PRIMS Full-text transcription (HTML)
Journal für die reine und angewandte Mathematik. In zwanglosen Heften.
Vierter Band,
In 4 Heften. Mit 3 Kupfertafeln.
Berlin,bei G. Reimer. 1829.

17. Über die bei verschiedenen Völkern üblichen Systeme von Zahlzeichen und über den Ursprung des Stellen - werthes in den indischen Zahlen.

(Vorgelesen in einer Klassen-Sitzung der Königl. Academie der Wissenschaften zu Berlin, den 2. März 1829.) (Von Sr. Excellenz dem Königl. wirkl. Geheimen-Rathe, Herrn Freiherrn Alex. von Humboldt.)

Man hat sich bisher, in den Untersuchungen über die numerischen Zei - chen (den einzigen Hieroglyphen, welche sich bei den Völkern des Alten Continentsneben der Tonzergliedernden Buchstaben-Schrift erhalten ha - ben,) ernster mit der characteristischen Physiognomik der Zeichen und ihrer individuellen Gestaltung, als mit dem Geist der Methoden beschäf - tiget, durch welche es dem menschlichen Scharfsinne geglückt ist, Grö - ßen mit mehr oder weniger Einfachheit auszudrücken. Der Gang der Untersuchung ist hier fast eben so einseitig, als in den Sprachen gewe - sen, die lange Zeit hindurch mehr nach der Frequenz gewisser Töne und Endungen, nach der Gestalt der Wurzeln, als nach dem organischen Bau ihrer Grammatik verglichen worden sind. Ich bin seit mehreren Jahren anhaltend und mit besonderer Vorliebe bemüht gewesen, die bei verschiedenen Völkern alter und neuerer Zeit üblichen Systeme von Zahl - zeichen unter einen allgemeinen Gesichtspunct zu stellen. Die Kennt - niß gewisser Ziffern bei den Azteken (Mexikanern) und bei den Muys - cas*)Ueber die Meinung, daß die Zahlzeichen der Muyscas (zugleich Hieroglyphen der Mond - tage des zunehmenden Alters des Mondes) mit dem sich nach den verschiedenen Phasen allmälig entwickelnden Mondgesichte zusammenhängen, siehe Humboldt, Vues des Cord. et Monumens des peuples indigènes de l' AmériqueT. II. pag. 237 243. Pl. XLIV. (den Bewohnern der Hoch-Ebene von Cundinamarca), die ich von meiner Reise zurückgebracht habe; Thomas Young's Entdeckung der ägyptischen Zahlzeichen, die (wie wir jetzt wissen) nicht alle durch Nebeneinanderstellung (juxtaposition) das Vielfache der Gruppen aus - Crelle's Journal. IV. Bd. 3. Hft. 2720617. Alex. von Humboldt, über Zahlzeichensysteme.drücken; die so wenig beachtete arabische Gobar (Staub) - Schrift, welche Silvestre de Sacyin einem Pariser Manuscript auffand; die Verglei - chung, welche ich zwischen dieser Bezeichnungsart und den mexicani - schen und chinesischen Zahlzeichen anstellte; die durch viele in Indienerschienene Sprachlehren erlangte Gewißheit, daß diesseits und jen - seits des Gangesnicht bloß ganz verschieden gestaltete Ziffern und Buch - staben-Zahlen, sondern auch ganz verschiedene Zahlen-Systeme, mit und ohne Stellenwerth, herrschen; endlich eine ganz unbekannte indi - sche Methode, die ein Scholion des griechischen Mönchs Neophytosdarbietet, lieferten mir eine Reihe von Materialien, welche einiges Licht auf unser sogenanntes arabisches Zahlen-System werfen können. Ich habe zuerst im Jahre 1819 in einer Abhandlung, welche ich zu Parisin den Sitzungen der Académie des inscriptions et belles-lettres gelesen, zu zeigen gesucht, wie bei Völkern, welche die rohe Methode der Juxta - position dadurch abkürzen, daß sie (nach Art der Mexikaner, in den Ligaturen von 4 mal 13 oder 52 Jahren, der Chinesen, Japanesen und Tamulen) Exponenten oder Indicatoren über die Zahlenzeichen schreiben, aus diesen Indicatoren, durch Suppression der senkrecht oder horizontal gereiheten Gruppenzeichen, das herrliche indische System des Stellenwer - thes entstehen konnte. Die Verbreitung dieses Systems mußte durch den uralten Gebrauch der Erinnerungs - und Zahlschnüre, welche theils lose, als quippos der Tataren, Chinesen, Aegypter, Peruaner*)Ueber die quippos zur Abzählung der Sünden im Beichtstuhle s. AcostaHist. natural de las Indias, lib. 6. cap. 8. El Inca Garcilaso, lib. 6. cap. 9. FréretMém. de l'acad. T. 6. p. 609. und Mexi - kaner, zu christlichen Paternostern oder Ritual-Rechenmaschinen**) KlaprothAsiat. Mag. Th. II. S. 78. um - geformt wurden, theils in feste Rahmen gespannt, den Suanpan von ganz Inner-Asien, den abacus der Römer und Tusker***) Otfried Müller, Etrusker, T. II. p. 318. und die Werkzeuge der palpabeln Arithmetik slavischer Stämme†)Im Russischen heißt der Rosenkranz tschotki; das Rechenbrett mit Schnüren (der Suan - pan der Tataren) tschotü. bilden, ansehnlich begün - stigt werden. Diese Schnur - und Drathreihen des einfachsten asiatischen Suanpan repräsentiren höhere und niedere Gruppen eines Zahlen-Systems, gleichviel ob Zehner, Hunderte und Tausende, oder in 60theiliger Abthei - lung: Grade, Minuten, Secunden. Der Geist der Methode ist derselbe. 20717. Alex. von Humboldt, über Zahlzeichensysteme.Die Perlen auf jeder Schnurreihe sind wieder die Indicatoren der Grup - pen, und eine leere Schnur deutet auf Null, also auf das leere Sunya (sanscr. ) sifr oder eigentlich sifron sihron (arabisch, nach Meninski: prorsus vacuum). Ich kann nicht historisch entwickeln, daß der Ur - sprung des indischen Stellenwerthes von 9 Ziffern wirklich der sei, wel - chen ich angegeben; aber ich glaube einen Weg gefunden zu haben, auf welchem allmälig die Entdeckung gemacht werden konnte. Auf die Einsicht solcher Möglichkeiten führt ja überhaupt nur die dunkle und eben darum so anziehende Geschichte der alterthümlichen Entwickelung geistiger Kräfte und Bildung des Menschen-Geschlechts.

Von jener in der Académie des inscriptions gelesenen Abhandlung ist nur ein kurzer Auszug gedruckt worden, und an einem Orte*) Gay Lussacet Arago, Annales de chimie et de physique T. XII. p. 93. in der mo - natlichen Anzeige der Verhandlungen des Instituts. HumboldtEssais pol. sur la nouv. Espagne(2. édit.) T. III. p. 122 124., wo man ihn schwerlich sucht. Das Manuscript selbst ist in Herrn Cham - pollion's Händen, der es mit weit wichtigeren, von ihm in Turi<n>ent - deckten Thatsachen über die verschiedenen Methoden der ägyptischen Zahlzeichen, bekannt machen wollte. Ich habe seitdem von Zeit zu Zeit fortgefahren, meine erste Arbeit zu vervollständigen; aber da ich nicht hoffen darf, Muße genug zu finden, sie in ihrer ganzen Ausdehnung her - auszugeben, so werde ich in dieser Abhandlung mehrere der Haupt-Re - sultate zusammendrängen. Bei der neuen und glücklichen Richtung, welche das Studium der Sprachen und Monumente genommen, bei dem wachsenden Verkehr mit den süd - und ost-asiatischen Völkern, ist es wohl nicht ohne einigen Nutzen, Probleme zur Sprache zu bringen, welche mit dem Gange des menschlichen Geistes, und (durch die letzten Ver - zweigungen der Zahlen-Hieroglyphik und einfacher graphischer Metho - den) mit den glänzendsten Fortschritten der Mathematik in so enger Ver - bindung stehen. Der Gedanke, alle Quantitäten durch neun Zeichen auszudrücken, indem man ihnen zugleich einen absoluten und einen Stel - lungswerth giebt, sagt einer der größten Geometer unserer Zeit und aller Zeiten, der Verfasser der Mécanique céleste**) LaplaceExpos. du système du monde (5. édit. ) p. 325. Mit diesem Urtheile contra - stirte sonderbar die Behauptung von Delambrein seinem Streite über das Verdienst der alt - indischen Arithmetik, wie sie in Bhascara Acharva's Lilawati enthalten ist (Hist. de l'astro - nomie ancienne T. I. p. 543.). Sprache allein führt wohl nicht auf Suppression der Gruppenzeichen, ist so einfach, daß27*20817. Alex. von Humboldt, über Zahlzeichensysteme.man eben deshalb nicht genugsam erkennt, welche Bewunderung er ver - dient. Aber eben diese Einfachheit und die Leichtigkeit, welche die Methode dem Calcul zusichert, erheben das arithmetische System der Inder zu dem Range der nützlichsten Entdeckungen. Wie schwer es war, eine solche Methode aufzufinden, kann man daraus abnehmen, daß sie dem Genie des Archimedesund Apollonius von Perga, zweier der größten Geister des Alterthums, entgangen war. Die nachfolgen - den Bemerkungen werden zeigen, wie ich hoffe, daß die indische Me - thode allmälig aus früheren, noch jetzt im östlichen Asienüblichen, ent - stehen konnte.

So wie Sprache im Allgemeinen auf Schrift, und Schrift, unter gewissen, von Silvestre de Sacyund meinem Bruderuntersuchten Be - dingungen, auf die Sprache zurückwirkt, so stehen auch die, bei verschie - denen Völkern so verschiedenen Arten zu zählen mit der Zahlen-Hierogly - phik in genauer Wechselwirkung. Doch ist von dieser Wechselwirkung nicht immer strenge Consequenz zu erwarten. Die Zahlzeichen folgen nicht immer denselben Gruppirungen von Einheiten, als die Sprache; in der Sprache finden wir nicht immer dieselben Ruhepuncte (dieselben quinären Zwischenstufen) als in den Zahlzeichen. Fasset man aber, was Sprache (Zahlworte) und numerische Graphik in den entferntesten Erdstrichen darbieten, unter einen Blick zusammen, gleichsam als gemeinsames Pro - duct der menschlichen Intelligenz, auf quantitative Verhältnisse angewandt, so[entdeckt] man in der Zahlenschrift des einen Völkerstammes die isolirt scheinenden Sprachsonderbarkeiten eines anderen Stammes; ja, man muß hinzusetzen, daß eine gewisse Unbehülflichkeit im nume - rischen Gebiete der Sprache und Schrift einen sehr trüglichen Maaßstab für den sogenannten Cultur-Zustand der Menschheit giebt. Hier finden dieselben verwickelten, unter einander contrastirenden Verhältnisse Statt, als bei Völkern, die Buchstabenschrift oder bloß ideographische Zeichen, die den üppigsten Reichthum grammatischer Formen, aus dem Innern des Wurzellautes sich organisch-entwickelnde Flexionen, oder fast ganz Flexions - und Formenlose, wie im ersten Ausbruche erstarrte Sprachen (und alles dies in den verschiedensten Gradationen intellectueller Bildung und politischer Einrichtungen) besitzen. So fühlt sich das einige Men - schengeschlecht durch Wechselwirkung der inneren und äußeren Welt (eine Wechselwirkung, deren erste bestimmenden Gründe in dem mythi -20917. Alex. von Humboldt, über Zahlzeichensysteme.schen Dunkel der Vorwelt verhüllt bleiben) in die verschiedensten Richtun - gen gestoßen; meist unaufhaltsam, die alte Natur bewahrend, auch wenn große Welt-Erschütterungen die heterogensten Sprachstämme einander geo - graphisch näher bringen; aber Ähnlichkeit der durch die fernsten Erdstriche wiederhallenden Anklänge, in grammatischen Sprachformen und graphi - schen Versuchen große Zahlen auszudrücken, bezeugen die Einheit des alten Geschlechts, das Übergewicht dessen, was aus der inneren Intelli - genz, aus der gemeinsamen Organisation der Menschheit entspringt.

Reisende, welche beim Zählen Steinchen und Samenkörner in Hau - fen von 5 oder 20 zusammenlegen sahen, behaupten, daß viele Natio - nen nicht über 5 oder 20 zählen*) Pauw, Recherches philos. sur les Américains. T. II. p. 162. ( HumboldtMonumens américains. T. II. p. 232 237.). Eben so könnte man behaupten, daß die Europäer nicht über 10 zählen, da siebenzehn aus 10 und 7 Ein - heiten zusammengesetzt ist. Bei den cultivirtesten Völkern des Abendlan - des, z. B. bei Griechen und Römern, deuten bekanntlich die Sprachen noch auf jene Haufen - und Gruppen-Bildung hin; daher die Ausdrücke psephizein, ponere calculum, calculum detrahere. Gruppen von Einheiten gewähren Ruhepuncte beim Zählen, und die verschiedensten Völker, in Folge der gleichen körperlichen Gliederung (4 fünffach getheilter Ex - tremitäten) stehen still, entweder bei einer Hand, oder bei beiden, oder bei Händen und Füßen. Nach dieser Verschiedenheit der Ruhepunkte bilden sich Gruppen von 5, 10 und 20. Merkwürdig ist es immer, daß im Neuen Continent, wie bei den africanischen Mandingas, den Basken und den kymrischen (galischen) Stämmen des Alten Continents, meist Gruppen von 20 herrschen**)Beispiele solcher Zahlgruppen von 20 Einheiten liefern in America: die Muyscas, die Otomiten, die Azteken, die Cora-Indianer u. s. f.. In der Chibcha-Sprache der Muyscas (eines Volkes, das, wie die Japanesen und Tibetaner, ein geistliches und ein weltliches Oberhaupt hatte und dessen Nordindische Intercalations - Methode eines 37sten Monats ich bekannt gemacht habe***)Monum. amér. T. II. p. 250 253. Die Muyscas hatten Steine mit Zahlzeichen bedeckt, die in ihrer Folge den Priestern (xeques) die Intercalation des rituellen Jahres erleichterten. Siehe die Abbildung eines solchen Intercalations-Steines a. a. Orte, Tab. XLIV.) heißen 11, 12, 13: Fuß eins (quihieha ata); Fuß zwei (quihieha bosa); Fuß drei (quihieha mica) von quihieha oder qhieha (Fuß) und den 3 ersten Einheiten ata, bozha oder bosa und mica. Das Zahlwort Fuß bedeu -21017. Alex. von Humboldt, über Zahlzeichensysteme.tet zehn, weil man den Fuß nennt, wenn schon beide Hände durchge - zählt sind. Zwanzig heißt demnach in dem Sprachsysteme der Muys - cas: Fuß-zehn oder ein Häuschen (gueta), vielleicht weil man mit Maiskörnern statt der Steinchen zählte, und ein Häufchen Mais an das Vorraths-Haus, die Mais-Scheuer, erinnert. Aus dem Worte Haus, gueta, oder zwanzig (beide Füße und Hände) entstehen nun 30, 40, 80 mit den Benennungen: zwanzig plus 10; zweimal zwanzig; vier - mal zwanzig; ganz wie die celtischen, in die romanischen Sprachen übergegangenen Ausdrücke quatre-vingt, und quinze vingt, ja die selte - nern six vingt, sept vingt, huit vingt. Deux - und trois vingt sind im Französischen nicht üblich, da doch im galischen oder celtischen Dialecte der westlichen Bretagne, die ich vor wenigen Jahren durchstrichen bin, von ugent zwanzig, daou-ugent zwei-zwanzig oder 40; tri-ugent drei-zwanzig oder 60; ja deh ha nao ugent 190 oder zehn über neun Zwanziger heißen*) DaviesCeltic Researches 1804. p. 321. Legodinecgrammaire celto-bretonne 1807. p. 55. Im celtischen oder kymrischen Dialecte von Walesheißt 5 pump; 10 deg; 20 ugain; 30 deg ar ugein (10 und 20); 40 deugain; 60 trigain. ( William OwenDict. of the Welsh lan - guage. Vol. I. p. 134.) Nach demselben Systeme der Zwanziger finden wir im Baskischen: bi 2; lau 4; amar 10; oguai 20; birroguai 40; lauroguai 80; berroguetamar 50, d. i. 40 und (ata) zehn. Larramendi, Arte de la lengua bascongada 1729. p. 38. (Die baskischen und kymrischen Zahl - wörter sind in meinen Monum. II. p. 237. nicht vermengt, aber um die Vergleichung zu erleich - tern, zusammengestellt: nur steht durch einen Druckfehler les premiers statt les deux oder les uns et les autres.).

Von der Analogie der Sprache und der Zahlen-Hieroglyphik könnte ich noch andere merkwürdige Beispiele anführen, in der Juxta - position, im Abziehen von Einheiten, indem man sie graphisch der Gruppe vorsetzt; in Mittelstufen von 5 zu 15, bei Völkern, die nach Gruppen von 10 oder 20 zählen. Bei sehr rohen amerikanischen Stämmen, z. B. bei den Guaranis und Lulos, heißen 6, 7 und 8 vier mit zwei, vier mit drei, fünf mit drei. Bei den gebildeteren Muyscas finden wir zwanzig (oder Haus) mit zehn für 30, wie die Kymren in Walesdeg (zehn) or ugain (mit zwanzig), die Franzosen für 70 soixante et dix sagen. Summirungen durch Juxtaposition finden wir überall bei Etruskern, Römern, Mexikanern und Aegyptern; subtractive oder mindernde Sprachformen**)Herr Boppführt selbst 95 oder ein um 5 vermindertes Hundert an, pantschonam satam (aus pantscha 5 und una weniger zusammengezogen.) im Sanscrit bei den Indern: in 19 oder una -21117. Alex. von Humboldt, über Zahlzeichensysteme.vinsati; 99 unusata; bei den Römern in undeviginti für 19 (unus de viginti). undeoctoginta für 79; duo de quadraginta für 38; bei den Grie - chen eikosi deonta henos 19 und pentekonta düoin deontoin 48, d. i. feh - lend 2 an 50. Dieselbe minorative Sprachform ist in die numerische Graphik übergegangen, wenn den Gruppenzeichen 5, 10, ja selbst ihren Vielfachen, z. B. 50 oder 100, Charactere zur Linken gesetzt werden. (IV und , XL und XT für 4 und 40 bei Römern und Tuskern*) Otfried Müller, Etrusker, II. p. 317 320., obgleich bei den letzteren, nach Otfried Müller's neuen Untersuchun - gen, die Ziffern wahrscheinlich ganz von dem Alphabet herstammen.) In seltenen römischen Inschriften, die Marinigesammlet**)Iscrizioni della Villa di Albano, p. 193. HervasAritmetica delle nazioni 1786. p. 11. 16., finden sich sogar 4 Einheiten vor 10, z. B. IIIIX für 6. Wir werden bald sehen, daß es graphische Methoden bei indischen Völkerstämmen giebt, in wel - chen der Stellenwerth, welcher bei Tuskern und Römern nur addi - tiv oder subtractiv ist, nach Maaßgabe der Stellung oder Richtung der Zeichen, auf Addition und Multiplication hindeutet. In diesen indischen Systemen ist (um mich römischer Ziffern zu bedienen) IIX zwanzig, und XII zwölf.

In einer großen Zahl von Sprachen werden die Normal-Gruppen 5, 10, 20 eine Hand, zwei Hände, und Hand und Fuß (bei den Gua - ranis mbombiabe) genannt. Hat man an beiden Extremitäten die Finger abgezählt, so erscheint der ganze Mensch als ein Symbol von 20; daher heißt in der Sprache der Yaruros (von denen ich volkreiche Missions - Dörfer am Apure-Flusse, der sich in den Orinocoeinmündet, gefunden) 40 zwei Menschen, noeni pume von noeni zwei und pume Mensch. Im Persischen drückt bekanntlich pentscha die Faust, pendj fünf aus, herstammend von dem Sanscrit-Worte pantscha. Letzteres hat (nach Hrn. Bopp's scharfsinniger Bemerkung) auf das römische quinque geführt, wie das indische tschatur auf quatuor. Der Plural von tschatur (4.) ist tschatvaras, und steht dem Dorisch-Aeolischen tettares sehr nahe. Das indische ch, wie im Englischen ausgesprochen, also tsch, wird nemlich im Griechischen ein t; daher sich tschatvaras in tatvaras, wie pantscha (5) in panta (das griechische pente, äolisch pempe, davon pempazein an den Fingern oder Fünfen zählen) umwandelt. Im Lateinischen entspricht dagegen qu dem indischen ch oder vielmehr tsch; daher tschatur und

21217. Alex. von Humboldt, über Zahlzeichensysteme.

pantscha in quatuor und quinque übergehen. Pantscha selbst heißt im Sancrit nie Hand, sondern bedeutet einzig die Zahl 5. Doch ist pantscha - sakha ein beschreibender Ausdruck für Hand, als eines fünfästigen Organs*)Ueber die Sanscrit-Zahlwörter in Vergleichung mit griechischen, lateinischen und gothi - schen Zahlwörtern hat mir Herr Prof. Bopp, in Paris, im Jahre 1820, einen interessanten hand - schriftlichen Aufsatz mitgetheilt, der ursprünglich bestimmt war, in meinem Werke: Ueber die Zahlzeichen der Völker zu erscheinen..

Wie nun in der Sprache und, mit besonderer Naivität, in den südamerikanischen Sprachen, die Gruppen von 5, 10, 20, gleichsam als Ruhepuncte bezeichnet sind, so erkennen wir dieselben Gruppen in der Zahlen-Hieroglyphik. Die Römer und Tusker haben einfache Ziffern**)Für das tuskische Zeichen von 500 s. Otfried Müller, Abth. IV. Fig. 2. für 5, 50, 500. Das quinare System hat sich neben dem denaren erhalten. Im Aztekischen (Mexikanischen) finden wir nicht bloß Gruppenzeichen für 20 eine Fahne; für das Quadrat von 20 oder 400 eine Feder mit Goldkörnern gefüllt, die in einigen mexikanischen Provinzenals Münze dienten; für den Cubus von 20 oder 8000 ein Säck - chen, xiquipilli, mit 8000 Cacao-Bohnen, ebenfalls zum Tauschhandel bestimmt; sondern auch (da die Fahne in 4 Fächer getheilt und halb oder zu ¾ colorirt ist) Zahlzeichen für halb-zwanzig oder 10, und für ¾ zwanzig oder 15, gleichsam 2 Hände und 1 Fuß***) Humboldt, Monum. amér. I. p. 309.. Den denkwür - digsten von allen Beweisen der Wechselwirkung zwischen Graphik und Sprache bietet aber Indiendar. Der Stellenwerth der Einheiten ist im Sanscrit selbst in die Rede eingedrungen. Die Indier haben nemlich eine gewisse bildliche Methode, Zahlen durch die Namen von Gegen - ständen auszudrücken, deren eine bestimmte Zahl bekannt ist. Surya (Sonne), zum Beispiel, bedeutet 12; denn in indischen Mythen werden 12 Sonnen nach der Reihe der Monate angenommen. Die auch in den Mondhäusern oder naktschatras vorkommenden beiden Aswinas (Castor und Pollux) drücken die Zahl 2 aus; Manu bedeutet 14, nach den Menus der Mythologie. Aus diesen vorläufigen Andeutungen erhellet nun, wie Su - rymanu, die Zusammenstellung der Symbole von 12 und 14, die Jahrs - zahl 1214 bezeichnet. Diese Thatsache verdanke ich der gütigen Mit - theilung des gelehrten Colebrooke. Wahrscheinlich heißt, nach dem - selben Prinzip, 1412 Manusurya und 214 Aswinimanu. Im Sanscrit ist21317. Alex. von Humboldt, über Zahlzeichensysteme.übrigens die Numeration so vollkommen, daß man sogar ein einfaches Wort, koti, für 10 Millionen findet, wie die peruanische qquichua-Sprache, die nicht nach Gruppen von 20 zählt, ein einfaches Wort für eine Mil - lion (hunu) kennt.

Rechnen wir nach Zehnern nur deshalb, wie Ovidsagt, quia tot digiti, per quos numerare solemus, so würde der Mensch bei 6fach ge - theilten Extremitäten zu einer duodenaren Scale, zu Gruppen von 12, gelangt sein*)Debrosses II. 158., die den großen Vorzug von bruchlosen Theilungen durch 2, 3, 4 und 6 gewährt, und der sich die Chinesen seit den frühe - sten Zeiten bei ihren Maaßen und Gewichten bedienen.

Von diesen Betrachtungen über den Verkehr zwischen Sprache und Schrift, zwischen Zahlwörtern und Zahlzeichen, gehen wir nun zu den letzteren selbst über. Ich wiederhole es, daß in diesem Aus - zuge aus meinem größeren, unvollendeten Werke nicht sowohl von der heterogenen Gestaltung einzelner Elemente (Ziffern), als von dem Geist der Methoden die Rede sein wird, welche die verschiedenen Nationen im Ausdruck numerischer Größen angewandt haben. Der Ge - stalt und Form der Ziffern erwähne ich hier nur, wenn sie auf die Schlüsse über Identität und Heterogeneität der Methoden einwirken. Die Art zu procediren, um die reinen und gemischten multipla der de - naren Fundamental-Gruppen n (z. B. 4n, 4n2, oder 4n+7, 4n2+6n, 4n2+6n+5) auszudrücken, ist nemlich sehr vielfältig, und geschieht bald durch Reihung (Stellenwerth, position), wie bei verschiedenen indischen Völkern; bald durch rohe Juxtaposition, wie bei den Tuskern, - mern, Mexicanern und Aegyptern; bald durch nebenstehende Coefficienten, wie bei den Tamulsprechenden Bewohnern der südlichen, indischen Halbinsel; bald durch gewisse, über den Gruppenzeichen stehende Exponenten oder Indicatoren, wie bei den Chinesen, Japanesen und den Myriaden der Griechen; bald in der inversen Methode, durch eine Zahl von Nullen oder Puncten, welche neun Ziffern oben angehängt werden, um den relativen oder Stellenwerth jeder Ziffer zu bezeichnen, gleichsam Gruppenzeichen, welche über die Einheiten gesetzt werden, wie in der arabischen Gobarschrift und in einem, vom Mönch Neophy - toserläuterten indischen Zahlen-Systeme. Die eben genannten 5 Metho - Crelle's Journal. IV. Bd. 3. Hft. 2821417. Alex. von Humboldt, über Zahlzeichensysteme.den sind von der Gestaltung der Ziffern ganz unabhängig, und um diese Unabhängigkeit noch besser zu bewähren, habe ich es mir in die - ser Abhandlung zum Gesetz gemacht, keine anderen Zeichen, als die ge - wöhnlichsten arithmetischen und algebraischen zu gebrauchen. Die Auf - merksamkeit wird auf diese Weise mehr auf das Wesentliche, auf den Geist der Methode, gerichtet. Ich habe schon bei einem anderen, sehr heterogenen Gegenstande, in Beziehung der regelmäßigen Aufeinander - Lagerung, oft periodischen Reihung der Gebirgsarten (in dem Anhange zu dem Essai géognostique sur le Gisement des Roches*)Ed. de 1823, p. 364 375. zu zeigen ge - sucht, wie durch pasigraphische Notationen die Verallgemeinerung der Begriffe gewinnen kann. Man unterdrückt die, ihrer Natur nach allerdings sehr richtigen Nebenbetrachtungen individueller Form und Mi - schung, um eine Erscheinung, die man vorzugsweise verfolgen will, in ein desto reineres Licht zu setzen; ein Vortheil, der die frostige Nüch - ternheit solcher Abstractionen einigermaßen rechtfertigen kann.

Man ist gewohnt, in den graphischen Methoden der Völker zu un - terscheiden: Zeichen, welche von der Buchstabenschrift unabhän - gig sind, und Buchstaben, welche durch eine bestimmte Reihung, durch gewisse beigefügte Striche und Puncte oder (in Beziehung auf die Sprache) durch Initialen der Zahlwörter**)Die arabischen Diwani-Ziffern, aus bloßen Monogrammen oder Abbreviationen von Zahl - wörtern zusammengesetzt, geben das verwickelteste Beispiel solcher Initial-Schrift. Ob die uskischen und römischen C und M der tuskischen und römischen Sprache entlehnte Initialen sind, ist zweifelhafter, als man gewöhnlich glaubt. ( LesliePhilos. of Arith. p. 7 9. 211. Debros - sesT. I. p. 436. Hervasp. 32. 35. Otfr. Müller, Etrusker, p. 304. 318.) Das griechische rechtwinklige Kreuz, ganz dem chinesischen Zeichen von 10 ähnlich, bedeutet auf den ältesten In - schriften tausend ( Boeckh, Corp. inscript. graec. vol. I. p. 23.) und ist nichts anderes, als die uralte Form des Chi (Nouveau traité de Diplom. par deux Religieux de St. Maur. Vol. I. p. 678.) den numerischen Werth angeben. Es ist bekanntlich keinem Zweifel unterworfen, daß die hellenischen, die semitischen oder aramäischen Stämme (unter letzteren die Araber selbst, bis in das 5te Jahrhundert***) Silvestre de Sacy, Gramm. arabe, 1810. T. I. p. 74. note 6. nach der Hegira, ehe sie durch die Perser die Ziffern erhielten) in der Epoche ihrer gereiften Cultur, dieselben Zeichen als Buchstaben und Ziffern benutzten. Auf der anderen Seite sehen wir im neuen Continentwenigstens zwei Völker, die Azte - ken und Muyscas, welche Zahlzeichen und keine Buchstaben -21517. Alex. von Humboldt, über Zahlzeichensysteme.schrift hatten. Bei den Aegyptern scheinen die am meisten ge - brauchten numerischen Hieroglyphen für Einheiten, Zehner, Hunderte und Tausende auch nicht mit den phonetischen Hieroglyphen zusammen - zuhängen. Ganz unabhängig vom Alphabet ist auch die altpersische Pehlwi-Zahlenschrift in den ersten 9 Einheiten, wie bei den Tus - kern und den ältesten Griechen und den Römern. Anquetil*)Mém. de l'Acad. des belles lettres T. 31. p. 357.bemerkt schon, daß das Zend-Alphabet, welches mit seinen 48 Ele - menten die Zahlbezeichnung hätte erleichtern können, nicht als Ziffern gebraucht werde, und daß in den Zendbüchern die Zahlen immer zu - gleich in Pehlwi-Ziffern und in Zendwörtern ausgedrückt sind. Sollte sich ein solcher Mangel von Zend-Zahlen durch künftige Untersuchun - gen bestätigen, so würde derselbe, bei der innigen Verwandtschaft der Zendsprache mit dem Sanscrit, zu der Meinung führen, das Zend-Volk habe sich von den Indern getrennt, als diese noch nicht den Stellenwerth der Ziffern kannten. Ueber 9 hinaus sind im Pehlwi die Gruppen - Zeichen 10, 100 und 1000 aus Buchstaben zusammengesetzt. Dal ist 10; re mit za verschlungen 100; re mit ghain verschlungen 1000. Wenn man von der ganzen Masse der Zahlzeichen des Menschengeschlechts das Wenige betrachtet, was wir bisher kennen gelernt, so findet man, daß die Eintheilung in Buchstabenzahlen und eigentlich sogenannte Zif - fern eben so unsicher und unfruchtbar ist, als die von ächten Sprach - kennern längst aufgegebene Eintheilung in ein - und mehrsylbige Spra - chen. Wer kann mit Sicherheit entscheiden, ob die Tamul-Ziffern in Süd-Indien, die keinen Stellenwerth kennen, und, bis auf die Ziffer 2, ganz von den in den Sanscrit-Handschriften gebräuchlichen abweichen, nicht von der alphabetischen Tamulschrift selbst abzuleiten sind, da man in derselben zwar nicht das Gruppenzeichen für 100, aber wohl das Grup - penzeichen 10 (im Buchstaben γα), und die 2 (im Buchstaben u) zu er - kennen glaubt? Die Telugu-Ziffern**) Campbell, Grammar of the Teloogoo-Language ( Madras) 1816. p. 4. 208. Teloogoo ist die fälschlich genannte Gentoo-Sprache, von den Eingebornen Trilinga oder Telenga genannt. Man vergleiche die Ziffertafel von Campbellmit anderen Varietäten indischer Ziffern in Wahl's allgem. Geschichte der morgenländ. Sprachen 1784. Tab. I. mit Stellenwerth, ebenfalls im südlichen Theile der indischen Halbinselgebräuchlich, weichen in 1, 8 und 9 sonderbar von allen uns bekannten indischen Ziffern ab, da sie hingegen28*21617. Alex. von Humboldt, über Zahlzeichensysteme.in 2, 3, 4 und 6 mit denselben übereinstimmen. Das Bedürfniß, Zahlen graphisch zu bezeichnen, ist wohl am frühesten gefühlt worden, und nu - merische Zeichen gehören zu den ältesten aller Schriftzeichen. Die Werkzeuge der palpablen Arithmetik, wie sie Herr Lesliein seinem geistreichen Werke: the Philosophy of[Arithmetic] (1817) der figurati - ven oder graphischen entgegensetzt, sind beide menschlichen Hände, Häufchen von Steinen (calculi, psephoi), Samenkörner, lose Schnüre mit Knoten (Rechenschnüre, tatarische und peruanische quippos), einge - rahmte Suanpan und Abacus-Tafeln, die slavische Rechenmaschine mit aufgezogenen Kugeln oder Samenkörnern. Alle diese Werkzeuge lie - ferten dem Auge die ersten graphischen Bezeichnungen von Gruppen verschiedener Abstufung. Eine Hand oder eine Schnur mit Knoten oder verschiebbaren Kugeln bezeichnet die Einheiten bis 5 oder 10 oder 20. Wie oft durch Schließung der einzelnen Finger eine Hand durchgezählt ist, (pempazesthai) giebt die andere Hand an, auf der dann jeder Finger, d. i. jede Einheit, eine Gruppe von Fünf ausdrückt. Eben so verhalten sich zwei lose Knotenschnüre gegen einander, und zu Gruppen 2ter, 3ter und 4ter Ordnung übergehend, stehen in demselben auf - und absteigenden Gruppen-Verhältniß die aufgespannten, mit Kugeln bezogenen Rechen - schnüre, der alt-asiatische Suanpan, der zu den abendländischen Völ - kern als abax oder tabula logistica früh (vielleicht durch Aegypter zur Zeit des Pythagoreïschen Bundes) übergegangen ist. Die Koua's, welche älter als die jetzige chinesische Schrift sind, ja die notenartigen, knotigen, oft gebrochenen Parallellinien der Zauberbücher (raml) von In - ner-Asienund Mexikoscheinen nur graphische Projectionen von diesen Rechen - und Denkschnüren*)Im Orientwird raml die negromantische Kunst des Sandes genannt. Ganze oder ge - brochene Linien und Puncte, welche die Elemente vorstellen, leiten den Weissager. ( Richard - sonand WilkinsDiction. Persian and Arabic. 1806. T. I. p. 482.) Als ein solcher orienta - lischer Raml ist das merkwürdige, ächt mexikanische, wie mit Musik-Noten bedeckte Manuscript, das zu Dresdenaufbewahrt wird, und welches ich in meinen Monum. améric. pl.44. abgebildet, von einem gelehrten Perser, der mich in Parisbesuchte, auf den ersten Blick erkannt worden. Ganz ähnliche, ächt amerikanische Koua und notenförmige Linear-Zeichnungen habe ich seitdem in mehreren aztekischen hieroglyphischen Handschriften und in den Sculpturen des Palenque, im Staat von Guatimalaentdeckt. Im alten Styl der chinesischen Zahlenschriften ist das Gruppen - zeichen für 10, eine Perle auf einer Schnur, offenbar (projectionsartig) vom quippu hergenommen.. Im asiatischen Suanpan oder im Abacus, dessen die Römer sich bei ihren unbehülflichen Zahlzeichen weit mehr bedienten, als die in der Zahlen-Graphik glücklicher fortgeschrittenen21717. Alex. von Humboldt, über Zahlzeichensysteme.Griechen*) Nicomachusin Ast, Theologumena arithm. 1817. p. 96. In dem Finanz-Wesen des Mittelalters wurde der Rechentisch (abax) zum exchequer., erhielten sich, neben den denaren Reihen, die in geome - trischer Progression auf - und absteigen, auch quinare Reihen. Zur Seite jeder Zahlenschnur der Gruppen oder Ordnungen n, n2, n3 stand eine klei - nere Schnur, welche je fünf Kugeln der größeren durch eine einzige bezeichnete. Mittelst dieser Einrichtung ward die Zahl der Einheiten so vermindert, daß die Hauptschnur nur 4, die Nebenschnüre nur 1 Kugel bedurfte**)So im Römischen abacus; im Chinesischen gebrauchte man 5 und 2 Kugeln. Die nicht zählenden Kugeln wurden dann zur Seite geschoben.. Die Chinesen scheinen, von den frühesten Zeiten an, will - kürlich irgend eine der aufeinander folgenden parallelen Schnüre, als die Schnur der Einheiten betrachtet zu haben, so daß sie, auf - und abwärts, Decimalbrüche und ganze Zahlen und Potenzen von 10 erhiel - ten. Wie spät***)Ueber die ersten Versuche der Decimal-Bezeichnung von Michael Stifeliusaus Es - lingen, Stevinusaus Brüggeund Bombelliaus Bolognas. LesliePhil. of Arithm. p. 134. (im Anfange des 16ten Jahrhunderts?) ist in die Abendländerdie Kenntniß der Decimal-Brüche gekommen, zu welcher die palpable Arithmetik im Orientlängst geführt hatte! Bei den Grie - chen war, jenseit der Einheit, die aufsteigende Scale nur im Sexage - simal-System, bei Graden, Minuten und Secunden bekannt; aber da man nicht n 1, das heißt, 59 Zeichen hatte, ward der Stellenwerth nur in zweigliedrigen Schichten beobachtet.

Wenden wir unsern Blick auf den Ursprung der Zahlen, so finden wir, daß in aufgehäuften Steinchen, oder auf den mit Kugeln bedeckten Schnüren der Rechenbretter, Zahlen mit großer Regelmäßigkeit transi - torisch geschrieben und gelesen wurden. Die Eindrücke, welche diese Operationen hinterließen, haben überall auf die früheste Zahlen-Gra - phik eingewirkt. In den historischen, rituellen und negromantischen Hieroglyphen der Mexikaner, die ich bekannt gemacht, werden die Einheiten bis 19 (das erste einfache Gruppenzeichen ist 20) als große runde farbige Körner nebeneinander gestellt, und, was sehr merkwürdig ist, die Rechnung geht von der Rechten zur Linken, wie die semitische Schrift. Man bemerkt diese Folge deutlichst bei 12, 15, 17, wo die erste Reihe 10 enthält, und die zweite nicht ganz ausgefüllt ist. In den älte -21817. Alex. von Humboldt, über Zahlzeichensysteme.sten Hellenischen Monumenten, in den Tuskischen Sepulcral-Inschriften, bei den Römern und Aegyptern (wie Thomas Young, Jomardund Champolliongezeigt haben) sind die Einheiten durch senkrechte Linien bezeichnet. Bei den Chinesen und in einigen von Eckhel(T. III. 410.) beschriebenen ächt phönicischen Münzen sind diese Striche bis 4 horizontal. Die Römer reiheten zuweilen (das quinare Gruppenzeichen überspringend,) in Inschriften, bis 8 Striche als Einheiten aneinander. Viele solche Beispiele giebt Mariniin der merkwürdigen Schrift: Mo - numenti dei fratelli Arvali*)T. I. p. 31. T. II. p. 675. z. B. in Octumvir.. Die Nagelköpfe zur alten römischen Jah - res-Rechnung (annales antea in clavis fuerunt, quos ex lege vetusta figebat Praetor Maximus, sagt Plin. VII. 40.) hätten auf die mexikani - schen Einheitspuncte führen können, welche auch wirklich neben den (chinesischen und phönicischen) Horizontal-Linien, in Unter-Abtheilun - gen der Unzen und Fuße, vorkommen**) MariniT. I. p. 228.. Diese Puncte und Striche, 9 oder 19 an der Zahl, in der denaren oder Vicesimal-Scale (Hand - oder Hand - und Fuß-Scale) desAltenund Neuen Continentssind die rohesten aller Bezeichnungen im Systeme der Juxtaposition. Man zählt dann die Einheiten mehr als man sie lieset. Das Für sich bestehen, gleichsam die Individualität einzelner Gruppen von Einheiten, als Zeichen, fängt erst an, in den Buchstabenzahlen der semitischen und hellenischen Stämme, oder bei den Tibetanern und indischen Stämmen, die durch einzelne ideographische Zeichen 1, 2, 3, 4 ausdrücken. Im alt - persischen Pehlwi zeigt sich ein merkwürdiger Uebergang von der ro - hen Methode der Juxtaposition von Einheitszeichen, zur isolirten Existenz zusammengesetzter ideographischer Hieroglyphen. Der Ursprung der er - sten 9 Ziffern durch Zahl der Einschnitte oder Zähne, liegen hier vor Augen; 5 bis 9 sind sogar bloße Verschlingungen der Zeichen 2, 3 und 4, ohne Wiederkehren des Zeichens von 1. In den ächt-indischen Sy - stemen der Devanagari, persischen und arabisch-europäischen Ziffern, sind nur in 2 und 3, Contractionen***) Abel Remusat, Langues Tatares p. XXX. Ueber die sonderbaren indischen Ziffern in Java s. CrawfurdII. p. 263. von 2 und 3 Einheiten zu er - kennen, gewiß nicht in den höheren Ziffern, welche in der indischen Halbinselauf die sonderbarste Weise von einander abweichen.

21917. Alex. von Humboldt, über Zahlzeichensysteme.

Indem ich hier und in den folgenden Theilen der Abhandlung der indischen Zahlen erwähne, muß ich mich zuerst über diese Benennung und über die alten Vorurtheile, als habe Indieneinerlei gestaltete Ziffern und keine Buchstaben-Zahlen, als sei in Indienüberall Kenntniß des Stellenwerthes und Nicht-Gebrauch von eigenen Gruppen-Zeichen für n, n2, n3 ... erklären. So wie, nach der oftmaligen Aeußerung mei - nes Bruders, Wilh. von Humboldt, das Sanskrit sehr unbestimmt durch die Benennungen indische und alt-indische Sprache bezeich - net wird, da es in der Indischen Halbinselmehrere sehr alte, vom Sanskrit gar nicht abstammende Sprachen giebt: so ist auch der Ausdruck in - dische, alt-indische Ziffern im Allgemeinen sehr unbestimmt, und diese Unbestimmtheit bezieht sich sowohl auf die Gestaltung der Zahlzeichen als auf den Geist der Methoden, welche man durch Juxtaposition, oder durch Coefficienten, oder durch bloßen Stellenwerth der Haupt-Gruppen n, n2, n3 und der Vielfachen derselben 2n, 3n ... bezeichnet. Selbst die Existenz eines Null-Zeichens ist, wie das Scholion des Neophytoslehrt, in indischen Ziffern noch kein nothwendiges Bedingniß des Stel - lenwerthes. Im südlichen Theile der indischen Halbinselsind die Ta - mul - und Telugu-Sprachen die weitverbreitetsten. Die Tamulsprechen - den Inder haben von ihrem Alphabet abweichende Zahlzeichen, von de - nen die 2 und die 8 eine schwache Aehnlichkeit mit den indischen (De - vanagari -) Ziffern von 2 und 5 haben*) Robert Anderson, Rudiments of Tamul Grammar. 1821. p. 135.. Noch verschiedener von den indischen Ziffern sind die cingalesischen**) James Chater, Grammar of the Cingalese language, Colombo1815. p. 135.. In diesen und den Ta - mulischen findet man keinen Stellenwerth, kein Nullzeichen, sondern Hie - roglyphen für die Gruppen n, n2, n3 ... Die Cingalesen operiren durch Juxtaposition, die Tamulen durch Coefficienten. Jenseits des Ganges, im Burman-Reiche, sehen wir Stellenwerth und Nullzeichen; aber von den arabischen, persischen und Devanagari-indischen Ziffern gänzlich abweichende Zeichen***) Carey, Grammar of the Burman language. 1814. p. 196. Bloß die Burmanischen Ziffern 3, 4 und 7 haben einige Aehnlichkeit mit 2, 5 und 7.. Die von den Arabern gebrauchten persischen Ziffern weichen alle 9 gänzlich von den Devanagari-Ziffern†)Vergl. John Shakespear, Grammar of the Hindustani language. 1813. p. 95. u. Pl. I. William Jones, Grammar of the Persian language. 1809. p. 93. Silvestre de Sacy, Gram - maire arabe. Pl. VIII. ab;22017. Alex. von Humboldt, über Zahlzeichensysteme.7 ist wie eine römische, 8 wie eine tuskische 5 gestaltet. Unter dem, was wir heute arabische Ziffern nennen, sind bloß 1, 2, 3 den Devana - gari-Ziffern gleicher Bedeutung ähnlich; die devanagari 4 ist unsere 8; unsere 9 ist eine devanagari 7; unsere 7 ist eine persische 6. Im Ben - galiist 5 ein halber Mond und 3, 5, 6, 8 und 9 weichen ganz von den Devanagari-Ziffern ab*)Graves Chamney Haughton, Rud. of Bengali Grammar. 1821. p. 133.. Bloß verunstaltete indische Devanagari-Ziffern sind die von Guzerath**) Robert Drummond, Illustrations of the Grammat. Parts of the Guzerath and Mahratt-language. 1808. p. 25..

Betrachtungen über den Einfluß der frühesten Zahlzeichen auf das Alphabet, über geflissentliche Verunstaltungen der Buchstaben, um sie nicht mit Ziffern zu verwechseln, über die verschiedene Reihung der Zahlbuchstaben, welche bei demselben Volke nicht immer mit dem üb - lichen Alphabet übereinstimmt (wie im aboudjed semitischer Stämme in Asienund Afrika***) Silvestre de SacyT. I. p. 10., gehören nicht in diese Abhandlung, und ha - ben zu vielen grundlosen Hypothesen im Felde der vergleichenden Alpha - betik und Hieroglyphik Anlaß gegeben. Ich habe selbst ehemals die Vermuthung geäußert, daß die indischen Zahlen, trotz der Form von 2 und 3, Buchstaben eines alten Alphabets sind, dessen Abglanz sich noch in den phönicischen, samaritanischen, palmyrischen und ägyptischen (Mumien -) Schriftzügen, ja an den alt-persischen Monumenten von Nak - schi-Rustan†) Silvestre de Sacy, Antiquités de la Perse. Pl. I. n. 1. Vergl. die Zahlen-Inschriften am Sinaiin Descr. de l'Egypte. Vol. 5. Pl. 57.findet. Wie viele Lettern sehen nicht in diesen Al - phabeten den ausschließlich sogenannten indischen Ziffern ähnlich. Ein phönicischer Ursprung der sogenannten indischen Zahlen ist schon von anderen Gelehrten behauptet worden††) Guyot de la Marnein Mém. de Trevoux 1736. p. 160. 1740. Mars p. 260. JahnBibl. Archaeolog. B. I. p. 479. Büttnervergl. Tafeln 1779. St. 2. p. 13. EichhornEinleit. in das alte Testament. B. I. p. 197. Wahl, Gesch. der morgenl. Litt. p. 601. 630. Fundgruben des Orients B. 3. p. 87., und der scharfsinnige Eckhelmachte schon darauf aufmerksam, daß die Zahlen-Aehnlichkeit phönici - scher Buchstaben so auffallend sei, daß das Wort Abdera durch 19990 und 15550 bezeichnet werde†††)Doctrina nummorum veterum. 1794. T. III. p. 396 404, 421, 494.. Aber über diesen Ursprung der Zif - fern und Buchstaben herrscht ein Dunkel, welches bei den vorhandenen22117. Alex. von Humboldt, über Zahlzeichensysteme.Materialien eine gründliche philologische Untersuchung unmöglich macht, wenn man sie nicht auf negative Resultate beschränken will.

So wie oft dieselben Völker zugleich mit Buchstaben-Zahlen und ideographischen oder willkürlich gewählten Zahlzeichen rechnen, so fin - den sich auch in einem und demselben Zahlen-System, in Hinsicht auf den Ausdruck der multipla der Fundamental-Gruppe, die verschieden - artigsten Methoden, ja was in einem System gleichsam nur angedeutet ist, zeigt sich im andern vollständig entwickelt. Eben so präludiren, in den Sprachen, bei einer Nation grammatische Formen, welche eine andere mit besonderer Vorliebe und allem Aufwande intellectueller Kraft ausgebildet hat. Beschreibt man die Zahlensysteme einzeln, wie sie je - des Volk anwendet, so verdunkeln sich die Aehnlichkeiten der Methoden; man verliert die Spur, auf welcher der menschliche Geist zu dem Mei - sterwerke der indischen Arithmetik gelangt ist, in der jedes Zeichen ei - nen absoluten und relativen Werth hat, in der sie in geometrischer Pro - gression von der Rechten zur Linken wachsen. Ich verlasse daher in den folgenden Sätzen die ethnographische Folge und betrachte bloß die verschie - denen Mittel, welche angewandt wurden, um dieselben Gruppen von Ein - heiten (gemischte oder ungemischte Gruppen) graphisch auszudrücken.

Erste Methode. Juxtaposition; bloß additiv bei Buchstaben - zahlen und eigentlichen Ziffern. So Tusker, Römer, Griechen, bis zu der Myriade, semitische Stämme, Mexikaner und der größere Theil der Pehlwi-Ziffern. Diese Methode macht besonders das Rechnen beschwerlich, wenn die multipla der Gruppen (2n, 3n, 2n2 ...) nicht eigene Zeichen haben. Bei den Tuskern und Römern ist Wiederho - lung von den Zeichen 10 bis 50, bei den Mexikanern, wo das erste Gruppenzeichen 20 (eine Fahne) ist, findet Wiederholung desselben Hiero - glyphen bis 400 statt. Dagegen haben die Griechen in den beiden Reihen der Zehner und Hunderter, die mit iota und rho anfangen, Zeichen für 20, 30, 400 und 600. Drei Episemen (Buchstaben eines veralteten Al - phabets) bau, koppa und sampi drücken aus: 6, 90 und 900; die letzte - ren beiden schließen die Reihen der Zehner und Hunderter, wodurch der Zahlenwerth der griechischen Buchstaben dem des semitischen aboud - jed's etwas ähnlicher wird*)Hervas Arithm. delle nazioni. p. 78. Ueber alte Reihenfolge der Lettern in semitischen Alphabeten: Descript. de l'Egypte moderne. T. II. P. II. p. 208.. Herr Böckhhat in seinen gelehrten Un - Crelle's Journal. IV. Bd. 3. Hft. 2922217. Alex. von Humboldt, über Zahlzeichensysteme.tersuchungen über das Digamma gezeigt, daß bau das wau der Semi - ten (der Lateiner) ist; koppa war das semitische koph (9) und sampi das semitische schin*)Staatshaushaltung der Athener B. II. p. 385.. Die Reihe der Einheiten von alpha bis theta bildet bei den Griechen die Wurzelzahlen (püthmenes), mit welchen man durch Kunstgriffe, die Apolloniuserfand**) Delambrehist. de l'astron. ancienne T. II. p. 10., im Rechnen so ope - rirte, daß man sie, im letzten Resultate, auf die correspondirenden Glie - der der 2ten und 3ten Reihen (der Analogen) reducirte.

Zweite Methode. Vervielfachung oder Verminderung des Werthes durch darüber oder darunter gesetzte Zeichen. In der vierten Reihe der griechischen Notation kehren bekanntlich die püthmenes aus Analogie wieder, tausendfach vermehrt, durch Hinzufü - gung eines Strichs nach unten. So reichte man bis zur Myriade; man schrieb bis 9999. Hätte man die Strich-Notation für alle Gruppen an - gewandt, und alle Zeichen nach dem theta (9) unterdrückt, so hätte man für β, mit einem oder 2 oder 3 Strichen, Ausdrücke für 20, 200 und 2000 gehabt, und sich, wie wir bald sehen werden, den wenig bekann - ten arabischen Gobar-Zahlen, und mit ihnen den Stellenwerthen genä - hert; aber mit einer unglücklichen Ueberspringung der Gruppen von Zeh - nern und Hunderten, fing die Strich-Notation erst mit den Tausenden an, und ward selbst nicht in höheren Gruppen versucht.

Wenn ein Strich, der unten zugefügt wird, die Zahl tausendfach vermehrt, so bezeichnet dagegen bei den Griechen ein senkrechter Strich, oben hinzugefügt, einen Bruch, dessen Zähler die Einheit und dessen Nenner die Zahl ist, welche unter dem Strich notirt wird. So ist im Diophantusγ΄ = ; δ = ¼, aber die untere Zahl bezeichnet den Zähler, wenn dieser größer als die Einheit ist, und der Nenner des Bruches wird alsdann wie ein Exponent geschrieben, so daß z. B. γδ = ¾***) DelambreT. II. p. 11. Der Strich, der zu den Buchstaben oben hinzugefügt wird, bloß um anzuzeigen, daß sie als Zahlen gebraucht werden, muß nicht mit dem Fractionszeichen verwech - selt werden. Auch ist derselbe in den älteren mathematischen Handschriften eigentlich nie senkrecht, sondern horizontal, und daher mit dem Fractionszeichen nie zu verwechseln. ( Bast: de usu littera - rum ad numeros indicandos in GregoriiCorinthii liber de dialectis linguae graecae 1811. p. 850.). In - mischen Inschriften vermehrt ein Horizontal-Strich, nach oben zuge - fügt, die Zahl tausendfach, was als ein Mittel der Abkürzung und Er - sparung des Raumes betrachtet werden kann.

22317. Alex. von Humboldt, über Zahlzeichensysteme.

Wichtiger ist die Methode des Eutociuszum Ausdruck der My - riaden. Hier treffen wir bei den Griechen die erste Spur des, für den Orientso wichtigen Exponential - oder vielmehr Indications-Systems. Mα, Mβ, Mγ bezeichnen 10000, 20000, 30000. Was hier bei den My - riaden allein angewandt wird, geht bei den Chinesen und den Japa - nesen, die ihre Cultur von den Chinesen 200 Jahre vor unserer Zeit - rechnung erhielten, durch alle multipla der Gruppen durch. Drei Hori - zontalstriche unter dem Zeichen von zehn bedeuten 13; aber drei Hori - zontalstriche darüber bedeuten 30. Nach dieser Methode wird 3456 also geschrieben (ich bediene mich der römischen Zahlen als Gruppenzeichen, der indischen als Exponenten): M3 C4 X5 I6. Bei den Aegyptern finden sich dieselben Indicatoren. Auf einen ge - krümmten Strich*) Kosegartende Hierogl. Aegypt. p. 54. Gatterer's aus Bianchini(Decad. I. cap. 3. p. 3.), aus Goguet(I. p. 226.) und aus Debrosses(I. p. 432.) entlehnte Behauptung, daß Aegypter in senkrechter Richtung den 9 Einheiten Stellenwerth gaben, ist durch neuere Un - tersuchungen keinesweges bestätigt worden. Gatterer, Weltgeschichte bis Cyrus, p. 555. 586., der 1000 andeutet, werden 2 oder 4 Einheiten ge - stellt für 2000 und 4000. Bei den Azteken oder Mexikanern habe ich für 312 Jahre das Zeichen der Ligatur mit 6 Einheiten als Ex - ponent gefunden (6 X 52 = 312) und in meinem Werke über Amerika - nische Monumente abgebildet. Bei Chinesen, Azteken und Aegyp - tern steht überall das Gruppenzeichen unten, als schriebe man gleich - sam X5 für 50; in den arabischen Gobar-Ziffern steht das Gruppenzeichen über dem Indicator. Im Gobar sind nemlich die Gruppenzeichen Puncte, also Nullen, denn in Indien, Tibetund Persiensind Nullen und Puncte identisch. Diese Gobar-Zeichen, welche seit dem Jahre 1818 meine ganze Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben, sind von meinem Freunde und Lehrer, Herrn Silvestre de Sacy, in einem Manuscript aus der Bibliothek der alten Abtey St. Germain du Prèsentdeckt worden. Dieser große Orientalist sagt: Le gobar a un grand rapport avec le chiffre indien, mais il n'a pas de zéro**)S. Gramm. arabe p. 76. und die der Pl. 8. zugefügte Note.. Ich glaube, daß aller -29*22417. Alex. von Humboldt, über Zahlzeichensysteme.dings das Nullzeichen vorhanden sei: es steht aber, wie im Scholion des Neophytos, über den Einheiten, nicht daneben; ja es sind gerade die Nullzeichen oder Puncte, welche diesen Characteren den sonderbaren Na - men gobar oder Staubschrift gegeben. Man ist auf den ersten Blick ungewiß, ob man einen Übergang zwischen Ziffern und Buchstaben darin erkennen soll. Man unterscheidet mit Mühe die indische 3, 4, 5 und 9. Dal und ha sind vielleicht schlecht gestellte indische Ziffern 6 und 2. Die Indication durch Puncte ist folgende: für 30, für 400, 6 für 6000. Diese Puncte erinnern an eine alt-griechische, aber seltene Bezeichnung*) DucangePalaeogr. p. XII., die erst mit der Myriade anfängt: α̈ für 10000, β für 200 Millionen. In diesem Systeme geometrischer Progressionen ist ursprünglich ein Punct, den man aber nicht anwendet, 100. Bei Diophantusund Pappusstehet ein Punct zwischen den Buchstabenzahlen, statt der Initiale Μυ (Myriade). Ein Punct multiplicirt dann, was zur Linken steht, 10000 mal. Man möchte glauben, daß dunkle Ideen von Bezeichnungen durch Puncte und Nullen sich durch Alexandriner aus dem Orientnach Europaver - breitet hatten. Das wirkliche Nullzeichen, und als etwas Fehlendes, wendet Ptolemäusin der abwärts steigenden Sexagesimal-Scale für fehlende Grade, Minuten oder Secunden an. Auch in Handschriften des Theon, im Commentar zur Syntaxis des Ptolemäus, will Delambredas Nullzeichen gefunden haben**)Histoire de l'astron. ancienne T. I. p. 547. T. II. p. 10. Die Stelle im Theonist in seinen gedruckten Werken nicht aufzufinden. Delambreist geneigt, das griechische Nullzeichen bald der Abbreviatur von ouden, bald einer besonderen Beziehung zuzuschreiben, in welcher das Zahlzeichen omicron mit den Sexagesimal-Brüchen steht. L. c. T II. p. 14. und Journal des sa - vans. 1817. p. 539. Sonderbar, daß in der alt-indischen Arithmetik der Lilawati die Null neben einer Zahl bedeutet, daß die Zahl abzuziehen ist. DelambreI. p. 540. Was bezeichnet der Ling (eine wahre Null), welcher in den chinesischen Zahlzeichen unter 12, 13, 22, 132 geschrieben wird? In römischen Inschriften sind Nullen mehrfach wiederholte Obole. ( BöckhStaatshaushaltung der Athener B. 2. S. 379.). Es ist daher im Occidentweit äl - ter, als der Einbruch der Araber. PlanudesSchrift über die arith - moi indikoi.

22517. Alex. von Humboldt, über Zahlzeichensysteme.

Dritte Methode. Vervielfachung des Werthes durch Coefficienten.

Was wir bei den Chinesen als Indicatoren in der senkrechten Schrift gefunden haben, ein Unterschied von 2X = 12 und 2X = 20, wird in horizontaler Richtung bei Griechen, bei Armeniern und bei den Tamul-redenden Bewohnern der südlichen Halb-Insel von Indienwie - derholt. Diophantusund Pappusschreiben βΜυ für zweimal zehn - tausend oder 20000, da αΜυβ (wenn β der Initiale der Myriade rechts steht) einmal zehntausend plus zwei, oder 10002 bezeichnet. Dasselbe fin - det statt bei den Tamulziffern, gleichsam als wäre 4X = 40 und X4 = 14. Im alt-persischen Pehlwi, nach Anquetil, und im Armenischen, nach Cerbied*)Grammaire Armenienne. 1823. p. 25.erkennt man links stehende Multiplicatoren, um die Viel - fachen von 100 auszudrücken. Hierher gehört auch, der Methode nach, der oben erwähnte Punct des Diophantus, welcher für Μυ stehet und 1000 mal das Vorhergehende erhöht**)Solche Abtheilungen durch Puncte, welche, auf eine übrigens sehr inconsequente Weise, einen Stellenwerth bezeichnen, findet man ebenfalls in drei oft bestrittenen Stellen des Plinius(VI. 24. 33. XXX. 3)..

Vierte Methode. Vervielfältigung und Verminderung, aufsteigend und absteigend, durch Abtheilung von Zahl - schichten, deren Werth sich in geometrischer Progression vermindert.

Archimedesin den Octaden, Apolloniusin den Tetraden, haben diese Notation nur in Zahlen über (10000) 2 und in 100 Millionen oder einer Myriade von Myriaden gebraucht***) Delambre, Hist. de l'astron. ancienne T. I. p. 105. T. II. p. 9.. Hier ist offenbar Stellen - werth derselben Zeichen, die in verschiedenen Schichten aufeinander folgen, also ein relativer und absoluter Werth, wie in der absteigenden Sexagesimal-Scale der alexandrinischen Astronomen, wenn sie Grade, Minuten, Secunden angeben. Da aber im letzteren Falle (aus Mangel von n-1 oder 59 Zeichen) jede Schicht zweiziffrig ist, so kann der Stellen - werth nicht den Vortheil indischer Zahlen gewähren. Wenn die drei - hundert sechzigsten Theile eines Kreises als Ganze betrachtet werden, so sind Minuten Sechzigstel dieser Ganzen, Secunden Sechzigstel der Mi - nuten u. s. f. Als Brüchen gab ihnen Ptolemäusdemnach bruch - ähnliche Zeichen, den Strich nach oben, und um die absteigende Progres -22617. Alex. von Humboldt, über Zahlzeichensysteme.sion anzudeuten, in welcher jede Schicht von 2 Ziffern 60 mal kleiner als die vorhergehende ist, wurden die Bruchstriche von Schicht zu Schicht vervielfältigt. Auf diese Weise erhielten die Minuten den ein - fachen Strich der gemeinen griechischen Brüche (deren Zähler die Ein - heit ist), die Secunden zwei solcher Striche, die Tertien drei, die Grade selbst, als das Ganze, keinen Strich, vielleicht als nichts (ouden) eine Null*)Ueber Anwendung des Nullzeichens s. Lesliep. 12. 135. Kuithen, Germanen und Griechen Hist. 2. p. 2 33. DucangeGlossar. mediae graecitatis T. II p. 572. Manne<rt>de numerorum quos arabicos vocant origine. Pythagor. p. 17. In der griechischen Arithmetik bedeutet Mo eine Einheit, monas, wie ein delta mit übergeschriebener Null (eigentlich omicron), tetartos; Bast, Gregor. Cor. p. 851. So ist beim DiophantusM0 = 21. Das indische gram - matische Zeichen, Anuswara, hat allerdings die Form der indischen Null (Sunya). Es bezeichnet aber nur eine Modification in der Betonung des nahe stehenden Vocals und ist dem Sunya gänz - lich fremd.. Ich sage vielleicht, denn im Ptolemäusund Théonfehlen noch Nullen als Gradzeichen.

In der einfachen Herzählung der verschiedenen Methoden, welche Völker, denen die indische Positions-Arithmetik unbekannt war, ange - wandt haben, um die multipla der Fundamental-Gruppen auszudrücken, liegt, glaube ich, die Erklärung von der allmäligen Entstehung des in - dischen Systems. Wenn man 3568 perpendiculär und horizontal durch Indicatoren schreibt: 〈…〉 , so erkennt man leicht, daß die Gruppen - zeichen M, C ... weggelassen werden können. Unsere indische Zah - len sind aber nichts anderes als die Multiplicatoren der verschiedenen Gruppen. An diese alleinige Bezeichnung durch Einheiten (Multiplica - toren) erinnert ohnedies der Suanpan, mit seinen aufeinanderfolgenden Schnüren der Tausende, Hunderte, Zehner und Einheiten. Diese Schnüre zeigten in dem gegebenen Falle 3, 5, 6 und 8 Kugeln. Hier ist kein Gruppenzeichen sichtbar. Die Gruppenzeichen sind die Stellen selbst, und diese Stellen (Schnüre) sind mit den Einheiten (Multiplicatoren) ge - füllt. Auf beiden Wegen der figurativen (schreibenden) und palpablen (betastenden) Arithmetik gelangt man also zur indischen Position. Ist die Schnur leer, die Schicht im Schreiben offen, fehlt eine Gruppe (ein Glied der Progression), so wird die Leere graphisch durch den Hieroglyphen des Leeren, einen unausgefüllten Kreis: Sunya, sifron, tzüphra**)Im Englischen hat sich cypher für Null erhalten, da in den abendländischen Sprachen, welche zéro (sifron siron) für Null gebrauchen, Ziffer nur ein Zahlzeichen im Allgemeinen andeu - tet. Im Sanscrit heißt nach WilsonZahl,[ Quantität ':]] sambhara. ausgefüllt.

22717. Alex. von Humboldt, über Zahlzeichensysteme.

Für die successive Vervollkommnung der Zahlenbezeichnung in Indiensprechen die Tamul-Ziffern, die durch 9 Zeichen der Einheiten und durch Gruppenzeichen für 10, 100 oder 1000 alle Werthe mittelst der links zugefügten Multiplicatoren ausdrücken; dafür sprechen endlich die sonderbaren arithmoi indikoi im Scholion des Mönchs Neophytos, welches in der Pariser Bibliothek (Cod. Reg. fol. 15.) aufbewahrt wird, und dessen gütige Mittheilung ich Herrn Prof. Brandisverdanke. Die 9 Ziffern des Neophytossind, außer der 4, ganz den persischen ähn - lich. Die Ziffern 1, 2, 3 und 9 finden sich sogar in ägyptischen Zah - len-Inschriften*) Kosegartenp. 54.. Die 9 Einheiten werden 10fach, 100fach, 1000fach erhöht, indem man eine, zwei oder drei Nullen darüber schreibt, gleich - sam also: 〈…〉 . Denken wir uns statt der Nullen Puncte, so haben wir die arabischen Gobar-Ziffern. Ich lasse hier das Scholion in einer wörtlichen lateinischen Uebersetzung folgen. Der Mönch nennt fälschlich tzüphron ein indisches Wort.

Tzyphra est et vocatur id, quod cuivis litterae inde a decade et insequentibus numeris quasi ōμικρὸν inscribitur. Significat autem hac In - dica voce tale analogiam numerorum. Ubi igitur scriptum est simile primae litterae ἄλφα, pro unitate scriptae, atque superimpositum habet vel punctum vel quasi ōμικρὸν, addita altera figura litterae Indicae, dif - ferentiam et augmentum numerorum declarat. E. g. pro primo Graeco numero, scripto, apud Indos | sive linea recta perpendicularis, quando non habet superimpositum punctum vel ōμικρὸν, ipsum hoc denotat uni - tatem, ubi vero superimpositum sit punctum atque altera littera ad - scripta sit, figura quidem similis priori, significat XI, propter addita - mentum similis litterae atque superimpositum unum punctum. Simili - ter etiam in reliquis litteris, quemadmodum adspectus docet. Si vero plura habet puncta, plura denotat. Quod intelligas, lector, et supputes unumquidque.

Von Position ist hier nicht mehr zu erkennen als in der Gobar - Methode. Man schrieb 3006 also: 〈…〉 ; aber man mußte bald bemerken, daß dieselben Ziffern mit anderen Werthen wiederkamen, daß (wenn alle Gruppen ausgefüllt waren) in 〈…〉 die so regelmäßig abnehmen -22817. Alex. von Humboldt, über Zahlzeichensysteme.den Puncte oder Nullen überflüssig wurden. Diese Nullen erleichter - ten gleichsam nur das Aussprechen der Zahlen. Entstand die Gewohn - heit, die Nullen statt über die Ziffern, neben dieselben zu schreiben, so hatte man die jetzige indische Bezeichnung für die ungemischte Gruppe 〈…〉 . Wollte man zu 〈…〉 , 〈…〉 addiren, so füllte man die - jenige Null-Stelle aus, in welche 40, nach seinem die Gruppen-Stufe be - zeichnenden Exponenten, hingehört. Man erhielt so: 3040 und von den 3 Nullen, welche den Tausenden eigenthümlich sind, und welche auf die Linie mit den Einheiten herabgezogen wurden, blieben zwei, als leere, unausgefüllte Stellen. Nach NeophytosScholion sind also Nullen (wie Puncte im Gobar) Indicatoren für die Notation der aufsteigenden Grup - pen, und man begreift, aus den eben entwickelten Betrachtungen, wie diese Nullen, bei Einführung des Stellenwerthes der Ziffern, in die Reihe her - abkommen und sich dort erhalten konnten.

Wenn wir noch einmal den Blick auf die vielen, zum Theil so wenig bekannten, Notationsmethoden der Völker beider Continente zurückwerfen, so sehen wir wenige Gruppenzeichen, und fast nur für n2, n3, n4 ..., nicht für 2n, 3n, und 2n2, 2n3 ... wie bei Römern*)Wir abstrahiren hier der Kürze wegen von den Gruppenzeichen des dazwischen laufenden quinaren Systems V, L, D ... und Tuskern X, C, M (daher alle Zwischenstufen, z. B. 2n oder 2n2, durch Juxtaposi - tion wie in XX oder CCC bezeichnet werden); viele Gruppenzeichen nicht bloß für n, n2 (iota und rho in den griechischen Buchstaben-Ziffern), sondern auch für 3n oder 4n2 (in λ und υ), woraus große Heterogenëi - tät der einzelnen Elemente im Ausdruck für 2+2n+2n2 entstehet (z. E. σχβ für 222); Bezeichnung der Vielfachen der Fundamental-Gruppe und ihrer Potenzen (2n, 3n, 4n2, 5n2), entweder durch Hinzufügung (dar - über und daneben) von Indicatoren zu den Gruppenzeichen (chinesisch: 〈…〉 , 〈…〉 ; indisch-tamulisch 2X, 3X, 4C, 5C), oder durch stufenweise Bepunctung oder Accentuirung der ersten 9 Einheitszeichen, gleichsam 〈…〉 , im Gobar, im Scholion des Neophytos, und in absteigender Sexagesimal-Scale der alexandrinischen Astronomen für $$\frac{1}{60}$$ , $$\frac{1}{60^2}$$ $$\frac{1}{60^3}$$ , in 3′ 37″ 37‴ ... Wir haben gesehen, wie die Indicatoren (Multiplicatoren) der Ost-Asia -22917. Alex. von Humboldt, über Zahlzeichensysteme.ten und Bewohner dersüdlichenund indischen Halb-Insel, oder, wenn ursprünglich Gruppenzeichen für n, n2, n3 verschieden waren, wie die Accentuirung der Püthmenes im Gobar-Systeme, oder Scholion des Neo - phytos, ja endlich wie die Kugelschnüre des Suampan, in dem ein poten - zirter Werth nur durch relative Lage der Schnur ausgedrückt wird, zum Stellenwerthe führen konnten.

Ob das einfache indische Positions-System seinen Weg in die Abendländerdurch den Aufenthalt des gelehrten Astronomen Rihan Muhammed ebn Ahmet Albiruniin Indien*)Nach des gelehrten, der griechischen und arabischen Astronomie gleich kundigen Orien - talisten SedillotBemerkung., oder durch mau - rische Zollbeamte an der nord-afrikanischen Küsteund den Verkehr der italienischen Kaufleute mit diesen Zollbeamten gefunden hat, lassen wir hier unentschieden. Eben so ungewiß ist es, trotz des Alters der indischen Cultur, ob das Positionssystem, welches so mächtig auf den Zu - stand der Mathematik eingewirkt hat, schon zur Zeit der macedonischen Expedition jenseits des Indusbekannt war. Wie ganz anders, vervoll - kommnet, würden Archimedes, Apollonius von Pergaund Dio - phantosdie mathematischen Wissenschaften dem gelehrten Zeitalter der Haschemiten überliefert haben, wenn die Abendländer, 12 oder 13 Jahrhunderte früher, also durch AlexandersHeerzüge, die indi - sche Positions-Arithmetik empfangen hätten. Aber der von den Grie - chen durchzogene Theil von Vorder-Indien, das Penjabbis Palibo - thrahin, war, nach Herrn Lassen's gelehrten Untersuchungen, ein Wohnsitz wenig cultivirter Völker. Von den östlicher wohnenden wur - den sie selbst Barbaren genannt. Erst Seleucus Nicatordrang über die Grenze, welche Cultur und Uncultur schied, über den Fluß Saras - vatis**) Lassen, Comment. geogr. de Pentapot. p. 58.bis zum Gangesvor. Wir sehen aus den alten indischen Ta - mul-Ziffern, die durch beigesetzte Multiplicatoren 2n, 3n2 ... aus - drücken, und daher außer den Zeichen für die ersten 9 Einheiten, eigene Zeichen für n, n2, n3 ... haben, daß in Indien, neben dem fast allein sogenannten indischen (oder arabischen) Zahlen-Systeme mit Stellen - werth, auch andere, ohne Stellenwerth, gleichzeitig existirt haben. Viel - leicht kamen Alexander und seine bactrischen Nachfolger bei ihrem tem - Crelle's Journal. IV. Bd. 3. Hft. 3023017. Alex. von Humboldt, über Zahlzeichensysteme.porären Vordringen nicht mit Nationen in Contact, bei welchen die Po - sitions-Methode ausschließlich vorherrschte.

Möchten die Spuren von dem Vielen, was noch zu entdecken übrig ist, recht bald ernster verfolgt werden, theils von Philologen, welche griechische, persische oder arabische*)Unter den arabischen Handschriften sind besonders solche zu empfehlen, welche vom Zoll - und Finanzwesen, oder von der Arithmetik im Allgemeinen handeln, z. B. Abu Jose Alchin - dusde arithmetica indica; Abdelhamid Ben Vasee Abulphadl, de numerorum proprieta - ibus; Ahmad Ben Omar Alkarabisiliber de indica numerandi ratione; die indische Alge - bra des Katka; Mohammed Ben Larade numerorum disciplina ( CasiriBibl. arabico - hispana T. I. p. 353. 405. 410. 426. 433.) Handschriften zu untersuchen Ge - legenheit finden, theils von Reisenden, die sich in der indischen Halb - Inselselbst aufhalten. Die bloße Pagination alter Codices aus der Sanscrit - Literatur kann zu merkwürdigen Beobachtungen führen. Wer würde z. B. geahndet haben, daß es unter den Indiern, neben der Decimal-Po - sitions-Arithmetik, ein Sedecimal-System ohne Position gab, daß ge - wisse indische Stämme meist nach Gruppen von 16, wie die amerikani - schen Völker, die Kymren und Basken, nach Gruppen von 20 zähl - ten. Eine solche seltsame Numeration ist aber vor mehr als 10 Jahren in einem Codex des alt-indischen Gedichts Mahabharata (Cod. Reg. Paris. p. 178.) vom Herrn Professor Boppaufgefunden, und mir zu der Zeit, als ich meine erste Abhandlung über die Zahlzeichen der Völker der Académie des inscriptions et belles lettres vorlegte, gütigst zur Bekannt - machung mitgetheilt worden. Fünf und sechszig Seiten dieser Hand - schrift sind mit indischen Buchstabenzahlen paginirt, doch so, daß nur die Consonanten des Sanskrit-Alphabets (k für 1, kh für 2 ...) gebraucht werden, was dem bisher so allgemein verbreiteten Vorur - theile**)Si l'arithmétique de position n'est pas originaire de l'Inde, elle doit au moins y avoir existé de tems immémorial; car on ne trouve chez les Indiens aucune trace d'une notation alpha - bétique telle que la notation des Hébreux, des Greos et des Arabes ( DelambreHist. de l'astron. ancienne T. I. p. 543.). widerspricht, als fänden sich in Indienbloß Ziffern, nicht Buchstaben als Ziffern gebraucht, wie bei semitischen Stämmen und den Griechen. Mit der 60sten Seite beginnt die wunderbare Sedeci - mal-Notation. Man erkennt in den ersten 15 püthmenes kaum zwei Zeichen, die Sanskrit-Buchstaben sind etwa für 3 ein aspirirtes t und für 12 ein d, eben so wenig die eigentlich sogenannten indischen23117. Alex. von Humboldt, über Zahlzeichensysteme.(arabischen) Zeichen. Merkwürdig ist, daß die Ziffer 1 mit einer bei - gesetzten Null 4, die Ziffer 1 doppelt (zwei senkrechte Striche) mit einer beigesetzten Null 8 bedeuten, gleichsam Ruhepuncte, Mittelstufen des Se - decimal-Systems für $$\frac{1}{4}$$ und $$\frac{1}{2}$$ n; aber $$\frac{3}{4}$$ von n (12) ist ohne Null und hat eine eigene Hieroglyphe, der arabischen 4 ähnlich. Für die Normal - gruppe selbst, 16, und für die multipla der Normalgruppe: 2n, 3n ... werden die bekannten bengalischen Ziffern gebraucht, so daß 16 die ben - galische 1 mit einem vorgesetzten gekrümmten Striche; 32 die benga - lische 2; 48 die bengalische 3 ist. Die multipla von n sind also bloß wie Gruppen erster, zweiter, dritter ... Ordnung; die Zahlen 2n+4 oder 3n+6 (d. i. im Sedecimal-System 36 und 54) sind durch eine bengalische 2 und eine beigefügte Mahabharata-Ziffer*)Ich bediene mich hier dieses uneigentlichen Ausdruckes, bloß um das Zahlen-System, welches eine Abschrift des Gedichts darbietet, mit einem passenden Worte zu bezeichnen. 4, wie durch eine bengalische Ziffer 3 und eine beigefügte Mahabharata-Ziffer 6 bezeichnet: eine zwar sehr regelmäßige, aber unbehülflich verwickelte Art zu numeriren, deren Ursprung um so räthselhafter ist, da sie die Kenntniß der bengalischen Ziffern voraussetzt.

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TextÜber die bei verschiedenen Völkern üblichen Systeme von Zahlzeichen und über den Ursprung des Stellenwerthes in den indischen Zahlen
Author Alexander von Humboldt
Extent28 images; 9367 tokens; 3169 types; 66369 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic information Über die bei verschiedenen Völkern üblichen Systeme von Zahlzeichen und über den Ursprung des Stellenwerthes in den indischen Zahlen. Alexander von Humboldt. . I+17 S. 1829. Journal für reine und angewandte Mathematik (4) pp. 205-231.

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ClassificationBerliner Akademiereden/-schriften und andere Reden; ready; avh

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