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Telephon 1828.

V. Jahrgang. Wien, Mittwoch, den 14. December 1898. Nr. 284.

Die ungariſche Kriſe.

Baron Banffy hat zwar hocherhobenen Hauptes die Hofburg verlaſſen, er hat ſogar recht viel zu erzählen gewußt vom unerſchütterten Ver - trauen der Krone, von Mahnungen zum Aus - harren, zu Geduld und Ausdauer, aber ſo manche Thatſachen ſtehen in einem eigenthümlichen Con - traſt zu der zur Schau getragenen Siegeszuverſicht. Das Vertrauen der Krone wird Baron Banffy unter den gegebenen außerordentlichen Verhältniſſen nicht vor dem Sturze ſchützen, wenn im Parla - ment und im Lande ſelbſt gegen ihn das Verfaſſungsrecht mobiliſirt wird. Man ſieht ſchon jetzt die große liberale Majorität, die mehr als Zweidrittel-Mehrheit, die ſich Banffy mit Geld und Panduren gemacht hatte, arg erſchüttert. Die 40 Kroaten haben die Lex Tisza nicht unterſchrieben, mehrere bereits unterfertigte ungarländiſche Abgeordnete haben ihre Unterſchrift wieder zurückgezogen. Die vom unga - riſchen Correſpondenzbureau verlautbarten Zahlen der auf dem Antrage Tisza vorhandenen Unter - ſchriften ſtellten ſich raſch als unrichtig heraus, es iſt Thatſache, daß derzeit die Unterſchriebenen nicht die ziffermäßige Majorität des Hauſes darſtellen.

Aber abgeſehen davon darf nicht überſehen werden, wer aus der Partei ausgetreten iſt, wer darin verblieb. Unter den nahe - zu drei Dutzend Diſſidenten befinden ſich ziemlich durchwegs wirkliche Magyaren, die in der liberalen Partei zahlreich vorhandenen Magyaren im Allgemeinen und Juden im Beſonderen ſind dem Banffy verblieben. Man muß weiter berückſichtigen, daß die Ausgetretenen gerade die gewählten Abgeordneten ſind, daß ſie ihre Wahl nicht dem Gelde und der Gewalt der Regierung verdanken, darum konnten ſie eben diſſentiren, während die Panduren - und Beſtechungs - parlamentarier nolens volens bei der gerade am Ruder befindlichen Regierung aushalten müſſen, weil dieſe ihre parlamentariſche und politiſcheExiſtenz durch Auflöſung des Hauſes und ent - ſprechende Maßnahmen für die Neuwahlen mit einem Schlage auslöſchen kann.

Wenn man nun weiter in Erwägung zieht, daß in Ungarn ein großer Theil der Admini - ſtration noch in den Händen der Comitate liegt, daß es ohne dieſe keine Steuereintreibung und Recrutenaushebung gibt, kann man ſich beiläufig vorſtellen, welche Complicationen der Ex lex-Zu - ſtand noch hervorrufen kann. Die Oppoſitions - parteien werden natürlich, wenn am Montag die Lage noch unverändert iſt, es an der nöthigen Agitation im Lande nicht fehlen laſſen, man kann es ſehr leicht erleben, daß in den Comitaten mit oppoſitioneller Vertretung die Steuerver - weigerung, die Vereitelung der Recrutenaus - hebung in ausgedehntem Maße auftritt. Ja, es könnte gegen die betreffenden Perſonen und Aemter nicht einmal gut eingeſchritten werden, weil die ungariſche Verfaſſung den Widerſtand gegen ungeſetzliche Regierungsmaßnahmen ausdrück - lich erlaubt.

In der Tisza-Clique ſcheint man nun die Gefahr der Lage bereits zu erkennen, darum läßt man auch die Candidatur Stefan Tisza’s für das Präſidium des Abgeordnetenhauſes fallen, weil man die Erbitterung der Oppoſition nicht noch ſteigern will. Man verſucht es auch mit ver - ſchiedenen Ausgleichsanerbietungen hinter den Couliſſen, man möchte in irgend einer Weiſe über die lex Tisza wieder hinwegkommen und wird ſchließ - lich auch vor der Opferung Banffy’s nicht zurück - ſchrecken, wenn man nur die eigene Cliquenherr - ſchaft aufrecht erhalten kann. Mag aber nun die jetzige Kriſe enden wie immer, mögen die Tisza - Leute ſiegen oder die vereinigte Oppoſition, oder mag man wieder das Mittel finden, um dieſe Vereinigung auseinanderzutreiben, die eine oder andere Fraction zu beſchwichtigen, Eines ſteht zweifellos feſt, daß ſich die Verhältniſſe jenſeits der Leitha im bisherigen Zuſtande nicht mehrlange erhalten laſſen. Ein anderes Wahlſyſtem und als natürliche Folge ein anderes Regierungs - ſyſtem werden ſich aus den Kriſen in Ungarn mit Naturnothwendigkeit herausentwickeln müſſen, je raſcher und entſchiedener dieſe Entwicklung vor ſich geht, deſto beſſer für Ungarn; je länger der Widerſtand, der ſich um die Macht zankenden Cliquen dauert, deſto radicaler und rückſichtsloſer wird mit ihnen aufgeräumt werden.

Der Tiroler Getreide-Landesaufſchlag.

Der Ausgleichsausſchuß erledigte geſtern den Artikel XII auch in Bezug auf den Tiroler Getreide-Landesaufſchlag.

Wir berichteten geſtern bereits, wie der Tiroler Abgeordnete Tollinger von der Katholiſchen Volkspartei erklärt hatte, er werde jetzt für die Vorlage ſtimmen, könne aber in der zweiten Leſung der Aus - gleichsvorlagen nur dann für das Zoll - und Handels - bündniß eintreten, wenn ein Einvernehmen be - züglich des Tiroler Getreide-Landesaufſchlages zwiſchen Regierung und Tiroler Landtag perfect geworden ſei. Von Seiten der Minorität war dringend davor gewarnt worden, ein altes Landesrecht durch ein Reichs - rathsgeſetz zu brechen und das Land Tirol um ein jährliches Einkommen von nahezu einer halben Million zu bringen und es wurde darauf hingewieſen, wie alle Berufungen auf eine Uebereinſtimmung der Regierung mit dem Landtage gegenſtandslos ſeien, ſolange man keinen ernſtlichen Willen zeige, die ſchädlichen Be - ſtimmungen abzuändern und ſolange man immer für dieſelben ſtimmt. Abg. Kaiſer betonte im weiteren Verlaufe der Verhandlung ganz richtig, daß ſich die Abgeordneten Tirols mit der angekündigten Zuſtimmung zu Artikel XII im Gegenſatze zu einem ein - ſtimmigen Beſchluſſe des Tiroler Landtages befinden.

Intereſſant war die Abſtimmung: Der in Verhandlung geſtandene Theil des Artikels XII, be - treffend die Aufhebung des Tiroler Getreide-Aufſchlages, wurde unter Ablehnung der geſtellten Abänderungs - anträge unverändertangenommen. Der Antrag des Abg. Dr. Lecher, dahingehend, daß die Aufhebung des Getreide-Aufſchlages nur

Feuilleton.

Das jüdiſche Elend in Galizien.

Der Rabbi Dr. Bloch beſchäftigt ſich in ſeiner deutſchen Wochenſchrift wiederum mit dem jüdiſchen Elend in Galizien. Veranlaſſung dazu bietet ihm die Ablöſung der Propination, der Uebergang des Salz - monopols an die Landesregierung, die Gründung länd - licher Conſumvereine und die hervorgerufene Abneigung der Chriſten, bei den Juden fernerhin zu kaufen.

Es iſt richtig, daß die Propination noch immer beſteht, daß ſie ſtatt von den Gutsbeſitzern und Schenk - juden jetzt an eine Art Generalpächter verpachtet wird, der die Schenken wiederum ſeinen Leuten, den meiſt - bietenden kleineren Juden überläßt und die früheren Pächter brotlos macht. Aber daran ſind doch nur die jüdiſchen Hauptpächter ſchuld, und warum wendet ſich Dr. Bloch nicht direct an ſeine vermögenden Glaubens - genoſſen, etwas humaner mit den ärmeren Juden um - zugehen?

Desgleichen hat die Landesregierung den Salz - verſchleiß in ihre Hände genommen und handhabt den - ſelben zum Nutzen des Landes. Billiger iſt das Salz allerdings nicht geworden, doch das Einkommen fließt dem Landesfonds zu und das mag wohl im Inter - eſſe Einzelner, aber nicht der Geſammtheit zu bedauern ſein. Conſumvereine bilden ſich nur dann, wenn das Publikum zu ſehr übervortheilt oder ausgebeutet wird, und die Abneigung gegen den Einkauf bei Juden greift nur dann Platz, wenn das gewöhnliche Volk ſieht, daß man anderweitig reeller bedient wird.

Aber das Elend der Juden in Galizien hat ganz andere Gründe, die eben die Herren Rabbis nicht ſehen wollen. Die jüdiſchen Blätter ſchreien ſehr oft über die Bevormundung der Chriſten durch ihre Geiſtlichkeit,aber die Herrſchaft der Rabbis über ihre Glaubens - genoſſen grenzt an Tyrannei. Das Koſchergeſetz, durch welches die jüdiſche Geiſtlichkeit erhalten wird, trägt ſehr viel zur Verarmung der kleinen Juden und Erzeugung einer Menge von Krankheiten bei. Gerade die ärmeren Juden beobachten die rituellen Geſetze am gewiſſenhafteſten und ſind meiſtens nicht im Stande, für andere Tage als für den Sabbath ſich das Fleiſch koſcher machen zu laſſen, denn das jüdiſche Fleiſch iſt theuer, das Koſchern koſtet auch Geld und billigeres anderes Fleiſch iſt ihnen zu eſſen verboten. Die Folge dieſes rituellen Zwanges iſt hauptſächlich die Schwächlichkeit des jüdiſchen Volkes; denn Kaffee und ſaure Bohnen, höchſtens noch ein Stück Brod geben keine Kräfte. Damit aber noch nicht genug! Wenn ein ſogenannter orthodoxer Jude ſich auf Geſchäftsreiſen begibt, und in Gegenden, wo nur chriſt - liche Gaſthäuſer ſind, nimmt er ſich koſcheres Fleiſch mit, ißt Freitag Abend nur etwas Warmes beim Rabbi, den er natürlich im Intereſſe der Kundenerwerbung gut bezahlt, und ſetzt am nächſten Sonntag mit einer neuen koſcheren Fleiſchladung bepackt, ſeine Reiſe fort. Thee bereitet er ſich ſelbſt in den jüdiſchen Herbergen, ein paar Eier kauft er ſich gelegentlich, und ſo lebt er, bis er wieder bei der Mamme eintrifft und wie ein alter Phönizier von den Wunderdingen erzählt, die er auf ſeiner koſcheren Fahrt erlebt hat. Nun, Herr Doctor Bloch, iſt das wahr oder nicht?

Iſt das nicht Tyrannei, wenn ein armer Jude nicht einmal eſſen darf, was der liebe Herrgott geſchaffen hat und nicht einmal auf der Reiſe? Und auf welche Weiſe wird dann der gegenſeitige Ver - kehr gefördert? Was haben die Fuhrleute und Gaſt - häuſer von einem ſolchen Reiſenden, der an der Grenze ſeinen ſchmutzigen Kaftan in den Koffer packt, ſich einen kurzen Rock anzieht, und dieſes Experiment um - gekehrt wiederholt, wenn er zurückkehrt? Käme er ineinem kurzen Rocke zu ſeiner Rebekka, ſo wäre dieſes die größte Sünde.

Ein anderer Grund für das galiziſche jüdiſche Elend ſind die frühen Heiraten. Kaum der Schule ent - wachſen, werden zwei junge Perſonen, nachdem der Schacher abgemacht, und ſie ſich einige Male par distance begrüßt, nach jüdiſchem Ritus getraut. Dieſes iſt eine Art Probe - heirat; die Nothcivilehe tritt erſt nach der Geburt eines Kindes, in der Regel erſt, wenn ein Knabe geboren, ein. Iſt dieſes nun manchmal nicht der Fall, ſo hat das arme weibliche Weſen ein ziemliches Märtyrerthum durchzumachen. Zuerſt wird der be - ſondere Segen des einen oder anderen Rabbis erbeten dieſer koſtet auch Geld dann werden die Aerzte und allerhand Quackſalbereien in Anſpruch genommen, damit der jüdiſche Herrgott helfen ſoll. Nützt auch dieſes nichts, ſo bleibt die Jüdin nach der Lehre des Talmud eine minderwerthige Perſon und fällt nach dem Tode des Mannes ſeinem Bruder anheim, von welchem ſie ſich unter verſchiedenen Ceremonien in Gegenwart des Rabbis durch Werfen eines Schuhs, Auflöſen eines verwickelten Knotens und natürlich durch eine Geldzahlung an den Bruder des verſtorbenen Mannes loskaufen muß.

Iſt das nicht Tyrannei, Herr Dr. Bloch, und iſt dieſes in unſerer aufgeklärten Zeit menſchlich recht und nicht der größte Mißbrauch der perſönlichen Freiheit? Dieſes nebenbei; doch die Sache liegt in der Regel ganz anders. In den meiſten Fällen gibt es eine Menge Kinder, die armen Eltern können die vielen Kinder dann nicht ernähren, betrügeriſche Bankerotte, Wechſelfälſchungen, gewöhnlicher Betrug u. ſ. w. müſſen aushelfen; denn zur Erhaltung der Familie iſt ja alles erlaubt; der Ruin, der Tod oder die Flucht nach Amerika ſind gar oft das Ende. Be - kannt iſt auch die große Zahl unehelicher Kinder in Galizien.

Note:
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Die heutige Nummer iſt 10 Seiten ſtark.
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2Wien, Mittwoch Reichspoſt 14. December 1898 284

mit Zuſtimmung des Tiroler Land - tages zu erfolgen habe, wurde in namentlicher Abſtimmung mit 22 gegen 16 Stimmen abgelehnt. Es ſtimmten für den Antrag: die Abg. Axmann, Chiari, Groß, Jax, Kaiſer, Lecher, Lorber, Mauthner, Menger, Peſchka, Schleſinger, Schwegel, Spens, Stein - wender, Stürgkh, Tollinger.

Dagegen ſtimmten: die Abg. Abraha - mowicz, Berks, Dzieduszycki, Gniewosz, Hagen - hofer, Kaſtan, Kaltenegger, Karlik, Kern, König, Koliſcher, Kulp, Mettal, Milewski, Popovici, Rutowski, Schwarz, Vukovic, Schuklje, Verkauf, Zedt - witz, Wachnianyn.

Es ergibt ſich alſo eine Spaltung in der Abſtim - mung der Katholiſchen Volkspartei; die Majorität derſelben ſtimmte für den Bruch eines altererbten Landesrechtes und es folgt als beab - ſichtigte Conſequenz, daß Tirol einen Entgang von ½ Million jährlicher Landeseinnahmen haben oder das Reich für eine Ablöſung dieſes Rechtes wird aufkommen ſollen, die in einer Höhe von circa 10 Millionen erfolgen müßte, um dem Capitals - werth des Getreidelandesaufſchlags gleichzukommen. Die Wahrſcheinlichkeit einer ſolchen Ablöſung iſt gleich Null; wer an dieſelbe glauben wollte, müßte wegen politiſcher Kindesunſchuld beſtaunt werden. Somit ergibt alſo aus der geſtrigen Abſtimmung, eine zweiſelloſe Schädigung für das Land Tirol; denn abgeſehen davon, daß in ſeine Landesrechte ein - gegriffen wurde, wird es ſich mit großen finanziellen Nachtheilen abzufinden haben. Daß die Katholiſche Volkspartei den Abgeordneten Tollinger bei der Vertretung ſeines Landesrechtes im Stich gelaſſen hat, iſt für dieſelbe gerade keine parlamentariſche Em - pfehlung. Der Herr Handelsminiſter Baron Dipauli, der ſich als Tiroler ebenfalls gegen die Aufhebung des Getreideaufſchlages verbürgt hat, ſollte aus dieſer Abſtimmung ſeiner Geſinnungsgenoſſen aus Steier - mark und Oberöſterreich die Conſequenzen ziehen. Wie er es nun auch halten mag es iſt nicht un - wahrſcheinlich, daß die geſtrige Abſtimmung das Ver - hältniß der Tiroler Abgeordneten zum Club der Katholiſchen Volkspartei variirt; denn in einer feſt - gefügten Partei dürfen derartige Differenzen nicht vor - kommen.

Politiſche Rundſchau.

Oeſterreich-Ungarn.

Der Ausgleich mit Ungarn .

In Linz iſt jetzt eine Flugſchriſt von Seite der Katholiſchen Volks - partei erſchienen, deren Zweck iſt, darzuthun, der neue Ausgleich ſei viel beſſer als ſein Ruf. Der Verfaſſer ſagt bezüglich der Abänderungsanträge: Die Anträge ſind nicht geeignet, den Aus - gleich weſentlich zu verbeſſern, ſind nicht geeignet, den - ſelben annehmbarer zu machen. Die Majorität hat, um das Zuſtandekommen des Zoll - und Handels - bündniſſes nicht zu verzögern, dieſe Abänderungs - anträge der Linken nicht angenommen Uns iſt nur das eine unerfindlich, warum man von Seite der Katholiſchen Volkspartet bisher immer ſo gegen den Ausgleich gewettert hat; Linzer Volks - blatt und Grazer Volksblatt haben ja zu wieder - holten Malen erklärt, daß der Ausgleich in der gegen - wärtigen Form nicht annehmbar ſei. Woher dieſer Widerſpruch? Man darf es uns doch nicht übel - nehmen, daß uns die plötzliche Entdeckung der Güte dieſes Ausgleiches ein bitteres Lächeln koſtet.

Obſtruction?

Die jungezechiſchen Abgeordneten freuen ſich wie Kinder, daß Deutſchliberale und Deutſch - nationale ihnen und der Regierung jetzt aus der Sack - gaſſe helfen, und beim Budget - und Ausgleichsprovi - ſovium wieder die Radau-Obſtruction beginnen wollen. Der Stimmungsmacher des Prager Jungczechenorgans in Wien, der kaiſerliche Rath Penižek, ein Jude, meldet dieſem Blatte mit ſichtlicher Herzenserleichte - rung: Wie wir erfahren, wird die Regierung endlich

Ein dritter Grund iſt nach unſerer Anſicht das Talmudſtudium. Bei den meiſten jüdiſchen Familien wird auf die Erlernung der hebräiſchen Sprache und die Kenntniß des Talmud eine Unmaſſe von Zeit ver - wendet. Auch die ärmeren Juden bringen einen großen Theil ihres Lebens mit dieſer Beſchäftigung zu. Es mag ja ſein, daß das Judenthum durch das Studium des Talmud an Geiſtesſchärfe gewinnt und ſich dieſe geſchäftliche Fähigkeit angeeignet hat, in welcher es den Chriſten überlegen ſein will. Aber für die ärmeren Juden wäre es gewiß beſſer, ſtatt der Talmudſtudien ordentlich leſen und ſchreiben zu lernen, bei einem Handwerker oder in ein Geſchaft einzutreten, ein tüchtiger Arbeiter und gewiſſenhafter Menſch zu werden. Dann dürfte der Eigendünkel bald ſchwinden, der heute die Juden verächtlich macht, und die Werthſchätzung platzgreifen, welche jeder recht - ſchaffene Menſch und ehrliche Arbeiter zu fordern hat.

Wir ſehen von der Großmannsſucht, dem eigen - thümlichen wiegſamen Geiſte, um jedes Ziel zu er - reichen, der geſchäftlichen Gewiſſenloſigkeit vieler galiziſcher Juden ab uns berühren nur die religiöſen Hinderniſſe des Wohlſtandes es ließen ſich darüber Bücher ſchreiben und wir wären ſehr zufrieden, wenn wir durch dieſe kurzen Bemerkungen zur Löſung des jüdiſchen Elends, ſo zu ſagen, von innen heraus, etwas beigetragen hätten. Nun, verehrter Herr Rabbi, haben wir nicht recht? U. A. w. g.

ihre Vollmachten benützen, und ſobald die Deutſchen mit der Obſtruction beginnen, das Parlament vertagen und auf Grund des § 14 das Proviſorium procla - miren. Bis aber die Dinge auch in Ungarn ſo oder ſo zur Löſung kommen, wird auf Grund desſelben § 14 das Ausgleichs - und Budgetproviſorium proclamirt werden. Dann wird das Parlament wieder einberufen, und wenn die Deutſchen Luſt haben werden, in der Obſtruction fortzufahren, ſo wird es neuerlich heimgeſchickt und es wird auf Grund § 14 weiter regiert werden. Und ſo bis ins Unendliche? Die Regierung möge ſich nicht täuſchen. Sie darf beiſpiels - weiſe auf gewiſſe Imponderabilien im Staatsweſen nicht vergeſſen, und wenn ſie glaubt, daß ſie ſich ohne eine gründliche Reviſion der Verfaſſung und ohne Reviſion des Verhältniſſes zu Ungarn behelfen wird, ſo wird ſelbſt der § 14 eingehen. Von dem Augenblicke an, da das Wiener Parlament nach Hauſe geſchickt wird und der erwähnte Paragraph die Herrſchaft antritt, muß das Loſungswort aller Parteien, welche es mit dieſem Staate aufrichtig meinen, Reviſion der Verfaſſung ſein. Die Herren juckt der czechiſche Nationalſtaat.

Ein Manifeſt an die Nation

hat die ver - einigte Oppoſition des ungariſchen Abgeordnetenhauſes ſoeben erlaſſen, das gegen Banffy’s geplanten Verfaſſungs - bruch in den ſchärfſten Ausdrücken, als gegen ein verbrecheriſches Attentat wider die ungariſche Nation, Stellung nimmt. Dieſe Oppoſition vereinigt die conſervative Nationalpartei Apponyi’s, dann Koſſuths radicale Unabhängigkeitspartei und endlich die vom Abt Molnar geführte Katholiſche Volks - partei. Die Oppoſition fordert bedingungslos Banffy’s Sturz, der ſich jetzt auf dem Miniſterſtuhle ſogar durch Unterdrückung der verfaſſungsmäßigen Volks - und Parlamentsrechte und durch Einführung eines geſetz - loſen Abſolutismus nach Neujahr zu halten ſucht. Den Plan dazu lieferte der alte Calviner und Ex - miniſter Koloman Tisza durch eine geſetzähnliche Vorlage, welche mittelſt Unterſchreibung der liberalen Regierungspartei dem Miniſterium Banffy außer - parlamentariſch die Befugniß verfaſſungs - widriger Herrſchaft zuſichern ſoll. Abt Molnar nannte dies Wagniß Banffy’s bei Berathung des Manifeſtes im Namen der kath. Volkspartei eine Verläugnung des legislatoriſchen Princips , einen Fauſtſchlag gegen die miniſterielle Verantwortlichkeit , und eine Vernichtung und Exarticulirung der ungariſchen Verfaſſung . Und doch ſtehen von Bauffy’s liberalen Abgeordneten, die bekanntlich durch Stimmenkauf und ſchmähliche Wahl - fälſchung unter Leitung des Premiers auf die Stühle der Geſetzgebung gekommen ſind, nur 237 zurechnungsfähige Leute unter Tisza’s Ex-lex-Entwurfe, während mehr als 220 freie Abgeordnete davon nichts wiſſen wollen. Das Manifeſt iſt ein Sturmruf an das ungariſche Volk gegen die jetzige Willkür - herrſchaft. Darin heißt es unter Anderem: Es iſt ein freches Attentat verſucht worden, welches, wenn es gelingt, unſere Verfaſſung in ihren Grundfeſten erſchüttert und zur vollſtändigen Auflöſung des Ver - faſſungslebens führt. Dieſer Weg iſt ſchon deßhalb ſo gefahrbringend, weil er den Angriff auf das Verfaſſungs - leben, die unſtatthafte, geſetzwidrige Einhebung der Steuern und Rekrutenaushebung ohne deren legislatori - ſche Votirung, und jede zu begehende Sünde des unge - ſetzlichen Regierens in den Schein der Geſetzlichkeit hüllen und damit einen Fingerzeig für alle zukünftigen Zeiten Denjenigen geben will, die bereit ſind, das ver - faſſungsmäßige Leben unſeres Vaterlandes zu vernichten, gleichzeitig aber einen Vorwand dafür ſuchen, den Schein der Rechtmäßigkeit als Deckmantel zu benützen Die Führer der Oppoſition verweigern Banffy jede perſönliche Auseinanderſetzung. Selbſt im Schoße der Regierung regen ſich bereits Bedenken, und ſpeciell Honved - miniſter Baron Fejervary hat Banffy’s neueſtes Wag - niß bereits mißbilligt. Am nächſten Samſtag geht der Kaiſer nach Budapeſt. Wir zweiſeln kaum mehr, daß Banffy trotz aller Hartnäckigkeit den Weg Badeni’s wird antreten müſſen. Auffällig iſt, daß das Wiener Vaterland , obſchon Ungarns Katholiſche Volkspartei ſo entſchieden in der Oppoſition ſteht, in dieſem Falle für die calviniſche Tisza - und Banffy - Clique und für die liberale Partei wie auf Ordre eintritt.

Italien.

Kammer.

Deputirter Santini interpellirt über die Maßregeln zur Hintanhaltung unbefugter Aus - übung der mediciniſchen Praxis ſeitens der Ausländer. Miniſterpräſident Pelloux antwortet, er habe die Präfecten aufgefordert, darüber zu wachen, ob die aus - ländiſchen Aerzte, deren Anzahl ſich nun auf 108 be - läuft, den geſetzlichen Beſtimmungen gemäß ihre Praxis ausüben. Miniſter des Aeußern Canevaro betont, das Princip der Reciprocität liege im Intereſſe Italiens da die Anzahl der italieniſchen Aerzte im Auslande größer ſei, als die der ausländiſchen in Italien.

Senat.

Im Laufe der Verhandlung über den Vorſchuß von einer Million für Kreta führt der italie - niſche Botſchafter am Wiener Hof, Graf Nigra, aus, die Intervention auf Kreta habe die Beziehungen der Mächte weder beeinträchtigt noch verändert. Die Vorlage wurde mit 71 gegen 9 Stimmen angenommen.

Schweden. Conflict.

Der König erklärte, daß er den Beſchluß des Storthing, betreffend die Einführung der rein norwegiſchen Flagge nichtſanctioniren werde. Gleichwohl muß der Be - ſchluß auf Grund des Artikels 79 der Verfaſſung als Geſetz veröffentlicht werden.

Frankreich. In der Kammer

interpellirt Pascal Grouſ - ſet über die ſeitens des Generalſtabes in der Dreyfus - Affaire begangenen Indiscretionen und verlieſt unter heftigem Tumult mehrere Journalartikel, welche er als vom Generalſtabe ausgehend bezeichnete. Mehrere De - putirte gerathen in einen erregten Wortwechſel, wobei es zu Thätlichkeiten kommt, ſo daß der Präſident mehrere Deputirte zur Ordnung ruft. Deputirter De Mun verlangt, daß die Kammer befragt werde, ob dieſe Debatte fortgeſetzt werden könne. Miniſterpräſident Dupuy erklärt, daß es dem Redner freiſtehe, zu ſprechen, doch proteſtire er als Chef der Regierung mit größtem Nachdrucke gegen eine Sprache, deren Tragweite der Redner nicht ermeſſen habe. Kriegsminiſter Frey - cinet ſagt, wenn er hätte vermuthen können, was den Gegenſtand der Interpellation bilden werde, würde er eine Verſchiebung derſelben auf einen Monat ver - langt haben. Die Kammer nahm die einfache Tages - ordnung mit 483 gegen 78 Stimmen an.

II. niederöſterreichiſcher Katholikenlag.

Dem Präſidenten des II. niederöſterreichiſchen Katholikentages Herrn Franz Freiherrn von Walterskirchen iſt vom Herrn Statthalter folgen - der Brief zugekommen:

$$\frac{Z. 7816}{Pr.}$$

Hochwohlgeborner Freiherr!

Im Allerhöchſten Auftrage gebe ich dem II. niederöſterreichiſchen Katholiketnage in Wien für das durch Euer Hochwohlgeboren als Präſi - denten dieſer Verſammlung an Seine k. und k. Apoſtoliſche Majeſtät gerichtete Huldigungstele - gramm den Allerhöchſten Dank bekannt.

Es wolle Euer Hochwohlgeboren gefällig ſein, dieſe Allerhöchſte Kundgebung den geehrten Theilnehmern des II. niederöſterreichiſchen Katho - likentages in geeigneter Weiſe zur Kenntniß zu bringen.

Empfangen Euer Hochwohlgeboren die Ver - ſicherung meiner vollkommenſten Hochachtung.

Deutſchland und die europäiſche Lage.

In zwei Reden, von höchſtſtehender und com - petenteſter deutſcher Seite, iſt geſtern die europäiſche Lage geſtreift worden. Einerſeits war es der Kaiſer Wilhelm II. ſelbſt, der auf die ungewiſſe Zukunft hinwies, anderſeits der eigentliche Träger der aus - wärtigen Politik Deutſchlands, Staatsſecretär von Bülow, der dieſer dunkeln Folie die charakteriſtiſchen Contouren abgewann und nicht verſäumte, auch etwas und zwar ziemlich viel Licht in das Zukunftsbild zu bringen.

Kaiſer Wilhelm II. hat das neugewählte Prä - ſidium des Deutſchen Reichstages in faſt drei Viertel - ſtunden dauernder Audienz empfangen, deren Charakter ganz zwanglos war. Der Kaiſer wies auf eine vor ihm ausgebreitete Landkarte hin und wies an der Hand derſelben nach, wie vielfach ſich die Verhältniſſe mehrerer Großmächte in letzter Zeit geändert hätten, wie beſtimmte Intereſſengegenſätze ſich mehr als zuvor bemerkbar machten, und er hob hervor, daß dieſe Gegenſätze unter Umſtänden zu einer Ent - ſcheidung führen könnten. Das alles hatte offenbar den Zweck, das Präſidium für die neuen Militärvorlagen zu ſtimmen, und an der Landkarte legte der Kaiſer ausdrücklich dar, welche Truppendislocationen angeſichts der Lage nothwendig ſeien, und er ſprach die Zuverſicht aus, daß der Reichstag der neuen Militärvorlage keine Schwierigkeiten bereiten werde. Die Vermehrung des Präſenzſtandes und die vorgeſchlagene Neuorganiſation ſei nothwendig, weil die auswärtige Lage trotz der freundſchaftlichen Beziehungen, in denen Deutſchland zu allen Mächten ſtehe, Möglichkeiten enthalte, denen gegen - über es erforderlich ſei, ſich für die Zukunft vor - zubereiten.

Die Durchbringung der Militärvorlage war offen - bar der Hauptzweck der kaiſerlichen Darlegungen. Intereſſante Momente derſelben waren im Einzelnen der Hinweis auf die Faſchoda-Frage, wobei er den Erfolg hervorhob, den das kraftvolle Auftreten der engliſchen Diplomatie davongetragen habe, während anderſeits jedoch nicht die Sicherheit beſtehe, daß die engliſch-franzöſiſchen Differenzen mit der Erledigung dieſer Specialfrage bereits voll - ſtändig beglichen ſeien. Deutſchland ſtehe mit England auf gutem Fuße, unbeſchadet der vortrefflichen Beziehungen, die es auch nach der Seite anderer Mächte hin unterhalte. Der deutſch - engliſche Colonialvertrag ſei durch freundliches Entgegenkommen von beiden Seiten zu Stande gekommen. Derſelbe verfolge eine Politik des Friedens und der Wahrung der eigenen Intereſſen. Bezüglich Ruß -3284 Wien, Mittwoch Reichspoſt 14. December 1898lands ſoll der Kaiſer geſagt haben: Deutſchland könne die Verfolgung ſeiner Intereſſen nunmehr wahrnehmen, als es durch die Stellungnahme Ruß - lands ſich erleichtert fühle. Im Anſchluſſe hieran ſprach der Kaiſer ſehr warmherzig von ſeinem Freunde, dem Czaren, und deſſen hohen idealen Zielen. Es ſei nicht unwahrſcheinlich, daß die Conferenz in Petersburg zu einem praktiſchen Ergebniſſe führe: ſollte dies auch nur in der Richtung geſchehen, daß die Mächte beſchließen würden, mit der Einführung von neuen mörderiſchen Erfindungen inne zu halten. Der Kaiſer erwähnte hierbei ausdrücklich der letzten Dum-Dum-Ge - ſchoſſe, von deren furchtbarer Wirkung er ſich ſelbſt einmal auf einer Jagd überzeugt habe. So berührte der Kaiſer in anſprechendem freundlich-offenem Ge - dankenaustauſch die wichtigſten politiſchen Fragen. Es kann nur äußerſt ſympathiſch berühren, den Kaiſer ſo vertraut mit den Geſchäften und ſo offen mit der Ver - tretung des Volkes darüber converſiren zu ſehen.

Die Rede des Grafen Bülow, des Staats - ſecretärs des Aeußern, im deutſchen Reichstag bei der Etatsdebatte, hatte naturgemäß mehr den Zweck, auf - tauchende Beſorgniſie, welche auch die Rede des Kaiſers (ihrem ſpeciellen Zwecke entſprechend) erwecken mochte, zu verſcheuchen und die Volksvertretung objectiv aufzuklären.

Er berührte zunächſt die orientaliſche Frage:

Dieſelbe befinde ſich augenblicklich im Großen und Ganzen in einer friedlichen Phaſe. Damit will ich nicht ſagen, daß das orientaliſche Problem endgiltig ge - löft ſei. Die orientaliſche Frage gleicht einigermaßen der Seeſchlange, von der ein Stück nach dem andern zum Vor - ſchein kommt; die endgiltige Löſung wird keiner von uns erleben. Wir müſſen unſeren Kindern und Kindeslindern einige Nüſſe zum Kna[ck]en übrig laſſen (Große Heiterkeit); aber die Frage erſcheint gegenwärtig für den Weltfrieden weniger bedrohlich als in früheren Epochen. An und für ſich iſt die Frage vielleicht complicirter geworden, als ſie vor 20 Jahren und vor 4 Jahren war. Die Gegen - ſätze, nicht ſowohl zwiſchen Chriſten und Mohammedanern, als zwiſchen den einzelnen Balkanvölkern haben ſich ſeitdem zugeſpitzt. Mit dem Selbſtſtändigkeitstriebe dieſer Völker iſt auch ihr Expanſionsbedürfniß geſtiegen. Auf der Balkanhalbinſel gibt es Punkte, die unter Umſtänden Erisäpfel werden können. Die türkiſchen Sympathien für uns beruhen auf dortiger Einſicht, daß Deutſchland meint, Völkerrecht bleibe Völkerrecht auch gegenüber der Türkei , daß wir im Oriente keinen Unfrieden wollen, ſondern wirklichen Frieden.

Er berührte ſodann die kretenſiſche Frage, und bemerkte, daß die Rückberufung der Oldenburg durch die nachfolgenden Ereigniſſe gerechtfertigt war. Wir konnten uns bei der bisherigen Behandlung des kretenſiſchen Problems der Einſicht nicht ganz ver - ſchließen, daß viele Köche nicht immer den Brei ver - beſſern. (Heiterkeit. )

Sehr ſympathiſch waren die Ausführungen Bülow’s über die Paläſtina-Reiſe des Kaiſers und ſeine Theilnahme an der Einweihung der evangeliſchen Kirche, die ein Act der Pietät des Kaiſers gegen ſeine Vorfahren, ein Act religiöſen Empfindens ohne Feindſeligkeit gegen andere Con - feſſionen war (Bravo). Beweis: die Schenkung der Dormition an die Katholiken. Die Kaiſerreiſe habe den Sultan nicht nur nicht verletzt, ſondern die Beziehungen zur Türkei noch freundlicher geſtaltet. Trotzdem der deutſche Kaiſer das Protectorat über die deutſchen Unterthanen in Paläſtina ſich nicht nehmen laſſe, das ſchon ſeit dem 18. Jänner 1871 beſtehe, bekämpft Deutſchland nicht die franzöſiſchen Intereſſen, weder im Orient noch anderswo. Er ſchloß dies Capitel mit den Worten:

Die Vertretung des Reiches involvirt eben den Schutz aller Deutſchen, mögen dieſelben Katholiken oder Prote - ſtanten ſein. (Beifall im Centrum.) Wir werden uns der religiöſen Intereſſen unſerer katho - liſchen Mitbürger im Ortente auch fernerhin gewiſſenhaft und treu annehmen. (Beifall.)

Von ſehr beruhigendem Charakter und von ſehr verſönlichem Geiſte war die Antwort des Staats - ſecretärs über die vom Grafen Thun mit ſonſt bei dieſem Staatsmann ungewohnter Schärfe angeregte Frage der Ausweiſung öſterreichiſcher Unterthanen aus Preußen. Er führte aus:

Auf die Frage amtlich einzugehen hätte ich eigentlich keine Veranlaſſung, da dieſelben vor das Forum des preußiſchen Landtages gehören. Unſere inter - nationalen Beziehungen können aber durch dieſe Ausweiſungen nicht alterirt werden, weil letztere ein Act unſerer Souveränetät ſind, welche wir von keiner Seite an taſten laſſen. (Beifall.) Ueber einzelne Fälle ſchweben zwiſchen den deutſchen und öſterreichiſch-ungariſchen diplomatiſchen Organen vertrauliche Beſprechungen, welche jenen freundſchaftlichen Charalter tragen, welche unſere allgemeinen Beziehungen zu dem öſterreichiſch - ungariſchen Reiche kennzeichnet. Mehr möchte ich nicht ſagen; denn ich glaube, daß es beſſer iſt, (das iſt ein Wink für den Grafen Thun) kleinere Divergenzen mehr freundſchaftlicher Natur zwiſchen befreundeten und verbündeten Staaten öffentlich nur im verſöhnlichen Geiſte, nach reif - licher Ueberlegung und mit genauer Abmeſſung der Tragweite der Worte zu erörtern. (Lebhafter Beifall.)

Die Ausführungen von Bülow’s über den Drei - bund, über deſſen Erſchütterung einzelne Blätter immer wieder Beſorgniſſe ausſtreuen, ſind von be - ſonderer politiſcher Bedeutung. Sie lauten:

Es iſt auch die Beſorgniß unbegründet, als ob der Dreibund irgendwie erſchüttert in ſeiner inneren Cohäſion oder im äußeren Anſehen wäre. Die Weltlagsbringt es mit ſich, daß etwa in der Welt vorhandene be - drohliche Symptome ſich nicht gegen den Dreibund richten. Der Dreibund gleicht einer Feſtung in Friedenszeiten, auf deren Glacis die Bäume mit jedem Jahre höher wachſen, was aber nicht ausſchließt, daß im Falle der Noth den ich übrigens weder herbeiwünſche, noch in dieſem Augen - blicke vorausſage die Feſtung in kürzeſter Friſt ſturmfrei gemacht werden könnte. Der Dreibund ruht auf ſicherer Baſis; er iſt das Ergebniß des geſchichtlichen Werdeganges dreier großer Staatsweſen, die ſeit dem Beginne der europäiſchen Staatenbildung immer in lebhaften Be - ziehungen zu einander geſtanden ſind und ſtets in irgend - einer Art und Weiſe verbunden waren, jetzt aber die glückliche Form gefunden haben, bei voller innerer Autonomie und abſoluter Selbſtändigkeit nach Außen feſt zuſammen - zuſtehen. Der Dreibund ruht auf klaren und einfachen Intereſſen. Jeder ſeiner Theilnehmer hat ein gleiches Inter - reſſe an ſeinem Fortbeſtehen, jeder würde durch das Auf - hören des Dreibundes in gleichem Maße verlieren. Und da der Dreibund weit entfernt iſt, agreſſive Zwecke zu ver - folgen, und nichts weiter anſtrebt, als die Wahrung des status quo und Erhaltung der beſtehenden Ordnung der Dinge, ſo kommt derſelbe im letzten Ende allen Völkern und der Sache des europäiſchen Friedens zu Gute. (Lebhafter Beifall.) Im Allgemeinen empfiehlt es ſich, beſtehende, er - probte und zur Befriedigung aller Participanten functionirende Bündniſſe nicht zu oft zu discutiren. Es geht mit den Allianzen ähnlich wie mit den Damen; die beſten ſind ſchließlich doch diejenigen, von denen man am wenigſten redet. (Heiterkeit.)

Das Verhältniß Deutſchlands zu den anderen Mächten charakteriſirte v. Bülow kurz dahin: Mit England kann und will Deutſchland gerne in allerlei Fragen und Punkten zuſammengehen, es wahrt dabei aber voll und ganz anderweitige werthvolle Beziehungen. Gemeint iſt da offenbar Frankreich, welches in der Colonialpolitik ſich ebenſo wie England um Deutſchlands Hilfe wetteiſernd bemuht. Deutſchland wartet da offenbar ab, wer ihm mehr bietet: England oder Frankreich, denen coloniale Intereſſen gegenſätzliche ſind. Gegen - über Spanien und Amerika habe Deutſch - land nach beiden Seiten loyale Neutralität beobachtet und dadurch Vertrauen in die Ehrlichkeit der deutſchen Politik erworben. Die Handels - differenzen mit Amerika haben zu neuen Verhandlungen geführt.

Herr von Bülow erhofft die Fortdauer des Weltfriedens auf noch lange Zeit. Derſelbe beruht nach ihm auf der Ausgleichung zwiſchen berechtigtem nationalen Egoismus eines jeden Volkes und den gemeinſamen Culturaufgaben der ganzen Menſchheit. Deutſchlands Zukunft be - ruhe auf ſeiner Macht, dieſe Macht aber auf der Schärfe des Schwertes. Dennoch werde Deutſchland niemals fehlen, wo es ſich um die Aufrechterhaltung des Weltfriedens handle.

Dieſe klaren, beſonnenen und kraftvollen Dar - legungen hatten ſich des reichſten Beifalls des Hauſes zu erfreuen. In uns erwecken ſie wehmüthige Gefühle. Wo iſt bei uns in Oeſterreich zielbewußte Klarheit und kräftige Hand? Ja, wo!

Die Vorgänge in Ungarn.

Die Majorität beginnt bereits zum Rückzuge zu blaſen. Die Candidatur des Grafen Tisza für die Präſidentenſtelle im Abgeordnetenhauſe, die von der Oppoſition auf das heftigſte bekämpft wurde, iſt fallen gelaſſen worden. Dieſer Schritt der liberalen Partei zeigt, daß ſie im entſcheidenden Momente doch nicht gewillt iſt, mit Banffy zu leben oder zu ſterben oder gar für Banffy die Kaſtanien aus dem Feuer zu holen. Vielleicht iſt die liberale Partei durch den Umſtand, daß der Zerſetzungsproceß in der Partei Tag für Tag größere Fortſchritte macht, zu einer Aenderung in ihrer Taktik bewogen worden. Als Candidaten für die Prä - ſidentenſtelle werden die Abgeordneten Bela Thalian, Albert Berzevicky, Bela Lukacs vorge - ſchlagen.

Sogar der Miniſter des Innern v. Perczel und der Ackerbauminiſter Dr. Daranyi ſollen für die Präſidentenſtelle in manchen Kreiſen in Ausſicht ge - nommen worden ſein. Im Laufe des heutigen Tages wird die Regierung in der Präſidentenfrage eine Ent - ſcheidung treffen und der am Freitag ſtattfindenden Conferenz der liberalen Partei das Ergebniß mit - theilen.

Die Zahl der Diſſidenten wird von Tag zu Tag größer. Die Abg. Ferliczka und Graf Oscar Pejacſevich haben im Laufe des geſtrigen Tages ihren Austritt aus der liberalen Partei gemeldet. Die Zahl der Diſſidenten beträgt nun 26. Die Oppoſition ſcheint durch die am Samſtag erfolgte Vertagung des Hauſes etwas kleinlauter geworden zu ſein. Koſſuth hatte ſogar vorgeſtern erklärt, ſeine Partei ſei ent - ſchloſſen, den Ausgleich mit Oeſterreich paſſieren zu laſſen und zu den normalen parlamentariſchen Ver - hältniſſen zurückzukehren, wenn nur ſonſt ein Wandelgeſchaffen wäre. Der Oppoſition handelt es ſich alſo nur um den Sturz Banffy’s. Iſt dadurch Wandel geſchaffen, dann will die Oppoſition die gefährliche Waffe der Obſtruction bei Seite legen.

Gemeindezeitung.

Der Ball der Stadt Wien

wird, wie in gemeinderäthlichen Kreiſen verlautet, heuer nicht abgehalten werden. Man geht dabei von der Erwägung aus, daß der Stadtball den Armen nurein ſehr geringes Reinerträgniß liefern würde. Da - gegen ſoll, wie die Deutſche Zeitung mittheilt, am 1. Februar nächſten Jahres eine große Concert - akademie zu Gunſten der Armen der Stadt Wien in den Feſträumen des Rathhauſes veranſtaltet werden. Es ſoll weiter beabſichtigt ſein, die Feſtbeſucher nach Schluß der Akademie zum Be - ſuche des Rathhauskellers einzuladen, der an dieſem Abende das erſte Mal Gäſten geöffnet iſt, um am folgenden Tage dem allgemeinen Verkehr übergeben zu werden. Der Stadtrath wird heute darüber Be - ſchluß faſſen.

Duellirende Bezirksausſchüſſe.

Samſtag Abends fand eine Sitzung des Landſtraßer Bezirksausſchuſſes ſtatt, bei der der Bezirksvorſteher Spitaler einen Brief des Bezirksausſchuſſes Dr. Kner zur Verleſung brachte, worin gegen die Verleihung des Bürgerrechtes an den gleichfalls liberalen Bezirksausfchuß Legat unter den heftigſten Vor - würfen gegen dieſen, proteſtirt wird. Zugleich erhebt der Briefſchreiber den Vorwurf, daß über dieſe Bürgerrechts - verleihung im Bezirksausſchuß nicht in öffentlicher Sitzung, ſondern in geheimen Conventikeln abgeſtimmt wurde. An die Verleſung dieſes Briefes knüpfte ſich eine längere Debatte, in deren Verlauf Bezirksausſchuß Legat erklärte, er werde als Officier wiſſen, was er dem Dr. Kner gegenüber zu thun habe. Thatſächlich ſoll Bezirksausſchuß Legat den Dr. Kner bereits gefordert haben. Das Duell findet angeblich in der Praterkaſerne ſtatt. Wo bleibt die Polizei? Was ſagt der Landesvertheidigungsminiſter, der ja zu den ſtreng katholiſchen Cavalieren gezählt wird, dazu, daß man die militäriſchen Gebäude zu Geſetzüber - tretungsſtätten macht? Das Duell verſtoßt gegen das Civil - und das Militärgeſetz und gegen die Lehren der katholiſchen Kirche.

Demolirung der Schönbrunner Schloßbrücke.

Am Donnerſtag, den 15. d., wird in Folge der Wienfluß - regulirung mit der Abtragung der Schönbrunner Schloß - brücke begonnen, in Folge deſſen der Fuhrwerksverkehr von dieſem Tage ab in die benachbarten Straßen abgeleitet wird.

Eine Deputation der Pfründner

des Wiener All - gemeinen Verſorgungshauſes ſprach geſtern beim Bürger - meiſter Dr. Lueger vor, um ihm den Dank für die Ein - führung des Frühſtückkaffees und die freiheitlichere Behand - lung zu überbringen.

Zur Fleiſchverſorgung der deutſchen Großſtädte.

Im Statiſtiſchen Jahrbuch deutſcher Städte für 1896 findet ſich eine Zuſammenſtellung der Ziffern aus 22 deutſchen Großſtädten über den Verkehr auf den Schlachthöfen, dem zu Folge im beobachteten Jahre in dieſen Städten die Schlachtungen von 550.000 Rinder, 2·3 Millionen Schweinen, 1 Million Kälber und 800.000 Hammel erfolgten. Sehr intereſſant iſt die Zuſammenſtellung der Schlachtungen von Pferden, Eſeln und Hunden, die mit den Ziffern des Vorjahres verglichen wird. Danach wurden in 44 Städten insgeſammt 37,680 Pferde ge - ſchlachtet, von welchen 36.833 Stück für den menſchlichen Conſum beſtimmt waren. Das ergibt gegen das Vorjahr ein Mehr von nicht weniger als 4161 Stück. Am ſtärkſten iſt die Zunahme des Pferdefleiſchverbrauches in Hamburg, wo ſie 3095 gegen 1778 im Vorjahr betrug; die abſolut höchſten Ziffern wieſen auf Berlin mit 7307 (7338), Breslau 3005 (2739), Bremen 1660 (1240), Halle 1646 (877) und München 1433 (1444). Ueber 1000 Stück conſumirten außerdem Dresden, Düſſeldorf, Hannover, Köln, Leipzig, Magdeburg. In 30 Städten hat der Conſum zugenommen. nur in 13 war eine zumeiſt geringfügige Abnahme bemerk - bar. Eſel wurden nur 19 geſchlachtet gegen 46 im Vor - jahre, davon die meiſten zu Straßburg 10 (17). Dagegen iſt die Ziffer der Hunde ſchlachtungen wieder eine ſteigende, obwohl die Angaben leider lückenhafte ſind. Außerhalb Sachſens, das dieſe Specialität pflegt, wurden nur aus Barmen 4 (1) und Halle 1 derartige Schlachtungen be - richtet, während ſie in Breslau diesmal nicht beziffert wurden, woſelbſt in 1895 65 Hundeſchlachtungen angegeben wurden. Aber aus 4 ſächſiſchen Städten wurde über 490 derartiger Schlachtungen berichtet, die faſt alle in den menſchlichen Conſum übergingen gegen 387 im Vor - jahre. Die Einzelergebniſſe ſind Chemnitz 251 (201), Dresden 183 (89) mit ſtarker Zunahme, Leipzig 11 (24) und Zwickau 45 (72) mit abnehmenden Ziffern. Hieran mögen einige die Wiener Schlachthäuſer betreffende Zahlen zum Vergleiche gereiht werden. Im Jahre 1896 wurden in Wien 21,930 Pferde und 82 Eſeln geſchlachtet. Hundeſchlachtungen wurden glücklicherweiſe auf ſtädtiſchen Schlachthäuſern noch nicht durchgeführt. Im Berichtsjahre wurden weiter in den ſtädtiſchen Schlachthäuſern 253.259 Rinder und Büffel der Schlachtung unterzogen. Auf dem Centralviehmarkt wurden in runden Zahlen zugeführt: 127.500 Schafe, 76.000 Lämmer, 185.000 Kälber, 540.000 Schweine.

Tagesbericht.

* Kalender für Mittwoch, den 14. December

Katholiken: Quat. Spir. . Griechen: (2. De - cember): Habakuk. Sonnenaufgang 7 Uhr 45 Min. Morg. Sonnenuntergang 4 Uhr[5]Minuten Abends. Mondes[-]aufgang 8 Uhr 4[5]Minuten Morgens. Mondesuntergang 5 Uhr 10 Minuten Abends. Tageslänge 8 Stunden 20 Minuten. Nachtläng[e]15 Stunden 40 Minuten.

* Hof - und Perſonalnachrichten.

Der Kaiſer hat geſtern die neuernannten Geheimräthe in dieſer ihrer Eigenſchaft beeidigt. Erzherzog Ferdinand hat ſich geſtern Nachmittags von hier nach Linz zurückbegeben. Der Statthalter in Galizien Dr. Leo Graf Pininski iſt von hier nach Lemberg zurückgekehrt .. Der italieniſche Militärattaché in Petersburg Oberſt Xavier N. Rocca iſt aus Rom hier angekommen.

* Auszeichnungen und Ernennungen.

Der Kaiſer hat dem geheimen Rathe und Miniſter außer Dienſt FML. Emil Ritter v. Guttenberg taxfrei den Freiherrn - ſtand, dem mit dem Titel und Charakter eines Oberlandes gerichtsrathes bekleideten Landesgerichtsrathe des Kreis - gerichtes in Rovereto Dr. Alexander Salvadori vo[n]Wieſendorf den Orden der eiſernen Krone dritt[r]Claſſe, dem Berg-Inſpector der Oeſterreichiſch-Alpine[n]Montan-Geſellſchaft in Köflach Carl Karner den Titel4Wien, Mittwoch Reichspoſt 14. December 1898 284eines Bergrathes und dem Kanzlei-Official Wilhelm Haas in Troppau den Titel und Charakter eines Kanzleidirectors verliehen und den Sanitätsreferenten bei der Landes - regierung in Schleſien Landesregierungsrath Dr. Auguſt Netolitzky zum Statthaltereirathe und Landes-Sani - tätsreferenten bei der niederöſterreichiſchen Statthalterei ernannt.

* Sterbefall.

Reichsgraf Alois Kolowrat-Kra - kowsky iſt geſtern auf ſeinem Schloſſe Hroby in Böhmen geſtorben.

* Ausländiſche Verbrecher auf der Flucht.

Wie die Polizeibehörde in Hamburg der hieſigen Polizeidirection mittheilt, iſt der 35jährige Commis Hans Carl Richard Iwerſen am 6. d. M. nach Unterſchlagung von 10.000 Mark von dort flüchtig geworden. Iwerſen iſt 175 Centimeter hoch, ſchlank, hat blondes Haar, blonden Schnurrbart, zugeſpitzten Backenbart, längliches Geſicht, geſunde Geſichtsfarbe, trägt goldenen Zwicker, und war mit graumelirtem Anzug, grauem Ueberzieher und ſchwarzem, ſteifem Hut bekleidet. In München hat der Secretär Hans F. Ludolphi einen gefälſchten Check, von Thompſon auf die Birkbeckbank in London gezogen, in Verkehr gebracht und iſt ſodann flüchtig geworden. Ludolphi, der ſich auch in Dresden des Verbrechens der Unterſchlagung einer Summe von 1000 Mark ſchuldig gemacht und außerdem noch einen Betrug begangen hat, dürfte ſich nach Oeſterreich geflüchtet haben. Der Verbrecher iſt circa 30 Jahre alt und ſpricht deutſch und engliſch.

* An die chriſtlichen Frauen von Wien.

Das Jahr des 50jährigen Regierungsjubiläums unſeres Kaiſers ſoll nicht enden, ohne daß auch die chriſtlichen Frauen der Reichshaupt - und Reſidenzſtadt gezeigt hätten, wie tief ihnen die Liebe zum Herrſcher im Herzen ſitzt. Als ſchwacher Be - weis dafür ſollen gelten: Die feierliche Dankmeſſe in der Votinkirche am Donnerſtag, den 15. d. um 9 Uhr Früh und die Huldigungs-Verſammlung in der Volkshalle des neuen Rathhauſes, ebenfalls am Donnerſtag, den 15. d. um 5 Uhr Nachmittags Alle chriſtlichen Frauen ſind höflichſt eingeladen, theilzunehmen an dieſen beiden Kundgebungen zum ewigen Gedächtniß.

* Unfälle.

Der Schloſſergehilfe Anton Tomek hantirte in der elterlichen Wohnung, 10. Bez., Sonnwend - gaſſe 30 derartig unvorſichtig mit einem geladenen Revolver, daß ſich die Waffe plötzlich entlud und das Projectil der 18jährigen Schweſter des Tomek in den Kopf drang. Letztere wurde indeß nur leicht verletzt. Der 37jährige Magiſtrats - official Emmerich Zechſcheid ſtürzte heute Nachts um 3 Uhr auf der Stiege des Hauſes Nr. 4 der Schönlatern - gaſſe ſo unglücklich nieder, daß er ſich eine 8 Centimeter lange bis auf die Knochen reichende Rißwunde an der Stirne zuzog. Um dieſelbe Zeit wurde der 27jährige Verſchieber Eduard Leitgeb auf dem Nordweſtbahnhofe beim Ver - ſchieben von einem Wagon überfahren. Er erlitt einen offenen Splitterbruch. Der 7jährige Tramway-Conducteursſohn Victor Kikar wurde geſtern Vormittags von einem mit Eis beladenen Wagen überfahren und ſchwer verletzt. Der ſchuldtragende Kutſcher fuhr raſch davon. Auf dem Frachtenbahnhofe der Franz Joſefsbahn wurde geſtern Nach - mittags der Hilfsarbeiter Julius Fuchs beim Verladen einer Traverſe im Geſichte getroffen und erlitt einen offenen Bruch des rechten Jochbeinbogens.

* Ein Glückstag für 12.000 Menſchen

wird der 15. d. M. ſein. An dieſem Tage findet nämlich die Ziehung der XXXII. Staatswohlthätigkeits-Lotterie, der einzigen in Oeſterreich geſtatteten Geldlotterie, ſtatt, bei welcher außer dem Haupttreffer von 200.000 Kronen nicht weniger als 12.034 namhafte Gewinnſte in barem Gelde gezogen werden, während ein Los nur 2 fl. koſtet. Die Idee der Staats - wohlthätigkeits-Lotterien hat ſich in Oeſterreich-Ungarn raſch eingebürgert, nachdem bei keinem anderen Lotterie-Unter - nehmen die Gewinnſt-Chancen ſo günſtige ſind und der Staat vollſte Sicherheit bietet. Ueberdies hat man das Bewußtſein, einen Beitrag wahrhaft wohlthätigen Zwecken zugewendet zu haben.

* Profeſſor Leo Friedrich

erzählt am 17. d., um ½5 Uhr Nachmittags im Feſtſaale des Wiener kauf - männiſchen Vereines, 1. Bez., Johannesgaſſe 4, kleinen und großen Kindern, ernſte und heitere Märchen van L. Baſch, Baumbach, Fanny Groeger und Richard Leander.

* Gebete für den Dreyfus

werden, wie ein Warſchauer jüdiſches Blatt meldet, in den dortigen Synagog en verrichtet. Dieſelben haben ungefähr folgenden Wortlaut: Herr, erbarme Dich dieſes Mannes, der als ein Gerechter bekannt iſt bis in die entlegenſten Winkel der Welt. Derſelbe wird jetzt mit Schmähungen über - ſchüttet, verfolgt und liegt niedergebeugt wie ein Rohr beim großen Sturme. Sein reiner Name iſt Alfred Dreyfus. Unſer Herz flammt für dieſen Mann, in welchem ganz Iſrael verfolgt, unterdrückt und gedehmuthigt erſcheint in den Augen der Völker.

* Erdbeben in Dalmatien.

Aus Zara wird vom 12. d. telegraphirt: Um ½3 Uhr Früh wurden im Erd - bebengebiete zunächſt ein heftiger, ſpäter einige leichte Erd - ſtöße wahrgenommen. Um Uhr wurde in Sinj ein acht Secunden andauernder Erdſtoß, der ſtärkſte ſeit dem 2. Juli, verſpürt.

* Mädchenräuber.

Aus Belgrad wird berichtet, daß aus dem Dorfe Iſtok in Altſerbien Arnauten drei Mädchen geraubt haben, für die ſie nun ein hohes Löſe - geld fordern, welches jedoch die Eltern nicht aufbringen können.

* Von einem geiſtesgeſtörten Arbeiter

wurden, wie aus Heilbronn gemeldet wird, in der dortigen Silberwaarenfabrik von Bruckmann u. Söhne zwei Ar - beiter mit einem Dolche tödtlich verletzt. Nach Verübung der That jagte ſich der Geiſteskranke ſelbſt eine Kugel in den Kopf.

* Künſtliche Erzeugung echter Perlen.

Die Perle iſt bekanntlich als Krankheitsproduct, als eine durch ab - normen Anreiz am Körper der Muſchel entſtandene Bildung aufzufaſſen. Welche Urſachen dieſen Anreiz hervorbringen, iſt immer noch nicht klar feſtgeſtellt. Ein franzöſiſcher Phy - ſiker, Mr. Morſant hat nun, wie wir der diesbezüglichen Mittheilung des techniſchen Bureau S. Fiſcher in Wien entnehmen, den Verſuch gemacht, dieſen Anreiz künſtlich zu erzeugen und auf dieſe Weiſe Perlen in der gewählten Muſchel zu erzeugen. Dieſe Verſuche ſind gelungen. Er ſtach mit einer feinen Nadel in den Perlmutter-Ueberzug der Innenſeite und brachte eine minimale echte Perle in die ſo entſtandene Oeffnung ein. Dies genügte, um an dieſer Stelle eine ſchön entwickelte Perle entſtehen zu laſſen, welcheſich leicht abbrechen ließ und an Glanz den auf normalem Wege erzeugten Perlen nicht nachſteht, nur die Art der Schichtung, in welcher ſich das Perlmutter hier anlegt und zur vielförmigen Maſſe ausbildet, iſt eine andere, von der Schichtung der normalen Perle abweichende.

* Verunglückte Bergleute.

Wie aus Kattowitz gemeldet wird, ſind auf der Czelads - Grube bei Sosnovice durch ausſtrömenden Dampf 6 Bergleute getödtet und 4 ſchwer verbrüht worden.

* Da kann man freilich billiger verkaufen!

Der Partiewaarenhändler Jacob Wetter (!), 9. Bez., Rothe Löwengaſſe 11, verkaufte zu ſolchen Spottpreiſen Hand - ſchuhe, daß ſelbſt die in der Umgegend etablirten Handſchuh - macher, welche begreiflicherweiſe kein Geſchäft machen konnten, von ihm Waare bezogen. Die Polizei brachte es ſchließlich auf den Tag, warum der Mann ſo billig verkaufen konnte. Er bezog nämlich die Handſchuhe von dem Geſchäftsdiener Franz Mariſchka, der dieſelben ſeinem Chef, einem Handſchuh Engroſſiſten, ſtahl. Der Schaden, welchen Letzterer erleidet, ſoll mehrere tauſend Gulden betragen. Mariſchka wurde dem Landesgerichte eingeliefert, Wetter jedoch auf freiem Fuße belaſſen.

* Der heutigen Nummer

unſeres Blattes liegt als Beilage ein Weihnachts-Preisverzeichniß von Ludwig Müller, Weberei und Verſandtgeſchäft in Landskron in Böhmen bei.

* Wetter

Bei lebhaften Weſtwinden erhält ſich das milde, wechſelnd bewölkte Wetter mit einzelnen Nieder - ſchlägen.

Vereinsnachrichten.

§ Der akademiſche Univerſitäts-Zweigverein St. Aloyſius

hielt kürzlich im Spielſaale des fürſterz - biſchöflichen Clericalſeminars eine Feſtverſammlung ab, die einen recht ſchönen Verlauf nahm und ſich zu einer er - hebenden Kundgebung der Liebe und Treue gegen unſeren erhabenen Jubelkaiſer geſtaltete. Nachdem der Obmann des Vereines Herr Herbſt die Verſammlung, zu der ſich auch die Hochw. Herren Vorſteher ſowie Hochw. Herr Michele eingefunden hatten, eröffnet, überraſchte Herr Groltſch die Verſammlung mit einem herrlichen Prolog, worin er die Herrſchertugenden unſeres geliebten Monarchen mit be - geiſterten und zündenden Worten pries. Hierauf folgte die Kaiſer-Ouverture von Weſtermeyer, nach der Herr Kube das Wort zu ſeiner trefflichen Feſtrede ergriff. Er führte aus, daß die Mitglieder des Vereines aus zweifachem Grunde Anlaß hätten, gerade im Jubeljahre mit Liebe und Verehrung auf den Schützer und Förderer der katholiſchen Wiſſenſchaft unſeren verehrten Kaiſer zu blicken als öſterreichiſche Studenten nämlich und als katholiſche Theolo - gen. Uebergehend auf die confeſſionelle Schule ſieht Redner den Grund der heutigen Schulzuſtände in den ſtaatlichen Univerſitäten. Wem die Jugend gehört, dem gehört die Zukunft. Nur eine von wahrhaft chriſtlichem, katholiſchem Geiſte durchdrungene Schule vermag tüchtige und brauchbare Glieder der menſchlichen Geſellſchaft heranzubilden. Die Aus - führungen des Redners fanden allgemeine Zuſtimmung und ernteten reichen Beifall. Auf den gediegenen Vortrag des Liedes Vineta von Franz Abt durch die Sänger unter den Alumnen, folgte die Oberon-Ouverture von Weber und der Chor Gott, meine Zuverſicht von Schubert ſchloß die ſchöne, patriotiſche Feier.

§ Die Ortsgruppe Neubau

des Vereines Chriſt - liche Familie zeigt allen Mitgliedern an, daß am Mittwoch den 14. d. M. in Joſef Schellitſch Gaſthaus, 7. Bez., Kirchengaſſe Nr. 13 eine Ausſchußſitzung ſtattfindet. Beginn 8 Uhr Abends. Wegen der Wichtigkeit der Beſprechung iſt zahlreiches Erſcheinen erwünſcht.

§ Wiener Schutzverein zur Rettung verwahr - loſter Kinder.

Die diesjährige Chriſtbaumfeier der Zöglinge des Knaben-Erziehungshauſes des Wiener Schutzvereines zur Rettung verwahrloſter Kinder in Unter-St. Veit findet am Samſtag, den 17. d., um 5 Uhr Abends in den Saallocalitäten des Herrn Broſch Zum weißen Engel , Hietzing, am Platz 5, ſtatt.

§ Globus ,

Oeſterreichiſcher Poſtwerthzeichen - Sammlerverein hält Donnerſtag im Hotel Klomſer , Wien, 1. Bez., Herrengaſſe 19, Abends 8 Uhr, ſeine 54. Ver - ſammlung ab. Freunde der Philatelie ſind als Gäſte will - kommen.

§ Der Wiener Jagdclub,

deſſen Hauptaufgabe es iſt, das Hege - und Jagdweſen nach jeder Richtung hin zu fördern, zählt zu ſeinen Mitgliedern nur erprobte mit der Schußwaffe vollkommen vertraute Männer. Ein weiteres Ziel des Jagdclubs iſt es, den Jagdliebhabern die Theil - nahme an Jagden zu ermöglichen und eine directe Ver - bindung zwiſchen den Jagdherren oder Jagdpächtern einer - ſeits und den Clubmitgliedern andererſeits zu ſchaffen, es liegt überhaupt im Intereſſe des Clubs, eine verläßliche Vormerkung über Jagdherren, oder Jagdpächter und Jagdfreunde, insbeſondere Schützen, zu führen. Es iſt dies im Intereſſe aller Factoren gelegen. Jagdherren oder Jagd - pächter, welche zum Beiſpiel Schützen benöthigen, dürfen in ſolchem Falle dem Jagdclub nur Tag, Stunde, Ort der Zuſammenkunft, Zahl der Schützen ꝛc. bekannt geben; welcher das Weitere auf das Beſte veranlaſſen wird. An - fragen, Anträge und Aufträge wollen direct an den Schrift - führer des Jagdclubs, Herrn Julius Prinz, Wien, 18. Bezirk, Anaſtaſius-Grüngaſſe 20, geleitet werden.

§ Oeſterreichiſcher Ingenieur - und Architekten - Verein.

Fachgruppe der Maſchinen-Ingenieure. Dienſtag, den 13. d.: Vortrag des Herrn Ingenieurs Edm. Wehrenpfennig, Ober-Inſpector der öſterreichiſchen Nordweſtbahn: Ueber ausgeführte neuere Waſſerreinigungs - Anlagen. Fachgruppe für Geſundheitstechnik. Mittwoch, den 14. d.: Vortrag des Herrn Ingenieurs Adolf Freund: Ueber die wirkſame Desinfection der beim Thiertransporte verwendeten Eiſenbahnwagen. Fach - gruppe der Berg - und Hüttenmänner. Donner - ſtag, den 15. d.: Vortrag des Herrn Oberbergrathes Carl Ritter v. Ernſt: Rückblick auf die Fortſchritte in der Darſtellung von Kupfer und Blei in den letzten fünfzig Jahren.

Telegramme.

Amerikaniſche Maßnahmen gegen die curopäiſchen Zuckerprämien.

Schatzſecretär Gage richtete an die Zolleinnehmer ein Rundſchreiben, wonachauf Zucker und Zuckerproducte aus Ländern, welche dafür Ausfuhrprämien gewähren, Compenſationszölle erhoben werden ſollen.

Eine neue Rede Monſon’s.

In der geſtrigen Ver - ſammlung des Vereines der chriſtlichen Jugend gab der engliſche Botſchafter Sir E. Monſon der Ueber - zeugung Ausdruck, daß ſich Frankreich mit England und den Vereinigten Staaten zur Sicherung der Fort - ſchritte der Civiliſation vereinigen werde. Der Bot - ſchafter ſprach die Hoffnung aus, daß von den Ge - rüchten eines drohenden Krieges zwiſchen den beiden Ländern zu Weihnachten nicht mehr die Rede ſein werde.

Wie verſichert wird, werde Miniſterpräſident Sagaſta die Kammer vor der Ratificierung des am 10. d. M. unier - zeichneten Friedensvertrages auf - löſen. Das Journal Correo glaubt, Sagaſta werde ſich nicht beeilen, den Friedensvertrag den Cortes zu unterbreiten, weil es möglich ſei, daß der amerikaniſche Senat den Friedensvertrag, welchem ein Theil der Senatoren ablehnend gegenüberſtehe, ver - werfen werde.

Gegen die amerikaniſche Souveränität auf den Philippinen.

Die Senatoren Hoar und Hale brachten im Senate von Bürgern der Staaten Maſſachuſetts und Maine angenommene Reſolutionen ein, in welchen gegen die Ausdehnung der Souveränität der Vereinigten Staaten auf die Philippinen, ſowie gegen die Erwerbung fremden Landgebiets ohne Zu - ſtimmung der dortigen Bevölkerung Einſpruch erhoben wird.

Deutſchamerikaniſche Verhandlungen?

Der Times wird aus Philadelphia gemeldet, die Regierung der Ver - einigten Staaten denke in dieſem Winter die Ver - handlungen mit dem deutſchen Reiche wegen des Handelsvertrages wieder aufzunehmen. Deutſchlands jüngſt officiell bekundete Freundſchaft werde in Waſhington voll anerkannt, und werde wahrſcheinlich dazu beitragen, dem deutſchen Reiche die Beibehaltung ſeiner commerciellen Vorrechte auf den von Spanien abgetretenen Inſeln zu ſichern.

Der wandernde Berg bei Klappai.

Ueber die von mehreren Journalen gemeldete neuerliche Erdrutſchung am Berge Haſenburg bei Klappai iſt den Behörden bisher kein officieller Bericht zugekommen. Es ſcheint, daß in Folge der häufigen Niederſchläge in den letzten Tagen eine wie man hier hofft nur unweſentliche Erdbewegung erfolgte, welche zu den beunruhigenden Gerüchten Anlaß gegeben haben dürfte.

Die Affaire Dreyfus.

» Libre Parole « veröffent - licht ein Schreiben Eſterhazy’s an den I. Präſi - denten des Caſſationshofes, Mazeau, in welchem er ſich bereit erklärt, unter ſicherem Geleite vor der Straf - kammer des Caſſationshofes zu erſcheinen, um mit allen bereits vernommenen oder noch zu vernehmenden Zeugen confrontirt zu werden und über alle ihn be -[t]reffenden Punkte Aufſchluß zu ertheilen. Eſterhazy weiſt in dem Briefe auf die gegen ihn erhobenen An - klagen hin und erklärt, er wolle die Ehre ſeines Namens und ſeiner Kinder, ſowie die Ehre eines Todten (Henry) vertheidigen, mit dem eine Schuld zu theilen, die weder für den Einen noch für den Andern beſtehe, ihm nicht zumuthen könne.

Der Matin glaubt zu wiſſen, daß, falls die Militärbehörde nicht die Initiative zur proviſoriſchen Freilaſſung Picquart’s ergreifen ſollte, Labori unverzüglich bei der VIII. Kammer des Caſſationshofes ein Geſuch, betreffend die Freilaſſung ſeines Clienten, einbringen werde.

Die Vorgänge in China.

In gewöhnlich gut unter - richteten chineſiſchen Kreiſen verlautet, die Kaiſerin - Witwe beabſichtige, Tuhans Jin-Huan aus der Ver - bannung zurückzuberufen. Wenn dieſe nicht officielle Meldung richtig wäre, ſo würde ſie beweiſen, daß die Kaiſerin ihre Macht für feſt begründet anſehe und die gemäßigt fortſchrittlichen Beamten wieder einzuſetzen wünſche, um all - mählig die nothwendigen Reformen durchzuführen. Die Audienz der Damen des diplomatiſchen Corps bei der Kaiſerin-Witwe wurde endgiltig auf morgen feſtgeſetzt.

Der Antiſemitismus in Frankreich.

Die Agence Havas meldet aus Nancy: Eine geſtern veranſtaltete antiſemitiſche Kundgebung, wobei Rufe wie Nieder mit den Juden! Es lebe die Armee! ausgebracht wurden, wurde von der Polizei im Keime erſtickt. Es wurden zehn Ver - haftungen vorgenommen, jedoch keine aufrechterhalten.

Wie die Agence de Conſtantinopele aus authentiſcher Quelle erfährt, ſtellen die jüngſten Meldungen aus dem Yemen feſt, daß die zwei ſtärkſten Stellungen der Rebellen von den türkiſchen Truppen genommen wurden und daß das Pacificirungswerk ruhig fortſchreitet.

Der Tribuna zufolge iſt Menelik in Tigre angekommen, um Ras Man - gaſcha abzuſetzen. An ſeine Stelle wolle er Ras Makonen ſetzen, während die Königin Taitu ihren Bruder Ras Olie unterſtütze. Die Frage hängt5284 Wien, Mittwoch Reichspoſt 14. December 1898auch mit der Thronfolge zuſammen, da der neue Ras von Tigre der Nachfolger Menelik’s ſein wird.

Der bekannte Anatom und Arzt der Königin Victoria, William Jenner iſt geſtorben.

Der Kaiſer ſpendete für die Abbrändler in Dzieduszyce-Wielkie 2000 fl.

Aus den Kronländern.

Steiermark. Graz.

(Eine conſervative Ver - ſammlung in Preding.) Das Grazer Volks - blatt bringt gegenüber den Berichten der Grazer und Wiener Blätter über die Predinger Verſammlung folgende Richtigſtellung:

Der Katholiſchconſervative Volksverein von Preding hielt geſtern, Sonntag Vormittags ſeine Generalver - ſammlung ab, zu welcher auch der Herr Abg. Kurz ein - geladen war. Zugleich war auch Herr Baron Rokitansky mit einer großen Anzahl von Bauernbündlern erſchienen. Abg. Kurz erſtattete ſeinen Rechenſchaftsbericht, wobei er auf Sprachenverordnungen und Ausgleich ꝛc. zu ſprechen kam und die Katholiſche Volkspartei gegen die gemachten Vor - würfe in Schutz nahm. Auf einen Zwiſchenruf des Barons Rokitansky konnte der Herr Abg. Kurz erklären, daß der Club der Katholiſchen Volkspartei bis heute noch keinen Beſchluß gefaßt hat, für den Ausgleich zu ſtimmen. Nach Herrn Kurz hielt der hochwürdige Herr Pfarrer eine Kaiſerjubiläums-Anſprache, die mit einem dreifachen Hoch auf Se. Majeſtät ſchloß. Zum Beweis der patriotiſchen Geſinnung forderte er die Verſammelten auf, ein Vaterunſer für Se. Majeſtät zu beten, was auch geſchah, worauf die Verſammlung geſchloſſen wurde, ohne daß Baron Rokitansky das Wort erhielt. Auf das hin brach ein ohrenbetäubendes Geſchrei der Bündler los, während ſich die Vereinsmitglieder entfernten. Rokitansky blieb mit ſeinen Getreuen zurück, trotz § 22 des Verſamm - lungsgeſetzes. Gegenüber dem unwahren Berichte der Tagespoſt ſei conſtatirt, daß Herr Kurz dem Baron Roki - tansky nicht zuſagte, er werde ſprechen können, da Herr Kurz zu einer ſolchen Zuſage, weil ſelbſt Gaſt, kein Recht hatte, und nach § 14 des Verſammlungsgeſetzes überhaupt Rokitansky das Wort zu ergreifen nicht berechtigt war.

Soweit der Bericht. Daß die Katholiſche Volkspartei bis heute noch keinen Beſchluß gefaßt hat, für den Ausgleich zu ſtimmen, glauben wir dem Abgeordneten Kurz gerne. Aber wir fürchten, daß das, was nicht iſt, noch werden kann, zumal gegenwärtig die Vertreter dieſer Partei im Ausgleichs - ausſchuſſe bisher ſtets für die unveränderte Annahme der Regierungsvorlage geſtimmt und ſich nur mit un - gefährlichen Reſolutionen begnügt haben.

Tirol. Brixen.

(Vonder landwirthſchaft - lichen Bezirksgenoſſenſchaft.) Im Saale zum goldenen Adler wurde Freitag, 9. De - cember, eine ſehr zahlreich beſuchte Vollverſammlung der landwirthſchaftlichen Bezirksgenoſſenſchaft abgehalten, an der auch der Reichsraths-Abgeordnete Dr. Schöpfer und der Landtags-Abgeordnete Schraffl aus Sillian theilnahmen. Im Ganzen dürften 200 Theilnehmer geweſen ſein. Leider war der Obmann, Landtags - Abgeordneter Dr. v. Guggenberg, durch Unwohlſein verhindert (den Vorſitz führte dafür ſein Bruder, das Ausſchußmitglied General v. Guggenberg), was diesmal umſomehr bedauert wurde, weil gerade er jenen Gegen - ſtand auf die Tagesordnung brachte und perſönlich vertreten wollte, der den hieſigen Landwirthen dieſe Verſammlung als ſo wichtig erſcheinen ließ. Es handelte ſich nämlich um eine gründliche Reorganiſirung der Genoſſenſchaft. Der Antrag gieng dahin, daß ſich die Mitglieder in den einzelnen Gemeinden und Seitenthälern zu Ortsgenoſſen - ſchaften vereinigen und dieſe zuſammen den Ver - band der Bezirksgenoſſenſchaft bilden ſollten. Ein weiterer Antrag gieng dahin, daß die Bauern einen weiteren, energiſchen Schritt in der Selbſthilfe thun und Erwerbs - und Wirthſchafts - genoſſenſchaften gründen ſollten. Nach dem Referate, welches hierüber General von Guggenberg erſtattete, ſprachen zu dieſer Angelegenheit die Abgeordneten Schoepfer und Schraffl. Der Erſtere zeigte, welchen Aufſchwung das perſönliche Intereſſe der Bauern am genoſſenſchaftlichen Wirken erhalten würde, wenn in den einzelnen Gemeinden Brennpunkte des - ſelben wären; er verwies auch darauf, daß der Tiroler Landtag wiederholt ſchon für die Berufs - organiſation des Bauernſtandes die Ortsgenoſſen - ſchaften als die unterſten Elemente verlangt habe. Betreffs der Erwerbs - und Wirthſchaftsgenoſſenſchaften wurde auf die Erfolge in Niederöſterreich, und be - ſonders in der Schweiz. hingewieſen und die raſtloſe Thätigkeit des Villacher Stadtcaplans Walcher erwähnt. Herr Schraffl empfahl beſonders, auch den Rechtsſchutz in die geplanten Vereine aufzu - nehmen. Die Anträge wurden einſtimmig angenommen und der Ausſchuß damit betraut, die Ausführung in die Hand zu nehmen. In kleineren Cirkeln äußerten viele Theilnehmer ihre Ueberzeugung, daß die Bauern mit Freuden mitthun und auch in kleineren Orts - verſammlungen viel eher an Debatten durch perſönliche Meinungsäußerungen ſich betheiligen würden. Wir wünſchen der Genoſſenſchaft in ihrem Vorhaben viel Glück und raſche Arbeit.

Böhmen.

Prag.

(Makler - und Ausgleichs - gerüchte.) Von Zeit zu Zeit werden immer wieder Meldungen in verſchiedene Blätter lancirt, welche neueVerhandlungen zwiſchen Vertretern der Jungczechen und der Deutſchen in Böhmen behufs Erzielung einer Verſtändigung in Ausſicht ſtellen. In jüngſter Zeit wurden ausdrücklich Vertreter der alpenländiſchen Katholiſchen Volkspartei als Makler für die Ein - leitung unverbindlicher Beſprechungen dieſer Art zwiſchen Vertretern des Jungczechenclubs einerſeits und der deutſchfortſchrittlichen und der deutſchvolklichen Partei andererſeits bezeichnet. Wer bei der jetzigen politiſchen Lage eine ſolche Maklerrolle von Mitgliedern der Katholiſchen Volkspartei gegenüber den Deutſchen Böhmens ernſt nimmt oder gar für erfolgreich hält, wie es ein deutſch-antiſemitiſches Blatt thatſächlich thut, der kennt die Verhältniſſe und Stimmungen in Böhmen nicht oder führt abſichtlich irre. Nachdem der im Jahre 1890 unter der Garantie des Miniſteriums Taaffe zwiſchen Czechen, Deutſchen und Hochadel feierlich ge - ſchloſſene Ausgleichspakt binnen wenigen Monaten von Czechen und Adel ſchnöde gebrochen und vor dem Vollzuge ſelbſt von der damaligen Regierung einfach im Stiche gelaſſen worden iſt, haben die Deutſchen Böhmens um ſo mehr für neue Ausgleichs-Conferenzen mit bloßem Privat - Charakter jedes Vertrauen verloren. Willkür-Acte ſind nicht mehr Pacte, ſondern etwas ganz Anderes. Die Deutſchen Böhmens wiſſen, daß ſie, zumal von dem jetzigen Syſtem, das ihnen die Schlinge der Badeni’ſchen Sprachenverordnungen mit allen Conſequenzen daraus um den Hals geworfen hat und dieſe immer mehr zu - zuziehen trachtet, an eine rückſichtsloſe nationalpolitiſche Gegnerſchaft ſchutzlos preisgegeben ſind, obwohl ſie Millionen Köpfe zählen, das ſteuerkräftigſte Element und ſeit Jahrhunderten die verläſſigſte Stütze Oeſterreichs ſind. Im böhmiſchen Landtage ſind die 70 Vertreter der Deutſchen des Landes gegenüber den 96 national - czechiſchen und den 76 bevorrechteten Adels - und Groß - grundbeſitz-Abgeordneten ſo machtlos, daß ſie aus eigener Machtvollkommenheit nicht einmal einen Ver - treter in die Commiſſionen, in den Landesausſchuß oder in die Landesanſtalten wählen können, ſondern dabei auf die Gnade des Feud ladels angewieſen bleiben. Ein Landesgeſetz zu ihrer Sicherung, das nationale Curien mit dem Wahl - und Vetorechte aufrichtet, wird ihnen von der jungczechiſchen und feudalen Majorität übermüthig verweigert. Die Deutſchen ſollen ſich erſt durch ihre Zuſtimmung zum czechiſchen Nationalſtaate definitiv von den übrigen deutſchen Stammesgenoſſen Oſterreichs losſcheiden und als dauernd bedeutungsloſe Minorität ſich auf Gnade oder Ungnade dem Jungczechenthum und ſeinem Bundesgenoſſen ausliefern, bevor ſie auch nur das primitivſte Selbſtbeſtimmungsrecht im Landtage bewilligt er - halten. Das nennt man von feudaler und jungczechiſcher Seite nationalen Ausgleich für die Millionen Deutſchen Böhmens. Dazu lud die Adelscurie ſchon in der letzten böhmiſchen Landtagsſeſſion durch den Grafen Boucquoy die 70 deutſchen Landtags-Abgeordneten ein. Natürlich erfolglos! Man fordert damit ja nur Unterwerfung unter die nationalczechiſchen Dictate, nicht aber einen ehrenvollen Ausgleich. Man hat mit den verfaſſungswidrigen Badeni’ſchen Sprachen-Ordonnanzen übermüthig den Ton der Grundſtimmung feſtgelegt. Da werden ſchließlich nicht Ausgleichs-Befprechungen, ſondern Momente anderer Art entſcheiden. An ehrliche Ausgleichs-Conferenzen glauben die Deutſchen ſeit dem ſchmählichen Wortbruche des Adels und der darüber zu Grunde gegangenen Altczechen des Taaffe’ſchen Ausgleichs vom Jahre 1890 nicht mehr. Für den - ſelben haben bis heute die Deutſchen Böhmens allein ihr Wort gehalten, das damals alle Compaciscenten feierlich verpfändet haben. Solche Thatſachen der Geſchichte laſſen ſich nicht mehr auswiſchen. Was wollen angeſichts deſſen die Vertreter der Katholiſchen Volkspartei als Makler in dem deutſch-czechiſchen Zwieſpalte, die nach allgemeiner Ueberzeugung und nach parlamentariſcher Conſtatirung Dr. Lueger’s die Schuld ſind an der Fortdauer der jetzigen ver - worrenen Lage in Oeſterreich, die Schuld an der Preisgebung der Deutſchen, und die jene kleinen deutſchen Fürſten nachgeahmt haben, welche ſeinerzeit um kleiner Vortheile willen Deutſchlands Freiheit an den Eroberer Napoleon I. preisgaben, indem ſie ihm bei der Niederwerfung Bundesgenoſſen wurden. Die Politik hat darum wohl Recht, wenn ſie neue private Ausgleichsverhandlungen, die behufs Annäherung zwiſchen Deutſchen und Czechen Böhmens im nächſten böhmiſchen Landtage ſtattfinden ſollen, über - haupt bezweifelt und als ausſichtslos behandelt. Die bezüglichen Erfahrungen der letzten Land - tags-Seſſion und andere Thatſachen ſprechen deutlich genug. Zudem verbittert ſich die Stim - mung in Deutſchböhmen wegen der ſchonungsloſen Auf - rechthaltung der unwürdigen Lage von Tag zu Tag mehr, ſo daß der Eintritt der deutſchen Abgeordneten in den böhmiſchen Landtag für Ende December immer zweifelhafter wird. Der Prager Landtag hat damit alle Ausſicht, Rumpflandtag für die Czechen und die Ver - treter des ſtaatsrechtlichen Adels zu werden, nachdem bekanntlich der deutſche verfaſſungskreue Adel als Mi - norität durch das Liſtenwahlſyſtem ohnehin längſt aus - geſchloſſen iſt. Damit wäre die Bedeutung des böhmiſchen Landtages, in welchem Millionen Deutſche durch den Zwang der unwürdigen Verhältniſſe nicht ver - treten wären, auf ein precäres Niviau hinabgedrückt. Es iſt bedauerlich, daß es in Böhmen ſo ſteht, aber die Deutſchen ſind nicht im Stande, dieſe Zuſtände zu ändern. Sie wehren ſich nur gegen das ihnen auf - gelaſtete Unrecht.

Prag.

(Allerlei vom Tage.) Dem greiſen Dr. Rieger hat die Prager Stadtvertretung zu ſeinem 80jährigen Geburtstage durch Bürgermeiſter Dr. Podlipny die goldene Medaille der Stadt und eine Adreſſe überreichen laſſen, worin Rieger’s Verdienſte um die czechiſche Nation gefeiert werden. Dr. Rieger gedachte in ſeiner Dankrede ſeiner politiſchen Freunde und Mitarbeiter, empfahl der Nation Ausdauer im Kampfe und befürwortete gleichzeitig eine Verſtändigung mit den Deutſchen. Bei der feierlichen Inanguration des neuen Rectors der deutſchen Carl Ferdinands-Univerſität, des Theologie-Profeſſors Dr. Kurz, hielt Prorector Dr. Ulbrich eine Anſprache, die ſich zu einer Rückſchau geſtaltete auf das letzte Jahr, auf die Befehdung der deutſchen Hochſchule und der deutſchen Studenten in dieſem Zeitraume, wie ſie namentlich der national-czechiſchen Straßen - Aufruhr im December 1897 und die daran ſich knüpfenden Ereigniſſe brachten. Dieſe Vorkommniſſe zwangen den Univerſitäts-Senat, durch Deputationen an den Miniſter - präſidenten zweimal den Schutz des Regierung für die Univerſität und für die Rechte der deutſchen Studirenden anzurufen. Prorector Dr. Ulbrich dankte dann den Studenten für ihre in der kritiſchen Zeit ſtets bewieſene tadelloſe Haltung und empfahl ihnen auch weiterhin treues Feſthalten an der deutſchen Alma Mater, dieſer erſten, älteſten und gefeiertſten Hochſchule des deutſchen Volkes. Die deutſche Carolo-Ferdinandea-Univerſität vollendete am 7. April 1898 das 550. Jahr ihres Beſtandes. Am 9. d. M. celebrirte Prinz Karl von Schönburg-Hartenſtein, Benedictiner des Stiftes Emaus in Prag, als neugeweihter Prieſter in der Emauſer-Kloſterkirche ſein erſtes hl. Meßopfer, bei welcher Feier der Hochadel Böhmens durch eine Anzahl von Mit - gliedern vertreten war. In der Sitzung des Deutſchen landwirtſchaftlichen Centralverbandes für Böhmen , die hier am 11. d. M. abgehalten wurde, verlangten die Vertreter der Städte Teplitz und Leitmeritz die Verlegung der Verbandsleitung von Prag weg in eine Stadt Nord - böhmens, da die nationalczechiſchen Angriffe gegen das Ge - bäude des Centralverbandes, das nicht einmal eine deutſche Aufſchrift trage, dies empfehlen. Sie fanden aber ſtarken Widerſpruch bei dem Vorſitzenden und beſonders den Dele - girten Weſtböhmens, welche das Verlaſſen der Landeshaupt - ſtadt als Feigheit und falſche Taktik behandelten, weil damit nur abermals eine feſte Poſition der Deutſchen in Prag geopfert würde. Damit erklärten ſich bei der Ab - ſtimmung alle Delegirten einverſtanden, und ſo bleibt Prag weiterhin der Sitz der Centralleitung. Der Haſenberg bei Klappai in der Nähe von Leitmeritz, ein 400 Meter hoher Baſaltkegel, deſſen Fundament auf waſſerdurch - fluthetem Letten ruht, iſt abermals in gefährliche Rntſchung gekommen und bedroht nun die letzten Reſte des Dorfes Klappai mit Vernichtung. Die Berglehne iſt ſeit 11. December d. J. wieder ſtark zerriſſen, und die Erdmaſſen haben ſich in ſüdweſtlicher Richtung erſchreckend in Bewegung geſetzt. Im Frühling dieſes Jahres brach die erſte Kataſtrophe dieſer Art herein und ver - nichtete damals binnen wenigen Stunden 40 Häuſer vom Klappai, die meiſt zur Gänze und unter donnerndem Getöſe der Erdbrüche in plötzlich aufgähnende Erdſchlünde ſanken. Jetzt hört man wiederum das unterirdiſche Waſſer - rauſchen und dumpfe Getöſe des zuſammenbrechenden Erd - innern aus dem Berge, deſſen Baſaltmaſſen in die aus - gewaſchenen Erdlöcher hinabſtürzen, und deſſen loſes Material ſich ſeitlich abtrennt und zu Thale wandert. Die Dorfbewohner von Klappai flüchten entſetzt, und die Behörden treffen alle möglichen Sicherungs - und Rettungs - vorkehrungen.

f. Teplitzer Bezirk.

Im Voranſchlage der Stadtgemeinde Teplitz-Schönau ſeien folgenden Poſten unter Anderen hervorgehoben: Gehalt des Bürger - meiſters 3600 fl., Subvention der confeſſionellen evan - geliſchen Schule 350 fl. ; Gehalte und Erforderniſſe der iſraelitiſchen Privatvolksſchule 1405 fl.; deutſcher Nationalfonds 1000 fl. Die Activcapitalien der Stadt betragen 501.586 fl., die Paſſivcapitalien aber 2,818.034 fl. Im Teplitzer Pläner wurde ein hoch - intereſſanter paläontologiſcher Fund gemacht. Es iſt das Skelett eines Sauriers aus der Claſſe Polyptichodon interruptus. Das Thier muß eine rieſige Länge be - ſeſſen haben. Der Fund kam in das Wohnhaus des Herrn Faßl nach Teplitz, wo derſelbe ein Privatmuſeum gegründet hat. Im vergangenen Herbſte hat derſelbe Herr 42 heidniſche Wohnſtätten und Gräber im Teplitzer Bezirke ausgegraben. Der Antheil des Staates am Reingewinn der Auſſig-Teplitzer Bahn wird im Voranſchlage für das Jahr 1899 mit 600.000 fl. berechnet. Dr. Baß in Mariaſchein hat ſeine Stelle als Bruderladenarzt am 1. d., nieder - gelegt, während dieſelbe Fuction Dr. Gans in Turn vom 1. Jänner 1899 nicht mehr ausüben wird. Die Bruderladen bieten den jüdiſchen Aerzten kein gutes Geſchäft, weswegen dieſe Bruderladen gerne chriſtlichen Aerzten überlaſſen werden.

Parlamentariſches.

Der Ausgleichsausſchuß

brachte geſtern die Debatte über den Tiroler Getreidelandesaufſchlag zu Ende. Wir be - richten an anderer Stelle über die Abſtimmung. Es wurde dann Art. XIII Beſtimmungen über das metriſche Maß - und Gewichtsſyſtem, Beſtimmungen über den Feingehalt der Gold - und Silberwaaren und deren Ueberwachung in Be - rathung gezogen und nach kurzer Debatte unverändert an - genommen. Bei Art. XIV (Gleichſtellung der Handels - und Gewerbetreibenden des anderen Ländergebietes mit den Einheimiſchen) wünſcht Abg. Mauthner eine Gleichſtellung der öſterreichiſchen und ungariſchen Intereſſenten bei den öffentlichen Lieferungen. Die ungariſche Regierung iſt bei allen ihren Lieferungen beſtrebt, dieſelben nur an ungariſche Staatsangehörige zu vergeben, und übt auch in dieſem Sinne einen Druck auf die autonomen Behörden und auf die Privaten in Ungarn aus.

Abg. Menger brachte die Interpellation des Abgeord - neten Rutovski zur Sprache, daß der deutſche Kaiſer bei ſeinem Aufenthalte in Beyrut dem dortigen Honorarconſul, der auch die Intereſſen öſterreichiſcher Firmen vertreten habe, dies verwieſen habe, und6Wien, Mittwoch Reichspoſt 14. December 1889 284bemerkt, daß er ſeine Pflichten verletze. Die Vertretung öſterreichiſcher Firmen habe auch ſeitdem aufgehört.

Handelsminiſter Baron Dipauli ſagte, davon ſei der Regierung nichts bekannt, es könne übrigens nichts Wahres an dieſer Sache ſein, weil der deutſche Conſul in Beyrut ein Berufsconſul iſt und daher kaufmänniſche Geſchäfte gar nicht machen darf. Er hoffe, daß damit dieſe über Gebühr aufgebauſchte Angelegenheit endgiltig erledigt ſein wird.

Die Sitzung wurde hierauf geſchloſſen. Die nächſte Sitzung des Ausſchuſſes findet Mittwoch, den 14. d., 10 Uhr Vormittags, ſtatt.

Vor der heutigen Hausſitzung fand die Conſtituirung des Gebührenausſchuſſes, des Preß - ausſchuſſes und des Juſtizausſchuſſes ſtatt. Ueber Antrag des Abg. Dr. Pacak beſchloß der Preßausſchuß, in der heutigen Sitzung durch den Obmann Grafen Dzieduszycki den Antrag ſtellen zu laſſen, alle dem Hauſe vorliegenden Preßanträge nach § 31 dem Preß - ausſchuſſe zuzuweiſen.

Immunitätsausſchuß.

Der Immunitätsausſchuß verhandelte in ſeiner heute unter Vorſitz des Obmannes Eugen Ritter v. Abrahamo - wicz abgehaltenen Sitzung über eine Reihe von Immuni - täts-Angelegenheiten.

Das Referat über den Fall Berner (Ehrenbeleidigung und Uebertretung des Preßgeſetzes) wurde vom Bericht - erſtatter Dr. Wolffhardt wegen ſprachlicher Schwierig - keiten an den Abg. Spindler abgetreten.

In dem Immunitätsfalle des Abg. Schoiswohl wurde nach dem Referate des Abg. Wolffhardt be - ſchloſſen, die Auslieferung zu verweigern.

Desgleichen wurde nach dem Referate des Abg. Cambon beſchloſſen, dem Anſuchen um Auslieferung des Abg. Doctor Vertauf nicht ſtattzugeben.

In dem Immunitätsfalle des Abg. Iro wurde nach dem Referate des Abg. Dr. Tollinger beſchloſſen, eine Er - gänzung des vorliegenden Materiales zu veranlaſſen. Dem Anſuchen um Auslieferung des Abg. Bielohla - wek (Ehrenbeleidigung) wurde nach dem Referate des Abg. Dr. Tollinger ſtattgegeben. Die Aus - lieferung des Abg. Glöckner wurde nach dem Referate des Abg. Dr. Damm verweigert. Schließlich wurde die Vertheilung neuer Referate vorgenommen. Das Referat über den Fall Wrabetz wurde dem Abg. Muhr, jenes über den Fall Stojalowsky dem Abg. Dr. Slama und das Referat über den Fall Schrammel dem Abg. Zeller zugewieſen.

Im Legitimationsausſchuß wurden verſchiedene Wahlen agnoscirt.

Abgeordnetenhaus.

Sitzung vom 13. December.

Der Finanzminiſter übermittelt einen Geſetzentwurf, betreffend Gebührenbegünſtigungen für die durch einen Bergſturz betroffene Gemeinde Klappac.

Präſident gibt das Reſultat der heute vorgenommenen Conſtituirung der in der letzten Sitzung gewählten Aus - ſchüſſe belannt.

Es folgt ſodann eine Reihe von Interpellationsbeant - wortungen.

Handelsminiſter Frh. v. Dipauli beantwortet eine von den Abg. Schrammel und Genoſſen geſtellte Inter - pellation, in welcher darüber Beſchwerde geführt wird, daß die Gehilfenverſammlung der Corporation der Buch -, Kunſt - und Muſikalienhändler in Wien ſeit mehr als zwei Jahren nicht einberufen und in Folge deſſen die Durchführung der von dieſer Gehilfenverſamm - lung vorzunehmenden Wahlen unterblieben iſt, dahin, daß die Differenzen der Buchhandlungsgehilfen im engeren Sinne und den übrigen Hilfsarbeitern, welche das Zu - ſtandekommen der Gehilfenverſammlung vereitelt hatten, nunmehr im Inſtanzenzuge geſetzmäßig zur Austragung ge - langt ſe[i]en.

Es dürfe jetzt erwartet werden, daß die Intereſſenver - tretungen der Arbeitnehmer bei der in Rede ſtehenden Genoſſenſchaft ihren rechtlichen Verpflichtungen nachkommen und ihre geſetzmäßigen Functionen, wozu auch die Steuer - wahlen, von Vertretern in die Gehilfenkrankencaſſen, der Delegirten u. ſ. w. gehört, ausüben wer e. Die erſte Verſammlung der Buchhandlungsgehilfen hat bereits am 6. December 1898 ſtattgefunden und wurde in derſelben die Wahl des Gehilfenobmannes, ſeines Stellvertreters und der Delegirten zur Generalverſammlung vorgenommen. Zum Zwecke der Einberufung der Hilfsarbeiterverſammlung wurden durch die Genoſſenſchaftsvorſtehung die Vorarbeiten einge - leit t und ſoll die Verſammlung, nachdem ein Verſuch ihrer Conſtituirung am 11 December durch tumultuariſche Scenen vereitelt wurde in kürzeſter Zeit zuſammentreten. Er habe übrigens nicht ermangelt, neuerdings Veranlaſſung zu treffen, daß die Gewerbebehörden mit allem Nachdrucke auf den baldig - ſten Zuſammentritt ſämmtlicher genoſſenſchaftlicher Inſtitu - tionen beider Corporationen der Buch -, Kunſt - und Muſikhänd - ler in Wien hinwirken und könne in der Vorausſetzung, daß die Behörden hi[e]bei von Seiten der Vertretungen von unm[i]ttelbar intereſſirten K[r]eiſen[b]ereitwill[ig]es Entgegenkommen und wirkſame Unterſtützung finden werden, der Beginn der Thätigkeit und die Functionsfähigkeit der beſprochenen Intereſſenvertretungen für die nächſte Zeit gewärtigt werden.

Der Miniſter beantwortet weiters eine Interpellation der Abg Dr. v. Peßler, Böheim u. G., welche Gründe für die Verſetzung des Oberpoſtverwalters Philipp Mayer von Linz auf den Poſten eines Oberpoſtcontrolors in Trieſt maßgebend waren, und ob der Miniſter bereit ſei, im Miniſterrathe für die baldigſte Schaffung einer alle Willtüracte unmöglich machenden Dienſtespragmatik für die Beamten aller Kategorien einzu - treten, folgendermaßen: Nachdem die Verſetzung des Ober - poſtverwalters Philipp Mayer von Linz als Oberpoſt - controlor nach Trieſt ein interner Act der Executive iſt, über welche ſelbe verfaſſungsmäßig allein verfügt, ſo bin ich nicht in der Lage, die erſte Frage der Interpellanten zu beantworten, ſo leicht mir dies auf Grund der Voracten auch wäre. Auf die zweite an mich gerichtete Anfrage beehre ich mich zu erwidern, daß ich gegen die Schaffung einer Dienſtpragmatik für die Beamten nicht das Geringſte einzuwenden habe. Hiebei könnte ich aber niemals den Standpunkt aufgeben, daß der Verwaltung die Auswahl der geeigneten Perſönlichkeiten fürdie einzelnen Dienſtpoſten nach Maßgabe der hiefür maß - gebenden Dienſtesintereſſen gewährt bleiben muß.

Der Miniſter beantwortet ſodann eine Interpellation der Abg. Stapinski, Bojko, Krempa, Dr. Winkowski und Genoſſen, welche darauf abzielt, daß in Galizien die Auf - nahme von Lehrlingen bei gewerblichen Unternehmungen nicht von der Abſolvirung einer vierclaſſigen Volksſchule abhängig gemacht werde, dahin, daß die Gewerbeordnung eine Beſtimmung, wonach zur Aufnahme als Lehrling das Zeugniß über die Abſolvirung der IV. Claſſe einer Volks - ſchule gefordert werde, nicht enthalte. Auf dem Boden des geltenden Gewerberechtes könne eine ſolche Anordnung nur durch das Statut der betreffenden Genoſſenſchaft getroffen werden und iſt thatſächlich auch in die Statuten zahlreicher Gewerbegenoſſenſchaften in Galizien eine Beſtimmung aufgenommen worden, wonach als Lehrlinge in gewerbliche Unternehmungen nur ſolche jugendliche Perſonen verwendet werden dürfen, welche eine Volksſchule abſolvirt haben, daß aber irgend ein Genoſſenſchaftsſtatut das Er - forderniß der Abſolvirung einer vierclaſſigen Schule ent - halten würde, iſt nicht conſtatirt worden.

Der Miniſter beantwortet weiters eine Interpellation des Abg. Neunteufl und Genoſſen, ob ihm der mangelhafte, ſowohl den Handelsverkehr als auch den allgemeinen Briefverkehr benachtheiligende Poſtdienſt in Mähren bekannt ſei und ob er geneigt ſei, einen geregelten Landbriefträgerdienſt in Mähren einzuführen, dahin, daß er, nachdem die Interpellanten die Angabe irgend welcher concreter Daten unterlaſſen haben, nicht in der Lage geweſen ſei, den Mängeln, welche die Anfrage veranlaßt haben, nachzugehen. Was die Ein - richtung eines geregelten Landbriefträgerdienſtes in Mähren betreffe, ſo könne er darauf verweiſen, daß dieſer Dienſt - zweig gegenwärtig bereits bei circa 130 mähriſchen Poſt - ämtern eingerichtet ſei. Die Ausgeſtaltung dieſes Dienſt - zweiges bilde, wie überall, ſo auch in Mähren den Gegen - ſtand der ſteten Aufmerkſamkeit der Poſtverwaltung und wurde gerade in den letzten Jahren in die Einrichtung von Landbriefträgercurſen, ſowie in die Errichtung von ſo - genannten Poſtablagen, welche als eine Art Poſtanſtalten niedriger Kategorie gleichfalls dazu beſtimmt ſind, das flache Land dem Poſtnetze anzugliedern, ein beſchleunigteres Tempo eingeſchlagen Er betonte, daß auch in Hinkunft den diesfalls zu Tage tretenden Bedürfniſſen der Bevöl - kerung, ſoweit es die Mittel geſtatten, Rechnung getragen werden wird.

Der Miniſter beantwortet ſchließlich eine Interpellation der Abg. R. v. Vukovic und Genoſſen in Betreff der Verſorgung der Hinterbliebenen von verunglückten Seeleuten und der Kranken - und Unfallsverſicherung der Seeleute. Der Miniſter legt die Gründe dar, aus denen die Einführung der Krankenverſicherung für Seeleute nicht in Ausſicht genommen wurde. Dagegen ſei der Geſetzentwurf, durch welchen die Unfallsverſicherung auf Seeſchifffahrtsbetriebe ausgedehnt werden ſoll, und der daher auch die Verſorgung der Hinterbliebenen von verunglückten Seeleuten zur Aufgabe hat, vorbereitet, und erübrigen nur noch abſchließende Ver - handlungen mit den betheiligten Centralſtellen.

Miniſterpräſident Graf Thun beantwortet eine Inter - pellation der Abg. Biankini und Genoſſen über die Lage der dalmatin ſchen Auswanderer in Neuſeeland. Der Miniſter - präſident führt aus, in Neuſeeland finden die dalmatiniſchen Auswanderer als Guanogräber lohnende Beſchäftigung, welche ihnen ermöglicht, nach wenigen Jahren Erſparniſſe von 200 bis 600 Lire anzuſammeln und außerdem ihre in der Heimat verbliebenen Familien mit verhältnißmäßig bedeutenden Geldſendungen fortlaufend zu unterſtützen.

Der Honorarconſul in Auckland hat ſich bereits aus eigenem Antriebe mit der in der Interpellation erörterten Frage der Guanogräberlicenzen befaßt und bemerkt in ſeinem Berichte, daß die Regierung in Neuſeeland in Folge des Drängens der einheimiſchen Bevölkerung wahrſcheinlich den Verſuch unternehmen werde, das Guanograben für die Einheimiſchen zu reſerviren und die Einwanderung unſerer Emigranten durch prohibitive Vorſchriften zu hemmen. Jedenfalls ſeien Maßregeln zur Erſchwerung der dalmatini - ſchen Einwanderung zu gewärtigen, und ſcheint vorläufig Vorſicht bei der Auswanderung nach Neu - ſeeland dringend geboten.

Bezüglich der Erlaſſung einer Amneſtie für jene Auswanderer, welche bei ihrer Rückkehr in die Heimat eine Beſtrafung wegen Uebertretung der Wehrvorſchrift zu ge - wärtigen hätten, verweiſt der Miniſterpräſident auf die über Antrag des Landesvertheidigungsminiſter mit aller - höchſter Entſchließung vom 20. November d. J. genehmigten Amneſtiebeſtimmungen

Der Miniſterpräſident beantwortet weiters eine Interpellation der Abg. Zeller und Genoſſen wegen der Verweigerung der Anerkennung der Wahl des Wilhelm Wanke zum Obmann der Bezirkskrankencaſſa in Koniotau. Mit Entſcheidung des Miniſteriums des Innern vom 9. November d. J. ſei dem Recurs des Wilhelm Wanke und Genoſſen gegen die bezügliche Statthalterei-Entſcheidung Folge gegeben und erkannt worden, daß bei der in Rede ſtehenden Wahl des Vorſtandsmitgliedes Wilhelm Wanke zum Obmann gewählt erſcheine.

Eiſenbahnminiſter Dr. v. Wittek beantwortet mehrere Interpellationen.

Zunächſt eine Interpellation der Abg. Leopold Steiner und Genoſſen, in welcher über die häufigen Zugsverſpätungen auf den öſterreichiſchen Staat[ſ]bahnen im Allgemeinen und auf den Linien der Wiener Stadtbahn im Beſonderen Beſchwerde geführt wird, dahin, daß der Erhaltung der Verkehrsregelmäßigkeit ſeitens des Eiſenbahn - miniſteriums und der ihm untergeordneten Dienſtſtellen be - ſtändig die vollſte Aufmerkſamkeit zugewendet werde und daß auch in Hinkunft alle Maßnahmen werden getroffen werden, um die Erreichung dieſer gleichermaßen vom Stand - punkte der Betriebsncherheit wichtigen Aufgaben thunlichſt ſicherzuſtellen. Der Miniſter beantwortet weiters eine Inter - pellation derſelben Abgeordneten, in welcher der Anſchauung Ausdruck gegeben wird, daß ſeitens der Südbahn - geſellſchaft den berechtigten Wünſchen der inter - eſſirten Kreiſe in Anſehung der Frachtſätze die Lieferfriſten und der Beiſtellung geeigneter Frachtbetriebsmittel für Obſt - transport nicht im gebotenen Maße Rechnung getragen werde, dahin, daß die in der Interpellation enthaltene Angabe, daß ein arges Mißverhältniß zwiſchen dem allge - meinen Obſttarife der Südbahn und jenem der anderen Bahnen des In - und Auslandes beſtehe, nicht als zutreffendanerkannt werden könne, daß vielmehr das Gegentheil richtig ſei. Bezüglich der Raſchheit der Beförderung der Obſtſendungen ſei zu bemerken, daß die Südbahn große Quantitäten Obſt nach Wien in außergewöhnlich be - ſchleunigter Weiſe befördere. Mit Bezug auf das Verlangen, die Südbahn möge eigene Obſtſpecialwaggons beſchaffen, ſei darauf zu verweiſen, daß die Beſchaffung von Specialwaggons auch ſeitens der anderen Eiſenbahn Unter - nehmungen in der Regel den betreffenden Intereſſenten überlaſſen werde. In gleicher Weiſe gehe auch die Südbahn vor. Der Miniſter conſtatirt, daß die Südbahn-Geſellſchaft die Wichtigkeit des Obſttransportes aus dem Küſten - lande erkennend, eine Reihe von Verfügungen getroffen habe, welche auf die Verbilligung und Beſchleunigung dieſer Transporte abzielen. Auch das Eiſenbahn - miniſterium werde der Förderung der in der Rede ſtehenden, für die Approviſienirung der Reichshauptſtadt Wien wichtigen Transporte fortgeſetzt das beſondere Augenmerk zuwenden und vorkommenden Falles die geeigneten Verfügungen treffen.

In weiterer Beantwortung einer Interpellation der Abg. Heger, Kaiſer und Genoſſen über die unverhältniß - mäßige Höhe der Frachtſätze für Kohle aus den Ober-Schleſiſchen Revieren nach Selzdorf, führt der Miniſter die diesfälligen Verhältniſſe des Näheren aus und betont, daß die Selzdorfer Kalk-Induſtrie in ihren auf den Export nach Deutſchland abzielenden Beſtrebungen ſeitens des Eiſenbahnminiſteriums bis nun ſtets nach Thun - lichkeit unterſtützt wurde, und daß es in dieſer Richtung auch für die Folge das Beſtreben des Eiſenbahnminiſteriums bleiben werde, die gedachte Induſtrie durch Tarifermäßigungen für den Export kräftigſt zu unterſtützen.

Schließlich beantwortet der Miniſter eine Interpellation der Abg. Anton Steiner, Röhling und Ge - noſſen wegen Erweiterung der Station Kaſchitz der Linie Pilſen Dux, daß im heurigen Jahre die in der Interpellation hervorgehobenen Uebelſtände größten - theils abgeſtellt erſcheinen, daß aber überdies der betrieb - führenden Staatsbahndirection Pilſen angewieſen wurde, rückſichtlich der Nothwendigkeit einer weiteren baulichen Ausgeſtaltung der in Rede ſtehenden Station geeignete Er - hebungen zu pflegen und gegebenenfalls ein Project vor - zulegen.

Finanzminiſter Dr. Kaizl beantwortet eine Inter - pellation der Abg. Schleſinger und Genoſſen, in welcher über die verſpätete Auszahlung der durch das Geſetz vom 19. September 1898 e[r]höhten Be - amtengehalte und der durch das Geſetz vom 14. Mai 1896 erhöhten Penſionen der damals bereits penſionirten Staatsbeamten der unterſten drei Rangs -[k]laſſen Beſchwerde geführt wird.

Den gegen das Finanzminiſterium erhobenen Vorwurf mangethafter Pflichterfüllung könne er als ganz unbegründet zurückweiſen. Es könne ſich übrigens nur um eine Ver - zögerung um ganz kurze Zeit handeln, durch welche kaum Jemand zu Schaden gekommen ſein dürfte.

Die Anfrage des Abgeordneten Schleſinger, be - treffend die unterlaſſene Auszahlung erhöhter Penſionen, könne er ſich nur aus einer unrichtigen Information des Interpellanten erklären, indem das Penſionsgeſetz ausdrück - lich anordne, daß dasſelbe auf Staatsbedienſtete, beziehungs - weiſe deren Witwen und Waiſen, welche beim Eintritte der Wirſamkeit dieſes Geſetzes bereits im Genuſſe einer ſtaat - lichen Verſorgung ſtanden, keine Anwendung findet.

Der Miniſter beantwortet eine Interpellation der Abg. Prade und Genoſſen, betreffend die Numerirung der öſter - reichiſchen Staatnoten dahin, es ſei richtig, daß von den derzeit circulirenden Staatsnoten à 5 fl., ſowie auch von jenen à 50 fl. zweiter Emmiſſion ſtets eine größere Anzahl mit der gleichen Serie und Nummer bezeichnet, in Verkehr geſetzt werde. Dieſe Bezeichnung der Staatsnoten werde aber lediglich zu rein manupulativen Zweck bei dem Druck der Staatsnoten angewendet und habe für die Controle der ge - meinſamen ſchwebenden Schuld gar keine Bedeutung.

Die Preßvorlage.

Abg. Graf Dzieduszycki ſtellt als Obmann des Preß - ausſchuſſes und in Ausführung eines von demſelben ein - ſtimmig gefaßten Beſchluſſes den Antrag, es möge das Haus beſchließen, daß die in Zukunft im Hauſe einzubrin - genden Anträge und Vorlagen, welche Bezug auf die Preß - geſetzgebung haben, im kurzen Wege unmittelbar vom Prä - ſidium dem Preßausſchuſſe zugewieſen werden.

Abg. Dr. Groß findet dieſen Antrag abſolut unzuläſſig, denn man könne doch nicht durch einen Beſchluß über alle in Zukunft einzubringenden Vorlagen und Anträge auf einmal entſcheiden. Er erſucht daher den Präſidenten, den Antrag nicht zur Abſtimmung zu bringen, da derſelbe vollkommen geſchäftsordnungswidrig ſei. (Zu - ſtimmung links.)

Präſident bemerkt, er werde, wenn keine Einwendung erhoben wird, alle jene Anträge, die bereits eingebracht ſind, dem Preßausſchuſſe zuweiſen. Dagegen ſchließe er ſich der Anſchauung des Abg. Dr. Groß an, daß bezüglich der erſt in Zukunft einzubringenden Vorlagen dermalen ein Be - ſchluß des Hauſes nicht zu provociren ſei. (Zuſtimmung.)

Die theologiſchen Lehranſtalten.

Abg. Dr. Stojan beantragt, das Geſetz betreffend die Abwehr und Tilgung der Schweinepeſt am Schluſſe der vorliegenden Tagesordnung anzufügen. Weiters erſucht er den Präſidenten, die Regierungsvorlage betreffend die Be - züge und die Penſionsbehandlung des ſyſtemiſirten Lehr - perſonals an den römiſch-katholiſchen und griechiſch-katho - liſchen und theologiſchen Diöceſanlehranſtalten und den theologiſchen Centrallehranſtalten in Görz und in Zara dem Budgetausſchuſſe zuzuweiſen.

Präſident erklärt, dieſen Wünſchen Rechnung tragen zu wollen.

Abg. Dr. Lemiſch bemerkt, der Miniſterpräſident habe überraſchend ſchnell in der letzten Sitzung die Interpellation der Abg. Schoiswohl und Genoſſen über die in ſlo - veniſcher Sprache erfolgte Ausfertigung von Dienſtboten - büchern in Steiermark, die Interpellation Spinčič betreffend verſchiedene Angelegenheiten zwiſchen den Slovenen und den Italienern, ſowie die Interpellation Lemiſch, Hinterhuber betreffend die Sprache des amtlichen Verkehres der Kärntner Handels - und Gewerbekammer mit dem Raiffeiſencaſſen - vereine in St. Johann im Roſenthal beantwortet. Um den Slovenen Gelegenheit zu geben, ſich als Regierungspartei zu bewähren und zu zeigen, was ſie von den Czechen ge - lernt haben, um den Italienern Gelegenheit zu geben, zu zeigen, ob ſie eine k. k. Regierungspartei oder als geſchicht -7284 Wien, Mittwoch Reichspoſt 14. December 1898liche Culturnation und Dreibundsnation in dem Kampfe zwiſchen Slaven und Deutſchen in Oeſterreich auf Seite der Deutſchen ſind, beantragt er in der nächſten Sitzung über dieſe drei Interpellationsbeantwortungen unter Einem die Debatte zu eröffnen. Zugleich beantragt er hierüber die namentliche Abſtimmung.

Der Antrag auf namentliche Abſtimmung wird hin - reichend unterſtutzt.

Der meritoriſche Antrag wird ſodann in nament - licher Abſtimmung mit 142 gegen 84 Stimmen ab - gelehnt.

Abg. Taniaczkiewicz erſucht den Präſidenten, ſeine Anträge betreffend die Dotation der Hilfsprieſter und die Pauſchalirung der Subſidiar-Seel - ſorger beim k. u. k. Militär nach § 31 der Geſchäfts - ordnung dem Budgetausſchuſſe zuzuweiſen.

Präſident erklärt, dieſem Wunſche Rechnung tragen zu wollen.

Abg. Dr. Pommer wünſcht, daß ſein Antrag auf Schaffung eines Penſionsinſtitutes für Privatbeamte und Privatangeſtellte aller Kategorien dem volkswirthſchaftlichen Ausſchuſſe zugewieſen werde.

Dieſem Wunſche wird vom Präſidenten Rechnung getragen.

Abg. Drexel erſucht den Präſidenten, beim Unterrichts - miniſter die Beantwortung ſeiner Interpellation wegen der Berechnung der Penſion für jene Volksſchullehrer anzuregen, welche im Jahre 1861 aus politiſchen Gründen in Ungarn ihr Amt verloren haben und in Oeſterreich nicht ſofort eine definitive Antwort finden konnten, ſo daß ihnen eine Anzahl von Penſionsjahren verloren ging.

Präſident erklärt ſich bereit, dem Unterrichtsminiſter dieſen Sachverhalt in Erinnerung zu bringen.

Es folgt eine Reihe von Interpellationen und Anträgen. Unter anderem fordert Abg. Schönerer die Einverleibung eines Proteſtes ins Protokoll, betreffend die Nichtertheilung des Wortes an den Abg. Iro. Er beantragt darüber eventuell namentliche Abſtimmung. Präſident Dr. v. Fuchs erklärt, dem Wunſche nach Einverleibung des Proteſtes Rechnung tragen zu wollen. (Die Schönerianer, die ſich um das Präſidium verſammelm, um gegen dasſelbe im Falle der Weigerung zu krawalliren, ziehen ab.)

Das Haus gelangt zur Tagesordnung, d. i. Fortſetzung der Generaldebatte über das

Dienergeſetz.

Abg. Stojalowski führt aus, wie das Dienergeſetz ſei vom ſocialpolitiſchen Standpunkte aus typiſch für Alles, was man in Oeſterreich mache. Von der Regierung und der Majorität wird viel von Socialreform geſprochen, niemals etwas ordentliches davon ausgeführt. Der Referent des vorliegenden Geſetzes hat ja ſelbſt anerkannt, daß das Geſetz beſſer ſein ſollte. Die Regierung fängt ihre Geſetze gewöhnlich bei der Bureaukratie an. Die Gehaltsregulierung der Beamten wurde gegeben und zwar wie der Krakauer Czas durch - leuchten ließ, um die Beamten gefügiger und die Bureaukratie ſtärker zu machen. So ſollen jetzt auch die Diener umge - ſtimmt werden die Reform ſoll alſo nicht aus ſocial - politiſchen Gründen geſchehen, daß die Regierung keinen eigentlichen Sinn für Socialreform hat, beweiſt ſie damit, daß ſie jede Reform als Gnade betrachte. Im Sitzungs - ſaale ſind ſammt den Miniſtern, Dienern, Poſtbedienſteten 39 Perſonen anweſend. Das typ ſche bei der öſterreichiſchen Regierung iſt es, wenn es ſich um Arme handelt, ſo müſſen ſie warten, die Socialreform will man mit Polizei machen. Wir werden für die Zuſatz - anträge ſtimmen. Wir haben keine Hoffnung, daß die Beſſerungsanträge angenommen werden. Wir werden aber dennoch für dieſes Geſetz ſtimmen, weil die Noth der Staatsdiener ſehr groß, und auch eine kleine Verbeſſerung dieſer ſchlechten Lage ſchon ein Fortſchritt iſt. Redner ſpricht von den Gefangenaufſehern, die ſeine guten alten Freunde ſeien. Ich habe ſelbſt mich überzeugt, wie ſchlecht es denſelben geht. Wir können nur dann für dieſes Geſetz ſtimmen, wenn dem Volke deshalb keine neuen Laſten auferlegt werden. Wir nehmen dieſes Geſetz als den Anfang einer allgemeinen Verſicherung aller Staats - bürger an.

Abg. Götz weiſt darauf hin, daß die jetzige Majorität eigentlich Schuld daran trägt, daß das Staatsdienergeſetz nicht früher zur Verhandlung gekommen ſei. (Der Redner ſpricht fort.)

Die heutige Sitzung verlief, ſoweit wir ſie durch unſeren Bericht verfolgen können, ruhig, die eine namentliche Abſtimmung kann noch nicht als Obſtruction angeſehen werden. Doch iſt die Gefahr bei Weitem noch nicht gebannt, es iſt vielmehr zu beſorgen, daß die Obſtruction nach Beendigung der Generaldebatte über das Dienergeſetz durchbricht. Die heutige Debatte bot wenig neue Geſichtspunkte. Es wurde heute die Erläuterung zum Central-Rechnungsabſchluß für 1895 vorgelegt, in dem wir folgende intereſſante Daten be - merkten: Das Erträgniß aus dem Abſatze des Kochſalzes hat ſich allein um 2,573.387 fl. 59 kr. erhöht gegen die Summe des Staats - voranſchlages, Oberöſterreich allein z. B. zahlte um 657.620 fl. mehr; d. h. dieſe allgemein drückende Steuer, die den Armen mehr trifft als den Reichen, weil das Salz die Würze des Armen iſt dieſe Steuer iſt größer geworden. Daneben ſteht Folgendes: Das Erträgniß aus dem Verſchleiß von Viehſalz hat ſich um 2,306.625 fl. verringert. Das ſtatiſtiſche Werk thut dies mit folgenden Worten ab: Die Urſache dieſer Minder-Einnahmen liegt weſentlich in den Bezugsſchwierigkeiten dieſer Salzſorte, beziehungs - weiſe in der hiedurch verminderten Nachfrage um die - ſelbe. Ja, in der That: Die Bezugsſchwierigkeiten des Viehſalzes ſind ſo groß, daß unſere Viehzucht, die dieſes Nahrungsmittels nicht entrathen kann, jähr -lich zurückgeht. Daher die Mindereinnahmen, daher aber auch der Niedergang unſeres Bauernſtandes.

Aus dem Gerichtsſaale.

Ein Polizeiinſpector als Defraudant.

(Schluß.) Den Geſchwornen wurden vier Hauptfragen im Sinne der Anklage geſtellt, welche folgendermaßen beantwortet wurden: Amtsveruntreuung 11 Stimmen Ja, 1 Stimme Nein. Ver - untreuung an Frau Ruprecht: 7 Stimmen Nein, 5 Stimmen Ja. Urkundenfälſchung: 12 Stimmen Ja. Führung falſcher Reiſepäſſe: 12 Stimmen Ja. Zu Folge dieſes Verdictes verurtheilte der Gerichtshof den Angeklagten zu fünfzehn Monaten ſchweren mit einem Faſttage alle Vierteljahre ver - ſchärften Kerkers.

Defrandation bei der Schloſſergenoſſen - ſchaft.

Im September d. J. wurde der Secretär der Schloſſengenoſſenſchaft Georg Schmidt flüchtig und eine eingehendere Scontirung der Genoſſenſchaftscaſſa ergab einen Abgang von 17.220 fl. Der Defraudant wurde in Neulengbach aufgegriffen, woſelbſt er ſoeben in Geſellſchaft ſeiner Geliebten einen Selbſtmordverſuch unternommen und ſich leicht verletzt hatte. Vor dem Erkenntnißgerichte unter Vorſitz des Landesgerichtsrathes Dr. v. Kempter (Staatsanwaltſubſtitut Mora - witz) wegen Veruntreuung angeklagt, war Schmidt geſtändig, die u terſchlagene Summe zumeiſt in leicht - ſinniger Weiſe durchgebracht zu haben Das Urtheil lautete auf zwei Jahre ſchweren Kerkers.

Lehrer-Organiſation.

Die Organiſation der chriſtlichen Lehrerſchaft nimmt die erfreulichſten Fortſchritte. Der Verband der katholiſchen Lehrer - vereine, der Katholiſche Lehrerbund für Oeſterreich hat vor Kurzem die Gründung eines katholiſchen Lehrer - vereines für Oberöſterreich in die Hand genommen. Dem Aufrufe des Bundesausſchuſſes folgten jetzt ſchon übert 100 oberöſterreichiſche Lehrer, ſo daß die Gründung des Vereines bereits in kürzeſter Zeit erfolgen wird. Die ſocialdemokratiſchen Lehrergenoſſen ſind natürlich darüber gar nicht erbaut und ihr Leiborgan, die Lehrerſtimme ſpeit Gift und Galle. Beſonderen Zorn erregte aber der Bundesausſchuß im ſocialdemokratiſchen Lager, daß er ſofort beim oberöſterreichiſchen Landesausſchuſſe eine Petition um Gehaltsaufbeſſerung der Lehrerſchaft einbrachte. Die Lehrerſtimme findet hiefür nur den Aus - druck größte Frechheit . Natürlich vor ernſter chriſtlich - ſocialer Arbeit halten auch die ſchönſten ſocial demokratiſchen Phraſen nicht ſtand. Und wenn der ober - öſterreichiſche Landtag die durchaus gerechtfertigten Wünſche der katholiſchen Lehrerſchaft befriedigt, dann iſt die ſchönſte Zeit für die ſocialdemokratiſchen Genoſſen vorbei.

Auch in Wien hat die Organiſation der chriſtlichen Lehrerſchaft einen neuen Erfolg zu verzeichnen. Ueber Ein - ladung des Reichsverbandes fand am 12. d. M. eine Beſprechung der niederöſterreichiſchen katholiſchen Lehrervereine ſtatt. Vertreten waren der Katholiſche Le[h]rerverein für Wien und Nieder - öſterreich , der Verein katholiſcher Lehrerinnen und der Lehrerverein Dr. Lorenz Kellner . Nach einem eingehenden Referate des Volksſchullehrers Hans Bösbauer wurde einſtimmig beſchloſſen, bereits im Monate Jänner 1899 in Wien eine chriſtliche Lehrer-Leſe - halle zu errichten. In einem ſpäter bekanntzugebendem Locale werden für die Mitglieder der katholiſchen Lehrer - vereine unentgeltlich ſämmtliche öſterreichiſche und ausländiſche Schulzeitungen aufliegen. Desgleichen werden wiſſenſchaft - liche und unterhaltende Zeitſchriften und Werke zur Ver - fügung ſtehen. Dem Centrum der ſocialdemokratiſchen Jungen , der Freien Leſehalle , wird nun auch eine ausgeſprochen chriſtliche und vaterländiſche Organiſation ent - gegengeſetzt. Zum Obmanne des Leſehalle-Comitt wurde Bürgerſchullehrer Herr J. Tilp gewählt. Die katholiſche Lehrerſchaft hat dadurch wieder bewieſen, daß ſie der ſocialen Seite des Lehrerlebens tiefes Verſtändniß entgegenbringt und auch für wahrhaften Fortſchritt und Bildung iſt.

Beſchränkung der Dienſtſtunden bei den Poſtämtern.

Wie verlautet, ſoll mit dem 1. Jänner 1899 eine für das Publikum bemerkenswerthe Aenderung in den Dienſt - ſtunden der Poſtämter eintreten. Von dieſem Tage findet der Parteienverkehr an Wochentagen nur von 8 bis 12 Uhr Vormittags und von 2 bis 6 Uhr Nachmittags ſtatt. An Sonntagen ſind die Dienſt - ſtunden auf die Hälfte der an Wochentagen feſtgeſetzten Dienſtſtunden für den Parteienverkehr beſchränkt und erfolgt die Beſtellung, Ausfolgung und Aufnahme aller Brief - und Fahrpoſtſendungen, ferner der Poſtſparcaſſenverkehr nur am Vormittag, Sendungen mit dem ſchnellen Verderben unterliegenden Inhalte, ſowie mit lebenden Thieren werden jedoch auch an Sonntagnachmittagen ausgefolgt. Der Landbriefträger - beſtelldienſt hat am Sonntag ganz zu entfallen. Welche Be - ſchränkungen der Dienſtſtunden im Parteienverkehr an all - gemeinen Feiertagen zu erfolgen haben, beſtimmen fallweiſe und entſprechend dem verminderten Geſchäftsverkehre die einzelnen Poſt - und Telegraphendirectionen. Für die Schluß zeit der zur Aufgabe gelangenden Brief - und Fahrpoſt - ſendungen beſtimmt die Verordnung des Handelsminiſte - riums Folgendes: Die Auslieferung von gewöhnlichen Briefpoſtſendungen aller Art hat längſtens eine halbe Stunde vor Abgang der Poſt (vom Poſtamte gerechnet) erfolgen. Eine größere Anzahl von Sendungen eines und desſelben Abſenders ſoll vor Eintritt dieſer Schlußzeit zur Auslieferung gelangen, widrigenfalls der Amtsvorſtand berechtigt iſt, die Annahme dieſer Sendungen für dienächſtfolgende Poſtabfertigung, beziehungsweiſe für den nächſten Tag zu verſchieben. In der Annahme und Aus - folgung der Telegramme hat eine Aenderung nicht ſtattzu - finden. Die in einzelnen Aemtern über das Normale ein - geführte Dienſtſtunden für den internen Dienſt erfahren durch dieſe Verordnung keine Beſchränkung.

Wenn die obige Stundeneintheilung wirklich auf Wahrheit beruht, ſo muß man ſagen, daß wieder einmal bei einer amtlichen Verordnung der Zopf eine große Rolle geſpielt hat. Haben denn die Herren nicht wahr - genommen, daß auf dieſe Weiſe es ganzen Claſſen der Bevölkerung, wie z. B. den Arbeitern, die von 7 bis 12 Uhr und von 1 bis 6 Uhr in der Fabrik ſein müſſen, die ganze Woche hindurchun - möglich iſt, einen recommandirten Brief oder eine Poſtanweiſung auf - zu geben?

Zur Frage der Statiſtik der Bl[i]nden.

Es iſt allgemein bekannt, daß nirgends ſoviele Blinde ſich finden, als in Aegypten Dieſes Land der Augenkrank - heiten und der Blindheit hat aber ſeine Blinden nie gezählt. Wir leſen mit Staunen, daß der Augenarzt Dr. Hirſchberg in der vornehmenſten Knabenſchule zu Cairo unter 32 Schü - lern nur 2 m[i]t geſunden Augen fand, in 2 anderen aber keinen, während er in Berliner Elementarſchulen unter[8]00 Schülern nur einen Fall granulöſer Erkrankung antraf. Unter den europäiſchen Ländern wird bezüglich der Häufigkeit der Blindheit Rußland, ſpeciell Finnland mit 22·45 Blinden auf 10.00 Einwohner an die Spitze geſtellt, während Holland mit 4·45 auf dieſelbe Zahl die wenigſten Blinden haben, und Deutſchland mit 8·78 eine mittlere Stellung einnehmen ſoll. Auf der ganzen Erde finden ſich durchſchnittlich unter 10.000 Einwohnern 8·7 Blinde, in Europa 9·19, ſpeciell in Finnland 22·4, in Ungarn 11·92, Großbritanien 11·32, Spanien 11·26, in Italien 10·5, Deutſchland 8·79, Frankreich 8·57, Belgien 8·11, Dänemark 6·67, Oeſterreich 5·55 und Holland 4.46. Nach dieſer Annahme hätte alſo Ungarn nach Finnland d[i]e meiſten Blinden in Europa. Ueberall gibt es mehr männliche als weibliche Blinde. In Rußland rechnet man in einzelnen Gegenden auf 121 Sehende einen Blinden, in anderen w[i]eder auf 627, durchſchnittlich aber auf 500 Sehende 1 Blinden, in Aegypten will man ſogar auf 100, ja nach der Notiz Analytique ſogar auf 50 Sehende 1 Blinden rechnen. Und doch wurde das letzgenannte Land im Alterthume als eines der gefundeſten auf der ganzen Erde geprieſen. Aber die ſchreckliche Mißwirthſchaft in der ſpätrömiſchen und mohamedaniſchen Zeit, ſowie die Veränderungen des Nillaufes haben die Peſt und andere Krankheiten und auch das jetzige Augenelend herbeigeführt. Ebenſo wird her - vorbehoben, daß auch in Spanien die Zahl der Blinden auffallend groß iſt. In Andaluſien iſt die Blindenziffer faſt ebenſo hoch wie an der Nordküſte Afrikas, in Tanger oder Tunis. Die Haupturſache der Erblindung in Spanien ſind die Eiterung der Neugebornen, die Körnerkrankheit und die Pocken. Der Fatalismus der Kranken, die fehlende ſtaatliche und ſtädtiſche Fürſorge für dieſelben und die geringe Pflege der Augenheilkunde unter den Aerzten wirken zuſammen, daß den neueren Zuſammenſtellungen zu Folge in Spanien auf 100.000 Einwohner 148 Blinde ent - fallen, während für Deutſchland, Frankreich und England 85, 84 und 88 auf 100.000 Einwohner, in Ruß - land aber 210 Blinde gerechnet werden. In[t]ereſſant ſind noch folgende Wahrnehmungen bezüglich der Alters[z]eiten: die erſten fünf Lebensjahre die größte Erblindungsgefahr, die folgenden bis zum 20. die geringſte, von da an bis zum 50. ſteigt ſie langſam, aber ſehr raſch von da bis zum 70. Lebensjahre.

Letzte Nachrichten.

Geſtern fand bei der Ladung eines Geſchoſſes im geſchützten Raume des Forts Conſtantin in Kronſtadt eine Ex - ploſion ſtatt, durch welche neun Soldaten getödtet, ein Officier ſchwer, zwei Officiere leicht und ſieben Soldaten ſchwer verwundet wurden.

General Lee ſoll Gouverneur der Provinz Havanna werden, während Generalmajor William Ludlow für den Poſten eines Civil - und Militär-Gouverneurs der Stadt Havanna in Ausſicht genommen ſein ſoll. General Lee iſt mit ſeinem Stabe bereits nach Cuba ab - gereiſt.

Wiener Börſe.

Um 2 Uhr 45 Minuten notirten: Oeſterreichiſche Kronenrente 101.20. Oeſterreichiſche Goldrente 120.10, Ungariſche Goldrente 120.15. Ungariſche Kronenrente 97.74. 3procent. Ungariſche Kronenrente 90.15. Mai Rente 101.15. Silberrente . . Alpine 185. . Rima 281. . Trifailer 174. . Prager Eiſen 918. . Tabak - Actien 126.25. Waffenfabrik 198. . Wiener Ziegel 365. , Waggonleih 136. . Böhm. Nordbahn 253.50. Elektr. . , . , . , Dampfſchiff 448. . Lemberg-Czernowitz 295. , Lloyd 430. . Nordbahn 3510. Nordweſtbahn 245.50, Nordweſtbahn lit. B. 261.50. Prag-Duxer 97. . Staats - bahn 363. . Südbahn 65.75. Tramway 541. . Tram - way Neue 99. Anglo 155.25. Bankverein 265. . Oeſterreichiſche Boden 456. . Oeſterreichiſche Credit 358. . Ungariſche Credit 388.25. Länderbank 234. . Oeſterr. ung. Bank 915. . Unionbank 294. . M[ü]nz-Ducaten 571. Rand-Ducaten 5.70. Napoleons 9. 56·5 Schweizer-Plätze - 47.30. 20 Markſtücke 11.80. Sovereigns 12.05. Mark - noten 59.02. Italien. Noten 44.45. Papier-Rubel 127〈…〉〈…〉 Verkehrsbank 171.50.

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8Wien Mittwoch Reichspoſt 14. December 1898 284
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Druck, Herausgabe und Verlag Ambr. Opitz, Wien. Verantwortlicher Redacteur Hermann Hikiſch, Wien.

9284 Wien, Mittwoch Reichspoſt 14. December 1898

Streiflichter.

Eine Aufforderung an die Lehrer, Social - demokraten zu werden,

liegt, kaum verblümt, in der Freien Lehrerſtimme vor. Anlaß dazu bot der Aerger, daß bei dem Jubiläums-Ordenregen nicht auch die Lehrer gebührend bedacht worden ſind. Doch wir müſſen dieſe Aufforderung in ihrem ganzen rüden Ton niedriger hängen. Sie lautet:

Was man oben von einem Lehrer hält, konnte man in der letzten Zeit des Jubiläums wieder einmal recht deutlich beobachten, nämlich beim Medaillen - Landregen. Wer nur einſt ein Bischen den Schießprügel ſpazieren geführt hatte, jeder Beamte und Amtsdiener, jeder Wachmann und Gendarm, jeder Finanz - und Bahnwächter, jeder erhält eine Jubiläumsmedaille, ja manche ihrer zwei und drei nur der Lehrer ging leer aus, oder es wurde ihm in einigen Amtsblättern bedeutet, er möge ſich eine ſolche ums gute und rare Geld irgendwo kaufen. Wir haben es gewiß nicht nothwendig, zu beweiſen, daß die Jungen durchaus keine Schwärmer für die Bruſtverzierungen ſind, am allerwenigſten von unverdienten und zufälligen, ſondern nur deshalb wollen wir davon reden, weil es im Lehrſtande noch immer Käuze gibt, die auf die bewußte Hilfe von oben warten. Ihnen iſt diesmal augenſcheinlich bewieſen worden, auf welch feſtem Grunde ſie ihre Hoffnungen bauen. Ja, wenn es mit den Worten ginge, wäre ſchon dann und wann Einer zu finden, der ſich zum armen Volksſchullehrer herab - ließe und ihm von der Werthſchätzung ſeiner Culturarbeit dort oben , wo die Geheimräthe üppig wuchern, etwas vorſchwefelte. Der Lehrer könnte auch ſo etwas vom Pflanzer, Hüter und Pfleger des Patriotismus hören, wenn er Luſt hätte, ſich pflanzen zu laſſen. Das iſt alles recht billig! Aber kommt es zum Zahlen, wenn der Lehrer ſeinen anſtändigen Lohn will, ei, da ſchreien die Leute im Chore, der Lehrer ſei ein Unzufriedener, ein Socialiſt, ein Unpatriot, ohne Religion, der nur immer in klingender Münze und nicht mit der Hoffnung auf ein beſſeres Jen - ſeits belohnt ſein will, und man läßt ihm zum Wohle des Vaterlandes und der Reli - gion weiter rackern und hungern bis anſein ſeliges Ende. Wenn es dann gar hoch hergeht, erhält er, wie ein Straßeneinräumer oder Damen - diener, das ſilberne oder goldene Verdienſtkreuz dafür, daß er zum Wohle von Tauſenden des Staates ein Leben lang das Hungerkreuz ſchon getragen. Oder man gibt ihm nicht einmal das mehr, ſondern hängt es irgend einem Tomola an. Für das Hungern iſt noch keine Me - daille geſchlagen worden, und ſiehe, Lehrer des Volkes: Du biſt ein Proletar ... Dein Platz iſt nicht dort, wo die Orden prangen, Dein Platz iſt mitten im Volke, dort, wo Tauſende und Millionen wirken und ſchaffen jahraus und jahrein; dort, wo für fleißige Arbeit Hunger und Elend blüht. Dort, in dem dumpfen Zimmer der Proletarierſchule, inmitten der hungernden, frierenden, bleichen Kinder des Elends, dort iſt Dein Platz. Du legſt den Keim der Sitte, der Bildung in die Herzen dieſer unglücklichen Kinder, Du weckſt in ihnen das Fünkchen Begeiſterung für das Wahre und Echte, nicht für gleißneriſchen Schein und Streberthum. Es nützt nichts, man hat Dich längſt zu jenen geſt[e]llt, die auf äußere Erfolge nicht rechnen dürfen, ſondern in ſich den Lohn fühlen müſſen für edles Wirken und Schaffen. Wohlan denn, ziehe die Conſequenz. Wenn Du nicht zu Jenen gehörſt, deren Arbeit durch äußere Ehren belohnt wird, ſo wirke mit an der Bildung eines Geſchlechtes, das den Mann ſeiner ſelbſt wegen ehrt, das Arbeit achtet und redlichen Willen und verächtlich hin - wegblickt über Heuchelei und Streber - thum.

Welcher Ton in den Lehrerblättern gegen die Negierung

angeſchlagen wird, beweiſt auch ein Artikel der Fr. Lehrerſtimme , der von den zu geringen Gehältern der Lehrer handelt, im Gegenſatz zu den aufgebeſſerten Beamtenbeſoldungen. Da heißt es u. A.: An den tüchtigen Leiſtungen der Beamten iſt die Regierung intereſſirt, da die Beamten ihre Stütze ſind. Die Lehrerarbeit dagegen geſchieht im Intereſſe des Volkes (nicht auch die der Beamten?) und kann einer Regierung unter Umſtänden ſehr unbequem werden; denn Leute, die viel denken (Eigenlob duftet lieblich) ſind gefährlich beſonders für Regierungen, die etwas träge ſind und gern den alten, überlebten Schimmel reiten. Daher die merkwürdige Taubheit, die ihr ſonſt langes Ohr (!), das bis in die entfer teſte Verſammlung reicht, den Forderungen der Lehrer entgegenbringt. So ſchreiben Lehrer ſelbſt Beamte des Staates!

Staatsmann und Baner.

Aus Galizien wird uns Folgender berichtet, für deſſen Thatſächlich - keit uns Bürgſchaft geleiſtet wird. Vor nicht langer Zeit fuhr der Staatsmann Graf Badeni von ſeinem Herrſchaftsgute in Galizien nach der Stadt und blieb auf dem Wege dahin mit ſeinem Wagen in einem Sumpfe ſtecken. Ein Bauer, der in der Stadt eine Fuhr Holz gekauft hatte, fuhr des Weges und ſieht den Grafen in dieſer fatalen Lage. Der Bauer, ein ver - nünftiger Mann, blickt den Herrn Grafen mitleidig in die Augen und darauf entwickelt ſich folgendes Zwie - geſpräch zwiſchen dem gelehrten Staatsmann und dem ſchlichten Bauer. Bauer: Wenn Du willſt, werde ich Dich ſammt dem Wagen herausziehen. Staatsmann: Was? Haſt Du vielleicht beſſere Pferde als ich? Bauer: Das behaupte ich nicht, aber trotzdem ſteh ich dafür ein, daß ich Dir heraushelfe. Staatsmann: Alſo vorwärts, mache, daß ich herauskomme! (Der Bauer ſpannt ein) Bauer: (Das Geſpann antreibend) Hüo, Hüo! geht ſchon. (Nach einigen Minuten): So, wir ſind ſchon heraus aus dem Sumpf. Staatsmann (ſtaunend und verblüfft): Ja, ſo geht’s freilich. Bauer: Warum machſt Du’s nich auch ſo? Ich habe vorne Tochter und Sohn, hinten Vater undMutter eingeſpannt. Die einen ziehen, die andern ſchieben; aber alle nach vorwärts. Alle haben einen Willen. Aber Herr Graf haben an den Staatswagen Ungarn, Pollaken, Oeſterreicher und Böhmen geſpannt. Die einen ziehen vorwärts, die andern rückwärts; einer ſagt zum andern, ſoll der andere ziehen. Darum kommſt Du eben nicht aus dem Sumpfe heraus, weil Du vier Nationalitäten eingeſpannt haſt. Der gute Bauer meinte natürlich: weil Du vier Nationalitäten eingeſpannt haſt, ohne durch eine gerechte Politik ſie alle nach einer Richtung ziehen zu laſſen.

Kirche, Staat und Schule.

Dechant Miesner .

Aus Mies wird uns geſchrieben: Die Fremden, welche am Jubiläumstage mit dem Dampfwagen an unſerer freundlichen Stadt vorüber - eilten, mochten ſich wundern, die ſchwarzen Trauerwimpel neben feſtlichen Kaiſerfahnen zu erblicken. Die Trauer galt dem treuen Seelenhirten, deſſen irdiſche Hülle an eben dieſem Tage von Prag hieher überführt wurde. Vor 12 Tagen hatte er ſich entſchloſſen, zur Heilung eines langjährigen Leidens die Hilfe der Prager Klinik anzurufen; getrieben von dem Verlangen, mit erneuter Kraft für ſeinen hohen Beruf arbeiten zu können, hatte der 65jährige Mann ſich der äußerſt ſchmerzvollen Operation unterzogen. Sie gelang, 3 Tage verbrachte er bei beſtem Wohlſein, da endete ein Schlaganfall unerwartet dieſes theure Leben. Dechant Miesner ſtammt aus Schönfeld bei Carlsbad und wirkte zuerſt 7 Jahre als Kaplan in Plan, wurde hierauf als Director der neuerrichteten Unterrealſchule nach Mies berufen, wo er ſich in den 7 Jahren dieſer Schulthätigkeit aller Herzen gewann. Von der Gemeinde Plan als Seel - ſorger erbeten, folgte er dieſem Rufe und hatte während ſeiner dortigen 12jährigen Wirkſamkeit das Glück, ſeinen nachmaligen Oberhirten, den jungen Grafen von Schön - born, in die Seelſorge einzuführen. Nur ſchwer konnte er ſich von ſeiner geliebten Pfarrgemeinde Plan trennen, als das monatelange Drängen der Mieſer Bevölkerung ihn beſtürmmte, hieher zurückzukehren. Endlich folgte er, um unter Bekannten 14 Jahre mit bekannter Liebe zu wirken. Anſpruchslos für ſeine Perſon, eifrig beſorgt für ſeine Heerde, emſig bemüht um den Schmuck des Gotteshauſes, voll regem Intereſſe für die großen Fragen der Zeit, ein Prediger voll Einfachheit und Ueberzeugungs - kraft, ein unermüdlicher Beichtvater, ein zärtlicher Vater der Jugend, ein hilfreicher Freund ſeiner jüngeren Mit - brüder, kurz, ein Prieſterherz voll leuterer Güte, war dieſer Mann eine Zierde des deutſchen Clerus von Böhmen. Noch im Tode beſorgt für die Sache Gottes hat er ſeinen ganzen, allerdings nicht ſehr bedeutenden Nachlaß außer einigen Legaten zur Errichtung einer Miesner’ſchen Paramentenſtiftung in Mies und Plan beſtimmt. Sein Leichenbegängniß am 3. December, an welchem ſich außer der ganzen Bevölkerung von Mies anch Plan durch ſeinen Bürgermeiſter und Vereinsdeputationen betheiligte, war eine impoſante Kundgebung der allgemeinen Liebe und Verehrung. Den Conduct führte Herr Domprälat Michael Hornſtein aus Prag unter Aſſiſtenz von 20 Geiſtlichen. Mitglieder des Clerus, der Stadtvertretung und der Vereine trugen den Sarg zur Kirche, wo das Pontificalrequiem gefeiert wurde. Bei der Trauerrede des f. -e. Convicts - directors und Pfarradminiſtrators Herrn Dr. Hilgenreiner äußerte ſich die allgemeine Trauer in lautem Schluchzen. Zu den Füßen des hohen Kirchhofkreuzes ruht jetzt ſein Irdiſches aus von ſeinen Mühe. Gott lohne ſeiner Seele alle ihre Liebe! R. I. P.

Dankſagung.

Man erſucht uns folgende Dankſagung zur Veröffentlichung zu bringen: Der Franciscanerordensprieſter P. Heribert Witſch hat anläßlich der Feier ſeines 50jährigen Prieſterjubiläums von allen Seiten, von Nah und Ferne ſo zahlreiche Glück - und Segenswünſche erhalten, daß er nur auf dieſem Wege ver - mag allen Freunden, Bekannten und Gönnern den herz - innigſten Dank dafür auszuſprechen mit der Bitte auch fernerhin ſeiner freundlich gedenken zu wollen.

Verſammlungen.

Generalverſammlung des Vereines zur Erziehung katholiſcher Lehrlinge.

In der letzten Zeit tritt der Verein jugendlicher Ar - beiter immer mehr und mehr mit ſeiner merkwürdigen Thätigkeit hervor, die hauptſächlich dahin geht, die Jugend, und insbeſondere die Lehrlinge, ins ſocialdemokratiſche Lager hinüberzuziehen. Welch ein edles Ziel hat ſich im Gegenſatze zu dieſem Hetzverein der Verein zur Erziehung katholiſcher Lehrlinge geſetzt, der geſtern im großen Muſik - vereinsſaale ſeine diesjährige Generalverſammlung abhielt.

Der Präſident Dr. Alois Gruber begrüßte zunächſt die Verſammlungstheilnehmer, er wies auf Luccheni’s Un - that hin, die, wenn nicht verzeihlich, ſo doch erklärlich er - ſcheine, da ſie ja doch eine Frucht des Atheismus ſei, der zur Socialdemokratie und Anarchie führe. Dem gegenüber helfen keine internationalen Schutzmaßregeln gegen die An - archiſten, da könne nur die Rückkehr zum Chriſtenthum helfen, eine Idee, die eben auch die Congregation der frommen Arbeiter durchzuführen ſucht und, ſoweit es ihre Mittel erlauben, auch wirklich durchführt. Nachdem Dr. Gruber mit einem dreifachen Hoch auf den Jubelpapſt und Jubelkaiſer geſchloſſen, erſtattete in vortrefflicher Weiſe der Vereinsſecretär Herr Ingenieur Trnka den Rechen - ſchaftsbericht über das abgelaufene Vereinsjahr. Die Zahl der Mitglieder iſt auf 1550 geſtiegen. Die Zahl der Wohl - thäter auf 117. Im Lehrlingsoratorium in Penzing be - finden ſich 177 Lehrlinge im Alter von 14 bis 18 Jahren, darunter 65 % aus Niederöſterreich; Böhmen und Mähren find mit je 24 Angehörigen vertreten. Mit einem Citate aus einer Rede Bismarck’s, in der dieſer die Nothwendig - keit der ſocialen Reform auf poſitiv chriſtlicher Grundlage betonte, forderte Redner die Anweſenden auf, jene Liebe zum arbeitenden Volke zu bethätigen, die vom heil. Vater ſo eindringlich verlangt wird. (Lebhafter Beifall.)

Hierauf wurde an Stelle der verſtorbenen Fürſtin Wilhelmine Windiſchgrätz Gräfin Marie Harrach zur Präſidentin des Damen-Hilfscomités gewählt.

Abg. Dr. Geßmann erörterte ſodann den Kampf zwiſchen den beiden Weltanſchauungen, zwiſchen demmaterialiſtiſchen Socialismus und poſitivem Chriſtenthum. In dieſem Kampfe ſei es nothwendig, daß die heranwachſende Jugend gewonnen werde. In dieſer Hinſicht ſei leider ſchon Vieles verſäumt worden und man habe ſehr viel nachzu - holen, und da habe insbeſondere der Verein, der heute ſeine Generalverſammlung abhalte, in dieſer Hinſicht große Erfolge erzielt. Solch ein Lehrlingsheim ſoll nicht bloß für einige Zeit der Aufenthaltsort bes Lehrlings ſein, es ſolle ihm auch in ſpäteren Tagen das Vaterhaus erſetzen.

Nachdem Dr. Geßmann, deſſen vortreffliche Rede oft vom Beifalle der Anweſenden unterbrochen wurde, dem Vereine Gedeihen und immer neue Erfolge gewünſcht hatte, erörterte P. Georg Freund C. SS. R. in ausgezeichneter Rede die Beſtrebungen, die auf Rettung des Gewerbeſtandes abzielen, der ja dem Kaiſer die beſten Soldaten und der Kirche die beſten Prieſter gebe. P. Freund legte an der Hand von Citaten aus Bebel’s Reichstagsreden dar, daß die Socialdemokratie nicht die geringſte Luſt zeige, dem Gewerbe - ſtande zu helfen. Die Congregation aber habe es ſich zur Aufgabe gemacht, zwiſchen Lehrlingen und Meiſtern zu ver - mitteln, dem Meiſter brave Lehrlinge, dem Lehrling aber einen guten Meiſter zu verſchaffen. (Lebhafter Beifall.)

Hierauf ſchloß der Präſident Dr. Gruber die Ver - ſammlung, deren glänzender Verlauf die beſte Bürgſchaft für das Gedeihen des Vereines bot.

Aus Anlaß des herannahenden Weihnachts - feſtes

veranſtalten die Ortsgruppen des Vereines Chriſt - liche Familie in allen Bezirken Frauenver - ſammlungen, deren Zweck iſt, dahin zu wirken, daß man beim Einkauf der Weihnachtsgeſchenke nur chriſtliche Gewerbetreibende berückſichtige, Auch die Ortsgruppe Währing hielt geſtern eine derartige Verſammlung beim wilden Mann ab, zu welcher leider, trotzdem der rührige Obmann Armenrath Schörg mehrere Redner eingeladen und auch das beſtimmte Erſcheinen zu - geſichert erhielt, in Folge dringender Verhinderung keiner derſelben erſchienen iſt, ſo daß Herr Schörg und der Präſident des Vereines Herr Prutſcher allein die Tagesordnung der Verſammlung beſtreiten mußten. Erſterer widmete Eingangs ſeiner Rede der verblichenen Kaiſerin einen tief empfundenen Nachruf, wobei ſich die Anweſenden von ihren Sitzen erhoben, beſprach weiters die Ziele des Vereines und trat in beredten Worten für die Unter - ſtützung der chriſtlichen Geſchäftsleute ſowie der chriſtlichen Preſſe ein. Auch legte er den Frauen warm ans Herz, der Armen nicht zu vergeſſen, damit auch für dieſe das ſchöne Weihnachtsfeſt ein Tag der Freude ſei. Herr Prutſcher wies auf die Erfolge hin, die der Verein bereits aufzu - weiſen habe und bezeichnete als ſeine nächſte Aufgabe, dahin zu wirken, das ein Geſetz gegen den unlauteren Wett - bewerb, wie ein ſolches bereits in Deutſchland exiſtirt, zu Stande komme. Auch dieſer Redner kam auf die chriſtliche Preſſe zu ſprechen, ſein Urtheil über dieſelbe machte jedoch auf die Verſammelten einen peinlichen Eindruck; für die vielen uneigennützigen Opfer, die die chriſtlichen Blätter ſpeciell den Vereinen bringen, verdienen ſie es wohl nicht, bezüglich ihrer Glaubwürdigkeit auf die gleiche Stufe mit den Judenblättern geſtellt zu werden.

Theater, Kunſt und Muſik.

Im Hofoperntheater

kommt morgen Mittwoch Die Hochzeit des Figaro mit den Damen Sedlmair, Forſter, Michalek, Kaulich, Elizza, Pohlner und Fellwock und den Herren Ritter, Demuth, Heſch, Schitten - helm, Schmitt und Frei zur Aufführung. Sonntag, den 11. d. M., fand die vierhundertfünfzigſte Aufführung der Oper Robert der Teufel von Giacomo Meyerbeer ſtatt. Im Kärntnerthortheater am 31. Auguſt 1833 mit Hermann Breiting in der Titel - rolle zum erſten Male gegeben, waren im alten Hauſe bis 25. Jänner 1870 326 Vorſtellungen der Oper zu verzeichnen. Im neuen Hauſe zählen wir ſeit 20. September 1870 124 Robert - Abende.

Deutſches Volkstheater.

Für morgen iſt Der Star von H. Bahr angeſetzt. Der claſſiſche Donner - ſtag bringt Goethe’s Geſchwiſter mit Fräulein Retty und Herrn Kutſchera, und Molière’s Der eingebil - dete Kranke mit Herrn Girardi in der Titel - rolle. Samſtag Nachmittags wird als zweite Schüler - vorſtellung Kleiſt’s Käthchen von Heilbronn gegeben. Zu dieſer Vorſtellung koſtet jeder Sitzplatz 20 kr., jeder Stehplatz 15 kr.

Kaiſerjubiläums-Stadttheater.

Der Andrang zn den Caſſen des Kaiſerjubiläums-Stadttheaters war Sonn - tag und Montag ſehr groß, es konnten nicht alle Wünſche für die erſte Vorſtellung befriedigt werden. Nunmehr hat der Verkauf für alle Vorſtellungen bis einſchließlich Sonn - tag an der Stadtcaſſe, Rothenthurmſtraße Nr. 16 (Bazar), und im Theatergebäude begonnen. Die morgige Eröff - nungsvorſtellung beginnt ausnahmsweiſe um ½7 Uhr Abends, alle künſtigen Vorſtellungen um 7 Uhr, nur an Sonn - und Feiertagen um ½8 Uhr. Heute Abends findet vor einem kleinen Auditorium von geladenen Gäſten die Generalprobe ſtatt. Die verſchiedenen Commiſſionen be - ſichtigten geſtern das Haus und ertheilten nach eingehender Inſpicirung den Betriebsconſens.

Erſtes Concert des Wiener Männergeſang - vereines.

Samſtag, den 17. December, Abends ½8 Uhr, findet im großen Muſikvereinsſaale unter der Leitung der Vereins-Chormeiſter Herren Eduard Kremſer und Richard v. Perger und unter gefälliger Mitwirkung der Concert - ſängerin Fräulein Marie Katzmeyr und des Prill-Quartettes das erſte diesjährige Concert ſtatt. Karten ſind in der Vereinskanzlei, 1. Bez., Canovagaſſe Nr. 4, von 4 bis 6 Uhr zu haben.

Sylveſter-Liedertafel

des Männerchors der Wiener k. k. Finanzwache . Donnerſtag, den 29. December, 8 Uhr Abends findet in Dreher’s Saal - localitäten, 3. Bezirk, Hauptſtraße 97, die Sylveſter - Liedertafel unter Leitung des Vereinschormeiſters Herrn Chordirectors Rudolf Baxa und gefälliger Mi[t]wirkung der Damen des Wiener Chor - und Orcheſter-Vereines , der Herren F. Welleba, Ludwig Weiß, J. Wotawa und *** ſtatt. Muſikcapelle Poſchwa. Entrée im Vorverkauf 30 kr. (er - hältlich bei ſämmtlichen k. k. Finanzwach-Abtheilungen) an der Caſſa 40 kr.

10Wien, Mittwoch Reichspoſt 14. December 1898 284

Das große Kaiſer-Jubiläums-Rundgemälde

in der Ausſtellungsſtraße in Prater, wurde geſtern Nach - mittags von zahlreichen Gemeinderäthen der Stadt Wien unter Führung des Herrn Vicebürgermeiſters Strobach beſichtigt. Die Herren äußerten ſich mit rückhaltsloſer Aner - kennung über das großartige, hiſtoriſche Kunſtwerk, ſowie über die hochintereſſanten Dioramen-Bilder und ſpendeten auch der guten Beleuchtung und Beheizung des Hauſes ihren Beifall. Die Beſichtigung hat im Ganzen etwa eine Stunde in Anſpruch genommen.

Volkswirthſchaftlicher Theil.

Die Regierung und der Raubzug der Prager Eiſen-Induſtrie-Geſellſchaft.

Wir haben geſtern an leitender Stelle die Vor - gänge bei der Prager Eiſen-Induſtrie - Geſellſchaft beleuchtet und das Einſchreiten der Regierung gegen die Arrangeure dieſes neueſten Raub - zuges gefordert. Die Regierung hat ſich auch ſchon gemeldet und läßt ihren Standpunkt in dieſer Ange - legenheit durch die Wiener Abendpoſt bekanntgeben. Das officielle Communiqué führt eine ſehr ſcharfe, un - zweideutige, drohende Sprache gegen die Börſentechniker der Witgenſteingruppe, die ein Börſenmanöver in einem bei uns glücklicher Weiſe noch nicht vorge - kommenen Style in Scene geſetzt haben.

Das Communiqué droht weiters mit der Ent - ziehung der Côte und deutet an, daß die rückſichtsloſe und mißbräuchliche Ausnützung des Zollſchutzes durch die Prager Eiſeninduſtrie leicht zur Aufräumung des Eiſenſchutzzolles führen könnte. Das officiöſe Commu - niqué hat folgenden Wortlaut:

Es darf mit Genugthuung conſtatirt werden, daß der Beſchluß des Verwaltungsrathes der Prager Eiſeninduſtrie-Geſellſchaft wegen Ausſchüttung der ſogenannten Special - reſerve in der Publiciſtik eine ziemlich einſtimmige Verurtheilung erfahren hat.

Die Ueberzeugung, daß es ſich hier um ein Börſen - manöver in einem bei uns glücklicher - weiſebisher noch nicht vorgekommenen Style handelt, iſt eine allgemeine. Dagegen iſt die Frage bisher nahezu unbeachtet geblieben, ob der Vorgang des Verwaltungsrathes nicht noch von einem anderen Stand - punkte anfechtbar iſt als von dem der geſchäftlichen Decenz Es muß nämlich vor Allem die Frage aufgeworfen werden, ob eine im Wege einer außerordentlichen Generalverſammlung ſtattfindende Reſervenausſchüttung, die keine unter den geſetzlichen Cautelen erfolgende Capitalsrückzahlung iſt, ſich als ſtatutenmäßig zuläßig darſtellt.

Mit Rückſicht auf dieſe Seite der Angelegenheit ergibt ſich die Möglichkeit einer Ingerenz des Staates vom Standpunkte des Aufſichtsrechtes des - ſelben von ſelbſt, wenn man auch davon abſehen will, daß bei Vorfällen, wie es der in Rede ſtehende iſt, im Hinblicke auf die dem Effectenmarkte drohenden Gefahren eigentlich auch das Verfügungsrecht des Staates bezüglich des Fortbeſtandes der Cote als engagirt angeſehen werden dürfte.

Wir ſind ermächtigt, zu erklären, daß die Regierung der ganzen Angele - genheit ihre vollſte Aufmerkſamkeit zuwendet und ſich die Stellungnahme für einen geeigneten Zeitpunkt vorbehält.

Es könnten übrigens die Entſchließungen der Re - gierung noch von der Erwägung beeinflußt werden, daß die ſo außerordentlich häufigen und ſchweren Klagen über die rückſichtsloſe Aus - nützung eines der heimiſchen Induſtrie im allgemein volkswirthſchaftlichen Intereſſe gewährten Zollſchutzes gerade die Prager Eiſeninduſtrie-Geſell - ſchaft recht ſehr angehen.

Die Erklärung der Regierung muß mit Genugthuung begrüßt werden.

Etwas verſpätet, aber noch immer nicht zu ſpät, gebietet die Regierung den Umtrieben der Wittgenſteingruppe Einhalt. Dieſe Kundgebung der Regierung läßt aber hoffen, daß ſie der Frage der Cartellbildung und der Reform der Actiengeſetzgebung ernſte Aufmerkſamkeit zuwenden werde.

Lateiniſche Münzunion.

Der Pol. Corr. zu - folge iſt bisher von keiner Seite eine Kündigung der lateiniſchen Münzunion erfolgt und wird eine ſolche gewiß auch nicht mehr im Laufe des December ein - treten. Eine neuerliche ſtillſchweigende Verlängerung der Münzunion um ein Jahr iſt vorauszuſehen.

Export von getrocknetem Eiweiß (Ei-Albumin.)

Mit öſterreichiſchen Erzeugern dieſes Artikels ſucht eine amerikaniſche Firma in Verbindung zu treten. Intereſſenten erhalten Auskunft bei der niederöſterreichiſchen Handels - und Gewerbekammer in Wien, 1. Bezirk, Wipplingerſtraße 34, 1. Stock.

Frankirung von Geſchäftskatalogen, Preis - verzeichniſſen u. dgl.

Im Hinblicke auf den bevor - ſtehenden Weihnachtsmarkt wird in Erinnerung gebracht, daß, wie in Ungarn, auch in Oeſterreich, der Zeitungstarif (Verſendung mittelſt Zeitungs-Francomarken) für periodiſche Publicationen der Geſchäftswelt (Kataloge, Preisverzeichniſſe u. ä. ) ausdrücklich zugeſtanden iſt; nur müſſen dieſe Druck - ſachen in regelmäßigen Zeiträumen erſcheinen und das Ge -präge einer periodiſchen Druckſchrift haben (entſprechende Bezeichnung, Angabe der Erſcheinungstermine u. dgl.). Die für die Austragung von Zeitungen an Abonnenten im Stadtverkehre normirte Zuſtellungsgebühr von einem halben Kreuzer gilt für derlei Sendungen nicht.

Amtliche Curſe der Börſe für landwirthſchaftliche Producte in Wien.

Weizen, per 100 Kilo (alter): Theiß, 76 81 Kilo 76 . bis fl. . Weizen (neuer): Theiß fl. 80 Kilo zu fl. 10.30 bis fl. 11. ; Banater 74 79 Kilo zu fl. 9.70 bis fl. 10.65; Südbahn 76 80 Kilo zu fl. 9.90 bis 10.60; Marchfelder, 77 79 Kilo zu fl. 9.95 bis fl. 10.35. Schlußcurſe: Uſancewaare per Mai-Juni fl. . bis . ; per Herbſt fl. . bis . ; per Frühjahr 1899 fl. 9.56 bis 9.57. Roggen per 100 Kilo: Slovakiſcher, 71 74 Kilo zu fl. 8.60 bis 8.80, Peſterboden 75 78 Kilo zu fl. . bis . , Südbahn, 71 74 Kilo zu fl. . bis . ; diverſer ungariſcher, 70 74 Kilo zu fl. 8.45 bis fl. 8.65. öſterreichiſcher 71 74 Kilo zu fl. 8.45 bis fl. 8.65. Schlußcurſe: Uſancewaare per Mai-Juni von fl. . bis fl. . ; per Herbſt fl. . bis fl. . , per Frühjahr 1899 fl 8.35 bis fl. 8.36. Gerſte, per 100 Kilogramm: Mähriſche zu fl. 8. bis 9.25; Slovakiſche zu fl. . bis . ; Südbahn zu fl. . bis fl. . ; Nordungariſche zu fl. . bis fl. . . ; öſterreichiſche (neue) fl. 7. bis fl. 8.25, Brennergerſte (neue) 6.25 bis fl. 6.80, Futter - gerſte zu fl. . bis fl. . Mais, per 100 Kilo: Ungariſcher, alter zu fl. . bis fl. . ; ungariſcher neuer, zu fl. 4.85 bis fl. 4.95; Cinquantin, neuer zu . fl. bis fl. . Uſancewaare per Dec. -Jänner zu fl. . bis fl. . . Hafer, per 100 Kilo. Ungariſcher (neuer) prima zu fl. 6.45 bis fl. 6.65. Reps per 100 Kilo: Rübſen (neuer) zu fl. 11.75 bis fl. 12.25. Malz, per 100 Kilogramm: prima zu fl. 12.50 bis fl. 13.50, ſecunda zu fl. 11. bis fl. 12. Hopfen, per 50 Kilo: Saazer Stadthopfen zu fl. 120. bis fl. 135. , Bezirkshopfen (hallirt) zu fl. 120. bis fl. 135. , Kreishopfen (hallirt) zu fl. 115. bis fl. 130. , Auſchaer Rothhopfen (hallirt) zu fl. 100. bis fl. 120. , Daubaer Grünhopfen zu fl. 80. bis fl. 92. . Mehl, per 100 Kilogramm: Weizenmehl alte Type: Nr. 0 zu fl. 18.50 bis fl. 19.50, Nr. 1 zu fl. 17.80 bis fl. 18.30, Nr. 2 zu fl. 17.40 bis fl. 17.80, Nr. 3 zu fl. 17.20 bis fl. 17.50, Nr. 8 zu fl. . bis fl. . , Nr. zu fl. . bis fl. . , Nr. 8[¾]zu fl. 10.30 bis fl. 11. , Nr. 9 zu fl. 8.50 bis fl. 9.

〈…〉〈…〉
Note: (32. Fortſetzung.)

(Nachdruck verboten.)

Die Dame mit dem Todtenkopf.

Ich würde es für ſehr thöricht halten, ant - wortete er, wenn Sie die Mittel zurückwieſen, die Ihnen ſehr zu Statten kommen, beſonders, da der Geber Ihnen die Annahme dadurch erleichtert, daß er anonym bleibt. Im Beſitz einer ſolchen Rente können Sie zur Diplomatie übertreten und bald in die Lage kommen, Ihre Schuld, wenn Sie wollen, abzutragen. Sie würden ſich gegen ſich ſelber verſündigen, wenn Sie ſolche Hilfe aus kleinlichen Bedenken ablehnten, ich, Ihr Vorgeſetzter, billige die Annahme. Ich hätte vielleicht in nächſter Zeit einen Auftrag für Sie, bei dem Sie Ihre diplomatiſche Befähigung erproben können.

Das Antlitz Georgs ſtrahlte. Die Ausſicht, welche ihm der Fürſt eröffnete, war nicht nur verlockend, ſie documentirte nicht nur eine Wohlwollen, welches nach der Meinung Georgs darauf beruhen mußte, daß der Fürſt ihn jetzt beſſer beurtheile und ihm ſein volles Vertrauen zugewandt, ſie gab auch Trota die Hoffnung, eine Stellung in der Geſellſchaft zu ge - winnen, welche es ihm erlaubte, der ſchönen Polin zu nahen, deren dunkles Auge ſein Herz in Flammen geſetzt.

Der Fürſt hatte Recht, es hieße den wohl - meinenden Geber kränken, eine auf ſo annehmbare Art gebotene Unterſtützung zurückzuweiſen, er konnte nicht beſſer danken, als wenn er das Geld als ein Dar - lehen anſah, welches ihm die Mittel bot, Carrière zu machen, daß er zurückzahlte, ſobald er dazu in die Lage gekommen.

Der Fürſt lächelte, als er ſah, daß Georg ſich überreden ließ; das Lächeln hatte aber nichts Offenes, Warmes, es lag verſteckter Argwohn darin und dieſen äußerte er, als Tſchoppe wieder bei ihm Vortrag hielt. Der Herr v. Trota iſt in jedem Falle ein Menſch, ſagte er, den man im Auge behalten muß, ſei es, um ihn zu verwerthen, oder weil er äußerſt gefährlich iſt. Iſt der Mann ein Tugendheld, wie er ſich den Anſchein gibt, ſo hat er beiſpielloſes Glück, die Frauen haben ihn gern und er iſt wie ein offenes Buch, aus dem man die Geheimniſſe herausleſen kann, ſobald man ſein Vertrauen beſitzt und ihn geſchickt zu benutzen verſteht. Im anderen Falle iſt es der verſchlagenſte Menſch mit der frömmſten Maske, denn er erklärte mir ſeinen Entſchluß, die bis - herige ärmlichſte Exiſtenz hier weiterzuführen, nur weil er entdeckt, daß ich errathen, von wem er eine Unter - Unterſtützung erhält. Ich geſtehe, es wurde mir etwas verdächtig, daß er ſich ſo hartnäckig dagegen verwahrt, das Herz der Gräfin T. erobert zu haben.

Durchlaucht, verſetzte Tſchoppe, ich fürchte, daß ich Ihren Argwohn bekräftigen muß. Es iſt zweifellos, daß die Gräfin T., ſobald ſie verſchleiert iſt, einen verführeriſchen Eindruck macht; alle Erklärungen der Aerzte können den Verdacht nicht ganz erſticken, daß ſie nur eine ſehr kunſtvolle Maske trägt, mit deren Hilfe ſie unerkannt bleibt, abſchreckt, Aufſehen und Neugierde erregt, wo ſie das will, um andere Zwecke zu verfolgen. Ich verſtehe es ſonſt nicht, wie ihr überhaupt durch eine Operation geholfen werden könnte, und das iſt doch der Vorwand ihrer Reiſen in die Hauptſtädte Europas. Sie hat in ihrem Gefolge einen Secretär, der in ſeinem Paſſe als Leibeigener der Gräfin bezeichnet iſt. Ich weiß es ſehr wohl, daß viele ruſſiſche Große einzelnen ihrer Leib - eigenen die Erziehung haben angedeihen laſſen, um Kaufleute, Aerzte u. ſ. w. zu werden, aber es iſt beobachtet worden, daß dieſer Herr Murskoff in einem Verhältniß zu der Gräfin ſteht und einen Ein - fluß auf ihre Entſchließungen übt, der nur dadurch zu erklären iſt, daß Beide ein Geheimniß theilen, welches die Gräfin abhängig von ihrem Leibeigenen macht.

Vielleicht dar Geheimniß der Maske oder iſt er gar am Ende ihr Liebhaber? fragte der Fürſt.

(Fortſetzung folgt.)

Druck, Herausgabe und Verlag Ambr. Opitz, Wien. Verantwortlicher Redacteur Hermann Hikiſch, Wien.

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TextNr. 284, 14.12.1898.
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Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Benjamin FiechterSusanne HaafNote: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).2018-01-26T13:38:42Z grepect GmbHNote: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T13:38:42Z Amelie MeisterNote: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.2018-01-26T13:38:42Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic informationNr. 284, 14.12.1898. . OpitzWien1898. Reichspost

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