darſtellungen jener Arbeiter, welche beim Tunneleinſturz verſchüttet waren und welche nach einer ſechsundvierzigſtündigen angeſtrengten Arbeit aus ihrer qualvollen Situation befreit werden konnten, laſſen jede Hoffnung auf eine Rettung ihrer beiden Genoſſen ſchwinden. Während nämlich die ſämmtlichen bisher geretteten Arbeiter nach dem rück - wärtigen Theile des Tunnels eilend ihr Heil ſuchten, ſprangen beim Einbruche der Kataſtrophe die beiden Anderen nach vorwärts und es iſt nicht ausgeſchloſſen, daß erſt nach etwa vierzehntägiger Aufräumungsarbeit es gelingen werde, die Leichen derſelben zu bergen. Das Beſinden der geretteten Arbeiter iſt durchwegs zufriedenſtellend.
Das illuſtrirte „ Extrablatt “bringt einen Artikel über eine angebliche Heirath des im Jahre 1899 ver - ſtorbenen Erzherzogs Ernſt in Laibach. Wir warnen davor, dieſem Erzeugniß der Scandalſucht Glauben zu ſchenken; denn es handelt ſich dabei, nach unſeren Informationen, um verſchiedene Er - preſſungsverſuche, bezüglich welcher das letzte Wort noch nicht geſprochen iſt.
Die große Hitze, welche die letzte Woche in Wien herrſchte und Jeder - mann zur Qual wurde, hat für manche Perſon auch noch auf andere Art eine unangenehme Folge gehabt. In den Abendſtunden hatten Viele in den verſchiedenen Parkanlagen oder auf der Ringſtraße Erquickung ge - ſucht. Sie hatten ſich auf Bänke niedergeſetzt und waren ermüdet eingeſchlafen. Dies hatte eine beſtimmte Species von Gaunern, die ſogenannten Leichenfledderer, ausgenützt. Sie ſchlichen ſich heran und ſtahlen den Schlafenden aus den Taſchen Uhren und Geldbörſen. Geſtern Nachts wurde einer dieſer Gauner dingfeſt gemacht. Er wurde feſtgenommen, als er gerade dem Commis Johann Orelt, welcher auf einer Bank auf dem Kärntnerring eingeſchlafen war, eine ſilberne Uhr ſammt Kette geſtohlen hatte. Der Verhaftete, der 47jährige wiederholt abgeſtrafte Taglöhner Alois Piſtora iſt dem Landesgerichte eingeliefert worden.
Die Leſer der „ Arbeiter - Zeitung “brauchen nicht zu erſchrecken: es iſt hiemit nicht der ſo angenehm plaudernde „ Genoſſe aus Wild - weſt “gemeint, ſondern eine arme 84jährige Häuslerin in Steiermark, Namens Habakuk, die in ihrer Hütte bei Roßwein während der Abweſenheit ihres Sohnes, der Maurer iſt, am hellichten Tage von einem Unbe - kannten mit Meſſerſtichen ermordet und ihrer Barſchaft von 40 K beraubt wurde.
gab wieder ein Lebenszeichen von ſich. Wie aus Palermo telegraphirt wird, wurde der Kaufmann Doznico Ercante in der Nähe von Palermo durch Gewehrſchüſſe getödtet. Man hält den Mord für eine That der Mafia.
Geſtern Früh wurde auf den ſogenannten Schmied’ſchen Gründen hinter dem Aſpangbahnhofe die bereits in Verweſung begriffene Leiche eines neugeborenen Kindes (Mädchen) in weiße Leinenfetzen gehüllt, aufgefunden. Das Kind dürfte lebensfähig zur Welt gekommen und gewaltſam getödtet worden ſein.
Geſtern um 7 Uhr Abends iſt nächſt dem Pulver - verſchleißmagazin in der Leopoldſtadt ein ungefähr 10jähriges Mädchen beim Baden der Füße in den Donaucanal gefallen und in den Wellen verſchwunden. Die Leiche wurde eine Stunde ſpäter unterhalb der Ferdinandsbrücke aus dem Waſſer gezogen und zur Feſtſtellung der Identität in die Todtenkammer Am Tabor gebracht.
Aus Stein - amanger kommt die ſenſationelle Nachricht daß der dortige Poſt - und Telegraphenbeamte Sigmund Muſiits das Telephoniren ohne Draht erfunden habe Muſits, welcher das Geheimniß ſeiner Erfindung noch geheim hält, hat auf kurze Diſtanzen mehrere Verſuche mit dem Telephon ohne Draht angeſtellt, welche glänzend ausfielen. Der Erfiuder glaubt, daß mit der Vervollkommnung ſeines Apparates das Sprechen auch auf größere Entfernungen möglich ein werde.
Ein Motor, der in Amerika gegenwärtig gerade ſo viel Aufmerk - ſamkeit erregt, als dies ſeinerzeit bei dem Dieſel-Motor der Fall war, iſt die Told’ſche Gasmaſchine. Dieſe intereſſante Maſchine beſteht, wie wir einer Mittheilung des Patent-Anwaltes J. Fiſcher in Wien entnehmen, aus einem Antriebs-Cylinder mit Kolben und enem Pumpen-Cylinder, der aus zwei in einander gelagerten Cylindern zuſammengeſetzt iſt, und von denen die äußeren mit dem Antriebscylinder, der andern mit correſpondirenden Oeffnungen im Kolben des Pumpen - cylinders verbunden iſt. Die ganze Anordnung, auf deren Details wir hier nicht näher eingehen können, gat den Zweck, das Entweichen des überſchüßigen Gas - hemenges zu verhindern und eine bedeutend größerund auch ökonomiſchere Leiſtung zu erzielen, als dies bei den bisher gebräuchlichen Gasmaſchinen der Fall iſt.
Vorgeſtern Abends iſt in der Wohnung des Schriftſtellers und Profeſſors der Handelswiſſenſchaften Julius Par - don, Neubau, Burggaſſe Nr. 51, ein Glühlicht - ſpiritusbrenner explodirt. Profeſſor Pardon, ſeine 25jährige Gattin Eliſe und ſein ſieben Monate altes Kind erlitten Brandwunden, und zwar die Eltern leichte, das Kind hingegen ſchwere am ganzen Körper.
der Marianiſchen Con - gregationen von Oeſterreich und Deutſchland. Bei der Dankpredigt, welche Hochw. P. Abel, aus Anlaß der glücklichen Rückkehr der VIII. Wiener Männerfahrt von Maria-Zell heute Mittag 25. Juli, Abends 8 Uhr in der Auguſtinerkirche abhält, werden noch Erinnerungsmedaillen an den Sodalentag in Maria - Zell geweiht, und ſelbe hierauf in der Sacriſtei, und ſpäterhin auch im Comitélocale, 1. Bez., Singer - ſtraße 18, auch an Mitglieder der Frauen - und Jungfrauen-Congregationen abgegeben.
Am Place de la Madelaine in Paris fiel den Paſſanten dieſer Tage ein blinder Mann auf, der, von einem etwa 11jährigen Mädchen geführt, ſich beſtändig in der Nähe der Tram - way - und Omnibushalteſtellen aufhielt. Wo man ſich am dichteſten um eines der genannten Verkehrsmittel drängte, da war auch der gutgekleidete Blinde zu ſehen. Für den flüchtig Hinſchauenden hatte es den Anſchein, als ob der ſeines Augenlichtes Beraubte ſich ſtets ver - gebens bemühte, mit ſeiner kleinen Begleiterin einen Platz in dieſem oder jenem ſtark beſetzten Wagen zu erobern. Bei ſeinen Anſtrengungen ſtreckte er, wie es blinde Perſonen ja zu thun pflegen, die Hände taſtend nach vorne aus. Ein Herr, den das Paar zu intereſſiren begann, beobachtete es aufmerkſam aus einiger Entfernung und da machte er denn allerlei ſeltſame Wahrnehmungen. Sobald Jemand mitleidsvoll dem Blinden beim Ein - ſteigen behilflich ſein wollte, wies er den Beiſtand ſchroff zurück und trat ſchnell zur Seite. Plötzlich aber bemerkte der Beobachter, daß die nach rechts taſtende Hand des Mannes in der Taſche eines Damenkleides verſchwand und ſchnell wieder zum Vorſchein kam. Ohne zu zögern, winkte der Herr einen Schutzmann herbei und der „ Blinde “wurde ſammt ſeiner Führerin verhaftet. Mit welchem Geſchick der Gauner unter der raffinirt gewählten Maske zu operiren verſtand, beweiſt die Thatſache, daß er nicht weniger als 200 Francs bei ſich hatte, während man in den Taſchen der gut abgerichteten Kleinen 17 geleerte Portemonnaies fand.
In Kisber hat ſich der dortige Advocat Carl Cſuthi, Director der Sparcaſſe, ein ſehr ange - ſehener Mann, in ſelbſtmörderiſcher Abſicht durch einen Schuß ſchwer verletzt und ſtarb auch bald darnach. Das Leichenbegängniß geſtaltete ſich deshalb ſo ſen - ſationell, weil der Geiſtliche in ſeinem, dem Verſtorbenen gewidmeten Nachruf die Mittheilung machte, daß ihm Cſuthi am Sterbebette das Geſtändniß ablegte, er ſei das Opfer eines amerikaniſchen Duells geworden. Vor zwanzig Jahren hatte Cſuthi wegen eines Mädchens ein amerikaniſches Duell, er, Cſuthi, hatte die ſchwarze Kugel gezogen und durch volle zwanzig Jahre ſei das Leben des Advocaten eine Kette von Aufregungen ge - weſen. An jedem Jahrestage des Duells erhielt er von ſeinem Gegner eine Erinnerung, und ſchließlich mußte er ſich das Leben nehmen. Dieſe Mittheilungen des Prieſters machten auf die Leidtragenden einen tiefen Eindrück.
Heute Mittags wurde die 35jährige Schneidersgattin Jofefine Kriz und ihre vierjährige Tochter Marie in der Floridsdorfer Hauptſtraße von einer Privatkutſche überfahren, wobei die Mutter leicht und das Kind ſchwer am Kopf und Geſicht verletzt wurden. Die Schuld trifft die Verunglückten ſelbſt.
Der 18jährige Rudolf Bliem, Sohn eines in der Silber - gaſſe im 19. Bezirk wohnhaften Brunnenmachermeiſters, wurde im Elternhauſe durch den Hufſchlag eines Pferdes am Kopfe ſchwer verletzt und mit gebrochenem Schädel in’s Allgemeine Krankenhaus gebracht. In der verfloſſenen Nacht iſt der Unglückliche daſelbſt ſeinen entſetzlichen Verletzungen erlegen.
In der Perſonen - halteſtelle Saiz bei Sct. Michael ſtießen geſtern Morgens zwei in Fahrt begriffene Laſtzüge zuſammen. Glücklicherweiſe hatte das Zugsperſonal beider Züge die Gefahr rechtzeitig wahrgenommen und war raſch abgeſprungen, ſo daß Alle mit dem bloßen Schrecken davonkamen. Die Wirkung des Zuſammenſtoßes war eine furchtbare. Drei Maſchinen und ſieben Waggons wurden total zertrümmert. Die Wegräumung der Trümmer wurde zwar bald in Anſpruch genommen, doch blieb der Verkehr bis Abends eingeſtellt. Der Zuſammenſtoß wrrde durch falſche Weichenſtellung her - vorgerufen.
Die Beduinen ver - bleiben nur mehr kurze Zeit im Weichbilde unſerer Stadt. Von hier aus geht die Reiſe nach dem Norden, Deutſchland und Scandinavien. Täglich finden ſich im Thiergarten Kaufluſtige ein, welche die prächtigen und pfeilſchnellen ara - biſchen Pferde zu erwerben wünſchen. Die Thiere können jedoch im Laufe der Tournée nicht abgegeben werden. Mit Ende dieſes Monates findet auch das Engagement der ex - cellenten Japaner-Truppe Nanakuſa ihren Abſchluß.
Sehr warm anhaltend.
Dem Drucke der Bevölkerung nachgebend, ſind nun unſere Wirthe mit dem Bierpreiſe wieder herabgegangen, und ſo koſtet jetzt der Liter wieder 14 kr. Die Landwirthe ließen überhaupt keine Preis - erhöhung eintreten. Auch in Kremsmünſter gab es einen Bieraufſchlag. Die Preisſteigerung von 4 h beim Liter iſt nur bisher wieder ein ungerechtfertigter Gewinn geweſen, denn es ſind noch nicht einmal die Durchführungsverordnungen beim Landesausſchuß feſt - geſtellt, ſo daß vor 1. October gar keine Ausſicht eines Inkrafttretens der Bierumlage iſt. Die Wirthe ſuchen ſich nun mit der Ausflucht zu entſchuldigen, die Landesbierumlage müſſe vom 15. Juni an nachbezahlt werden, was ganz unrichtig iſt. Auch hatte die k. k. Bezirkshauptmannſchaft den Wirthen einen Strich durch ihre Rechnung gemacht. Zum Zwecke einigen Vorgehens ſetzten die Wirthe eine Ordnungsſtrafe von 2 bis eventuell 20 K feſt. Dieſer Strafbeſchluß gegen jene Wirthe, welche das Bier allenfalls zum früheren Preis ſchenken würden, wurde behördlich verworfen. — Dem hieſigen Baumeiſter, Herrn Mathias Schlager, wurde vom biſchöflichen Ordinariate der ehrenvolle Ruf eines Dombauleiters beim Maria Empfängnißdome zu Theil. Schlager nahm dieſe an - gebotene Stelle an und wird derſelbe mit 1. September nach Linz überſiedeln.
Der ſocialdemokratiſche Abg. Zeller hielt hier Samſtag eine Verſammlung, um die Kohlen - grubenarbeiter zum Streik zu bewegen, weil angeblich die von den Werksbeſitzern den Arbeitern gemachten Zugeſtändniſſe den früheren Zuſagen derſelben nicht entſprechen. Die Verſammlung nahm einen ſehr ſtürmiſchen Verlauf. Es ergriffen in derſelben auch Bergarbeiter das Wort und warfen den Führern und Agitatoren des Jänner - ſtreiks Veruntreuungen vor mit der Begründung, daß ſelbe ſich von den Unterſtützungs - geldern bereichert und förmlich vom Kopfe bis zum Fuße neu gekleidet hätten. Abg. Zeller, ſowie mehrere Agitatoren mußten ſchleunigſt den Saal verlaſſen; dieſelben wurden von den aufgebrachten Arbeitern beſchimpft und bedroht und zum Saale förmlich hinausgeſchoben. Nach dem Abzuge der ſocialdemokratiſchen Führer trat im Verſammlungs - locale wieder Ruhe ein.
Eine Deputation von mähriſchen Bauern hat dem Ackerbau - und Finanzminiſterium die erſten Proben von in Mähren gepflanztem Tabak vorgelegt. Die Deputation machte in beiden Miniſterien darauf aufmerkſam, daß die Bauernſchaft hiezu gezwungen ſei, erträgnißreichere Pflanzen zu bauen, da der Zuckerrübenbau ſich nicht mehr rentire. Die Deputation gab der Hoffnung Aus - druck, daß das Verbot des Tabakbaues in Mähren auf gehoben werde.
In den hieſigen offi - ciellen ſerbiſchen Kreiſen wird hervorgehoben, daß das neue Cabinet einen entſchieden neutra - len Charakter trage. Zwei ſeiner Mitglieder ſind Officiere, die übrigen theils active, theils geweſene Beamte. Der Miniſterpräſident Jowa - nowitſch, der auch das Portefeuille des Aeußern inne hat, iſt gemäßigt-fortſchrittlich, der Miniſter des Innern und der für Volkswirthſchaft ſind liberal geſinnt. Finanzminiſter Popowitſch, der an der Seite des geweſenen Finanzminiſters Dr. Wujitſch Jahre lang als Sectionschef wirkte, iſt gemäßigt-radical. Dieſe Parteifärbung der einzelnen Miniſter ſoll jedoch gar nicht ins Gewicht fallen.
Heute Nachts um 2 Uhr fuhr in der Station Camen ein Schnellzug auf einen dortſelbſt haltenden Güter - zug. Der Locomotivführer und der Heizer des Schnellzuges wurden getödtet, der Zugs - führer und der Packmeiſter ſchwer und fünf Reiſende leicht verletzt. Der am Material angerichtete Schaden iſt ein bedeutender.
(Meldung des k. k. Cor - reſpondenz-Bureaus.) Aus Jungbunzlau wird gemeldet: Sonntag nach 8 Uhr Abends kam es vor dem Hauſe des Kaufmannes Moriz Pick in Alt-Benatek zu einer Anſammlung. Die Menge, zumeiſt Arbeiter, etwa 300 an der Zahl, ſchlug die Fenſter des Geſchäftslocales ein und ſchickte ſich an, dasſelbe zu plündern. Zu dem Attentate gab das Gerücht Veranlaſſung5168 Wien, Donnerſtag Reichspoſt 26. Juli 1900Pick habe den 13jährigen Sohn eines Feldarbeiters an ſich gelockt und ihn ermordet. Die Gendarmerie ſchritt raſch ein und zerſtreute nicht ohne Mühe die aufgeregte Menge, wobei ein arbeitsſcheues, mehrfach abgeſtraftes Individuum verhaftet wurde. Der Gendarmeriepoſten in Alt-Benatek mußte verſtärkt werden und auch am nächſten Tage ein - ſchreiten. Die Aufregung der Menge fand erſt ein Ende, als ſichergeſtellt wurde, daß der vermißte Knabe ſich wohlbefinde und aus eigenem Antriebe den Eltern in die Gemeinde Czilec entflohen war.
Prinz Nicolaus von Griechenland iſt hier eingetroffen und hat ſich nach Peterhof begeben.
„ Daily News “melden aus Lourenco-Marques vom Geſtrigen, daß der Commandant der Boeren in Koomatiport, Lombard, an der Grenze des Szwazilandes, von einer engliſchen Patrouille getödtet wurde.
Die „ Times “meldet aus Watervaal vom 23. d.: General Clery marſchierte heute gegen Watervaal. Auf dem linken engliſchen Flügel fand ein Plänklergefecht mit einer be - trächtlichen Anzahl Boeren ſtatt.
Wie die Blätter aus Capſtadt vom Geſtrigen melden, griff die Carrington - und Rho - deſia-Feldtruppe geſtern die Stellung der Boeren am Selonsfluſſe an und nahm ſie nach heftigem Gefechte im Sturm. Die Engländer hatten vier Todte und 19 Verwundete. Die Verluſte der Boeren ſind ſchwer.
Die geſetzgebende Ver - ſammlung begann am 24. d. die Berathung des Antrages Merriman auf Abſchaffung des Kriegsrechtes in beſtimmten Diſtricten der Colonie. Attorney General Janes trat dafür ein, das Kriegsrecht ſo lange als nothwendig aufrecht zu erhalten. Der bisherige Attorney General Salomon ſtimmte dem zu. Die Debatte wurde ſodann vertagt.
Das Telegramm des chineſiſchen Kaiſers an Kaiſer Wilhelm, das durch die Berliner Geſandt - ſchaft am 20. Juli im deutſchen auswärtigen Amte überreicht wurde, hat folgenden Wortlaut:
Der Kaiſer der Tatſing-Dynaſtie entbietet Sr. Majeſtät dem deutſchen Kaiſer ſeinen Gruß.
China und Deutſchland haben lange in Frieden gelebt, und beiderſeits hat kein Mißtrauen beſtanden. Neuerdings iſt es zwiſchen der chineſiſchen Bevölkerung und den einheimiſchen Chriſten zu Ausbrüchen des Haſſes gekommen, wobei unerwartet der kaiſerlich deutſche Geſandte Freiherr v. Ketteler von den Aufſtändiſchen ermordet wurde, was uns zum Ausdrucke des tiefſten Bedauerns Anlaß gibt. Die Unterſuchung behufs Feſtnahme und Beſtrafung der Mörder war im Gange, als ſich bei allen fremden Staaten der Verdacht regte, daß ſich die kaiſerliche Regierung gegenüber der Bevölkerung bei der Ver - folgung der Chriſten connivent verhalte. Darauf er - folgte zuerſt die Einnahme der Befeſtigungen von Taku. Die Feindſeligkeiten begannen, und das Un - glück wurde immer verwickelter. Die Lage, in welcher ſich China zur Zeit befindet, iſt ſchwer zu ordnen, beſonders da die chineſiſche Regierung nicht die Ab - ſicht hat, in den beſtehenden guten Beziehungen jemals Aenderungen eintreten zu laſſen. Denn es ſind nur die zur Zeit obwaltenden Umſtände, welche die Re - gierung zu deren Bedauern in dieſe Zwangslage ge - bracht haben. Zur Beſeitigung des allgemeinen Un - willens gegen die chineſiſche Regierung und zur Klärung der Lage bleibt nur das einzige Mittel übrig, die Beihilfe Deutſchlands anzurufen. Daher öffnen wir Eurer Majeſtät unſer Herz in dieſem Schreiben, in der Hoffnung, daß dadurch der Fort - beſtand unſerer freundſchaftlichen Beziehungen geſichert werde, und daß Allerhöchſtdieſelben bewogen werden, einen Plan zur Erreichung dieſes Zweckes in’s Auge zu faſſen und die Leitung zu übernehmen, um die früheren friedlichen Zuſtände wieder herbeizuführen. Wir bitten, uns einen günſtigen Beſcheid zu ertheilen, wofür unſere Dankbarkeit Eurer Majeſtät gegenüber immer lebendig bleiben wird. Gegeben am 23. Tage des 6. Mondes im 26. Jahre unſerer Regierung (19. Juli 1900), Kwangſu. “
Von Seite des deutſchen Auswärtigen Amtes wurde der chineſiſchen Geſandtſchaft am 24. d. M. folgende Kabelnote zugeſtellt:
„ Der Staatsſecretär des auswärtigen Amtes, Staatsminiſter Graf Bülow, hat die Kabelnote der chineſiſchen Geſandtſchaft vom 21. d., enthaltend die telegraphiſche Mittheilung Sr. Majeſtät des Kaiſers von China an Se. Majeſtät den Kaiſer und König erhalten. Graf Bülow ſieht ſich nicht in derLage, dieſes Telegramm Sr. Majeſtät dem Kaiſer und König zu unterbreiten, ſo lange nicht das Schickſal der in Peking eingeſchloſſenen fremden Geſandtſchaften und der dortigen Fremden aufgeklärt iſt, die chineſiſche Regierung für die frevelhafte Ermordung des kaiſerlichen Geſandten Sühne gewährt und für ein dem Völkerr[e]cht und der Civiliſation entſprechendes künftiges Verhalten genügende Garan - tie geleiſtet hat. “
Ueber die Situation in der Mandſchurei und in den Grenz - diſtricten Semirjetſchensk und Kuld - ſcha melden Berichte des Generalſtabes vom 21. d. M.: An der Grenze von Kuldſcha iſt Alles ruhig. Die ruſſiſche Poſt, welche von vier Koſaken begleitet iſt, verkehrt regelmäßig nach Kuldſcha und zurück. Ebenſo verkehren die Be - amten und Privatleute ohne Hinderniß. Der Conſul ſteht zu den Chineſen in den beſten Be - ziehungen; die Chineſen rüſten jedoch insgeheim ſehr ſtark.
Der Conſul von Tſchugutſchak tele - graphirt unter dem 20. d. M. an den General - conſul: Hier herrſcht vollkommen Ruhe; der Gou - verneur bürgt für die Aufrechthaltung derſelben. Die meiſte Gefahr droht der öſtlichen Section der chineſiſchen Bahn. Berichte vom 19. d. M. beſagen: Die Linie nördlich von der Station Daſchizao ſammt den Brücken und 14 Waggons, ferner die Kohlengruben von Tantai wurden zer - ſtört und viele Beamte ſowie Mitglieder der Schutzmannſchaft getödtet. Die chineſiſchen Truppen concentriren ſich in großen Gruppen in Impu, Sjutſchali und anderen Orten nahe der Bahnlinie. Die ganze Organiſation der Chineſen und ihre Ueberfälle beweiſen, daß nach dem ſtreng durchdachten Plane vorgegan - gen wird, kleine Detachements abzuſchneiden, ihnen den Rückzug unmöglich zu machen und ſie zu vernichten. Jede Verſpätung in der Abſendung ruſſiſcher Truppen gibt den Chi - neſen Kraft und erhöht ihnen die Möglichkeit, ſich zu verſtärken. Die Station Daſchizao iſt von ruſſiſchen Schützen und Koſaken beſetzt; weiter ſüdlich ſind kleine Commandos vertheilt. Gegen - über den Stationen Spaletſchen und Gajutſchow befinden ſich, reguläre chineſiſche Truppen mit Geſchützen. In Blagowjeſchtſchensk herrſcht vollkommene Ruhe. Die Chineſen ſcheinen nicht gewillt zu ſein, einen Angriff zu wieder - holen. Es beſteht die Hoffnung auf baldige Wiederherſtellung der Ruhe, wenigſtens in den naheliegenden Gebieten. Die chineſiſche Bevölkerung von Charbin iſt vollkommen ruhig, da die Mandſchuren keine beſondere Sympathie für die Aufſtändiſchen hegen, was eine baldige Wieder - herſtellung der Ruhe rrwarten läßt.
Die Berichte des Generalſtabes lauten ſehr beruhigend. Die verbündeten Truppen hatten über - all Erfolg. Der Widerſtand der chineſiſchen regulären Truppen iſt gebrochen. Die ruſſiſchen Truppen haben ſich namentlich am linken Ufer des Peiho ausgezeichnet, wo ſie am 14. d. 42 Geſchütze eroberten. Dem Finanzminiſterium zugegangene Meldungen beſagen, daß Ingenieur Botſcharow am 23. d. aus Dono und Ingenieur Offenberg mit ſeiner Abtheilung am Abend des - ſelben Tages in Zuruchajtu angekommen iſt. Die Wagen der vierten Section wurden von den Chineſen geplündert, wobei 12 Perſonen, darunter eine Frau, getödtet wurden.
Laut telegraphiſcher Nach - richt ſind S. M. Schiffe „ Kaiſerin Eliſabeth “und „ Aſpern “geſtern mit der Beſtimmung nach China von Pola ausgelaufen. Das nächſte Reiſe - ziel iſt Port Said.
Die Botſchaft, welche der Kaiſer von China an den Präſidenten Mac Kinley gelangen ließ, iſt im Allge - meinen in denſelben Ausdrücken gehalten, wie die an den deutſchen Kaiſer. Mac Kinley erwiderte geſtern auf die Botſchaft, wie folgt: „ Ich bin erfreut zu erfahren, daß Euere Majeſtät anerkennt, daß die amerikaniſche Regierung und das amerikaniſche Volk nichts von China wollen, als was recht und billig iſt. Die Truppen wurden gelandet, um die Geſandtſchaft zu be - freien und im Einklange mit den Vertrags - rechten das Leben und Eigenthum der in China ſich aufhaltenden Amerikaner zuſchützen. Aus dem Briefe Eurer Majeſtät geht hervor, daß die böswilligen Menſchen, die den deutſchen Geſandten Freiherrn v. Ketteler er - mordet und die übrigen Geſandten in Peking be - lagert haben, ſich im Aufſtande gegen die kaiſer - lichen Behörden befinden. Wenn dies der Fall iſt, lege ich der Regierung Eurer Majeſtät nahe, erſtens öffentlich zu erklären, ob die fremden Geſandtſchaften noch am Leben ſind, und in welcher Lage ſie ſich befinden, zweitens den Diplomaten ſo - fortige freie Verbindung mit ihren Regierungen zu gewähren und alle Gefahr für ihr Leben und ihre Freiheit zu beſeitigen, drittens die kaiſerlichen Behörden in China mit der Entſatz-Expedition in Verbindung treten zu laſſen, um eine Cooperation zum Schutze der Ausländer und zur Wiederherſtellung der Ordnung herbeizuführen. Wenn dieſe drei Punkte zugeſtanden werden, wird ſich, glaube ich, der freundſchaftlichen Beilegung aller aus den jüngſten Unruhen ſich ergebenden Fragen kein Hinderniß entgegenſtellen. Die freundſchaftlichen, guten Dienſte Amerikas werden mit Zuſtimmung der übrigen Mächte Eurer Majeſtät gern zur Ver - fügung geſtellt werden.
Die hieſige chine - ſiſche Geſandtſchaft hat auf das von ihr am 19. Juli an den Vicekönig Yuanſchikkai und an den Taotai-Sheng gerichtete Telegramm heute Früh vom Tſung-li-Yamen durch Vermittlung Sheng’s folgendes Antwort-Telegramm erhalten: Am 18. Juli beſuchte auf Befehl des Tſung-li-Yamen ein Beamter die auswärtigen Geſandten und fand Alle wohl und unverſehrt. Yunglu ordnete an, alle Geſandt - ſchaften mit Lebensmittein und allem Nothwendigen zu verſehen, und beantragte, daß ſie, ſo lange in Peking die Ruhe nicht vollkommen hergeſtellt ſei, unter dem Schutze der chineſiſchen Truppen nach Tientſin gebracht werden, wo ſie außer jeder Ge - fahr ſein würden.
Die Blätter halten die Depeſche des franzöſiſchen Conſuls in Schanghai, welche des Verſprechens Li-Hung-Tſchangs erwähnt, daß der franzöſiſche Geſandte in Peking Pichon, bald in der Lage ſein werde, ein Telegramm an ſeine Regierung abzuſenden, nur theilweiſe für beruhigend. Der „ Figaro “bemerkt, wenn die Ge - ſandten in Peking im Begriffe wären, ſich nach Tientſin zu begeben, ſo hätten ſie ſicherlich von ſich Nachricht geben können.
Dem „ Standard “wird aus Tſchifu vom 23. Juli gemeldet: Eine hier aus Peking eingetroffene vom 10. Juli datirte Nachricht beſagt, die in der britiſchen Geſandtſchaft befindlichen Ausländer bedürfen dringend des Ent - ſatzes. Es herrſche Krankheit unter ihnen. Die chineſiſchen Truppen halten die Belage - rung noch aufrecht.
Die „ Times “melden aus Hongkong vom 23. d. M.: Bevor Li-Hung - Tſchang nach Norden abreiſte, nahm er den Befehl, daß die Schwarzflaggen nach Peking marſchiren ſollten, zurück. Die Schwarzflaggen lagern jetzt außerhalb Cantons und werden von dem ſtellvertretenden Vice - könig überwacht, welcher für die Sicherheit der Fremden in der Niederlaſſung die Garantie übernommen hat.
Dem „ Daily Telegraph “wird aus Tokio vom 23. d. M. gemeldet, daß das im Jahre 1895 geſchaffene Eiſenbahnbataillon mit einer Abtheilung Kulis und Artillerie nach China abgegangen ſei.
Den „ Times “wird von ihrem Correſpondenten in Shanghai unter dem 23. d. M. gemeldet, daß er mit Li Hung Tſchang eine Unterredung hatte, in welcher dieſer erklärte, wenn die Mandſchu-Partei ſich des ſchrecklichen Verbrechens, nämlich der Ermordung der Geſandten, ſchuldig gemacht hätte, würde er ſich unter allen Umſtänden weigern, die Führung der Unterhandlungen zu übernehmen. Li Hung Tſchang fügte hinzu, die Abſicht des Tſungli - Yamens ſei jetzt, die Kaiſerin zu bitten, zunächſt den Geſandtſchaften Nahrungsmittel zu ſenden und dann Vorkehrungen zu treffen, um die Geſandten unter der Begleitung eines Generals nach Tientſin zu ſenden. Der Kampf in Peking habe aufgehört,6Wien, Donnerſtag Reichspoſt 26. Juli 1900. 168und die fremden Truppen hätten eine Stellung ſüdlich von der Yuho-Brücke inne, während die Truppen von Tungfuſiang auf der Nordſeite ſtehen. Bezüglich der Grundlage der geplanten Unterhandlungen, ſagte Li-Hung-Tſchang, Chinas Finanzlage würde dem Lande nicht geſtatten, eine Entſchädigung zu zahlen, und das Volk würde niemals weitere Gebiets - abtretungen zulaſſen. Er ſei der Anſicht, daß die Mächte ſich damit einverſtanden erklären ſollten, wenn man ihnen die Verſicherung gebe, daß die Verwaltung reformirt werde und die für die jetzige Kriſe verantwortlichen Be - amten abgeſetzt werden.
Nach einer weiteren Meldung desſelben Blattes erklärte ein Vertrauensmann aus der Umgebung Li-Hung-Tſchang’s, dieſer werde ſich nicht früher nach dem Norden begeben, als bis er die Ueberzeugung gewonnen habe, daß die Kaiſerin-Witwe die Thorheit der bisher befolgten Politik und die Erforderniſſe der jetzigen Sachlage eingeſehen habe.
„ Daily Expreß “meldet aus Hongkong vom 24. d. M.: Am letzten Sonntag fand bei Beginn des Gottesdienſtes in der hieſigen Baptiſten - capelle in einem angrenzenden Hauſe eine heftige Exploſion ſtatt. Die in der Capelle Anweſenden blieben unverſehrt. Die Chineſen behaupten, daß die Exploſion einem unglücklichen Zufall zuzuſchreiben ſei, haben aber verſprochen, daß der Eigenthümer des Hauſes hingerichtet werden ſoll.
bringt das „ Mil. -Wochenbl. “folgende Zu - ſammenſtellung: 1. In China befanden ſich bereits Mitte Juli: A. In Tientſin-Taku etwa 20.000 Mann mit 80 Geſchützen und 19 Maſchinengeſchützen; dar - unter deutſcherſeits nur Theile der Schiffsbeſatzungen, nachdem eine Compagnie des 3. Seebataillons wieder nach Kiantſchou zurückbefördert worden war. Die Hälfte der Kämpfer in Tientſin ſind Ruſſen, indeſſen treffen jetzt täglich Verſtärkungen aus Indien und Japan ein. B. In Peking waren insgeſammt 431 Mann; darunter 1 Officier und 50 Mann deutſche Marine-Infanteriſten. C. Auf der Halbinſel Kwantung, dem ruſſiſchen Pachtgebiet (Liaotung) ſind augenblicklich etwa 20.000 Mann mit 32 Geſchützen vereinigt, nachdem die dortigen Garniſonen aus dem mobilgemachten ſibiriſchen Armeecorps, vornehmlich aus Wladiwoſtok, erheblich verſtärkt worden ſind. D. In Kiautſchou haben wir etwa 1600 Mann mit 16 Feldgeſchützen, 12 ſchweren Geſchützen und 6 Ma - ſchinen-Geſchützen. Insgeſammt A+C+D etwa 43.000 Mann. — 2. Auf dem Wege nach China ſind zur Zeit aus Deutſchland, Frankreich und Indien etwa 15.000 Mann mit 28 Geſchützen, 11 Maſchinengeſchützen, ſowie aus Japan die erſten Theile einer mobilen Diviſion. 3. Vorbereitet wird die Abſendung von insgeſammt etwa 57.000 Mann mit 144 Geſchützen; darunter aus: Deutſchland 11.344 Mann mit 30 Geſchützen, Japan 16.000 Mann mit 36 Geſchützen, Rußland 20.000 Mann mit 48 Geſchützen, Frankreich, Amerika, Italien etwa 10.000 Mann mit 30 Geſchützen. Insgeſamwt berechnet ſich die Stärke der für die Kämpfe in China verfügbar gemachten Truppen auf etwa: 16.000 Deutſche, 12.000 Engländer, 6500 Franzoſen, 50.000 Ruſſen, 21.000 Japaner, 7000 Amerikaner, 2000 Italiener, 170 Oeſterreicher, rund 115.000 Mann mit 311 Geſchützen und 36 Maſchinengeſchützen.
Heute bringt die Berliner Seceſſionsbühne Kleiſt’s ein - actiges Luſtſpiel „ Der zerbrochene Krug “zur erſten Aufführung. Morgen Donnerſtag wiederum eine Première, und zwar „ Der gnädige Herr. “
Die Direction hat für die am 18. Auguſt d. J. ſtattfindende Kaiſerfeier eine von Profeſſor Wilhelm Cappillerie verfaßte Feſt-Cantate „ Oeſterreichs Jubeltag “zur Aufführung an - genommen.
des Katholiſchen Schulvereines. Dieſelbe unternimmt Sonntag, den 29. d, einen Ausflug, der mit einer gemüthlichen Unterhaltung verbunden ſein ſoll, und ladet daher Mitglieder und Gönner des Vereines hiezu ein. Abfahrt von Wien (Südbahnhof) 2 Uhr 35 Min. Nach - mittags bis Atzgersdorf. Von dort zu Fuß über Mauer zu einer Waldwieſe, woſelbſt eine Unterhaltung unter Mit - wirkung einer beliebten Muſikharmonie, ſowie komiſche Vorträge und mehrerlei Spiele ſtattfindet. Karten ſind tour und retour Atzgersdorf zu löſen. Gäſte herzlich willkommen.
Wir erhalten folgenden Aufruf: An die Bevölkerung Wiens! Ein tiefes und immer tieferes Dank - gefühl muß alle Völker Oeſterreichs und insbeſondere uns Wiener erfaſſen, je näher der 70. Geburtstag unſeres all - geliebten Monarchen, unſeres Kaiſers Franz Joſef I. kommt. Jubelſtimmung beherrſcht das Reich, Dankesworte und Gebete ſteigen zum Himmel empor mit der Bitte, unſeren Kaiſer noch recht lange zum Wohl und Segen des Volkes zu erhalten. Hauptſächlich wir Bewohner Wiens haben ſeiner Güte, ſeinem Wohlwollen und ſeiner raſtloſen Sorge die Wohlfahrt und Blüthe der herrlichen Donau - ſtadt zu danken. Sein Machtwort ſchuf ein neues Wien. Im Jahre 1858 erhielt der Plan zur Stadterweiterung die kaiſerliche Genehmigung und es entſtand an Stelle der alten Glacis, an Stelle der Wälle und Thore, die großartige Ringſtraße. Seiner Hochherzigkeit verdanken wir die Schen - kung des Kaiſerbruunens und damit die Schaffung einer Waſſerleitung, wodurch Wien eine der geſündeſten Städte der Welt wurde. Durch die Genehmigung der Vereinigung der ehemaligen Vororte mit den alten Stadtbezirken am 19. December 1890 erhob unſer Kaiſer Wien zur Weltſtadt. Wie durch unſeren geliebten Monarchen Künſte und Wiſſen - ſchaften in Oeſterreich und insbeſondere in Wien gefördert wurden, iſt allgemein bekannt. Wien ſoll nun ein bleibendes öffentliches Denkmal ſchaffen, welches ſeinen Dank auch äußerlich zur Schau zu bringen geeignet iſt. Wir wollen zum ewigen Andenken an unſeren allgeliebten und verehrten Kaiſer einen monumentalen Brunnen an der ehemaligen Mariahilferlinie, als ein Symbol der Vereinigung der Stadt mit den Vororten und als ein bleibendes Denkmal tiefgefühlter Dankbarkeit gegen unſeren edlen Monarchen errichten Zur Erbauung dieſes monumentalen Brunnens hat ſich ein Verein gebildet, deſſen Statuten von der hohen k. k. Statthalterei genehmigt worden ſind, und ladet derſelbe hiemit die Bevölkerung Wiens ein, durch Spenden und Beiträge die Vollendung des Werkes herbeizuführen. Der Sitz des Vereines iſt in Wien, 6. Bezirk, Amerlinggaſſe 6 und werden daſelbſt, ſowie auch bei den Gefertigten Spenden und Beiträge entgegengenommen. Wien, den 15. Juli 1900. Das Präſidium: Dr. Joſef Mattis, Hof - und Gerichts - Advocat und Bezirksvorſtand für den 16. Bezirk, Wien, 15. Bez., Palmgaſſe 10, Präſident. Franz Joſef Schadek, Fabrikant und Bezirksvorſtand für den 6. Bezirk, Wien, 6. Bez., Gumpendorferſtraße 69, I. Vicepräſident. Franz Weidinger, kaiſerlicher Rath und Bezirksvorſtand für den 7. Bezirk, Wien, 7. Bez., Weſtbahnſtraße 6 a, II. Vice - präſident. Dr. Hans Weiſer, Hof - und Gerichts-Advocat, Wien, 6. Bez., Mariahilferſtraße 74b. Schriftführer, Heinrich Zwölfer, Bezirksrath für den 15. Bezirk, Wien, 15. Bez., Mariahilferſtraße 142, Caſſier.
34. Tag. Der franzöſiſche Champion Apollon warf den Belgier Robi netti und wurde im Kampfe mit Aimable den er ſchon faſt beſiegt hatte, wegen eines unerlaubten Griffes, der ſeinem Gegner Schmer - zenslaute erpreßte, disqualificirt. In dem Gange Hackenſchmidt-Fengler unter - lag Letzterer.
In der erſten Runde gewannen Burn gegen Gottſchall, Cohn gegen Billecard, Popiel gegen Tacob, während die Partien Berger-Janowski, Showalter-Schlechter, Marco-Pillsbury mit Remis endeten. Die Spiele Maroczy-Bardeleben und Halprin-Wolf gelangten nicht zum Abſchluß. An Stelle von Metger, Weydlich, v. Scheve und Tinsley, die in letzter Stunde zurücktraten, ſpielten die Meiſter Showalter, Halprin und v. Popiel.
Heute feiert der Guardian der PP. Minoriten in Wien, P. Daniel Ronegg, ſein 25jähriges Prieſterjubiläum.
Wie gemeldet wird, ſind von Nikolsk und vom Sungarifluſſe ruſ - ſiſche Truppen in Eile abmarſchirt, um Charbin zu befreien. General Gern - groß, welcher die Vertheidigung der Stadt organiſirt, hegt die Hoffnung, daß ſich die Lage bald beſſern werde. Die Bevölkerung kommt den Ruſſen ſowie der Eiſenbahnverwaltung freundlich entgegen. Mit Charbin dürften auch die anderen gefährdeten Punkte gerettet ſein
Dem Oberſten Miſtſchensko gelang es, mit ſeinen Truppen ſüdlich von der Station Laſchizao vorzudringen.
Nach telegraphiſchen Berichten der ruſſiſchen Conſuln in Kuldſcha, Tſchugutſchak und Zianzjun erlaubte der Gouverneur dieſes Gebietes, daß zwei Koſakenſotnien nach Kuldſcha und Tſchugutſchak zum Schutze der dortigen Conſulate marſchieren.
General Grodekow meldet unter dem 23. d. M.: Das geſtrige von den Chineſen nur ſchwach unterhaltene Kanonen - und Gewehrfeuer hat in der Stadt Blagovetſchensk ge - ringen Schaden angerichtet. Gegen Abend wurde das Bombardement heftiger, hörte jedoch während der Nacht auf. Der Dampfer „ Selenga “kreuzte vor Aigun, um die Operationen der Truppen zu unterſtützen. Die Koſaken über - ſchritten den Amurfluß und ver - trieben und bedrängten die Chineſen.
Der in Albuſin angekommene Dampfer„ Vojevoda “, der ſich auf der Fahrt von Charbin nach Laſchaſu befindet, meldet, die Chineſen hätten ihn in Sanſin vom Ufer und von Dſchunken aus beſchoſſen und einen Lootſen ſowie eine Frau verwundet. Die ruſſiſchen Bewohner befinden ſich bei Sanſin auf einem Laſtſchiffe in der Mitte des Sungarifluſſes. Das Amurufer iſt vor Ueber - fällen geſchützt. Die Herſtellung eines regelmäßigen Dampferverkehres ſteht bevor, die Truppendetache - ments der Generale Alexejew und Tſchi - tſchagow marſchiren am Jungarifluſſe ſchnell vorwärts und bewirkten dadurch, daß die Chineſen bereits einige Punkte der mandſchuriſchen Bahn räumten.
Das Statiſtiſche Departement im k. k. Handelsminiſterium veröffentlicht ſoeben eine Zuſammenſtellung der Geſammtwerthe und Mengen des öſterr. -ung. Außenhandels in den Halbjahren 1899 und 1900, welche mit den correſpondirenden Angaben im Junihefte genau übereinſtimmen, dann detaillirte Daten über den Mengenverkehr mit den einzelnen Staaten und Gebieten im erſten Semeſter 1900. Von der geſammten Einfuhr im erſten Halbjahre 1900 per 52·0 Millionen q (gegen 45·5 Mill. q im erſten Halbjahre 1899) entfielen in Mill. q auf das Deutſche Reich 39·0 (32·0), Großbritannien 1·7 (1·7), Frank - reich 0·1 (0·1), Italien 2·7 (3·0), Rußland 1·3 (1·8), Schweiz 0·1 (0·1), Rumänien 1·2 (1·5), Serbien 0·8 (0·4), und auf die übrigen Staaten 5·0 (4·9). Die Steigerung der Einfuhrmenge iſt auf die erhöhten Bezüge von Steinkohlen (31·8 Millionen q gegen 24·9 Mill. q im erſten Semeſter 1899) zurückzuführen. Die geſammte Ausfuhr bezifferte ſich im erſten Halbjahre 1900 auf 74·8 Mill. q (gegen 86·9 Mill. q im erſten Halbjahre 1899); an dieſer Menge nahmen die einzelnen Staaten wie folgt theil: das Deutſche Reich mit 56·4 (67·7), Großbritannien 2·1 (2·0), Frankreich 1·3 (1·1), Italien 4·4 (4·2), Rußland 2.9 (3·4), Schweiz 1·4 (1·6), Rumänien 1·6 (2·5), Serbien 0·4 (0·4); der Reſt von 4·3 (3·9) entfällt auf die übrigen Staaten. Die geringere Ausfuhrmenge iſt durch den verminderten Export von Braunkohlen (30·3 Mill. q gegen 42·3 Mill. q), Steinkohlen (2·9 Mill. q gegen 3·9 Mill. q) und Coaks (1·0 Mill. q gegen 1·2 Mill. q im erſten Halbjahre 1899) begründet.
nach den Erhebungen vom 20. d. werden veröffentlicht. Der Ernte-Ertrag an Weizen wird auf 36,851.477 Metercentner gegen 36,920.000 Metercentner der Schätzung am 10. Juli und gegen 38,450.000 Metercentner im Vorjahre, der Ernte - Ertrag an Roggen auf 10·40 Millionen Meter - centner gegen 10·42 Millionen Metercentner der Schätzung am 10. Juli und gegen 12 Millionen Metercentner im Vorjahre, der Ernte-Ertrag an Gerſte auf 11·46 Millionen Metercentner gegen 11·62 Millionen Metercentner am 10. Juli und gegen 13·40 Millionen Metercentner im Vorjahre und den Ernte-Ertrag an Hafer auf 10·32 Millionen Metercentner gegen 10·38 Millionen Metercentner am 10. Juli und gegen 11·78 Millionen Metercentner im Jahre 1899.
war um Mitte Juli: Winterweizen 2·4 (Vorjahr 2·2), Sommerweizen 2·4 (Vorjahr 2·4), Winterſpelz 2·2 (Vorjahr 2·0), Winterroggen 2·9 (Vorjahr 2·4), Sommerroggen 2·4 (Vorjahr 2·4), Sommergerſte 2·3 (Vorjahr 2·4), Hafer 2·4 (Vorjahr 2·6), Luzerne 2·6 (Vorjahr 2·5), Wieſen 2·6 (Vorjahr 2·4).
Der „ Reichs - auzeiger “veröffentlicht eine kaiſerliche Verordnung, be - treffend die theilweiſe Inkraftſetzung des Fleiſchbeſchau - geſetzes, wonach § 12, Abſatz 1, betreffend die Schlacht - vieh-Fleiſchbeſchau am 1. October 1900 in Kraft tritt. Gleichzeitig treten die Vorſchriften des § 26, Nr. 1 und 2, des § 27, Nr. 1 und der §§ 28 und 29 in Kraft, ſoweit ſie Zuwiderhandlungen gegen § 12, Ab - ſatz 1, und gegen das Verbot betreffen, Fleiſch, das den Vorſchriften des § 12, Abſatz 1, zuwider eingeführt wird, als Nahrungs - und Genußmittel für Menſchen in Verkehr zu bringen.
Der Creditorenvererein ver - öffentlicht nachfolgende Inſolvenzen: Iſidor Stern in Bukareſt; Tnicnitza Popescu in Bukareſt; G. Gangios in Galatz; J. L. Jacobovici in Galatz; Simon Grünberg in Galatz; Zivan Jeftic in Grotzka; Sima Stepanovic in Svilajnatz; L. Finkelſtein in Braila; Hoſef Zeisl, Handels - mann in Morawetz; Saul Abraham Reiß, nichtprotokollirter Handelsmann in Wien; Eduard Gernauer, Agent in Wien, 8. Bez., Joſefſtädterſtraße 79; Carl Hawranek, Krämer in Saaz; Nicolo Simoni (Verlaſſenſchaft), protokollirte Firma in Trieſt; Franz Hübl’s Nachfolger (Czechak Hermann) Firma in Auſſig; Franz Freiſeifen, Krämer in Kufſtein - Wörgl; Carl Zommer, protokollirter Kaufmann in Szatmar; Franz Rösler, Kaufmann in Fogaras; Deſider Grün, Kaufmann in Kleinwardein; Adolf Goldberger, Schirm - händler in Budapeſt, Kiraly-utcza 19; Johann Nepomuk Balogh, protokollirter Kaufmann in Valpo; György Hutyka, Kaufmann in Zolyom-Szt. -Andras; Margaretha Zargi, Handelsfrau Laibach; Adolf Hazai, Kaufmann in S. -A. - Ujhely; Sarah Blumenkranz, Handelsfrau in Lemberg; Emil Friedmann, Modewaarengeſchäft in Dux, jetzt wohn -7168 Wien, Donnerſtag Reichspoſt 26. Juli 1900haft in Thereſienſtadt; Carl Herold Fabrikant in Brünn; Eduard Kwiatowsky, Kaufmann in Podhajce; Giuſeppe Cernich, Weißgärber in Trieſt, Corſo 26.
Weizen, per 50 Kilo (neuer): Theiß, 76 — 81 Kilo K. 7.85 bis K. 8.40; Banater 74 — 78 Kilo K. 7.55 bis K. 8.10; Südbahn 76 — 80 Kilo, K. 7.60 bis K. 8.10; Marchfelder 77 — 79 Kilo K. 7.50 bis K. 7.85. Schlußcurſe: Uſancewaare per Herbſt K. 7.78 bis 7.79.
Roggen per 50 Kilo (neuer): Slovakiſcher, 72 — 76 Kilo, K. 6.70 bis 7.05 diverſer ungariſcher, 71 — 74 Kilo K. 6.65 bis K. 6.85; öſterr., 72 — 76 Kilo, K. 6.80 bis K. 7.10. Schlußcurſe: Uſancewaare per Herbſt K. 7·07 bis K. 7.08.
Mais, 50 per Kilo Ungar. alter K. 6.35 bis K. 6.40.
Hafer, per 50 Kilo: Ung. pr. K. 5.70 bis K. 5.90.
Reps, per 50 Kilo: Rübſen, ungariſcher K. 12.60 bis K. 12.85.
Malz per 50 Kilo: prima K. 12. — bis K. 13. —, ſecunda K. 11. — bis K. 12. —.
Mehl, per 50 Kilo: Wiener Weizenmehl: Nr. 0 K. 13.75 bis K. 14.25, Nr. 1 K. 13.15 bis K. 13.55, Nr. 2 K. 12.05 bis K. 12.55, Nr. 3 K. 11.55 bis K. 12.05, Nr. 7 K. 8.40 bis 8.90, Nr. 7½ K. 7.50 bis K. 7.90. — Wiener Roggenmehl-Type: Nr. 0 K. 12. — bis K. 12.50. Nr. 1 K. 10.25 bis K. 10.50, Nr. 3 K. 7. — bis K. 7.50.
Feſt. Rohzucker ab Prag prompt 30.80, ab Kolin 30.20, ab Auſſig 31.40, per Auguſt 31.40. Rafſinade Prima prompt und Juli 84. — bis 84·5 feſt. — Kartoffelſpiritus raffinirt ab Prag 112. — / 113. —, Rüböl per 50 Kilo 36.50 / 37.
Kornzucker excl. 96% —. —, Kornzucker excl. 92gr. —. —, Kornzucker excl. 88gr. notizlos. Kornzucker excl. 75gr. 11. — feſt. Gemahl. Raf -finade mit Faß 28.80, Gemahl. Melis Prima 28.30 unv. F. a. B. Hamburg, Baſis 88° feſt, per Juli M. 12.15 Auguſt M. 12.15, September 11. 72·5, October M. 9.90, Nov. -December 9. 67·5.
(Eröffnung.) Kaffee, Santos good average, per lauf. Monat Frcs. —. —, per 4 Mon. —. —.
Zucker, Cen trifugal Pilés behaup., 29. — bis 29½, per Nov. -März 27 — bis 27½, Kaffee, per 50 Kg. unv., Rio 53 / 63, Santos 53 / 65, Spiritus per Juli-Auguſt öſterreichiſcher 19.50. G.
Rohzucker 88° disponibel 34.75 bis 35.25, feſt Weißer Zucker per laufenden Monat 38⅜ per Aug. 38⅜, feſt, Raffinade disponibel 107 / 107.50.
Fettwaren, per 50 Kg. Peſter Schweinfett 54·5, Tafel-Speck 52· —. Speck geräuchert 50. —.
Petroleum loco 6.95.
Petroleum loco 6.85, feſt.
Petroleum 18¾ Hauſſe.
Rohrüben-Zucker, Baſis 88° feſt. Juli 12 / 3·5, Auguſt 12 / 1¾, October-Dec. 9 / 9¼, Jänner - März 9 / 9½. Continental-Granulated Kryſtall-Zucker 13 / 6¾ feſt. Tate’s Cubes Raffinad. 17 / 6 feſt. Java-Zucker 13 / 4½ feſt.
Officielle Schlußcurſe. Weizen per October 7.60 bis 7.61. Roggen per October 6.70 bis 6.71, Hafer per October 5.18 bis 5.19. Mais per Juli 5.96 bis 5.97, per Auguſt 5.94 bis 5.95, per Mai 1901 4.71 bis 4.72. Kohlreps per Auguſt 13.15 bis 13.20.
Weizenofferte rege, Kaufluſt gut, feſt; 25.000 Meter - centner Umſatz, feſt, behauptet, bis 5 Heller höher. Uebrigens wenig Verkehr. Termine eröffneten ſchwächer, erholten ſich auf beſſeres Effectivgeſchäft und ſchloſſen ſtetig. Neumais vernachläſſigt. Bewölkt, windig.
(Borſtenviehmarkt.) Preiſe: Prima ungariſche alte ſchwere Waare von 90 bis 91 H., junge ſchwere von 94 bis 96 H., junge mittlere von 94 bis 95 H., leichte von 93 bis 94 H., ungariſche, ge - wählte, ſchwere von — bis — H., Serbiſche ſchwere 94 bis 96 H., mittlere, 94 bis 95 H., leichte 93 bis 94 H. Vorrath vom 22. Juli 42.702 Stück. Auftrieb am 23. Juli499 Stück, Abtrieb 305 Stück. Es verblieben demnach noch 42.896 Stück.
(Getreidemarkt.) Weizer unverändert, ½ d. niedriger, amerikaniſcher Mais ½ d. Mehl unverändert. Schön.
(Baumwollmarkt Ruhig. Umſatz 3000 Ballen. Tages-Import 8000 Ballen.
Deliveries American any Port L. P. C. per Juli 5 $$\nicefrac{40}{64}$$ , per Juli-Auguſt 5 $$\nicefrac{35}{64}$$ , per Auguſt-September 5 $$\nicefrac{15}{64}$$ , per Sept. October 4 $$\nicefrac{59}{64}$$ , per October-November 4 $$\nicefrac{46}{64}$$ , per Novem - ber-December 4 $$\nicefrac{40}{64}$$ , per December-Jänner 4 $$\nicefrac{36}{64}$$ , per Jänner-Februar 4 $$\nicefrac{34}{64}$$ , per Februar-März 4 $$\nicefrac{38}{64}$$ . per März - April 4 $$\nicefrac{32}{64}$$ .
Roggen per Juli 6.30. Bewölkt.
Zucker (per 100 Kilo), Rohzucker, üetig, prompt Frachtbaſis Auſſig K. 31.40 G. K. 31.50 W.; pro Auguſt Frachtbaſis Auſſig K. 314.0 G. K. 31.50 W.; Raffinade. Ia, ruhig prompt ab Wien in Ganzwaggons K. 84.75 G. K. 85. — W.; Würfelzucker Ia, ruhig, per Auguſt-Sept. ab mäh - riſche Station tranſito K. 30.25 G. K. 30.75 W. Piles Centrifugal Ia, behauptet, prompt ab Trieſt tranſito K. 29. — G., K. 29.50 W.; per Auguſt-Sept. ab Trieſt tranſito K. 27. — G. K. 27.50 W. — Spiritus (per 10.000 Liter), unveränd., prompt contingent. ab Wien K. 44. — G. K. 44.60 — Rüböl (per 100 Kilo), ruhig. prompt ab Wien K. 37. — G. K. 37.50 W. — Leinöl (per 100 Kilo) ruhig. engl. prompt ab Wien K. 94. — G. K. 95. — W. — Oelſaaten (per 100 Kilo) ruhiger. Kohlreps per Auguſt-Sept., ab Wien K. 13.40 G. K. 13.50 W. — Petroleum (per 100 Kilo) ruhig Kaukaſiſches raff. ohne Faß prompt ab Trieſt tranſito ab 11.50 G. K. 12. — W., Galiziſches ſtand white prompt ab Wien per Waggon K. 37.50 G. K. 38.50 W.; detto waſſerhell prompt ab Wien per Waggon K. 38.50 G. K. 39.50 W. Fettwaaren (per 100 Kilo) rub., Schwein - fett incluſive Faß prompt I. Koſten ab Wien K. 56. — G. K. 56.50 W. Speck, weiß, excluſive Packung prompt I. Koſten ab Wien K. 53. — G. K. 53.50 W.: Unſchlitt, Aus - ſchnitt, prompt, I. Koſt ab Wien K. 34.50 G. K. 35. — W.
Die notirten Course verstehen sich in Kronenwährung. Die Notirung ſämmtlicher Actien und der „ Diversen Lose “verſteht ſich per Stück. In den Rubriken A — F werden die auf K, ö. W. oder Silber lautenden Effecten für 100 K = 50 fl., die auf C. -M. oder Goldgulden lautenden für 50 fl. des betreffenden Nominales, die auf Mark, Francs, Lire und Liv. St. lautenden für 100 Mark, Franos, Lire und Liv. St. notirt. Die ausnahmsweiſe per Stück gehandelten Effecten dieſer Rubriken ſind beſonders bezeichnet. Die Zinsen ſind vom Mominale, bei nicht vollgezahiten Actien vom eingezahlten Betrage zu berechnen und iſt die bei einem Effecte augeführte Steuer zu dem bemerkten Satze in Abzug zu bringen. Umrechnungssätze für Capital und Zinsen: 1 fl. ö. W. oder Silber = 2 K, 1 fl. C. -M. = 2 K 10 h, 1 Goldguldan = 2 K 40 h, 1 Mark = 1 K 18 h, 1 Frano oder 1 Lira = 86 h, 1 Liv. Sterl. = 24 K.
| Geld | Waare | |
| A. Allgemeine Staats - ſchuld. | ||
| Mai-Rente p. C. 4·2%. | 97.50 | 97.70 |
| Februar-Rente p. C. 4. 2% | 97.40 | 97.60 |
| Silber-Rente-Juli p. C. 4·2 % ........ | 97.35 | 97.55 |
| Silber-Rente-October p. C. 4·2 % ....... | 97.35 | 97.55 |
| 1854er Staatsloſe 250 fl.. | 171. — | 172. — |
| 1860er „ „ 500 fl.. | 134. — | 135. — |
| 1860er „ „ 100 fl.. | 164. — | 166. — |
| 1864er „ „ 100 fl.. | 193. — | 195. — |
| 1864er „ „ 50 fl.. | 193. — | 195. — |
| Dom. -Pfdbr à 120 fl.. | 297. — | 298. — |
| B. Staatsſchnld der im Reichsrache vertrete - nen Königreiche und Länder. | ||
| Oeſt. Goldrente, ſtfr., 100 fl. per Caſſa ..... 4% | 115.60 | 115.80 |
| dto. Rente in Kronenwhr. ſtfr., per Caſſa ... 4 | 97.35 | 97.55 |
| dto. dto. dto. p. Ultimo 4 | 97.35 | 97.55 |
| Oeſt. Inveſtitions-Rente, ſtfr., per Caſſa ... 3½ | 83.80 | 84. — |
| Eiſenbahn-Staats - ſchuldverſchrei - bungen. | ||
| Eliſabethb. in G. ſtfr. zu 100 fl. ...... 4% | 113.30 | 114.30 |
| Franz Joſeph-Bahn i. Slb. (div. St.) .... 5¼% | 118.50 | 119. — |
| Rudolf-Bahn in Kronenw. ſtfr. (div. St.) .. 4% | 95.50 | 96. — |
| Vorarlberger Vahn in Kw. ſtfr. 400 Kr ... 4% | 95.50 | 96.50 |
| Zu Staatsſchuld[v]er - ſchreibungen abge - ſtempelte Eiſen bahn - Actien. | ||
| Eliſabethbahn 200 fl. CM. 5¾% von 200 fl .... | 491. — | 495. — |
| dto. Linz-Budw. 200 fl. ö. W. S ..... 5¼% | 437. — | 440. — |
| dto. Salzb. -Tir. 200 fl. ö. W. S ...... 5% | 428. — | 431. — |
| dto. Karl Ludw. -B. 200 fl. CM. 5% von 200 fl.. | 422. — | 422.75 |
| Vom Staate zur Zah - lung übernommene Eiſenbahn-Priori - täts-Obligationen. | ||
| Böhm. Weſtbahn, Em. 1885 400 Kr. 4% ..... | 95.35 | 96.35 |
| Geld | Waare | |
| Eliſabethb. 600 und 3000 M. 4 ab 10% ...... | 112.25 | 113. — |
| Eliſabethbahn 400 u. 200 M. 4% ......... | 113.50 | 114.50 |
| Franz Joſeph-B. Em. 1884 (div. St.) Silb. 4% .. | 96.50 | 97.40 |
| Galiziſche Karl Ludwig-B. (div. St.) Silber 4%. | 94. — | 95.60 |
| Vorarlberger Bahn Emiſſ 1884 (div. St.) Silb. 4% | 95.25 | —. — |
| C. Staatſchuld der Länder der ungariſchen Krone. | ||
| 4% ung. Goldrente v. C. | 115.35 | 115.55 |
| 4% dto. Rente in Kronen - währ. ſtfr. per Caſſa. | 90.90 | 91.10 |
| 3¼% dto. dto. dto. p. C. | 81. — | 81.20 |
| Ung. St. -Eiſ.-Anl. G. 100 fl. | 120.25 | —. — |
| dto. dto. Silber 100 fl.. | 99.45 | 100.45 |
| dto. Staats-Oblig. (Ung. Oſtb. ) v. J 1876 ... | 117.75 | 118.50 |
| dto. Schankregal-Ablöſung - Obligation ...... | 98.10 | 99. — |
| dto. Prämien: Anl. à 100fl. — 200 Kr ....... | 158. — | 159. — |
| dto. dto. á 50 fl. — 100 Kr ........ | 157.75 | 158.75 |
| Theiß-Reg. -Loſe 4% ... | 139. — | 140. — |
| 4% ung. Grundentl. -Oblig. | 90.20 | 91.20 |
| 4% croat. und ſlavon. dto. | 93. — | 98.70 |
| D. Andere öffentliche Anlehen. | ||
| 5% Donau-Reg. -Anl. 1878 | 106.50 | —. — |
| Wiener Verkehrs-Anl ... | 93.50 | 94.40 |
| Anlehen d. Stadt und Han - delskammer Trieſt. 4% | 94. — | 94.75 |
| Anlehen der Stadt Wien. | 102.20 | 103. — |
| dto. dto. (Silb. od. Gold) | 122.40 | —. — |
| dto. dto. (1894) .... | 91.25 | 92.25 |
| Anl. d. Stadt Wien (1898) | 94. — | 94.80 |
| Börſebau-Anl. verlosb. 5% | 100. — | 100.75 |
| Bulgar. Staats-Eiſ. -Hyp. - Anl. 100 fl. G. = 240 Kr ......... 6% | 94.75 | 95.75 |
| Bulgar. Staats-Hyp. -Anl. 1892. 100 fl. G. = 240 Kr. ..... 6% | 95. — | 96. — |
| E. Pfandbriefe ꝛc. | ||
| Bodencr. allg. öſt. in 50 J. verl. ....... 4% | 94.20 | 95.20 |
| Böhm. Hyp. -Bank .. 5% | 101. — | 102. — |
| N. -öſt. L. -Hyp.-Anſt. 4% | 96.60 | 97,10 |
| Oberöſterr. Landes-Hyp. - Anſt ........ 4% | 98.50 | 99.50 |
| Geld | Waare | |
| Oeſt. ung. Bank 40½jähr, verl. ....... 4% | 98.20 | 99.20 |
| dto. 50jähr. verl. 4% | 98.20 | 99.20 |
| Sparcaſſa erſte öſterr., 60 J. verl. ....... 4% | 98.75 | 99.7〈…〉〈…〉 |
| Steierm. Sparcaſſa .. 4% | 96.50 | 97.50 |
| F. Eiſenbahu-Priori - täts-Obligationen. | ||
| Bozen-Meraner Bahn 4% | 94. — | 95. — |
| Buſchtehrader Bahn 5% | 101.30 | 102.30 |
| Dux-Bodenbacher E., I. E. 1869 ....... 5% | —. — | —. — |
| Ferd. -Nordb. E. 1886 4% | 96.60 | 97.40 |
| Oeſterr. Nordweſtbahn 5% | 104.75 | 105.75 |
| dto. lit. B. ... 5% | 104.70 | 105.60 |
| Staatsbahn ..... 3% | 405. — | 407. — |
| dto. X. Em. 1885 .. | 390. — | 394. — |
| dto. Ergänzungsnetz. | 394. — | 396. — |
| Südbahn Jänner-Juli 3% | 319. — | 320. — |
| dto. April-October 3% | 119. — | 120. — |
| Südnorddentſche Verbindg. - Bahn 4% ...... | 94.80 | 95.40 |
| Ung. -galiz. Bahn .... | 103. — | 104. — |
| 4% Unterkrain. = Bahn (d. St.) ......... | 99.50 | 100. — |
| 4% Valſugana-Eiſenb. -G. 200 Kr. ....... | —. — | 94. — |
| 4% Wien-Aſp. -Eiſenb.-Geſ. 200 fl. S. ...... | 97. — | 98. — |
| 4% Wr. -Loc.-A.-G. 400 K. | 90. — | 90.50 |
| 5% Wr. -Pott.-Wr.-N.-B. 200 fl. S. ...... | 103. — | 104. — |
| 4% Ybbsthalb. 200 fl. u. 1000 fl. ö. W ..... | —. — | —. — |
| G. Diverſe Loſe. (per Stück.) | ||
| 3% Bodener. -Loſe Em. 1880 | 239. — | 241. — |
| 3% „ „ Em. 1889 | 234. — | 235.50 |
| 4% Don. -Dampfſch 100 fl. | 340. — | 360. — |
| 5% Don. -Reg.-Loſe ... | 251. — | 253. — |
| Präm. -Oblig. d. türk. E. - B. 400 Fr. p. C. ... | —. — | —. — |
| dto. dto. p. M. | 104.50 | 105.50 |
| Creditloſe 100 fl. .... | 384. — | 387. — |
| Clary-Loſe 40 fl. .... | 127.25 | 128.25 |
| Dombau Budapeſter ... | 12.60 | 13.60 |
| Innsbrucker Stadtanl ... | 64.50 | 66.50 |
| Krakauer Anl. ..... | 72. — | 72.50 |
| Laibacher Pr - Anl. ... | 47.50 | 49.50 |
| Ofener Loſe 40 fl ..... | 125. — | 128. — |
| Rothen Kreuz öſterr. Geſ. v. 10 fl ........ | 42.50 | 43.50 |
| Rothen Kreuz ung. ... | 20. — | 21.25 |
| Rudolf-Loſe 10 fl ..... | 63.50 | 65.50 |
| Salm-Loſe 40 fl. .... | 172. — | 174. — |
| Geld | Waare | |
| Salzburger Prämien-Anl. | 60.25 | 61.25 |
| Stanislauer Prämien-Anl. | 130. — | —. — |
| St. -Genios. Loſe 40 fl ... | 183. — | 185. — |
| Wiener Communal-Loſe v. Jahre 1874 ..... | 382. — | 384. — |
| Gew-Sch. der 3% Präm. - Schulv. der Bodencred. - Anſtalt Em. 1889 ... | 50. — | 52. — |
| Actien. | ||
| H. Transport-Unter - uehmungen. | ||
| Auſſig-Tepl. Eiſenb. 500 fl | 3045 | 3050 |
| Bau - und Betriebs-Geſ. f ſtädt. Straßenb. in Wien lit. A ........ | 283. — | 284. — |
| Bau - und Betriebs-Geſ f. ſtädt. Straßenb. in Wien lit. B ........ | 275. — | 276. — |
| Böhmiſche Nordbahn 150 fl. | 420. — | 425. — |
| Buſchtiehrader Eiſ. 500 fl. CM. ........ | 3044 | 3048 |
| dto. (lit. B) 200 fl. p Ult | 1095 | 1099 |
| Donau-Dampfſchiffahrt-Gſ. 500 fl. CM. ..... | 750. — | 753. — |
| Dnx-Bodenb. -Eiſeub. 400 K. | 597. — | 599. — |
| Ferdinands-Nordb. 1000 fl. CM .......... | 6130 | 6145 |
| Lemb. -Czern.-Jaſſy-Eiſen - bahn-Geſ. 100 fl. S.. | 530. — | 532. — |
| Lloyd, öſt., Trieſt, 500 fl. CM .......... | 760. — | 764. — |
| Oeſt. Nordweſtb. 200 fl. S. | 455. — | 457. — |
| dto. (lit. B) 200 fl. S. p. U. | 463. — | 464. — |
| Prag-Duxer-Eiſenb. 100 fl. abgſt. ........ | 177. — | 179. — |
| Staatseiſb. 200 fl. per Ult. | 660.50 | 661.50 |
| Südb. 200 fl. Silb. p. Ult. | 109.50 | 110.50 |
| Südnorddeutſche Verbdgsb. 200 fl. CM. ..... | 369. — | 370. — |
| Tramway-Geſ., neue Wr., Prioritäts-Actien 100 fl. | 197. — | 200. — |
| Ung. -galiz. Eiſb. 200 fl. S. | 406. — | 410. — |
| Ung. Weſtb. (Raab-Graz) 200 fl. Silber .... | 415. — | 425. — |
| Wiener Localbhn. -Act.-Geſ. | —. — | —. — |
| I. Banken. | ||
| Anglo-Oeſt. Bank 120 fl. | 276.50 | 277.50 |
| Vankverein, Wiener 200 fl. | 492. — | 493. — |
| Bodencredit-Anſtalt, öſterr. 200 fl. S. ...... | 856. — | 860. — |
| Creditanſtalt für Handel u. Gewerbe 160 fl. per C. | —. — | —. — |
| dto. dto. per Ultimo .. | 671.50 | 672.50 |
| Geld | Waare | |
| Creditbank, Allg. ung. 200 fl. | 691.50 | 693.50 |
| Depoſitenbank, Allg. 200 fl. | 419. — | 421. — |
| Escompte-Geſellſch., Nied. - Oeſt. 500 fl ...... | 1418 | 1420 |
| Giro - und Caſſenverein, Wiener 200 fl. .... | 475. — | 485. — |
| Hypothekenbank, öſterreich. 200 fl. 30% E ..... | 196. — | 198.50 |
| Länderbank, öſterr. 200 fl | 416 50 | 417.50 |
| Oeſterr. -Ung. Bank 600 fl. | 1700 | 1705 |
| Unionbank 200 fl ..... | 554.50 | 555.50 |
| Verkehrsbank, Allg. 140 fl. | 322. — | 326. — |
| K, Induſtrie-Unter - nehmungen. | ||
| Baugeſ., Allg. Oeſt. 100 fl. | 150. — | 153. — |
| Egydyer Eiſen - und Stahl - Ind. in Wien 100 fl.. | 172 50 | 174. — |
| Elektr. -Geſ. allg. öſterr .. | 478. — | 480. — |
| Eiſenbahnw. -Leihg., erſte, 100 fl ......... | 330. — | 336. — |
| „ Elbemühl “, Papierf, V. -G. | 133. — | 135. — |
| Lieſinger Brauerei 100 fl. | 305. — | 309. — |
| Montan-Geſ., öſter. -alpin. | 450. — | 451. — |
| Prager Eiſen-Ind. -Geſell. 200 fl ......... | 1765 | 1775 |
| Salgo-Tarj. Steinkohlen 100 fl. ....... | 617. — | 619. — |
| Trifaiter Kohlenw. -G. 70 fl. | 425. — | 435. — |
| Türk. Tabakregie-Geſellſch. 200 Frcs. 5% p. Caſſa | —. — | —. — |
| dto. dto. Ultimo | 283. — | 285. — |
| Waffenf. -Geſ., Oeſt. in Wien 100 fl ......... | 320. — | 332. — |
| Waggon-Leihanſtalt, Allg. in Peſt 400 Kr ..... | 985 | 1000 |
| Wr. Baugeſellſch. 100 fl.. | 149. — | 151. — |
| Wienerberger Ziegelei-Act. - Geſellſchaft ...... | 674. — | 676. — |
| L. Debiſen. | ||
| Amſterdam ....... | 200.70 | 200.90 |
| Deutſche Plätze ..... | 118.55 | 118.75 |
| London ........ | 242.70 | 242.90 |
| Italieniſche Bankplätze .. | 90.55 | 90.75 |
| Paris ......... | 96.55 | 96.65 |
| Schweizer Plätze .... | 95.90 | 96.10 |
| M. Valuten. | ||
| Ducaten ........ | 11.40 | 11 44 |
| 20-Francs-Stücke .... | 19 33 | 19 36 |
| Noten ......... | 118.55 | 118.75 |
| Rubel-Noten ...... | 2.55 | 2.56 |
Druck, Herausgabe und Verlag Ambr. Opitz. Wien. — Verantwortlicher Redacteur Hermann Hikiſch, Wien.
Mit Vorliebe pflegen die Proteſtanten auf ihr angebliche Ueberlegenheit auf dem Gebiete der Schule, des höhrren Unterrichtes u. ſ. w. hinzuweiſen und mit Geringſchätzung auf die „ inferioren Katho - tiken “herabzublicken. Abgeſehen aber davon, conſta - lirt die „ Augsb. Poſtzeitung “, daß ihre meiſten heu - tigen Bildungsanſtalten aus der katholiſchen Vorzeit ſtammen, werden auch ihre neueren, dem Unterrichte dienenden Inſtitute zum großen Theile aus ehemaligem katholiſchen Kirchen - und Kloſtervermögen unterhalten be - ziehungsweiſe unterſtützt. Nach ungefähren Schätzungen dürfte das geſammte ſeinerzeit „ ſäculariſirte “Kirchen - vermögen in Preußen nach heutigem Geldwerthe gegen eine Milliarde Mark betragen, ſo daß bei einer Verzinſung von drei Percent der preu - ßiſchen Staatscaſſe jährlich an 30 Millionen Mark zufließen. Hiervon bezahlt Preußen, von nicht auf rechtlichen Verpflichtungen ruhenden Titeln, nur 2,352.716 Mark für katholiſche Zwecke, während der ungeheure Reſt zum großen Theil rein proteſtantiſchen Zwecken zugewendet wird. Von den zahlreichen in katholiſcher Zeit ge - ſtifteten Schul - und Studienfonds erhalten die Prote - ſtanten gleichfalls den Löwenantheil, obwohl ſich faſt überall der ausſchließliche katholiſche Beſtimmungszweck nachweiſen läßt. In Anbetracht dieſer Umſtände iſt es doch ſicher nicht zu verwundern, wenn die Prote - ſtanten in dieſer Beziehung den Katholiken über ſind und hätten deshalb erſtere wohl Grund, ſich nicht all - zuſehr zu erheben.
P. Stenz iſt bekanntlich im vorigen Jahre in China gemartert worden. Wir haben einen ausführlichen Bericht über ſein Martyrium gebracht. Nun haben ihn ſeine Oberen zur Wieder - herſtellung ſeiner Geſundheit nach Europa und zwur ins Miſſionshaus St. Gabriel bei Mödling geſandt. Dieſer Kenner der chineſiſchen Verhältniſſe entwickelt nun ſeine Anſichten im „ Vaterland “. Seiue Ausführungen widerlegen eine Menge falſcher Anſichten über die Urſache der Wirren in China, indem ſie die Kaiſerin als deren Haupt - Urheberin und die Habſucht, Uneinigkeit und Sorg - loſigkeit der europäiſchen Mächte und ihrer Diplo - matte als die Haupturſache derſelben hinſtellen. P. Stenz führt im Weſentlichen Folgendes aus:
Mit Eifer und Haſt ſucht jetzt Jeder am Morgen die Nachrichten zu erlangen, die das Kabel aus China gebracht. Trotzdem man weiß, daß mindeſtens zwei Drittel dieſer neueſten Nachrichten erlogen ſind, will doch Jeder dieſelben leſen. Für den, der mit chineſiſchen Verhältniſſen bekannt iſt, kommen da die curiofeſten Sachen zum Vorſchein. Die eine Zeitung weiß, daß die Kaiſerin vergiftet ſei, die andere, daß Prinz Tuan ſich zum Kaiſer ausgerufen und ſich „ Tuan Kaiſer “unterſchrieben habe; die eine hält die Kaiſerin für dumm, die andere nennt ſie ſchlau. Eine „ zuverläſſige Quelle “weiß wieder zu berichten, daß die Kaiſerin niemals Peking verlaſſen und über - haupt unfähig ſei, ob ihrer Klumpfüße die Stadt zu verlaſſen. Anfangs meinte man, mit etlichen Soldaten den „ dummen Chineſern “den Garaus machen zu können, und als das nicht glückte, ſchimpfte man und klagte man. Dann „ vermutheten “die Herren Zeitungs - ſchreiber über die Urſachen der ganzen Revolte, Herzog K’ung, der Nachkomme des Confucius, Prinz Tuan, die Kaiſerin, die Geſandten, die Miſſionäre, die Ingenieure ſollten der Reihe nach Schuld ſein an dem jetzigen Zuſtande. Da wird es denn auch erlaubt ſein, unſere Anſicht zu bringen.
Ich habe nie geglaubt, daß die Kaiſerin todt ſei, denn ich halte ſie für die eigentliche Urheberin der ganzen Revolte. Meine Be - weiſe dafür werde ich unten bringen. Daß Prinz Tuan ſich Kaiſer Tuan nennt, iſt undenkbar. In China nehmen die Kaiſer einen anderen Namen an. Und daß die Kaiſerin nicht dumm iſt, hat ſie vollſtändig in ihrer ganzen Politik bewieſen. Sie kennt auch ihr Volk. Sie geht heimlich in die Stadt, ja ſie iſt vor 40 Jahren aus Peking geflüchtet und bis in die Hauptſtadt Schantungs, Tſinaenfu, gekommen. Ihre Klumpfüße können ſie am Ausgehen nicht hindern, denn ſie hat als Tartarin keine verkrüppelten Füße. Doch das ſind ja Kleinigkeiten.
Herzog K’ung ſoll das Centrum der Bewegung ſein. Schreiber dieſes hat noch am 21. April den Herzog geſehen und geſprochen. — Ich habe in ſeinem Yamen gewohnt, an ſeiner Tafel geſpeiſt, wir haben uns gegenſeitig zum Zeichen der Freundſchaft Geſchenke gemacht. ·Ich habe von ihm unter Anderem zwei Rollen erhalten, die er ſelbſt beſchrieben, auf denen er mich ſeinen „ älteſten Bruder “nennt. Ich kenne ſeine Geſinnung in Bezug auf die Europäer. Er iſt uns ſehr freundlich geſinnt. Zwei meiner beſten chineſiſchen Freunde umgeben ihn, die mit europäiſchen Verhält - niſſen genau vertraut ſind. K’ung ſelbſt iſt auch nichtder Mann, der eine ſolche Bewegung ins Leben rufen könnte.
In einigen Zeitungen wurden die Miſſionäre als Urſache des Aufſtandes genannt. Ja, inſoferne ſie als Europäer den chriſtlichen Glauben verkünden, find ſie mitſchuldig, aber dieſe Schuld gereicht ihnen doch nur zur Ehre. Daß ſie nicht durch unkluges Benehmen eine Verfolgung provocirten, iſt doch eigentlich ſelbſt - verſtändlich, indem ſie ſich ja dadurch ſelbſt am meiſten ſchaden würden. Nun, die katholiſchen Miſſio - näre ſind von proteſtantiſchen Männern, die in China gelebt und die Verhältniſſe ſelbſt ſtudirt haben, gerechtfertigt worden. In den letzten Tagen that dies noch der ſtellvertretende deutſche Richter in Tſingtau, Dr. Eichheim. Aber auch die proteſtan - tiſchen Miſſionäre ſind nicht ſo unklug, ſich ſelbſt zu ſchaden. Wenn man dem Herrn v. Ketteler die Worte in den Mund legt, die Miſſionen hätten es mit dem Plebs zu thun, der ſie ausnütze und ſpäter ſie mit Proceſſen am Conſulargericht beläſtige, ſo iſt darauf zu antworten: Die reichſten Chineſen in Shang hai, Singapore, Hongkong ſind Chriſten (Katholiken). In Schantung z. B. gibt es eine ganze Reihe von Chriſten, die 300, 500, 1000, 10.000, ja 60.000 Morgen Land beſitzen. Bei kirchlichen Feierlichkeiten in Peking hätte der Geſandte ſich ſelbſt überzeugen können, daß Hun - derte von Knoblirten (Gelehrte und Würdenträger) allein in der einen Kirche Peit’ang zu den Sacramenten gingen. Zudem haben die Conſulargerichte mit den Chriſten nichts zu thun, indem ja die Mächte den Chriſtenſchutz bis jetzt verweigert haben.
Daß auch die chineſiſche Regierung nicht der An - ſicht iſt, daß die Miſſionäre Ruheſtörer ſeien, hat ſie bewieſen, indem ſie den hervorragendſten katholiſchen Biſchöfen Chinas, v. Anzer und Favier, die höchſten Auszeichnungen (Rang von Vicekönigen) gegeben, „ weil ſie wegen ihrer friedlichen Geſinnung ſo viel Gutes gethan in China “. Ich weiß zudem aus Erfahrung, daß das Volk die Miſſionäre dort, wo es ſie kennt, liebt und achtet. Die angenehmſten und beſten Leute ſind z. B. in den Städten Schantungs mit den Miſ - ſionären befreundet, gehen im Miſſionshauſe ein und aus und ſchicken ihre Kinder in die Schulen. Bei allen größeren Unruhen haben immer die Ge - lehrten und Vornehmen der Miſſion geholfen und ſie gerettet. Nur in ganz neu eröffneten Gebieten, in denen vorher gar nie Europäer geweſen, werden Anfangs Schwierigkeiten gemacht. Alle Mißhandlungen von Miſſionären in den letzten Jahren haben in ſolchen Gegenden ſtattgefunden.
Auch Ingenieure und Kaufleute können nicht eine ſolche Bewegung hervorrufen, die ſolchen Umfang angenommen. Es mag ja ſein, daß durch ſchneidiges Auftreten, durch ſchlechtes Beiſpiel kleinere Unruhen ganz localer Natur entſtehen, aber eine Rebellion, die ſich über das ganze Rieſenreich erſtreckt, kann nicht von ſolchen, immerhin verhältnißmäßig kleinen Verſtößen abhängig ſein. Daß der Bahnbau, der Bergbau viel böſes Blut verurſachen kann und thatſächlich auch verurſacht hat, iſt ſelbſtverſtänd - lich, zumal die Mandarine großentheils Gegner waren und auch die Leiter und Beamten dieſer Unter - nehmungen nicht vertraut ſind mit der chineſiſchen Sprache und Verhältniſſen, und oft in grauenhafter Weiſe von ihren untergebenen chineſiſchen Dolmetſchen und Unterbeamten hintergangen wurden. Wer aber das chineſiſche Volk kennt, wird wiſſen, daß dasſelbe ſich nicht zu erheben wagt, wenn es nicht höhere Pro - tection hat.
Nach meiner Anſicht ſind alſo die Beamten, reſpective in erſter Beziehung die Kaiſerin die Urheberin des ganzen Aufſtandes, auch wenn ſie das jetzt leugnet und ſich vergiftet und abgeſetzt ſtellt, auch wenn ſie Prinz Tuan als Urheber angibt. Sie iſt ein verſchmitztes Weib, das zur Erreichung ihrer Zwecke gar nichts ſcheut, Gift, Dolch, Strick und Henkerbeil weiß ſie anzuwenden. Sie war nicht mit der europäerfreundlichen Politik des jugendlichen Kaiſers Kuangſu zufrieden und erklärte ihn 1898 für krank und unfähig zur Regierung. Seither hat ſie ſich öffentlich immer noch als europäerfreundlich gezeigt, heimlich dagegen den Haß gegen Alles, was aus Europa kommt, geſchürt, in den Mandarinen ſo - wohl, wie im Volke. Ihre Politik hat ein hoher Mandarin (Cenſor), Admiral Pung-jü-lin, einmal in einer Schrift gekennzeichnet. Er ſchreibt: „ Der Umgang mit den Ausländern kann mit einer chroniſchen Krank - heit verglichen werden, die uns verhindert, das zu thun, was wir im geſunden Zuſtande thun würden. Seit dem Abſchluſſe der Verträge hat China auf mancherlei Weiſe gelitten. Vergleiche z. B. die Verträge Englands und Amerikas mit den unſerigen! — — Deſto ſchlimmer, wir ſind hilflos, gerade jetzt. Man darf jetzt nicht vom Kriege ſprechen, da wir noch von den Opiumkriegen und dem Taiping-Aufſtande her ge - ſchwächt ſind. Es würde nur dazu dienen, Territorien einzubüßen und hohen Schadenerſatz zu zahlen. Außer - dem befinden ſich in allen Provinzen heimliche Ver - bindungen. So lange wir mit dem Fremden Frieden halten, können wir dieſen die Stange bieten, ſowie wir aber mit den Ausländern zu plänkeln beginnen, können wir ſicher ſein, daß unſere inneren Feinde die Gelegenheit zur Empörung benützen. Daher iſt es von größter Wichtigkeit, wir geben nach, bis wir zum Kriege vorbereitet ſind. Die Nationen des Weſtens ſind nicht ſo hochgeſinnt wie wir, ſondern ver - ſuchen unabläſſig Vortheil von einander zu ziehen. Jede der großen Nationen trachtet nach chineſiſchem Gebiete;wenn ſie erſt einen Hafen haben, verlangen ſie noch mehrere. Nur gegenſeitige Eiferſucht und theilweiſe internationales Geſetz legt ihnen Zügel an, nicht das chineſiſche Heer und die Flotte. Die europäiſche Eifer - ſucht und Uneinigkeit iſt ein Vortheil, den der Himmel China ſendet, daß es ſich vorbereiten kann. Wenn Alles zum Kriege bereit iſt, dann werden wir mit einem Male die Vergangenheit rächen. “
Solche Worte erregten bei den Mächten keinen Argwohn, weil man die Chineſen für zu dumm oder für Halbwilde hielt, die unfähig ſeien, ein ſolches Programm durchzuführen. Seit dem japaniſchen Kriege, beſonders aber ſeit den Ereigniſſen 1898 rüſtete China gewaltig. Schreiber dieſes wohnte da - mals im Innern Chinas und konnte die Rüſtungen gut verfolgen. Wir haben auch nicht unterlaſſen, öffentlich in Zeitungen dieſe Rüſtungen zu erwähnen, aber dieſe Berichte wurden unerhört oder ſogar übel aufgenommen, „ weil man durch ſolche Nachrichten die Colonien ruinire, indem ja Niemand mehr wage, bei ſolchen Verhältniſſen im Hinterland für die Unter - nehmer Geld zu geben. “ Wir ſahen, wie die Truppen europäiſch geſchult wurden, mit europäiſchen Waffen verſehen wurden; überall fanden Militäraushebungen ſtatt, Arſenale wurden angelegt, das Volk wurde be - waffnet und zu einer geordneten Miliz ausgebildet. Von Zeit zu Zeit kamen Mandarine, die Waffen - übungen vornahmen. In der Nähe von Peking wurde viel Militär, circa 100.000 Mann, zu - ſammengezogen. Man fragte ſich, wofür das Alles? Als Antwort gab darauf der ſchlaue Chineſe: „ Das iſt gegen die Räuber, die ſo ſehr überhand nehmen. “ In den letzten Monaten wurde außerdem eine ganz genaue Statiſtik gemacht über die Europäer, Miſſionäre, Kaufleute, Ingenieure, die ſich im Innern aufhielten. Sämmtliche Chriſten wurden aufgeſchrieben, ſo exact und deutlich, wie man das faſt gar nicht gewohnt iſt. Auf die Frage, wes - halb, denn den Miſſionären war eine ſolche Sorgfalt ſehr verdächtig, erhielt man als Antwort: „ Um Euch, ſo beſſer ſchützen zn können. “ Dazu kam die Secte der da dan hui (große Meſſergeſellſchaft), von Engländern, zuerſt Boxers genannt. Dieſe iſt eine religiös-politiſche Secte, die als Endziel den Sturz der Dynaſtie beabſichtigt, dies aber zu erreichen ſuchte, ähn - lich der ko lan hui, indem ſie der Regierung Schwierig - keiten mit den Europäern macht. In den verſchiedenen Provinzen Chinas hat ſie das verſucht und auch er - reicht. 1898 wurden durch Mitglieder dieſer Secte die beiden deutſchen Miſſionäre P. Nies und P. Henle er - mordet. Folge davon war die Beſetzung Kiao-Tſchaus; Folge von Kiao-Tſchau war Wei-Hai-Wei, Port Arthur u. ſ. w. Man hat damals geſagt, die Chineſen hätten keinen Patriotismus. Daß es ihnen aber nicht gleich - giltig war, wenn man ihnen Stück für Stück vom Leibe ſchnitt, iſt gewiß. Aber die Abrundungen und großen Intereſſen dee „ civiliſirten “Staaten verlangten das eben. Die armen Zopfmänner verglichen in ihren Schriften ihr Land mit einem Knochen, um welchen ſich die europäiſchen Hunde zanken. Als zuletzt auch Italien noch ein Stück vom „ Knochen “abreißen wollte, dabei aber von den Chineſen heraus - bugſirt wurde, war es der Kaiſerin genug. Sie gab ein geheimes Decret heraus an alle Gouverneure und Vicekönige des Reiches. (Es gelang uns für einige Kronen dieſes Decret zu bekommen.) In demſelben wird der Gouverneur von Tſchekiang, der die Italiener her - ausgeworfen, belobt und den Gouverneuren ſtrengſtens aufgetragen, ſich mit allen Kräften zu rüſten. Und wenn noch einmal eine Macht in China eindringen wollte, müſſe der dortige Gouverneur ſoſort gegen die - ſelbe losgehen, ſelbſt ohne vorher in Peking nachge - fragt zu haben. Die benachbarten Gouverneure ſeien verpflichtet, dem betreffenden Gouverneur zu helfen Dieſes Decret veröffentlichten wir in oſtaſiatiſchen Blättern. Viele Gouverneure, beſonders der von Schan - tung, Namens Jühien, benützten nun die da dan hui zu ihrem Zwecke. Mit verſchiedenen Mitteln er - reichten ſie es, daß die Secte freundlicher gegen ſie geſinnt wurde. So zum Beiſpiel fing der Gouverneur von Schantung nicht die richtigen Mörder der Miſſionäre Henle und Nies, ſondern köpfte zwei andere ſchlechte Subjecte (fünf Unſchuldige liegen heute noch im Kerker); ſo kämpfte ſie nie gegen dieſelben, wenn ſie auch wie Rebellen im Lande umherzogen und die Chriſtendörfer zerſtörten und die Bahnbauten ruinirten.
Die Geſandten haben dieſe Machinationen nicht erkennen wollen oder waren auch vielleicht durch gegenſeitige Eiferſucht und Neid gehindert, energiſch vorzugehen. Biſchof v. Anzer und andere Miſſionäre haben oft genug ge - warnt. Jühien, der Gouverneur von Schantung, konnte nicht abgeſetzt werden, weil er ſonſt ein „ principientreuer Mann “ſei. Und mit ſeiner Prin - cipientreue zerſtörte er Kirchen und Chriſtendörfer und ſchulte ſein Militär gegen die Deutſchen.
Li-Hin-Heng, der nach dem Morde der Miſſionäre Henle und Nies für immer abgeſetzt wurde, wurde bald darauf unter den Augen der Geſandten noch höher befördert und mußte noch im April dieſes Jahres das Militär in Yantſe viſitiren. Jetzt iſt das Feuer, das ſo lange geglüht, zu lichterloher Flamme geworden und hat vielleicht ſchon alle Europäer in Peking verſchlungen. Die Operationen der Europäer werden ſehr erſchwert, weil in den Monaten Juni, Juli, Auguſt die ſehr ſtarken Regengüſſe fallen, die in der Nähe von Peking oft ſtundenweit die Gegend unter Waſſer ſetzen. Zudem wurde der Europäerhaß dem Volke eingeträufelt, und jedes Dorf bildet mit10Wien, Donnerſtag Reichspoſt 26. Juli 1900 168ſeiner Miliz mehr oder weniger ein Hinderniß für die europäiſchen Soldaten. Ob die Kaiſerin die Früchte ihres Werkes genißen wird, ſcheint uns zweifelhaft. Sollte ſie auch wirklich ſiegreich ſein gegen die Mächte, was aber auf die Dauer der Zeit wohl ausgeſchloſſen iſt, ſo wird doch zuletzt der revolutionäre Charakter der da han hui oder Boxers zutage treten und auch ihr den Todesſtoß geben. Es ſcheint auch, daß der jetzige Aufſtand der Kaiſerin zu früh gekommen ſei.
Im Anſchluſſe hieran geben wir auch das Warnungsſchreiben, welches der apoſto - liſche Vicar in Peking ſchon am 19. Mai an den franzöſiſchen Geſandten Herrn Pichon richtete, in dem er auf die große Gefahr der Lage hinwies. Das Alles ließ Frankreich, ließen die europäiſchen Mächte unbeachtet. Das Schriftſtück lautet:
„ Herr Geſandter! Von Tag zu Tag wird die Lage ernſter und bedrohlicher. Im Bezirke Paoting - fu ſind mehr als 70 Chriſten niedergemacht worden; in der Nähe von Tſchoo-tſchen wurden vor kaum drei Tagen drei andere Neophyten in Stücke geſchnitten. Mehrere Dörfer wurden geplündert und in Brand geſteckt, eine große Anzahl anderer Dörfer wurden vollſtändig verlaſſen. Mehr als 2000 Chriſten ſind auf der Flucht, ohne Brod, ohne Kleidung, ohne Schutz. In Peking allein ſind ungefähr 400 Flücht - linge, Männer, Frauen und Kinder, bei uns und bei den Schweſtern untergebracht. In acht Tagen werden ſich wahrſcheinlich mehrere Tauſend hier befinden, und wir werden gezwungen ſein, die Schulen, Collegien und alle Hoſpitäler freizumacheu, um für dieſe Un - glücklichen Platz zu gewinnen. Vom Oſten her drohen Plünderung und Brandſtiftung, und wir erhalten täglich die beunruhigendſten Nachrichten. Peking iſt von allen Seiten umzingelt, die Boxer nähern ſich täglich mehr der Hauptſtadt, wo - bei ſie bloß durch die Ausrottung der zum Chriſtenthume Bekehrten zurückgehalteu werden. Ich bitte Sie, Herr Geſandter, mir zu glauben, denn ich bin gut unterrichtet und behaupte nichts leichthin. Die religiöſe Verfolgung iſt blos ein Vorhang, der Hauptzweck iſt die Ausrottung der Europäer, ein Zweck, der deutlich auf den Standarten der Boxer ge - ſchrieben iſt. Ihre Anhänger erwarten ſie in Peking; man wird mit dem An - griff auf Kirchen beginnen und mit einem ſolchen auf die Geſandtſchaften ſchließen. Für uns hier in Peitang iſt ſogar ſchon der Tag feſtgeſtellt, die ganze Stadt kennt ihn, alle Welt ſpricht davon und die Gährung in der Bevölkerung iſt offenkundig. Erſt geſtern Abends ſind 43 arme Frauen, die vor den Maſſakres die Flucht ergriffen, mit ihren Kindern bei den Schweſtern eingetroffen. Mehr als 500 Perſonen begleiteten ſie und ſagten zu ihnen, wenn ſie auch dies - mal entronnen ſind, ſo werden ſie hier bald mit den Anderen davon ereilt werden. Ich erzähle Ihnen nicht, Herr Geſandter, von den zahlloſen Plakaten gegen die Europäer überhaupt, die in der ganzen Stadt affichirt werden; jeden Tag tauchen neue Plakate auf, die einen deutlicher als die anderen. Die Perſonen, welche vor dreißig Jahren Zeugen der Maſſakres von Tientſin waren, ſind von der Aehnlichkeit der damaligen Lage mit der heutigen überraſcht, die gleichen Plakate, die gleichen Drohungen, die gleichen Warnungen und die gleiche Verblendung. Auch damals haben, ebenſo wie heute, die Miſſionen, die das furchtbare Erwachen vorausſahen, geſchrieben und geheten. Unter dieſen Umſtänden halte ich es, Herr Geſandter für meine Pflicht, Sie um die Entſendung von 40 bis 50 Marineſoldaten wenigſtens nach Petang zum Schutze unſerer Perſonen und unſerer Habe zu bitten. Derartiges iſt ſchon unter viel weniger kritiſchen Verhältniſſen geſchehen, und ich hoffe, daß Sie meine ergebene Bitte in Betracht ziehen werden. † Stls. Jar - lon, Ev. Coadjutor. † Alv. Favier, Ev. Vic. Apoſt v. Peking. † C. M. Guillard, Vic. Gen.
Der 25. Jahresbericht des n. -ö. Landes - Lehrer-Seminars in St. Pölten iſt erſchienen. Er ent - hält neben den Schulnachrichten mehrere ſehr intereſſante wiſſenſchaftliche Abhandlungen. Aus einer dem Bericht vorangeſtellten Bemerkung geht hervor, daß der nieder - öſterreichiſche Landesausſchuß geſtattete, daß aus An - laß des 25jährigen Beſtandes dieſer Anſtalt, der Jahresbericht heuer in ungewöhnlich ſtarken Umfang erſcheine, um durch den Reichthum des Inhaltes ein bleibendes Denkmal der geiſtigen Thätigkeit des Lehr - körpers im gegebenen Augenblick der Folgezeit zu hinterlaſſen. Dieſer Intention iſt im vollſtem Maße entſprochen worden. Herr Anſtalts-Director Dr. R v. Muth ſchrieb eine hochintereſſante, von gründlicher Beherrſchung des Stoffes zeugende Abhandlung: „ Die Abſtammung der Baiuwaren “, Herr Profeſſor Stefan Blumauer bietet eine gediegene hiſtoriſche Arbeit: „ Die Baiern und Franzoſen in St. Pölten im Jahre 1741 “und Herr Prof. Dr. Rud. Hornich behandelt in feſſelnder Form ein actuelles Thema: „ Die Moralſkepſis unſerer Zeit “. Herr Muſiklehrer Burger hat ſich mit einem beachtenswerthen Auf - ſatz über „ Cäcilianismus und Lehrerbildungsanſtalten “eingeſtellt. Herr Uebungsſchullehrer Schwarz ſchreibt über „ Elementar-Unterricht und Elementar - lehrer “und der Hausarzt des Internates Med. Doctor Math. Klaus liefert einen Beitrag: „ Zur Waſſer - verſorgung St. Pöltens. “ Der Jahresbericht conſtatirt mit Befriedigung, daß ſich in der letzten Zeit die Zahl der Beſucher mehrt, die die in ihrer vollſtändigen Einrichtung allerdings ſehenswerthe Anſtalt zu beſich - tigen wünſchen. Ueber das Claſſificationsergebniß enthält der Bericht folgende Angaben: a) Fortgang: Vorzug 45. I. Claſſe 115; b) Sitten und Fleiß: Lobenswerth. Ausdauer: 68 bezw. 35. Befriedigend: 86 bezw. 100. Die Geſammtzahl der Schüler betrug 167. Nicht unintereſſant iſt der Hinweis darauf, daß der Pflege der Kirchenmuſik eine ſo intenſive Aufmerkſamkeit in der Anſtalt zugewendet wurde, daß es möglich war, vom November an eine Reihe kirchen - muſikaliſcher Aufführungen in der Hauscapelle zu veranſtalten.
Der Angeklagte Carl Singer gibt an, daß er ſchon früher im Bankhauſe Czjzek bedienſtet war, ſich dann ſelbſtändig machte, indem er dem Bankhauſe Singer und Stern als Geſellſchafter mit einer Ein - lage von 50.000 K beitrat, die jedoch ſchon nach einem Jahre verloren ging. Er kam dann wieder zu Czjzek, wo er monatlich 200 fl. und Bonificationen von 600 bis 800 fl. bezog.
Der Angeklagte gibt zu, daß er ſich die fälligen Coupons, die von den Werthpapieren noch nicht abge - löſt waren, angeeignet, und daß beim Ankaufe von Werthpapieren dem Bankhauſe größere als die ausbe - zahlten Beträge und beim Verkaufe geringere als die empfangenen Beträge verrechnet wurden. Das ſei aber ſo uſuell geweſen, daß man annehmen mußte, das Bankhaus ſei damit einverſtanden.
Vorſ. : Wie ſind Sie nun zu dem tiefen Griff in die Caſſe der Firma Czizek gekommen? — Angekl. : Wir haben Börſeverluſte gehabt. — Vorſ. : Wer wir? — Angekl. : Jonientz und ich. Ein Committent hatte mir 25 Tramwayactien übergeben mit dem Auftrag, ſie zu verkaufen; ich vergaß, und plötzlich fielen Tramway um 5 bis 6 fl. Ich erzählte Jonientz von meiner Schlamperei, und wir beſchloſſen, die Actien auf eigene Rechnung zu übernehmen. Um ½3 Uhr Nachmittags telephonirte der Client, ob die Actien verkauft ſind; ich bejahte, ließ mir auf die Actien einen Vorſchuß geben und zahlte den Clienten aus. — Vorſ. : Jetzt beſaßen Sie 25 Stück Tram - way und eröffneten ein Conto unter dem fingirten Namen Braun. — Angekl. : Ja. Dieſes Conto war der Anfang des Uebels. Am nächſten Tage ſchon fielen Tramway um 15 fl., die Differenzen wurden immer größer, der Curs immer tiefer, die Actien fielen um faſt 300 fl., der Verluſt war ein rieſiger. Dann ſpielte ich, um die Ver - luſte zu decken, habe aber immer verloren. — Vorſ. : Im April haben Sie nun der Caſſe des Hauſes Czjzek 50 Stück Creditactien entnommen. Wozu? — Angekl. : Um ſpielen zu können, hinterlegte ich ſie auf den Namen meiner Frau bei Hirſch u. Comp. — Vorſ. : Haben Sie ſie denn ſo nehmen können, ohne daß es Jonientz, der Caſſier, geſehen hat? — Angekl. : Ich habe ſelbſtändiges Verfügungsrecht gehabt, aller - dings nicht für meinen Gebrauch. — Vorſ. : Anläßlich einer bevorſtehenden Scontrirung liehen Sie ſich von Jonientz 20.000 fl. Rente aus und löſten die Credit - actien ein, damit ſie in der Caſſe ſeien? — Angekl. : Ja. — Vorſ. : Erfuhren Sie vorher von einer Scon - trirung? — Angekl. : Ja, es wurde mir geſagt. — Vorſ. : Das iſt eine recht zweckmäßige Einrichtung! — Angekl. : Ich hätte ſchließlich ja Alles noch im letzten Augenblicke vertuſchen können, allein ich ging zum Staatsanwalt. — Vorſ. : Früher wollten Sie ſich er - ſchießen? — Angekl. : Ja. — Vorſ. : Es liegen Ihre Abſchiedsbriefe vor. Sie haben es ſich jedoch wieder anders überlegt.
Der Angeklagte Paul Jonientz bekennt ſich als nicht ſchuldig und gibt an, daß den Parteien theils niedere, theils höhere Beträge gerechnet und die Differenzen unter den Angeklagten getheilt wurden. Alles dies ſei jedoch mit der Zuſtimmung des Bank - hauſes geſchehen. — Vorſ. : Wenn dies der Fall ge - weſen iſt, wieſo konnte Singer dann die Art der gemeinſchaftlichen Gebahrungsweiſe als Malverſation bezeichnen? — Angekl. : Das weiß ich nicht. — Vorſ. : Wie viel hat alſo das „ Conſortium “nebenbei ver - dient? — Angekl. : Circa 1900 fl. — Vorſ. : Vor dem Unterſuchungsrichter haben Sie zugegeben, das Bankhaus betrogen zu haben. Wie iſt das mit Ihrer heutigen Darſtellung vereinbarlich? — Angekl. : Ich war damals ſo aufgeregt, daß ich nicht wußte, was ich Alles beſtätigte. — Vorſ. : An der Aneignung von Coupons waren Sie nicht betheiligt? — Angekl. : Die hat Singer genommen und mir Proviſionen be - zahlt. Ich wollte doch Niemanden ſchädigen und wenn ich gewußt hätte, daß man das, wozu wir Beamten uns berechtigt hielten, als Diebſtahl auffaßt, hätte ich dem Chef Alles geſagt und zurückgegeben, was ich be - kommen habe.
Der Vorſitzende confrontirt hierauf die Angeklagten Jonientz und Singer miteinander. Erſterer ſagt zu Singer: Coupons habe ich nicht genommen. — Singer: Möglich, ich erinnere mich nicht.
Der Angeklagte Otto Erban, Couponcaſſier bei Czizek, bezog nur einen Monatsgehalt von 90 fl. und hatte für ſeine Gattin und zwei Kinder zu ſorgen. Als er ſeine früher gehabte Nebenbeſchäftigung ver - loren hatte und ſeine Frau überdies noch erkrankte, ließ er ſich, wie er weinend angibt, verleiten, jene Handlung zu begehen, wegen welcher er ſich nun zu verantworten hat. Singer und Andere hätten Coupons gebracht, die er einlöſte; er habe auch kleine Proviſionen von Börſegeſchäften bekommen.
Der Angeklagte Hans Kremar behauptet ebenfalls, daß die Vortheile beim Ein - und Verkaufe der Eſſecten vom Bankhauſe als Entſchädigung für beſondere Leiſtungen den Beamten eingeräumt worden ſeien; von dem Vortheile aus den Zinſendifferenzen habe er überhaupt erſt nachträglich erfahren. — Vorſ. : Und was hat es mit den Couponaneignungen für ein Bewandtniß? — Angekl. : Davon hatte ich gar keine Kenntniß, wenn es auch möglich iſt, daß ich daraus, ohne daß mir dies bekannt gegeben wurde, betheilt worden bin.
Der Geſellſchafter der Bankfirma Czizek, Doctor Grimus v. Grimburg, deponirt, daß Singer zwar für das Bankhaus Erkundigungen auf der Börſe einzuziehen und Aufträge des Bankhauſes auszuführen hatte, aber nicht eigentlicher Börſendisponent des Bank - hauſes war. Er war eigentlich Effectencaſſier und theilte ſich in den damit zuſammenhängenden Parteien - verkehr mit Jonienz. — Vorſ. : Welchen Einfluß hatte Singer beim Ein - und Verkauf der Effecten? — Zeuge: Ihm oblag die Cursbeſtimmung. — Vorſ. : Innerhalb welcher Schranken? — Zeuge: Innerhalb der Schranken der Curſe von Geld und Waare. Eine Ausnahme machten nur gewiſſe Actien.
Was die gegenſeitige Caſſenſperre betrifft, ſo hatten Singer und Jonientz je einen Schlüſſel, doch die Art dieſer Gegenſperre war eine ſolche, daß einer der Vertheidiger mit Recht von derſelben ſagte: So eine Sperre iſt mir in meinem Leben noch nicht vor - gekommen. Bei Tag kann Singer oder Jonientz ſo oft in die Caſſe, als ein Jeder will, und während der Nacht iſt die Caſſe ohnedies geſchloſſen, ſo daß die Doppelſperre eigentlich ganz werthlos iſt.
Zeuge gibt weiter bezüglich der eingeſtellten Zah - lungen der Proviſionen an, er habe dieſelben deshalb ſiſtirt, weil ſie erſtens zu hoch bemeſſen waren und es anderſeits nicht heißen ſollte, durch dieſelben würden die Beamten ſeines Hauſes zum Börſenſpiele verleitet.
Der geweſene Procuriſt der Firma Czjzek, Alois Schwanzer und der Vicedirector der Verkehrs - bank Hickl, der ſeinerzeit ebenfalls bei Czjzek gedient hat, geben übereinſtimmend an, das Proviſions - weſen ſei ſtillſchweigend geduldet worden.
Der Heraus - geber des Schundblattes „ Scherer “, Carl Haber - mann, der bekanntlich im Juli v. J. in Innsbruck öffentlich einen Hirtenbrief des Fürſterzbiſchofs von Brixen verbrannt hat, hatte ſich bereits zum dritten Male wegen dieſes Frevels vor Gericht zu verant - worten. Das erſte Mal vor dem Innsbrucker Er - kenntnißgerichte, welches Habermann freiſprach; der Caſſationshof hob jedoch das Urtheil auf und bei der neuerlichen Verhandlung wurde der Angeklagte zu 8 Tagen Arreſts verurtheilt. Auf Grund der Nichtigkeitsbeſchwerde hob der Caſſationshof das Urtheil abermals auf und delegirte das Kreisgericht Feldkirch für die dritte Verhandlung. Bei derſelben wurde der Angeklagte zur Abwechslung wieder freigeſprochen mit der Begründung, daß der objective Thatbeſtand, daß in der Verbrennung des Hirtenbriefes eine Herabwürdigung einer kirch - lichen Einrichtung liege, bejaht werden müſſe. Ebenſo war die Verbrennung geeignet, öffent - liches Aergerniß zu erregen. Das Schreiben ſei zweifellos ein Hirtenbrief. Die Verbrennung dieſes einzelnen, gegen den Angeklagten perſönlich ſich richtenden Hirtenbriefes laſſe aber noch nicht erkennen, daß die Herabwürdigung der ganzen kirchlichen Inſtitution beabſichtigt war und deshalb erfolge der Freiſpruch. Da diesmal der Staatsanwalt die Nichtigkeits beſchwerde anmeldete, gelangt die Affaire auch noch zum drittenmale vor den Caſſationshof.
Wie aus Konitz telegraphirt wird, iſt das Verfahren gegen den chriſtlichen Fleiſchermeiſter Hoffmann wegen Todtſchlages durch Beſchluß der Strafkammer ein - geſtellt worden. Nach dem Wortlaut des Beſchluſſes hat die Vorunterſuchung ergeben, daß Hoffmann ſchuldlos iſt.
Binnen Kurzem finden die Erſatzwahlen für die ausgeloſten oder aus anderen Gründen ausgeſchiedenen11168 Wien, Donnerſtag Reichspoſt 26. Juli 1900Beiſitzer, Erſatzmänner und Berufungsgerichtsbeiſitzer aus dem Wahlkörper der Unternehmer III und V. Gruppe ſtatt.
Die III. Gruppe wählt am 30 d. in der Volks - halle des neuen Wiener Rathhauſes in der Zeit von 8 Uhr Vormittags bis 2 Uhr Nachmittags. Even - tuelle engere Wahl am 2. Auguſt d. J. Zur Gruppe III gehören folgende Genoſſenſchaften: Anſtreicher, Bild - hauer, Blas - und Streichinſtrumenten-Erzeuger, Buch - binder, Buchdrucker, Bürſten - und Pinſel-Erzeuger, Drechsler, Faßbinder, Graveure, Induſtriemaler, Kamm - und Fächermacher, Clavier - und Orgelbauer, Korbflechter, Schilder - und Schriftenmaler, Stein - und Kupferdrucker, Tapezierer, Tiſchler, Zahntechniker und Zimmer - und Decorationsmaler. Von den Mitgliedern dieſer Genoſſenſchaften haben circa 1600 ihr Wahlrecht reclamirt und ſind demnach wohlberechtigt. Wir empfehlen in dieſer Gruppe nachſtehende Candidaten:
Als Beiſitzer die Herren: Dominik Alten - burger, Buchbinder, 6. Bez., Aegydigaſſe 3; Carl Dörr, Clavierfabrikant, 6. Bez., Hofmühlgaſſe 3; Friedrich Ehrbar jun, k. u. k. Hof-Clavierfabrikant, 4. Bez., Mühlgaſſe 6; Franz Exler, Tiſchlermeiſter, 5. Bez., Brandmayrgaſſe 4; Wenzel Foltyn, Korb - flechter, 5. Bez., Rüdigergaſſe 17; Johann Jedlicka, Tiſchlermeiſter, 18. Bez., Lacknergaſſe 96; Adolf Kaiſer, Buchdrucker. 6. Bez., Bürgerſpitalgaſſe 28; Rudolf Kaiſer. Lithograph, 6. Bez., Bürgerſpitalgaſſe Nr. 28; Adolf Krenn, Blas - und Streichinſtrumenten - Erzeuger. 5. Bez., Fockygaſſe 13; Richard Ludwig, k. u. k, Hof-Möbelfabrikant, 6. Bez., Hofmühlgaſſe 4; Carl Mimra, Tiſchlermeiſter, 4. Bez., Rittergaſſe 3; Carl Rykl, Bildhauer, 17. Bez., Hernalſer Gürtel 33; Franz X. Schenzl, k. u. k. Hof-Tapezierer, 9. Bez., Nußdorferſtraße 64; Ferdinand Scheringer, Drechsler - meiſter, 7. Bez., Burggaſſe 39; Philipp Wlach, Fächermacher, 4. Bez., Waaggaſſe 14.
Als Erſatzmänner die Herren: Joſef Araham, Fächermacher, 15. Bez., Herklotzgaſſe 33; Johann Bühler, Bürſtenerzeuger, 20. Bez., Jäger - ſtraße 2; Franz Enter, Faßbinder, 6. Bez., Mollard - gaſſe 49; Joſef Haidinger. Buchbinder, 7. Bez., Weſt - bahnſtraße 9; Adolf Hübner, Drechslermeiſter, 8. Be., Lerchenfelderſtraße 156; Johann Huß, Faßbinder, 11. Bez., Driſchützgaſſe 4; Eduard Sittner, Faßbinder, 8. Bez., Joſefſtädterſtraße 39; Thomas Slanetz, Bild - hauer, 4. Bez., Weyringergaſſe 24.
Als Berufungsgerichts beiſitzer die Herren: Adolf Legerer, Tiſchlermeiſter, 5. Bez., Grüngaſſe 27; Hermann Scheibe, k. u. k. Hof-Buch - binder, 3. Bez., Marxergaſſe 26; Johann Scheiber, Tiſchlermeiſter, 5. Bez., Griesgaſſe 30.
Die Wahl in der V. Gruppe findet am 6. Auguſt d. J. in der Volkshalle des neuen Rath - hauſes in der Zeit von 8 Uhr Vormittags bis 2 Uhr Nachmittags ſtatt. Die eventuelle engere Wahl iſt am 10. Auguſt d. J. Zur Gruppe V gehören die Ge - noſſenſchaften der Bäcker, Einſpänner, Erzeuger von Spiritus, Branntwein ꝛc., Fiaker, Donaufiſcher, Fleiſch - hauer, Fleiſchſelcher, Friſeure, Gaſtwirthe, Großfuhr - werksbeſitzer, Hoteliers, Kaffeeſieder, Kaffeeſurogat - erzeuger, Kleinfuhrwerksbeſitzer, Land - und Stadt - Lohnfuhrwerker, Leichenbeſtattungsunternehmer, Milch - meier, Pferdefleiſchhauer, Sodawaſſererzeuger, Stell -[f]uhrinhaber, Schiffmüller, Wildprethändler, Zier - g[ä]rtner, Zimmerputzer und Zuckerbäcker. Wahl - be[re]chtigt ſind in dieſer Gruppe circa 3200 Genoſſen - ſchaftsmitglieder. Wir empfehlen zur Wahl folgende Candidaten:
Als Beiſitzer die Herren: Joſef Burg - haber, Branntweinſchänker, 12. Bez., Schönbrunner - ſtraße 169; Friedr. Dechant, Wildprethändler, 18. Bez., Kutſchkergaſſe 25; Ferdinand Hafner, Kleinfuhrmann, 10. Bez., Muhrengaſſe 30; Alfred Leimer, Directorder Walzmühle Vonwiller u. Co., 20. Bez., Handels - quai 3; Johann Merkl, Großfuhrmann, 14. Bez., Neubergerſtraße 6; Arthur Mück, Kaffeeſurogaterzeuger, 9. Bez., Pramergaſſe 9; Julian Nunner, Fleiſchhauer, 2. Bez., Obere Augartenſtraße 50; Theodor Petz, Sodawaſſererzeuger, 5. Bez., Luftgaſſe 8; Leopold Pollak, Einſpänner, 12. Bez., Krichbaumgaſſe 7; Andreas Rohrer, Gaſtwirth, 16. Bez., Ottakringer - ſtraße 55; Carl Roſam, Fleiſchſelcher, 14. Bez., Kürn - burgergaſſe 3; Johann Sauer, Gaſtwirth, 1. Bez., Michaelerplatz 6; Carl Schneeweis, Fleiſchhauer, 3. Bez., Erdbergerſtraße 14; Franz Swoboda, Fleiſch - ſelcher, 17. Bez., Hormayrgaſſe 37; Edmund Zezulka, Conditor, Neulerchenfelderſtr. 12.
Als Erſatzmänner die Herren: Alois Bock, Großfuhrmann, 10. Bez., Dampfgaſſe 5; Anton Dangl, Fleiſchhauer, 4. Bez., Alleegaſſe 18; Franz Deutſch, Fleiſchhauer, 5. Bez., Schönbrunnerſtr. 109; Carl Hannakam, Gaſtwirth, 18. Bez., Schoppenhauer - ſtraße 40; Franz Lager, Kleinfuhrmann, 10. Bez. Himbergerſtraße 92; Ignaz Peiger, Friſeur, 14. Bez., Sechshauſerſtraße 13; Joſef Rappel, Gaſtwirth, 10. Bez., Himbergerſtraße 45; Franz Roſenberger, Conditor, 10. Bez., Himbergerſtraße 26.
Als Berufungsgerichtsbeiſitzer die Herren: Konrad Horacek, Friſeur, 7. Bez., Lerchenfelderſtraße 15; Carl Isnenghi, Großfuhrmann, 12. Bez., Breitenfurterſtraße 10; Rudolf Vieröckl, Fleiſchſelcher, 8. Bez., Joſefſtädterſtraße 43.
Indem wir um zahlreiche Betheiligung an der Wahl bitten, zeichnen wir mit collegialer Hochachtung für den II. Verband von Gewerbe Genoſſenſchaften des n. -ö. Handelskammerbezirkes: Johann Jedlicka, Obmann; Ernſt Schneider, Schriftführer.
Die Genoſſenſchaft der Kleinhändler mit Brennmaterialien hält am Sonntag den 26. Auguſt in Weigl’s Dreher - Park das Fahnenweihfeſt ab. Programm: Um 1 Uhr Nachmittags Zuſammenkunft in Weigl’s Dreher-Park, 12. Bez., Schönbrunnerſtraße, ſodann Abmarſch in die Meidlinger Pfarrkirche, woſelbſt die feierliche Weihe der Fahne ſtattfindet. Hierauf Rückmarſch in Weigl’s Dreher-Park und Beginn des Feſtes.
In Klein’s Saal in Hernals fand geſtern unter lebhafter Betheiligung ſeitens der Gehilfen der Fleiſch - ſelcher, Fleiſchhauer, Zuckerbäcker und Omnibus - bedienſteten eine Verſammlung behufs Stellungnahme zu den Gewerbegerichtswahlen ſtatt. Fleiſchſelcher - gehilfe Bogner eröffnete die Verſammlung und be - tonte die Wichtigkeit der Gewerbegerichtswahlen. In den Gewerbegerichten ſitzen heute lauter Socialdemo - kraten, zu denen die chriſtlich-ſocialen Gehilfen kein Vertrauen haben. Es iſt die höchſte Zeit, daß dieſe Leute aus den Gewerbegerichten entfernt werden, wenn nicht die Inſtitution ſelbſt illuſoriſch gemacht werden ſoll. (Lebhafter Beifall.) Selchergehilfe Knauer bat, nur Männer in das Gewerbegericht zu wählen, die die vitalſten Intereſſen des Standes würdig ver - treten werden.
Fleiſchhauergehilfe Eichinger betonte die große Bedeutung der Gewerbegerichtswahlen. Die Gewerbegerichte ſind an Stelle der Schiedsgerichte der einzelnen Berufsclaſſen getreten und iſt dieſe Inſtitution entſchieden als ein Fortſchritt zu betrachten. Heute ſitzt nicht nur der Meiſter oder Unternehmer dort, ſondern auch die Gehilfen und Berufsrichter. In den Gewerben, wie Fleiſchſelcher, Fleiſchhauer, Bäcker, Zuckerbäcker ꝛc., wo die Arbeitszeit nach der Willkür des Meiſters ausgedehnt werden kann, kommt es vor, daß Differenzen entſtehen, und es iſt daher ſehr wichtig, daß die Angehörigen dieſer Gewerbe ihre Stimme erheben, um Leute hineinzuwählen, die rechtund gerecht urtheilen. Es kreuzen ſich hier zwei Parteien. Wir, ſo ſagte der Redner, ſtehen auf dem chriſtlich-ſocialen und antiſemitiſchen Standpunkt, und von dieſem aus wollen wir in die Wahlen eingreifen. Den Socialdemokraten können wir uns nicht an - ſchließen, weil wir nicht begreifen können, wie es ſich zuſammenreimt Jude und Arbeiter zn ſein. Wir können auch aus dem Grunde mit den Socialdemo - kraten nicht gehen, weil wir uns mit unſeren Meiſtern nicht in ſchroffen Gegenſatz ſtellen wollen. Der Redner bat zum Schluſſe nochmals bei den Gewerbegerichts - wahlen nur Chriſtlich-Sociale zu wählen.
Nachdem noch Herr Appel aus Kloſterneuburg die Grüße der dortigen Gehilfen überbrachte, erfolgte der Schluß der Verſammlung.
Geſtern fand in Schromm’s Gaſthaus in der Schönbrunnerſtraße eine äußerſt zahlreich beſuchte Ver - ſammlung ſtatt. Derſelben wohnte u. a. Gemeinderath Schwarz bei. Nach der Eröffnung durch den Ob - mannſtellvertreter des Chriſtlich-ſocialen Arbeitervereines Richter, beſprach Gemeinderath Schwarz interne Vereinsangelegenheiten und forderte insbeſondere zu lebhaftem Beſuch des Feſtes des Vereines am 5. Auguſt auf. Hierauf erſtattete das Mitglied der Parteiveriretung Spalowsky ein eingehendes Referat. Im erſten Theile desſelben ſchilderte der Redner die politiſche Lage und die traurigen parlamentariſchen Verhältniſſe. Im zweiten wirthſchaftlichen Theile ſeiner Ausführungen beſprach er eingehend das Weſen und den Zweck, ſowie die Zuſammenſetzung des Arbeitsbeirathes des Handels - miniſteriums. In dieſem ſind auch die Socialdemokraten Smitka, Widholz und Hueber als Vertreter dieſer Partei entſendet worden, und man ſollte glauben, daß dieſe privilegirten Arbeiterführer nun auch immer die Intereſſen der Arbeiterſchaft wahren. In einer der letzten Sitzungen hat ſich nun gezeigt, daß die Herren um eines politiſchen Vortheiles willen und weil es gegen das Kleingewerbe ging, bereit ſind, die Arbeiterſchaft zu hintergehen. In der Lehrlingsfrage ſind immer beide Parteien dahin einig geweſen, daß die Lehrlingszüchterei bekämpft werden müſſe. Nun hat es ſich darum ge - handelt, ob in den Eiſenbahnwerkſtätten Lehrlinge ge - halten werden dürfen oder nicht. In dieſen Werkſtätten kann kein Lehrling etwas vernünftiges lernen, weil er kein Gewerbe ganz erlernt. Dagegen iſt nur der Handelskammerrath Adler aufgetreten und die Herren Smitka, Widholz, Hueber und Conſorten haben es zugelaſſen. Redner bat zum Schluſſe ſeiner Aus - führungen um lebhafte Unterſtützung der Organiſationen ſowie der chriſtlichen Preſſe.
Nachdem ſodann die Herren König und Gräf einige Worte an die Verſammlung gerichtet hatten, wurde über Antrag des Herrn Kadraba an den Reichsrathsabgeordneten Schneider anläßlich ſeiner ſilbernen Hochzeit ein Beglückwünſchungstelegramm ab - geſendet und ſodann die Verſammlung geſchloſſen.
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36 (Nachdruck verboten.)
Reichardt blieb über eine Stunde im Magazin, mit hinreißendem Feuer die Melodieen Mozart’s, Beethoven’s und Haydn’s vortragend, ohne einen anderen Zuhörer zu haben, als den Bruder derjenigen, welcher alle dieſe tiefgefühlten Weiſen galten.
„ Schweſter! “flüſterte endlich der Bruder in ihr Zimmer herein, als es drinnen im Saal ſtille wurde, „ Herr Reichardt bittet um die Erlaubniß, Dir gute Nacht ſagen zu dürfen! “
„ Ich laſſ’ ihm eine ſolche wünſchen, “lautete die kühle Antwort, und mit einem leiſe vor ſich hinge - murmelten: „ O, Frauenherz, wie tief ſind Deine Falten! “, wandte ſich Franz dem Freunde zu und richtete ſtirnrunzelnd den empfangenen Auftrag aus.
Es war ſonach kein Wunder, daß der junge Muſiker heute den Heimweg mit Gefühlen antrat, die von denen des geſtrigen Abends ſehr verſchieden waren. Ob er deſſen ungeachtet eine Ahnung hatte, daß ſeine Actien nicht ganz ſo ſchlecht ſtanden, wie es heute ge - ſchienen, bleibt fraglich. Jedenfalls hatte er beſchloſſen, ſich von dem, was er zu hoffen oder zu fürchten hatte, gründlich zu überzeugen, denn er begab ſich am folgenden Abend, nachdem er eine ſorgfältigere Toilette als ſonſt gemacht, von Neuem in die Wohnung des jungen Kraft
Diesmal ſchien das Glück ihm günſtiger zu ſein. Die junge, ſchöne, von ihm ſo hochverehrte Frau war im Magazin beſchäftigt, mit einem ſeidenen Läppchenden feinen Staub von der ſauberen Politur der ver - ſchiedenen Holzflächen zu wiſchen, ein Amt, das der Bruder keinen anderen Händen anvertraute. Sie war im Hausanzuge. Die weiße Schürze, das Häubchen mit den roſafarbenen Bändern verliehen ihr ein ſchmuckes Ausſehen. Sie war in ihre Beſchäftigung ſo vertieft, daß ſie die Eintretenden gar nicht ge - wahrte, und erſt aufſah, als die bekannte Stimme des Künſtlers ihr Ohr berührte, der ihr mit liebens - würdiger Freundlichkeit einen guten Abend bot, während Franz ihr lächelnd zunickte.
„ Ach, Sie ſind es, Herr Reichardt? “fragte ſie, ohne irgend eine Spur von Ueberraſchung zu zeigen und ſtreckte ihm die zarte Hand entgegen; „ wir hatten Sie heute nicht mehr erwartet — es iſt Samſtag und noch dazu nicht einmal gutes Wetter! “
„ Und doch ſehen Sie mich hier, “erwiderte Reichardt, nicht ohne einige Verwirrung, „ ich fühle mich daheim gedruckt, und da machte ich mich auf den Weg zu Ihnen. Ich hoffe, Sie werden mir darob nicht böſe ſein? “
„ Nicht im Geringſten, Herr Reichardt? In ſolcher Gemüthsverfaſſung, wie Sie ſie ſchildern, iſt die Muſik das geeignetſte Mittel, um ſich ſelbſt wieder zu finden! “
„ Und doch war es heut’ weniger ein künſtleriſcher Drang, der mich herführte, als vielmehr der Wunſch, in dieſem traulichen Kreiſe einen gemüth - lichen Abend zu verleben. “
„ Das freut uns, Herr Reichardt! “verſetzte Franz. „ Heute bleiben Sie zum Thee bei uns! “ Der Muſiker verbeugte ſich, während Bertha in ihrerBeſchäftigung fortfuhr. In dieſem Augenblicke wurde Franz von einem Lehrjungen abgerufen.
„ Ich hätte Ihnen wohl noch etwas zu ſagen, “begann der Künſtler gegen Bertha, die Gelegenheit, ſich ungeſtört ausſprechen zu können, raſch ergreifend.
„ Sie haben mir etwas zu ſagen? “fragte Bertha, in ihrer Beſchäftigung innehaltend und den Blick auf den Sprecher richtend; „ bitte, ſprechen Sie, wie’s Ihnen um’s Herz iſt! “
„ Wie mir’s um’s Herz iſt? Wohlan! da iſt mit wenig Worten viel geſagt. Es iſt nämlich — es handelt ſich darum — “Er hielt ſtockend inne.
„ Um was handelt es ſich? “forſchte Bertha mit einem Lächeln des Muthwillens. Der Schalk ſaß ihr bereits im Nacken und trieb ſie an, dem Virtuoſen die Situation ſo viel als möglich zu erſchweren.
„ Madame! als ich Sie zum erſten Male ſah — “
„ Ja, da dachten wir wohl Beide nicht daran, daß Sie mir einmal etwas vorſpielen würden! “unterbrach ihn Bertha.
„ Ach, und ich thue das ſo gern! “ſeufzte er.
„ Sie ſind ſehr gütig, Herr Reichhardt! Mein Bruder und ich werden ſtets bemüht ſein, uns Ihrer Freundlichkeit werth zu zeigen! “
„ Ich fühle mich ſo unendlich glücklich, geehrte Frau, in Ihrer Nähe, “nahm der Muſiker wieder das Wort, „ und wenn Sie mir geſtatten wollten — “
„ Sie verzeihen, mein Herr, mein Bruder iſt nicht mehr hier, ich muß einmal nachſehen, wo er bleibt! “
(Fortſetzung folgt.)
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Benjamin FiechterSusanne HaafNote: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).2018-01-26T13:38:42Z grepect GmbHNote: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T13:38:42Z Amelie MeisterNote: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.2018-01-26T13:38:42Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe
Fraktur
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