PRIMS Full-text transcription (HTML)
Archiv für Mineralogie, Geognosie, Bergbau und Hüttenkunde.
Siebenzehnter Band.
Mit neun Tafeln Karten und Profilen.
Berlin.Gedruckt und verlegt bei G. Reimer.1843.
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33. Die ehemalige Betriebsweise der Goldbergwerke auf den Antillen. Mehrere der vorhin erwähnten Umstände, die Trockenheit der meisten Thäler, in denen zahlreiche Bergwerksüberreste liegen, die Höhe derselben über sol - chen Thälern, welche stets wasserführend sind, der Halden - sturz, der groſsen Theils neben den Bingen aufgestapelt ist, und der Rückstand an Gold in den Halden, könnten zu dem Schlusse führen, daſs damals dieses Metall nur auf trockenem Wege gewonnen worden sei, wenn nicht histo - rische Nachrichten diese Ansicht als unhaltbar nachwiesen. Herr von Humboldt hatte, da ich in den mir zu Gebot stehenden ältern Werken nichts Brauchbares über die frü - here Goldgewinnungsmethode fand, die auſserordentliche Güte, mir über den ehemaligen Goldbergwerksbetrieb im642 andern Welttheile im Allgemeinen, sowie auf Haiti insbe - sondere, höchst interessante schriftliche Notizen mit der Genehmigung mitzutheilen, dieselben im vorliegenden Auf - satz benutzen zu dürfen.

Ich glaube keinesweges, daſs die Goldsande im All - gemeinen trocken versiebt werden können. Nach dem was ich in groſsem Maſsstabe davon in der Andeskette (im Cauca-Thale) und auf der für den Kaiser von Ruſsland übernommenen Reise nach dem Ural und Altai gesehen, scheint es mir ganz unmöglich, auf solche Weise einen ir - gend vortheilhaften Betrieb vorzurichten. Selbst da, wo auf einem engen Raume, wie zu Alexandrowsk bei Miask im südlichen Ural, Goldstücke von 13, 19 ja 22 preuſs. Pfunden in dem Schuttland wenige Zolle unter dem Rasen gefunden worden sind, enthalten die umgebenden Gold - sandschichten fast nur dem bloſsen Auge unsichtbare Gold - lamellen; ja das Auffinden so groſser Goldstücke ist kei - nesweges die Anzeige oder der Vorbote reichen Goldsan - des. Ganz eben so ist es in den südlichen Theilen der Vereinigten Staaten, deren Verhältnisse und Lagerung auf Grünstein und Uebergangsthonschiefer ganz denen des Urals gleichen.

In dem Werke des berühmten Oviedo (Relacion summaria de la Historia natural de las Indias) geschrieben im Jahre 1526, haben wir den vollständigen Beweis, daſs das Gold in den Inseln und in der Tierra firma (in der sogenannten Castilla de oro) eben so gewaschen wurde, als es noch heute in Choco in der Sonora (Nord-Mexico), am Ural und im Innern von Afrika geschieht. Oviedo bekleidete viele Jahre die Stelle als Aufseher des Gold - schmelzens; er lieſs selbst Goldwäschen betreiben, und be - schreibt die Methode, deren die Eingebornen sich bedien - ten, um das Gold zu erlangen. Er war schon 1513 in der Insel Santo Domingo (Haiti), und kehrte 1535 wieder dahin zurück. Das 84ste Kapitel seiner Schrift beschreibt643 das Auffinden des Goldes und die Wäsche mit vieler prak - tischer Sachkenntniſs. Das Gold, sagt er, findet man nahe an der Oberfläche entweder am Ufer, oder am Bette eines Flusses oder in trockenen Ebenen. Man hört auf in der lockeren Schicht zu graben, wenn man auf das feste Ge - stein gelangt. (Eben so am Ural, wo man bisweilen den reichsten Goldsand von dem festen Gestein, Thonschiefer, Grünsteinschiefer, Talkschiefer, Serpentin, selbst Ueber - gangskalksteine abkratzt, sicher daſs in den Gesteinen selbst dort gangartig nichts zu finden sei).

Wo das Gold, fährt Oviedo fort, in der dürren Ebene liegt, ist es nöthig in der Nähe einen Fluſs, ein Bächlein, oder einen Wasserriſs mit Regenwasser, oder we - nigstens eine Quelle zu suchen, damit die Indianer die ge - förderte goldhaltige Erde dahin tragen können, wo das Wasser zu finden ist.

Die Arbeiter, welche den Goldsand bringen, waschen nicht selbst, sondern gehen nach der Grube zurück. Das Waschen des Goldes geschieht durch eigene Wäscher. Diese sitzen am Ufer, so daſs das Wasser ihnen bis an das Knie reicht; sie bedienen sich einer kleinen concaven Schüssel (batca), welche einem Barbierbecken gleicht. Die Wäscher halten nur einen Theil der mit Golderde gefüllten Schüssel unter Wasser gegen die Strömung und drehen die - selbe so geschickt und so vorsichtig, daſs das Wasser die erdigen Theile allein wegschwemmt, dagegen das Gold in dem concaven Boden der Schüssel (des Beckens) bleibt. Dies Gold wird dann auf einen besondern Haufen ge - schüttet und neue Erde in die Schüssel gethan. Zu 2 - schern sind nöthig 2 Arbeiter, die graben, und 2, die zu - tragen. Bisweilen verändert man auch den Lauf eines Ba - ches und findet dort das Gold in dem Bette selbst, biswei - len liegt es fern von allen Flüssen und Bergen in der Ebene, aber die Stücke Holzkohle, welche der Golderde beigemengt sind, machen mich glauben, daſs die Wasser von ferne her644 Alles zusammen geschwemmt haben, daſs die Holz - und Kohlenstücke von den waldigen Bergen herrühren und daſs mit der Zeit nach und nach immer mehr Erde das Gold und die Kohle bedeckt haben. Zu diesen Vermuthungen über Entstehung der goldhaltigen Alluvionen fügt Oviedo hinzu: je weiter das Gold gelaufen ist und sich von sei - ner ursprünglichen Lagerstätte im hohen Gebirge entfernt findet, um so glatter (abgeschliffener) und reiner ist es. Höher herauf im Gebirge ist das Gold von rauher Ober - fläche und unreiner, von minderer Löthigkeit. Hier und da haben sich auch groſse Körner von vielem Gewicht ganz über der Erde gefunden, (oberhalb dem Rasen). Wenn man einwenden wollte, daſs Oviedo mehr den Goldbetrieb, das ist die Goldwäschen in der Tierra Ferme, als in den Inseln beschreibt, so steht dem entgegen, daſs er seit 1513 mehre Jahre lang sich selbst mit dem Golde in Haiti beschäftigte, und daſs der Verkehr zwischen Haiti und der Tierra ferme so lebhaft und ununterbrochen war, daſs man gewiſs alle Methoden der Castilla de Oro in den Inseln würde benutzt haben. Aber es fehlt auch gar nicht an direkten Zeugnissen, daſs die Eingebornen von Haiti selbst, die goldhaltige Erde eben so wuschen, als die Ein - gebornen in der Tierra ferme. Des Columbus Freund, P. M. de Anghiera sagt auf das Bestimmteste, daſs der Bruder des Entdeckers in Haiti, tres menses ad instrumenta quibus aurum lavari et colligi possit conficienda consumsit. (De rebus Oceanicis 1574. Decas I. lib. IV. p. 57.) Anghiera schrieb sein Werk zwischen 1494 und 1526. Er gab nem - lich die einzelnen Bücher der Oceanica in verschiedenen Jahren heraus, ja die Stelle, die ich Ihnen citire (Vorrich - tungen, um das Gold zu waschen) ist, wie das ganze 4te Buch der ersten Decade von 1501, also 9 Jahr nach der Entdeckung von Haiti geschrieben. Anghiera erzählt auch, wie die Eingebornen die beiden Hände mit Goldsand zu füllen und durch Uebergieſsen aus einer hohlen Hand in645 die andere das Gold von der Erde zu trennen wüſsten. Sie bedienten sich dieser expeditiven Waschmethode, um den Fremden zu zeigen, wo Gold in den Flüssen war. (S. 25 und 339). Das Gold, sagt Anghiera, wird in Haiti nicht da erzeugt, wo es sich jetzt findet. Es ist durch Ueberschwemmung dahin gekommen: (Decas III. lib. 8. p. 297).

Der erste Ursprung, sagt er, ist das Gebirge, wo die Gänge, wie Bäume mit ihren Zweigen, aus dem Innern der Erde aufsteigen. Er hatte also die richtige Ansicht, daſs die Goldalluvionen nichts mit dem Gestein zu thun haben, welches dieselben zunächst umgiebt, daſs sie viel - mehr das zertrümmerte Ausgehende ferner goldführender Gänge ist.

Die Idee hydrostatischer Absonderung, der Anwen - dung des Wassers bei Goldsänden, war, (durch die gold - führenden Flüsse erregt) wohl bei Völkern des verschie - denartigsten Culturzustandes zugleich entstanden. Die Al - ten, besonders Strabo, beschreiben das Goldwaschen sorg - fältig, ja in Spanien selbst, im Lande der Turdetanier. Man bespült, sagt Strabo (Buch III. p. 146. Casaub), den wasserlosen Goldsand mit herbeigeführtem Wasser und gräbt deſshalb Brunnen.

In den Alpen führten die Salasser Kriege mit ihren Nachbarn, um den Besitz des Flusses Durias, der ihnen zur Gewinnung des (trocknen) Goldsandes nothwendig war. (Strabo Buch IV. p. 204). Im ganzen Mittelalter waren Goldwäschen im Gange, in Schlesien wie am Fichtel - gebirge. Der Prozeſs des Waschens war den erobernden Spaniern so bekannt, daſs sie denselben würden gleich ein - geführt haben, wenn sie nicht schon das Waschen des Goldsandes als den Eingebornen Amerika's bekannt ge - funden hätten.

So groſs war das Geschick und die Thätigkeit der Spanier damals, daſs, (wie der Historiker Muñoz gezeigt646 hat) schon 1495 ein Bergmann Pablo Belvis nach Haiti geschickt wurde mit einem Vorrath Quecksilber, um das Goldwaschen durch Anquicken zu beschleunigen. Diese Methode war auch im Innern von Afrika sehr bekannt zwi - schen Abyssinien und Nubien im Wadi el Alaki. Der Geo - graph Edrisi spricht vom Anquicken des Goldsandes in der Mitte des 12ten Jahrhunderts, wie ich in dem vor Kurzem von Hrn. Amadée Jaubert zum ersten Male edirten Theile der Geographie des Edrisi aufgefunden.

Ich habe davon und über die gröſsten in Haiti auf - gefundenen Goldstücke, wie über die Ursachen des schnel - len Verfalls der Goldgewinnung in Haiti umständlich ge - handelt in der Abhandlung über die Schwankungen der Goldproduktion, (Deutsche Vierteljahrsschrift 1838. Heft 4. S. 11.), und im Examen critique de l'histoire de la Géo - graphie du 15. siecle, T. III. p. 331.

Wenn uns gegenwärtig ein Theil der Antillen wasser - arm scheint, so muſs man nicht vergessen, daſs bei ge - schickter Benutzung der tropischen Regenmenge es leicht war, sich Monate lang Wasservorrath zu schaffen. Dort fallen im Jahre (noch jetzt) 80 105 Pariser Zoll Regen - wasser, wenn wir kaum in Deutschland 20 24 Zoll ha - ben. Die 7jährigen Beobachtungen von Ramon de la Sa - gra 1821 1827, gaben im Mittel für die Havanna 85 Z. 9 Linien (Par. Maaſs). In der Grenada fallen 105 Zoll. Dazu war die Regenmenge vor den unvorsichtigen Abhol - zungen der Europäer einst in den Antillen gewiſs weit grö - ſser als jetzt. Haiti hatte mehr Quellen und Bäche die man leicht zum Goldwaschen benutzen konnte. Schon Co - lumbus, als er sich über die üppige Vegetation von Ja - maica freute, bemerkt sehr scharfsinnig: daſs zu seiner Zeit (1492) die Canarischen Inseln Madeira und die Azoren we - niger Regen als sonst hätten, weil der Schatten der Bäume vermindert worden sei.

Ich zweifle nicht, daſs in Haiti und in den südlichen647 Theilen der Vereinigten Staaten, wie am Ural, in Brasilien, Choco und Malacca, Platina mit Pallad und Osmium, Iridium im Goldsande existiren. Die Analogie macht es sehr wahr - scheinlich, aber Gewiſsheit habe ich weder über Haiti noch über die Vereinigten Staaten von Nord Amerika.

Ihre Beobachtung von der Dissemination des Goldes im Grünstein des Cibao, wie in den goldhaltigen Conglo - meraten, hat mich sehr interressirt. Wenn nicht Gänge in der Nähe sind, ist mir das Vorkommen ganz neu.

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Text[Mitteilung über den früheren Goldbergbau in Westindien]
Author Alexander von Humboldt
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Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic information [Mitteilung über den früheren Goldbergbau in Westindien]. Alexander von Humboldt. . I+7 S. 1843. Archiv für Mineralogie, Geognosie, Bergbau und Hüttenkunde (17) pp. 641-647.

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ClassificationAnkündigungen, Berichtigungen und kurze Nachrichten; ready; avh

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