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Telephon Nr. 9.

Nr. 199. Olmütz, Dienstag den 1. September 1891. 12. Jahrgang.

Der XIX. internationale Getreide - und Saatenmarkt in Wien.

Zum neunzehnten Male iſt heute in Wien der internationale Getreide - und Saatenmarkt zu - ſammengetreten. Die Geſtaltung der Ernteergeb - niſſe in einer Reihe der wichtigſten Productions - gebiete verleiht demſelben gerade im heurigen Jahre eine erhöhte Wichtigkeit. Rußland, der größte europäiſche Getreideproducent und Expor - teur, hat in der Hauptbrotfrucht eine Mißernte zu verzeichnen, ſo daß es ſelbſt zu einem Aus - fuhrverbote greifen mußte, um ſich den nothwen - digen Eigenbedarf zu möglichſt billigen Preiſen zu beſchaffen. Unter dem Eindrucke dieſer Maß - regel hat ſich auf dem Productenmarkte, beſon - ders auf den deutſchen Plätzen, eine ungeahnte Aufwärtsbewegung der Preiſe vollzogen, die Rog - genpreiſe ſind auf eine ungewöhnliche Höhe geſtiegen und ihnen ſind die Weizenpreiſe gefolgt. Aus den Schätzungen, welche von den ver - ſchiedenen Fachmännern in ihren Berichten für den Staatenmarkt geboten werden, dürfte ſich ein immerhin halbwegs verläßliches Geſammtbild der Ernteergebniſſe der Welt ergeben, das geeignet erſcheint, die Preisgeſtaltung in ruhigere, durch die thatſächlichen Verhältniſſe gebotene Bahnen zu lenken. Unſere eigene Ernte iſt leider gleichfalls hinter den Ergebniſſen des Vorjahres zurückge - blieben, wenn uns auch ein immerhin bedeutendes Quantum für den Export erübrigt. Da wir jedoch unſere Ueberſchüſſe zu bedeutend beſſeren Preiſen auf den Markt zu bringen vermögen, als im vorigen Jahre, ſo werden wir im Stande ſein,den quantitativen Unterſchied zum größten Theile auszugleichen.

In der Eröffnungsrede führte Herr Na - ſchauer aus, daß ſich die Anweſenden heute unter Umſtänden zuſammengefunden hätten, die eine hoffnungsvollere Stimmung wachzurufen geeignet ſeien. Die Saat, welche im Jahre 1886 in Wien ausgeſtreut wurde, habe Wurzeln gefaßt. In jenem Jahre habe er auf Grund eines Anfrageſchreibens des Handelsminiſters v. Bacquehem in Angelegenheit eventueller Abſchlüſſe von Handelsverträgen angedeutet, daß bei uns in Oeſterreich an maßgebender Stelle das Bedürfniß, die dem Austauſche der Güter entgegen ſtehenden Schranken möglichſt zu beſei - tigen, als ein berückſichtigenswerthes anerkannt werde, und darauf geſtützt, der Hoffnung Aus - druck gegeben, daß in nicht zu ferner Zeit ein Wendepunkt in den zollpolitiſchen Beziehungen der Staaten im Sinne der gegenſeitigen Annähe - rung Platz greifen werde.

Die Thatſache, daß die Staaten zur Er - kenntniß gelangt ſeien, daß der Schutz ihrer in - ländiſchen Volkswirthſchaft am beſten gefördert werde, wenn ihren Erzeugniſſen die Möglichkeit belaſſen werde, denjenigen Markt aufzuſuchen, wo momentan die beſte Conjunctur herrſche und daß der internationale Verkehr von den ihn hemmenden Feſſeln befreit werden müſſe, ſei geeignet, die Beſucher des Saatenmarktes lebhaft zu befriedigen. In der laufenden Campagne werde man noch mit den vor - handenen Hemmniſſen rechnen müſſen. Der Schwerpunct der Thätigkeit der heutigen Ver - ſammlung werde nicht ſo ſehr in den geſchäftli - chen Transactionen, als in der Veröffentlichungder Berichte über die Ergebniſſe der Getreide - Ernten in den wichtigſten Productionsgebieten der Welt liegen, welchen in dieſem Jahre, wo die normale Verſorgung ausgedehnter Conſum - tionsgebiete mit Brotfrucht zufolge des ruſſiſchen Ausfuhrverbotes fraglich geworden ſei, eine be - ſonders hohe wirthſchaftliche Bedeutung innewohne. Zum Schluße gab Handelskammerrath Naſchauer dem Wunſche Ausdruck, daß mit dem diesjähri - gen Markte der Zeitabſchnitt dieſer ungünſtigen Verhältniſſe ſeinen Abſchluß finde und fortab eine der Production, den Conſumenten ſowie dem Han - del zugute kommende Blütheperiode freien inter - nationalen Verkehrs beginnen möge.

Herr Moriz Leinkauf erſtattet ſodann über die diesjährigen Ernteergebniſſe in Oeſterreich-Ungarn den nachſtehenden Bericht:

Die diesjährige Getreide-Ernte bleibt ſtark hinter den Ergebniſſen der vorjährigen zurück, welch letztere allerdings, obſchon der Export nicht den Erwartungen entſprach und die Preiſe im Verlaufe der ganzen Campagne eher eine auf - wärtsſtrebende als rückläufige Bewegung verfolg - ten wie die vor ganz Kurzem durch die Ackerbauminiſterrien beider Reichshälften ver - öffentlichten endgiltigen amtlichen Feſtſtellungen beweiſen eine der reichſten geweſen iſt, die in Oeſterreich jemals eingeheimſt wurden. Unſere Schätzungen über den Ausfall der Ernte im Jahre 1891 haben ſowohl was Ungarn und Siebenbürgen, als was Oeſterreich betrifft, die den beiderſeitigen Ackerbauminiſterien pro 1890 publicirten Anbauflächen zur Grundlage.

Weizen wurde in der diesſeitigen Reichshälfte auf 1.147,274 Hectaren angebaut

Feuilleton.

Verlobungsregen.

(Nachdruck verboten.)

Es regnete immerzu, immerzu, und ſie langweilten ſich, die beiden Collegen. Er war Philologe, hatte ſich krank geärgert bei Latein und Griechiſch, wollte eine Gebirgstour machen und wartete auf anhaltend ſchönes Wetter, das nicht kommen wollte. So lange blieb er in dem kleinen Curort, wo er Verwandte hatte. Sie gebrauchte die Cur; denn ſie hatte ſich in dem erſten Jahre ihrer Lehrerinnen-Praxis ein kleines Halsleiden zugezogen.

Wie ſie ſich gefuuden hatten? Zunächſt in der Curliſte, dann im Curſalon, denn wohin ſollte man bei dem Regen gehen? Man las Zeitungen, wie man nie im Leben geleſen. Und bei dem Austauſch einer vielbegehrten Zeitung hatten ſie ſich einander vorgeſtellt. Sie, Fräulein Erneſtine Rappold, ſah nicht wie eine Lehrerin aus; klein, rund, hellblond, hübſch, mit koketten Stirnlöckchen und hochmoderner, ſorgfältiger Toilette. (Seit drei Monaten war das bischen Toilette Gegenſtand ihres Fleißes und Nach - denkens geweſen.) Er, ſchon eher wie ein Lehrer, ganz ſtattlich, aber ein wenig zu würdevoll, zu correct, mit der unvermeidlichen Brille.

Am erſten Regentage ſagten ſie ſich Phraſenüber das Wetter, über Ferienpläne und Aehn - liches mehr. Am zweiten ſpielten ſie Domino, aber ohne recht bei der Sache zu ſein. Am dritten erzählten ſie von ihren Claſſen, von ihren Zöglingen. Doctor Albert Wolff meinte, die Collegin ärgere ſich zu viel, ſchreie zu ſehr daher das Halsleiden. Sie beſtritt das nicht; in der That, ſie ſchrie und ärgerte ſich nicht ſelten. Schließlich mußte auch er dasſelbe von ſich zugeben. Wozu hätte er ſonſt Erholung noth - wendig? Und bei dieſem Geſpräche wurden ſie vertrauter mit einander. Sie ſchilderten mit Be - hagen die Lieblinge und die Taugenichtſe in ihren Claſſen. Beinahe hätte ſich Doctor Wolff über die kleine Elſa geärgert, die neulich einmal auf eine Rüge geantwortet hatte: Ich ſag’s meinem Papa der iſt Geheimrath.

Endlich kam ein ſonniger Tag ein ein - ziger vorläufig. Da trafen ſie ſich auf der Pro - menade; aber Fräulein Rappold’s Wirthin war dabei. Dann regnete es wieder. Sie ſpielten Dame , ohne dem Spiel Intereſſe abgewinnen zu können. Am nächſten Regentage laſen ſie Zei - tungen und wieder Zeitungen.

Heute regnete es, wie es geſtern geregnet hatte; und ſie laſen Zeitungen. Converſiren konnte man nur wenig im Leſeſaal. Er hatte ſoeben eine große Zeitung vor ſich, hatte den Leit - artikel ſtudirt Ueber das Poſtbeſtellgeld! dann die Local - und Kunſtnachrichten, er ſah genau, wie ſie ſich kriegen würden. Nun war er bei den Inſeraten angelangt. Sie blätterte ineinem illuſtrirten Familienjournal die Por - träts des Prinzen Aribert von Deſſau und ſeiner jungen Gemahlin nahmen eine Folio-Seite ein. Von Zeit zu Zeit blickte ſie hinaus auf den grau verhangenen Himmel da kamen wieder neue, bleiſchwarze Wolken über die Bismarck - höhe herauf.

Ach Gott, Sie leſen Zeitungsannoncen? ſagte ſie jetzt flüſternd. Uebrigens war es hier in ihrer nächſten Nähe leer; die Leſer hatten ſich wegen der herrſchenden Dunkelheit zu den Fen - ſtern an der anderen Seite des Saales hin - gezogen.

Warum nicht, antwortete er, da iſt eine Welt verborgen in dieſen Annoncen! Man nimmt ſich gewöhnlich nicht die Zeit!

Ich glaube das einfach nicht, was da ſteht, meinte ſie, ich nehme ſtets das Gegentheil an.

Sie las: Patentirte Anti-Keſſelſtein-Com - poſition unübertreffliches Mittel zur Löſung des Keſſelſteines.

Nun, und wenn der Keſſelſtein nicht gelöſt wird? ſcherzte er. Sie las weiter: Kaffee! Kaffee! Kaffee! Miſchung aus den beſten Quali - täten. Aſthmaperlen für Schwerathmende. Echter Kornbranntwein. Fahrräder für Erwach - ſene und Kinder ... ich weiß nicht, was Sie daran intereſſantes finden?

Sie ſuchen und leſen nicht recht! ſagte er belehrenden Tones; da z. B.: Offene Stellen und Stellengeſuche das iſt ſchon eine Welt für ſich, eine Welt von Hoffnungen, Beſtrebun -

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und hat nach den Taxationen unſerer Vertrauens - manner circa 14 $$\nicefrac{7}{10}$$ Millionen Meter-Centuer ergeben. Der durchſchnittliche Ertrag eines Hec - tars beläuft ſich ſonach auf auf 12 $$\nicefrac{8}{10}$$ und der - jenige eines Cataſtraljoches von 1600 Quadrat - klaftern auf 7[ $$\nicefrac{3}{10}$$ ]Meter-Centner, ein Ergebniß, das hinter einer vollen Ernte (nicht zu verwech - ſeln mit dem rechnungsmäßigen Durchſchnitte) um beiläufig eine Million Meter-Centner zurück. bleibt. Dieſer Ausfall iſt zumeiſt verurſacht durch den Verluſt an Effectivgewicht, welchen der Wei - zen während der Schnittzeit zufolge fortwähren - den Regens, insbeſondere in Böhmen, Mähren und Galizien erlitten hat, welch ungünſtiges Erntewetter auch die ſonſtigen qualitativen Erfor - derniſſe einer guten Waare: Farbe, Trockenheit und Feinſchaligkeit, in einer Weiſe beeinträchtigte, daß in der diesſeitigen Reichshälfte Primaſorten zu den Ausnahmen gehören.

In Ungarn und Siebenbürgen betrug die Anbaufläche 2.979.701 Hektaren, auf welchen circa 34¾ Millionen Meter-Centner Weizen producirt wurden. Ein Hektar hat ſonach durchſchnittlich 11 $$\nicefrac{6}{10}$$ und ein Cataſtraljoch á 1600 Quadratklafter durchſchnittlich 6 $$\nicefrac{6}{10}$$ Meter-Centner ergeben, was nahe zu dem einer vollen Ernte gleichkommt. Quantitativ gute, mitunter auch ſehr gute Weizen-Ernten, durch welche der ungünſtige Ausfall vieler Comitate gedeckt wurde, hab[e]n große Gebiete des Banates, der Theiß - gegend, des Wieſelburger, Oedenburger und Bara - nya[e]r Comitates, ſowie Theile der Slovakei und Sie[b]enbürgens ergeben. Die Qualität läßt dage - gen[im]Allgemeinen ſehr viel zu wünſchen übrig, nach[d]em beregnete, blaſſe, leichte Weizen in großen Mengen, überdies viel gedrückte, mit Kugelbrand, thei[lw]eiſe auch mit Spitzbrand behaftete Waare geerntet worden iſt. Fehlerfreie, rothe, feingriffige ſchwere Sorten kommen ſelten vor.

In Croatien, Slavonien und der Mili - tärgrenze wurden 121,800 Hektaren mit Weizen bebaut, deren Ergebniß auf 1 $$\nicefrac{7}{10}$$ Millionen Meter-Centner geſchätzt wird. Der Ertrag per Hektar beläuft ſich daſelbſt ſonach auf 14 Meter - Centner und derjenige eines Cataſtraljoches auf 8 Meter-Centner, was durchſchnittlich mehr iſt, als in dieſen Ländern bei einer vollen Ernte an - genommen wird.

Die Länder der ungariſchen Krone incluſive Croatien, Slavonien und der Militärgrenze haben im laufenden Jahre ſonach quantitativ eine Mittel-Ernte, qualitativ eine Ernte ſtark unter mittel zu verzeichnen.

Roggen iſt in den Ländern der diesſeiti - gen Reichshälfte auf 1.998,130 Hectaren gebaut worden, von welchen circa 23 Millionen Meter - Centner geerntet wurden. Dies ergibt gegen eine volle Ernte einen Ausfall von nahezu 5 Millio - nen Meter-Centner, ein geringes Reſultat, welches weniger dem Ertrage der abgeernteten Fläche, als dem Umſtande zuzuſchreiben iſt, daß von denangebauten Aeckern zufolge ſchlechter Ueberwin - terung ſehr ausgedehnte Territorien (bis zu 60 Percent des Anbaues) im Frühjahre um - geackert und mit Sommerfrüchten, zumeiſt mit Gerſte und Hafer, bebaut wurden. Mehr noch als Weizen hat Roggen zur Erntezeit unter der Unbill der Witterung zu leiden gehabt.

In Ungarn und Siebenbürgen haben be - züglich der Ueberwinterung die gleichen Verhält - niſſe wie in Cisleithanien beſtanden. Angebaut mit Roggen wurden 1.239,875 Hectaren, deren Geſammt-Ergebniß auf 10½ Millionen Meter - Centner, was einem Ausfalle von Millionen Meter-Centner gleichlommt, taxirt wird. Die qualitative Beſchaffenheit iſt differirend. Vor - wiegend iſt dieſelbe auch in Ungarn ſchlecht, doch gibt es geſunde, ſchöne Waare dort in größerer Auswahl als in der diesſeitigen Reichshälfte.

Verhältnißmäßig noch ungünſtiger iſt das Ergebniß in Croatien, Slavonien und der Militärgrenze, wo bei einer Anbaufläche von 103,089 Hectaren nur wenig über eine halbe Million Meter-Centner Roggen erzeugt wurden und wo die Qualität zumeiſt noch mehr be - ſchädigt iſt, als in Ungarn und Siebenbürgen.

Gerſte wurde in der diesſeitigen Reichs - hälfte im verfloſſenen Jahre auf 1.115,950 Hec - taren gebaut, welches Areal ſich jedoch um jene Territorien vermehrte, die, nachdem Roggen aus - geackert worden war, im Frühjahre für den Ger - ſtenanbau Verwendung fanden. Unter Berückſich - tigung dieſes ziffermäßig nicht genau bekannten Areals wird das Ergebniß der Gerſten-Ernte von denſelben auf 17 Millionen Meter-Centner taxirt, was gegen eine volle Ernte einen Ueberſchuß von Millionen Meter-Centner ergeben würde. Leider hat die Unbill der Witterung zur Ernte - zeit den Werth dieſes quantitativ reichen Ertra - ges auf das empfindlichſte beeinträchtigt. Der weitaus größte Theil der Gerſte iſt beregnet und von nicht ſchöner Farbe; Körnerbeſchaffenheit und Milde ſind verſchieden. Gute, braufähige Waare bildet aber in Böhmen und Mähren, wie in der diesſeitigen Reichshälfte überhaupt, immerhin den überwiegenden Theil der in dieſem Jahre erzeug - ten Gerſte.

Die Anbaufläche in Ungarn und Sieben - bürgen betrug für Gerſte 1.007,806 Hectaren, aber auch hier hat zufolge der Auswinterung des Roggens ein Zuwachs ſtattgefunden. Der quantitative Ertrag wird auf circa 13·5 Millio - nen Meter-Centner geſchätzt, wonach der Ueber - ſchuß gegen eine volle Ernte beiläufig 1·75 Mil - lionen Meter-Centner ergeben würde. Die Qua - litäten haben in Ungarn etwas weniger gelitten, als in der diesſeitige Reichshälfte, weil, wenn die Waare ſich auch dort gelb und zumeiſt mager präſentirt, ſie doch mit wenigen Ausnahmen nicht ausgewachſen iſt. Die diesjährige Gerſte iſt in ihrer überwiegenden Menge zu B[r]auzwecken ge - eignet, obſchon vollkörnige weiße Braugerſte inder jenſeitigen Reichshälfte gerade ſo zu den Sel - tenheiten gehört wie in der diesſeitigen.

In Croatien, Slavonien und der Militär - grenze iſt der Ertrag quantitativ ein recht guter, ſich auf beiläufig 0·75 Millionen Meter-Centner belaufender, qualitativ jedoch ein differirender.

Hafer. Auch mit dieſer Fruchtſorte ſind zufolge des Ausackerns der Roggenpflanze größere Flächen, als die Statiſtik des Vorjahres aus - weiſt, angebaut worden. Bei einem Anbau im Vorjahre auf 1.873,746 Hektaren, deſſen Zu - nahme zufolge Neubeſäung der Roggenfelder ſich nur annähernd ſchätzen läßt, lieferte der Artikel in der diesſeitigen Reichshälfte 28.25 Millionen Meter-Centner, was beiläufig 2.25 Millionen Meter-Centner über einen voll[e]n Ertrag gleich - kommt. Die Qualität iſt befriedigender als die - jenige von Gerſte.

In Ungarn und Siebenbürgen iſt das Er - gebniß ein günſtiges und wird auf 14 Millionen geſchätzt, was beiläufig 1 Million Meter-Centner über die volle Ernte ergibt. Die Qualität iſt nicht unbefriedigend, da das Product weniger Zuſatz hat, als in anderen Jahren.

Croatien, Slavonien und Militärgrenze haben ein Erträgniß von 1 $$\nicefrac{7}{10}$$ Millionen Meter - Centner geliefert und beiläufig Million Meter - Centner Ueberſchuß gegen eine volle Ernte ergeben.

Nach dem Geſagten liefert die diesjährige Ernte in der Geſammt-Monarchie einen Ertrag an Weizen von circa 51, Roggen 34, Gerſte 31 und Hafer 44 Millionen Meter-Centner.

Nimmt man in den Ländern der ungariſchen Krone einen vollen Ertrag für das dort landes - übliche Joch á 1200 Ouadratklafter, durchſchnitt - lich mit 5 Meter-Centnern für Weizen, Roggen und Gerſte und mit Meter-Centnern für Hafer, in der diesſeitigen Reichshälfte für die genannten Artikel und die gleiche Fläche durch - ſchnittlich mit 6 Meter-Centnern an, ſo ergibt ſich im laufenden Jahre in Oeſterreich-Ungarn ein Ueberſchuß für Gerſte von Millionen, für Hafer von Millionen und ein Aus - fall für Weizen von 1 Million, für Roggen von 9 Millionen Meter-Centner.

Die Ausſichten für Mais ſind in der diesſeitigen Reichshälfte und in den Ländern der ungariſchen Krone mit Ausnahme der Comitate Cſik und Marmaros theils gute, theils ſehr gute. Die Ausſichten für Kartoffeln werden divergirend geſchildert. Dieſelben haben, was die diesſeitige Reichshälfte anbelangt, namentlich in der Niederung gelitten, und hegt man in Nieder - und Oberöſterreich, Mähren und Schleſien, Weſt - und Oſt-Galizien ernſte Beſorgniſſe über den Ausfall der Ernte dieſer wichtigen Knollenfrucht, während die Berichte aus Böhmen, Tirol und dem Süden vertrauensvoller lauten. In den Ländern der ungariſchen Krone ſind die Ausſichten beſſer, von dort haben nur die Comitate Arad, Arva Gömör,

gen, ſchweren Exiſtenzkämpfen, brutaler Ausbeu - tung, kalter Berechnung, ſchüchternem Fleiß und äußerſter Verzweiflung ... Aber davon wollte ich nicht ſprechen.

Sie ſah jetzt zu ihm hin. Der Regen plät - ſcherte an die Fenſterſcheiben; ein alter Herr in ihrer Nähe nahm verdroſſen ſeinen Regen - ſchirm und ging. Nun konnten ſie wirklich halb - laut miteinander plaudern.

Da ſehen Sie die Familien-Nachrichten durch, fuhr er fort. Das iſt mein Fall! Hier: Fräulein Martha von Dennewitz mit Herrn Anton Fleckmann, Mitinhaber der Firma Fleck - mann und Horn Wien Budapeſt. Nun, ich ſehe die Leute vor mir. Fräulein Martha, die Tochter eines verſtorbenen Oberſten, einſt eine Beauté , etwas mitgenommen, einſt viel um - huldigt, jetzt hat’s ſehr nachgelaſſen. Sie wählte lange und ſchließlich war ſie noch immer wähl - bar, d. h. zu haben. Ihre Züge ſind ſcharf ge - geworden, ſie pudert ſich ſtark, trägt ſich ſehr elegant, grundſätzlich nur ganz friſche Glacés und hochfeine Stiefletten das iſt ladylike. Die Mama ſah indeſſen ein, es ſei die höchſte Zeit. Durch beſtrickende Liebenswürdigkeit Martha ſelbſt iſt etwas herb hat ſie Fleck - mann und Horn beſtochen. Fleckmann iſt ein Roturier, aber gerade darum beſticht ihn die Ladylikenees. Bevor er ſich verſieht, iſt er gefangen, der gute Junge mit den plumpen Stie - feln und den rothen, breiten Händen und dem gefüllten Portefeuille. Martha fügt ſich ſeuf - zend ...

Die Collegin lachte und nahm das Zeitungs - blatt. Da ſtand: Herr Dr. Schneidt, Rechts - anwalt Fräulein Auguſte Müller. Und ſie dichtete weiter:

Sie liebte ihn raſend. Sie war eine - here Tochter aus N. N., hatte Romane geleſen, lechzte nach jener Liebe, wie ſie in den Romanen geſchildert wird. Auf dem Eiſe hatte ſie ihn kennen gelernt er ward ihr Ideal. Sie hatte nichts weiter zu thun, als ſchöne Gefühle zu hegen, denn ihr Papa beſaß eine einträgliche Dampfmühle. Der Referendar hingegen beſaß Schulden, Schulden, Schulden, und in ſein Herz ſchlich ſich eine innige Zuneigung für die ſchöne Dampfmühle. Nebenbei gefiel ihm Guſtchen; er begann ſie zu lieben. Der Dampfmüller wollte Anfangs nicht, aber die Frau Dampfmüllerin, die das Heft in Händen hat, war anderer Mei - nung, und als Verlobte empfehlen ſich ...

Und nun las wieder er:

Sidonie Lewy Adolf Schornſtein, Le - derhändler. Er macht in Häuten, ſie iſt die Tochter eines Viehcommiſſionärs. Er hatte nie - mals Zeit zu lieben ſie iſt eine guterzogene Tochter mit ſehr anſtändiger Mitgift. Da ſie die Aelteſte von drei Schweſtern iſt, muß ſie heiraten, damit auch die Anderen herankommen. Eines Tages kam ein älterer Herr mit guten Manieren, den Niemand kannte. Er conferirte lange und ge -heimnißvoll mit dem Vater Viehcommiſſionär; dann wurde er zu Tiſche geladen und ſagte dem kleinen, dicken, etwas unbeholfenen Fräulein Si - donie einige ſeichte Artigkeiten. Er ſei ein Geſchäftsfreund der Firma, hieß es. Aber die kluge Fanni, die jüngſte Schweſter, munkelte allerlei von einem Bräutigam, den der Ge - ſchäftsfreund in’s Haus bringen würde. Und über ein Weilchen machte man einen Ausflug in einen benachbarten kleinen Badeort. Der Ge - ſchäftsfreund war mit von der Partie. Die zwei Jüngeren mußten zu Hauſe bleiben und heulten. In X. traf man ganz zufällig Herrn Adolf Schornſtein, der einen neuen Sommeran - zug trug, eine Roſe im Knopfloch und ein ſehr großes, parfürmirtes Taſchentuch. Das war ſo ziemlich Alles, denn er hatte nie Zeit gehabt zu lieben und den Hof zu machen. Er mißfiel Sidonien nicht, trotzdem er nur vom Geſchäft zu ſprechen wußte. Sidonie hatte nie ſchöne Träume gehegt und ſie ſagte ſich nur: Ich muß ja den Anfang machen, damit die Fanni auch ’dran kommen kann. Und vierzehn Tage Verlobte!

Jetzt las wieder ſie, die Collegin:

Fräulein Roſa Hermann, Herr Dr. phil. Emanuel Arnet. Er iſt groß, brünett, ernſt, Privatdozent mit ſehr mäßigem Einkommen. Sie, blond, ſchön, romantiſch, aus begüterter Famili[e.]Sie verliebten ſich zum Sterben. Keines von ihnen hatte vorher geliebt er, weil ein Frauen -

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Lipto, Saros, die Zips, Trencſin, Turocz, Ugocſa, Ung, Zemplin und Theile des Neutraer Comi - tats und von Siebenbürgen Klagen über Fäule und einem ſonſtigen ſchlechten Stand der Kar - toffelpflanze eingeſendet, Comitate, die allerdings gerade für Kartoffeln nicht ohne Bedeutung ſind. Hülſenfrüchte haben in der diesfeitigen Reichshälfte mit Ausnahme von Theilen Oſt - Galiziens einen wenig befriedigenden Stand; in den Ländern der ungariſchen Krone iſt er im Allgemeinen beſſer, und bilden nur Siebenbürgen und einige angrenzende Comitate diesbezüglich eine Ausnahme.

Die Taxirung der Exportfähigkeit der Monarchie iſt, beſonders was Brot - früchte anbelangt, in den letzten Jahren mit be - ſonderen Schwierigkeiten verknüpft, weil die Conſumverhältniſſe für Weizen - und Roggenmehle nicht nur wie bisher von dem Ertrage der Kartoffel -, Mais -, Hülſenfrüchte - und Obſternte, ſowie den Preiſen u. ſ. w. abhängen, ſondern auch, weil durch die Lohnerhöhungen, welche den Arbeitern in ſo vielen Fabriken, im Bergbaue und bei zahl - reichen Gewerben zugute kommen, breite Schich - ten der Bevölkerung, welche früher Kartoffeln und andere Surrogate und nur in begrenztem Umfange Brot conſumirten, jetzt in der Lage ſind, ſich um vieles beſſer zu nähren. Hie - durch hat eine Verſchiebung der Ziffern des in - ländiſchen Bedarfes an Brotfrucht in einem jeden - falls bedutenden, wenn auch noch nicht genau feſtzuſtellenden Maße platzgegriffen, und derſelbe gelangt naturgemäß bei der Ausfuhr zum Aus - drucke. Unter thunlichſter Berückſichtigung dieſer Verhältniſſe ſchätzen wir die Exportfähigkeit der Monarchie für Weizen, beziehungsweiſe Mehl, auf bis 4 Millionen Meter-Centner. Für Roggen hätte Oeſterreich-Ungarn an das Ausland nur dann Ueberſchüſſe abzugeben, wenn zur Men - ſchennahrung was wahrſcheinlich iſt im Hinblick auf die unverhältnißmäßig hohen Preiſe dieſes Ar - tikels, Weizen, beziehungsweiſe ſchwarze Weizenmehle Gerſte, Mais oder Kartoffeln und für Induſtrie - zwecke (namentlich für die Spirituserzeugung) die letztgenannten drei Artikel als Erſatz Ver - wendung fänden. Die Exportfähigkeit für Gerſte und Malz ſchätzen wir auf 3 bis , diejenige für Hafer auf ½ bis ¾ Million Meter-Centner.

Eine volle Ernte (nicht der rechnungsmäßige Durchſchnitt) mit 100 Einheiten angenommen, zeigt die diesjährige quantitative Ernte in Per - centen und runden Ziffern ausgedrückt, in Un - garn; Weizen 100 Percent, Roggen 71 Percent, Gerſte 116 Percent, Hafer 111 Percent; in Oeſterreich: Weizen 93 Percent, Roggen 83 Percent, Gerſte 100 Percent, Hafer 108 Percent.

Sehr intereſſant und von großer Bedeutung mit Rückſicht auf die Chancen für unſeren Wett -bewerb auf dem Weltmarkte ſind die Berichte über die Ernteergebniſſe in Amerika und in In - dien. Laut Kabeltelegramm vom 29. d., welches unſer Generalconſulat in Newyork abgeſendet hat, beträgt die Weizenernte heuer 545 Millionen Buſhels (1890: 399!), die Maisernte 2027 Mil - lionen Buſhels (1890: 1490!). Die Qualität der letzteren wird gut ſein, wenn Wärme die Frucht zeitigt.

Die indiſche Weizenernte beträgt 6·84 Milli - onen Tonnen gegen 6·12 Millionen Tonnen im Vorjahre. Der Ertrag iſt ſomit um rund 700·000 Tonnen höher. Nach den Daten, die über die heurige Exportbewegung vorliegen, v[e]rſpricht der dießjährige Export in indiſchen Weizen die höchſte Ziffer ſeit dem Jahre 1874 zu erreichen.

Die Berichte über die rumäniſche Ernte be - ſagen, daß trotz des Minderertrages per Hectar in Folge des um circa 15 Perzent größeren Areals die Getreide-Ausfuhr die gleiche Höhe wie im Vorjahre erreichen dürfte.

Aus den Berichten über die ruſſiſchen Ernte - reſultate iſt folgender Paſſus hervorzuheben: Was Roggen anbetrifft, fo hat das jüngſt er - laſſene Ausfuhrverbot der ruſſiſchen Regierung die Frage eines eventuellen Exportes dieſes Ar - tikels illuſoriſch gemacht. Die Totalproduction in Roggen läßt ſich pro 1891 mit 14,356.000 Hectolitern gegen 15,951 000 im Vorjahre ver - anſchlagen, alſo um 10 Percent weniger.

Politiſche Nachrichten.

(Aus dem tſchechiſchen Lager.)

Abgeord - neter Kramař rechtfertigte vorgeſtern in einer Verſammlung zu Gitſchin ſeinen bisherigen Stand - punkt; erkiärte zur äußeren Politik, Oeſterreich bedürfe des Dreibundes zu ſeiner Sicherung nicht und die Tſchechen könnten zu Deutſchland kein Vertrauen haben nach den Erfahrungen. die ſie mit den Deutſchen Böhmens gemacht. (!) Eine Mißbilligung der Politik Oeſterreichs am Balkan verſtoße nicht gegen die Loyalität, und wenn Oeſterreich ſeine Slaven fürchte, ſo zeige dies nur vom böſen Gewiſſen. Redner bedauert den magyariſchen Einfluß auf die auswärtige Politik; Oeſterreich bedürfe keiner Bündniſſe, es brauche nur Ruhe im Innern und gute Bezie - hungen zu allen Nachbarn, alſo ein Einhalten der Neutralität, weil ſein Beſtand eine zwingende europäiſche Nothwendigkeit ſei. Deßhalb brauche es auch nicht Rußland als Verbündeten. Oeſter - reichs Politik ſoll eine Politik der freien Hand ſein. Der geſammte Jungſchechenclub theile daher Vaſchaty’s Antipathie gegen den Dreibund; das Programm der Realiſten ſei identiſch mit dem jungtſchechiſchen. Bezüglich der Erhöhung des Heeresbudgets und der Ausdehnung der Wehr - pflicht erklärte Redner auf eine Interpellation,

ideal ihm vorſchwebte. Roſa ſah dieſem Ideal nicht ähnlich, aber er liebte ſie dennoch. Sie ſchwärmte für ſeine ernſte Männlichkeit. Ihre Eltern waren zwar dagegen, denn im Grunde war er noch nichts. Aber Roſa glaubte an ſeine Zukunft. Sie erklärte, ſterben zu wollen, mit ihm durchzugehen. Sie weinte tagelang bat, drohte endlich gaben die Eltern nach. Und nun gab es zwei Glückliche. Ach, ſo glücklich waren ſie wir nüchternen Menſchen können uns gar nicht vorſtellen, wie ſie jauchzten und weinten, ſie hatten nur Augen für einander. Man lächelte über ſie, aber das kümmerte ſie nicht ... Ach, was verſuche ich, das auszumalen! Aber ſie werden glücklich werden und bleiben!

Die Stimme der Collegin hatte leiſe ge - zittert, während ſie jetzt unbewußt ſchilderte, wie ſie ſich das Glück vorſtellte. Er war eigenthüm - lich ernſt geworden, ſah ſie zum erſten Male voll an er hatte dieſen Ton noch nie von ihr gehört. Jetzt zuckte es muthwillig um ſeine Lip - pen. Und er las:

Doctor Albert Wolff, Gymnaſialprofeſſor und Fräulein Erneſtine Rappold, Elementar - ſchullehrerin.

Sie fuhr blutroth empor.

Welch einen Scherz, ſagte ſie, halb zür - nend, halb verlegen.

Gemach, gemach, mein Fräulein, wehrte er lächelnd ab, das ſind wir ja gar nicht. Das iſt eine alte, ſehr energiſche Dame, die ſich etwas zurückgelegt hat. Nun will ſie ein großes Mäd - chen-Penſionat gründen und ſucht einen Collegen,der ſie dabei unterſtützt. Geheiratet hätte ſie freilich auch gern, und ſo verſucht ſie, das Nütz - liche mit dem Angenehmen zu vereinigen. Mit ſehr viel Geſchick wird dann ein entſprechendes Inſerat aufgeſetzt ſo ein kurzes, aber inhalts - volles Sätzchen, das nichts verräth und nichts verſchweigt, wie es Leſſing von einem guten Dramentitel verlangt. Nun, da finden ſie ſich denn. Er ſieht noch recht ſtattlich aus, und daß er ſich die Haare färbt, merkt man nicht gleich. Aber er hat ein paar überflüſſige Leſe - bücher (ab -) geſchrieben und hält ſich für einen vortrefflichen Pädagogen ...

Aber pfui , unterbrach ihn jetzt Erneſtine, was wollen Sie denn mit dem Allen?

Sie warnen, daß Sie nicht ſo lange warten, bis Sie reif ſind, ein Mädchen-Penſionat zu gründen, und ich, bis es Zeit iſt, die Haare zu färben!

Ohne daß ſie es merkten, war die Sonne hervorgebrochen und der Leſeſaal leer geworden. Die Collegin ſprang auf:

Wir wollen einen kleinen Spaziergang machen ...

Sie glühte nur ſo und auch ihm war ganz heiß geworden. Er warf die Zeitung weg.

Ja, das wollen wir ſo lang ’s noch Zeit iſt! Die Sonne iſt da!

Und kaum drei Wochen ſpäter las ich ihre Verlobung in einer Zeitung. Es regnete zwar a[u]ch, aber ich ſaß und las allein!

ſich in dieſer Richtung den Clubbeſchlüſſen fügen zu wollen. Weiter ſagte Kramař, wenn eine Hoffnung geweſen wäre, Taaffe zu ſtürzen, hät - ten die Jungtſchechen wie Ein Mann gegen das Budget geſtimmt. Aber die Jungtſchechen mußten beſtrebt ſein, den Hohenwart-Club nicht abzu - ſtoßen und mit den Polen ſich nicht ganz zu verfeinden. Hätten ſie nur einmal die Leute Hohenwart’s für ſich, ſo wären auch die Polen zu gewinnen und die föderaliſtiſche Majorität wäre wieder fertig.

(Ein Glückwunſchtelegramm des deutſchen Kaiſers.)

Das Wiener Tagblatt erhält von wohlinformirter diplomatiſcher Seite aus Berlin die Nachricht, daß das von Kaiſer Wilhelm aus Kiel am 18. Auguſt entſendete Glückwunſchtele - gramm an den Kaiſer Franz Joſef ſich durch einen beſonders herzlichen Ton auszeichne. Der Wortlaut desſelben ſoll folgendermaßen lauten: In treuer, aufrichtiger Freundſchaft ſende ich Dir zu Deinem Geburtstage innigſte Glück - und Segenswünſche. Gott ſch[i]rme und erhalte Dich auch ferner zur Freude Deines Hauſes, ſowie zum Heile Oeſterreich-Ungarns und ſeiner Völker.

(Der Bürgerkrieg in Chile.)

In Chile iſt der Sieg der Congreßpartei über den Prä - ſidenten Balmaceda ein vollſtändiger. Nach den letzten Depeſchen hat die Landeshauptſtadt San - tiago, welche durch eine Eiſenbahnlinie von 187 Kilometern mit Valparaiſo verbunden iſt, eben - falls capitulirt und iſt bereits von den Congreß - truppen beſetzt. Damit verlieren die aus New - York und Waſhington datirten Depeſchen von Balmaceda’s Partei, die von der Vorbereitung eines Widerſtandes in Santiago, von der Her - anziehung von Truppen aus dem Norden und Süden, von den Ausſichten eines Kleinkrieges im Gebirgslande ſprechen, ihre ganze Bedeutung. Andere Depeſchen, welche aus Iquique vom 29. Auguſt an die Vertreter der chileniſchen Congreßpartei in Paris und Waſhington gelangt ſind, vervollſtändigen die Meldungen über den Sieg der Congreßtruppen in den Kämpfen um Valparaiſo. Dieſelben gewannen zwei Schlachten, und zwar bei Concon am 22. Auguſt und bei Placilla am 28. Auguſt. In der Schlacht bei Concon verlor der Feind 1500 Todte und Ver - wundete, 1500 Gefangene, 14 Kanonen, 2000 Gewehre, 3 Mitrailleuſen und zahlreiche Munition; bei Placilla verlor der Feind die ganze Artillerie und 3000 Gefangene. Nach dem Einmarſche in Valparaiſo bemächtigten ſich die Congreſſiſten des Schiffes Almirante Lynch und aller Tor - pedoboote. Der Nachfolger Balmaceda’s, Vicuna, die früheren Miniſter Godoy und Banados und der Präfect von Valparaiſo, Viel, haben ſich an Bord fremdländiſcher Schiffe geflüchtet. Eine in Paris eingetroffene officielle Depeſche aus Santiago beſtätigt die vollſtändige Vernichtung der Truppen Balmaceda’s. Die Congreſſiſten ſind Herren des Landes.

Der Newyork Herald meldet aus Valpa - raiſo: Die Congreſſiſten ſtellten die Eiſenbahn Valparaiſo Santiago wieder her und ordneten die Abſendung von 4000 Mann nach Santiago an. Am Morgen ſuchten die Trupperführer Bal - maceda’s in Santiago um Conferenzen wegen der Capitulationen nach. Die Congreſſiſten ent - ſendeten den früheren General Baguedauo, den Chef der chileniſchen Armee, um nach den Con - ferenzen die Hauptſtadt in die Hände der Junta zu übergeben, welche Mannſchaften, Officiere und Beamte beordert, und eine legale proviſoriſche Regierung bilden werde. Die Flotte der Auf - ſtändiſchen traf am Morgen in der Bai von Valparaiſo ein; die Mannſchaft wurde enthuſia - ſtiſch begrüßt. Der Chef der Junta, Monſt, zog mit der Flotte ein und übernahm die Leitung der Geſchäfte, vor allem die Capitulation der Stadt. Die Admirale des auswärtigen Geſchwa - ders und Martinez übernahmen die Ueberwachung der Stadt. Martinez und der General und ehe - malige Gouvernuer Viels traten zu einer Conferenz zuſammen. Monſt beſtand auf bedingungsloſer Capitulation, auf Gefangennahme der Officiere und Soldaten und auf der Unterwerfung der Civilbeamten auf Gnade oder Ungnade. Martinez ſoll Gouverneur bis zur Ankunft der Junta blei - ben, welche ſodann die endgiltigen Bedingungen erlaſſen wird. Die congreſſiſtiſchen Truppen zei - gen beachtenswerthe Disciplin, die Stadt iſt von entlaſſenen Soldaten und Marodeuren überfüllt, in den Straßen finden häuſige Zuſammenſtöße[4]ſtatt and es kommen viele Brandſtiftungen vor. Die Conſulate werden von Marineſoldaten bewacht. Ueber den flüchtigen Balmaceda iſt nichts be - kannt. Man glaubt, daß er über die Anden ent - flohen iſt. (Siehe Telegr.)

Die Prager und Kremſierer Aus - ſtellung.

(Original-Bericht des Mähr. Tagblattes. )

Als vor einigen Wochen ein alter Herr ſcherzte, am 2. September werde die Prager Aus - ſtellung geſchloſſen, weil ja am 3. Sept. die Eröff - nung der Kremſierer Ausſtellung ſtattfinde, lachte Jedermann über den Einfall, aber Niemand dachte auch nur im Entfernteſten an eine Wechſel - wirkung beider. Wie ſo denn auch? Es verdient daher für Freunde heiteren Leſeſtoffes und zur Charakteriſirung unſeres Localpatrioten folgendes Zwiegeſpräch aus dem Welehrad mitgetheilt zu werden:

Und glauben Sie, Herr Redacteur, daß der Beſuch ein zahlreicher ſein werde, wird uns nicht die Prager Ausſtellung ſchädigen? fragten mich zwei Damen, die den Schöpfern der Aus - ſtellung nahe ſtehen.

Meine Gnädigen, ich bin überzeugt, daß der Beſuch aus Nah und Fern ein großartiger ſein wird. Schon jetzt ſpricht man hier und dort davon, daß von einzelnen mähriſchen Städten Ausſtellungszüge, abgehen werden. Die Prager Ausſtellung wird uns nicht im Mindeſten ſchaden, ſowie auch unſere Ausſtellung die Prager nicht beeinträchtigen wird, ant[w]ortete ich. Die Prager Ausſtellung iſt eine Weltausſtellung , ja wahrlich eine Weltausſtel - lung, die Kremſierer aber eine Bezirksausſtellung. In Prag iſt der Eindruck ein überwältigender, beſtrickender; wer in der Prager Ausſtellung war, wird zur Kremſierer Ausſtellung kommen, um hier aufzuathmen, um ſich hier zu erfriſchen. Die Intereſſen beider Ausſtellungen kreuzen ſich nicht.

Erſtens beſucht die Prager Ausſtellung eine ganz andere Claſſe von Menſchen. In dieſer Lage ſind verhältnißmäßig nur wenig Leute, in wohl - habender und unabhängiger Stellung. Solche Auserwählte gibt es nur einige aus der Stadt und aus der Umgebung. Allerdings ſollte heuer jeder, der ſich ein ordentlicher Našinec zu ſein dünkt, nach Prag fahren. Gott ſei es geklagt, daß dies nicht der Fall iſt. Dafür iſt die Bezirks - ausſtellung hier beſtimmt der großen Schichte der Bevölkerung unſerer Stadt und Umgebung zu dienen.

Außerdem muß ich bemerken, daß der Haupt - zuzug nach Prag zur Zeit, wenn unſere Ausſtel - lung beginnt, bereits vorüber iſt. Deshalb brau - chen wir in dieſer Hinſicht keine Beſorgniß haben.

Nachdem noch der Herr Redacteur die Be -denken der Damen wegen der ſchlechten Ernte zerſtreut hatte, empfahlen ſich die Damen mit dem artigen Compliment: Nun iſt es Ihre Hauptaufgabe Herr Redacteur, den Namen der Ausſtellung in der ganzen Welt bekannt zu machen.

Das war jedenfalls nur ein artiges Com - pliment, obwohl doch ſonſt der Welehrad manches zuwege bringt. So gebührt ihm die Priorität, darauf aufmerkſam gemacht zu haben, daß durch die Prager Ausſtellung auch das hun - dertjährige Jubiläum der Krönung Leopolds II. gefeiert werde. Seit dem 30. Juli weiſt er durch eine Reihe von Artikeln, mit der Ueberſchrift: Tſchechiſche Königskrönung im Jahre 1791 auf dieſe Thatſache hin.

Locales und Provinzielles.

(Kaiſerliche Spende.)

Der Kaiſer hat dem Ortsſchulrathe zu Dukovan zum Schulbau eine Spende von 100 fl. bewilligt.

(Perſonales.)

Herr Landesausſchußbeiſitzer Dr. Schrom iſt heute von Brünn hier einge - troffen.

(Trauung.)

Heute Vormittags 9 Uhr fand in der Pfarrkirche zu Neugaſſe die Trauung des Herrn Johann Weiſer, Fachlehrer an der Mädchenbürgerſchule in Olmütz mit Frl. Gabriele Einaigl, einer Tochter des ehemaligen, vor meh - reren Jahren verſtorbenen Proßnitzer k. k. Notars Herrn Alois Einaigl ſtatt. Den Trauungsact vollzog der hochw. Pfarrer von Neugaſſe, Herr P. Heger.

(Leichenbegängniß.)

Unter zahlreicher Theil - nahme fand geſtern Nachmittags Uhr vom Trauerhauſe, Herrengaſſe Nr. 5 aus das Leichen - begängniß der Bürgersgattin und Hausbeſitzerin Frau Marie Heger ſtatt. Den Conduct führte unter geiſtlicher Aſſiſtenz der hochw. Pfarrer von St. Michael, Monſignore Dr. Panak. Dem mit vielen Kränzen geſchmückten Sarge folgten die trauernden Familienangehörigen, ſowie viele Bekannte. Am Friedhofe fand die nochmalige Einſegnung der Leiche ſtatt.

(Von der Induſtrie - und Gewerbeaus - ſtellung.)

In der letzten Sitzung des Executiv - Comités wurden mehrere wichtige Beſchlüſſe ge - faßt. Unter anderem wurde entſchieden, daß Aus - ſteller außerhalb des Kammerbezirkes nicht zuge - laſſen werden, nachdem dieſe Ausſtellung vor allem die Aufgabe hat, ein Bild der Leiſtungs - fähigkeit der Induſtrie und des Gewerbes im Olmützer Kammerbezirke zu bieten. Ferner wur - den über die Frage, ob der Verkauf von Aus - ſtellungsgegenſtänden während der Dauer der Ausſtellung zuläſſig ſei, eingehende Berathungen gepflogen und beſchloſſen, den Verkauf von Aus - ſtellungsgegenſtänden während der Ausſtellung unter der Bedingung zu geſtatten, daß die ver - kauften Gegenſtände ſofort durch neue erſetztwerden und wo dies nicht möglich iſt, dieſelben bis zum Schluſſe der Ausſtellung verbleiben. An den Verein öſterreichiſcher Malzfabrikanten wurde das Anſuchen geſtellt, gleichzeitig mit dieſer Aus - ſtellung eine Specialausſtellung zu verbinden. Die Scharfſchützengeſellſchaft hat in einer Zuſchrift die Bedingungen bekannt gegeben, unter welchen die bürgl. Schießſtätte zu Ausſtellungszwecken über - laſſen wird. Dieſe Bedingungen können als be - friedigende bezeichnet werden. Nach den Vorſchlägen des Finanz-Comités wurden ſodann die Grund - züge für die Bildung eines Garantiefondes be - ſchloſſen, und ſchließlich der Antrag des Admini - ſtrations-Comités an die auswärts wohnenden Mitglieder der Ausſtellungscommiſſion eine Zu - ſchrift, die Action der Delegirten betreffend, zu richten angenommen. Außerdem verhandelte das Executiv-Comité über die Einrichtung des Bu - reaus u. a. [m]. Von nun an werden die Sitzun - gen des Executivcomités immer um 6 Uhr N. in den Localitäten des Gewerbevereins ſtattfinden.

(Sitzung des Stadtverordneten-Colle - giums vom 31. Auguſt.)

Zu Beginn der ge - ſtrigen Sitzung des Stadtverordneten-Collegiums machte Herr St. V. Lachnik auf den vom Herrn Stadtphyſicus Med. -Dr. Cantor verfaßten Jahrsbericht über die ſanitären Zuſtände der Stadt Olmütz aufmerkſam und ſtellte den An - trag dem Herrn Stadtphyſicus für ſeine ſorg - fältige und ſchätzenswerthe Arbeit den Dank aus - zuſprechen, welchem Antrage ſich auch Herr St. V. Dr. Bayer anſchließt. Der Antrag des Herrn Lachnik wird einſtimmig zum Beſchluſſe erhoben und ſodann zur Erledigung der Tagesordnung geſchritten, welche in nachſtehender Weiſe erfolgt: Ein Geſuch des Herrn Ed. Mayer um käufliche Ueberlaſſung des an ſeinen Beſitz in der Leder - gaſſe angrenzenden ehemaligen Gäßchens wird ſowie ein Geſuch der Gasanſtalt um Bewilli - gung zur Abgabe von Gaslicht an das Gaſt - und Einkehrhaus zur Stadt Olmütz der 1. Section zugewieſen. Zwei Geſuche der Bauamtsdienerswitwe Strnadl werden der 3. Section zugewieſen. Ein Geſuch des Herrn Alois Müller um Zulaſſung ſeiner Tochter am franzöſiſchen Sprachunterrichte wird an die 2. Section geleitet. Erſtattet in erſter Leſung wird der Bericht der 2. Section über das Anſuchen des mähr. -ſchleſ. Blindeninſtitutes um Gewährung einer Subvention. Die Section beantragt zu dieſem Zwecke den Betrag von 20 fl. zu be - willigen. Ueber ein Anſuchen einer ſtädtiſchen Beamtenswitwe um eine Krankheitsaushilfe be - antragt die 2. Section dieſes Geſuch abſchlägig zu beſcheiden. (1. Leſung). In erſter Leſung er - ſtattet wird der Bericht der 2. Section über das Anſuchen des Handels-Gremiums um eine Sub - vention für die Handelsſchule. Die Section be - antragte eine Subvention von 60 fl. zu bewilli - gen (1. Leſung. ) Beſchloſſen wird dem Comité der Olmützer Gewerbe - und Induſtrie-Aus - ſtellung mehrere Räumlichkeiten mi Realſchulge -

Hand und Ring

(50. Fortſetzung.)

Von wem glauben Sie denn, daß der Brief herrührt? fragte Byrd.

Das herauszufinden iſt Ihre Sache, war des Bezirksanwalts Erwiderung.

Hickory griff nach dem Zettel.

Warten Sie, rief er, mir kommt ein Gedanke.

Er trat ans Fenſter und prüfte das Blatt genau. Ich glaube, ich kann Ihnen ſagen, wer den Brief geſchrieben hat, meinte er, auf den darin vorkommenden Namen deutend.

Was? fragte Ferris erſtaunt, Imogen Dare?

Sie und keine andere, verſetzte der Poliziſt zuverſichtlich.

Wie kommen Sie zu dieſer Vermuthung?

Ich kenne ihre Handſchrift, ihren Namens - zug. Zwar hat ſie ihre Schrift ſehr geſchickt ver - ſtellt, aber der Name verräth ſie doch. Ueber - zeugen Sie ſich ſelbſt.

Hickory zog einen kleinen beſchriebenen Papierſtreifen aus ſeinem Taſchenbuch und wies[i]hn zur Schriftvergleichung vor. Die Aehnlichkeitder Unterſchrift war unbeſtreitbar, ſowohl Byrd als Ferris mußten dem Poliziſten recht geben.

Auf ſolche Wendung war ich nicht vorbe - reitet, murmelte der Bezirksanwalt.

Auch uns kommt ſie unerwartet, beſtätigte Byrd und warf Hickory einen warnenden Blick zu.

Das Beſte wird ſein, meinte Ferris nach - denklich, wir laſſen die Sache einſtweilen auf ſich beruhen, bis ich Gelegenheit finde, ſelbſt mit Fräulein Dare Rückſprache zu nehmen.

Die Geheimpoliziſten, welche dieſe Anſicht theilten, ſtimmten ihm bereitwillig bei. Der Schritt, den das Fräulein gethan, kam ihnen ſelbſt höchſt überraſchend, obgleich ſie ſich bei ihrer Kenntniß der Sachlage einigermaßen er - klären konnten, daß ſie durch ihre Reue und die namenloſe Angſt, in welche ſie in Folge von Hildreths Selbſtmordverſuch gerathen ſein mochte, zu dem verzweifelten Entſchluß getrieben worden war.

Kapitel XX. Ein Wendepunct.

Um zu begreifen, was Imogen Dare be - wogen hatte den Brief zu ſchreiben, müſſen wir uns in Orkutts Wohnung verſetzen, wohin das Auge der Poliziſten nicht zu dringen vermochte.

Der Rechtsanwalt konnte Imogens ſeltſames Benehmen zur Zeit der Ermordung der Witwe Klemmens nicht wieder vergeſſen. Daß ſie überdas Verbrechen nichts wiſſe, was nicht auch an die Oeffentlicheit gedrungen war, glaubte er zwar noch immer, aber der Auftritt mit dem Ringe verfolgte ihn förmlich und ließ ihm keine Ruhe. Immer wieder fragte er ſich, was ſie veranlaßt haben könne, das Juwel für ihr Eigenthum zu erklären, während er doch feſt überzeugt war, daß ſie den Ring nie beſeſſen habe, daß er ihr nicht gehöre. Oft ſchon hatte er ſich vorgenom - men, ſie näher auszuforſchen, aber die Worte wollten ihm nicht über die Lippen. Und doch mußte er reden, er mußte ſich dazu zwingen, um das Vertrauen zwiſchen ihnen wieder herzuſtellen ſonſt war alles verloren.

Ihre Zurückhaltung und Verſchloſſenheit nahm von Tag zu Tage zu und mehr und mehr begann ihm die Hoff[n]ung auf ihren Beſitz zu ſchwinden, für den er doch mit Freuden ſein hal - bes Leben hingegeben hätte. Wäre er nur wenigſtens im Stande geweſen, die Quelle des geheimen Kummers zu ergründen, der ihr am Herzen nagte! Entſprang der Jammer, den er in ihren ſtarren Augen las, aus bitterem Seelen - ſchmerz oder aus einer Reue, die keine Zeit zu lindern vermag er wußte es nicht zu ſagen. Je länger die Qual dauerte, deſto unerträglicher ward ſie, ihm bangte für ſeinen Verſtand, wie für den ihrigen.

(Fortſetzung folgt.)

[5]

bäude zur Abhaltung einer Ausſtellung, vorausgeſetzt daß der h. mähr. Landesſchulrath keine Einwendung gegen dieſe Benützung erhebt, zur Verfügung zu ſtellen. Erſtattet in erſter Leſung wird der Bericht der 2. Section über ein Anſuchen des Waldhegers Joſef Sedlaczek um eine Unterſtützung. Die Section beantragt, Sedlaczek eine Unterſtützung von 25 fl. zu bewilligen. Erſtattet wird der Bericht der 3. Section über die angeordnete Er - weiterung der ſlaviſchen Stadtſchule um eine Claſſe. Die Section beantragt gegen dieſe Ver - fügung die Beſchwerde an den Verwaltungs - gerichtshof zu richten. Dieſer Antrag wird ange - nommen. Bezüglich mehrerer Schüleraufnahmen in die ſlaviſche Stadtſchule wird beſchloſſen in dieſer Angelegenheit keine weiteren Schritte mehr zu veranlaſſen. Einem ſtädt. Beamten und einem ſtädt. Diurniſten werden Vorſchüſſe auf ihre Bezüge bewilligt. Beſchloſſen wird der Firma C Korte & Comp. eine Pfand - brief Obligation aus der hier erliegenden Caution auszufolgen. Erſtattet wird in erſter Leſung der Bericht der 3. Section über das Geſuch des Selchermeiſters Hr. Jacob Naßwetter um Ver - leihung des Heimat - und Bürgerrechtes. Die Section beantragt die Nichtbewilligung dieſes Anſuchens. Schließlich wird der Bericht der 1. Section über die Bedingungen des Waſſerbe - zuges für die k. k. Oberrealſchule in 1. Leſung erſtattet. Die Section beantragt für die bewohn - ten Räume im Realſchulgebäude die Grundtaxe und für die anderen Räume den ermäßigten Waſſerzins von 12 kr. pr. Kbm. einzuheben. Um 5 Uhr Nachmittags erfolgte ſodann der Schluß der Sitzung.

(Vom Theater.)

Herr Director Berghof trifft morgen in Olmütz ein. Mit ihm zugleich wird wird ein Theil der von ihm engagirten Mitglieder unſerer Bühne anlangen. Die Mehr - zahl der neuen Bühnenmitglieder wird erſt Ende dieſer, und Anfangs nächſter Woche hieher kommen. Mit den Proben zu den Erſtaufführungen ſoll ſchon nächſte Woche begonnen werden.

(Zur Errichtung eines neuen Spitals in Olmütz.)

Bereits wiederholt wurde darauf hingewieſen, daß in den Städten Mährens aus Staats - oder Landesmitteln größere Anſtalten, die nur zur Aufnahme von Infectionskranken beſtimmt ſein ſollen, errichtet werden ſollten. In Olmütz fehlt es bekanntlich an einer ſolchen An - ſtalt, nachdem die Landesanſtalten für den ge - dachten Zweck nicht zureichende Räumlichkeiten beſitzen und das ſtädt. Seuchenſpital ebenfalls nicht in der Lage iſt zahlreichen Infectionskran - ken Unterkunft zu bieten. Von Seite des h. mähr. Landesausſchuſſes wurde nun die Stadt - gemeinde Olmütz angegangen, einen größeren Pavillon zur Aufnahme von Infectionskranken zu errichten. Die Stadtgemeinde Olmütz geht jedoch von der Anſicht aus, daß zu dem gedachten Zwecke nicht ein Pavillon, ſondern ein größeres Gebäude und zwar ein eigenes Spital aus Landes - oder Staatsmitteln zu erbauen wäre. Nachdem in dieſer Angelegenheit bereits mehrfache Verhand - lungen ſtattfanden, ſcheint dieſelbe nunmehr in Fluß kommen zu ſollen. Heute findet nämlich hier eine vom h. mähr. Landesausſchuſſe ange - ordnete Commiſſion ſtatt, welche ſich zunächſt mit der Löſung der Frage, wo dieſes Spital zu er - bauen wäre, zu beſchäftigen hat. Zur Abhal - tung dieſer Commiſſion iſt heute Herr Landes - ausſchußbeiſitzer Dr. Schrom in Olmütz ein - getroffen. Von Seite der Stadtgemeinde Olmütz wurden Herr Bürgermeiſter v. Engel, Herr Gemeinderath Thannabaur und Herr Stadt - phyſicus Med. Dr. Cantor in dieſe Commiſſion entſendet. Ueber die Reſultate dieſer Commiſſion werden wir ſeinerzeit berichten.

(Ein Vertrauensvotum.)

Abgeordneter Začek hielt jüngſt in Wſetin eine Wählerver - ſammlung ab, bei der es ziemlich ſtürmiſch zuge - gangen ſein muß, denn als der Abgeordnete auf eine, die Thätigkeit der tſchechiſchen Vertreter Mährens im Reichsrathe kritiſirende Anſprache eines Wählers erwidern wollte, entſtand ein ſol - cher Lärm, daß die Verſammlung aufgelöſt werden mußte. Nach einem Berichte des hieſigen Pozor ſprachen jedoch vier zurückgebliebene Wähler, der Pfarrer Zadnik, der Landtagsabgeordnete Bubela der Lehrer und noch ein anderer Herr Bubela dem Herrn Dr. Začek ihr Vertrauen aus. Abge - ordneter Dr. Začek kann nun den bekanntenRefrain anſtimmen: Es iſt zwar nicht viel; aber freuen thuts halt doch.

(Sie waren immer hier!)

Das iſt die Frage, die in dieſen Tagen jeder, der aus den Bädern oder Sommerfriſchen heimkehrt, gegenüber denen auf den Lippen hat, die in unſerer guten Stadt zurückblieben. Es liegt faſt ein Vorwurf in der Frage, und Mancher, dem es hier ganz wohl erging, ſchämt ſich die Frage zu bejahen und erwidert entweder gar nichts, oder putzt ſeine Ausflüge nach Dollein und dem hl. Berg zu Sommerfahrten auf, oder er weicht der Antwort mit der Gegenfrage aus: Wo waren Sie? Wenn er dann hört, daß es auch in Gräfenberg und Karlsbrunn, in den Sudeten wie in den Alpen immerfort geregnet hat, da wird er zuverſichtlicher und geſteht, daß er hier geblieben und ſich die Welt vom Stadtparke aus betrachtet habe.

(Cyclorama.)

Mit dem heutigen Tage wurde das Weiß’ſche Cyclorama in der Sporer - gaſſe geſchloſſen.

(Hotel-Uebernahme.)

Der bisherige Reſtaurateur der Proßnitzer Bierhalle Herr Grob hat die Pachtung des Hotels zum goldenen Schwan in der Bäckergaſſe übernommen. Nach Vollendung der eben ſtattfindenden Reſtaurirung der Hotelräumlichkeiten wird die Eröffnung der - ſelben erfolgen. Den Zeitpunct dieſer Eröffnung werden wir ſeinerzeit mittheilen.

(Vom Deutſchen Leſeverein in Paulo - witz.)

Das von dieſem Vereine veranſtaltete Preis - Kegelſchieben erfreut ſich ſeitens der Damen und Herren dieſes Vereines der größten Theilnahme und wird Samſtag, den 5. d. M. 8 Uhr Abends geſchloſſen. Um 9 Uhr desſelben Tages findet die Preisvertheilung ſtatt. Dieſe Preife ſind: 1. Pr. 2 Duc. in Decoration, 2. Pr. 1 Duc. und 3 Silbergulden, 3. Pr. 1 Duc. u. ſ. w., insge - ſammt 15 Geldgewinnſte in Decoration für 60 fl.; außerdem 3 ſeparate Damenpreiſe. Ge - legentlich der Preisvertheilung wird am Samſtag, den 5. September, in Kranichs Reſtaurations - garten ein Unterhaltungsabend abgehalten wer - den, bei welchem die Muſikcapelle des Herrn Czerny Concertſtücke zum Vortrage bringt. Mitglieder und Freunde des Vereines ſind hiezu höflichſt eingeladen. Bei ungünſtiger Witterung findet dieſe Veranſtaltung in den Vereinslocalitäten ſtatt.

(Kaufexceß.)

Sonntag, den 30. l. M. Abends fand im Saale des Odſtrčil’ſchen Gaſt - hauſes in Neretein gelegentlich einer Tanzunter - haltung eine Schlägerei zwiſchen Soldaten der Zeugs-Artillerie und Civil ſtatt. Hiebei wurden dem Gaſtwirthe Tiſche, Stühle und Gläſer zer - brochen, auch kamen einige Verwundungen vor, da die Mannſchaft von den Seitenwaffen Gebrauch machte. Auf dem Schauplatze der That blieben zwei Faſchinmeſſer und eine Feldkappe zurück.

(Anwendung der Stundenzonenzeit im Telegraphenverkehre.)

Nachdem mit 1. October d. J., das iſt mit Beginn der diesjährigen Winterfahrordnung, im Civilverkehre aller Eiſen - bahnen der öſterreichiſch-ungariſchen Monarchie die Stundenzonenzeit eingeführt wird, ſo hat das k. k. Handelsminiſterium mit der Verord - nung vom 25. Juli d. J. verfügt, daß dieſe neue Eiſenbahnzeit auch rückfichtlich des Tele - graphenverkehres, vom bezeichneten Zeitpuncte angefangen, im nachſtehenden Umfange zur An - wendung gelange: Die Zeitangabe für Aufgabe und Abgabe der Telegramme hat ſeitens ſämmt - licher Staatstelegraphenämter nach der Stunden - zonenzeit zu erfolgen; die für den allgemeinen Telegraphenverkehr eröffneten Eiſenbahn-Telegra - phen-Stationen haben bei Behandlung der Staats - und Privattelegramme anſtatt der gegenwärtig hiefür geltenden Wiener Zeit die neue Eiſen - bahnzeit (Stundenzonenzeit) anzuwenden. Die Differenz zwiſchen Ortszeit und Stundenzonen - zeit iſt bei allen Telegraphenämtern in augen - fälliger Weiſe für das Publicum erſichtlich zu machen.

(Tſchechiſche Agitationen in Mähren.)

Das in Kremſier erſcheinende ſlaviſche Organ: Welehrad richtet in ſeiner letzten Nummer andie mähr. Tſchechen die Aufforderung, die Bande, welche Mähren und Schleſien an Böhmen knüpfen, mög - lichſt enge zu ſchließen. Zu dieſem Zwecke, führt der Welehrad aus, ſei es nothwendig in Brünn einen Preßvereine zu gründen, welcher in der Provinz Filialen errichten ſollte und ſich mit der Herausgabe politiſcher Broſchüren zu beſchäftigen hätte. Weiters ſollte eine eingehende (tſchechiſche) Statiſtik über Böhmen, Mähren und Schleſien angelegt werden. Brünn müſſe , ſagt das genannte[ Tſchechenorgan] eine ſlaviſche Stadt werde. Die Ausführungen des Welehrad müſſen ſehr eigen - thümlich berühren, wenn man ſich jene Zeit ins Gedächtniß zurückruft, wo die tſchechiſchen Mährer von den Tſchechen Böhmens nichts wiſſen wollten und ſich ſtolz in die Bruſt werfend, ausriefen: Wir ſind Mährer. Als am 2. Jänner 1849 die tſchechiſchen Aageordneten eine hannakiſche Deputation über das Verhältniß der Hannaken zu den Deutſchen und über die Stellung der Markgrafſchaft Mähren zu dem Königreich Böh - men aufklären wollten, da ſchüttelten die Hannaken unwillig ihre Köpfe und wollten von einem An - ſchluſſe an die Tſchechen in Böhmen nichts wiſſen. Heute ſcheint das anders geworden zu ſein und man ſetzt die Frage des dreieinigen Königrei - ches wieder auf die Tagesordnung.

(Die neuen Kartirungsſätze für Getreide von den ungariſchen Staatsbahnen nach Mähren und Böhmen.)

Nachdem die vollſtän - dige Umarbeitung des öſterreichiſch-ungariſchen Verbandtarifes vor Neujahr nicht zu erwarten ſteht, hat die Direction der königlich ungariſchen Staatsbahnen, in Würdigung des Umſtandes, daß bei Eintritt der Getreidecampagne die Kenntniß der billigſten Sätze für die Exporteure ein dringendes Bedürfniß iſt, die ſofortige Ein - ſtellung von Kartirungsſätzen im öſterreichiſch - ungariſchen Verbande verlangt. Die betheiligten Verwaltungen haben nun dem Antrage zuge - ſtimmt und treten dieſe Kartirungsſätze mit 1. September d. J. in Kraft. Die Kartirungs - ſätze ſind in drei Hefte getheilt: Verkehr von den verſtaatlichten Linien der öſterreichiſch-ungari - ſchen Staatseiſenbahn-Geſellſchaft nach Böhmen; Verkehr von Stationen der königlich ungariſchen Staatsbahnen und der Kaſchau-Oderberger Bahn nach Böhmen; Verkehr von der ungariſchen Staatsbahn und der Kaſchau-Oderberger Bahn nach Mähren. Die Tabellen, welche zum Theil in Schnittform und für Mähren in Sta - tionstarifen aufgeſtellt ſind, enthalten die Frachtſätze ab ungariſcher Station mit Umkar - tirung in Wien und Budapeſt und hat der Ab - ſender die Abfertigung zum billigeren Cumulativ - ſatz zu verlangen. Speciell iſt dieß im Verkehr von ungariſchen Staatsbahnſtationen der Fall, in welchem der ungariſche Schnittſatz für Wien und für Budapeſt getrennt angegeben iſt. Im Verkehr mit der Kaiſer-Ferdinands-Nordbahn zer - fallen die Schnittſätze a) und b) und iſt es auch hier dem Verſender überlaſſen, den betreffenden billigeren Schnittſatz zu verlangen. Durch die Herausgabe dieſer Kartirungsſätze iſt endlich die große Unſicherheit, welche namentlich bei Getreide in der Routenvorſchrift herrſchte, gänzlich beho - ben. Es war bisher ſehr complicirt, vorerſt durch Calculation feſtzuſtellen, ob die Umkartirung in Budapeſt, Wien, Stadlau oder Ruttek in der einen oder anderen Relation die billigſte Cumu - lativfracht ergibt, oder ob noch die directe Karti - rung aufrechtzuerhalten ſei. Wir geben hier einen Auszug der Kartirungsſätze, welche allen 3 Hef - ten entnommen und die Eintheilung erſichtlich machen:

PragReichenbergZnaimBrünnOderb
Vonvia Bndapeſtvia Wienvia Bndapeſtvia Wienvia Bndapeſtvia Wienvia Bndapeſtvia Wien
Arad191189216·6216143 6150·3146·2150 7140
Kron - ſtadt245242270 6269197·6203·320[0].2203·7186
Karls - burg220217245·6244172·6178·3175·2178·716〈…〉〈…〉
Klauſen - burg212210237·6237164·6171·3167·2171·7155
Groß - wardein190188215·6215142·6149·3145·2149·7139
Semlin205203230·6230157·6164·3160·2164·7159

In dieſen Sätzen iſt die ungariſche Transport - ſteuer (5 Percent,) ſowie der Frachtzuſatz der ſüd - norddeutſchen Verbindungsbahn bereits enthalten.

(Eine Familien-Tragödie in Brünn.)

Ein entſetzlicher Vorfall ereignete ſich vorgeſtern in dem Brünner Vororte Huſſowitz. Der Brünner Webergehilfe Nawratil ſtürzte ſeine drei - zehnjährige Tochter Angela, welche eine zwei - jährige Schweſter auf dem Arme trug, und ſeinen Sohn Victor in die Zwittawa und ſprang dann ſelbſt in das Waſſer. Angela rettete ſich, indem ſie ſich an einen Balken klammerte; ihr Vater verſuchte zwar wiederholt, das Kind in das[6]Waſſer zurückzuſtoßen, ſank aber plötzlich ſelbſt unter, und Angela konnte aus Ufer gelangen. Die beiden andern Kinder ertranken. Als Motiv der entſetzlichen That wird angegeben, daß Nawratil ſich in großer Noth befand und am 1. September delogirt werden ſollte. In welcher Weiſe Nawratil die That ausführte, das erzählt die am Leben gebliebene Angela Nawratil, ein friſches blondes Mädchen, welches in einer deut - ſchen Brünner Mädchenvolksſchule eine ganz treffliche Ausbildung erfahren hat und die, be - gleitet von einer Verwandten, geſtern im Re - dactionslocale des Tagesboten aus Mähren erſchien, nachſtehend: Der Vater ſagte geſtern Nachmittag: Kommt Kinder, ich werde Euch in das Gaſthaus nach Huſſowitz führen. Wir trafen dort nach fünf Uhr ein. Als wir zum Zwittawafluß kamen und zwar zu jener Stelle, wo das Wehr iſt und ein Steg über den Fluß führt, ſagte der Vater: Wir werden nicht hin - über gehen; die Ritſchi könnte ins Waſſer fallen. Setzen wir uns hier nieder; ins Gaſthaus können wir ohnehin nicht gehen, da ich kein Geld habe. Wir ſetzten uns alle am Ufer nieder. Unweit von uns fiſchte ein Soldat, und ein Knabe lag am Ufer im Graſe. Der Soldat entfernte ſich beiläuſig nach 6 Uhr, der Knabe war anſcheinend eingeſchlafen. Gegen 7 Uhr ging der Vater zu dem fremden Knaben und ſagte ihm, er möge nach Hauſe gehen, weil es ſonſt ſpät werde. Später aber ſagte ihm der Vater, er möge warten, bis wir gehen. Der fremde Knabe aber erwiderte, er müſſe ſchon gehen, da um 9 Uhr Abends das Hausthor bereits geſperrt werde. Darauf ging der Knabe weg. Mein Vater ſagte: Nun werden wir uns auch lang - ſam zuſammenpacken. Ich trug die Ritſchi und der Vater den Victor. Mein Vater trat nun auf den Steg des Wehres und ſagte zu mir: Schau, der Soldat hat die Fiſche vergeſſeu. Ich ging nun auch auf den Wehrſteg und mein Vater ſagte: Siehſt Du auch die Fiſche? Ich ant - wortete Nein, worauf mich der Vater bei dem Kopfe nahm und denſelben ſo herunterdrückte, daß ich mit der Ritſchi ins Waſſer fiel. Dabei verlor ich meine Schweſter aus den Händen. Der Vater ſprang nun mit Victor nach; ich glaubte, um mich retten zu wollen. Ich hatte einſtweilen einen Balken ergriffen, an dem ich mich hielt, ſo daß ich den Kopf über dem Waſſer hatte und rief dem Vater zu: Ich habe einen Balken gefunden, hier können wir uns retten. Der Vater kam auch auf mich zu, ſuchte aber mich unter das Waſſer zu bringen. Er tauchte mir auch zweimal den Kopf unter das Waſſer. Ich hielt mich aber an dem Balken feſt und der Vater verlor die Kraft und ſank unter. Nach - dem ich länger als eine Viertelſtunde im Waſſer geweſen war, kam ich ans Ufer. Ich ging wie betäubt in die nächſte Straße und als ich Leute traf, rief ich deren Hilfe an. So die Erzählung des armen Mädchens.

(Umlegung der Niveau-Ueberſetzung der Bahnſtrecke Hohenſtadt Zöptau.)

Ueber Anſuchen der k. k. Generaldirection der öſter - reichiſchen Staatsbahnen um Vornahme der poli - tiſchen Begehung, beziehungsweiſe der Enteignungs - Verhandlung rückſichtlich der projectirten Umlegung der Niveau-Ueberſetzung der Bahnſtrecke Hohen - ſtadt Zöptau im Gebiete der Stadt Hohenſtadt werden die Projects - und Enteignungsbehelfe in der Gemeindekanzlei zu Hohenſtadt vom 1. bis 14. September zur öffentlichen Einſichtnahme auf - liegen und es kann jeder Betheiligte bis 15. Sep - tember um 5 Uhr Nachmittags ſeine Einwen - dungen gegen die Enteignung mündlich oder ſchriftlich bei der k. k. Bezirkshauptmannſchaft in Hohenſtadt verbringen.

Vom Tage.

(Ariſtokratiſche Vermählung.)

Geſtern Vormittags um halb 11 Uhr fand in der Votiv - kirche zu Wien die Vermählung des Fürſten und Altgrafen Hugo Leopold zu Salm-Reiffer - ſcheidt, Kämmerers, erblichen Mitgliedes des öſterreichiſchen Herrenhauſes, mit Eleonore Reichs - gräfin von Sternberg ſtatt, Tochter des Geheimen Rathes und Kämmerers G. d. C. Leopold Reichsgrafen v. Sternberg und weiland der Reichsgräfin Louiſe, geborene Prinzeſſin zu Hohenlohe Bartenſtein-Jagſtberg. Der Trau - ungsceremonie, die Probſtpfarrer Dr. Marſchallvollzog, wohnten außer den Mitgliedern der Familien bei: der deutſche Botſchafter Prinz Reuß und Gemahlin, der Corps-Commandant FML. Prinz Croy, Fürſt und Fürſtin Arenberg, Graf und Gräfin Ermin Schönborn, der Ober - hofmeiſter des Erzherzogs Carl Ludwig, Graf Pejacſevich, Landmarſchall Graf Kinsky und Ge - mahlin, Garde-Oberlieutenant Graf Rudolph Kinsky, Graf Amadei, Otto Graf Abensberg - berg-Traun, Graf Mitrowsky, Graf Mensdorff und andere Ariſtokraten.

(Zum Morde in der Sandwirtgaſſe.)

Samſtag hat ſich eine Commiſſion, beſtehend aus Vertretern des Wiener Magiſtrates, der Polizeidirection und der Schuller’ſchen Fabrik, in die Wohnung des ermordeten Ehepaares Emeder begeben. Die ſeinerzeit an die Thüre gelegten Siegel wurden abgenommen und die Commiſſion inventirte den Nachlaß der Hausbeſorgersleute. Die Effecten wurden dann in Obhut des Magiſtrates gegeben. Hiebei fand ein bisher dunkler Umſtand Aufklärung. Jahn ſprach bekanntlich von zwei Schüſſen, die der Mörder auf ihn abgegeben, während nur der eine, der traf, erwieſen werden konnte. Nun fand ſich wirklich die zweite Kugel. Als man das Bett, in welchem in der kritiſchen Nacht Jahn und Baumgartner ſchliefen, und überfallen wurden, auseinander nahm, fand der anweſende Polizeicommiſſär an dem vorderen langen Brette des Geſtelles, bisher durch ein bei dieſer Manipulation abfallendes Stückchen eines Fourniers verdeckt, einen Schußkanal im Holze. Am Ende der kaum auffälligen Rinne ſteckte das Projectil. Bei wiederholtem Durchſuchen des Bettes wurde dies bisher nicht entdeckt, weil das Fournier über dem Loche lag. Dieſer Theil des Bettes wurde dem Landesgerichte übergeben. Für die Schuld der Sträflinge Liedl und Zahradnik, die aus Göllersdorf bei der Wildbachverbauung entwichen ſind, ſpricht bisher nichts. Zahradnik iſt beim Kreisgerichte St. Pölten in Haft, Liedl bisher noch nicht ausgeforſcht.

Telegramme des Mähriſchen Tagblattes.

Lehrer-Ernennungen.

(Priv. -Tel. d. M. Tagbl. )

Dem Profeſſor Alois Machatſchek vom Nikolsburger Staatsgymnaſium wurde die Stelle eines Profeſſors an der Olmützer Staats - oberrealſchule verliehen. Der Supplent Leopold Erb von der Staatsrealſchule in Steyr, wurde zum wirklichen Lehrer an der Olmützer Staats - oberrealſchule ernannt. Der Supplent Adolf Mitſchanik vom ſlaviſchen Staatsobergym - naſium in Olmütz wurde zum Lehrer am ſlavi - ſchen Staatsobergymnaſium in Brünn ernannt.

(Priv. -Telegr. des Mähr. Tagbl. )

Das Neue Wiener Tagblatt meldet, daß Ritter von Schmerling Ende October das Präſidium des Ober - ſten Gerichtshofes ſowie die Stelle eines Curators am Thereſianum niederzu - legen beabſichtige. Den letztgenannten Poſten ſoll der Unterrichtsminiſter Freiherr v. Gautſch erhalten, wogegen der jetzige Vicepräſident des Oberſten Gerichtshofes Dr. v. Stremayer Präſident desſelben werden ſoll.

(Priv. -Telegr. des Mähr. Tagbl. )

Nach Petersburger Mittheilun - gen erſcheint auch für den Fall, daß der ruſſiſche Miniſter des Aeußern, Herr v. Giers aus ſeinem Amte ſcheiden ſollte, die Berufung des derzeitigen Botſchafters in Paris, Baron Mohrenbeim auf dieſen Miniſterpoſten als aus - geſchloſſen.

Der Wiener Saatenmarkt.

(Privat-Telgr. des Mähr. Tagbl. )

Das Geſchäft welches ſich am Saatenmarkt entwickelt, entſpricht nicht dem zahl - reiche Beſuche des Marktes. Weder in Weizen noch in Roggen kamen namhafte Umſätze vor. In Gerſte kam es zu belangreichen Ab - ſchlüſſen, da ſowol ſeitens des Inlandes als auch für den Export rege Nachfrage beſtand. Bemerkenswerth iſt der Abſatz von Futterar - tikeln der Müllerei nach Deutſchland und die feſte Haltung der Preiſe für Mais. FürRoggen treten Käufer aus Sachſen, Preußen, Böhmen und Mähren auf.

(Vom Correſpondenz-Burean.)

Die Erbprinzeſſin von Hohenzollern wurde geſtern in Heiligendamm von zwei Prinzen entbunden.

Die Kronprinzeſſin iſt ſeit einigen Tagen in Folge eines von Fieber - erſcheinungen begleiteten Bruſtkatarrhs gezwungen, das Bett zu hüten. Samſtag war das Fieber behoben, doch ſtellte ſich Stickhuſten ein. Man glaubt, daß der Zuſtand der Kronprinzeſſin kein gefährlicher iſt.

Der öſterr. -ungar. Geſchäftsträger Markgraf Pallavicini hat heute im Auftrage ſeiner Regierung der ſerbiſchen Regierung den Dank Sr. Majeſtät des Kaiſers für deren anläßlich des Allerhöchſten Geburts - feſten übermittelte Glückwünſche ausgeſprochen.

Heute als am Jahres - tage der Thronbeſteigung des Sultans Abdul Hamid ſtatteten der Generalſecretär des auswär - tigen Amtes Panajotow in Abweſenheit des Mi - niſters des Aeußern, ſowie die Vertreter der fremden Mächte, wie alljährlich, dem Leiter des kaiſerlich ottomaniſchen Commiſſariates ihre Be - ſuche ab.

Die Agence Balca - nique bezeichnet die von mehreren Journalen verbreitete Nachricht, daß im Schoße des Cabi - netes Meinungsverſchiedenheiten entſtanden ſeien und daß der Juſtizminiſter Tontſchew ſeine De - miſſion angedroht habe, als vollkommen unbe - gründet und als eine böswillige Erfindung.

Der deutſche Katholikentag.

Der deutſche Katho - likentag wurde heute hier eröffnet, nachdem ſchon geſtern Abend eine Begrüßungsfeier ſtattgefunden hatte, bei welcher Bürgermeiſter Baumbach Na - mens der Stadt die Verſammlung willkommen hieß und dem Wunſche Ausdruck gab, daß die Verhandlungen in dem hier herrſchenden Geiſte der Toleranz geführt werden mögen. In der heutigen Sitzung wurde Graf Rechberg-Rothen - löwen zum Präſidenten gewählt. Graf Kwilecki verlas ein päpſtliches Schreiben, durch welches der Verſammlung der apoſtoliſche Segen ertheilt wird. Dieſes Schreiben wurde mit einem Tele - gramme beantwortet. Sodann wurde zur Bildung der Sectionen geſchritten. Unter den Anweſenden befanden ſich Biſchof Redner von Kulm, die Abgeordneten Freih. v. Schorlemer, Heerema[nn], Graf Balleſtrem, ferner Fürſt Löwenſtein, Prinz Salm-Salm, Graf Anton Solberg und Freih. Droſte-Viſchering.

Der Bürgerkrieg in Chile.

Eine Depeſche aus Valparaiſo meldet, daß der Pöbel nach der Niederlage des Präſidenten Balmaceda eine große Anzahl von Gebäuden, welche den Anhängern Balmacedas gehörten, anzündete. Der Schaden beträgt 2 Millionen. Die Plünderer, welche nur mit Anwendung der Feuerwaffen überwältigt werden konnten, ließen 200 Todte auf dem Platze. Jetzt hält eine aus Angehörigen der Fremdencolonie gebildete Garde die Ordnung aufrecht. In Santiago wurden der Palaſt Bal - macedas und zahlreiche andere, den Mitgliedern der Regierung gehörige Häuſer in Brand ge - ſteckt. Der Schaden iſt beträglich; in der ganzen Stadt herrſcht Panik, und alle Geſchäfte ſind geſchloſſen. Eine ſtarke Truppenabtheilung iſt von Valparaiſo nach Santiago abgegangen, welche bemüht iſt, die Ordnung daſelbſt herzuſtellen.

Ein Wirbelſturm.

Ein Wirbelſturm zog über die Höhen von Settimo, Sanmarco, Caſti - glione und Gaſſino hin, während e[in]ſchweres Hagelwetter in den Thälern niederging. Die ganze Ernte iſt vernichtet, viele Häuſer wurden arg beſchädigt. Einige Perſonen wurden verletzt.

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Telegraphiſcher Coursbericht vom 13. Auguſt. 1891.

Rente, Papier ........90.70
Ungariſche Papierrente 5% ....100.45
Ungariſcher Goldrente 4% ....102.80
5% Papierrente 5% ......102.05
Silber-Rente .........90.50
1874. Wiener-Loſe .......151.
Ungariſche Prämien-Loſe ......139 75
Theiß-Loſe ..........130.
Anglo-öſterr. Bank .......151.90
Wiener Bankverein .......108.75
Credit-Actien .........276.62
Ungariſche Credit-Actien .....325.75
Länderbank .........198.
Unionbank .........227.50
Nordbahn .........2707.50
Staatsbahn .........285.75
Südbahn ..........101.62
Elbethal ..........202.75
Reichsmark .........57.72
Münz-Ducaten .........
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Herausgeber und verantwortlicher Redacteur Wilhelm Seethaler. Druck von Joſef Groak, Olmütz.

About this transcription

TextNr. 199, 01.09.1891.
Author[unknown]
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Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Benjamin FiechterSusanne HaafNote: Bereitstellung der Texttranskription.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T15:49:55Z grepect GmbHNote: Bereitstellung der Texttranskription.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T15:49:55Z Amelie MeisterNote: Bereitstellung der Texttranskription.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2018-01-26T15:49:55Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic informationNr. 199, 01.09.1891. . Jakob RiemerCzernowitz1891. Mährisches Tagblatt

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IDS Mannheim

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; mkhz2

Editorial statement

Editorial principles

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: keine Angabe; Silbentrennung: keine Angabe; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: keine Angabe;

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