Ein ſchöner Beitrag zur Naturgeſchichte unſers deutſchen Vaterlandes, den wir der Kön. Böhmiſchen Geſellſchaft der Wiſſenſchaften verdanken! Er enthält geognoſtiſche, oryktognoſtiſche, phyſikaliſche (hauptſächlich meteorologi - ſche) entomologiſche und — botaniſche Beobachtungen. Für unſeren Zweck iſt es hinlänglich die letzteren allein zu betrachten, deren Intereſſe dadurch erhöht wird, daß ſie uns näher mit einem Manne bekannt machen, welcher jetzt den andern Theil unſeres Erdballs bewohnt, und wel - cher uns eine neue Pflanzenwelt von dem Bergrükken der Cordilleras und Andes verſpricht. — Herr Haenke begab ſich in Begleitung des Phyſikers Abbé Gruber, des Aſtro - nomen Gerſtner und des Mineralogen Jiraſek im Jahr 1786. auf das Rieſengebirge. Seine Geſchäfte erlaubten ihm nur vom 27ten Jul. bis zum 11ten Aug. daſelbſt zu verwei - len — und dennoch füllt (ohne durch triviale Bemerkun - gen, überflüſſige Synonimie oder Weitſchweifigkeit des Stils ſehr gedehnt zu ſein) der Catalogus ſeiner Pflanzen 130 Quartieren. Was haben wir nicht erſt von der Thä - tigkeit eines ſolchen Mannes zu erwarten, wenn er die botaniſchen Schätze von Peru und Chili mit Muſſe benuzen kann? Herr Haenke hat ſeine kleine Flora des Rieſengebir -79 ges nicht nach Linnaeiſchen Claſſen abgetheilt, er zählt die Pflanzen auf, nach der Zeitordnung wie er ſie fand, faſt wie Loefling in ſeinen Briefen, nur mit mehr Geiſt und Annehmlichkeit der Schreibart. Da er ſich, von der Ebene, alſo von der wärmeren und dichteren Luftregion in die kältere und dünnere der Bergkuppen begab, ſo iſt dieſe Methode der Syſtematiſchen gewiß vorzuziehen. Herr Haenke liefert dadurch (wenn ſich Recens. eines Ausdruks des liebenswürdigen Schwärmers St. Pierre bedienen darf!) gleich am einen vegetabiliſchen Thermometer, deſſen Scale ſich durch die meteorolog. Obſervationen des Abbé Gruber näher beſtimmen lieſſe. — Wir gehen jezt zur genaueren Zergliederung der Florula über, von der wir aber vieles, nur durch Zuſammenſtellung des Einzelnen für die Geo - graphie und allgemeine Phyſik der Pflanzen wichtige, nicht ausheben können. Folgendes ſind daher Bruchſtücke: Sa - molus Valerandi. Poa ſalina. Lycopſis pulla. Lauatera turingiaca. Schoenus nigricans. Lyſimachia Ephemerum! Silene baccifera Roth. Verbaſcum phoeniceum! Salſola tragus! Anthemis auſtriaca Jacq. am Fuß des Gebirges um Kell, Wobrzſtwy &c. Linum flauum! und Staphyl. pinna - ta auf dem Hügel Kottuſch. Ebendaſelbſt Pimpinella orien - talis Jacq. (var. Pimp. magnaͤ?) Heſperis inodora, Silene ceraſtoides! von der H. Haenke eine kurze Monographie mittheilt. (Capſula oblonga quadrilocular. octoualuis.) Rumex maritim. und Rum. virgatus Haenke mit vollſtän - digen Diagnoſen. R. virgat-florib. hermaphrod. conglom. verticillatis: verticillis omnibus axillar. remotis: fol. lanceol. planis integerrimis; caule virgato Lapath min Rupp Fl. Jen. p. 57. Bauh. pin 115. differt a Rum. marit. 1) caule folido anguſtiori, altiori, rigido, nec ſpongioſo, ſubinani. 2) fol. lanceol. breviorib. rigidiuſcul. nec linear. longis -80 ſimis flaccidis 3) valvul. flor. integerrimis, a R. criſpo fol. lanc. planis, integerr. caule ram. virgatis. — Cnicus erio - phorus Roth. Aconitum lycoctomum. Holcus odorat. und Elym. europ. (mit Monogr. wovon die leztere wohl ent - behrlich) am Tabor — Arnica montana am Schwarzenberg. Die Einwohner bereiten eine Art Nieſſtabak aus den Blät - tern dieſer Pflanze. Lychnis dioica, rubra od. L. ſylueſt, aquatica purpurea ſimplex C. Bauh. p. 204. (wegen der Geſtalt der Blätter gewiß eine andere Spec. als die ge - wöhnlichere weiße Lychn. dioica!) H. Hu00E6nke ſagt in der Diagnoſe Caps. 5. locular. worüber ſich Rec. um ſo mehr wundert, da er dieſe Pflanze in Deutſchland ſowohl (z. B. bey Allmerode im Heſſ. Gebirge) als auch in England um Oxford, um Buxton und immer Caps. 1. loculari ge - funden hat, und ſie daher, ſo wie H. Willdenow die Lychn. dioica, alba, auch zur Saponaria rechnet. — Rhi - nanth-alectorolophus und Hyp. quadrangulare mit Diagno - ſen. Selinum Imperatoria Roth. Trientalis europu00E6a. H. Hu00E6nke fand dieſen einzigen deutſchen Heptandriſten, auf dürren Haiden oft mit 5. ſelten mit 6. Staubfäden! — Ve - ratrum album, über das ganze Rieſengebirge ausgebrei - tet. — Semperuiu. hirtum bei den Spiegelbauden. Am Brunnenberge: Lich. Island. L. juniperin. L. venoſus. L. muſcorum. — Phleum alpinum, Hieracium aurantiacum Potentilla aurea und Pinus pumilio (Krumholz) wovon 4. Monographien. Die leztere, insbeſondere, die weſent - lichen Unterſcheidungsmerkmahle von Pin. ſylueſt. Pin Mugho Jacq. und Pin pumilio ſind überaus genau ange - geben. — Auf der Schneekoppe fand H. Hu00E6nke den Byſſus iolithus ungemein häufig. Crepis Auſtriaca Jacq. Tuſſilago alpina! Agroſtis alpina Scop. Aira montana, Pe - dicularis hirſuta? Hieracium alpinum, Vuularia amplexi -fo -81folia, Hipochæris heluetica! wovon 8 ausführliche Beſchrei - bungen. Phellandrium mutellina Jacq. Cacalia alpina! Ly - copod. alpinum. — Im langen Grund am Brunnenberge: Gnaphal. puſillum Hænke. ſarmentis procumbentibus, cau - le berbac. ſimplici ſuberecto pauciſtoro: ſtor. ſparſis, axil - lar. ſol. linearib. acutis, utrinque tomentoſis. Keine var. von Gnaph. ſyluatic. das auf eben dem Gebirge häufig wächst und von dem es im ganzen habitus verſchieden iſt. A. Gn. fuſco Scop. florib. ſeſſilibus nec pedunculatis, a Gn. alpino flor. ſolitariis nec in capitul, aphyllum con - geſtis differt. — Swertia perennis Jacq. Bartſia alpina! Ri - bes petraeum! Roſa alpina. Lonicera alpigena. — Car - duus helenioides, Carex atrata, Achillea magna und Roſa pyrenaica Gouan. wovon 4 vollſtändige Monographien Car. atrata fand Herr Weber (Wiegers prim. p. 68) auch in den Ebenen von Holſtein, ein neuer Beweis daß gewiſſe Gräſer jede Temperatur der Luft ertragen. Die Diagnoſe von Ach. magna (wozu hier auch Milleſol. alpin. Clus. Hiſt. 331. gerechnet wird) ſtimmt genau mit der von H. Willdenow im Tractat de Achilleis 1789. p. 23. über - ein. Roſa pyrenaica, unterſcheidet ſich von der ihr ver - wandten Roſa alpina 1.) germine pedunculisque hiſpidis, 2.) foliol. calycinis apice longe dilatatis lanceolatis nec fu - bulato ſetaceis, 3.) foliolis ſeptenis, quinisque nec nove - nis, inferne pubeſcentibus nec utrinque glabris 4) ſtipulia majoribus magis decurrentibus atque bractea majori. — Den Gipfel des Granitgebirges bedekte ein Heer von Stein - mooſen. Wir zeichnen blos aus. Lich. deuſtus. L. defor - mis faſt alle Cladonien, L. globiferus. L. Saccatus. L. pu - ſtulatus. den Recens. nach aufmerkſamer Zergliederung zu den Thælæphor rechnet. L. rupeſtris Scopoli L. muſco - rum. L. ventoſus. L. Fahlunenſis L. ninalis L. polyrhizos. F82— Sedum rubens Hænke fol. ovatis alternis, ſeſſilibus re - motis, caule proſtrato baſi ramoſo, flor. terminal. ſubum - bellatis, pedunculis ſimpliciſſimis. Sed. faxatile Allioni Fl - Ped. I. p. 121. n. 1749. Sed rubens Matuſchka p. 108. cum incongrua plantæ diſtinctæ, craſſulæ rubentis, nem - pe, deſcriptione! Planta a Craſſula rubente Syſt. Veg. XIV. p. 306. (Sed. rubens. Sp. Pl. p. 619) toto cœlo diuerſa. Calyx 5. phyllus foliolis lanceolatis, obtuſis, ſubtus ru - bentibus. Petala 5, ſtaua, ſubtus carina, ſi planta adul - tior, pulchre rubente, ovato-lanceolata acutiuſcula. Fi - lam. 10, 5 germini, 5 petalis inſerta. Stigmata obtuſa albida. Capſulæ 5, erectæ, acute rubentes. — Veronica bellidioides, Poa laxa Hænke, Viola calcarata, Osmunda criſpa, Poa Sudetica Hænke. Poa alpina, Hieracium gran - diflorum Allioni, Hierac. pyrenaicum, auſtriacum (Cre - pis auſtriaca Jacq. Fl. Auſt. tab. 441.) wovon acht voll - ſtändige Diagnoſen. — Poa laxa Hænke, panicula contra - cta, ſpiculis trifloris, baſi dorſoque pubeſcentibus, culmo debili. Poa panicula rara Hall. Hiſt. pl. II. n. 1457. Scheuchz. Agroſt. p. 163. — In Viola calcarata flos ma - gnus amplus ſpecioſus, petala pulchre flava, fauce villoſa faturatius colorata, pet. tribus inferiorib. venis atque ſtriis atris ad faucem pictis. Petala 5 inæqualia ſuprema 2. ere - cta ovato-oblonga integerrima aut leviter crenata, lineas 5 6 longa, lineas 3 lata, lateralia 2. nonnihil ad latera de - flexa minora, petal. inſimum deorſum productum, patens, obcordatum, emarginatum, concauiuſculum, unciam di - midiam longum baſi in calcar conicum, ſuberectum, baſi in flexum purpuraſcens, lineas 2 — 3 longum. — Poa ſudeti - ca Hænke, panicula erecto patente, ſtipulis 3 floris glaber - rimis mucronatis: culmo erecto compreſſo: vaginis folior. laxis, ancipitibus. Das einzige noch zweifelhafte Syno -83 nim iſt Gramen alpinum Mich. Cat. Hort. Florent. p. 45. So beſizt alſo Böhmen 3 ihm eigene Spec. von Poa, denn ſchon 1783. beobachtete D. Meyer um Prag eine neue Poa bohemica! — in Poa alpina, ſpiculæ ovatæ (nec cordatæ Syſt. Veget. XIV p. 113) acutæ compreſſæ, tri-rarius quadrifloræ. — Bryum undulatum, Hypnum criſta caſtren - ſis Lich. fragilis Scop. und L. tartareus, (wovon Recens. das erſtere in unabſehbarer Menge auf dem Mam-tor, dasleztere an den Felſenwänden des Maſſon-hill und Hights of Abraham in Derbyshire ſahe, wo es für die Färbereien in Mancheſter geſammelt wird.) In den ſieben Gründen Anemone alpina, Rumex alpinus. Dianthus pla - marius! und Rhodiola roſea, die immer ſeltener wird. — Andromeda polyfolia, Sonchus alpinus, und Allium Schæ - nopraſum nebſt 3 vollſtändigen Beſchreibungen. Cacalia tomentoſa Jacq. Geum motanum, genau an demſelben Or - te wo ſie der alte Matthiolus beſchreibt. Wie pünktlich ein Dillenius, ein Cluſius, ein Schwenckfeld in ihren Ortangaben waren, davon zeugt der Dünsberg bei Gieſſen, der Schneeberg in Oeſtreich und die ganze Schleſiſche Flora! Unbegreiflich iſt es oft, wie ein kleines Pflänz - chen, bei den beſtändigen Veränderungen, welche die Oberfläche der Erde leidet, ſeinen Plaz, wie eine Zeder von Libanon, behaupten könne. — Am goldenen Rehorn: Ophrys corallorhiza. Orchis fambucina, O. uſtulata. Solda - nella alpina. — So viel um dem Leſer einen Begriff von dem Pflanzenreichthum des Rieſengebirges, und von dem Scharf - ſinne, und der Arbeitſamkeit des Herrn Hænke zu ge - ben. Möge dieſer trefliche Mann, unter einem günſtigen Schickſale, alle die groſſen Erwartungen erfüllen, zu de - nen uns ſeine Kenntniſſe, und ſein Eifer für die Wiſſen - ſchaften berechtigen!
CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe
[Rezension zu:] Beobachtungen auf Reisen nach dem Riesengebirge.
von Johann Jirasek, Thaddæus Haenke, Abbe Gruber und Franz Gerstner, mit Kupfern. Dresden, bey Walther. 1791. 4. (270 Seit.). Alexander von Humboldt. . 1791. Annalen der Botanick St. 1 (1) pp. 78-83.
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