So wenig ich auch geſtimmt bin, meine erſt ſeit fuͤnf Jahren ununterbrochen fortgeſetzten geognoſti - ſchen Beobachtungen zu vereinzeln, und in ihrer jetzigen Unreife bekannt zu machen; ſo kann ich doch, nach ſo langem oͤffentlichen Stillſchweigen, dem Wunſche nicht widerſtehn, mich mit Jhnen uͤber Jhre ſcharfſinnigen chemiſchen Bemerkungen, (im N. Bergm. Journal B. I. S. 79.) zu unterhalten. Jch freue mich unendlich, daß ein Mann von Jhrem Talente ſich an die Unterſuchung unſrer Wetter macht. Jn einem Gebirge arbeitend, wo der Mangel derſelben mir ſo oft das Fahren erſchwert, wo die irreſpirablen Gasarten und Mangel des Lichtſtoffs rachi - tiſche Knochen bey Grubengaͤngen hervorbringen, bin ich mit mannigfaltigen Verſuchen daruͤber beſchaͤftigtG 2gewe -100geweſen. Wenn es lehrreich iſt, in der Geognoſie zu lernen, wie die Natur einfache Foßilien gemengt hat; ſo gehoͤrte es wohl auch zu einer Naturbeſchrei - bung, die Miſchungen und Umhuͤllungen zu cha - rakteriſiren, in denen reines und geſchwefeltes Waſſer - ſtoffgas, Stickluft, kohlenſaures Gas u. ſ. f. im Jn - ern der Erde vorkommen. Von dieſen Umhuͤl - lungen aber haͤngt die Ausfuͤhrbarkeit wichtiger prak - tiſcher Vorrichtungen. Durchſchlaͤge, Fortbetrieb eines Orts, Unwirkſamkeit einer Wettermaſchine ꝛc. ab. Wer nur die einfachen Gasarten unſrer Laboratorien kennt, ſcheitert in der Diagnoſe unſrer Grubenwetter, wie der Geognoſt an innig gemengtem Gruͤnſtein oder Syenitſchiefer. An dieſen Umhuͤllungen liegt es, war - um ſich das Waſſerſtoffgas an der Firſte ſo ſchwer entzuͤn - den laͤßt, warum die Kohlensaͤure im hydrogene pe - ſant ſich auf ausgeſetztem Kalkwaſſer oft nicht nieder - ſchlagen will, warum, (wie ich ſchon in Hrn. Sche - rers antiphl. Chemie des Mayow angemerkt,) Haͤu - er athmen, wo kein Grubenlicht mehr brennt. Hr. Fourcroy hat uns in ſeiner meiſterhaften Philoſo - phie chymique die Aufloͤsung eines Metalls, des Arſeniks, in Waſſerſtoffgas kennen gelehrt. Jch aͤuſ - ſerte dieſe Vermuthungen ſchon fruͤher durch den gas - foͤrmigen Zuſtand des Schwefels im geſchwefelten Waſ - ſerſtoffgaſe, durch die toͤdtende Wirkung gewiſſer nicht ſchlagender Wetter, und hauptsaͤchlich durch die Be - obachtung gewiſſer Gangdruſen darauf geleitet, in denen die Erze von einer Seite, wie angehaucht, als Niederſchlaͤge aus gasartigen Solutionen, erſcheinen. Jn der dephlogiſtiſirten ſalzſauren Luft ſehen wir javor101vor unſern Augen feſte Koͤrper, (wie die reine Kohle des Diamants,) luftfoͤrmig werden, und aus dem Luftzuſtande zuſammengerinnen. Hat Hr. Lichten - berg in ſeinen trefflichen geologiſchen Phantaſien zum Scherz, wie im Ernſt weiland Anaximenes, nicht ſchon Granit und Gneuß aus der Luft herabhageln laſſen. Ja! Sie ſollen naͤchſtens in Hrn. Grens Journal etwas geognoſtiſches uͤber Hagelkoͤrner leſen, die ich mit ſechsſeitigen, 3 Linien langen, Tafeln, (vollkommene Schwerſpathkryſtallisation,) besetzt fand. So muͤſſen Chemie, Phyſik und Geognoſie ſich die Haͤnde bieten.
Doch, ich kehre zu den Wettern zuruͤck! Wenn ich Verſuchen trauen darf, die ich vor zwey Jahren uͤber die Wetter eines alten halbzerbrochenen Stollens anſtellte, ſo loͤst das Waſſerſtoffgas auch das Eiſen auf. Jch konnte zur Wiederholung der Verſuche noch - mals mir nicht dieſelben Wetter wieder verſchaffen; denn es iſt intereſſant, obgleich widrig fuͤr den unter - ſuchenden Chemiſten, zu ſehen, wie in einer Firſte, auf einer Strecke, im Vorgesuͤmpfe eines Schach - tes, von Tage zu Tage die Natur der Grubenwetter ſich aͤndert. Jch habe oft ſagen hoͤren, unſre Wetter ſeyen Stickluft, brennbare Luft u. ſ. f. Das iſt ſehr bequem zu glauben, noch bequemer zu ſagen. Man bezeichnete ja ehmals auch Granit, Glimmer - ſchiefer, Sienit, Gneuß mit dem Nahmen einer Ge - birgsart. Jetzt unterſcheidet man dieſe Gemenge, und ſo wird man nach und nach auch die Gemiſche der un - terirdiſchen Gasarten zu zerlegen wiſſen. Hydroge -G 3ne102ne peſant finde ich freylich am weiteſten verbreitet, aber ſelbſt dies in welchen Abaͤnderungen, in welcher Verſchiedenheit der ſpecif. Schwere der Waͤrmeleitung des Nachtheils fuͤr Reſpiration und Grubenlicht! Man glaube ja nicht, das quantitative Verhaͤltniß des Ge - miſches ſey daran Schuld. Dies widerlegen meine ſynthetiſchen Gegenverſuche in wohl calibrirten Gefaͤſ - ſen. Aber ein Minimum von Stickſtoffgas, von ge - ſchwefelten Waſſerſtoffgas mit Kohlensaͤure verbunden, und wer weiß welche andre feſte Koͤrper, (die man noch nicht abzuſcheiden, ihres Waͤrmeſtoffs, und da - mit ihrer Elaſticitaͤt, zu berauben verſteht,) ſcheinen die ſonderbarſten Umhuͤllungen ſonſt bekannter Stoffe zu veranlaſſen. Leider wird in den bisherigen chemi - ſchen Schriften von den Grubenwettern, wie von der Atmoſphaͤre des Doͤrfel oder der Mondalpen geur - theilt; und doch behaupte ich, iſt ihre feinſte Ana - lyſe unendlich wichtig fuͤr das Menſchengeſchlecht, wichtig fuͤr den praktiſchen Theil unſers Metiers. Dieſe Analyſe wird auf ſehr einfache chemiſche Gegen - mittel fuͤhren. Ohne dieſelbe wird man beym Wet - terwechſel ſtehen bleiben, und (wie ich ſelbſt ge - ſehn) verdorbene Luft durch verdorbene Luft weg - blaſen.
Daß die unterirdiſchen Pflanzen die Grubenzim - merung zerſtoͤhren iſt bekannt genug; aber ſie haben noch einen andern weſentlichen Nachtheil. Viele von ihnen, (wie mich ſchon bekannt gemachte Verſuche ge - lehrt haben,) hauchen ununterbrochen, (sie kennen ja keine Abwechſelung der Jahrs, und Tageszeit,ge103genießen ewiger Fruͤhlingsnacht!) hauchen, ſag 'ich, ununterbrochen Waſſerſtoffgas aus. Sie zerſetzen das Waſſer unendlich ſchnell, aſſimiliren vielleicht den einen Beſtandtheil deſſelben, das Oxygene ihrer durch dieſe Anhaͤufung weißen Fiber, und geben den andern Beſtandtheil von ſich. So bereiten ſich dieſe ſonder - baren Pflanzengattungen eine eigene, ſie umhuͤllende, Atmoſphaͤre, und nur in dieſer gedeihen ſie: denn unter Glocken mit Lebensluft fand ich, daß ihnen der Reiz dieſer Gasart ebenſo ſchaͤdlich, als der des Son - nenlichts iſt. Jch kann ans der Erfahrung meiner Refier zeigen, wie ſehr wetternoͤthige Gruben ſich die Wetter dadurch verbeſſern, daß ich die nicht ſo ſchnell wiederwachſenden Byſſusarten von Thuͤrſtoͤcken, Kappen und Stempeln abziehen laſſe. Dieſe Arbeit iſt aͤußerſt einfach, und geht ſehr ſchnell von ſtatten. Warum iſt man nicht uͤberall aufmerkſam darauf?
Jedem unſrer gemeinſten Bergleute iſt bekannt, daß, wo Waſſerkluͤfte angehauen werden, meiſt fri - ſchere Wetter erfolgen. Die gewoͤhnliche Erklaͤrungs - art dieſer Erſcheinung iſt die, daß das kohlenſaure Gas durch die Grubenwaſſer abſorbirt werde. Solche Abſorption findet zwar nach meinen Verſuchen wohl beym Gießen des Waſſers in wetternoͤthige Schaͤchte Statt, ſelten aber bey ruhig fließenden Waſſern! Die - ſe wirken auf eine ganz andere, weniger unterſuchte Art. Sie verbeſſern die Luft, auch wo die Wetter den groͤßten Antheil vom Hydrogene haben. Sie hau - chen Lebensluft aus, und eben dieſe wohlthaͤtige Waſ - ſerzerſetzung iſt es, welche der vegetationsar -G 4men104men Meeresflaͤche eine ſo reine, den vegetations - armen Sandwuͤsten eine ſo irreſpirable Luft giebt. Waſſerſtoffgas, welches in Glocken uͤber oft erneuer - tes Waſſer ſtand, iſt nur zwar oft theilweiſe in Knall - luft verwandelt worden, aber nur theilweiſe. Die Na - tur muß noch durch andere mir unbekannte Mittel die Waſſerzerſetzung im Jnnern der Gebirge befoͤrdern.
Jch habe das Gießen des Waſſers in Schaͤchte trefflich wirken ſehn, wo das Hydrogene pesant ſehr leicht war, d. h. wo der brennbaren Luft wenig fixe beygemiſcht war. Was iſt das? Hier ſcheint das Waſ - ſer blos mechaniſch, durch Stoß, durch Verdraͤngen, durch Befoͤrderung des Wetterwechſels zu wirken. Eben ſo das Buſchen mit Tannenreiſern, welches auf unſrer Wunſiedler-Refier ſehr gebraͤuchlich iſt.
Jch erwaͤhne noch einmal der Umhuͤllungen, der unerkannten Geſetze, nach denen gemengte Gasarten ſich gegenſeitig etwas von ihren Eigenſchaften rauben! Jch fragte ſchon in meinen Aphorismis ex doctri - na phyſiologiae chemicae plantarum, wie Stickſtoff und Sauerſtoffgas bey ungleichen ſpecifiſchen Gewich - ten ſich in einem niveau in der Atmoſphaͤre erhalten koͤnnten, warum das eine nicht gegen die wogende Oberflaͤche unſers Luftmeers emporſteige? Jn der Gru - be erneuert ſich mir dieſe Frage taͤglich. Warum zieht das gas hydrogene, mit ſo wenig Kohlensaͤure um - huͤllt, nicht zu den Schaͤchten hinaus, warum fand ich es in ziemlicher Reinheit bisweilen nahe am Fuͤll - orte? Warum, ich rede als Augenzeuge, warumste105stehen die Wetter, im eigentlichen Sinne des Worts, als Gewoͤlk oft nur auf einem Theile der Stollſohle, warum ſetzen ſie ſich nicht in ein niveau mit den um - gebenden? Gießen Sie in Jhr Zimmer 5 — 6 Bou - teillen brennbares Gas aus, ſo vertheilt es ſich gleich - maßig an die Decke. Schuͤtten Sie kohlenſaures Gas aus, ſo lagert es ſich in die Tiefe, miſcht ſich mit der Feuchtigkeit Jhrer Stubenluft; Sie koͤnnen nicht ſa - gen: hier iſt Kohlensaͤure, dort Waſſerſtoffgas; alles iſt im niveau, alles gleichmaͤßig vertheilt. Ganz anders iſt es im Jnnern der Erde. Auf einer Soh - le ſtehen verſchiedenartige Wetter, (getrennt wie Wol - ken von +E und − E), bald unſichtbar, wie alle Gasarten, bald Licht reflektirend, und von milchigem Anſehn mit deutlichen Conturen. — Wir Menſchen, die wir auf dem Boden eines Luftmeers wohnen, deſ - ſen Tiefe wir nicht kennen, uͤber deſſen Spiegel wir nicht den Kopf herausſtrecken koͤnnen; wir haſchen nach den Wolken uͤber uns, da wir den unterirdiſchen Himmel ſo nahe haben. Wenn es in dieſem auch nicht hagelt und ſchneit, ſo koͤnnen wir doch Nebel, Thau und Winde, (Wetterwechſel, der schlech - terdings nicht vom Drucke der aͤußern Atmoſphaͤ - re abhaͤngen kann,) ja ſelbſt ein toͤdtendes Wetter - leuchten in ihm wahrnehmen! Es giebt ſchlagende Wetter, die ſchlechterdings nur elektriſchen Erſcheinun - gen zuzuſchreiben ſind, Gasarten, die ſich in den Gru - ben von ſelbſt entzuͤnden, und wenn ſie auch nicht donnern, doch, (wie ich ſelbſt vernahm,) ziſchend brennen. Moͤgte ich durch dieſe geringfuͤgigen Be - trachtungen die Aufmerkſamkeit arbeitender PhyſikerG 5auf106auf die Kultur eines ſo unterhaltenden, fuͤr Wohl - ſtand und Leben des Menſchengeſchlechts ſo unendlich wichtigen, Feldes heften koͤnnen! Moͤgte ich ſie her - abziehen, wie de Luͤc und Lichtenberg ſie aufwaͤrts, in die Regionen der Wolken, ziehen. Die Natur kennt kein oben und unten. Alles im be - weglichen Elemente iſt gegenwirkend und miſchend. Laſſen Sie uns den Boden der großen Retorte mit dem vergleichen, was im Halſe gegen die Vorlage aufſteigt!
Jn England haben mir alte verſtaͤndige Bergleute erzaͤhlt, daß es in Kohlengruben oft ihr Rettungs - mittel ſey, wenn boͤſe Wetter ſich waͤhrend der Schicht vor den Streb oder die Strecke gelagert haben, und ihnen das Ausfahren erſchweren, Urin auf's Schnupf - tuch zu laſſen, und dieſes vor den Mund zu hal - ten. *)Kaͤmpfer in den Amoenitat erzaͤhlt: daß menſchliche Excremente ein wirkſames Nahrungsmittel gegen den Gift des Boa Upas ſey. Jn den Kriegen mit den Javanern baten die verwundeten und vergifte - ten Hollaͤnder ihre Mitfechter waͤhrend des Streitens, ihnen dieſe Speiſe zu ſchenken. S. die Zuſaͤtze zu meiner franzoͤſiſchen Ueberſetzung der Thunbergi - ſchen Abhandlung de arbore Macaſſarienſi.Auch auf deutſchen Kohlengruben weiß man von dieſem wirkſamen Gegenmittel, und man muß einen hohen Begriff von dem vollendeten Zuſtande un - ſers chemiſchen und phyſiologiſchen Wiſſens haben, wenn man ſolche Erfahrungen laͤugnen will, weil man ihren Grund nicht einſieht. Aus einem Schachte, inwel -107welchem gebuſcht wurde, um die boͤſen Wetter zu ver - treiben, ſtiegen dieſelben unſichtbar auf, und lagerten ſich neben die Hangebank. Man konnte ſich hier dem Rundbaume nicht mehr auf 5 – 6 Fuß nahen, und ich, wie die Umſtehenden alle, empfanden nicht Be - aͤngſtigung, aber ein Schneiden im Unterleibe. Dies Schneiden und Zuſammenziehen dauerte aber nur ſo lange, als wir mit den toͤdlichen Grubenwettern in Beruͤhrung zu ſtehen ſchienen. Ueber die Wirkung der irreſpirablen Gasarten habe ich noch vor wenigen Tagen recht deutliche Erfahrungen an mir ſelbſt an - ſtellen koͤnnen. Jch hatte auf der Fuͤrſtenzeche Folge zu Goldersnach ein abgelegenes Ort, ein 2 Lr zuruͤck vom Ortſtoß, verblenden laſſen. Die Blende war mit Lehm genau lutirt, und hinter derſelben mußte al - tes Grubenholz einige Monathe lang faulen. Sie koͤnnen denken, welche Wetter ſich da bildeten. Als ich mit Hrn. Killinger, einem kenntnißvollen jungen Manne, mit dem ich den Verſuch anſtellte, die Blen - de ſammt der Lutirung abriß, erloͤſchten ſogleich unſre Grubenlichter. Das Thermometer ſtand kurz vorher auf 11° Reaum. Jch kroch nun mit Hrn. Killin - ger auf das faule Holz. Wir ließen die Blende hin - ter uns ſchließen. Die Beaͤngſtigung, die wir fuͤhl - ten, war ſehr groß; bey jedem Athemzuge ſpuͤrten wir einen ſonderbaren Reiz in der Lunge, ein unna - tuͤrliches Stechen und Prickeln; wir friſteten uns die Reſpiration dadurch, daß wir Bouteillen mit Lebens - luft oͤffneten, und in die Naͤhe des Mundes hielten. Sehr merkwuͤrdig war hiebey, daß die Lebensluft nur mit großer Muͤhe aus den Bouteillen entweichenwollte.108wollte. Die boͤſen, ſchweren, unmiſchbaren Wetter hielten ſie ſo zuruͤck, daß nur wenige Kubikzolle ent - wichen; und welche Wohlthat waren uns nicht ſchon dieſe! Stellte ſich die Beaͤngſtigung wieder ein, ſo pochten wir an die Blende, ließen uns friſche Gefaͤße mit Lebensluft hereinreichen, jedesmal aber genau hin - ter uns verſchließen. Alle Bouteillen leerten ſich aber ſo wenig, daß wir nach 35 Minuten zwar ohne große Muͤhe Licht vor Ort fuͤhren konnten, ein Spahn in den Bouteillen, (als ſie ſchon am Fuͤllort ſtanden,) ſich aber noch mit Glanz entzuͤndete. Den eigentli - chen Gegenſtand dieſes Verſuchs, der mich, trotz der damit verbundenen Gefahr, noch lange beſchaͤftigen ſoll, beruͤhre ich hier nur im Voruͤbergehn. Jch mag nicht Reſultate bekannt machen, die noch nicht genau nach Maaß und Zahlverhaͤltniſſen eruirt ſind. Jch glaube aber auf einem Wege zu ſeyn, auf dem man ſich auf eine wohlfeile Weiſe 1) Wetter, wo ſie fuͤr die Lunge nicht fehlen, fuͤrs Licht*)Man glaube ja nicht, die Temperatur der Gruben - luft richte ſich nach der der aͤußern Atmoſphaͤre, und werde die verſchiedene Waͤrmeleiterkraft der unterirdiſchen Gasarten modificirt. Meine vier Jahr lang fortgeſetzten Thermometer-Beobachtun - gen zeigen gerade das Gegentheil. Man ſieht Waͤr - me und Kaͤlte in der Grube entſtehen, ohne daß die obere Luft ſich aͤndert, oder vor Monathen, (denn das Fortpflanzen der Temperatur geht ſonſt langſam,) ſich geaͤndert hat. Die Urſachen dieſer Veraͤnderungen liegen meiſt in den Grubenwettern ſelbſt, in denen ſich Thau und Nebel bilden, in denen die Elektricitaͤt eine große Rolle ſpielt, inde - 2) woſie109ſie fuͤr Lunge und Licht fehlen, (man unterſchied ſonſt dieſe praktiſch-wichtigen Faͤlle gar nicht,) fuͤr beyde verſchaffen kann.
Wenn*)denen ununterbrochen, (wie in der uͤberirdiſchen Wolkenregion,) Stoffe aus dem luftfoͤrmigen Zu - ſtande in den tropfbaren, und umgekehrt, uͤbergehn, in denen Waͤrmeſtoff gebunden und entbunden wird. Geht eine ſolche partielle Veraͤnderung in der un - terirdiſchen Temperatur vor, ſo entſtehen eigne Winde, Luftbewegungen, welche durch die Natur des Grubenbaus ſonderbar modificirt werden, und dem gewoͤhnlichen Wetterwechſel, (der von außen kommt,) oft entgegen ſtroͤhmen. Es iſt ſehr lehr - reich, die Temperatur der ſehr verdorbenen Wet - ter, (in der das Gefuͤhl von Hitze oft blos ſubjek - tive Urſachen hat,) zu unterſuchen. Da kein Gru - benlicht frey darin brennt, ſo iſt die Schwierigkeit, nach dem Thermometer zu ſehen, dabey ſehr groß. Verſuche haben mich jetzt eine ſehr einfache Metho - de gelehrt, nach der ich mich nicht ohne Erfolg in jede nicht ſchlagende Wetter mit dem Thermometer tief hineinwagen kann. Man halte das Gruben - licht in der Rechten, und eine Bouteille Lebensluft, umgekehrt, mit dem Halſe, einen Zoll uͤber dem Lichte in der Linken, ſo wirft das Licht einen wei - ten Schein, in dem genau am Thermometer zu beobachten iſt. Eine ſolche Bouteille kann, (ohne Trichter mit Waſſer, ohne alle Vorrichtung,) auf die Weiſe uͤber eine halbe Stunde abwechſelnd ge - braucht werden. Die Lebensluft ergießt ſich ſehr langſam, und man kann die Bouteillen ohne große Vorſicht leicht umhertragen. Auffallend iſt das Anhaͤngen der Lebensluft an die Kohle des Lichts. Wenn ich mein erloͤſchendes Grubenlicht in der Bou - teille angeſteckt, brennt es nur 3 – 4 Minuten fernvon
110Wenn Oerter ſchwunghaft ins Feld gebracht wer - den ſollen, um vorliegende Mittel bald auszurichten, eine Geſenke zu loͤſen, mit einem vorgeſchlagenen Licht - loch durchſchlaͤgig zu werden, ſo macht, wie jedem praktiſchen Bergmanne bekannt iſt, Wetterman - gel ein Lachtergedinge, oft von 15 Thlr. auf 35 ſteigen. Ja, der Betrieb wird oft ſo gehindert, daß man in einem Jahre kaum 8 – 10 Lr., ſtatt 40 – 50 Lr. auffaͤhrt. Jſt der Ort ein Stollort, wollen wohlverſpindetes Tragewerk, von Grubenpflan - zen gereinigte Zimmerung, ſelbſt koſtbare Wetterma - ſchinen nicht mehr wirken, ſo muß man ſich zur Ab - ſenkung eines Lichtſchachts entſchließen, deſſen Nieder - bringen, (bisweilen mit Kuͤnſtgezeuge oder Feuerma - ſchinen,) 2, 3 bis 5000 Thaler koſten kann. Zu allen dieſen Ausgaben noͤthigt Wettermangel; ſo theuer bezahlt man ein paar Kubikzoll Lebensluft, welche ein Menſch vor Ort mit einem Lichte braucht, um es in kohlenſaures Gas zu verwandeln! Unter ſol - chen Verhaͤltniſſen kann ein koſtbares chemiſches Mit - tel ſchon praktiſch nuͤtzlich ſeyn! Es iſt unbegreiflich, daß man auch nicht einmal vergebliche Verſuche dar - uͤber angeſtellt hat.
Das Mittel, Grubenlichte brennen zu laſſen, wo Menſchen noch athmen, und jetzt im Finſtern ihreSchich -*)von derſelben fort. Um recht genau zu beobach - ten, mißt man uͤber Tage bey empfindlichen Ther - mometern, wie viel Zoll man ſich der Scale nahen koͤnne, ohne das Queckſilber ½ Lin. ſteigen zu laſ - ſen. Danach werden dann Correktionstafeln be - rechnet. –111Schichten (langſam, gezaͤhverderbend) verfahren, iſt ſehr einfach. Es beruht in einem einfachen Aufſatze, der als Pfropf auf jede Bouteille paßt, und wo Waſ - ſer eintroͤpfelt, indem Lebensluft durch ein gekruͤmm - tes Rohr ausſtroͤmt. Wichtiger iſt der Fall von Durch - ſchlaͤgen, wo Reſpiration und Brennen zugleich ge - hemmt iſt. Hier tritt eine Kunſt ein, die uͤber Tage ſehr verrufen iſt, das Wettermachen. Man ver - blendet die Strecke 1 Lr. zuruͤck vom Ortſtoß, um ſich friſche Wetter zu erhalten, nicht wie die alten Maſchinen thun, ſie vor den Haͤuer vorbeyzujagen. Wie aber dieſe Verblendung geſchieht, wie ſie beym Schießen vor Ort hinweggenommen, wie ſie mit Le - bensluft gefuͤllt, wie der einfaͤltigſte Steiger dazu ab - gerichtet werden kann, uͤbergehe ich fuͤr jetzt noch. Jch brauche Jhnen hier nur die Moͤglichkeit zu zeigen: und daß meine Lage mich einigermaßen beurtheilen laͤßt, was Spekulation bleiben muß, was praktiſch geleiſtet werden kann, das glauben Sie mir gern. Ein Objekt, welches die Erſparung von Tauſenden, und, (was wichtiger fuͤr den Menſchen iſt,) die Ge - ſundheit unſers arbeitſamen Bergvolks betrifft, ver - dient wohl ernſthafter Nachforſchung. Jch werde mich freuen, durch dieſe Blaͤtter auch bey Andern einige neue Jdeen errregt zu haben, und mich nicht um eine Klaſſe von Menſchen kuͤmmern, die ihrem prakti - ſchen Anſehn zu ſchaden glauben, wenn ſie in der Grube von Sauerſtoff, Sprengpulver aus uͤberſau - rem Kochſalze, oder der (Zimmerung verderbenden) Reſpiration der unterirdiſchen Pflanzen reden.
Jhre112Jhre Entdeckung des Kohlenſtoffs in der Horn - blende iſt mir ſehr wichtig geweſen; und ich zweifle nicht, daß es Kohlenſaͤure hauptſaͤchlich ſeyn mag, welche die Scharfenberger Wetter, die ich noch nie analyſirte, ſo beaͤngſtigend macht. Das Verfahren der Schichten im Finſtern, das Athmen von Men - ſchen in Gegenden, wo kein Licht brennt, ſcheint hauptſaͤchlich auf der Abweſenheit der Kohlenſaͤure zu beruhen. Brennbares und kohlenſaures Gas verhin - dern beyde in gleichem Maaße das Fortbrennen des Lichts. Aber eine ſehr geringe Quantitaͤt Sauerſtoff - gas dem Waſſerſtoffgaſe beygemiſcht, macht letzteres athembar, waͤhrend daß dieſelbe Quantitaͤt dem koh - lenſauren Gas beygeſellt, in Athmen kaum merkbar wird. Jch habe, um dieſe meine Vermuthung zu be - ſtaͤtigen, Gemiſche ſolcher Gasarten, (die ich bey mei - nen Verſuchen uͤber Pflanzen-Phyſiologie ſo oft be - reiten muß,) durch Roͤhren eingeathmet, und mit Er - ſtaunen geſehn, welche Menge Hydrogene man ohne Gefahr einziehn koͤnne. Dagegen erregt kohlenſau - res Gas, unter Lebensluft gemiſcht, beaͤngſtigende, ermattende Empfindungen. Nichts toͤdtet die Reiz - barkeit ſo unwiederbringlich an Pflanzen und Thieren; ich nehme den Scarabaeus fimetarius, S. vernalis und die Coccinella bipunctata, (mit der ich ein - zelne Verſuche anſtellte,) etwa aus, als dieſe Luft - art. S. meine Flor. Fribergenſis, 1793<,>S. 169. Welche treffliche Gelegenheit werden Sie, ſcharfſinniger Mann, nicht haben, in einem ſo groſ - ſen Refier, wie das Freyberger, die ſchaͤdlichſten Wet - ter zu analyſiren; welche neue einfache Gasarten,welche113welche gemiſchte, welche feſte Stoffe, gasfoͤrmig auf - geloͤſt, laſſen ſich da nicht erwarten? Und verdient ſo eine Zerlegung nicht neben der eines Foßils zu ſtehn? Auch ſind ja Luftgemiſch und Gebirgsmaſſe Theile un - ſers Erd-Sphaͤroids, nur der eine mit mehr, der andere mit weniger gebundenem*)Daß ich weit davon entfernt bin, das große Phaͤ - nomen der Liquiditaͤt dem Waͤrmeſtoffe allein zu - zuſchreiben, daruͤber habe ich mich bereits an einem andern Orte, in dem chemiſchen Verſuche uͤber die Salzwerkskunde, (Bergm. Journ. 92. St. 1. S. 98.) geaͤußert. Auch freue ich mich, was ich dort uͤber Verduͤnſtung und Verdampfung, wie uͤber den geheimen Proceß, der das Waſſer dem Hy - grometer entzieht, (S. 21.) entwickelte, durch Hrn. Zylius treffliche Preisſchrift, Pruͤfung der neuen Theorie vom Regen, Berlin 1795, beſtaͤtigt zu ſehn. Waͤrmeſtoffe. Wo iſt Grenze von Fluͤſſigem zum Feſten!
Jch ſagte vorher, ich faͤnde hydrogene peſant am weiteſten in den untern Luftregionen verbreitet. Eben dieſe Beobachtung leitete mich auf Aufſuchung des Kohlenſtoffs in Foßilien, denen man ihn ſonſt nicht zuſchrieb. Jch ſtellte dieſe Verſuche, wie Freun - de bezeugen koͤnnen, ſchon ſeit einem Jahre an, woll - te ſie aber nicht einzeln bekannt machen. Hier nur ſo viel: Jn dem nordoͤſtlichen Theile unſers Fichtel - gebirges, das aus uranfaͤnglichen Thonſchiefer mit aufgeſetztem uranfaͤnglichem Gruͤnſtein beſteht, iſt das verrufene Foßil, (Lydiſcher Stein,) welches gewiſſe, ſonſt treffliche, Geognoſten fuͤr gar nicht anſte -hendChem. Ann. 1795. B. 2. St. 8. H114hend halten, in großen Maſſen anſtehend. Es kommt daſelbſt auf Lagern her, 3, 5 mit 50° gegen N. W. einſchießend, und, (vielleicht nicht einzig in Deutſchland, aber bisher unbeobachtet,) auf maͤchti - gen flachen Gaͤngen in dem Nailaer Revier vor. Es bricht auf dem letztern meiſt am Hangenden einer Ku - pfererz - und Eiſenſteinformation, und iſt theilweiſe ſo abfaͤrbend, daß unſere Steebner Bergleute oft wie Kohlenbergleute ausſehen. Dieſes abfaͤrbende Pulver, welches der Lydiſche Stein hier an den Kluͤften zeigt, womit er zum Theil innig gemengt iſt, iſt nichts an - ders, als Kohlenſtoff. Jch behandelte das feuchte pulveriſirte Foßil im pneumatiſchen Apparat, und er - hielt ein Gemenge von kohlenſaurer und brennbarer Luft. Die erſtere ließ ſich durch Kalkwaſſer abwa - ſchen. Die vielen Verſuche, welche ich uͤber die Ur - ſachen des Metallreizes an Thieren anſtellte, brachten mich, im Experimentiren mit vielen Foßilien, auch wieder auf dieſen Lydiſchen Stein. Wie ſtark er die Nerven reizt, finden Sie in dem kleinen Aufſatze uͤber ein lebendiges Anthrakoscop. *)S. chem. Ann. J. 1795. B. 2. S. 3. ff.Jch trat nun zu einer genauern Analyſe. Maͤßig getrockneter Lydi - ſcher Stein gab kohlenſaures Gas, ſo lange als im Gluͤ - hen die atmoſphaͤriſche Luft das gepuͤlverte Foßil beruͤhr - te. Der geringe Antheil brennbarer Luft war aus dem Waſſer, welches jedem hygroſcopiſchen Stoffe anhaͤngt, leicht erklaͤrbar. Mit aͤtzendem Pflanzenlaugenſalze im offenen Scherben gegluͤht, wurde das letztere koh - lengeſaͤuert. Mit Salpeter gemengt entſtand ein Ver -puffen,115puffen, und theilweiſe eine Zerlegung des Salpeters. Mehr Beweiſe fuͤr die Exiſtenz des Kohlenſtoffs in dieſem Lydiſchen Steine brauche ich Jhnen wohl nicht zu geben. Jch bediene mich mit Fleiß des Ausdrucks, Kohlenſtoffs, nicht des jetzt uͤblichern Graphits; denn die letztere Subſtanz iſt mit Kohlenſtoff ſo wenig gleich - bedeutend, als Kohlenſtoff und Kohle. Weit davon entfernt, zu behaupten, daß aller Lydiſche Stein ſolche Beſtandtheile habe, weil ich ſie im Steebner fand, merke ich indeß an, daß auch ſolche Theile des Foßils, die nicht abfaͤrben, und wo der Kohlenſtoff alſo ſehr innig gemengt ſeyn muß, den Salpeter, obgleich in geringerem Maaße, verpuffen, und, (denn das iſt Wirkung einer Urſache!) den Jſchiadiſchen Froſchnerven Zuckungen erregen ließen.
Hr. Senebier, glaube ich, machte die erſten Verſuche uͤber Verderbung der atmoſphaͤriſchen Luft durch Beruͤhrung des Kohlenſtaubes bey niedriger Tem - peratur. Hr. Berthollet wiederholte dieſelben, und reihete ſeine Jdee einer legere Combuſtion, eines Schwarzwerdens der Pflanzenſtoffe in der Lebensluft daran an. Bey meinen phyſiologiſchen Verſuchen uͤber die Gasarten werde ich oft darauf zuruͤckgefuͤhrt. Jch ſah weißes Tannenholz bey 5 – 6° R. unter meinen Klocken mit Lebensluft erſt ſchwitzen, und dann, wenn das entſtandene Waſſer[herabtraͤufelte], ſich flammig ſchwaͤrzen. Das Hydrogene verband ſich zuerſt mit dem Sauerſtoffe der umgebenden Luft, und der vom Hydrogene nun enthuͤllte, mit Erde gemengte,H 2Koh -116Kohlenſtoff,*)Beruht das Schwarzwerden weißer Menſchenge - ſichte in der Sonne nicht auf aͤhnlicher Enthuͤl - lung, auf einer leichten Verkohlung, wenn dies Wort naͤmlich Freywerden der Kohle anzeigt? zeigte ſich nun in ſeiner natuͤrlichen Schwaͤrze. Ja ich fand noch mehr; die freyliegende Kohle zerſetzte ſich nochmals, und in 4 – 5 Tagen war das Sauerſtoffgas unter der Klocke mit kohlen - ſaurem Gas verunreinigt. Sie bemerken dies deut - lich, wenn Sie aͤtzendes Alkali neben den Span ſetzen. **)Jch muß hier dem ſcharfſinnigen Verf. des Aufſaz - zes uͤber Saͤuerung (chem. Ann. 95. St. 3. S. 241.) direkte widerſprechen. Derſelbe haͤlt die Verbin - dung der Lebensluft mit Kohlenſtoff, ohne Hitze, fuͤr eine Hypotheſe der Antiphlogiſtiker. Sie iſt aber eine Thatſache, die ich oft beobachtet, und die man nur darum ſo ſelten angefuͤhrt findet, weil die Analyſe gemengter Gasarten gewoͤhnlich ſehr ungenau angeſtellt wird.
Unbegreiflich, wie man dieſe Verbindung, wel - che der Carbon mit dem Oxigene bey der niedrigſten Temperatur uͤber 0° eingeht, ſo lange uͤberſah, wie man bey Beantwortung der Einwuͤrfe gegen das an - tiphlogiſtiſche Syſtem ſich immer um dieſen Punkt im Kreiſe drehte! Und doch iſt dieſe Verbindung, dieſe Entſtehung von kohlenſaurem Gas ohne Athmen und Brennen, (erſteres iſt gleichſam ein lebendiges Bren - nen,) eine wichtige aufklaͤrende Thatſache fuͤr die un - terirdiſche Meteorologie, deren Grundzuͤge ich hier entwerfe.
Die117Die Menge der fixen Luft, welche ſich in den meiſten Gruben, beſonders in Kohlengruben,*)Man wundre ſich nicht, daß die Grubenwaſſer auf Steinkohlenfloͤtzen meiſt nur wenig luftſauer ſind. Sie fließen ruhig dahin, und das kohlenſaure Gas iſt vom Hydrogene umhuͤllt. Auffallend aber iſt, wie ein geringer Antheil von Waſſerſtoff die Zieh - kraft des Waſſers zum kohlenſauren Gas hindert. Wer je Hydrogene peſant durch Schuͤtteln mit Kalk - waſſer zerlegt hat, wird dieſe Erfahrung beſtaͤtigt finden. auf Strecken findet, wo ſeit Jahren nicht Menſchen ath - men, nicht Grubenholz fault, oder Lichter brennen, laͤßt ſich ſchoͤn daraus erklaͤren. Hier braucht man nicht zu erhoͤhter Temperatur, zu brennenden Stein - kohlenfloͤtzen, (welche die Mineralogen ja ohnedies ſchon zu Entſtehung der poroͤſen Trappformation con - ſumiren,) ſeine Zuflucht nehmen. Auch die boͤſen Wetter, welche zwey unſerer Gruben, Obere Mordlau Folge, und Huͤlfe Gottes Folge, auf Nailaer Revier bisweilen in ihren ſo verkruͤppel - ten Firſtenbauen leiden, ſcheint mir dem Einfluſſe je - nes kohlenſtoffhaltigen Lydiſchen Steins zuzuſchreiben zu ſeyn!
Seitdem man weiß, daß der Kohlenſtoff keine Praͤexiſtenz von Pflanzen oder eine athmende Thier - welt vorausſetzt, wird das Vorkommen deſſelben in uranfaͤnglichen Gebirgen, geognoſtiſch betrachtet, weniger auffallend ſeyn. So lange das kohlenſaure Gas, welches in dem Floͤtzkalkſteine aller WelttheileH 3ent -118enthalten iſt, unſer Erdſphaͤroid noch umſchwebte, waͤre Kohlenſtoff genug vorhanden geweſen, um Ber - ge von Graphit und Roheiſen (gekohltes Eiſen) zu praͤcipitiren! Laſſen Sie uns aber den grundloſen Ocean jener plaſtiſchen Fluͤſſigkeiten verlaſſen, und noch einmal ans ſichere Ufer der Erfahrung zuruͤck - kehren.
Ein merkwuͤrdiges Phaͤnomen ſchien mir immer das Verbleichen gewiſſer Foßilien an der atmoſphaͤri - ſchen Luft. Jn einem Gebirge arbeitend, wo ich ur - anfaͤnglichen Thonſchiefer von graulichſchwarzer Farbe bis zur graulich - und gelblichweißen gleichſam unter meinen Augen verwittern ſah; in einem ſolchen Ge - birge fielen meine Verſuche zuerſt auf den Thonſchie - fer. Mehrere Stuͤcke gepuͤlvert zeigten deutliche Spu - ren des Kohlenſtoffs, gaben im pneumatiſchen Appa - rate kohlenſaures Gas. Wird im Verwittern der Kohlenſtoff ſolcher Thonſchiefer-Abaͤnderungen vom Oxygene der Atmoſphaͤre in Kohlenſaͤure verwandelt und hinweggefuͤhrt? Bleibt die enthuͤllte Erde,*)Mit Erſtaunen ſehe ich oft noch die Meynung an - gefuͤhrt, als muͤſſe der Kohlenſtoff fuͤr ſich, als feſter Beſtandtheil der fixen Luft, eine ſchwarze Farbe haben. Der Tennantſche Verſuch belehrt uns ja gar nicht hieruͤber; denn er liefert Kohlenſtoff mit Kalkerde gemengt. Eben ſo iſt es in der Holzkoh - le, im Graphit, im Lydiſchen Steine, deſſen ich oben erwaͤhne. Die wichtigen unwiderlegten Ver - ſuche mit Diamant ſprechen ſogar gegen die ſchwar - ze Farbe des Kohlenſtoffs.wie119wie die Aſche in der verbrannten Pflanzenfaſer, weiß zuruͤck? Ausſetzen des Thonſchiefers unter Klocken in brennbarer Luft gegen das Sonnenlicht, wird die - ſe wahrſcheinliche Vermuthung beſtaͤtigen oder widerle - gen. Jch koͤnnte noch eines vielleicht einzigen Gemi - ſches von Wettern in der Gailenreuther Hoͤhle, einer Gasart, welche im Abbrennen den Geruch des thieri - ſchen Dippelſchen Oehls giebt, erwaͤhnen; ich koͤnnte den Beweis wagen, daß dieſe Gasart vielleicht eben ſo alt, als die in der Hoͤhle liegende Knochenerde iſt; – aber alles dies wuͤrde mich hier zu weit fuͤhren.
CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe
Ueber Grubenwetter und die Verbreitung des Kohlenstoffs in geognostischer Hinsicht. Alexander von Humboldt. . 21 S. 1795. Chemische Annalen für die Freunde der Naturlehre, Arzneygelahrtheit, Haushaltungskunst und Manufakturen (2) pp. 99-119.
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