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Telephon 1828.

VI. Jahrgang. Wien, Dienſtag den 26. September 1899. Nr. 219.

Zur gefälligen Beachtung!

Wir machen jene p. t. Abonnenten, deren Be - zugsrecht mit Ende dieſes Monats ablauft, höf - lichſt darauf aufmerkſam, daß wir zum Zwecke der Erneuerung desſelben unſerer heutigen Nummer eine Poſtanweiſung zur geneigten Benützung bei - geſchloſſen haben.

Auch erſuchen wir jene p. t. Abonnenten, welche mit der Erneuerung des Bezugsrechtes noch im Rückſtande ſind, dasſelbe ehebaldigſt erneuern zu wollen, damit in der regelmäßigen Zuſendung des Blattes keine Unterbrechung eintritt.

Hochachtungsvoll

Die Kriſe.

Heute ſoll die Entſcheidung des Monarchen fallen über die Annahme der Demiſſion des Cabinets Thun. Es iſt wohl ziemlich zweifellos, daß die Demiſſion angenommen wird, es müßte denn jede neue Combination als ausſichtslos oder undurchführbar ſich erweiſen. Momentan ſtehen zwei Combinationen im Vordergrund, die Com - bination Alfred Liechtenſtein-Körber-Dipauli oder Bildung eines Beamtenminiſteriums mit dem bis - herigen Statthalter in Steiermark, Grafen Clary - Aldringen an der Spitze. Beide Variationen kommen bisher um eine Schwierigkeit nicht herum, das iſt die nach Außen wenigſtens als unerſchütterlich proclamirte Solidarität der Rechten. Fürſt Liechten - ſtein will ohne die Zuſtimmung der Rechten die Sprachenverordnungen nicht aufheben, er will gleichzeitig ohne feſte Mehrheit die Regierung nichtübernehmen, jene Solidarität jedoch ſchließt ent - weder das Eine oder das Andere aus, darum iſt die Cabinetsbildung Liechtenſtein noch nicht einen Schritt vorwärtsgekommen, wenn ſie nicht viel - leicht gar ſchon zurückgegangen iſt.

Ein Beamtenminiſterium findet die Sachlage vielleicht noch ſchwieriger, es hat möglicher Weiſe nicht alle Parteien des Hauſes gegen ſich, aber gewiß keine unbedingt für ſich. Die Feindſeligkeit, die von Seiten der Rechten gegen ein Beamten - miniſterium an den Tag gelegt wird, läßt es eigentlich ſchon von Haus aus in der Minorität ſein, es läßt gar keine Berechnung darüber mit einiger Sicherheit zu, wie es nach der doch unver - meidlichen Aufhebung der Sprachenverordnungen parlamentariſch poſtirt ſein werde, es ſchließt endlich bezüglich des Ausgleiches eigentlich jede Calculation von vornherein aus.

Dazu kommt noch, daß in den letzten Jahren alle hervorragenden Sectionschefs nahezu aufge - braucht wurden, um für ein paar Wochen Miniſter - portefeuilles zu tragen, daß man alſo das Be - amtenminiſterium entweder à la Kielmansegg aus proviſoriſchen Leitern zuſammenſtellen oder vor - übergehende Sedisvacanzen auf verſchiedenen Statthalter - und Landespräſidentenpoſten in den Kauf nehmen müßte. Auch dieſe Erwägung ſtellt ſich einem Beamten-Miniſterium entgegen, abgeſehen davon, daß gerade im jetzigen Augen - blicke eine entſchiedene, nach feſten Zielen vor - gehende Perſönlichkeit an der Spitze der Geſchäfte ſchon mehr als nothwendig wäre.

Schon bei der Uebernahme der Miſſion zur Cabinetsbildung müßte ſich dieſe Entſchiedenheit und Entſchloſſenheit documentiren. Wer den verfahrenen Staatskarren in das richtige Geleiſe bringen will, dürfte ſich durch die Solidaritäts - proclamation der Rechten nicht allzuſehr imponirenlaſſen, er müßte einfach die Beſeitigung der Sprachenverordnungen als die conditio sine qua non des wieder functionirenden Parlamentarismus durchführen und dann abwarten, ob die Polen, die Südſlaven und die Katholiſche Volkspartei deshalb wirklich alles andere für die ſchönen Augen der Jungczechen über den Haufen werfen wollten. Wir glauben es nicht, ja die Katholiſche Volkspartei müßte ihre eigenen Enunciationen Lügen ſtrafen, denn ſie ſelbſt hat ja durch ihre Worführer wie durch ihre Preſſe jene Verordnungen als beſeitigungswerth bezeichnet. Haben nicht gerade verſchiedene Parteien der Rechten ſich als Träger der Staatsnothwendigkeiten auf - geſpielt und kann vielleicht jemand leugnen, daß die Beſeitigung der Sprachenverordnungen durch den Gang der Dinge derzeit eine Staatsnoth - wendigkeit erſten Rangen geworden iſt, ohne die der wichtigſte Factor der Staatsmaſchine, die Geſetzgebung lahm gelegt bleibt, ohne die die Illega - lität ſogar in die Sphäre der gemeinſamen Ange - legenheit hinübergreifen mußte?

Der Mann, der das Ruder des Staates in die Hand nehmen wollte, müßte zur Erzielung eines wirklichen Erfolges ſeiner Feſtigkeit und Entſchloſſenheit auch auf dem Gebiete des Dualis - mus von Hauſe aus die Probe beſtehen laſſen, er müßte von vornherein die Reviſion des Ausgleiches, das heißt die Verbeſſerung der Octroy durch parlamentariſche Behand - lung auf ſein Programm ſchreiben, er müßte das thun, was wir immer verfochten haben, die Krankheit dort behandeln, wo ſie ihren eigentlichen Sitz hat. Der Premier, der den Ausgleich zur Discuſſion ſtellt, der hat eine Solidarität der Rechten nicht zu fürchten, es wird für ſein Pro - gramm ſo ziemlich auf allen Seiten des Hauſes Anhänger finden, es wird die Macht, die Autorität

Feuilleton.

Nachdruck verboten.

Himmelſchlüſſel. Eine Erinnerung aus der Studentenzeit.

Um Michaeli herum war’s. Die Natur, Braut und bräutlich geſchmückt im Lenze, war Mutter geworden und wurde allmählich zur Matrone. Ihre grauen Haare flogen glitzernd im Sonnen - glanze durch die Fluren und wickelten ſich um die Stoppeln und Schwarzbeergebüſche am Waldrande. Noch einen Monat und ſie hüllt ſich vielleicht ſchon in’s weiße, kalte Leichentuch. Ihr, der altern - den, erkaltenden Mutter, hatten die Schwalben bereits den Rücken gekehrt. Um den Kirchthurm von Mühlthal flogen ſie mehrmals herum, dann ging’s fort in die weite Welt. Recht warm ſchien die Sonne noch herab auf die Muttererde, aber trotzdem ſah man überall ſchon das Abſterben der Natur. Die Blätter trugen ſchon zum Theile die Todtenfarbe und fielen ſtill, unheimlich geräuſchlos nieder auf den dürren Boden. Die Schwalben waren fort, ihnen folgten die Studenten. Damals begann die Schulzeit noch mit Anfang October.

Auf der ſtaubigen Straße von Mühlthal nach Frankſtadt im ſüdlichen Böhmen wandern Studenten. Eine kleine Reiſetaſche über den Rücken, einen wuchtigen Stock in der Hand, ſchreiten ſie rüſtig fürbaß. Ihre Gedanken ſcheinen noch in der eben verlaſſenen Heimat zu weilen; denn ſinnend und faſt wehmüthigen Blickes wandern ſie dahin. Weinend hatte ihnen vor wenigen Stunden die Mutter das heilige Kreuz - zeichen auf die Stirne gemacht und ihr Angeſicht mit heil. Waſſer beſprengt. Sie fühlen noch dieweiche Hand auf der Stirne, die Thränen der Mutter in ihrer Seele. Schau auf Dich und vergiß Gott und uns nicht! hatte ſie auch ge - ſagt und das waren ihre letzten Worte geweſen. Der Vater hatte ſeine ſchwieligen Hände aus - gebreitet über den abziehenden Sohn und hatte ihn geſegnet, bevor er den Reiſeſtab in die Hand nahm. Schwer wurde jedesmal der Abſchied und es rann manche Thräne aus den Augen der Studenten, wie aus denen der Eltern und Ge - ſchwiſter. Der Abſchied wirkte deshalb auch längere Zeit nach in den Empfindungen der keuſchen Herzen. Die Sonne hatte dann wieder die Thränen getrocknet, die, wie der Thau am Morgen an den Blumen, an den Augenwimpern zeitlich Morgens hingen. Die Jugend vergißt ja ebenſo bald wieder die Thräne, wie das Kind ſie leicht vergißt.

Im Einkehrwirthshauſe Waldmühl ſtrecken ſchon an zehn, vielleicht zwanzig Collegen die Hände heraus und rufen die Ankommenden an. Hier iſt der Sammelplatz für die Studioſen, das was der Kirchthurm für die Schwalben iſt. Unter ähnlichem Geſchrei und Gekreiſche ziehen ſie von hier in Rudeln nach der Provinzialſtadt. Hier helfen ſich die Studenten hinweg über die Ver - gangenheit und auch über die Zukunft. Hier werden die Ferien begraben, eigentlich ertränkt. Es iſt ein luſtiges Begräbniß. Die Studenten ſind ja alle luſtige Erben. » Gaudeamus igitur, juvenes dum sumus «. Sic vivimus wir Studenten Gelder muß der Vater ſchicken, wenn der Sohn ſtudieren ſoll. So ſchallt und hallt es im lauten Chore, und die Töne dringen himmelwärts. Daheim geht die Mutter umher in dem öden Hauſe, und ihre Thränen rinnen abwärts auf die Erde. Sorgen - ſchweren Hauptes geht der Vater herum im leerenFelde und ſtill ſpricht er: Lang können wir’s nicht mehr ermachen

Sein Sohn, der Wagenhofer Franz, iſt einer der luſtigſten, ausgelaſſenſten. Noch ein Jahr und dann hat er das Gymnaſium hinter ſich und kann werden, was er will der ganze Himmel ſteht ihm ja offen, wenn er nur den rechten Schlüſſel dazu findet.

Ein Jahr war vorüber. Franz hatte die Matura mit Auszeichnung beſtanden. Wie ſchön und ſegensvoll ſind dieſe Ferien nach der Matura. Franz ſchwelgte die erſten Tage in Luſt und Seligkeit. Nach mehreren Wochen, als ſich die Schwalben zur Abreiſe rüſteten, war er verſchwunden aus dem Elternhauſe. Niemand wußte wohin und warum. Nur die Eltern ahnten es. Du weißt, Franz, daß es unſere einzige Freude iſt, wenn Du Geiſtlicher wirſt, acht Jahre lang freuen wir uns darauf. Darum haben wir Dich ſtudiren laſſen und haben uns das Letzte vom Munde abgeſpart, um es Dir zu geben. So hatte die Mutter mit weiner - licher Stimme zu ihm Tags vorher geſagt. Ich kann mich nicht ganz ruiniren Deinetwegen, Du weißt, daß außer Dir noch ſieben andere Ge - ſchwiſter da ſind, die auch einmal verſorgt ſein wollen. Thue, was Du willſt, ich will Dich nicht zwingen dazu aber Geld kann ich Dir keines mehr geben, hatte der Vater zu ihm geſagt. Der Sohn trotzte, den ganzen Tag nichts und trieb ſich umher in den Wäldern, wo er mit Beeren und Schwämmen ſeinen Hunger ſtillte. Gott wird Dich zwingen, Franz, hatte wieder am Abend der Vater ein - dringlich zum Sohne geſprochen, Gott wird Dich zwingen, uns doch einmal ſpäter die Freude zu machen, wenn Du bloß aus wildem Trotz

Note:
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Die heutige Nummer iſt 10 Seiten ſtark.
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2Wien, Dienſtag Reichspoſt 26. September 1899 219

beſitzen, über nationale und ſtaatsrechtliche, über unöſterreichiſche und umſtürzleriſche Intranſigenten zur Tagesordnung übergehen zu können, es wird die Völker auf ſeiner Seite finden, die die Parteien ſchon willig machen werden, ſoweit ſie es nicht ſind. Ob dieſer Premier ſich finden wird, ob man ihn finden will, das werden die nächſten Tage, vielleicht ſchon die nächſten Stunden lehren.

Politiſche Rundſchau.

Oeſterreich-Ungarn.

Der Cabinetswechſel.

Das Miniſterium Thun-Kaizl-Dipauli führt nach ſeiner Demiſſion, deren Annahme der Kaiſer ſich vorbehalten hat, die aber für ſicher gilt, die Regierungsgeſchäfte proviſoriſch bis zur Ernennung eines neuen Miniſteriums weiter. Die Entſcheidung der Krone wird in Bälde erwartet. Graf Thun rüſtet ſich zur Heimkehr nach Tetſchen; Doctor Kaizl will, was wir nicht recht glauben, wieder einfaches Mitglied des Jungczechenclubs werden, ſtatt ein gut dotirtes Staatsamt anzuſtreben; Baron Dipauli hält ſich für eine neue Miniſter - combination bereit, ohne jedoch viel Ausſicht auf Erfolg zu haben, da wohl alle mit der Ver - antwortung für die § 14-Arbeit belaſteten Ex - cellenzen der neuen Entwicklung am beſten ganz aus dem Wege gehen.

Der letzte Anſtoß zum Miniſter - wechſel wird, wie wir vorige Woche wiederholt anführten, thatſächlich dem Leiter unſeres äußeren Amtes, dem Grafen Goluchowski, zu - geſchrieben. Derſelbe hatte ja ſeit neueſter Zeit alle Urſache, die gefährlich wachſende Verwirrung der inneren Lage als für das äußere Anſehen unſerer Monarchie und ſeine Bündnißfähigkeit be - denklich anzuſehen. Um der engherzigen Jung - czechenpolitik willen, welcher ſich auf Drängen des Dr. Kaizl das Cabinet Thun ſeit anderthalb Jahren leider viel zu ſehr zur Verfügung geſtellt hat, kann doch unmöglich das Staatsgefüge in Frage geſtellt werden. Graf Goluchowski ſowohl wie der Reichskriegsminiſter Baron Krieghammer wollten nur vor verfaſſungmäßig, alſo im Parlament herkömmlich gewählten Delegationen, ihre Reſſort-Angelegenheiten ver - treten.

Vor Rückſichtnahme auf die gerechten For - derungen der deutſchen Geſammt-Oppoſition beſtand aber für legale, parlamentariſche Delegationswahlen abſolut keine Ausſicht. Der jungezechiſche Finanzminiſter Dr. Kaizl rieth darum im Cabinetsrathe eine willkürliche Umgehung dahin an, daß bei obſtructioneller Verhinderung einfach auf die vorjährigen Delegirten zurückgegriffen werden möge. Das Cabinet Thun fand thatſächlich keinen anderen Ausweg oder wollte ihn nicht finden. Die Auf -

und Uebermuth unſere Wünſche mißachteſt. In der Nacht war der Sohn verſchwunden und blieb verſchollen.

Der Mutter Haare waren inzwiſchen weiß geworden und des Vaters Rücken hatte ſich unter der Laſt der Sorgen und Arbeiten gekrümmt. Bleich und hohl lag im Angeſichte das tiefe Weh ihrer Seele: es durchfurchte die einſt ſo friſchen, geſunden Wangen, die Wurzeln reckten ſich und ſtreckten ſich im ganzen Leibe und zehrten am Lebensmarke. Er kann kein Glück haben auf der Welt, weil er ſo von uns gegangen iſt. Des Vaters Segen baut den Kindern Häuſer auf, und er iſt fort ohne unſern Segen. So redete die Mutter zum Vater eines Sonntags Nachmittag, als ſie allein ſaßen in der weiten Stube. Gott wird ihn noch zwingen, ſich den Segen zu holen, Mutter, wenn er noch am Leben iſt, der Franz , erwiderte traurig der Vater. Ich glaube halt immer, daß er ſchon geſtorben iſt, weil’s jetzt ſchon bald 10 Jahre ſind. Ehre Vater und Mutter, auf daß du lange lebeſt, und es dir wohl ergehe auf Erden! ſprach ſie leiſe wie zu ſich ſelber. Eine Thräne rollte um die andere herab auf die knochendürren Hände, die im Schoße lagen. Er wird noch einmal zu uns kommen, Mutter, ich glaube nicht, daß er todt iſt, es hätte doch irgend - woher die Todtennachricht kommen müßen , meinte der Vater und griff nach der Holzpfeife, um ſie in Brand zu ſtecken und ſich damit die ſchweren Sorgen und das tiefe Leid zu verſcheuchen.

(Schluß folgt.)

faſſung des Finanzminiſters Kaizl mußte aber als verfaſſungswidrig beurtheilt werden. Darum proteſtirte, wie man mittheilt, dagegen ſowohl der Miniſter des Aeußern, der in dieſem Sinne den Kaiſer informirte, wie Ungarn’s Mi - niſterpräſident, der nur eine legal gewählte öſter - reichiſche Delegation anerkennen wollte. Möglicher - weiſe haben die Conferenzen zwiſchen Chlumecky und Baron Szell in Ratot die Entſcheidung für Ungarn’s Stellung eingeleitet.

Damit war das Schickſal des Miniſteriums Kaizl, genannt Thun, entſchieden und die nun un - ausweichliche Demiſſion zur Frage weniger Tage gemacht. Das verrieth auch die Schwenkung des Fremdenblatt . Ein Nachgeben gegen Doctor Kaizl’s Rathſchlag, welch Letzterer die Sprachen - verordnungen und die czechiſchen Poſtulate um jeden Preis retten wollte, hätte übrigens die Bahn zu politiſch-uferloſen Zuſtänden in Oeſterreich eröffnet. Darum erfolgte am 23. d. M. die Abdankang des Cabinets, als auch über die Einmüthigkeit der deutſchen Oppoſition und deren einſtimmige Ablehnung der Doctor v. Fuchs’ſchen Verſtändigungsconferenz kein Zweifel mehr übrigblieb.

Das künftige Miniſterium.

Seit Samſtag überſtürzt ſich die Senſationspreſſe, die jüdiſche aus Berechnung für Iſraels Sonderintereſſen, die nicht - jüdiſche aus Neuigkeits-Haſcherei, damit eine Maſſe der buntſcheckigſten Miniſterliſten aufzuſtellen, als hätte ſich der Kaiſer, in deſſen Händen allein die Ent - ſcheidung liegt, ihre Rathſchläge erbeten. Sicher iſt bis jetzt nur, daß Fürſt Alfred Liechtenſtein, der die Aufhebung der Sprachenverordnungen für unerläßlich anſieht, vom Kaiſer vorläufig damit betraut wurde, ein neues Cabinet vorzuſchlagen. Fürſt Alfred Liechtenſtein plant angeblich ein Miniſterium, das, auf eine Mittelpartei ſich ſtützend, den Deutſchen ihr Recht zurückgäbe, die Czechen aber von wilder Obſtruction zurückhielte. Dieſe Aufgabe iſt überaus ſchwierig, weil die Jungczechen mit dem Alleräußerſten drohen, wenn ihnen die Beute der Sprachenver - ordnungen, die Badeni ihnen als Grundlage der Nationalſtaatsforderung gab, wieder entriſſen würde, und weil ſofort auch die Quertreibereien der jüdiſchen Großpreſſe begonnen haben, die jeder Neuordnung ſtets opponirt und Verwirrung ſäet, wenn dabei nicht Iſraels Macht gefördert wird.

Darum bezeichnete dieſe Preſſe ſchon geſtern die Miſſion des Fürſten Alfred Liechtenſtein als ge - ſcheitert, ohne daß bis heute dafür eine Be - ſtätigung vorliegt. Die Berathungen dauern im Gegen - theil fort.

Die Jungczechen verharren auf ihrem ſtarren Standpunkte, und ihre Preſſe ſucht durch Drohungen nach allen Seiten hin einſchüchternd zu wirken. Eine Kundgebung der czechiſchen Abgeordneten in Prag verkündete geſtern, daß der Czechenclub ent - ſchiedenſt die Zumuthung zurückweiſe, als ob die czechiſchen Ageordneten geneigt wären, einem Drucke befreundeter Parteien der Rechten nachzugeben und grundſätzliche Zugeſtändniſſe in ſprachlicher Hin - ſicht zu machen. Das czechiſche Volk dürfe nicht daran zweifeln, daß ſeine Abgeordneten nicht von der Linie abweichen werden, die ſie ſich mit ihrer Prager Reſo - lution vom 16. d. M. gezogen haben.

Die Prager Politik verſichert: Die Situa - tion geſtaltet ſich gerade für die czechiſchen Vertreter äußerſt ſchwierig. Sie kann gerettet, aber auch durch ver - fehlte Taktik auf unabſehbare Zeiten ruinirt werden.

Narodni Liſty dagegen drohen: Wir wiſſen in dieſem Augenblicke nicht, wie die Entſcheidung ausfällt; das aber wiſſen wir, daß nicht nur die czechiſchen Abgeordneten, ſondern auch das ganze czechiſche Volk durch die Wendung, die ſich vorbereitet, ledig aller Rückſichten gegenüber unſeren nationalen Brüdern, für die Rechte ihrer Sprache und ihrer Nation überall und gegen Jedermann den ſchärfſten Kampfführen werden, die ſie antaſten.

Vernünftiger urtheilen dagegen czechiſche Blätter Mährens. Der Brünner Hlas warnt dringend vor Obſtruction und Abſtinenz. Das Blatt ſchreibt: Obſtruction ſeitens der czechiſchen Abgeordneten würde nicht, wie jene der Deutſchen, die Wiener Gaſſe für ſich, ſondern gegen ſich haben. Deshalb ſei es nichts mit der Obſtruction. Es bleibe nur die Frage der Abſti - nenz offen, deren Ausſichtsloſigkeit aber bekannt ſei. Die czechiſchen Abgeordneten ſtehen alſo vor der Frage, entweder der Aufhebung der Sprachenverordnungen zuzu - ſtimmen und in der Mehrheit zu bleiben, oder die Aufhebung der Sprachenverordnungen abzulehnen, dieſe aber trotzdem aufgehoben zu ſehen und in die Oppoſition oder Abſtinenz einzutreten. Das Beſte ſei der goldene Mittelweg. Die czechiſchen Abgeord - neten möchten ſich alſo gegenüber einer zeitlichen Auf - hebung der Sprachenverordnungen unter der Voraus - ſetzung eines gerechten Sprachengeſetzes paſſiv verhalten.

Auf ſolche vernünftige Einſicht in czechiſchen Kreiſen rechnet Fürſt Alfred Liechtenſtein, deſſen geplante Mittelpartei ſowohl die ver - faſſungstreuen als die feudalen Großgrundbeſitzer, die Polen, die von Dr. Kathrein geführten deutſchconſer -vative Gruppe und überhaupt die gemäßigten Gruppen von links und rechts enthalten ſoll. Darüber werden ſeit geſtern ernſtliche Unterhandlungen geführt, an denen ſich hervorragend auch Graf Oswald Thun, der Führer des deutſchliberalen Großgrundbeſitzes, betheiligt.

Dieſe mittelparteiliche Gruppirung ſoll zunächſt die parlamentariſche Indemnität für den nach Auffaſſung der Krone unabänderlichen § 14-Ausgleich mit Ungarn herbeiführen, die aufzuhebenden Sprachen - verordnungen durch ein Nationalitäten - und Sprachen - geſetz für Oeſtereich, das dem deutſchen Pfingſtgrogramm ernſt Rechnung trägt, möglichſt bald erſetzen, die vielen parlamentariſchen Rückſtände erledigen und kräftig an die großen zeitgemäßen Reform-Aufgaben herantreten.

Gelingt dem Fürſten Alfred Liechtenſtein oder einem Anderen eine Cabinetsbildung ſolcher Structur für dieſe Aufgaben nicht, dann ſoll die Bildung eines Uebergangs-Miniſteriums mit dem Statthalter von Steiermark, dem Grafen Clary oder einem Anderen an der Spitze, verſucht werden. Ein bloßes Beamtenminiſterium perhorrescirt auch die den Jungczechen ſtets gefällige Ebenhoch-Gruppe, die ſeit der Kriſis des jetzigen Syſtems ſich ſehr reſer - virt hält.

Iſt auch ein Uebergangs-Miniſterium nicht durch - führbar, dann ſtehen, da ein jüdiſch-liberales Partei - Miniſterium an höchſter Stelle direct ausgeſchloſſen und überhaupt beſtandsunfähig iſt, innere Umgeſtal - tungen der weitreichendſten Art in Ausſicht, zu deren Durchführung möglicher Weiſe wieder Graf Thun in Betracht käme.

Reminiscenzen.

Wie ſich die Geſinnung im Miniſterfrack ändert, dafür hat namentlich der jung - czechiſche Finanzminiſter Dr. Kaizl ſtarke Proben gegeben. Nach ſeiner Einführung der drückenden Er - höhung der Zuckerſteuer und des P[e]troleumzolles wurde daran erinnert, daß Dr. Kaizl, der ſeine draſtiſche Verurtheilung des Zeitungsſtempels als Miniſter völlig vergeſſen hat, in früherer Zeit jede Conſumſteuer-Vergrößerung offen als Verbrechen am Volke bezeichnet habe. Jetzt aber erinnern ihn Prager deutſche Blätter, daß er unmittelbar vor ſeinem Eintritte ins Miniſterum im officiellen Cluborgan der Jungczechen für die Aufhebung der Gautſch’ſchen Sprachenverordnungen plaidirt habe, indem er ſchrieb: Die Hoch - ſchulen in Prag ſind getheilt, das Schulweſen überhaupt iſt auf nationale Grundlage geſtellt worden. Ueberall in der Kunſt und der Wiſſenſchaft und in allen Inſtitutionen wird gegen die Doppelſprachigkeit und für eigene nationale Typen gekämpft, und nur die Behörden und die Beamten ſollten zweiſprachig bleiben? Darin liegt ein Widerſpruch, und ich beſchränke mich darauf, ihn zu conſtatiren. So ändern ſich Grundſätze und An - ſchauungen um miniſterieller Beneficien willen.

Zur Lage

Die Vertreter der deutſchen Oppoſition, welche Fürſt Alfred Lichtenſtein in Sachen der Cabinets-Neubildung ſondiren ließ, weiſen auf ihre in der Obmännerconferenz gegebenen gemeinſamen Erklärungen hin, die bekanntlich außer der Zurückziehung der Sprachenverordnungen auch verläſſige Bürgſchaften für die Deutſchen anläßlich eines Syſtemswechſels fordern.

Unter den ernſten Candidaten für ein neues dauerhaftes Cabinet werden die Abgeordneten Grab - mayr, den der Kaiſer in Meran ſo wohlwollend an - ſprach, ferner Dr. Pattai und der Handelsminiſter des Cabinets Gautſch, Dr. v. Körber, genannt. Im Uebrigen halten ſich die deutſchen Parteien der Gemein - bürgſchaft abwartend zurück, ſo lange noch das Mini - ſterium Thun amtirt.

Der ungariſche Reichstag tritt am 28. d. zuſammen. Miniſterpräſident Szell iſt Sonntag, den 24. d., hier in Wien eingetroffen, offenbar um Klar - heit über den Stand der diesſeitigen Miniſterkriſe ſo - wie der Indemnitätsausſichten für den Ausgleich zu erhalten. Jedenfalls wird er dabei auch auf die im Reichs - tage bevorſtehenden Stürme vorbereiten, welche gelegentlich der radicalen Interpellation über die Wiederaufrichtung des Hentzi-Denkmals und über die Honvedbetheiligung an der Weihe dieſes Monumentes zu erwarten ſind. Von Seite der Koſſuth-Partei wird auch die officielle Betheiligung des Reichstages und der Regierungskreiſe an der Jahresſeier der Hinrichtung der 1848er Rebellen - führer, der ſogenannten Märtyrer der Nation , für den 6. October gefordert werden. Man ſieht, der magyariſche Radicalismus geht in der Rückſichtsloſigkeit gegen das Haus Habsburg geradezu unverſchämt vorwärts. Man darf geſpannt ſein, wie das Miniſterium Szell ſich dazu ſtellen, und welche patriotiſche Erklärungen es dabei abgeben wird. Miniſterpräſtdent Szell, der geſtern im Laufe des Vormittags in Wien mit dem General - gouverneur der Oeſterreichiſch-Ungariſchen Bank Dr. v. Kautz conferirte, wurde heute Montag vom Kaiſer in Audienz empfangen.

Geſtern berief der Kaiſer den Führer des ver - faſſungstreuen Großgrundbeſitzes, den Grafen Oswald Thun nach Schönbrunn zu beſonderer Audienz. Der - ſelbe verweilte über eine Stunde beim Monarchen. Ebenſo hatte Reichs-Finanzminiſter v. Kallay geſtern Nachmittags eine längere Audienz beim Kaiſer. Der Miniſter des Aeußern Graf Goluchowski erſchien geſtern mehrmals beim Kaiſer. Auch Freiherr von Chlumecky iſt wieder nach Wien berufen worden. Miniſterpräſident Graf Thun wurde gegen Mittag vom Kaiſer in Audienz empfangen.

3219 Wien, Dienſtag Reichspoſt 26. September 1899

Deutſches Reich.

Die Canalvorlage und die Conſervativen.

Es wird jetzt von der Regierung mit Hochdruck auf die Conſervativen gewirkt, daß ſie ihren Widerſtand gegen die Canalvorlage aufgeben. Ein officiöſe Kund - gebung enthält Folgendes: Die Staatsregierung hält an ihrer Anſchauung unverändert feſt und gibt ſich der Erwartung hin, daß die conſervative Partei den ſchwer - wiegenden Gründen, welche für die Nothwendigkeit des geplanten Canalbaues ſprechen, auf die Dauer ſich nicht verſchließen wird. Zu ſolcher Erwartung hält die Staatsregierung ſich umſomehr berechtigt, als die gedeihliche Löſung anderer, für den Oſten der Mon - archie wichtiger waſſerwirthſchaftlicher Probleme mit der Ausführung des Rhein Elbe-Canals zuſammen - hängt. Daß die gegenwärtig noch beſtehenden Meinungs - verſchiedenheiten in der Canalfrage ein Zuſammengehen der conſervativen Partei mit der Regierung in anderen geſetzgeberiſchen Fragen nicht hindern können, verſteht ſich von ſelbſt. Die Schlußworte der Conſervativen Correſpondenz , in welcher Namens der conſervativen Partei der Treue und Ergebenheit gegenüber der Krone und der Bereitwilligkeit zu einem ſolchen Zu - ſammengehen Ausdruck gegeben wird, entſprechen durch - aus der Erwartung der Staatsregierung hinſichtlich des künftigen Verhaltens der conſervativen Partei. Erſt Maßregelungen der Canalgegner, dann Ver - cherung des Vertrauens in die Beſſerung der Uebrigen das iſt deutlich genug. Ob auch wirkſam genug?

Die Reiſe des Kaiſers.

Heute, Montag, trifft der Kaiſer in Neufahrwaſſer ein und fährt nach Marien - burg. Mit der Kaiſerin wird er in Dirſchau zuſammen - treffen. In Marienburg wird das Kaiſerpaar der Marienburg einen kurzen Beſuch abſtatten. Danach reiſt das Kaiſerpaar nach Trakehnen, von wo die Wagenfahrt nach dem Jagdſchloß Rominten be - ginnt. Die Reiſe von Rominten nach Cadinen geht über Elbing.

Die junge Königin von Holland

wird mit ihrer Mutter am 7. October, in Potsdam ein - treffen und dort bis zum 11. October bleiben. Die Taufe im Hauſe des Erbprinzen von Wied iſt auf Sonntag, 8. October, angeſetzt. Urſprünglich waren die Taufe und der damit verbundene Königinnen-Beſuch für früher geplant; ſie wurden aber auf perſönlichen Wunſch des Kaiſers verſchoben.

Graf Pückler

iſt unſern Leſern als derjenige bekannt, welcher die berühmte antiſemitiſche Rede ge - halten hat, derentwegen er auf die Agitation der Juden hin der Aufreizung verſchiedener Bevölkerungs - claſſen zu Gewaltthätigkeiten gegen einander angeklagt, aber durch Urtheil des Landesgerichtes Glogau vom 12. Mai freigeſprochen worden war. Gegen dies Urtheil hatte der Staatsanwalt Reviſion ein - gelegt. Vor dem Reichsgerichte aber beantragte nun der Reichsanwalt ſelbſt die Verwerfung der Re - viſion, da der Mangel des Bewußtſeins der Rechts - widrigkeit in ausreichender Weiſe von dem Landgericht feſtgeſtellt worden ſei. Die Judenheit hat Pech in der letzten Zeit: Dreyfus verurtheilt, Hülsner verurtheilt, Hülsner’s Complicen entdeckt, Banquier Arendt in Berlin verhaftet und Graf Pückler, der Antiſemit, abermals freigeſprochen! Das iſt etwas viel auf einmal!

Großbritannien. Die Transvaalkriſe.

Die Friedensausſichten ſollen ſich wieder verbeſſert haben, da angeblich Königin Victoria und Lord Salisbury die Erhaltung des Friedens wünſchen. Maßgebend für die Friedensliebe der leitenden englichen Kreiſe iſt u A. auch der Um - ſtand, daß die engliſchen Rüſtungen noch zu wenig vorgeſchritten ſind, und daß der Oranjefreiſtaat mit der Unterſtützung Transvaals Ernſt macht. Es wird von einer Seite berechnet, daß dieſe beiden Staaten zuſammen mindeſtens 50.000 Mann ins Feld ſtellen können, während England unter Heranziehung aller verfügbaren Truppen höchſtens 40.000 Mann, worunter die ganz unverläßlichen auſtraliſchen Freiwilligen - Truppen, im Kampfe gegen die Boeren aufzubringen vermag. Transvaal kann von ſeinen 330.000 Ein - wohnern mit Ausbruch des Krieges wohl unge - fähr 30.000 kriegsbrauchbare Soldaten ſtellen. Im Nothfalle können ſämmtliche Bürger vom 18. bis zum 60. Lebensjahre aufgeboten werden, die mit Pferd, Gewehr, Munition und Proviant auf acht Tage, ſtets kriegsbereit ſein müſſen. Der mächtigſte Alliirte der Boeren, der Oranje-Freiſtaat, hat ungefähr 17.000 Krieger zur Unterſtützung ſeines Bundesgenoſſen abzugeben, Auch er kann nach ſeinen Geſetzen, unter gleichen Bedingungen, wie die Nachbarrepublik, alle Bürger vom 18. bis zum 60. Lebensjahr zu den Fahnen einberufen. Wenn nicht Alles täuſcht, werden auch die Aſrikander, Betſchuanen und Baſutos auf die Seite der Boeren treten, ſo daß England Gefahr läuft, im Falle eines Mißerfolges nicht nur Transvaal, ſondern das ganze Gebiet der ſüdafrikaniſchen Frei - ſtaaten für immer aus ſeiner Machtſphäre zu ver - lieren. Englands Regierung hat alſo allen Grund, vorſichtig zu ſein, friedliebend zu erſcheinen und ſich von Straßendemonſtrationen in der Art der geſtern in London abgehaltenen nicht beeinfluſſen zu laſſen.

Nicht weniger mitbeſtimmend für die ſchwankende, nach den neueſten Nachrichten ſogar friedensfreundliche Haltung in London iſt wohl auch die Rückſicht auf Rußland, dem es nur erwünſcht ſein kann, wenn England außerhalb Europa und Aſien durch kriege -riſche Unternehmungen feſtgehalten wird. Wie man in St. Petersburg über den engliſchen Vorſtoß in Südafrika denkt, geht aus den Ausführungen der Nowje Wremje hervor, die mit Bezug auf den Artikel der National - Zeitung über die Transvaalfrage ſchreibt: Eine Garantie dafür leiſten, daß keine continentale Groß - macht die Geneigtheit zeigt, England in den Arm zu fallen, könne das halbofficiöſe deutſche Blatt nur hinſichtlich Deutſch - lands. Daraus, daß in anderen großen politiſchen Centren Europas zur Zeit keine Abſicht beſteht, ſich in den engliſch-transvaal’ſchen Conflict zu mengen, folge durchaus nicht, daß ein ſolches Verhalten überall auch dann herrſchen werde, wenn die Vernichtung der Unab - hängigkeit Transvaal’s ganz Oſtafrika vom Cap der guten Hoffnung bis Kairo in eine große britiſche Colonie verwandelt, die im Norden an den Suez - Canal grenzt.

Serbien. Der Attentatsproceß

Der Angeklagte Kne - zevic, der jüngſt erklärt hatte, das Attentat ohne jede Anſtiftung verübt zu haben, theilt nach einer ſerbiſchen Quelle mit, er habe dieſe Ausſage über Drängen des mit der Ueberwachung des Gefängniſſes betrauten Gendarmerie-Capitäns Georgevic gemacht. Georgevic habe ihm ein Stilet gegeben und ihn auf - gefordert, den Oberſten Nikolic, ſowie die anderen Anſtifter für unſchuldig zu erklären und ſich ſelbſt zu tödten, da er ja doch zum Tode verurtheilt werden würde. Knezevic übergab den Behörden das Stilet, welches er ſeit einigen Tagen im Aermelfutter verſteckt hatte. So ſieht die Wahrheitsliebe der Milan’ſchen Kronzeugen aus. Gendarmerie-Capitän Georgevic wurde verhaftet und wird vor Gericht geſtellt werden. Inzwiſchen wurde feſtgeſtellt, daß Georgevic dem Kne - zevic kein Stilet, ſondern einen Nagel gegeben habe.

Auſtralien. Auf Samoa

ſcheinen ſich die Zuſtände nach der Abreiſe der Specialcommiſſion verſchlechtert zu haben. Einem Berichte der Kölniſchen Zeitung zu Folge wirkt die Ungewißheit der Eingeborenen über das künftige Schickſal des Landes ſehr ermuthigend auf die unbotmäßigen Elemente der Bevölkerung, die ſich vor einer unmittelbaren Beſtrafung für die Dauer des jetzigen Proviſoriums ſicher fühlen. Behufs Ver - hütung von neuen Feindſeligkeiten müßten die Re - gierungen raſch handeln. Tamaſeſe beſitzt nämlich noch immer eine eigene Regierung in der Municipali - tät. Das Volk faßte den Beſuch der Conſuln bei ſeiner kürzlich erfolgten Hochzeit als Anerkennung ſeines Königthums auf und ſingt Spottlieder auf die Commiſſion, ſowie auf Deutſchland.

Gemeindezeitung.

Der Gemeinderath

hält in der laufenden Woche am Freitag, 5 Uhr Nachmittags, eine Plenarſitzung ab. Stadtrathsſitzungen finden Mittwoch, Donnerſtag und Freitag, 10 Uhr Vormittags, ſtatt.

Wahlen.

In der Freitagſitzung des Gemeinde - rathes wurden folgende Wahlen vorgenommen: In die Commiſſion zur Durchführung des Baues einer zweiten Hochquellenleitung und der Bauten für die Ergänzung der Kaiſer Franz Joſephs-Hochquellenleitung die Ge - meinderäthe Bündsdorf, Joſef Grünbeck und Doctor Porzer als Mitglieder, Hütter und Schwarzmayer als Erſatzmänner; als Mitglied in den Bezirksſchulrath der Stadt Wien E. Hladik, Director der Eiswerke der vereinigten Approviſionirungsgewerbe.

Das Bürgerrecht der Stadt Wien

wurde verliehen den Herren: Wenzel Synek, Schuhmacher; Thomas Schipp, Schneider; Gottlieb Joſef Hentſchel, Kupferſchmied; Joſef Fiſcher, Holz - und Kohlenver - ſchleißer; Leopold Ponbauer, Marktvictualienhändler; Wolfgang Schikhofer, Friſeur; Anton Koller, Michael Andreas Herberth, Holz - und Kohlenhändler, Fr. Riha, Schneider.

Tagesbericht.

* Kalender für Dienſtag, den 26. September.

Katholiken: Cyprian. Griechen (14. Sept.): Erhöh. Sonnenaufgang 5 Uhr 53 Minuten Morgens. Sonnenuntergang 5 Uhr 49 Minuten Abends. Mondesaufgang 10 Uhr 19 Minuten Abends. Mondes - untergang 1 Uhr 39 Minuten Morgens.

* Hof - und Perſonalnachrichten.

Der Kaiſer hat geſtern Vormittags in Schönbrunn den Oberlieutenant Albrecht Prinzen zu Schaumburg-Lippe in be - ſonderer Audienz empfangen. Erzherzogin Maria Thereſia und deren Tochter Erzherzogin Mathilde ſind geſtern Abends aus Baden hier eingetroffen. Erz - herzog Friedrich iſt von hier nach Mohacs abgereiſt. Der königlich ungariſche Miniſterpräſident Kolomann v. Szell iſt Sonntag Abends in Begleitung des Mini - ſterialſecretärs Hazay aus Budapeſt hier eingetroffen. Der großbritaniſche Botſchafter Sir Horace Rumbold iſt nach Titis abgereiſt. Statthalter Graf Goëß hat ſich von hier nach Krakau und der Landespräſident in Schleſien Joſef Graf Thun nach Troppau begeben. Kronprinzeſſin-Witwe Erzherzogin Stephanie iſt zum Beſuche auf Jagdſchloß Wolfsgarten bei Darmſtadt eingetroffen.

* Auszeichnungen und Ernennungen.

Der Kaiſer hat dem königlichen ungariſchen Juſtizminiſter AlexanderPlosz und dem königl. ungariſchen Handelsminiſter Alexander v. Hegedüs die Würde eines Geheimen Rathes, dem Generalmajor und Vorſtande der zweiten Ab - theilung des Reichs-Kriegsminiſteriums Victor Caniſius den Adelſtand und dem geweſenen Notar in Linz Alois Horzeyſchy das Ritterkreuz des Franz Joſeph-Ordens verliehen; ferner den Landesgerichtsrath in Iglau Vincenz Putna zum Kreisgerichts-Präſidenten in Ungariſch-Hradiſch ernannt.

* Fürſt Ferdinand von Bulgarien

trifft morgen, Dienſtag, aus Tatra-Füred in Wien ein und wird im Auftrage des Kaiſers auf dem Staats - bahnhofe officiell empfangen werden. Der Fürſt nimmt in der Hofburg Abſteigequartier und ihm zu Ehren findet Nachmittags in Schönbrunn eine allerhöchſte Tafel ſtatt. Am 27. reiſt der Fürſt wieder ab.

* Herrenhausmitglied Graf Friedrich Carl Kinsky geſtorben.

In Adlerkoſteletz iſt Graf Friedrich Carl Kinsky, Herrenhausmit - glied, geheimer Rath und Kämmerer, Gutsbeſitzer ꝛc. im Alter von 66 Jahren geſtorben.

* Unentgeltlicher Stenographie-Curs.

Der Central - verein für Vereinfachte Stenographie-Curs eröffnet au - fangs October in allen 19 Bezirken unentgeltliche Anfänger - Curſe in der Vereinfachten Stenographie . Die Theilnemer werden von geprüften Lehrkräften in 12 Lectionen zu Ge - ſchäfts-Stenographen ausgebildet und erhalten nach Ab - legung der Schlußprüfung Zeugniß und koſtenloſen Stellen - nachweis. Als Anmeldung genügt eine Correspondenzkarte an den Centralverein für Vereinfachte Stenographie in Wien. 7., Neuſtiftgaſſe 3.

* Traubenausſtellung in Wien.

Der Verein zum Schutze des öſterreichiſchen Weinbaues veranſtaltet vom 25. September ab in der Markthalle 1. Bezirk. Zedlitzgaſſe eine große Traubenausſtellung. In den Producentenkreiſen ſowie bei den zur Vertretung der Intereſſen des Weinbaues berufenen Factoren findet dieſe gemeinnützige Veranſtaltung großen Anklang und es iſt ihr auch vom Standpuncte der Approviſionirung Wiens nur beſter Erfolg zu wünſchen. Nähere Auskünfte werden unter der Adreſſe: Trauben - ausſtellung. Wien, 1. Bezirk, Markthalle, Zedlitzgaſſe ertheilt.

* Unfall auf dem Hermannskogel.

Der 16jährige Arbeiter Guſtav Petzel machte geſtern eine Partie auf den Hermannskogel und wollte ſchon nach Einbruch der Finſterniß nach Hauſe, Ungargaſſe 59, zurückkehren. Er verfehlte den Weg und ſtürzte über eine abſchüſſige Stelle einige Meter tief herab. Der junge Mann erlitt eine Gehirnerſchütterung und mehr - fache Rißwunden. Petzel wurde bald aufgefunden, auf die nahegelegene Finanzwach-Expoſitur gebracht und ſodann in das Allgemeine Krankenhaus transportirt.

* Ein roher Gatte.

Geſtern Mittags verlangte der Eiſengießersarbeiter Kubiſek, Einſiedlerplatz Nr. 4 wohnhaft, von ſeiner Gattin, der 42jährigen Magdalena Kubiſek, Geld auf Schnaps. Dieſe verweigerte ihm dasſelbe, worauf Kubiſek in ſolche Wuth gerieth, daß er einen Holzſchlägel und ein Glas eegriff und mit dieſen auf ſeine Gattin loshieb. Die arme Frau erlitt zahlreiche Hieb - und Schnittwunden am Kopfe und im Geſichte und wurde in das Wiedener Spital gebracht.

* Die Jubiläumswarte in Ottakring,

die am 6. Juli l. J. Bürgermeiſter Dr. Lueger eröffnete, wurde ſeither von mehr als 25.000 Perſonen beſucht, und iſt dieſe von Tag zu Tag ſteigende Frequenz nicht nur dem bequemen Zugange, ſondern wahrſcheinlich auch dem Um - ſtande zuzuſchreiben, daß den Touriſten die Ausflüge per Bahn in Folge des Hochwaſſers in den letzten Tagen unmöglich und, wie von allen Touriſtenvereinen gemeldet wird, die Berge in Steiermark wegen des hohen Schnees unzugänglich ſind. Unter den Beſuchern der Warte ſind beſonders zu verzeichnen: Der erſte Oberſthofmeiſter Sr. Majeſtät Prinz Rudolf Liechtenſtein, der Polizeipräſident Johann Habrda mit dem Central-Inſpector Rudolf Götz, Eduard Strauß, Schauſpieler Fröden und zahl - reiche hohe Officiere. Die Ausſicht, die dieſe auf Wiener Gemeindegebiete noch liegende Warte bietet, iſt jetzt doppelt ſchön, da der die Warte umgebende Wald in herbſtlichen Farben ſich zeigt und die klare Luft den Blick weit über das Häuſermeer und deren Thürme bis zum Schneeberg an die Rax und die Schneealpe, zum Hocheck, dem Unterberg und zur Göllergruppe, zu den Lilienfelder-Alpen und dem Oetſcher geſtattet. Der Verein hat unter Leitung des rührigen Obmannes Alexander Ritter v. Dornfeld beſchloſſen, die Orientirung den Beſuchern weſentlich dadurch zu er - leichtern, daß die ſchwarzgelbe Markirung von der Tram - way-Halteſtelle Ende Ottakring angefangen wird.

* Eine unbefugte Sammlerin.

Die 27jährige Kleidernäherin Marie Kolleck, Landſtraße, Gürtel Nr. 29 wohnhaft, wurde Samſtag am Neubau ver - haftet und dem Landesgerichte eingeliefert. Sie hat im Vorjahre unbefugt für den Kirchenbauverein St. Philomena in Favoriten und heuer für den Caniſius-Kirchenbauverein bei verſchiedenen Perſonen, insbeſondere bei geiſtlichen Herrn Spenden in bisher feſtgeſtellter Höhe von 260 fl. eingehoben und das Geld für ſich verwendet.

* Verhaftete Diebsgeſellſchaft.

In der Leder - waarenfabrik des Franz Zeller, Joſefſtadt, Tigergaſſe Nr. 4, wurden ſeit längerer Zeit Abgänge von fertigen Waaren und Rohmaterial in einem bisher feſtgeſtellten Werthe von mehr als 300 fl. conſtatirt. Das Polizei - commiſſariat Joſefſtadt hat Samſtag fünf Diebe verhaftet, und zwar die in der Fabrik beſchäftigten Ledergalanter[i]e - waarenarbeiter den Lehrling Carl Korejci, 16 Jahre alt, Joſef Mahrhofer, 24 Jahie alt, und Carl Winter, 17 Jahre alt, dann Winter’s Geliebte die Handarbeiterin Marie Heckmann und die Hand - arbeiterin Marie Janecka. Alle wurden dem Landes - gerichte eingeliefert.

* Ein geriſſener Zug.

Als Samſtag Nachts der Perſonenzug der Staatseiſenbahn-Geſellſchaft die Stadlauer Brücke erreicht hatte, riß zwiſchen dem dritten und vierten Gepäckswagen die Kuppelung ab. Die4Wien, Dienſtag Reichspoſt 26. September 1899. 219Locomotive und die erſten drei Waggons fuhren da - von, während ſämmtliche Parſonenwagen eine Strecke weit frei liefen. Schließlich gelang es noch zu rechter Zeit, die Waggons durch unausgeſetztes Bremſen zum Stehen zu bringen. Nach kurzer Fahrt bemerkte auch der Maſchinenführer, daß der Zug geriſſen war und daß er nur mit wenigen Wagen fuhr. Er blieb ſtehen; die Kuppelung wurde wieder hergeſtellt, und nach einem Aufenthalt von 15 Minuten konnte der Perſonen - zug die unterbrochene Fahrt fortſetzen.

* Brand in Simmering.

Ein gefährlicher Brand hat geſtern Nachmittags nach 2 Uhr bei heftigem Winde in der Dorfgaſſe in Simmering eine mit Frucht gefüllte Scheune eingeäſchert und den oberen Theil der Dorfgaſſe arg bedroht. Nur die energiſche und in Folge der ſtarken entwickelten Hitze ſehr beſchwerliche Arbeit der ſtädtiſchen Feuerwehr verhütete es, daß nicht wieder eine Brandkataſtrophe von der Ausdehnung ſich ereignete, wie ſie am Pfingſtmontag 1893 die Dorfgaſſe heim - ſuchte. Damals hat ein verheerender Brand 12 Häuſer und ungefähr 20 Wirthſchaftsobjecte. vernichtet und 200.000 fl. Schaden geſtiftet. Diesmal blieb das Feuer auf das urſprünglich ergriffene Object des Martin Gey, Simmering, Dorfgaſſe Nr. 32, beſchränkt. Die Bedingungen für eine unheilvolle Ausdehnung des Feuers waren gegeben: die Lage des Objectes inmitten eines Complexes von fünf gleichartigen ebenfalls mit Frucht gefüllten Scheunen, die Windrichtung, die die Flammen gegen die Dorfgaſſe trieb, die verſpätete Ver - ſtändigung der Feuerwehr und der geringe Druck der Hydranten, der als Folge Waſſermangel hatte. Als die erſte Meldung kam, die noch nicht von einem größeren Brand ſprach, rückte ein Dampflöſchtrain unter Commando des Inſpectors Franz aus, der die erſten Anſtalten zur Unterdrückung des Feuers traf und ausgiebigen Succurs verlangte. Es kamen noch zwei Dampflöſchtrains im Hinblick auf die immenſe Gefahr, die die Dorſſtraße bedrohte. Feuerwehr - Commandant Müller fand ſich auf dem Platze ein und Inſpector Bogdanowitz leitete mit ihm die Action. Die Windrichtung war ungünſtig; die Flammen wurden ſogar bis auf die andere Mitte der Dorfgaſſe getrieben, beſtrichen aber zum Glück nur ziegelgedeckte Häuſer; bei nur einigermaßen veränderter Wind - richtung wären ſie auf Schindeldächer geſtoßen und die Kataſtrophe wäre faſt unvermeidlich geweſen. Die Hydranten waren vom Brand - platz ſoweit entfernt, daß das Waſſer mit zu geringem Drucke herausgetrieben worden wäre, und die Feuer - wehr mußte daher mit allen drei Dampfſpritzen arbeiten. Fünfzehn Schlauchlinien wurden bei dem umfangreichen Gebäude gelegt. Zunächſt wurde der Brand, der auch das Simmeringer Brauhaus hätte gefährden können, abgeſchnitten und dann erſt konnte man an die Ab - dämpfung ſchreiten. Die Löſcharbeit geſtaltete ſich ſehr mühevoll, da das brennende Getreide Glühhitze ent - wickelte und die Feuerwehrmänner ſich kaum ſchützen konnten. Vier Stunden arbeiteten die Wackeren uner - müdlich, ehe man den Brand in der Hauptſache als gelöſcht betrachten konnte, doch in dem verkohlten und glimmenden Stroh zuckten die Flammen. Den Abend und die Nacht hindurch bis tief in den heutigen Vor - mittag mußte die ſtarke Brandwache, die auf dem Platze belaſſen war, das Getreide umſchaufeln und die hie und da aufzuckenden Flämmchen löſchen. Der von dem Feuer geſtiftete Schaden beträgt 4000 fl. Die Entſtehungsurſache iſt unbekannt.

* Ein todtbringendes Bravourſtück.

Der 28jährige Taglöhner Johann Lutovsky, Florids - dorf, Donauſtraße 1 wohnhaft, hat am 17. d. das Bravourſtück ausführen wollen, über die hochange - ſchwollene Donau zu ſchwimmen. Er ſprang von der Kaiſer Franz Joſephs-Brücke in die Fluthen, wurde jedoch von der Strömung erfaßt und in die Tiefe ge - riſſen. Geſtern wurde ſeine Leiche in der Brigittenau aus dem Waſſer gezogen.

* Hochwaſſer.

Aus Budapeſt wird ge - meldet: Nach dem Hochwaſſerbericht der Hydro - graphiſchen Section culminirte das Hochwaſſer der Donau in der Nacht vom 23. d. bei Paks mit 612 Centimeter. Die Rückleitung des zwiſchen Komorn und Raab befindlichen Hochwaſſers in die Donau iſt im Zuge. Ueber eine neuere Gefahr iſt keine Meldung eingelangt. Im weſtlichen Theile des Landes iſt ein ſehr bedeutender Regen niedergegangen. Die Drau und die Saveſteigen.

Kellerfeuer im 10. Bezirk.

Geſtern Vor - mittags gegen 10 Uhr geriethen in dem zur Dampf - mühle Milaczek gehörigen Keller, Laxenburgerſtraße 70, die dortſelbſt eingelagerten Kohlenvorräthe (circa 11 Waggonladungen) in Brand. Nach Legung einer Hydrantenſchlauchlinie wurde mit dem Umſchaufeln be - gonnen. Der Beſitzer wurde verhalten hiezu Civilarbeiter zu verwenden. Die Arbeiten dürften noch einen ganzen Tag in Anſpruch nehmen.

* Selbſtmordchronik.

Der Commiſſionswaaren - händler und Börſebeſucher Johann Roſauer, ein Greis von 71 Jahren, hat ſich aus einem Fenſter des zweiten Stockwerkes ſeines Wohnhauſes, Alſergrund, Waſagaſſe 4, auf die Straße geſtürzt und iſt ſogleich todt auf dem Pflaſter geblieben. Der alte Mann litt ſeit mehreren Jahren an Lungenödem und Schlafloſigkeit. Darin ſoll auch der Grund des Selbſtmordes zu ſuchen ſein. Der 50jährige Tiſchlermeiſter Anton T., Favoriten, Sennefeldergaſſe wohn - haſt, hat ſich an dem Fenſterkreuz erhängt. Ein unheilbares Kehlkopfleiden iſt das Motiv der That. Der 35jährige Bäckergehikfe Julius W., Favoriten, Gellertgaſſe wohnhaft, brachte ſich am 23. d. M. in ſeinem Arbeitsorte, Eugen - gaſſe 12, mit ſeinem Taſchenmeſſer zwei Stichwunden inder Herzgegend bei, Er wurde ſchwer verletzt ins Wiedner - Krankenhaus gebracht. Das Motiv der That iſt unbekannt. Am Ufer des Donaucanals unterhalb der Stephanie - bräcke wurde ein mit Franz Schückert, Schauſpieler, 1871 in Graz geboren, gefertigter Brief gefunden Der Schreiber theilt in dem Briefe mit, daß er Samſtag in den Donaucanal geſprungen iſt. Der Hilfsbeamte der Staatseiſenbahn-Geſellſchaft Jaroslav H. iſt heute Früh nach 8 Uhr im Gebäude des Centralbureau der Geſellſchaft 1. Bez., Schwarzenbergplatz Nr. 3, erhängt aufgefunden worden. Das Motiv der That iſt bisher unaufgeklärt. Die 35jährige Buchhaltersgattin Ilka Sch. war ſeit heute aus Ungarn zugereiſt, um hier Aerzte und Profeſſoren der Pſychiatrie wegen eines Nervenleidens zu conſultiren. Sie miethete ſich heute Früh im 2. Stocke des Hauſes Nr. 8 der Schlöſſelgaſſe als Afterpartei ein und ſtürzte ſich nach kurzem Aufenthalte aus dem Fenſter auf die Straße. Dort blieb ſie mit ſchweren inneren Verletzungen und einem Bruch des linken Oberſchenkels ſowie Verletzungen im Geſichte liegen. Man brachte ſie ins Allgemeine Krankenhaus. Frau Sch. dürfte den Selbſtmordverſuch im Zuſtande der Geiſtesſtörung ausgeführt haben.

* Ein Sängling vom britten Stock herab - geſtürzt.

In Budapeſt ließ ein 11jähriges Dienſt - mädchen (!) des Agenten Joſef Weiß (!) das acht Monate alte Kind ihres Dienſtgebers aus Unachtſamkeit vom Fenſter des dritten Stockwerkes in den Hof fallen. Der Säugling blieb zerſchmettert auf dem Boden liegen. Die Magd lief in ihrem Schrecken davon und konnte bisher noch nicht eruirt werden.

* Gelbes Fieber und Peſt.

In Key-Weſt ſind 40 Erkrankungen an gelbem Fieber vorgekommen, von denen 3 bisher tödtlich verliefen. Das Wetter be - günſtigt die Ausdehnung der Krankheit. In New - Orleans ſind Todesfälle in Folge des gelben Fiebers ſeit Freitag nicht mehr vorgekommen. Eine Perſon iſt indeſſen neuerkrankt. In Alexan - drien iſt die Peſt wieder aufgetreten. Geſtern iſt von den zwei neuerkrankten Perſonen eine bereits geſtorben.

* Ein neues Metall.

Der Sohn des Profeſſors an der Wiener Univerſität, Hofrathes Dr. Mach, Dr. Mach jun. in Jena, hat ein neues Metall, das leichter als Aluminium, luft - und waſſer - beſtändig, elaſtiſch und doch feſt ſein ſoll. Zunächſt iſt in Ausſicht genommen, das Magnalium für optiſche und mechaniſche Zwecke, ferner als Lettern - metall, ſowie für alle ſolche Gegenſtände zu benützen, für die bisher Meſſing zur Verwendung kam. Zur Einführung dieſer Neuheit hat ſich bereits eine Oeſter - reichiſch-ungariſche Magnalium-Geſellſchaft mit dem Sitze in Berlin gebildet.

* Strandung eines öſterreichiſchen Handels - ſchiffes.

Aus Hamburg kommt die Nachricht, daß das von dort nach Braſilien mit Spirituoſen beſtimmte öſterreichiſche Vollſchiff Iſtro , Capitän Hreglich, am Badeſtrand nächſt der Strandhalle bei Wittduen (Inſel Amrum) geſtrandet ſei. Die Belaſtung iſt vollſtändig verloren. Die geſammte Mannſchaft konnte mit großer Gefahr gerettet werden.

* Sommers Abſchied .

Das Feſt des öſterreichi - ſchen Bühnenvereines in Venedig in Wien mußte des Regenwetters wegen neuerdings und zwar auf Dienſtag den 26. d., verſchoben werden.

* Der Polarſtern ein zuſammengeſetzter Stern.

Wie aus San Francisco gemeldet wird, hat Profeſſor Campbell auf der Lick - Sternwarte eine intereſſante aſtronomiſche Entdeckung gemacht. Darnach iſt durch das große Lick-Ferurohr der Polarſtern als ein Syſtem von drei Körpern erkannt worden. Zwei davon drehen ſich um die eigene Achſe in vier Tagen, und beide wieder um den dritten als Hauptſonne.

* Neuartige Zugsſicherung.

Bekanntlich ſind die größeren Schiffe, um während des Nebels anderen Schiffen ihre Nähe kund zu machen, mit. Sirenen ver - ſehen, deren weithin hörbares Getöſe warnen und Zu - ſammenſtöße verhindern ſoll. Der franzöſiſche Ingenieur Dupont, eingedenk der Thatſache, daß Halteſiguale überſehen, Knallkapſeln überhört werden, und daß die meiſten Zuſammenſtöße durch nachfahrende Züge ge - ſchehen, die in vor oder in der Station haltende Züge hineinfahren, hat dieſes Princip nun auch für den Eiſenbahnverkehr angewendet. Er bringt, wie wir der diesbezüglichen Mittheilung des Patent-Anwaltes J. Fiſcher in Wien entnehmen in letzten Wagen einen Behälter mit ſtark comprimirter Luft an, an welchen eine Sirene befeſtigt iſt. Wenn ein Zug außerhalb der Station hält und ein nachfolgender Zug erwartet wird, wird die Sirene ein Function geſetzt, die entſchieden von dem Maſchiniſten des Folgezuges gehört werden muß, ſo daß dieſer den Zug zeitgerecht zum Stillſtande bringen kann.

* Ausſtellung von Chriſtusköpfen.

Eine Ausſtellung der Chriſtusköpfe iſt von der Turiner Geſellſchaft zur Förderung der ſchönen Künſte veran - ſtaltet worden; die Aufgabe war ſehr einfach ein Chriſtuskopf aber in ihrer Einfachheit ſehr groß, obgleich ſchon ſeit vielen Jahrhunderten faſt alle Künſtler der Welt verſucht haben, ein ideales Bildniß des Erlöſers auf der Leinwand oder im Marmor feſt - zuhalten. Mehrere hundert Künſtler haben ſich hier um den Preis beworben, was ſie producirt haben, iſt zum größten Theile ſchlecht und inhaltslos. Sie haben Chriſtus in allen Geſtalten dargeſtellt ein gläubiger Chriſt könnte ſagen: Sie haben ihn pro - fanirt. Der hat aus dem Galiläer einen gebrech - lichen Greis gemacht, jener einen Jüngling mit faſt weibiſchen Geſichtszügen. Einer ſtellt ihn der ſtrotzen - den Fülle des Lebens dar, ein anderer als Sterbenden, bald ſieht man ihn mit wallenden, blonden Haaren,bald mit tief ſchwarzem Haupt - und Barthaar und echt orientaliſchem Typus; man findet die ſchä[n]ſſten Gegenſätze, neben dem Chriſtus mit geſcheiteltem und geſalbtem Haar einen Chriſtus mit wirren ſtruppigen Locken. Hier fällt der ſanfte, ſeit Jahrhunderten idealiſirte Blick des Erlöſers auf, und daneben ein wild funkelndes Auge, das nicht von Liebe ſpricht; ruhige Phyſiognomien wechſeln mit geradezu verzerrten ab. Aber trotz der Mannigfaltigkeit der Typen iſt nichts Werthvolles vorhanden. So ſchreibt wenigſtens der Berliner Localanzeiger .

* Die erſte elektriſche Tramway in Korea.

Die erſte elektriſche Tramway, die in Korea gebaut wurde, hat ein ſchlimmes Schickſal gehabt. Die That - ſache iſt intereſſant, weil ſie zeigt, wie vorſichtig man in un - civiliſirten Gegenden mit derariigen Neuerungenſein muß. Die elektriſche Bahn von Seoul wurde von Amerikanern gebaut. Die japaniſche Bedienungsmannſchaft wünſchte die erſte Fahrt zu verſchieben, bis die Fangvorrichtungen zum Vermeiden von Ueberfahren angelangt wären. Die Directoren wollten jedoch nicht warten und ſo wurde die erſte Fahrt ohne dieſe Schutzvorrichtungen vorgenommen, unter dem ungeheuren Zulauf der Bevölkerung, die dieſen an einem Drahte bewegten Teufelswagen anſtaunten. Da gerieth ein Kind auf die Fahrbahn, der Wagen konnte nicht ſchnell genug angehalten werden und das Kind wurde überfahren. Die Menge gerieth in Wuth und man zertrümmerte den Wagen und zerſchnitt die Drähte, die man glücklicherweiſe vorher ſtromlos machte. Am nächſten Tage als man einen Wagen ab - gehen ließ, erlitt dieſer dasſelbe Schickſal. Nun ſind zwar einige der ärgſten Fanatiker hingerichtet worden, dennoch dürfte die Bewegung nicht ſo leicht einge - dämmt werden, denn die Koreaner glauben feſt daran, daß die Tramwaydrähte den Regen abhalten und die Urſache der gegenwärtigen das Land heimſuchenden Dürre und Trockenheit ſind.

* Submariner Tunnel zwiſchen England und Irland.

Obwohl das ſchon oft erwogene Project eines ſubmarinen Tunnels zwiſchen England und Frankreich an dem Widerſtande Englands ſcheitert, bei welchem politiſche und commerzielle Rück - ſichten hiefür maßgebend ſind, ſo ſcheint ein anderes, ebenfalls ſchon älteres Project jetzt alle Ausſichten auf Realiſirung zu haben. Es iſt dies das Project eines Tunnels zwiſchen Irland und England, für welches ſich gegenwärtig in England eine große Agi - tation kundgibt. Wie wir der diesbezüglichen Mit - theilung des Patentanwaltes J. Fiſcher in Wien ent - nehmen, würde der Tunnel von Antrim in Ir - land ausgehen und nach Portobello in Schottland geführt werden. Die Länge würde 40 Kilometer be - tragen, die tiefſte Stelle des Tunnels würde 150 Meter unter den Ausgangspunkten liegen. Die Geſammtkoſten ſind auf 150 Millionen Gulden präliminirt, doch iſt ſicher anzunehmen, daß dieſe Summe um circa 100 Millionen überſchritten werden dürfte. Es iſt nun die Frage, ob der zu erwartende Verkehr ein ſolcher iſt, daß ein derartiges Capital entſpr[e]chende Sicherheit und Verzinſung findet. Wenn der Tunnel wirklich zur Aus - führung kommt, ſind hiemit auch noch andere Probleme zu löſen, denn bisher hat man noch kein Beiſpiel eines unterirdiſchen Verkehrsweges von der Länge, wie ſie hier in Frage käme. Von beſonderer Wichtigkeit wäre die Ventilationsfrage.

* Wetter.

Vorwiegend heiter.

Der Mädchenmord in Polna.

Nach an competenter Stelle eingelaufenen Infor - mationen kann als authentiſch gemeldet werden, daß Leopold Hülsner ſich dem Unterſuchungsrichter vor - führen ließ und dieſem zwei Juden als die Mörder der Agnes Hruza bezeichnete, und zwar den Joſua Erbmann aus Trebitſch in Mähren und den Salomon Waſſermann aus Windig-Jenikau, Bezirk Humpoletz, in Böhmen. Hülsner für ſeine Perſon leugnet jede Mitthäterſchaft an der Ausführung des Mordes und gibt bloß zu, auf dem Thatorte mit dem Stocke den Aufpaſſer gemacht zu haben.

Das k. k. Kreisgericht in Kuttenberg ver - folgt die beiden von Hülsner beſchuldigten Perſonen ſteckbrieflich. Nach den ausgegebenen Steckbriefen iſt Erbmann im Jahre 1852 in Trebitſch geboren, mittelgroß, hat ein rundes Geſicht, eine ſtumpfe Naſe, ſchadhafte Zähne, rothen Vollbart, iſt kahlköpfig, hinkt auf dem rechten Fuß, ſtützt ſich beim Gehen auf einen Stock, er iſt der deutſchen und der böhmiſchen Sprache mächtig und treibt ſich in der Welt, von Bettelei lebend, herum. Waſſermann iſt 26 Jahre alt, größer als mittelgroß, hat einen ſchwarzen Schnurr - bart, dunkle Haare, ſchwarze, große Augen, eine krumme Naſe, hat einen ſchwerfälligen Gang, iſt aus - gelernter Bäcker und treibt ſich ebenfalls als Bettler in der Welt herum.

Verſchiedene durch das Geſtändniß Hülsner’s her - vorgerufene Gerüchte und Combinationen ſind noch auf ihre Wahrheit zu prüfen.

Aus den Kronländern.

Niederöſterreich.

Amſtetten.

Zum Hochwaſſer berichtet man aus Stefanshart: Schreckliche Verheerungen hat das dies - jährige Hochwaſſer in unſerer früher ſo blühenden Au5219 Wien Dienſtag Reichspoſt 26. September 1899angerichtet. 54 Häuſer ſtanden unter Waſſer, von 30 bis 40 Häuſern ſah man nur mehr das Dach, bei vielen Häuſern von den Wellen davongetragen wurde. In den Mauern zeigen ſich Riſſe und Sprünge. Decken ſind eingeſtürzt, Fußböden ſind gehoben; 2 bis 3 Finger hoher Schlamm bedeckt Alles. Drei Häuſer gleichen einem Trümmerhaufen; nur hie und da ragt eine kahle Mauer aus dem Schutte. Der Waſſerſtand war Meter größer als 1897; Menſchen und Vieh mußten in höher gelegene Häuſer gebracht werden, das letztere mittelſt des vom n. . Landesausſchuß geſpendeten Poutons, der ſehr gute Dienſte leiſtete. Sowohl was auf dem Felde ſtand, als was bereits in den Häuſern geborgen war, iſt total vernichtet. Heu und Stroh gleicht einer undurchdringbar zähen Maſſe. Die aus Holz errichteten Wirthſchaftsgebäude, meiſt ganz neu, ſind zertrümmert; Balken, Bretter und Dächer, ſelbſt ganze Hütten ſind vom Waſſer fortgetragen. Noth und Elend haben entſetzliche Dimenſionen angenommen. Viele erklären, ihre Trümmerhaufen liegen zu laſſen und den Wanderſtab zu ergreifen. Hoffen wir, daß bald ausgiebige Hilfe kommt, ſonſt gehen die Leute dem ſicheren Ruin entgegen.

Marchegg.

Auf dem Wege zum Ruin. Zwei Jahre ſind verfloſſen, und kaum, daß ſich die Bewohner einigermaßen erholt haben iſt unſere Stadt von einer ſo furchtbaren Waſſerkataſtrophe heimgeſucht worden, daß ihre Folgen noch gar nicht ermeſſen werden können. Was Niemand nach den wenigen Regen geahnt hätte, iſt eingetreten, ein Hoch - waſſer, wie es hier ſeit 1809 nicht erlebt worden iſt. Wir waren durch Telegramme von verſchiedenen Orten an der Donau in Kenntniß geſetzt; deshalb wurden am 15. und 16. September Tag und Nacht mit menſchenmöglicher Anſtengung die noch unreifen Feld - früchte wie Kukuruz, Erdäpfel und Futter von den tiefergelegenen Aeckern und Wieſen theilweiſe in Sicher - heit gebracht. Samſtag glich die ganze Umgebung von Marchegg einen weiten See. In der Nacht zum 17. d. drang das Waſſer, nachdem es die Höhe des Stadt - ſchutzdammes erreicht hatte, von zwei Seiten mit reißender Schnelligkeit in die Stadt ein. Samſtag war bereits der ganze Ort mit Waſſer angefüllt, ſo daß der Verkehr nur mit Kähnen bewerkſtelligt werden konnte. Weil das Waſſer auch in die Kirche eingedrungen war, konnte kein regelmäßiger Gottesdienſt abgehalten werden. Immer höher ſtieg die Hochfluth, immer breiter wurde die Waſſerfläche, immer mehr Häuſer wurden mit Waſſer angefüllt. Die Beſorgniß der Bewohner ſtieg von Stunde zu Stunde. Dienſtag Mitternacht hatte das Waſſer den Höhepunkt erreicht. Der Pegel zeigte 482 Centimeter, um 22 Centimeter mehr als vor zwei Jahren. Nur 30 Häuſer wurden von der Hochfluth nicht erreicht. Alle anderen waren mehr oder weniger mit Waſſer angefüllt. In manchem Falle hatte das Waſſer eine ſolche Höhe erreicht, daß die Decken ein - zuſtürzen drohten. Die Möbel mußten im letzten Augen - blick weggeſchaft werden. Lobend muß hervorgehoben werden, daß Landmarſchall Baron Gudenus, der Landesausſchuß von Pirko, Landtags-Abgeordneter Joſef Baumann und Reichsrats-Abgeordneter Johann Maier. die überſchwemmte Stadt in dieſer Gefahr beſuchten. Als Mittwoch Früh das Waſſer zu ſinken begann, athmete Alles erleichtert auf; denn die ganze Bewohner - ſchaft war auf einen kleinen Raum des Marktplatzes, der vom Waſſer verſchont geblieben war, zuſammen - gedrängt. Der Schaden iſt groß und läßt ſich jetzt noch gar nicht genügend taxiren. Wenn auch die Körnerfrüchte bereits geerntet ſind, ſo ging doch viel davon zu Grunde. Die Zuckerrübe iſt verloren; ſehr viel Wild fand in den Fluthen den Tod. Zäune wurden weggetragen, Mauern demolirt, viele Häuſer ſind dem Einſturz nahe. Ebenſo ging viel Vieh, namentlich Borſtenvieh, zu Grunde. In manchen Stallungen ſtanden Pferde und Kühe tief im Waſſer, weil ſie nicht mehr in Sicherheit gebracht werden konnten. Wie heilſam hätte ſich auch diesmal die Hilfe der k. k. Pionniere erwieſen, die vor zwei Jahren in der Bergung von Menſchen und Thieren wahrhaft Großartiges geleiſtet haben, aber es hieß, dieſe ſeien überall in Anſpruch genommen. Die ganze Stadt ſammt ihrer Umgebung bie[t]et jetzt, wo das Waſſer abgelaufen iſt, einen geradezu troſtloſen Anblick. Die Bewohner unſerer Stadt ſind alle der Meinung, daß der Donaudamm, der gelegentlich der Donau-Regu - lirung nur bis Witzelsdorf errichtet wurde, ſchuld an den Ueberſchwemmungen ſei. Bis dahin ſind die Waſſerfluthen eingeengt, von dort an breiteten ſie ſich über das ganze Marchfeld aus, zumal die Donau bei Hainburg durch Berge eingeengt iſt. Je mehr die Nebenflüſſe der Donau regulirt werden, umſo größer wird die Gefahr für unſere Stadt. Außerdem leidet Marchegg viel durch die March. Dieſer Fluß, der ſämmtliche Gewäſſer Mährens in ſich vereinigt, hat gar kein Bett, geſchweige einen Schutzdamm. Von der Regulirung der March iſt ſchon viel geſprochen worden, es wurde auch öfter gemeſſen; dabei blieb es, regulirt wurde die March nicht. Die Regierung ſieht der conſtanten Weiterverarmung der Bevölkerung mit förm - licher Fataliſtik zu. Welche Hilfe wird uns jetzt werden? Wenn das ſo fort geht, kommen unſere Bewohner an den Bettelſtab und müſſen auswandern.

Steiermark. St. Gallen.

(Man rührt ſich nicht.) Bei uns ſtockt aller Verkehr. Weder Poſtpakete noch Frachten ſind beziehbar. Aber auch die Vertretungen und Be - hörden rühren ſich noch nicht. Am 21. d. M. ſagte derhieſige Zimmermeiſter, daß er geglaubt habe, es werde an den vielen ruinirten Brücken viele Arbeit für die laufende Woche geben; aber er habe ſich darin ge - täuſcht; er ſchickte deßhalb ſeine Leute zu einem gar nicht drängenden Bau. Es iſt abermals ſo, wie 1897. Alles geht ſchleppend langſam. Nicht einmal die ein - zelnen Gemeinden können untereinander verkehren. Schon am 13. d. M. erbat unſer Reichsraths-Abge - ordneter, der hier anweſend war, im Vereine mit der Bezirksvertretung in einem Telegramme an das Miniſterium des Innern Pionnierhilfe. Sie erſchien nicht, obwohl die Bevölkerung mit Aengſtlichkeit darauf wartete. Vielleicht wäre das große Unglück der ſechs ertrunkenen Perſonen verhütet worden, wenn eine fach - männiſche Ueberfuhr hergeſtellt worden wäre. Die Ge - meinde Altenmarkt iſt vollſtändig abgeſperrt, ſo zwar, daß dort Nothſtand herrſcht. Der Obmann der Be - zirksvertretung iſt in Altenmarkt und kann gar nicht über die Enns. Das Unglück konnte nur durch große Vernachläſſigung und Ueberlaſtung der Brücken ſowie durch Außerachtlaſſung der wichtigſten Vorſichtsmaß - regeln geſchehen. Die Vertretungen und Behörden ſcheinen ſich um uns gar nicht zu kümmern. Möge es bald geſchehen.

Krain. Laibach.

(Stimmung unter den Slovenen.) Der Slovenec , das chriſtlich-nationale Slovenenorgan, zieht gegenüber einem Syſtemwechſel, bei dem die Czechen grollend in die Oppoſition treten, die politiſche Lage der Slovenen in Betracht und erklärt dabei, daß unter dieſen Verhältniſſen die Stellung der ſloveniſchen Ab - geordneten eine ſehr ſchwierige ſei. Die ſloveniſchen Führer bedürfen daher eines großen Maßes von Vor - ſicht und Klugheit. Die ſloveniſche Delegation müſſe nur trachten, ſich für alle Fälle eine feſte Poſition im Parlamente zu ſichern. Könnte das Miniſterium Thun nicht gehalten werden, dann müßten ſich die Slovenen dadurch ſichern, daß ſie bei der Rechten verharren, ſo lange dieſe beſtehe; für den Fall ihres Zerfalles aber müßten ſie ſich volle Actionsfreiheit wahren. Die ſloveniſche Delegation dürfe abſolut nichts Anderes vor Augen haben, als den Schutz der eigenen Volksintereſſen. Dieſe Intereſſen fordern Sanirung der parlamentariſchen Lage. Ein außerparlamentariſches Regime bedeute den Abſo - lutismus einer gegneriſchen Bureaukratie. Ein normal fungirendes Parlament biete wenigſtens die Möglichkeit, die Selbſtherrlichkeit der Bureaukratie in Etwas zu hindern. Mit den ſloveniſchen Stimmen müſſe unzählig oft gerechnet werden. Die Slovenen laſſen nicht mit ihrer Haut handeln. Dafür danken ſie. Sie werden mit ihrer Haut zu rechter Zeit ſelbſt disponireu und dabei ausſchließlich nur die eigenen Intereſſen berückſichtigen. Namentlich die katholiſch-nationalen Abgeordneten der Slovenen ſeien überzeugt, daß ſie ſich durch gar keine Phraſen beirren laſſen dürfen. Sie haben hochwichtige Intereſſen des Volkes, vor Allem die Lebensintereſſen des gedrückten Landvolkes und anderer productiver Stände rückſichtslos zu vertreten. Ueber dieſe heiligen Intereſſen werde die katholiſch-nationale Partei nie hinweggehen. Gerade dafür erwarte das Parlament viel ernſte Arbeit, an welcher alle Nationalitäten inter - eſſirt ſind. Die Slovenen wollten daher die Wieder - belebung des Parlamentes in keiner Art hintertreiben helfen.

Tirol. Lienz.

Vom Abg. Franz Rohracher erhalten wir folgende Mittheilung: Die in Nr. 216 Ihres geſchätzten Blattes unter Politiſche Rundſchau erfolgte, wie ich vermuthe anderen Quellen entnommene Wiedergabe der Worte, welche Se. Majeſtät der Kaiſer beim Empfange in Lienz am 20. d. an mich zu richten geruhte, ſowie deren kurze Vorgeſchichte bedarf einer Richtigſtellung. Als ich nämlich auf die zweite an mich gerichtete Frage, ob ich auch Landtags-Abge - ordneter ſei, geantwortet: Ein leider nur ſehr unthätiger Reichsraths-Abgeord - neter , bemerkte Se. Majeſtät: Hoffentlich wird es wieder beſſer werden, worauf ich anzufügen mir erlaubte, daß dies ſehr zu wünſchen ſei. In vorzüglicher Hochachtung Franz Rohracher, Reichsraths-Abgeordneter. Wir fügen dem bei, daß wir den in Frage kommenden Wortlaut den gleichlautenden Meldungen über die Kaiſerreiſe, die ſo - mit ungenau waren, entnommen haben.

Vorarlberg. Bregenz.

In der in Feldkirch neueröffneten Handelsſchule, die unter der vortrefflichen Leitung der chriſtlichen Schulbrüder ſteht, haben ſich eine ſo große Anzahl interner und externer Zöglinge angemeldet, ſo daß kaum alle untergebracht werden können. Ein gutes Zeichen der chriſtlichen Geſinnung im Volke! Am Bahnhofe hier und in Feldkirch iſt in der Tabak-Trafik die Reichspoſt täglich zu kaufen. Mögen chriſtliche Männer, die dort abſteigen, ſtets darauf Rückſicht nehmen. Wir ſind überzeugt, daß wir mit dieſem Avis Vielen einen Dienſt er - weiſen.

Mähren. Mähriſch-Schönberg.

(Entenzüchterei.) Der national-radicale Grenzbote vom 23. d. M. ſchreibt: In dieſen Tagen hat ſeit Neujahr 1899 der 27. römiſchkatholiſche Prieſter ſeinen Abfall von der katholiſchen Kirche angemeldet. Derſelbe iſt ein Nord - mährer und wird als Pfarrer der altkatholiſchen Kirchein Schönberg angeſtellt. Daß hie und da auch ein Geiſtlicher noch eines Schürzenbandes willen apoſtatirt, iſt ja richtig; denn auch unter dem Clerus gibt es Spren. Aber die Apoſtatie unter dieſem Stande bleibt doch ſporadiſch. Wäre die vorſtehende Mittheilung mehr als Entenzucht, mehr als ein Bethörungsverſuch, ſo hätte die Heilopreſſe gewiß längſt mit den Namen paradirt. Sie kann das aber nicht. Windbeutelei ſagt das Volk.

Telegramme.

Der ungariſche Reichstag.

Miniſterpräſident Szell hat Sr. Majeſtät dem Kaiſer am 25. d. M. über die mit dem Arbeits - programm des Reichstages zuſammenhängenden An - gelegenheiten Vortrag erſtattet. Der Miniſterpräſident dürfte vielleicht Abends ſchon wieder nach Budapeſt zurückkehren.

Eine Kriegsdemonſtration in London.

Nachmittag wurde nach dem Trafalgar-Square eine große Volks - verſammlung einberufen, in welcher gegen die kriegeriſche Politik der Regierung gegenüber Transvaal proteſtirt werden ſollte, da dieſe Politik bei den Boeren den Eindruck hervorrufe, daß ihnen der Krieg aufgezwungen werde, um ihnen ihr Land zu nehmen. Von ſechs Tribünen wurde ge - ſprochen, aber die tauſende Perſonen, welche ſich einge - funden hatten, ſchwenkten die britiſchen Fahnen und ſangen die Nationalhymne und Rule Britannia , ſo daß die Redner unverſtändlich blieben. Die erſten Redner wurden mit Pfeifen und Geſchrei empfangen und mit Aepfeln beworfen. Auf Chamberlain wurden Hochrufe ausgebracht und Präſident Krüger ausge - pfiffen. Die Menge drang wiederholt ſtürmiſch auf die Redner ein, welche von berittener Polizei umringt und beſchützt wurden. Trotzdem wurde ein Redner miß - handelt. Die anweſenden Soldaten wurden von der Menge unter jubelnden Zurufen auf die Schultern ge - hoben. Erſt nachdem die Polizei große Verſtärkung erhalten hatte, gelang es, den Platz und die Umgebung zu ſäubern. Viele Manifeſtanten wurden verhaftet Mehrere Perſonen geriethen unter die Hufe der Pferde. Die Zahl der Theilnehmer wird auf 30.000 geſchätzt. Die Einberufer der Volksverſammlung auf dem Tra - falgar-Square hielten noch im Laufe des Abends eine Sitzung ab, in welcher beſchloſſen wurde, eine öffent - liche Verſammlung in einem der größten Säle der Stadt zu veranſtalten.

Socialdemokratiſche Wahlrechtsdemon - ſtration in Budapeſt.

Nach einer heute von der internationalen ſocialdemokratiſchen Partei einberufenen Volksverſammlung mit der Tagesordnung: Das allgemeine, geheime Wahlrecht, veranſtalteten die Theilnehmer an derſelben einen Umzug durch die Straßen. Es ereignete ſich kein Zwiſchenfall.

Eine Ordre Gallifet’s.

Kriegminiſter General Gallifet erließ ein Circular, in welchem er Officieren, die ſich nach Deutſchland, Oeſterreich - Ungarn oder Italien begeben, verbietet, an Ma - növern theilzunehmen oder das Terrain der Truppenübungen ohne behördliche Erlaubniß zu be - treten. Ebenſo werde kein Officier dieſer drei Mächte ohne ſchriftliche Ermächtigung den franzöſiſchen Ma - növern beiwohnen können.

Die Vorgänge in der Türkei.

Der Veli von Koſſowo hat einen neuen Vorſchlag betreffs des Kirchenſtreites von Kumanowa gemacht. Die Bulgaren ſollen den Serben 750 Pfund zahlen und ein anderes Terrain für den Kirchenbau liefern; bis dahin ſollen die Serben die kleine Capelle behalten. Die Bulgaren proteſtiren gegen dieſes Arrangement; auch die Serben ſind mit demſelben unzufrieden und drohen mit einem Wechſel der Con - feſſion.

Die allbaneſiſche Bewegung in Prizrend greift weiter um ſich und iſt bis nach Priſchtina vorgedrungen. Es wird die Abſetzung des Vali von Koſſowo und die Wiederkehr des Muteſſarifs von Prizrend begehrt.

Socialiſtiſche Ruheſtörungen in Spanien.

Geſtern fanden hier Ruheſtörungen ſtatt, an welchen gegen 3000 Perſonen theilnahmen. Die Demonſtranten bewarfen das Haus, in dem ſich der Katholiſche Club befindet, ſowie das Stadthaus mit Steinen und zertrümmerten die Fenſterſcheiben. Die Municipalgarde gab Feuer, wurde jedoch zurückgedrängt. 11 Gardiſten und einige Civil - perſonen wurden verwundet. Gendarmerie zu Pferde zerſtreute ſchließlich die Menge. In der Stadt herrſcht Aufregung.

Der Präfect übergab die Gewalt an die Militärbehörde.

Eine Expedition gegen den Khalifen.

Wie Daily Telegraph aus Cairo vom 24. d. meldet, werden Vorbereitungen6Wien, Dienſtag Reichspoſt 26. September 1899 219zu einer ſofortigen Expedition gegen den Khalifen getroffen. Der Sirdar iſt mit einer An - zahl Officiere nach Omdurman abgegangen, woſelbſt die Einzelheiten bezüglich der Expedition geordnet werden ſollen. Der Khalif hat ſich in der Nähe von Dſchebel Gedio feſtgeſetzt. Er hat eine große Gefolg - ſchaft um ſich. Die Expedition wird vorausſichtlich nur aus eingeborenen Truppen beſtehen.

Eine Gasexploſion.

Geſtern Abends fand während eines Concertes im Concertſaale eine Gasexploſion ſtatt. 12 Perſonen wurden verletzt, darunter mehrere ſchwer.

Der Episcopat richtete an die Königin-Regentin eine Adreſſe, welche dieſe mit dem Ausdrucke des Dankes für den Beweis der Anhänglichkeit an den Thron beantwortete.

Einem Sturme in den Provinzen Granada, Sevilla und Cartagena fielen auch Menſchenleben zum Opfer.

Der Gouverneur von Lourenco Marques erklärte, er habe keine Information, welche die Nachricht beſtätige, daß Portugal die Delagoa-Bai an England verpachtet habe.

Geſtern fand in Cormons die feierliche Fahnenweihe des patriotiſchen Vereines Auſtria ſtatt. Nachmittags trafen mittels Separatzuges 600 Mitglieder patriotiſcher Vereine mit Muſikcapellen ein, worauf im Vereinslocale die Ent - hüllung der Büſte Sr. Majeſtät ſtattfand. Den Schluß der Feier bildete ein Volksfeſt.

Aus dem Gerichtsſaale.

Der wegen Entehrung und Ermordung ſeiner Nichte vor dem Troppauer Schwur - gerichte angeklagte Grundbeſitzer Peregrin Stojar von Groß-Glockersdorf wurde von den Geſchworenen mit 10 gegen 2 Stimmen freigeſprochen und ſofort enthaftet.

Ein Redemptoriſtenprieſter wegen ſeiner Predigt gegen den Ketzer Huß geklagt.

Am 5. Juli d. J. hatte der Přibramer Sokolverein eine Hußfeier veranſtaltet, wobei ſich der Feſt - redner, Bezirksſecretär Kalina in Ausfällen gegen die katholiſche Kirche erging und die Czechen auf - forderte, wieder Huſſiten zu werden. Der Redempto - riſtenprieſter P. Franz Nowak auf dem heil. Berge bei Přibram wies nun in einer Predigt die Hetze des Huß-Redners zurück und wurde deßhalb von Letzterem wegen Ehrenbeleidigung geklagt. Die Gerichtsverhand - lung fand am 11. September ſtatt, mußte aber behufs Zeugenvernehmung vertagt werden. Als P. Novak nach Schluß der Verhandlung das Gerichtsgebäude verließ, brachte eine davor verſammelte Menge Hoch - rufe auf Huß aus, wogegen die katholiſchen Při - bramer remonſtrirten.

Vereinsnachrichten.

§ Der katholiſche Geſellenverein von Paris (236 rue fbg: st. martin), welcher ſtets regen Antheil an den Vorkommniſſen in Oeſterreich genommen und Freud wie Leid mit dem erhabenen Kaiſerhauſe theilte, hat den Jahrestag des Hinſcheidens unſerer geliebten Kaiſerin feierlich begangen. Da es den Mit - gliedern nicht möglich iſt, ſich während der Woche zu verſammeln, ſo wurde am 17. d. Früh um 7 Uhr eine ſtille hl. Meſſe für das Seelenheil der erhabenen Monarchin geleſen, an der ſich die Mitglieder zahlreich betheiligten und bei welcher ſich unſere Gebete mit vielen Millionen Oeſterreichern vereinigt haben. Möge der liebe Gott ihr die ewige Ruhe geben und unſeren vielgeliebten Kaiſer noch viele Jahre erhalten!

§ Der Verein für hilfsbedürftige Witwen und Waiſen veranſtaltet Samſtag den 30. September 1899 ein großes Wohlthätig keitsfeſt in Seifert’s (vor - mals Tökes) Saallocalitäten in Hernals unter dem Pro - tectorate des Herrn Bezirksvorſtehers Franz Helbling. Gefällige Mitwirkung des Lerchenfelder Geſangs-Vereines, das beliebte Waldhorn-Quartett Geſchwiſter Gaſt. Die Muſik beſorgt die I. Wiener Soliſtencapelle W. Lang. Nach - dem das Reinerträgniß den hilfsbedürftigen Witwen und Waiſen zufließt, wird um zahlreichen Beſuch gebeten.

Sportnachrichten.

Renten für verunglückte Radfahrer.

Das deutſche Reichsverſicherungsamt hat eine für viele Radfahrer ſehr wichtige Entſcheidung getroffen. Es hat erklärt, das Fahrrad könne nicht mehr ausſchließlich als Gegenſtand des Sports angeſehen werden, ſondern ſei ein Verkehrsmittel, das weit verbreitet ſei und für manche Gewerbebetriebe eine erhebliche Bedeutung gewonnen habe. Es müſſe ſomit als ein den Gepflogenheiten der Bevölkerung entſprechendes Beförderungs - mittel anerkannt werden, weshalb ſolchen Gewerbetre benden, die in ihrem Beruf ein Fahrrad benützten und dabei ver - unglückten, Renten zuzubilligen ſeien.

Wiener Athletikſport-Club.

Sonntag, den 22. Oc - tober 1899 findet ein internationales Wett - Schwimm - und Spring-Meeting im Diana - bade ſtatt. Meldungen zu den Concurrenzen ſind brieflich mit der äußeren Bezeichnung Meldung zum Wettſchwimmen unter Beifügung der Emſätze bis längſtens Sonntag, den 15. October 1899, 12 Uhr Mittags, an die Leitung des W. A. C., 1. Bez., Himmelpfortgaſſe 23, zu richten. Even - tuelle Vorkämpfe zum Waſſerballſpiel finden Samſtag, den 21. October, Abends 8 Uhr, im Dianabade ſtatt. Die Längeder Schwimmbahn beträgt 34 Meter. Das Waſſer iſt ſtrom - frei. Anfang des Meetings ½4 Uhr Nachmittags.

Gewerbe - und Handelskammer-Proteſte.

Gleich der Reichenberger Handels - und Gewerbekammer haben ſoeben auch die Handels - und Gewerbekammern von Salzburg, Eger und Leoben Proteſte gegen den mittelſt des § 14 zu Stande gebrachten Ausgleichs mit Ungarn und die innerpolitiſchen Wirrſale beſchloſſen.

Die Salzburger Handelskammer erklärt, ſie ſpreche im wirthſchaftlichen Intereſſe des Landes ihr tiefes Bedauern darüber aus, daß die Re - gierung den Ausgleich mit Ungarn abgeſchloſſen habe, ohne die gegen die Ausgleichsvorlagen im Ab - geordnetenhauſe erhaltenen gewichtigen Einwendungen und hervorragende Intereſſen des öſterreichiſchen Handels und Gewerbes zu berückſichtigen, und daß hiebei ſtatt der parlamentariſchen Erledigung der § 14 zur Anwendung gelangt ſei. Die Kammer legt Verwahrung gegen die gleichfalls durch Anwendung des § 14 ermöglichte Erhöhung der wichtigſten in - directen Steuern ein, welche, wie beſonders die Er - höhung der Abgaben auf Zucker und Petroleum, im Widerſpruch ſtehe mit dem Geiſte und Zwecke der Reform der indirecten Steuern, und vor Allem die weniger be - mittelten Schichten der Bevölkerung unverhältniß - mäßig belaſte. Die Kammer erwartet, daß der Reichsrath eheſtens wieder zu ſeiner verfaſſungs - mäßigen Thätigkeit einberufen, und daß ſeine Arbeits - fähigkeit durch gebührende Beachtung der geſchicht - lichen und culturellen Bedeutung der Deutſchen Oeſterreichs ſichergeſtellt werde.

Der Proteſt der Egerer Handelskammer erklärt, daß dieſe nur der Stimmung der Bevölkerung Ausdruck gebe, wenn ſie öffentlich bedauere, daß es zum Schaden der heimiſchen Volkswirthſchaft dem Parlamente nicht gegönnt war, auf die Ausgleichsverhandlungen mit Ungarn ſeinen verfaſſungsmäßigen Einfluß zu üben. Sie proteſtirt gegen die Erneuerung des Ausgleichs, ſowie gegen die Einführung neuer drückender Conſum - ſteuern auf Grund des § 14.

Die Leobener Handelskammer weiſt in threm Proteſte auf die erfolgreiche Colonialpolitik anderer Staaten hin, während wir in Oeſterreich uns inzwiſchen in unfruchtbaren Partei - und Nationalitäten Kämpfen zerfleiſchen. Indem die Regierung ſich fortgeſetzt weigert, jenen Schritt zu thun, der einzig und allein die Heilung unſerer öffentlichen Verhältniſſe herbeizuführen geeignet wäre, nämlich die Sprachen - verordnungen aufzuheben und den Ent - wurf eines Sprachengeſetzes, welches die deutſche Staatsſprache zur Grundlage hat, einzu - bringen, ſchafft ſie ſelbſt die Hinderniſſe einer erſprieß - lichen Thätigkeit unſerer geſetzgebenden Körperſchaften. Indem ſie ſelbſt die Volksvertreter nach Hauſe ſchickt, iſt ſie nicht berechtigt, unſere Zeit als ſolche anzuſehen, wo der Reichsrath nicht verſammelt iſt. Ein ſolche Si - tuation hat der Geſetzgeber bei der Styliſirung des § 14 des Geſetzes vom 21. December 1866 gewiß nicht ins Auge gefaßt. Die verderblichen Folgen des erörterten Syſtems zeigen ſich insbeſondere auch auf wirthſchaft - lichem Gebiete. Mit Hilfe des § 14 ſei eine für die öſterreichiſche Induſtrie und den öſterreichiſchen Handel ſehr wichtige Frage, der Ausgleich mit Ungarn, in einer Weiſe erledigt worden, die keine Gewähr für die Stabilität unſerer wirthſchaftlichen Verhältniſſe zu den Ländern der ungariſchen Krone bietet. Wenn es die Regierung unternimmt, ſo wichtige Staats - angelegenheiten mit Zuhilfenahme des § 14 zu regeln, ſo ſpricht die Leobener Handels - und Gewerbekammer ihre Ueberzeugung dahin aus, daß durch einen ſolchen Vorgang, der als ein mit dem Geiſte der Staats - grundgeſetze im Widerſpruche ſtehender bezeichnet werden muß, unſere wirthſchaftlichen Intereſſen aufs tiefſte ge - ſchädigt werden.

Zu den Erſatzwahlen für die Erwerb - ſteuer-Commiſſionen.

Am 16., 19., 22. und 24. October finden die Er - ſatzwahlen für die Erwerbſteuer-Commiſſionen aus der IV., III., II. und I. Steuerclaſſe ſtatt.

Der II. Genoſſenſchaftsverband veranſtaltet aus dieſem Anlaſſe am 27. September, Abends 7 Uhr, im Sitzungsſaale des alten Rathhauſes, 1. Bez., Wipplingerſtraße, eine Verſammlung, zu welcher die Genoſſenſchaftsvorſteher und Herren Bezirksvorſteher der chriſtlich-ſocialen Partei eingeladen wurden, um über die Aufſtellung von geeigneten Candidaten ſchlüſſig zu werden.

Wer die Erfahrungen der letzten zwei Jahre zu Rathe zieht, wird über die Bedeutung dieſer Wahlen vollſtandig im Klaren ſein und es empfiehlt ſich daher ganz beſonders, der Verſammlung auzuwohnen. In dieſer Verſammlung werden auch Informationen über die Ausfüllung der Fragebögen betreffend die Pro - ductionsſtatiſtik gegeben werden. Wir ſtehen nämlich vor neuen Handelsverträgen, und es iſt daher von ganz beſonderer Wichtigkeit, daß die ge - werblichen Kreiſe über die vorerwähnten Frage - bögen und die Ausfüllung derſelben unter - richtet werden.

Der II. Gewerbegenoſſenſchaftsverband: Johann Jedlička, Obmann, E. Schneider, Schrift - führer.

Einen Streik der Handelsgehilfen

möchten gerne die jüdiſchen Genoſſen anzetteln. Sie hielten zu dieſem Zwecke geſtern eine Verſammlung von Handelsangeſtellten im Prater ab, zu der aber das größte Contingent die Geſchäftsdiener und jene Handelsangeſtellten entſendet hatten, welche als Leutechapper eine nothwendiges Requiſit der jüdiſchen Geſchäfte a la Judengaſſe bilden. In dieſer etwas ſehr gemiſchten Verſammlung wurde über den Reichs - raths-Abgeordneten Axmann und die geſammte chriſt - lich-ſociale Partei das Vernichtungsurtheil geſprochen. Es wurde von einem Redner empfohlen, am nächſten Sonntag, an dem die Sommer-Sonntagsruhe für die Handelsgeſchäfte aufhört, einen Streik der Handelsgehilfen zu inſceniren. Der Antrag wurde aber nicht angenom - men, weil, wie ein anderer Redner betonte, nur ein Theil der Handelsangeſtellten ſich dem Streik anſchließen würde. Der jüdiſche Referent wußte nämlich ganz genau, daß die chriſtlichen Handelsgehilfen eine ſolche Art der Selbſthilfe perhorresciren. Es wurde ſchließlich eine Reſolution angenommen, in der gefordert wird, daß die Sonntagsruhe beim Handelsgewerbe auf alle Sonntage ausgedehnt werde.

Von der Partei der rotheu, corruptions - freien Weltbeglücker.

Man ſchreibt uns: In Brünn gehörte zu den hervorragendſten Führern der ſocialdemokratiſchen Partei Genoſſe Carl Anděl. Er war den Brünner Genoſſen ſo lieb, ſo werth und ſo theuer , wie etwa Schuhmeier den Wiener Genoſſen, er verſtand es nämlich geradeſo wie ſein Wiener Vorbild, viel von dem wahren Chriſtenthum, das die Genoſſen jetzt gepachtet haben, zu erzählen, er donnerte fünfmal in der Woche in Verſammlungen als Referent gegen die Chriſtlichſocialen, er nannte ſie Räuber, Diebe ꝛc. und betheuerte, daß er und die Genoſſen doch beſſere Menſchen ſeien. Seit einiger Zeit verbreiteten ſich nun in Brünn die merkwürdigſten Gerüchte über unſeren braven Genoſſen Anděl, und das Brünner Organ der czechiſch-national-ſocialen Arbeiterſchaft wußte ſogar einige intereſſante Geſchichten von Anděl vorzu - bringen, die nichts Geringeres bewieſen, als daß er, der große Moraliſt, Anhänger der freieſten Liebe war. Dies würde ihm indeſſen in den Augen ſeiner Genoſſen nur die größte Hochachtung verſchafft haben es geſellten ſich aber leider noch andere menſchliche Schwächen hin - zu, Andel glaubte nämlich, er ſei ſchon im Zukunſts - ſtaate und begann zu theilen, und die Theilerei wird bei der unglaublichen Rückſtändigkeit der meiſten Genoſſen für ein großes Vergehen gehalten, und ſo kam es, daß das Organ der Brünner Socialdemokraten, der Volksfreund in der Nummer 27 vom 14. September folgende Erklärung brachte:

Unter Berufung auf Abſatz 1 der Organiſations - ſtatutes der Partei, wonach nur ſolche Perſonen als zur Partei gehörig betrachtet werden können, welche ſich keiner ehrloſen Handlung ſchuldig gemacht haben, er - klärt der gefertigte Executivausſchuß des I. mähriſchen Wahlkreiſes, daß er den Karl Andel nicht mehr als Genoſſen anſehen kann.

Die Ausſchließung wird wie folgt begründet: Carl Andel war am 18. Juni d. J. bei einer Verſammlung in Wiſchau, wo ihm ein Betrag von 10 fl. 50 kr. zur Unterſtützung der ſtreikenden Brünner Textilarbeiter eingehändigt wurde. Andel hat jedoch dieſen Betrag nicht abgeführt. Eine Zeit darauf wurde die Redaction von den Wiſchauer Genoſſen befragt, warum dieſer Betrag nicht quittirt erſcheint. Genoſſe Filipinski ſtellte den Andel zur Rede, worauf dieſer zur Antwort gab, daß das Geld ſofort dem Streikcomité im Arbeiterheim abgeführt wurde. Das war jedoch nicht wahr. Da das Geld in den Büchern nicht auſzufinden war, geſtand Andel ſchließlich zu, daß er es nicht abgeführt habe. Gen. Burian bezahlte das Geld dem damaligen Caſſier, zog es dem Anděl nachträglich von ſeinem Lohne ab, aber das Geld hatte für den Streik, der mittlerweile beendet worden war, nicht jenen Werth, den es gehabt hätte, wäre es dem Caſſier ſofort abgeführt worden. Die Veruntreuung von Streikgeldern beinhaltet eine ſchwere Verletzung unſerer Principien und Parteiſtatuten, weshalb kein Genoſſe mehr dem Anděl Vertrauen entgegenzubringen vermag. In ſeiner Entſchließung fand ſich der gefertigte Ausſchuß durch folgende Affaire bekräftigt: Bald nach ſeinem Eintritte in die Redaction veruntreute Anděl einen Betrag von 18 fl., der ihm im Comité für Zeitungen eingehändigt wurde. Schon damals hätte er ausgeſchloſſen werden ſollen, aber man begnügte ſich mit einem ſtrengen Verweiſe und der Drohung, daß er im Wiederholungsfalle unnachſichtlich aus - geſchloſſen werden würde. Der gefertigte Ausſchuß mußte es verhindern, daß die Partei von Leuten com - promittirt werde, welche keinen Unterſchied zwiſchen Mein und Dein machen können, und mußte daher den Anděl jeder Vertrauensſtellung entkleiden und an die Genoſſen die Warnung ergehen laſſen, daß ſie jede Verbindung und jeden Contact mit Anděl vermeiden. Brünn, am 11. September 1899. Der Executiv-Ausſchuß des I. mähriſchen Wahlkreiſes: Aug Habermann, Vertrauensmann, Ad. Bu - rian, Joſef Dvořak, Ferd Fronz, Joſef Kalda, Joh. Kučera, Franz Mařa, Alois Spera.

Die Partei der rothen, corruptionsfreien Welt - beglücker hat wirklich Pech. Kaum hat Genoſſe Koričanek in Wſetin es für gut befunden7219 Wien, Dienſtag Reichspoſt 26. September 18994000 fl. auf die Seite zu bringen , kommt ſchon wieder der große Agitator, Redacteur und Führer Anděl mit zwei Fällen von Verwechslungen von Mein und Dein. Man muß indeſſen lange geſchwankt haben, ob man den neueſten Ehrenmann hinaus - werfen ſolle, denn Genoſſe Anděl hatte noch vor Kurzem Gelegenheit, in Huſſowitz bei Brünn in einer Genoſſen-Verſammlung über die Bedeutung des Märtyrers Johannes Hus zu ſprechen.

Der ſocialdemokratiſche Parteitag.

Geſtern, Sonntag, Vormittags wurde im Arbeiter - heim der Geſammtparteitag der öſterreichiſchen Social - demokratie eröffnet. An demſelben nahmen ungefähr 200 Delegierte theil, ferner als Vertreter der deutſchen Socialdemokraten Reichstagsabgeordneter Frome, als Vertreter der italieniſchen Socialdemokraten Profeſſor Cabrini und für die ungarländiſche Socialdemokratie Baron. Nach Conſtituierung des Bureaus, in das Popp (Wien), Nemec (Prag), Engliſch (Pole), Gerin (Trieſt) Hankiewicz (Ruthene) und Kriſtan (Slovene) gewählt wurden, wurde zur Tagesordnung übergegangen.

Vorher hielten Begrüßungsanſprachen Reichsraths - Abgeordneter Frohme aus Hamburg, Dr. Czech in deutſcher und Habermann in czechiſcher Sprache Namens der Brünner Arbeiterſchaft und Baron aus Budapeſt, der gegen die ungariſche Re - gierung loszog und wünſchte, daß die europäiſche Preſſe der organiſirten Arbeiterſchaft Ungarns zu Hilfe käme, denn die Corruption in Ungarn könne nur von außen gebrochen.

Der Bericht über die Geſammtpartei-Organiſation ſowie über die Caſſagebahrung wurde zur Kenntniß genommen. Dem Caſſenbericht iſt zu ent - nehmen, daß ſich das Jahresbudget auf rund 6000 fl. belief und mit einem Deficit von 126 fl. abſchloß. Ueber die parlamentariſche Thätigkeit des ſocial - demokratiſchen Verbandes im öſterreichiſchen Abgeord - netenhaus referirt Reichsraths-Abgeordneter Rieger, der verlangt, daß an Stelle des Privilegiums - parlamentes ein wirkliches Volksparlament treten müſſe. Nach einhelliger Annahme des Berichtes des Executivcomités für die Nationalitätenfrage, erſtattete Dr. Adler den Bericht über die politiſche Lage und die Parteitaktik, wobei er erklärte, daß die Taktik der ſocialdemokratiſchen Partei nicht von den Augenblicksereigniſſen der Tagespolitik ab - hänge, ſondern ausſchließlich durch das Intereſſe der Arbeiterſchaft beſtimmt werde. Einem clericalen Mini - ſterium gegenüber werde die Socialdemokratie in die ſchärfſte Oppoſition treten. An dieſes Referat knüpfte ſich eine erregte Debatte. Die Delegirten Dr. Morgen - ſtern (Schönberg) und Abgeordneter Berner hätten ein energiſcheres Vorgehen der Parteileitung ſo - wie die Wiederaufnahme des Wahlrechtskampfes gewünſcht. Berner tadelte ſcharf, daß Dr. Adler für die künf - tige Taktik eigentlich keine Richtſchnur gegeben habe. Es ſei viel zu ſpät mit der Proteſtbewegung gegen die Erhöhung der indirecten Steuern begonnen word[e]n,Abgeordneter Dascynski veriheidigte das Vor - gehen der Parteileitung Zur nationalen Frage be - merkte Redner: Man habe lange gezögert. die natio - nale Frage auf das Tapet zu bringen, ſei aber von den czechiſchen Genoſſen hiezu gezwungen worden. Nach Verleſung von Begrüßungstelegrammen wurde die Sitzung geſchloſſen.

Slaviſcher Journaliſtentag.

Seit dem 22. d. tagt in Krakau ein ſlaviſcher Journaliſtentag Die rutheniſchen Journaliſten halten ſich fern; den ſlovakiſchen aus Ungarn wurde die Theil - nahme von der öſterreichiſchen Regierung nicht geſtattet. Der Redacteur des Czas Czylinski bezeichnete das Zuſammenhalten aller Slaven angeſichts der gegen - wärtigen politiſchen Verhältniſſe als eine Nothwendigkeit. Der czechiſche Redacteur Kozowoda wies auf die in Folge der Favoriſirung von Seite der Nar. Liſty unter den Czechen zunehmenden Ruſſophilismus hin, worauf Abg. Horica und der Vertreter des ob - erwähnten jungczechiſchen Organes gegen das Hinein - zerren derartiger heikler Dinge in die Debatte proteſtirten. Abg. Dr. Gregr beantragte die Er - richtung von ſlaviſchen Informations - bureaux in Krakau, Prag und Laibach, und Dr. Sokolowski die Gründung eines Organs in franzöſiſcher Sprache zur Ver - theidigung der ſlaviſchen Intereſſen. Beide Anträge wurden angenommen. Die Socialdemokraten demon - ſtrirten gegen den Journaliſtentag durch eine Promenade am Ringplatze, wobei Nieder mit den Ruſſophilen! gerufen wurde. Die Aushängetafeln der ruſſophilen Zeitungen Nova Reforma und Glas Narodu wurden in der Nacht mit Farbe überſtrichen.

Ein Beſuch bei Krüger.

Einen Beſuch in Prätoria ſchildert Poultney Bigelow in der Deutſchen Colonial-Zeitung . Der Präſident Transvaals, erzählt er, wohnt in einem kleinen Landhauſe mit einem niedrigen Strohdache und einer kleinen Veranda an der nach der Straße gehenden Front. An dem Straßendamme befindet ſich ein unbe - bauter Streifen Landes, auf dem ich einige Zelte auf - geſchlagen fand, die von Boers-Freiwilligen beſetzt waren, die Wache hielten. Dieſe Soldaten trugen weiße Helme, blaue Röcke mit nur einer Reihe von Knöpfen, Barchenthoſen und Reitſtiefel mit Sporen. Sie ſahen nicht viel anders aus wie unſere eigenen Freiwilligen, die ich während des Krieges mit Spanien in Tampa und Manila ſah. Da wir an Herrn Krüger’s Hausthür keine Klingel entdecken konnten, ſo pochten wir mit unſeren Knöcheln und ſchrien. Niemand ant - wortete. Natürlich wäre ich nicht vorgelaſſen worden, wenn ich mich nicht in der Begleitung eines wohl - bekannten Mitgliedes des Boers-Parlaments befunden hätte. Da es weder einen Thürhüter noch eine Glocke gab, wir jedoch irgendwo im Hauſe laute Stimmen hörten, ſo ging mein Boers-Freund durch das Haus nach dem hinteren Hofe und rief dort nochmals. Wiederumohne Erfolg. Da entſchloſſen wir uns kurz, dem Klange der Stimmen zu folgen. Wir pochten an der Thür, hinter der Töne erſchollen. Da Niemand ſich um unſer Klopfen kömmerte, ſtieß mein Freund die Thür auf, und wir traten ein. Durch die dichten Wolken von Tabakrauch hindurch bemerkte ich ungefähr dreißig Männer, die in ihrem Ausſehen in ſeltener Weiſe den Landgeiſtlichen in Rußland glichen. Sie hatten lange Bärte und ihr Haar fiel über ihren Nacken hinab. In ihrer Mitte ſaß einer, der ſie alle beherrſchte, nicht nur durch den Umfang ſeiner Stimme, ſondern auch durch ein Augenpaar, das ſogleich meine Aufmerkſamkeit feſſelte. Er zeichnete ſich ebenfalls durch einen Bart und reichen Haarwuchs aus und bekräftigte ſeine aus der Kehle geſprochene Rede von Zeit zu Zeit durch einen Schlag mit ſeiner Fauſt auf die Tiſchplatte, wonach er zahl - reiche Tabakswolken ausſtieß, indem er ſeinen Blick eine Zeitlang ruhig, aber eindringlich auf den ſonder - baren Boer richtete, der es gewagt hatte, eine ab - weichende Meinung zu äußern. Seine breiten Schultern waren etwas unter der Laſt der Jahre gebeugt, und ſein Geſicht zeigte Züge von Sorge und Krankheit. Aber es war das Antlitz eines gewaltigen Mannes. Naſe und Mund waren ſtark entwickelt, und der Bau des Kinnes ließ auf Entſchloſſenheit, wenn nicht auf Hart - näckigkeit ſchließen. Dort iſt Paul Krüger’s wirkliches Parlament. Hier empfängt er formlos ſeine Anhänger unter den Burghers und predigt ihnen, bis ſie mit ihm übereinſtimmen oder unfähig ſind, ihm noch länger zuzuhören. Er t[h]eilt ihnen ſeine Wünſche mit, und ſelten gelingt es ihm nicht, ſie davon zu überzeugen, daß die von ihm vorgeſchlagenen Maßnahmen für die Sicherheit des Staates nothwendig ſind. So lange iſt er ihr Führer geweſen und ſo viele Erfolge hat die Republick unter ſeiner Leitung davongetragen, daß jetzt der Durchſchnitt der Bürger Transvaals Ohm Paul für nahezu unfehlbar hält.

Briefkaſten.

Kunſtfreund.

» Ver sacrum « koſtet im Abonnement 9 fl. jährlich und wird Ihnen über die Erfolge und Ziele der neuen Richtung genügend Aufſchluß geben. Die Zeit - ſchrift iſt reich illuſtrirt, wie auch die übrigen: Deutſche Kunſt und Decoration . Darmſtadt 20 M. » Art et Déco - ration «. Paris, 24 Fr. » The Studio «. London, 1 Schill. monatlich. Kunſt und Kunſthandwerk. Wien, 12 fl. Außer dieſen und ähnlichen Zeitſchriften exiſtiren keine Werke, welche auch nicht gut über die im Entſtehen begriffene Richtung erſcheinen könnnten. Für Kunſt allein wäre » Ver sacrum «, für Kunſt und Kunſtgewerbe die Zeitſchrift: Deutſche Kunſt und Decoration zu empfehlen. Frz. Sch. in Oberk. Wir haben ja ohnehin die wichtigſten Notirungen berückſichtigt. Der leidige Raummangel hindert eine weitere Ausdehnung. Hinſichtlich der Verloſungen wird Ihrem Wunſche Rechnung getragen werden. L. St. Wir werden von befreundeter Seite darauf aufmerkſam ge - macht, daß bei Beantwortung Ihrer Anfrage ein Irrthum unterlaufen iſt. Die Möbelfirma Brüll iſt allerdings jüdiſch. Die zweite angefragte Firma Tittel, Möbelfabrik, 17. Bezirk Hernals, ſoll ſeit 1856 beſtehen und eine chriſtliche ſein.

Eurſe an der Wiener Börſe.

Um 2 Uhr 45 Min. notiren:

Staatsanlehen.
Mai-Rente ....100.05100.25
Februar-Renten ...100. 100.20
Juli-Renten ....99.95100.15
October-Renten ...100. 100.20
Oeſterr. Kronen-Rente.100.10100.30
Gold-Rente ..118.25118.45
Ungar. ..117.20117.40
Kronen-Rente.95.1095.30
1854er Loſe ....171.75172.25
1860er ....136.75137.75
1860er Fünftel ...156.50157.50
1864er Loſe ...195.50196.50
Oeffentl. Anlehen.
Don. -Regul.-Loſe 1870128.50129.50
Don. -Regul-Anl. 1878107.50108.
Stadt Wien 1874 Pr. -A.184.50185.50
Wiener Gasanl. 4perc.97.5098.30
4 % Wr. Verk. -Anl.-Anl. f. 200 K. ....98. 98.70
Serb. Prämienloſe ..36. 37.
Türk. -E.-Präm ....59.7560.25
Prioritäts-Obli - gationen.
4p. Bozen-Meraner-Bahn97. 98.
4p. Budap-Fünfk. -Bahn93.5094.50
5p. Buſchtehr. -Bahn.105. 105.50
5p. Dux-Bod. E. I. E. 1869. .
4p. Ferd. -Nordb. E. 188699.50100.20
5p Fünfkirch. -Barcſ. B.102.50103.50
4½p. Graz-Köflacher.101. 102
5p. dto. II Em. 1871102.50103.50
4p. Kaſch. -Oderb. E. 188996.8097.60
4p. dto. Em. 1891 ..96.8097.60
4p. dto. (öft. Str.) E. 188997.5098.20
4p. Lb. -Cz.-J. E. 188488.7089.50
4p. dto. E. 1884 ..96. 96.60
4p. Leob-Vord. E. 189399.50.
5p. Nordweſtb. öſterr ..108.30109.
5p. dto. lit B ...108.30109.
Oſtrau-Friedl. ...104. 106.
3p. Staatseiſb. -Geſ ..215.25.
dto. X E. 1885 .... .
3p. dto. Ergzgsnetz ... .
5p. dto. I. E. .... .
5p. dto. II. E. 1874.. .
3p. Südb-Geſ. Jän. -Juli168.60169.30
3p. dto. April-Octob ..168.60169.20
4p. Südnordd. -Verb.-B.97.6098.20
5p. Ungar. Weſtbahn.107. 108.
4p. Valſugana-Eiſ. -Geſ.. 97.50
4½p. Ver. -P.-A. ung. Eiſ.. .
4p. Wien-Aſpang Eiſb.96.5097.50
Wr. Locb. Act. -Geſ ..93.2594.25
Pfandbriefe und Obligationen. Für 100 fl. Nom.
4p. Bodencr. -Anſt ...96.9097.90
3p. dto. Pr. -Schv. E. 1880119.25120.25
3p. dto. E. 1889 ..117.50118.50
5p. Böhm. Hypoth. -B ..102.25103.25
4p. dto. .....98.5098.70
4½p. Centr. -Bodcr.-B.100. 100.90
4½p. Gal. -Act.-Hyp.-A.110.25110.75
dto. 50 J. verl ...100. 100.50
5p. Land. -B. f. Bosnien und Herc .....102.50103.50
5p. Mähr. -Hyp.-Bank.102. 102.75
5p. dto. verl .....97.7598.25
4p. Mähr. Sparc. 1. verl.98.6[0]99.30
4p. Niedöſt. L. -Hyp.-Anſt.99.30100.3
4p. O. -Oeſt. L. -Hyp.-Anſt.99.60100.4
4p. Oeſt. Hyp. -Bank.99.1099.60
4p. Oeſt. -ung. Bank ..99.70100.7[0]
5½p. dto. 50 J. verl.99.70100.70
5½p Sparcaſſe, I. öft.105.50.
5p. Steierm. Sparcaſſe8 99
Bankactien.
Anglo-öſterr. Bank ..1[5]0.5〈…〉〈…〉
Bankverein, Wiener ..270.50
Bodencred ....4〈…〉〈…〉 4.
Credit ......370.75
Credit ungar ....378.50
Depoſitenbank ...223.50
Escomptebank ung ..254.
Länderbank ....237.50
Oeſterr. -ungar. Bank.909.
Induſtrie-Bank ...97.50
Unionbank ....302.
böhm ...137.
Oeſterr. Hypoth. -Bank.
Ungar. Hypoth. -Bank.238.
Verkehrsbank ....173.50
Actien von Induſtrie-Unter - nehmungen.
Alpine-Mont. -G ...280.50
Egyd. E. u. St. -J ...104.30
Brüxer Kohle ...〈…〉〈…〉91.
Nordböhm. Kohle ..827.
Nordungar. ..132.
Weſtböhm. ..159.
Rima-Mur .....337.
Roſſitzer Bgb .....228.
Salgo-Tarj .....322.
Trifailer Kohlenw ...189.
Prager Eiſen ....1403
Tabakactien ....135.
Waffen öſterr ....205.
Wiener Ziegel ...422.
Waggonleih. öſterr ...171.50
Allgem. Baug ....102.
Union ....114.
Elektr. G. allgem ...296.
intern ...30[3].
Wien ...
Lieſinger .....181.
Steyrermühl ....54.
Actien von Verkehrs-Unter - nehmungen.
Böhm. -Nordbahn ..235.
Montan ...844.
Buſchtiehrader ...1645
Lit. B..607.
Adria ......244.
Dampfſchiff ....389.
Kaſchauer .....184.
Auſſig-Tepl .....1600
Lembg. -Czernowitz ..285.
Lloyd ......426.
Mähr. -ſchleſ. Central..
Nordbahn .....3150
Nordweſtbahn ...242.
Lit. B..253.50
Pardubitzer ....196.50
Prag-Duxer ....96.
Staatsbahn ....341.5〈…〉〈…〉
Südbahn .....71.75
Tramway, Wiener ..427.
Neue Wiener.93.
Graz-Köflach ....264.
Eiſenbahnverkehr ...216.
Loſe.
Theiß-Loſe .....139.50
Credit-Loſe ....196.75
Budapeſt-Baſilica (Dom - bau) ......7.
Clary ......63.
Don. -Dampfſch.-Geſ ..165.
Innsbr. Stadt-Anlehen30.50
Krak. Lotterie-Anlehen.27.30
Laib. Prämien-Anlehen23.
Ofen, Stadtgemeinde.64.25
Palffy ......64.
Rothen Kreuz. öſt. Geſ.20.70
Rothen Kreuz, ung. Geſ.10.70
Rudolf-Stiftung ...28.50
Salm ......83.75
Salzb. Präm. -Anl ...27.75
St. Genois ....84.
Trieſter Stadt-Anleihe.172.
dto .......72.
Waldſtein .....62.
Gewinnſtſch. d. 3p. Pr. - Sch. d. B. -C.-A ..14.50
dto. Emiſſion 1889 ..25.
Deviſen.
Amſterdam ....99.55
Deutſche Bankplätze ..58.97
London .....120.65
[Pa]ris ......47.77
S[ch]weizer Plätze ...47.60
Valuten.
Münz-Ducaten ...5.7〈…〉〈…〉
Rand-Ducaten ...5.69
Napoleons ....9.58
20 Markſtücke ....11.77
Souvereigns ....12.04
Türkiſche Gold-Lire ...
Marknoten ....58.97
Italieniſche Noten ..44.50
Papier-Rubel ....127〈…〉〈…〉
Nachbörſe.
Credit .....370.50
Staatsbahn ....341.25
Ungar. Goldrente ..117.20
Alpine ......280.
〈…〉〈…〉
8Wien, Dienſtag Reichspoſt 26. September 1899 219
〈…〉〈…〉

Druck, Herausgabe und Verlag Ambr. Opitz, Wien. Verantwortlicher Redacteur Hermann Hikiſch, Wien.

9219 Wien Dienſtag Reichspoſt 26. September 1899

Streiflichter.

Ein Kaiſerwort und ſeine praktiſche An - wendung.

Der Kaiſer hat anläßlich ſeiner Reiſe nach Tirol wiederholt die Katholiſchen Arbeitervereine, welche in Abordnungen und theilweiſe mit ihren Fahnen erſchienen ſind, mit Anreden ausgezeichnet. So informirte er ſich zum Beiſpiel beim Ob - mann des Katholiſchen Arbeiter - vereines in Franzensfeſte über den Mitgliederſtand und äußerte ſeine Freude, als er erfuhr, daß dieſem Vereine 115 Mitglieder, d. i. nahezu alle Arbeiter des Ortes, angehören. Seine Majeſtät fügte dem Hinweiſe auf die ſtramme katholiſche Geſinnung der Arbeiter noch die Worte hinzu: Und recht patriotiſch ſind die katholiſchen Arbeiter auch! Die Judenpreſſe verzeichnet ſonſt mit Fleiß jeden Ausſpruch des Kaiſers, wenn er z. B. irgend einem jüdiſchen Fabrikanten oder Kaufmann bei einer Ausſtellung und Vorſtellung desſelben ein paar huldvoll-höfliche Worte ſagt, namentlich dann, wenn der betreffe de Kaufmann dafür zahlt. Wir haben obigen Ausſpruch aber in einem Judenblatte bisher nicht geleſen. Nicht bloß ſtramm katholiſch, ſagte alſo der Kaiſer, ſondern recht patriotiſch ſind die katholiſchen Arbeiter auch. Es iſt das nicht blos ein Ehrenzengniß für unſere chriſtlichen Arbeiter und Arbeitervereine, in welchen ſolche ſtramme katholiſche und kaiſertreue Arbeiter herangezogen werden, ſondern ein Hinweis ganz allgemeiner politiſcher Natur. Im Katholicismus liegt die Bürgſchaft auch für die Kaiſer - treue der Arbeiter und demgemäß auch nicht blos der Arbeiter, ſondern der ganzen Be - völkerung. Wenn wir die Elemente in Oeſterreich uns anſchauen, welche augenblicklich das ſchmach - volle Bild des Gegentheils von dynaſtiſcher Kaiſertreue darbieten, ſo wird man auch nicht Einen dieſer Sorte finden, der ſich auch nur ſelbſt als gut katholiſch bezeichnen würde. Iſt das nicht ein Fingerzeig, nein, ein Wink mit dem Zaunpfahl? Und möchte man es in Oeſter - reich nicht doch einmal verſuchen, die Politik der Monarchie überhaupt auf erklärt chriſtliche, katholiſche Grundlage zu ſtellen?

Was die Socialdemokratie am meiſten fürchtet.

Schon die Eröffnung des geſtern in Brünn begonnenen Parteitages der öſter - reichiſchen Socialdemokratie bot ein intereſſantes Factum. Dr. Adler, das geiſtige Haupt der öſterreichiſchen Socialdemokratie, und der führende Geiſt der Arbeiter-Zeitung referirte über die politiſche Lage. Während nach ihm ſelbſt zwei Obergenoſſen , nämlich Abg. Daszynski und Berner, es in ihrer Rede tadelten, daß die Socialdemokraten gegenüber dem Grafen Thun eine zu laue und lahme Taktik verfolgt hätten, erklärte Dr. Adler: daß nach den letzten Nachrichten ein clericales Miniſterium bevorſtehe, einem ſolchen gegenüber werde die Socialdemokratie in die ſchärfſte Oppoſi - tion treten. Da haben wir’s: ſelbſt einem Miniſterium Thun ließ die Socialdemo - kratie eine auffällige Nachſicht und Duldung zu Theil werden, offenbar eben deshalb, weil es ein katholiſches Miniſterium nicht war und vor Allem, weil ſolange das Miniſterium Thun am Ruder war, die Juden Schonzeit hatten und der Antiſemitismus gegenüber dem nationalen Hader in den Hintergrund gedrängt wurde. Kaum aber erſcheint nur die Möglicheit eines chriſtlicher Politik zugeneigten Miniſteriums auf der Bildfläche, ſo wird die Socialdemokratie mobil, der Adler reckt die Flügel und die Juden der Partei - leitung werden oppoſitionsſcharf. Vorher ſo zahm, und lahm, daß man ſogar von der k. k. Social - demokratie zu ſprechen Anlaß hatte, ſind ſie auf einmal, kampfestoll. Man ſieht, was die Social - demokratie und ihre Juden am meiſten fürchten. Sollte darin nicht das Heil für Oeſterreich ge - legen ſein?

Ein köſtlicher Diamant.

Die beiden Chefs einer Budapeſter Kürſchner - waaren-Firma ſind eben zu k. u. k. Hofkürſchnern und zu Hoflieferanten des Erzherzogs Joſef ernannt worden. Daran iſt nun nicht Beſonderes. Aber das Köſtliche liegt darin, daß die beidenBrüder-Chefs auf den Namen Diamant hören. Das iſt ſchon intereſſanter. Noch intereſſanter aber iſt, daß, wie der Peſter Lloyd wörtlich mittheilt, aus dieſem Anlaſſe die Chefs der genannten Firma, die Herren Leon und Victor Diamant, ihren Familien - namen auf Dán magyariſirt haben. Nun fragt es ſich, ob ſie den Diamant vor der neuen Ernennung mit dem Dán ver - tauſcht haben (vielleicht auf einen höheren Wink hin) oder ob ſie es nachher thaten, da ſie ſelbſt einſahen, daß ſich Diamant mit dem k. und k. nicht gut vertrug? Die naheliegendſte Erklärung wird ſein, daß die beiden Chefs ihrer ungariſchen Nation damit eine Ehre anthun wollten; denn alſo ſchließt triumphirend der jüdiſche Peſter Lloyd ſeine Reclamenotiz für den Juden Diamant: Es geſchah zum erſten Male, daß Se. Majeſtät einen ungariſchen (!) Kürſchner zu ſeinem Hofkürſchner ernannt hat. Zu dem Ende mußte der Diamant freilich ungariſch werden. So wurde der Diamant zum Dán. Nicht wahr, ein köſtlicher Diamant?

Tumnltſcenen bei einer Gehilfenwahl.

Nachdem vor circa Jahren die Wahl des Gehilfen - ausſchuſſes der Kleinfuhrwerker-Genoſſenſchaft wegen ver - ſchiedener Wahlunregelmäßigkeiten ſeiiens der Behörde annu - lirt wurde, fand dieſelbe geſtern in der Volkshalle des neuen Rathhauſes neuerdings ſtatt. Die Gehilfenſchaft der Kleinfuhrwerker theilt ſich in zwei Gruppen, nämlich in Unparteiiſche und in Socialdemokraten . Letztere gehören dem Fachverein der Kleinfuhrwerkskutſcher an. Beide Par - teien entwickelten eine überaus eifrige Agitation, denn eine jede hatte ihre eigenen Candidaten aufgeſtellt. Es kam ſchon vor Beginn des Wahlganges zu Reibereien wegen der allzu eifrigen Agitation des Fachvereines. Beim Wahlgange ſelbſt kam es mehrmals zu fürchterlichen Lärmſcenen, welche ſchließlich in einen großen Tumult ausarteten. Urſache des - ſelben war, daß die Mehrzahl der Wähler keine Wahllegi - timation hatten und einige von ihnen ſich dies dazu aus - nützten, mehrmals bei der Wahlurne ihre Stimme abzu - geben. Als dies vermuthet, bezw. conſtatirt wurde, legte ein Mitglied des Wahlcomité’s dagegen Verwahrung ein, wo - rauf der Tumult entſtand und ſich der gewerbebehördliche Vertreter Dr. Fuhrmann veranlaßt ſah, die Ver - ammlung aufzulöſen.

Gewerbe.

Großcapital gegen Kleingewerbe.

Aus Amerika kam kürzlich die Nachricht, daß dort eine Geſellſchaft von Geldleuten in Bildung begriffen ſei, welche mit einem Capital von angeblich 100 Millionen Dollars überall in größeren und kleinen Städten kauf - männiſche Geſchäfte für Rechnung der Geſellſchaft be - gründen ſollte. Natürlich würden durch dieſes Vorgehen die bisher an den betreffenden Orten anſäſſigen ſelbſt - ſtändigen Firmen ſehr bald ebenſo zu Grunde gerichtet werden, wie die ſelbſtändigen Schlächter dort durch den Großſchlächterring. Aehnliches, wenn auch in kleinerem Maßſtabe, erleben wir, ſo ſchr eibt die Cor - reſpondenz des B. d. L. , ja bei uns in den mit ihren Polypenarmen überall hin vordringenden Waaren - häuſern und auch die kürzlich mit 3 Millionen Mark Paſſiven in Concurs gerathene Kleiderſtoff-Engrosfirma Iſidor Behrendt in Berlin bildete ein ſolches von der Großfinanz zum Verderben der ſelbſtändigen kleineren Kaufleute unterſtütztes Unternehmen. Nach dem Deutſchen Gewerbe - und Handels-Blatt wurde der genannten Firma von verſchiedenen Banken ein Credit von 1 Million Mark und ſeitens ſeiner Lieferanten ein Credit von 1⅓ Million Mark eingeräumt. Mit dieſem Gelde errichtete Behrendt überall Filialen, im Ganzen circa 60 und in dieſen verkaufte er nun in Reſter zerſchnitten die von ihm in großen Partien eingekauften Stoffe. Iſt in dieſem einen Fall nun auch die Gründung von nichts weniger als einwandfreien Detailgeſchäften, für die Finanzmächte und Fabrikanten die einem Manne Millionen zur Verfü - gung ſtellten, mißglückt, ſo wird doch der reelle Kaufmann - ſtand durch unzählige andere, wie Pilze aus der Erde ſchießende Warenhäuſer und die Unzahl ihrer Filial - geſchäfte auf das ſchwerſte geſchädigt und vielfach in ſeiner Exiſtenz bedroht. Dieſem drohenden Unheil für den ſelbſtändigen, gewerblichen Mittelſtand kann nur durch eine kräftige Sonderbeſteuerung der Waren - häuſer und Filialgeſchäfte entgegengearbeitet werden, als deren geeign te Form ſich eine progreſſiv wirkende Umſatzſteuer empfiehlt.

Gegen die amerikaniſche Fleiſchconcurrenz.

Der Deutſchen Tagesztg. zufolge will der Geſammt - vorſtand des deutſchen Fleiſcherverbandes demnächſt zu - ſammentreten, um ſich ſchlüſſig zu machen über die Ein - berufung eines gegen die amerikaniſche Concurrenz gerichteten europäiſchen Fleiſchercongreſſes.

Weihe einer Genoſſenſchafts-Standarte.

Die Genoſſenſchaft der conceſſionirten Gas - und Waſſerleitungs - Inſtallateure feierte geſtern das Feſt der Weihe der neuen prachtvollen Genoſſenſchafts-Standarte. Um 11 Uhr Vor - mittags bewegte ſich der feſtliche Zug in einer langen Reihe vom Rathhauſe zur Votivkirche. In der Kirche hatten ſich Bürgermeiſter Dr. Lueger und Landtags-Abgeordneter Profeſſor Sturm eingefunden. Die feierliche Weihe der Standarte nahm Prälat Marſchall unter zahlreichergeiſtlicher Aſſiſtenz vor. Abends fand im Curſalon der Stadt Wien ein Feſtabend mit Baukett ſtatt.

Achtung.

In Wien exiſtirt ein Verein zur Hebung der Gewerbe. Dieſer Verein hat ſeinen letzten Jahresbericht in 24 Exemplaren an das Präſidium der Wiener iſraelitiſchen Cultus - gemeinde entſendet, um die Vorſtehung über die Fortſchritte des jüdiſchen Gewerbeſtan des im Laufenden zu erhalten Wenn man alſo künftighin den Namen dieſes Vereines hören wird, wird man wiſſen, daß er eine jüdiſche Vereinigung iſt, die eine Förderung von chriſtlicher Seite nicht erfahren darf.

Arbeiterbewegung.

Der Generalſtreik der Bergarbeiter im Plauenſchen Kohlenrevier hat, wie aus Leipzig berichtet wird, mit einer vollſtändigen Niederlage der Arbeiter geendet. Sämmtliche Ausſtändige haben wegen Ausſichtsloſigkeit des Streiks heute die Arbeit wieder aufgenommen.

Der Generalſtreik in Creuzot. Nach den letzteingelaufenen Nachrichten aus Le Creuzot hat eine Einigung zwiſchen dem Werksbeſitzer und den Streikenden noch nicht ſtattgefunden, da Erſterer ſich weigert, den Secretär des nicht zu den Bergwerken gehörigen Arbeiterſyndicates zu empfangen. Der Streik wird alſo fortgeſetzt.

Kirche Staat und Schule.

Mſgr. Locatelli und Prinz Croy.

Der Uditore der hieſigen Nuntiatur, Mſgr. Locatelli, welcher ſeit ungejähr ſieben Jahren hier fungirt, verläßt Wien im nächſten Monat. Er wird vom Papſte zum Inter-Nuntius ernannt werden. An ſeiner Stelle trifft aus Rom Prinz Ferdinand Croy hier ein, gegenwärtig dienſtthuender Geheimkämmerer des heil. Vaters in Rom. Prinz Croy, der neue Uditore, iſt ein Vetter der Erzherzogin Iſabella, Gemalin des Erzherzogs Friedrich.

Ordensjubiläen.

Heute, 26. September, feiern drei Mitglieder des öſterreichiſchen Piariſten - Ordens das fünfzigjährige Jubiläum ihres Ein - trittes in den Orden. Es ſind dies der gegenwärtige Ordensprovincial P. Anton Brendler, zuletzt Religionsprofeſſor am Communal-Real - und Ober - gymnaſium im 2. Bezirke und als ſolcher penſionirt; der noch als Religionsprofeſſor am hieſigen Franz Joſephs-Gymnaſium in Activität ſtehende P. Karl Sonnberger und der penſionirte Militär-Akademie - Profeſſor Schulrath P. Andreas Rungger. Alle Drei wurden am 26. September 1849 in Krems als Novizen eingekleidet, ſind gebürtige Wiener und durch langjährige pädagogiſche Thätigkeit in den weiteſten Kreiſen bekannt.

Juſtallation.

Am 21. d. M. wurde in Olmütz die Inſtallation des hochw. Herrn Reſidential - canonicus Ritter v. Mayer vom Domdechanten Prälaten Dr. Joſeph Hanel vorgenommen.

Todesfall.

Am 21. d. M. verſchied der f. -e. geiſtl. Rath und Ehrencanonicus des Collegiat - ſtiftes Mattſee, Dechant Sebaſtian Rußegger. Derſelbe iſt zu Grödig am 23. Jänner 1826 geboren, Prieſter ſeit 18. Juli 1850. Seit October 1878 war er Dechant und Pfarrer von Thalgau. In dieſe Zeit fällt die Wirkſamkeit als Landtagsabgeordneter des Großgrundbeſitzes. 1884 ſchied er wieder aus dem Landtage. Ende 1893 reſignirte er in Folge von Kränklichkeit auf die Pfarre und zog in die Stadt. Das Leichenbegängniß fand am Samſtag um 3 Uhr Nachmittags ſtatt.

Theater, Kunſt und Muſik.

Kaiſerjubiläums-Stadttheater.

Morgen Dienſtag wird die Novität Auguſt der Glückliche zum vierten Male mit Herrn Rauch in der Titelrolle gegebe[n]und übermorgen Mittwoch geht als volksthümliche Claſſiker - vorſtellung Schiller’s Turandot bei ermäßigten Preiſen in Scene.

Deutſches Volkstheater.

Samſtag den 30. d. findet die erſte Aufführung des Wiener Schwankes Der kleine Mann von C. Karlweis ſtatt.

Raimund Theater.

Die nächſten Novitäten dieſer Bühne ſind: Baron Mucki , Schwank in drei Acten von Eugen Burg und Ernſt Grund, welcher Dienſtag in der bereits gemeldeten Beſetzung zum erſten Male in Scene geht. Hierauf folgt am Samſtag den 30. d. Anzengruber’s Der Meineidbauer mit Carl Langkammer in der Titelrolle; die übrigen Hauptrollen haben die Damen Reingruber, Hetſey, Lichten, Anatour und die Herren Thaller, Straßmeyer, Balajthy, Lackner, Popp, Göſtl und Goßmann inne. In Vorbereitung iſt Carriére , Comödie in fünf Aufzügen von Abel Hermant mit Frl. Petri in der Hauptrolle. Frl. Adele Sandrock beginnt ihr Hamlet - Gaſtſpiel hereits am 7. October und wird dasſelbe am 9. und 10. October fortſetzen. Vormerkungen für dieſes Gaſt - ſpiel werden bereits ab morgen Montag an den Tages - caſſen und Verkaufsſtellen entgegengenommen. Montag den 2. October Abends findet die dritte Arbeiter - vorſtellung bei bedeutend ermäßigten Preiſen ſtatt; zur Aufführung kommt Der Meineidbauer . Für dieſe Vorſtellung iſt das Vorverkaufsrecht der Gründer für ihre reſervirten Sitze aufgehoben.

Jantſch-Theater.

Morgen Dienſtag iſt erſter Opernabend. Zur Aufführung kommt die beliebte komiſche Oper Der Waffenſchmied von Albert Lortzing. In den Hauptparthien ſind beſchäftigt die Damen10Wien, Dienſtag Reichspoſt 26. September 1899 219Wohlmuth und Charles und die Herren Pohl, Swoboda, Maier und Clement. Director Liſchke ſteht betreffs des Aufſührungsrechtes des Schwankes Die goldene Eva für das Jantſch-Theater mit Herrn Director v. Bukovics und Herrn v. Schönthan in Unter - handlung. Frl. Paula Kurt wird in der Titelrolle debutiren.

Kaiſer Franz Joſeph-Theater in Bern - dorf.

Mittwoch, den 27. d., wird das vom Groß - induſtriellen Arthur Krupp in Berndorf er - richtete Theater in Anweſenheit des Kaiſers feier - lich eröffnet. Se. Majeſtät wird vom Südbahnhofe in einem Hofſeparatzuge, in welchem die Erzherzoge, Mi - niſter und Hofwürdenträger die Reiſe mitmachen, nach Berndorf fahren und dort um 2 Uhr 20 Minuten eintreffen. Auf dem Bahnhofe wird der Monarch vom Statthalter Grafen Kielmansegg, den Spitzen der Behörden, dem Clerus, der Gemeindevertretung, dem Fabriksbeſitzer und ſeiner Gemalin empfangen. Vor dem Bahnhofe werden Feuerwehr, Veteranen - vereine und Schuljugend Spalier bilden. Auf Ein - ladung des Fabriksbeſitzers wird Se. Majeſtät die Fabriksanlagen Gießerei, Schmiede, Patronenfabrik, Beſteckſabrik, Sanitätsſtation, Verſilberung die Arbeitercolonie Margarethen, ein Arbeiterhaus, das Bad, die Knaberfeuerwehr, die Haushaltungsſchule und den Leſeſaal beſichtigen. Um ½4 Uhr trifft der Kaiſer beim Franz Joſef Theater ein und wird von Herrn Krupp zur Loge geleitet, worauf dieſer das Zeichen zum Be - ginne der Feſtvorſtellung gibt. Zur Aufführung gelangt Der kleine Mann , Volksſtück von Karl - weis. Ein von Girardi geſprochener Prolog geht voraus. Am Schluſſe der Vorſtellung werden ſämmtliche Arbeiter des Fabriksetabliſſements über die Bühne marſchiren, um Sr. Majeſtät ihre Huldigung darzubringen. Die Vorſtellung zu der an 500 Ein - ladungen ergangen ſind und zu der die Wiener Ehren - gäſte ſich in einem Sonderzuge begeben, endet um ½6 Uhr Abends. Auf Bitte des Herrn Krupp wird Sr. Majeſtät der Kaiſer ſodann zu dem Wohnhaus des Fabriksbeſitzers fahren und dort die Vorſtellung derFabriksleitung, einiger anderer Perſönlichkeiten und der vier älteſten Arbe ter entgegennehmen. Die Gemalin des Fabriksbeſitzers, Frau Krupp, wird dem Mon - archen eine Erfriſchung anbie en, worauf Se. Majeſtät zum Bahnhofe in Berndorf fährt und nach Wien zurückkehrt

Sarah Bernhardt trifft mit ihrem aus vierzig Perſon[e]n beſtehenden Enſemble am 9. October direct aus Brüſſel in Wien ein und wird hier einen Cyclus von Vorſtellungen geben.

Der Singverein der Geſellſchaft der Muſikfreunde beginnt am Montag, den 2 October, unter Leitung des Concertdirectors Richard v. Perger ſeine diesjährige Thä[t]igkeit. Die Aufnahms prüfungen für Neueintretende finden am 2., 4., 9. und 11. October um 5 Uhr im kleinen Muſikvereins-Saale ſtatt. Nach dem letztbezeichneten Termine wird die Auf - nahme für neue Mitglieder definitiv geſchloſſen.

Volkswirthſchaftlicher Theil.

Die Aufhebung des Mahlverkehres.

Eine Miniſterialverordnung vom 22. d. M verordnet: Der Mahlverkehr der Mühlen im Zollgebiete, welche aus - ländiſches Getreide für den Export vermahlen, wird mit der Wirkung vom 1. Jänner 1900 aufgehoben. Von dieſem Zeitpunkte an wird demnach eine Ab - fertigung von Getreide im Mahlverkehre auf Grund der citirten Beſtimmungen nicht mehr ſtattfinden. Getreide, welches vor dem 1. Jänner 1900 zum Ver - mahlen angemeldet wird, iſt nach den bisherigen Be - ſtimmungen zu behandeln und demgemäß binnen ſechs Monaten vom Zeitpunkte der Anmeldung alſo längſtens bis zum 30. Juni 1900 im vermahlenen Zuſtande auszuführen oder der Verzollung zu unter - ziehen. Der auf Grund von Handelsverträgen beſtehende Gegenſeitigkeitsverkehr der Grenzbewohner mit Getreide zum Vermahlen bleibt nach wie vor den hiefür be - ſtehenden beſonderen Anordnungen unterworfen. Dieſe Verordnung tritt am 1. Jänner 1900 in Kraft. Einegleiche Verordnung wird ſeitens der königlich ungari - ſchen Regierung mit der Giltigkeit für die Länder der ungariſchen Krone erlaſſen.

Neue Couponsbogen zu den A[c]tien der Oeſterreichiſch-ungariſchen Bank.

Im Sinne der anläßlich der Vertheilung der Dividende vom erſten Semeſter d. J. erlaſſenen Kundmachungen beginnen die Hauptanſtalten der Oeſterreichiſch-ungariſchen Bank in Wien und Ofen-Peſt, ſowie ſämmtliche Bankfilialen vom 2. October l. J. an mit der Hinausgabe von neuen Couponsbogen zu den Actien der Oeſterreichiſch - ungar ſchen Bank. Die neuen Couponsbogen umfaſſen die Coupons Nr. 41 bis 60, d. i. vom II. Se - meſter 1899 bis einſchließlich I. Semeſter 1909. Zum Bezug der neuen Couponsbogen ſind die Talons mit Confignationen einzureichen wozu die Blankette un - entgeltlich verabfolgt werden.

Die ungariſchen Eiſeninduſtriellen haben die Roheiſenpreiſe

dieſer Tage um 5% erhöht. Desgleichen wurden die Preiſe von Gußwaare und von gußeiſernen Muffen - und Flanſchenröhren um 5% er - höht. Eine Regulirung der Grundpreiſe durch Herah - ſetzung der Rabatte um 10% hat ferner in Schmiede - eiſen-Röhren ſtattgefunden.

Ungariſche Maßregeln gegen die öſter - reichiſche Zuckerfabrikation.

Ein Beiſpiel un - gariſcher Vertragstreue wird, kaum daß die Ausgleichs - geſetze, die das öſterreichiſch-ungariſche Handelsbündniß ſtipuliren, publicirt ſind, aus Budapeſt berichtet. Dem Peſti Naplo zu Folge hat die Direction der öſter - reichiſch-ungariſchen Staatsbahnen den öſterreichiſchen Zuckerfabriken die Transportbegünſtigungen für Zucker - rübe entzogen. Dies ſei über Requiſition der un - gariſchen Zuckerfabriken geſchehen, die in dieſen Be - günſtigungen eine Schädigung ihrer Intereſſen erblicken.

Lottoziehungen vom 23. September.

Linz 57 62 50 2 74

Trieſt 86 48 81 47 35

Bozen 36 59 9 70 5〈…〉〈…〉

(13) (Nachdruck verboten.)

Gertrude Mannering. Geſchichte eines Opfers.

Werde ſein Weib, gib ihm nach, noch iſt es Zeit, und vertraue im Uebrigen ihm , wiederholte der böſe Geiſt.

Mit einem plötzlichen entſchiedenen Entſchluß wies ihn Gerty ab.

O mein Gott, hilf mir! Kann ich denn eine Todſünde begehen und nachgeben, damit aus dem Böſen ſpäter Gutes werde?

Und das Gebet in der Kloſtercapelle, wo ſie ſo ernſt gegen die Verſuchung gebetet, trug ſeine Frucht; himmliſche Kraft ſtrömte in das ſchwache Mädchenherz. Sie beſchloß, ſchon morgen in aller Frühe zu entfliehen ſie durfte Stanley nicht wiederſehen. Für heute ließ ſie ſich durch die nach ihr blickende Zofe entſchuldigen, ſie habe Kopfweh; für morgen Früh erbat ſie ſich eine Unterredung mit Lady Hunter. Dann entkleidete ſie ſich ach, der liebe Ring, den ihr Stanley heute Früh gegeben ſie küßte ihn und legte ihn dann entſchloſſen bei Seite. In ihrer Hand das kleine Inſtitutskreuz haltend, entſchlummerte Gerty zu jenem tiefen Schlafe der Erſchöpfung, wie er großen Erregungen zu - weilen folgt.

Es war Tag und Lady Hunter ſaß an Gerty’s Bett, auf das Tiefſte und Schmerzlichſte erregt vondem, was ihr Gerty mittheilte. Sie, die Proteſtantin, konnte es nur halb verſtehen und erſchöpſte ſich in Gründen, Gerty zum Nachgeben zu bewegen. Aber, da ſie einerſeits Gerty’s tiefe glühende Liebe für Stanley längſt kannte und anderſeits deren ernſten Entſchluß der Entſagung unerſchütterlich fand, regte ſie dies bis in die Tiefen ihres Weſens auf. Niemals war ſie ſolchem Glauben bis jetzt begegnet, nie geahnt, daß die Reli - gion wirklich zu ſolchen Opfern befähigen könne. Dies war wie eine Offenbarung für ſie, wie ein Samenkorn, daß im Innern ihres Herzens keinem und ſproſſen und zu ſeiner Zeit Frucht tragen ſollte.

Stanley war mit ſämmtlichen Herren früh zur Jagd geritten und die Lady begriff Gerty’s Wunſch, ihm nicht mehr zu begegnen.

So wurde denn an Mr. Mannering telegraphirt, zu einem beſtimmten Zuge den Wagen an die Bahn zu ſenden, und Gerty begann dann die ſchwere Aufgabe, einige Zeilen an Stanley Graham zu ſchreiben, in denen ſie ihm ſeinen Ring zurückſandte. Es waren Worte inniger Dankbarkeit für ſeine ehrenvolle Offen - heit, Verſicherungen, daß Gerty zeitlebens für ihn beten werde.

Eln kurzer Abſchied bei den Damen, die ziemlich verwirrt und erſtaunt waren ob Gerty’s plötzlicher Ab - reiſe, die Lady Hunter einem Unwohlſein zuſchrieb und der Beſorgniß von Gerty’s Vater um ſie und dann rollten Lady Hunter und Gerty der Eiſenbahnſtation zu, von der ſie vor drei Tagen gekommen Erſt drei Tage und ein Menſchenleben voll Glück und Leiden dazwiſchen dachte Gerty.

Ein kurzer thränenvoller Abſchied von der Lady und Gerty eilte der Heimath zu. Die alte Haus -hälterin nahm ſie in Empfang zu discret, um zu fragen, aber erſtaunt, ob der Veränderung, die in Gertys Geſichtsausdruck lag; ſie ſchien um ein Jahr - zehnt gereift in den wenigen Tagen.

Mr. Mannering erwartete ſie am Fuße der Treppe; als ſie ihn umarmte, flüſterte ſie: Papa, ich werde Dich nie mehr verlaſſen! und droben im Zimmer ſank ſie auf einen Stuhl: alle Kraft, die ſie bis jetzt aufrecht gehalten, ſchien ſie plötzlich verlaſſen zu haben. Das Haupt an Mr. Mannering’s Bruſt ge - lehnt, die Arme um ſeinen Nacken, weinte ſie nun den zurückgehaltenen Schmerz aus, in troſtloſem Schluchzen; weinte aus ihr Leid über die verlorene Liebe, das ver - lorene Idol ihres Herzens.

Mein Liebling! und der Vater ließ ſie weinen und ſtreichelte nur, wie er ’s früher ſo oft gethan, ihr ſchönes Haar, von dem er den Hut weg - geſchleudert und das nun in reicher Fülle gegen ſeine Schulter herabfiel.

Papa , flüſterte ſie, als ſie etwas ruhiger ge - worden, Du haſt für mich gebetet, Du und Vater Walmsley oder oder ich hätte es nicht thun können, ich wäre zu ſchwach geweſen. Ich zittere, wenn ich an geſtern Abend denke wenn ich’s noch mal erleben müßte.

Und als die ſchluchzenden Worte ihr entſchlüpften, da wußte Mr. Mannering, welche Art von Kummer über ſeinen kleinen Sonnenſtrahl gekommen, ihn für immer verdunkelnd. Er wußte ungefähr, welche Ge - ſchichte ſein Liebling ihm ins Ohr flüſtern würde.

(Fortſetzung folgt.)

〈…〉〈…〉

Druck, Herausgabe und Verlag von Ambr. Opitz, Wien. Verantwortlicher Redacteur Hermann Hikiſch, Wien.

About this transcription

TextNr. 219, 26.09.1899.
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Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Benjamin FiechterSusanne HaafNote: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).2018-01-26T13:38:42Z grepect GmbHNote: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T13:38:42Z Amelie MeisterNote: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.2018-01-26T13:38:42Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic informationNr. 219, 26.09.1899. . OpitzWien1899. Reichspost

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IDS Mannheim

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; mkhz2

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Editorial principles

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