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Ueber Meeresströmungen im allgemeinen; und über die kalte peruanischeStrömung der Südsee, im Gegensatze zu dem warmen Golf - oder Florida-Strome.

(Eine ungedruckte Abhandlung1Von der in der Akademie gelesenen Abhandlung, die im Jahr 1855 vervollständigt wurde, sind mehrere Auszüge bereits im Jahr 1837 vomProfessorBerghaus veröffentlicht worden in zweien seiner lehrreichen Schriften: in der Allgemeinen Länder - und Völkerkunde Bd. I. S. 497 500, 575 592, 610 612; und in seinem Almanach für Freunde der Erdkunde S. 348 362. , von welcher ein kleiner Theil in der Sitzung der Akademie der Wissenschaften zu Berlin vom 27 Juni 1833 gelesen worden ist.)

Wenn man sich gewöhnt, wie es eine höhere Ansicht der physischen Erdbeschreibung erheischt, die verschiedenartig scheinenden Phänomene des Naturganzen in ihrem Zusammenhange zu betrachten, so erkennt man die auffallendsten Analogien in den flüssigen Schichten, welche den starren Erdball umgeben. In dem unmittelbar mit Wasser bedeckten Theile der Erdoberfläche, wie in der Atmosphäre, welche das Meer und die Feste umhüllt, bewegen sich einzelne Massen des Flüssigen zwischen ruhenden oder anders bewegten Theilen, die gleichsam die Ufer der atmosphärischen oder oceanischen Strömungen bilden.

Die genauere Kenntniß der zwiefachen Art von Strömungen32 in dem Elastisch-Flüssigen (dem Luftmeere) und dem Tropfbar-Flüssigen (dem Oceane, welcher mit jenem, auf ihm ruhenden, in Wechselwirkung der Bewegung und Wärme-Vertheilung steht) hängt von der Betrachtung dreier variabler Elemente: Richtung, Geschwindigkeit und Temperatur, ab. In beiden, sonst so wesentlich von einander verschiedenen, in ihrer Contact-Fläche scharf begrenzten, erdumhüllenden Schichten (in der Atmosphäre und in dem Ocean) wird das letzte der drei eben genannten Elemente, die Temperatur, durch die zwei anderen, die Richtung und die Geschwindigkeit, bestimmt. Ist die Meeresströmung in der Bahama-Straßedurch heftige, die Barometer-Höhe vermehrende und den regelmäßigen Wechsel der atmosphärischen Ebbe und Fluth (die stündlichen Variationen der Quecksilbersäule) störende Nordstürme, wie ich es an den Küsten von Floridaerfahren, in ihrem Laufe auf eine beträchtliche Zeit gehemmt, d. h. in ihrer Schnelligkeit gemindert; so sinkt die Temperatur des Golfstroms, 700 geographische Meilen weit, da, wo sich derselbe, in nordöstlicher Richtung, gegen die westlichsten der azorischen Inseln, Corvound Flores,hin, in eine große Wiese von Seetang (Mar de Sargasso) verliert. Auf gleiche Weise nehmen Kälte und Höhe des Barometerstandes: in Europamit der Schnelligkeit des Nordost-Windes, in der Südspitze des Neuen Continents und in den Malouinen mit der Schnelligkeit des Südwest-Windes, zu. Richtung der Luft - und Meeresströme: je nachdem sie die Meridiane in verschiedenen Winkeln durchschneiden, aus höheren Breiten sich zu niederen oder umgekehrt bewegen; bestimmt den Temperatur-Unterschied zwischen der zuströmenden Luft - oder Wassermasse und der ruhenden, zu der sie sich mischt oder die sie flußartig durchschneidet. Wie die Klimate und die wichtigsten meteorologischen33 Erscheinungen eben so sehr von der Richtung der Winde, in Hinsicht auf Azimuth und Neigung (von Mischung der Luftschichten, die verschiedenen Breiten-Zonen oder höheren und niederen Regionen der Atmosphäre zugehören), als von dem örtlichen Sonnenstande, d. h. dem Einfallswinkel der Sonnenstrahlen, abhangen; eben so wirken mittelbar auch die oceanischen Flüsse kalten und warmen Wassers (die Strömungen der Meere) durch ihre Ausdehnung und ihre Nähe auf die Klimate der Continente. Die oceanischen Flüsse, welche die wogende, wellenschlagende, aber in Hinsicht auf Translations-Bewegung ruhende Meeresfläche so mannigfaltig durchschneiden, erwärmen oder erkälten zunächst die darüber liegende Meeresluft; sie erregen (wie der verewigte Rennell, mit Recht, von der seit drei Jahrhunderten gefürchteten Zone zwischen den Azorenund Bermuden, in der Mitte des großen atlantischen Längenthals, behauptete), durch Temperatur-Contraste, nicht bloß Verdampfung und wärmeentbindende Niederschläge salzhaltiger Dämpfe, sondern Sturm und plötzlichen Wechsel electro-magnetischer Spannungen; sie theilen, dauerndere und sanftere Luftströme erzeugend, nach Verschiedenheit ihrer eigenen Temperatur, bald Wärme, bald Kühlung den benachbarten Continenten mit.

Die Betrachtungen, denen diese Abhandlung gewidmet ist, beziehen sich vorzugsweise auf die thermischen Verhältnisse der Meeresströme: die ihrer Natur nach erst erkannt werden konnten, als das Mittel gefunden war die Wärme zu messen. Die Anwendung des Thermometers zur Erforschung der Meeres-Temperatur und der Existenz der Strömungen reicht aber kaum in die letzten 25 Jahre des achtzehnten Jahrhunderts hinauf. Als die nach Thermometer-Graden spät gemessene große Wärme der Wasser des Golfstromes zuerst die Aufmerksamkeit fesselte,Note: Der Bogen ist fehlerlos und kann ohne weiteres abgezogen werden B34 war man, bei vieler Kenntniß von den Richtungen anderer Meeresströme, den Wärme-Verhältnissen des Oceans im allgemeinen so fremd, daß Benjamin Franklinden Wunsch äußerte, es möge einst ein kalter Strom als Gegenstück zu dem warmen Golfstrome aufgefunden werden. Der vortreffliche und so überaus scharfsinnige Mann verkannte, wie es scheint, die Einwirkungen der kalten Strömung, welche, gegen Südwesten gerichtet, durch die Belle-Isle-Straßevon der Ostküste Labradorsherabkommt. Noch weniger war er aufmerksam auf die niedrige Temperatur des Meeres an der Westküste von Nord-Afrika,den Guinea-Current der englischenSeefahrer. Das atlantische Meerselbst hat zwei oder drei kalte Strömungen, die freilich an Mächtigkeit und Continuität nicht mit der großen Erscheinung des Golfstromes verglichen werden können. Es ist mir im Jahr 1802, während einer Reise von Quitonach Lima,um im Callao den Durchgang des Merkurs vor der Sonne zu beobachten, geglückt Franklin'sWunsch zu erfüllen und die thermischen Verhältnisse der, den Seefahrern längst vorher bekannten, südnördlichen Strömung eines großen und wichtigen Theils der Südseenumerisch zu bestimmen. Wenige Jahre nach meiner Expedition sind diese Bestimmungen durch sorgfältige Beobachtungen anderer Reisenden, die ich zu dieser Arbeit veranlaßt hatte, bestätigt worden. Temperatur-Angaben über die Oberfläche des Oceans, wie immer zunehmende Frequenz und Ausdehnung der thermometrical navigation (um mich eines Ausdrucks der nordamerikanischen Seefahrer zu bedienen) haben Mittel dargeboten entweder schwache Strömungen zu entdecken, da, wo man dieselben früher nicht vermuthet hatte, oder die nach Jahreszeiten veränderlichen Oscillationen der pelagischen Flüsse zu ergründen. Das ganze oceanische Gebiet der35 Erdoberfläche umfassend, zähle ich nach unseren dermaligen Kenntnissen unter 13 Strömen 8 warme und 5 kalte Ströme auf: indem ich die Ausdrücke warm und kalt hier gar nicht auf absolute Quantitäten der Wärme, sondern allein auf die Differenz der Temperatur der Stromwasser mit der Temperatur der ruhigen, unbewegten nahen Wasser in gleicher Breite beziehe. Die auffallendsten Beispiele aus jeder der beiden Abtheilungen sind wegen ihrer Längen-Ausdehnung, ihrer Beständigkeit und ihres Einflusses auf die klimatischen Verhältnisse des nahen Festlandes der Golfstrom im atlantischen Ocean,wie in der Südseeder peruanische Stroman der Westküste von Südamerika.Ausgeschlossen wurden in dieser Aufzählung, in der überdies kein Anspruch auf Vollständigkeit gemacht wird: 1) die Bewegungen, welche sich vereinzelt, flußartig auf enge Betten beschränken: nicht, wie in den Polar - und Aequinoctial-Strömungen, rund um die flüssige Oberfläche der Erde das ganze Weltmeer1So sagt vielleicht mit minderem Rechte Rennell (Investigation of Currents p. 23) von dem ganzen antillischen Meere: it is not a current, but a sea in motion. betreffen; 2) die periodischen Strömungen, welche nach Maaßgabe der vorherrschenden Jahreszeit-Winde, Monsune (Mausim), sich in entgegengesetzter Richtung bewegen: wie dies der Fall ist im arabischenund indischen Meere,im bengalischen Meerbusen,an der Südost-Küste von Chinaund zwischen den Molukken.

Aufzählung wichtiger Meeresströme.

A. Warme Ströme.
  • Golfstrom im atlantischen Ocean.
  • Strom der brasilianischen Küste(von os Ilheos,südlich von Bahia,an bis an die Ostküste von Patagonien).
  • Der Theil des nord-südlichen Stromes an der Westküste36 von Afrika,welcher sich vom Cap Palmasgegen Osten wendet, in die Baien von Beninund Biafrabis Ilha do Principeund Rio da Angra:in seiner Wärme erhöht durch die wärmeren Wasser des nahen Aequatorial-Stroms.
  • Strom von Mozambique,zwischen Madagascarund der Südost-Küste von Afrika.
  • Nordöstlicher Strom von Japan nach den Kurilenund Kamtschatka,meist südlich schon bei Formosabeginnend: das Klima der Küsten mildernd und Nebel erregend; auch durch Wasser aus der Straße von Malaccaverstärkt.
  • Tessan's Strom:unter 35° - 40°Breitevon dem japanischen Stromeabgezweigt, und von Westen nach Osten gegen das californische Cap Mendocino gerichtet.
  • Der Strom der Ostküste von Australienund Tasmanienim Norden bis Cap Sandy.
B. Kalte Ströme.
  • Strom von der Davis-Straßeund Ost-Grönlanddurch den Belle-Isle-Canalgen Nova Scotia, Maineund Cap Codgerichtet.
  • Strom an der nördlichen Westküste Afrika's, nord-südlich bis Cap Roround gegen Sierra Leonehin.
  • Strom an der südlichen Westküste Afrika's, beginnend an dem nordwestlichen Theile der Bank der Agulhas; nördlich gerichtet längs dem Littoral von Benguela, Congound Loango, bis Ilha do Principeund Rio da Angra.
  • Strom von Californienund der Westküste Mexico's (vom Cap Tschirakownördlich von Nutka) gegen den Golf von Tehuantepec und die Westküste von Guatemalahin, vom December bis April.
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  • Der peruanische Strom:von Chiloebis zum Cabo blancound zur Gruppe der Galapagos,wo er sich größeren Theils gegen Nordwest und endlich ganz nach Westen wendet.

Von den drei Elementen der Meeresströmungen: der Temperatur, der Richtung und der Schnelligkeit, ist das erste seiner Natur nach am spätesten erkannte, aber dem Physiker wichtigste, im Jahr 1775 von Benjamin Franklinergründet worden. Als er im April des eben genannten Jahres auf dem Pennsylvania Packet, vom Capitän Osborncommandirt, von Londonnach Philadelphiasegelte, machte er die erste thermische Bestimmung von der hohen Temperatur des Golfstromes im atlantischen Ocean.Da durch Verwechselung zweier Reisejournale von Franklineine durch ihre, die Meteorologie aufklärenden Folgen so wichtige Entdeckung bisweilen in den November des Jahres 1776 versetzt wird und Blagden'sganz ähnliche Arbeit in den April 1776 fällt, so ist, um dem lästigen Nationalstreit der Priorität vorzubeugen, hier der Ort den Gegenstand historisch zu erläutern. Schon im Jahr 1769, als Franklinbei der Postverwaltung in den englischenColonien von Nordamerikaangestellt war, ward sein Interesse für die Wirkungen des Golfstroms lebhaft dadurch angeregt, daß von Bostonaus Klagen an die Lords of the Treasury gebracht wurden über eine Verspätung von 14 Tagen, welche zum Nachtheil der Handelsgeschäfte der Postverkehr zwischen Falmouthund Neu-Yorkerlitte, im Vergleich mit der schnelleren Ueberfahrt der Handelsschiffe von Londonnach Providencein Rhode Island. Franklinbefand sich damals in England;und aufgefordert ein Gutachten über die Ursach eines solchen mittleren Zeit-Unterschiedes abzugeben, berieth er sich mit dem, mit dem Wallfischfang lange vertrauten Capitän Folgeraus Nantucket.Es wurde ergründet, daß die schneller38 ankommenden Fahrzeuge von, des Golfstroms am meisten kundigen Männern aus Rhode Islandgeführt wurden. Die Wallfische sind am häufigsten an den Rändern des Golfstroms, nicht im Inneren desselben: daher die Wallfischfänger (whalemen) sich am frühesten mit der Richtung, Ausdehnung und Vermeidung des warmen Stromes vertraut gemacht haben. 1The Works of Benjamin Franklin, publ. by Jared Sparks (Boston 1840) Vol. VI. Maritime observations p. 486; Maury's Sailing Directions, 3d ed. 1851, p. 25 und dessen vortreffliche Phys. Geogr. of the Sea 1855 p. 59. Franklinveranlaßte damals die englischeRegierung eine nachCapitän Folger's,wahrscheinlich eingeschränkten und nur sehr localen Erfahrungen angefertigte nordamerikanischeStromkarte2Der von Folger gezeichnete Strom wurde eigentlich in eine alte Karte eingetragen; Franklin's Works Vol. VI. p. 499. zu veröffentlichen. Sechs Jahre später, als er im April und Mai 1775 mitCapitän Osbornvon Englandnach Philadelphiasegelte, stellte er die ersten täglichen Beobachtungen über die Temperatur des Meeres an der Oberfläche, die Temperatur der Luft und die Windesrichtung an. Er durchschnitt den Golfstrom in lat. 37° 20′ und 37° 26′, lg. 66° 0′ 68° 53′ (Greenwich): wo die Temperatur 70° bis 72° F. war, wenn außerhalb des Stromes nur 57° bis 65° gefunden wurden; Unterschiede von 3°,1 und 5°,7 Réaumur'schen. Das Journal enthält oft drei bis vier Beobachtungen desselben Tages. Der leichte Nebel, welchen die warme Strömung in Berührung mit der darauf ruhenden kälteren Luft erregte, wie die sehr geringe oder gänzlich fehlende Phosphorescenz3» The water in this stream does not sparkle in thisenigth «; Franklin in den Transact. of the Amer. Philos. Soc. Vol. II. 1786 p. 316. Der Mangel von lichtgebenden Thieren im Golfstrom ist um so sonderbarer, als in demselben so viele Streifen von Seetang schwimmen. im Stromwasser, während das Meer umher stark leuchtete, zogen schon39 damals die Aufmerksamkeit des scharfsinnigen Physikers lebhaft auf sich. Den nordamerikanischenMatrosen war der Unterschied zwischen den kalten Wassern der Bank von Neufundlandund den warmen des Golfstroms längst bekannt. Sie tauchen bisweilen die Hand oder den ganzen entblößten Arm in einen frisch gefüllten Wassereimer, um dem Gefühle nach die Nähe der Sandbank oder des Stromes zu verkündigen. Ein zweites, sehr genaues, thermisches Tagebuch wurde von Franklinauf seiner Ueberfahrt von Philadelphianach Frankreich(auf dem Reprisal, vomCapitän Wickes6commandirt) in den Monaten October und November 1776 geführt. Es ist dies die merkwürdige Fahrt, auf welche Rennellin seinem Werke über die Meeresströmungen einen großen Werth1Rennell sagt: » the Gulf-water reached the coast of France in that season, and Dr. Franklin in 1776 was never out of the warm water till the Bay of Biscay «: p. 269 und 275, wo die Wiederkehr derselben Meer-Temperatur durch schöne, aber auch sehr alte Beobachtungen des Admirals Beaufort erwiesen wird. gelegt hat, da auf derselben, in 23 Längengraden, der Golfstrom zwischen den Parallelen von 37° und 40°½ verfolgt, und bei einer ununterbrochenen Meeres-Temperatur von 70° bis 78° Fahr. (16°,8 20°,4 Réaumur) gefunden wurde. Noch bei lat. 43° 3′ und lg. 35° 501 (Gr.) hatten die Stromwasser 698° F. (16°,4 R.), und die November-Wasser außerhalb des Stromes 60° F. (12°,4 R.). Die dritte Reihe von Beobachtungen Franklin's,welche auf uns gekommen ist, gehört zu einer Ueberfahrt von Frankreichnach Amerikavom Juli bis September 1785. Er durchschnitt den Golfstrom kaum 2°½ bis westlich von dem Meridian von Flores,doch südlicher als diese Insel: lat. 33° 22′ 34° 14′, lg. 34° 31′ - 35° 30′; von 79° bis 80° F. Stromwärme, wenn umher das Meer nur 65° bis 68° F. zeigte: Unterschied40 5°,3 und 6°,2 Réaumur.Diese letzten Beobachtungen wurden von Franklin'sjungem Reisebegleiter Jonathan Williamsunter des berühmten Physikers Direction und Auswahl der Oertlichkeit angestellt.

Es ist keinem Zweifel unterworfen, daß Sir Charles Blagden,da er noch als Seearzt auf englischenSchiffen im atlantischen Oceankreuzte, die frühesten thermischen Beobachtungen, auf welche sich seine spätere, sehr verdienstliche Arbeit über den Golfstrom gründete, erst im April 1776 begonnen hat: also ein volles Jahr nach Benjamin Franklin.Er hat uns selbst das Zeugniß davon aufbewahrt. 1Charles Blagden, Physician to the Army, on the heat of the water in the Gulf-stream; in den Philos. Transact. for the year 1781, Vol. LXXI. Part I. p. 334 344. Der erste Zweck seiner Arbeit war, die Temperatur des Meerwassers mit der der Luft unter verschiedenen Breiten zu vergleichen; bald nachher aber, besonders als Blagdenim September 1777 der Kriegsflotte angehörte, welche die große Expedition von Sir William Howenach der Chesapeak-Baigebracht hatte, erweiterte sich ihm der Gesichtskreis, und das Thermometer ward von ihm gerühmt als: ein der Schifffahrt nothwendiges Instrument, um die Existenz der Strömungen und ihre Ausdehnung zu erforschen; auch Schiffe, die, von Europakommend, ihrer Länge ungewiß sind, bei Kenntniß der Breite über ihren Abstand von der Küste, wie über die zwischen der Küste und dem Golfstrom liegenden gefahrdrohenden Sandbänke und Klippen zu orientiren .

Wenn aber auch Franklindie Priorität der Beobachtung hat, so ist ihm nicht die Priorität der Veröffentlichung zuzuschreiben. Ich kenne keine frühere gedruckte Erwähnung41 von Franklin'sBeobachtungen des Jahres 1775 an Bord des Pennsylvanien-Packets als die in den Transactions of the American Philosophical Society vom Jahr 1786. Es ist eine Abhandlung, containing sundry Maritime Observations, in Form eines im August 1785, bei einer Ueberfahrt nach Europa,auf dem Meere geschriebenen Briefes an den französischen Akademiker Alphonse le Roi9, verlesen in Philadelphiaim December 1785. In dieser, 36 Seiten langen Abhandlung sind nur vier Seiten dem Golfstrom gewidmet; aber die thermischen drei Tagebücher von 1775, 1776 und 1785, wie eine Karte des Stromes sind beigefügt. Blagden'sBeobachtungen kamen vier Jahre früher zum Druck: sie wurden im April 1781 in der Royal Society verlesen, und in demselben Jahre veröffentlicht. Keiner von beiden hat Kenntniß von der Beobachtung des Anderen. Die Verzögerung der Bekanntmachung: bei Blagdennur um 5, bei Franklinum volle 11 Jahre, ist wohl zufällig gewesen. Ob es gleich unläugbar ist, daß, bei der belebten Schifffahrt zwischen den europäischenund amerikanischenKüsten, diejenige Nation, welche von der Richtung und der partiellen relativen Bewegung der Wasser des Golfstromes die sicherste und speciellste Kenntniß hat, in vielen Fällen einen großen Vortheil besitzt; so kann man doch nicht dem, leider! von meinem vortrefflichen Freunde, Major Rennell, geäußerten Verdacht beitreten, Benjamin Franklinhabe aus politischen Ursachen seine Entdeckung geheim gehalten. 1Rennell, Investigation of Currents (1832) p. 257: » The warmth of the Gulf-stream was not known to the British public until its discovery by Sir Charles Blagden, in 1776. It had previously been discovered by Dr. Franklin, but was kept a secret through political motives. «Eine solche Denkart war dem Charakter des edlen, großen, in jeder42 Hinsicht ächt freisinnigen Mannes fremd. Ich hätte ihn 42 Jahre nach seinem Tode vor einem solchen Vorwurf gesichert geglaubt!

Neben der oft behaupteten Ungewißheit über die früheste Erkennung der Wärme des atlantischen Golfstroms, sind auch Zweifel vorgebracht worden über einen Gegenstand, der als von noch allgemeinerer Wichtigkeit für die Sicherheit der Schifffahrt angesehen worden ist und mich lange lebhaft beschäftigt hat. Es ist die Frage aufgeworfen worden: ob die Beobachtung von der Erkaltung des Meerwassers auf Untiefen dem Dr. Franklin, oder seinem, schon früher von mir genannten Reisebegleiter11 der 42tägigen Ueberfahrt von 1785 angehöre? Rennellhat die erstere Meinung geäußert; er nimmt als gewiß an, Franklinhabe zuerst die Erkaltung auf Sandbänken aufgefunden, und sei durch Temperatur-Versuche auf Untiefen zur Erkennung der großen Wärme des Golfstroms gelangt. Aber in der ersten Notiz, welche derselbe über diese in den Maritime Observations 1786 veröffentlicht hat, ist der Erkaltung gar nicht gedacht. Jonathan Williamssagt bestimmt im Jahr 17901Jonathan Williams on the use of the thermometer in discovering banks, in den Transact. of the Amer. Philos. Soc. Vol. III. 1793 p. 83. Diese Abhandlung, im Todesjahre vonBenjaminFranklin geschrieben, ist die Grundlage einer kleinen, jetzt sehr seltenen Schrift geworden, die 1799 unter dem Titel: Jonathan Williams, Thermometrical Navigation erschienen ist und die ich während meiner amerikanischen Reise viel benutzt habe. : Die Versuche wiederholend, welche ich in Begleitung von Franklinund nach seiner Vorschrift 1785 gemacht, fand ich auf einer Ueberfahrt von Bostonnach Virginienim October 1789, daß außerhalb der Bänke (out of soundings) das Meer 10 Fahrenheit'sche Grade wärmer war als nahe der Küste (wo die Untiefen liegen). Die Vorsicht gebot mir dieses Resultat43 noch so lange zu verschweigen, bis vier folgende Reisen (von Bostonnach Virginien, von Virginiennach England, von Englandnach Halifax, und von Halifaxnach Neu-York) mir die Gewißheit gaben von dem erkältenden Einfluß von Sandbänken, unterseeischen Klippen und Nähe einer (flachen) Küste. Franklin's Arbeit war bloß auf die Meeresströmungen gerichtet, und eine Ausdehnung derselben (auf den Einfluß der Untiefen) fand nicht statt (this extension of his discovery did not occur); aber da ich durch seine lehrreichen Gespräche und sein Beispiel angeregt wurde seine physikalischen Untersuchungen, so viel es in meiner Macht stand, fortzusetzen und zu vervielfältigen, so kann Dr. Franklinauch als der Urheber (original author)1Bestimmter, wenn gleich weniger bescheiden oder zart, würde es heißen: als der Veranlasser. von dem angesehen werden, was ich über die nützliche Anwendung des Thermometers auf die Navigation hier zur Prüfung vorlege, und in folgende Hauptsätze zusammenziehen kann: 1) Wasser über Untiefen und Sandbänken ist viel kälter als im tiefen und freien Meere: und die Kälte ist um so größer, als die Bänke von wenigerem Wasser bedeckt sind; 2) die Erniedrigung der Temperatur ist bei großen Bänken beträchtlicher als bei kleinen; 3) Bänke, die einer Küste nahe liegen, haben über sich kältere Wasser als diejenigen, welche weit von der Küste entfernt sind; 4) die Erkaltung ist am schwächsten, wenn die Untiefen eine Fortsetzung der Küste und nicht durch tiefes Wasser von der Küste getrennt sind: aber auch in diesem Fall ist die Erkaltung meßbar; 5) ruhige Wasser, eingeschlossen in Buchten, folgen nicht denselben Gesetzen, und empfangen nach Verschiedenheit der Jahreszeiten und der Insolation wechselnde Einflüsse des festen Landes.

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Im ganzen sind die Beobachtungen, welche man über die allmälige Verminderung der Meeres-Temperatur an der Ostküste der Vereinigten Staaten von Nordamerika, nördlich vom Cap Henrybis zur Bank von Neufundland, westlich und nordwestlich vom Golfstrom, eingesammelt, mit vieler Vorsicht zu benutzen, weil es an diesem Küstenstriche oft und gleichzeitig zwei sehr verschiedenartige Ursachen der Temperatur-Abnahme giebt. Es ist dieselbe dort nicht immer Wirkung der Untiefe, sondern Wirkung des kalten, südwestlich fließenden Gegenstroms aus der Davis-Straße. Frei von diesem Verdachte einer fremden mitwirkenden erkältenden Strömung waren zwei Versuche, die ich gleich im Anfang meiner amerikanischenExpedition zu machen Gelegenheit hatte. Bei einer Sandbank zwischen den Häfen Coruñaund Ferrol, bei dem Señal blanco, an der Nordwest-Küste von Galicien, fand ich im freien Meere 12°,3 Réaumur, auf der Bank 10°; an dem südlichen Eingange des antillischen Meeres,auf dem Rücken der Untiefe, welche sich von Tabagogegen die Insel Grenadaerstreckt, 18°,3 R., umher im tiefen Meere 20°,2. Die Erniedrigung der Temperatur auf Sandbänken scheint mir in dem Umstande gegründet, daß durch Fortpflanzung der Bewegung des Meeres tiefe, also kalte Wasser an den Rändern der Bänke (accores du banc) aufsteigen und sich mit den oberen vermischen. Sir Humphry Davyzog in Briefen an mich eine andere Erklärung vor; er schrieb die Erscheinung dem Herabsinken der an der Oberfläche nächtlich erkalteten Wassertheilchen zu. Diese, meinte er, blieben der Oberfläche näher, weil die Sandbank sie hindere in größere Tiefe herabzusinken. Aber nach einer sorgfältigen Prüfung der vielen stündlichen Beobachtungen, welche ich im atlantischen Oceane,im Golf von Mexicound in der Südseegemacht45 habe, finde ich in der Tropen-Region den Unterschied zwischen Sonnen-Aufgang und 3 Uhr nachmittags 0°,6 bis 1°,1 R. Duperreyhat auf meine Bitte die Unzahl von Beobachtungen der Meeres-Temperaturen zwischen den Tropen untersuchen lassen, welche zu verschiedenen Tages - und Nachtstunden angestellt wurden. Das Minimum ist etwas vor Sonnen-Aufgang, und der Unterschied zwischen Tag und Nacht ist1Humboldt, Voyage aux Régions équinox. T. III. p. 523 und 526. im Mittel 1°,0 bis 1°,3 R. Sein Resultat ist um ein Geringes höher als das meinige.

Südlich von der Insel Cuba, in der merkwürdigen Gruppe von Sandbänken (baxos) und Corallen-Inselchen (cayos), welche seit den Zeiten des Columbusnordöstlich von der mahagonyreichen Isla de Pinos Gärten und Gärtchen (los Jardines y Jardinillos) genannt werden, fand ich auf den seichten Untiefen bei der Klippe Piedras de Diego Perez, bei dem Cayo Flamenco, 18°,1 R.; daneben im tiefen blauen Meere 20°,4 und 21°,5. Ueberall, wie bei den zahlreichen Messungen der Meereswärme von John Davyauf seiner Reise nach Ceylon,diente hier das Thermometer als Senkblei; und die nautische Anwendung wird auch dadurch erleichtert, daß, weil es nur auf Zu - und Abnahme der Wärme ankommt, die absolute Richtigkeit der Thermometer-Grade gleichgültig ist.

Die Erkältung der Oberfläche des Meeres auf Untiefen ist doch aber nicht allgemein. Ich habe an einem anderen Orte (Relat. hist. T. III. p. 506 508) bei Gelegenheit der Versuche, welche ich südlich von Jamaicaauf der großen Vibora-Bankanstellte, zu zeigen gesucht, wie Strömungen und andere, noch nicht gehörig erforschte Ursachen auf das Nicht-Sinken der Temperatur in gewissen Untiefen einwirken. Eine ähnliche46 Anomalie ist auf der Weltumseglung von Du Petit Thouarsauf der Fregatte Venus beobachtet worden. Man gelangte am 14 August 1838 in der Nähe der Marquesas-Inselnplötzlich von einer sondirten Tiefe von 200 Faden über eine Sandbank, die nur mit 6 bis 8 Faden Wasser bedeckt war. Die Meeres-Temperatur blieb dieselbe: 21°,2 R. (vor der Bank in 6stündiger Fahrt 21°,4 und 21°,5; auf der Bank 21°,2; jenseits der Bank immerfort dieselbe Temperatur 21°,2). » On ne doit donc pas dire «, sagt Arago, » que l'eau doit toujours être plus froide sur un banc qu'en pleine mer. Le refroidissement est la conséquence ordinaire du peu de profondeur et du voisinage d'un banc; mais certaines causes peuvent masquer l'effet. « 1Voyage de la Vénus T. X. (Partie physique, par Mr. de Tessan) p. 29. Eine plötzliche Abnahme der Wärme des Oceans ist immer der ernstesten Beachtung des Piloten werth; sie kündigt ihm eine Veränderung in der Strömung oder die Nähe einer Untiefe an: aber so wie es Untiefen giebt, auf denen das Wasser nicht milchig ist und die sich durch keine Farben-Verschiedenheit auszeichnen, so giebt es auch welche, die auf keine bemerkbare Weise die Temperatur des Wassers vermindern. Diese negative Behauptung wird auch bestätigt durch die Beobachtungen, welche Sabineunter dem Einfluß sehr heftiger Strömung (Pendulum Experiments 1825 p 445) an den überaus flachen Küsten (shallow coast) der Insel Maranham; und ein vortrefflicher Beobachter, Professor Meyen, bei den Sandwich-Inseln, bei Ascensionund in der indo-chinesischen Gaspar-Straße(Reise despreußischenSchiffs Prinzessin Luise Th. II. S. 97 und 401) sammelten.

Auf Seereisen im hohen Norden hat man einen sehr47 eigenthümlichen Nutzen in einer verständigen Anwendung des Thermometers aufgefunden. Ehe man noch die Eismassen von der Spitze des höchsten Mastes entdecken konnte, wurde die Nähe der Gefahr durch schnelle Verminderung der Temperatur des Seewassers angezeigt ( Rennell, Currents p. 73). Dieser Umstand erinnert an eine fast analoge Beobachtung, die ich in Südamerikaam Magdalenenstrome zu machen Gelegenheit hatte, während der zwei Monate, in denen ich, von Mahatesnach Hondaden Strom aufwärts fahrend, an der Karte des großen Flußthals arbeitete. Es glückte mir mehrmals, auch wenn in der meteorologischen Beschaffenheit des Luftkreises keine Veränderung bemerkbar war, das Steigen des Flusses mehrere Stunden vorherzusagen. Die gewöhnliche Wärme des Flußwassers, welche 20° 21° R. war1Wenn bei Fluß-Ueberschwemmungen, wie ich z. B. im Littoral der Südsee, im Rio de Guayaquil und im Daule beobachtet, die weingelbe oder caffeebraune, mit faulenden Gramineen und Algen angeschwängerte und Schwefel-Wasserstoffgas aushauchende Flüssigkeit bei 4 bis 6 Fuß Tiefe einen weit höheren Grad der Temperatur (26°,8 R.) annahm; so war die Ursach davon die Erwärmung des Grundes durch die wenig geschwächt eindringenden Sonnenstrahlen. , sank plötzlich auf 18°,7 und 19°,2 herab. Wasser geschmolzenen Schnees und kalte Regengüsse in den Zuflüssen und Gebirgsthälern zwischen Neivaund Timanaverursachen das Steigen der Magdalena; und (um mich eines alten atomistischen Ausdrucks zu bedienen) der Wärmestoff geht schneller stromaufwärts gegen Süden, als die Fluth (creciente) gegen Norden hinabkommt. Da diese Fluth für die kleinen Fahrzeuge, welche unbemannt in gewissen Theilen des Flusses nahe am Ufer liegen, wie für das Gepäck von Reisenden, welche die Nacht auf niedrigen Inseln zubringen, gefährlich sein kann; so ist die Vorherbestimmung der Erscheinung nicht ohne48 Wichtigkeit. Bei einigen europäischenFlüssen, die ebenfalls in hohen Gebirgsgegenden entspringen, findet die hier erwähnte Beobachtung gewiß auch in der gemäßigten Zone ihre Anwendung.

Die oben berührte Behauptung des scharfsinnigen Jonathan Williamsvon der Zunahme der Meer-Temperatur, die überall bei Annäherung an eine Küste bemerkt würde, ist der Gegenstand sehr ernster Untersuchung von Tessanund Aragogeworden. 1Du Petit Thouars, Voyage autour du Monde sur la frégate la Vénus T. IX. p. 353 und 374, T. X. p. 384; Comptes rendus de l'Acad. des Sciences T. XI. 1840 p. 312-315. Wenn alle Temperatur-Messungen beim Landen oder beim Anlaufen vom December 1836 bis Juni 1839 unter den verschiedensten Breiten zusammengestellt werden, so zeigt sich die Ungewißheit des vermeintlichen Temperatur-Gesetzes. Unter 48 Fällen d'attérage ou de sorties du port findet Arago17 ohne einen bemerkbaren Wärme-Unterschied, 4 gegen das Gesetz entscheidend<,>13 für das Gesetz sprechend; mit Unterschieden von oder , und 7 mit Unterschieden über C. » Il serait imprudent «, sagt er, » de se fier en tous lieux au thermomètre pour l'annonce des terres et des hauts fonds. «

Um den historischen Theil dieser Abhandlung zu vervollständigen, steige ich noch von den hier entwickelten, seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts zuerst bemerkten, thermischen Verhältnissen zu der Epoche hinauf, wo die Richtung großer Meeresströmungen überhaupt und besonders die des Golfstroms im atlantischen Oceanedie Aufmerksamkeit der Seefahrer zu fesseln begann. Der große Meeresstrom, welcher in der Tropen-Region die allgemeine Richtung von Osten nach Westen (bald etwas gegen SW oder NW abweichend) befolgt, konnte der Aufmerksamkeit des Columbusnicht entgehen. Die49 Schifffahrten, welche vor ihm in dem atlantischen Meereunternommen worden waren, hatten sich theils sehr wenig von den Küsten entfernt; theils waren dieselben auf Reisen nach der nördlichen Westküste von Afrika, nach den canarischen Inselnund den Azoren, nach Islandund den Shetland-Inseln: also auf die außer-tropische Zone, beschränkt. Auf seiner ersten Entdeckungsreise hatte Columbus, wahrscheinlich durch Toscanelliin der Richtung seines Weges bestimmt, die Tropen-Region erst in einer Entfernung von 900 geographischen Meilen berührt. Seine Gefährten waren durch die so gleichmäßig aus Osten und Nordosten wehenden Winde, nicht durch den Glauben an die ost-westliche Aequinoctial-Strömung, für die Rückkehr nach Spanienbesorgt gemacht. Erst in dem Berichte über die dritte Entdeckungsreise, auf welcher Columbusam weitesten gegen Süden vordrang und sich vom Meridian der canarischen Inselnan ununterbrochen jenseits des Wendekreises hielt, erkennen wir aus den übrig gebliebenen Documenten (die eigentlichen Tagebücher1Das sogenannte Tagebuch der ersten Reise des Columbus, welches in den Archiven des Herzogs von Infantado gefunden, zuerst von Navarrete veröffentlicht wurde, ist allerdings von großer Wichtigkeit; aber doch nur ein unvollständiger Auszug, den Bartolomé de las Casas, der Bischof von Chiapa, mit eigener Hand aus dem Original-Tagebuche des Entdeckers zu seinem Gebrauche gemacht hatte. Siehemeinen Aufsatz: sur les écrits de Christophe Colomb in dem Examen critique de l'histoire de la Géographie aux quinzième et seizième siècles T. II p. 339 344. Der Admiral schrieb auf allen seinen vier Reisen Tag für Tag nieder, was vorgefallen war : sagt der Sohn Don Hernando (Vida del Almirante cap. 14); ja in einem Briefe, den Columbus im Februar 1502 kurz vor der vierten Reise an den Papst richtete, drückt er sein Bedauern aus, noch immer nicht selbst nach Rom gehen zu können, um Sr. Heiligkeit ein Buch zu überreichen, in welchem er alle seine Thaten und Ergebnisse nach Art der Commentare des Julius Cäsar beschrieben habe (mi escriptura, la cual tengo para ello, que es en la forma de los Comentarios é uso de César). SieheNavarrete, Viages que hiciéron por ma los Españoles T. II. Documentos diplom. p. 281. sind nicht auf uns gekommen, bisher nicht

Note:

nach der einen Correctur auf S. 50 kann der Bogen abgezogen werden B

50 aufgefunden worden), welche Vorstellungen sich der genuesischeEntdecker von den regelmäßigen Bewegungen der Meereswasser allmälig gebildet hatte. Ich halte es , sagt er, für sehr bekannt, als eine außer Zweifel gesetzte Thatsache, daß die Gewässer den Lauf von Osten gegen Westen befolgen, im Einklang mit den Bewegungen des Himmels, con los cielos: d. h. daß die scheinbare Bewegung der Sonne und sämmtlicher Fixsterne an ihren beweglichen Sphären1Ganz im Sinne der Aristotelischen Astronomie: de Caelo II, 12 pag. 293 Bekker. Auch in den physischen Problemen des Cardanus, einer Schrift aus der Mitte des 16ten Jahrhunderts, finde ich noch dieselbe Meinung ausgedrückt, daß die Meeresströmungen von Osten nach Westen von dem motus stellarum herrühren; doch da, wo die Strömung so heftig ist, wie an der Küste des Isthmus des Darien und des Golfs von Uraba (in welchem man eine abertura de la tierra, zur Südsee führend, gesucht hatte), erwähnt Cardanus als mitwirkender Ursach der durch Widerstand belebenden Configuration der Küsten; Opera omnia, Lugd. 1663 T. I. p. 63 (Problematum naturalium Sectio prima No. 54). auf die Bewegung dieses allgemeinen Stromes Einfluß habe. In den Gegenden, wo ich mich jetzt befinde (alla[en] esta comarca: nämlich in dem Meer der Antillen), haben die Gewässer in ihrem Laufe die größte Geschwindigkeit. |. 2 [erst kommt der Punkt, dann kom̃en die Gänsef., dañ kom̃t die 2] 2» Muy conocido tengo «, schreibt Columbus, » que las aguas con os cielos van de Oriente a Occidente «: Navarrete T. III. p. 260; Humboldt, Examen crit. T. III. p. 100. Der Aequinoctial-Strom mußte auf den Seefahrer den tiefsten Eindruck zwischen den Inseln und nahe an den Küsten des südamerikanischen Continents,wie an denen von Veraguaund Honduras,machen. Die erste und zweite Reise hatten Columbusdie Gruppe der Großenund Kleinen Antillenentlang geführt, von dem Canal viejonördlich von Cubabis nach Maria galanteund Dominica.

Note:

NB. in der Mitte soll stehn: Geschwindigkeit. 2

51Auf der dritten erfuhr er den doppelten Einfluß der Passatwinde und des Aequinoctial-Stromes sowohl im Süden der Insel Trinidad, längs der Küste von Cumana, bis zum westlichen Vorgebirge der Insel Margarita; als auf der kurzen Ueberfahrt von diesem Vorgebirge ( Cabo de Macanao) nach Haiti. Allen Seefahrern ist bekannt, wie ich sie selbst hinlänglich erfahren habe, die Heftigkeit der ost-westlichen Strömung im antillischen Meerezwischen Trinidad, Tabagound Grenada, zwischen St. Vincentund Santa Lucia, zwischen Santa Luciaund Martinique. In SO von der Insel Trinidadstrebt der Aequinoctial-Strom nach WNW, weil er durch den Küstenstrom von Nord-Brasilienund der Guyana,welcher von SO nach NW gerichtet ist, verändert wird. 1Lartigue in den Annales maritimes de Bajot 1828 p. 313-33<9>. Die Verfahrungsarten, deren man sich in der vervollkommneten Nautik bedient, um auf dem hohen Meere, fern von allen Küsten oder von Inseln, deren Ortsbestimmung bekannt ist, die Richtung und Geschwindigkeit der Strömungen zu bestimmen, die ihre Wirkung in der Länge, d. h. im Sinne eines Paralleles, äußern (Vergleichung der Schiffsrechnung, point d'estime durch Log und Compaß, mit den partiellen chronometrischen Bestimmungen oder Mond-Distanzen); fehlen fast gänzlich bis zum Anfang der zweiten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts. Columbus,als er mit so vieler Gewißheit die große Meeresbewegung zwischen den Tropen angab, war also nicht durch Berechnung auf diese Bemerkung geführt worden: er hatte die Bewegung erkannt, weil sie dem Auge bei der Durchfahrt zwischen den Küsten bemerkbar wird: an den Küsten vorzugsweise, wenn das Schiff vor Anker oder in Windstille liegt; auf offner See durch die52 einförmige Richtung der abgerissenen Massen von Seetang, die in parallelen Streifen1» Se veìa la yerva con las listas de el Leste á Ueste «; Vida del Almirante cap. 36 (aus dem Tagebuch der ersten Reise des Columbus vom 13, 17 und 21September1492). schwimmen, durch die Seiten-Abweichung, welche das Senkblei2Der Sohn Hernando hat uns folgende, überaus merkwürdige Stelle aus dem Tagebuche des Vaters aufbewahrt, von welcher in dem Auszuge von Las Casas, den wir allein besitzen, keine Spur zu finden ist: Am 19 September 1492, als große Hoffnung vorhanden war, daß das Admiralsschiff sich in der Nähe des Landes befinde, wurde bei vollkommener Windstille das Senkblei ausgeworfen. Noch bei 200 Faden war kein Grund zu finden; man erkannte aber, daß die Meereströmung die Richtung nach Südwesten hatte. (Vida del Almirante cap. 18.) beim Lothen zeigt; endlich auch durch schmale Bächlein (estrias) fließender Wasser, die man bisweilen bei voller Ruhe der Meeres-Oberfläche wahrnimmt. Höchst wahrscheinlich veranlaßte eine Beobachtung dieser Art den Columbusam 13 September 1492 zu dem Ausruf: die Strömungen sind uns entgegen! Er befand sich damals 300 Seemeilen von jedem Lande entfernt, auf einem Meere ohne Algen (Sargasso). In der Südseehabe ich nach langer Windstille einige Male, wenn die tiefblaue Oberfläche des Meeres einem ebenen Spiegel glich, jene schmalen Wasserstreifen, welche unbewegte Wassermassen durchsetzen, nicht allein, durch sichtbare Verschiedenheit der Färbung, erkannt, sondern auch fließen hören. Erfahrenen Seeleuten ist das eigenthümliche plätschernde Geräusch dieser Streifen (filets de courants) sehr bekannt, welche wir auf unseren Landseen wiederfinden, wo sie zu verschiedenen Tagen und Stunden sehr verschiedene Richtung haben, und also gewiß nicht durch Unebenheiten (Furchen) des Seebodens bestimmt werden. 3Humboldt, Examen critique T. III. p. 103.

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In dem Bericht über die zweite Entdeckungsreise handelt Hernando, wahrscheinlich durch eine, für uns ebenfalls verlorene Stelle aus dem Tagebuche des Vaters veranlaßt, weitläuftig von einem metallenen Küchengeräth, einer Art Tortenpfanne (tortera), die von Seefahrern mit großem Erstaunen in den Händen der Eingeborenen von Guadalupegefunden wurde. 1Vida del Almirante cap. 16. Zwei Ereignisse des 18ten Jahrhunderts sind geeignet einiges Licht auf die im Texte berührte Vermuthung zu werfen. Man liest in der Geschichte der canarischen Entdeckung und Eroberung der canarischen Inseln (the history of the discovery and conquest of the Canary Islands) von Georg Glas, die im Jahre 1764 erschien: daß kurze Zeit vor der Bekanntmachung dieser wichtigen Schrift ein kleines, mit Getreide beladenes Fahrzeug, welches von Lancerote nach Santa Cruz auf Teneriffa bestimmt war, durch einen Sturm verschlagen wurde, ohne den Archipel der canarischen Inseln wiedergewinnen zu können. Durch den Aequinoctial-Strom und die Passatwinde gegen WSW getrieben, begegnete das verschlagene Boot zwei Tagereisen von der Küste von Caracas einem dahersegelnden englischen Handelsschiffe. Einige der unglücklichen Seeleute, welche die langen Leiden des Wassermangels überlebt hatten, wurden mit Wasser und Lebensmittel versorgt und nach dem Hafen von La Guama geführt. Ein-und-dreißig Jahre früher wurde, nach des Paters Gumilla Erzählung, ein mit Wein beladenes Schiff, mit einer Bemannung von nur sechs Leuten, auf dem kurzen Wege von Teneriffa nach Gomera, mit widrigen Winden kämpfend, durch die Gewalt der Ströme nach der antillischen Insel Trinidad, der Küste von Paria gegenüber, geführt. (Viera, Historia general de las Islas de Canaria T. II. p. 167; und Gumilla, Orinoco ilustrado cap. 31. Eine temporäre Verbindung des nach Süden führenden Meeresstroms an der nördlichen Westküste von Afrika mit dem Aequinoctial-Strom wirkte in einem diametral entgegengesetzten Sinne (ost-westlich) als der temporär verlängerte südöstlichste Theil des Golfstroms, welcher im 15ten und 18ten Jahrhundert amerikanisches Bambusrohr (Guadua) und Cedrela-Stämme (west-östlich) an den Strand von Porto Santo und Teneriffa trieb. Es wurde damals schon die Vermuthung ausgesprochen, daß dies Eisen, vielleicht von hölzernen Trümmern getragen, von irgend einem Schiffe herrühren könne, welches von den Küsten Spaniensdurch die Gewalt der Strömungen54 nach den Antillenverschlagen worden wäre. Diese Vermuthung ist um so merkwürdiger, als die Nachrichten, welche Columbusvor seiner ersten Entdeckungsreise bei den Ansiedlern von Maderaund der azorischen Inseln Fayal, Graciosaund Floresgesammelt hatte über von Westen her angeschwemmte geschätzte Holzarten, Bambusröhre, Leichname unbekannter Menschenracen, den Glauben auf vorherrschende Weststürme und nach Osten gerichtete Meerströme gelenkt hatten. Die Idee, daß ein Weststrom durch vorliegende Küsten in einen Nordost-Strom umgewandelt werden und in einem Wirbel gegen Osten zurückkehren könne, um Producte des Neuen Continentsnach den Azorenund canarischen Inseln,nach Irlandund Norwegenzu führen, konnte sich damals freilich nicht darbieten. Zwei denkwürdige Ansichten knüpfte noch der Admiral an die richtige Ueberzeugung, die er seit seiner ersten Entdeckungsreise von dem Aequinoctial-Strom gefaßt hatte: eine geologische und eine etwas phantastische. Die Wasser, welche (im allgemeinen) von Osten nach Westen strömen, nehmen en esta comarca (in dem Meer der Antillen) so an Stärke und Geschwindigkeit zu, daß sie einen großen Theil der Erdmasse weggefressen (comido. verschlungen), und so viele Inseln gebildet (von einander getrennt) haben. Die Gestalt dieser Inseln giebt Zeugniß davon (hacen desto testimonio); denn alle sind langgestreckt von W nach O und von NW nach SO, und schmal von N nach S wie von NO nach SW. Allerdings scheint es, als hätten die Gewässer an einigen Punkten nicht dieselbe Richtung der Bewegung (von Osten nach Westen); aber dies wird nur da bemerkt, wo irgend ein Stück Land (als Vorgebirge) vorliegt. 1Navarrete T. I. p. 260. Diese Stelle, dem Berichte an die Monarchen über die dritte Reise entnommen, ist in einigen Ausdrücken,

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Zu einer anderen, sehr gewagten, aber bestimmter ausgedrückten Hypothese: zu der von der Existenz noch unentdeckter östlicher Inseln; von einer gegen Osten verlängerten Kette der Großen Antillen,die sich auf 400 Seemeilen den canarischen Inselnnäherten, wurde der Admiral durch eine große Anhäufung von Seetang (Sargasso, varec) geleitet, die er an der Nordküste von Haiti, in dem Meerbusen von Samana(damals Golfo de las Flechas), fand. Diese Kräuter , sagt er im Tagebuche der ersten Reise (15 Januar 1493), waren denen ganz gleich, welche er im Ocean angetroffen, als er Guanahani entdeckte. Sie beweisen die Verlängerung der Inseln, die er aufgefunden,1welche sich auf die Richtung und Gestalt der Küsten beziehen, und in dem Zusatz: » que son en contrario de los otros dichos vientos «, nicht ganz von erwünschter Klarheit. Der nördliche Theil der Insel Cuba, welcher das südliche Ufer des Canal Viejo de Bahama bildet, hat von Matanzas an bis zum östlichsten Cap, zur Santa Maysi, allerdings die Richtung NW in SO. Von dem Baxo de los Colorados, nahe bei dem Cap San Antonio, bis zum Meridian von Matanzas herrscht eine dem Aequinoctial-Strom entgegengesetzte Bewegung der Wasser: fast SW nach NO. Von dem eben genannten Meridian an, dem Theil der Küste von Cuba, welcher dem Cayo de Sal am südwestlichen Theile des Placer de los Roques gegenübersteht, bis Punta Maysi, also fast in dem ganzen Canal Viejo, herrscht der Aequinoctial-Strom: hier von SO nach NW gerichtet. Diesem Aequinoctial Strom, welchen Columbus allgemein immer O-W nennt, entspricht (dies ist seine geognostische Ansicht) ein beträchtlicher Theil der Insel-Contoure, que han comido las aguas. Allerdings haben sehr genau die ost-westliche Richtung (dan testimonio von der Bildungsweise) der südöstliche Theil Cuba's, vom Cabo Maysi bis Cabo Cruz; der ganze Süden Santo Domingo's, vom Cap Tiburon bis zur Insel Saona; beide Küsten, die nördliche und südliche, der so regelmäßig gestalteten Insel Portorico; weniger regelmäßig in Richtung eines Parallels die nördliche Küste von Jamaica, und das Schattenbild der Insel, der Nordrand der Bank la Vibora; die Küste Südamerika's von dem Südost-Cap der Insel Trinidad, welche Columbus von Paria durch die Strömung getrennt glaubte, bis zum Golfo triste bei Porto Cabello; die Nordküsten von Panama und Veragua von der Ensenada de Mandinga bis zum Golf de la Boca del Toro; die Nordküste der Halbinsel Honduras. 56 gegen Osten, eine Reihe bildend, und daß dieser Theil von Indienwenig entfernt von den Canarienist. Die Fluthen entwurzeln den Tang auf Untiefen, welche das Land umgeben, und die Strömung treibt sie nach Haiti. Den ost-westlichen Lauf der Meergewässer knüpfte der Admiral auch an seine, auf falsche Messungen der Declination des Polarsternes gegründete Meinung von der Unregelmäßigkeit der sphäroidischen Gestalt der Erde; von einer Anschwellung, welche 100 Meilen westlich von den Azorenliege. Allmälig gelangen die Schiffe zu einer Höhe, die dem Himmel näher ist (van los navios alzandose bacia el cielo). Da liegt die Linie ohne Abweichung des Magnets, da fängt in der Tropenzone eine größere Kühlung (temperancia del cielo) an. Die Gestalt der Erde in der westlichen Hälfte ist birnförmig. Die größte Höhe (el colmo ò pezon de la pera, auch mit der Warze an der Brust einer Frau verglichen) liegt nahe der Küste Paria, nahe dem Ausflusse des Orinocobei dem Sitz des Paradieses. Von jener Region der Erd-Anschwellung herab fließen die Meereswasser. Der Fall giebt ihnen Geschwindigkeit. 1Humboldt, Examen critique T. III. p. 19 und 63. Schon Anghiera, sonst immer der große Bewunderer des Columbus, belacht diese Träumereien. » Rationes, quas ipse ( Colonus) adducit, mihi plane nec ex ulla parte satisfaciunt. De his satis, cum fabulosa mihi videantur. « 2Petrus Martyr de rebus Oceanicis Dec. I lib. 6 p. 16 (Basil<.>1533). Da auf seiner vierten Reise der Admiral die nord-südliche Richtung der Küsten vom Cap Gracias á Dios bis zur Laguna von Chiriqui in Veraguakennen gelernt, und dort die Wirkungen einer Meeresströmung gegen Norden beobachtet hatte, die er als Folge des Widerstandes erkannte, welchen der57 Continentdem ost-westlichen Aequinoctial-Strom entgegensetzt; so wurde dadurch schon ein wichtiger Schritt gethan, um die Seefahrer zu der richtigen Ansicht vorzubereiten, daß der Florida-Golfstrom eine Folge des umgelenkten Aequinoctial-Stromes sei: - eine Ansicht über den Zusammenhang der Meerbewegung, welche allmälig zur Klarheit kam, als der mexicanische Meerbusen und der Canal von Bahamader Schifffahrt mehr geöffnet wurden.

Anghierahat den Admiral lange genug überlebt, um sich genauere Kenntniß von den Strömungen nördlich und nord-westlich von der Insel Cubazu verschaffen. Die Gewalt, mit der die Wasser aus dem Golf von Mexico gegen Ost und Nordost ausströmen, wurde recht eigentlich erst 1512 auf der Expedition von Juan Ponce de Leonerkannt, welcher vier Jahre früher eine Niederlassung auf Portorico(Borriquen) gegründet hatte und enthusiastisch die Verjüngungs-Quelle von Bimini in den lucayischen Inselnund Süd-Floridasuchte. 1Gomara, historia de las Indias cap. 45: Juan Ponce (bei der Entdeckung von Florida) fue à buscar la Isla Bojuca, donde decian los Indios estar la Fuente, que tornaba moços à los viejos. Anduvo perdido y hambriento seis meses por entre muchas islas, sin hallar rastro de tal fuente. Entró en Bimini, y descubrió la Florida en pascua florida de ano de doze, y por esso le puso aquel nombre. (Sieheauch Herrera Dec. I lib. IX cap. 11. Anghieraverfolgt den Gedanken einer großen Wirbelbewegung der Wasser, welche von einem vorliegenden großen Continent (Theile von Ost-Asienam Sinus magnus bei Cattigara) zurückgedrängt werden (objectu magnae telluris circumagi); er denkt sich die Strömung fortgesetzt bis zu den Bacallaos ( Neufundland), die er nördlich von der Tierra de Estevan Gomez setzte. 2» Hic philosophandum est parumper, beatissime pater, et a Anghierazweifelte mit Unrecht an58 dem ununterbrochenen Küsten-Zusammenhange des östlichen Theils von Nordamerika: der Stücke, welche auf Diego2cosmographia digrendiendum ad naturae arcanorum causas. Decurrere ad occidentem ibi maria, veluti e montibustorrentes delabuntur, omnes unc ore praedicant. Propterea trahor ego in ambiguum, quonam aquae illae tendant, quae rotante ac perpetuo tractu ab oriente fluunt, veluti fugientes, ad occidentem, inde nunquam (?) rediturae; neque occidens propterea magis repleatur, neque oriens evacuetur. Putant plerique vastas esse fauces in angulo sinuali magnae illius telluris, quam diximus Italia octuplo majorem, ab occidente Cubae insulae, quae rabidas has aquas absorbeant, et inde ad occidentem illas emittant, quo ad orientem nostrum redeant: alii dicunt ad septentrionem. Volunt nonnulli, clausum esse sinum illum magnae telluris: tendereque ad septentrionem a tergo Cubae: ita ut septentrionales terras, quas glaciale circunsepit mare, sub arcto complectatur, sintque universa littora illa contigua: unde credunt eas aquas objectu magnae telluris circumagi: ut in fluminibus licet conspicere riparum gyris sese objectantibus. - Scrutatus est eas Sebastianus quidam Cabotus genere Venetus, sed a parentibus in Britanniam insulam tendentibus transportatus pene infans. Duo is sibi navigia propria pecunia in Britannia ipsa instruxit, et primo tendens ad septentrionem donec vastas repererit glaciales moles pelago natantes . Quare coactus fuit, uti ait, vela vertere et occidentem sequi: tetenditque tamen ad meridiem, littore sese incurvante, ut Herculei freti latitudinis fere gradus aequarit . Is ea littora percurrens, quae Bacallâos appellavit, cosdem se reperisse aquarum delapsus ad occidentem ait, quos Castellani meridionales suas regiones adnavigantes inveniunt. Ergo non modo verisimilius, sed necessario concludendum est, vastos inter utranque ignotam hactenus tellurem jacere hiatus, qui viam praebeant aquis ab oriente cadentibus in occidentem. Quas arbitror impulsu coelorum circulariter agi in gyrum circa[terrae] globum. « Petr. Mart. ab Angleria de Rebus[Oceanicis], Bas. 1533, Decas III lib. 6 p. 55 C (vergleicheauch Dec. III lib. 6 p. 53 D). Am Ende der dritten Decade heißt es: » Pauca iterum de novis opinionibus fluentis ad occidentem pelagi Parisiensis . Andreas nauclerus et Ouiedus [et Diecus Colonus, primi repertoris59 Ribero’s Karte von 1529 Tierras de Garay, Ayllon und Gomez heißen. Da bis zum Anfang des 17ten Jahrhunderts, bis zur Reise des Bartholomäus Gosnold, der 1602 zuerst von Falmouthnach dem Cap Codsegelte, alle europäischenReisen nach der Nordost-Küste von Amerikaregelmäßig durch den Kanal von Bahama gingen; so wurde die Kenntniß von dem Zusammenhange der Wasser-Bewegung an den Küsten von2Coloni haeres filius, qui jam quater ca maria iens ac rediens verrerat] me domi convenerunt in oppido Matrito, quod putamus Mantuam esse Carpetanam. « Diese erfahrenen Männer stritten viel über die Richtung und Ursach der Strömung. Diego Colon aber behauptete: difficilem esse reditum, si via capiatur ca qua itur; man müsse sich zur Rückkehr gegen Norden und später gegen Osten wenden. Dann, quando vastum capitur prius mare septentrionem versus, quam prora in Hispaniam dirigatur, sensisse se plerunque parumper trudi ab aquis (Wirkung des östlichen Theils des Golfstroms?). Er glaubte nicht, daß die vorliegenden Länder geschlossen seien. Apertam esse terram et por am inter utranque putat, qua torrentes exeant ad occidentem: quo liceat impulsu coelorum circumagi per universum. Andreas und Oviedo hielten fest an der Hypothese des Anschlagens an ein geschlossenes Land. Sie meinten: se diligentissime animadvertisse, quod ab alto mari currant [aquae] ad occidentem: proxime vero ad littora velificando cum parvis navigiis, asseverant, cursum dirigere ad orientem. Solchen Gegenstrom bemerke man ja in allen Flüssen Si palea aut lignorum genus aliquod projiciatur in fluvium similibus in locis, quae medio labuntur alveo, secundo feruntur flumine: quae vero in obliquos incidunt sinus et riparum incurvos margine, adverso videmus alveo vehi Opinionibus inhaerendum est, dum veniat statuta dies, punctusque polaris, qui secretum hoc naturae patefaciat. « Petrus Martyr de rebus Ocean. Dec. III lib. 10 p. 67 D 68 A. Diese dritte Decade ist zuerst in der vollständigen Ausgabe der Oceanica zu Alcala de Henares 1516 erschienen; der Anfang der Redaction des Werkes ist aber bestimmt so alt, daß die erste Decade, dem Cardinal Ascanio Sferza dedicirt, in welcher der Name Antiliae Insulae im Plural sich zum ersten Male findet, im November 1493, zwei Monate nach der Rückkehr des Columbus von der ersten Reise, beendigt wurde. 60 Mexico, Florida, Neufundlandund beim Ausfluß des großen Lorenz-Stromes, welchen zwischen 1497 und 1500 schon Sebastian Cabot1Sebastian Cabot hatte auf der zweiten Expedition, welche er für die englische Regierung machte, die ganze Ostküste Nordamerika's von dem Parallele von 67°½, an der Küste der Insel Cumberland in der Davis-Straße, an bis zur Südspitze von Florida, im Parallel von Cuba, im Sommer 1498 besucht (Biddle, Memoir of Sebastian Cabot p. 137; und Humboldt über die ältesten Karten des Neuen Continents und den Namen Amerika, in Ghillany, Geschichte des Seefahrers Martin Behaim 1853 S. 2). Die Entdeckung oder vielmehr Wieder-Auffindung des Festlandes der Neuen Welt, am 21 Junius 1497 an der Küste von Labrador, zwischen dem 56ten und 58ten Breitengrade (in Prima Vista), geschah auf der ersten Reise des Sebastian Cabot: also ein Jahr vor Columbus, und 497 Jahre nach Leif, einem der normännischen Colonisten auf Island. Auf der, von mir zuerst erkannten Weltkarte des Juan de la Cosa (im Hafen von Santa Maria im Jahr 1500 gezeichnet: der ältesten, die wir von Amerika besitzen), sind Cabot's nördlichste Entdeckungen in 56°und 57° Breite angegeben, und mit dem Namen: Mar descubierta por Yngleses bezeichnet. und Corterealentdeckt hatten, sehr verbreitet. Die in der neuesten Zeit in Rennell'svortrefflichem Werke über die Meeresströmungen am umständlichsten entwickelte Ansicht, nach welcher der Golfstrom seinen ersten Impuls an der Südspitze von Afrika,an der Nadel-Bank( Lagullas bankder englischenKarten, richtiger portugiesisch banco das Agulhas), empfängt; dann sich gen Norden längs der afrikanischenKüste gegen Congohinbewegt, und im weiten atlantischen Meeresich gegen NW mit dem Aequatorial-Strome verbindet; und, dem brasilianischenVorgebirge des heiligen Rochus zuströmend, der Küste von Guyanafolgt: ist fast identisch in einem merkwürdigen Memoir von Sir Humphrey Gilbert über die Möglichkeit einer nordwestlichen Durchfahrt nach Cathayund Ostindienausgesprochen. Weil in dieser Abhandlung, welche uns Richard Hakluyt(Navigations, Voyages and61 Discoveries of the English Nation Vol. III. p. 14) aufbewahrt hat, des Theatri Orbis terrarum des Ortelius gedacht wird, so muß dieselbe aus den Jahren 1567 oder 1576 sein. Da die Gewässer des Meeres , heißt es darin, von Osten nach Westen ihren Kreislauf haben, indem sie der täglichen Bewegung der Sonne als primum mobile gehorchen; so finden die Portugiesen viel Schwierigkeit auf der Ueberfahrt vom Vorgebirge der guten Hoffnung nach Calicut, nach Osten vordringend. Eben so sind, wegen der geringen Breite der Magellanischen Meerenge, die Wasser, welche aus dem indischen Oceankommen (um das südliche Afrika), gezwungen, an der ganzen Ostküste des amerikanischen Continentsbis gegen das Cap Freddo(bekannt durch Sebastian Cabot'shoch nördliche Entdeckungen) in einer Länge von 4800 Seemeilen (gegen Norden) aufzusteigen. Sir Humphrey Gilbert,der Gründer des Stockfischfanges, bewohnte einige Jahre Neufundland,das ihm von der englischenRegierung by grant zur Benutzung verliehen war; daher seine genaue Kenntniß von den Strömungen im Norden.

Der Historiograph Philipps II, Herrera, dessen vier erste Decaden der Historia de las Indias occidentales im Jahre 1601 erschienen sind, beschreibt ebenfalls die Strömung des atlantischen Oceans fast ganz, wie wir sie kennen (Dec. I. libro IX cap. 12). Die Sonne, indem sie sich von Osten gegen Westen bewegt und die Luft mit sich fortreißt, theilt, mittelst der Luft, dieselbe westliche Richtung dem Meere mit. Die atlantischen und äthiopischen Gewässer stoßen mit Gewalt gegen die Tierra firme von Südamerika(de las Indias de Medio dia): und da sie dort Hindernisse und keinen Ausweg finden, so dringen sie (con furia) zwischen den Küsten62 von Yucatanund Cuba, und zwischen Cuba, Floridaund den lucayischen Inselndurch; füllen schäumend den Canal von Bahamaund bewegen sich nördlich mit gleichem Ungestüm: bis, einen Ausweg findend aus dieser Enge, sie in dem offenen Meere einen breiteren Raum einnehmen können (hasta que se ensanchan por la mar). Ich wiederhole, daß in den Hauptzügen diese Schilderung vollkommen naturgemäß sei. 1Vergleichemein Examen crit. T. II. p. 254-257. Wie schnell in der neueren Zeit der Theil der physischen Erdkunde, welcher von der Temperatur des Meeres und seiner Bewegung in flußartigen Strömungen handelt, an Bestimmtheit und Klarheit zugenommen hat; drängt sich mir am fühlbarsten auf, wenn ich das Wenige, das man im Anfange dieses Jahrhunderts, bei meiner ersten Rückkunft nach Europa, über diese Gegenstände, besonders über die Temperatur der Südsee, wußte, mit dem vergleiche, was jetzt seit Maury'sgroßen, auch die Seereisen verkürzenden Arbeiten davon bekannt ist. Es konnte dem Fleiße eines vortrefflichen Beobachters2Carte de la température des eaux à la surface de la Mer des Antilles, du Golfe du Mexique et de la portion voisine de l'Océan Atlantique au-delà du parallèle du Cap Hatteras; par Mr. Charles Sainte-Claire Deville, 1852. möglich werden eine Specialkarte isothermer Linien des ganzen Meeres der Antillenund des Golfs von Mexicozu entwerfen. So hat (wie so oft beim Fortschreiten unseres Wissens geschehen) die Ergründung eines einzelnen örtlichen Phänomens (des Stroms warmer tropischer Wasser in der nördlichen atlantischen Zone, wie des Stroms kalter tropischer Wasser in dem sogenannten stillen Meere) auf die Untersuchung des allgemeinen63 Temperatur-Zustandes der flüssigen Decke des Erdballs geführt: eine Untersuchung, die der ganzen, durch Doveerneuerten Meteorologie eine neue Gestalt giebt: da das Meer 0,73 (fast ¾) der ganzen Erdoberfläche ausmacht, die Seeluft im ganzen geringeren Perturbationen als die Continental-Luft ausgesetzt ist, und deshalb (wie ich an einem anderen Orte gezeigt) das Auffinden meteorologischer Gesetze von den Regionen der mindesten partiellen Störungen, von den Tropenländern und dem epipelagischen Theile[der] Atmosphäre, ausgehen muß.

Zwei andere Elemente der Meeresströmungen, die Richtung und Schnelligkeit, konnten erst spät einer recht genauen Bestimmung fähig werden, weil es lange an sicheren und sehr allgemein anwendbaren Mitteln zu Längen-Bestimmungen fehlte. Diese Behauptung kann denen nicht auffallend scheinen, welche sich erinnern, daß, trotz der ersten glücklichen Versuche mit Uhren von [John] Harrison(1764) und Kendal(1773), und trotz der Autorität der Reisen von Cook, Bordaund Don José Varela, der allgemeinere Gebrauch der Chronometer doch nicht über das Jahr 1780 hinausreicht; und daß chronometrische Bestimmungen allein, weil sie bei heiterem Wetter zu jeder Stunde des Tages, ja, wenn der Horizont durch Mond - und Planetenlicht oder durch den Aufgang der Nebelflecke des südlichen Himmels gehörig erleuchtet ist, auch bei Nacht, zu erhalten sind, den Curs des Schiffes oder die Schiffsrechnung (point d'estime) von den vielfachen Fehlern der Logtafel, den Einwirkungen des Stromganges, der Mißweisung der Magnetnadel (Fehler der vorausgesetzten magnetischen Abweichung), wie der durch die Segelführung geschätzten Abdrift (Richtung des Leeweges) zu befreien vermögen. Die früh64 bekannte bekannte Methode der Ortsbestimmung in Hinsicht der Länge durch Mond-Distanzen war zu selten anwendbar, und erst nach langen Zwischenräumen für die Einwirkungen des Stromganges entscheidend: so daß lange nur durch Breiten-Bestimmungen die Richtung, die Schnelligkeit und Stärke der pelagischen Translations-Bewegung von den Piloten mit einiger Sicherheit erkannt werden konnte: besonders dann, wenn die Richtung der Strömung und der Curs (Schiffsweg), beide, wenig von der Richtung eines Meridians abwichen. Dieser Fall tritt in der Bahama-Straßezwischen 25° und 30° Breite, ja fast bis zum Parallel von Charlestown, ein. Auch war dieser Theil des Golfstroms schon im 16ten Jahrhundert, und zwar durch eine sonderbare Zufälligkeit, bekannt geworden. Der unternehmende, schon oben erwähnte Juan Ponce de Leon, ehemals Gouverneur von Portorico, hatte von einer Sage der Eingeborenen der Großen Antillengehört, nach der in Nordwesten ein fruchtbares Wunderland, eine Insel Bimini, liege:  auf der sie selbst schon vor der Ankunft der Spanier eine Ansiedelung gegründet, und in der eine Quelle und ein Fluß die Wunderkraft besäßen alte Männer und Frauen, die sich darin badeten, ursprünglich zu verjüngen. Diese Mythe von einem Brunnen als Jugend-Quelle (Fontaine de Jouvence) veranlaßte im Frühjahr 1512 die wichtige Entdeckung von Florida, dessen inländischer Name Cautio war. Juan Poncegelangte am 8 Mai 1512 schon bis zum Cabo Cañaveral, über einen halben Breitengrad nördlich vom Ende der Bahama-Straße; und nachdem er lange gegen die Strömung auf der Rückfahrt gekämpft, und eine genauere Kenntniß der Bahama -und lucayischen Inselneingesammelt, fand endlich sein Begleiter, Juan Perez de Ortubia, Ende Septembers 1512 zwar die Wunder-Insel65 Bimini1Oviedo, Hist. gen. de las Indias P. I. lib. 19 cap. 15; Petr. Mart. Oceanica Dec. II. lib. 10 (1533) fol. 42, b; Herrera, Dec. I. lib. IX cap. 12, lib. 10 cap. 16; Ramusio, Navigationi et Viaggi Vol. III. Venet. 1606 fol. 146; Navarrete, Coleccion de los Viages esp. T. III. p. 50-53. Es wurde eine solche Wichtigkeit auf das Land gelegt, in welches die Sage jene Wunderquelle versetzte, daß noch 1514 Ponce de Leon den Titel eines[Adelantado] de la Isla Bimini y de la Florida annahm. fast am südöstlichen Rande des Canals von Providence auf: ein grünes, wohl bewässertes Eiland; aber nicht die sehnlichst erwünschte Quelle: einen solchen Jungbrunnen, als ein Zeitgenosse, Lucas Cranach2Die Mythe von verjüngenden Quellen ist eine von den vielen, welche sich unter räumlich weit getrennten Völkern der Einbildungskraft in Folge ursprünglicher Gleichheit innerer Geistesanlagen darbieten mußten; es ist daher weniger sonderbar, bei den amerikanischen Ureinwohnern die Idee der Jungbrunnen (Jungelborn) ganz wie bei unseren Minnesängern des 13ten Jahrhunderts: im Titurel wie im Heldenbuche; bei Dichtern, die aus romanischen Quellen schöpfen, wie bei ganz deutschen, heimischen (sieheMuseum für Altdeutsche Lit. und Kunst von F. H. von der Hagen Bd. I. 1809 S. 259-262) aufzufinden. Es ist nicht auffallender, als von einem Indianer-Stamm, den Tamanaken am Orinoco, zu vernehmen, daß nach der großen Fluth Amalivaca und seine Frau das Menschengeschlecht dadurch erneuerten, daß beide Früchte der Palme Mauritia, wie Deucalien und Pyrrha Steine, hinter sich warfen (siehemeine Relat. hist. T. II. p. 238 und 587). Lucas Cranach war etwa 40 Jahr alt, als der Ruf von der Expedition nach Bimini, welche vielen Spaniern das Leben kostete, durch ganz Europa erscholl; und es ist mir nicht unwahrscheinlich, daß diese Begebenheit den großen Künstler angeregt habe einen Gegenstand zu behandeln, der ihm ohnedies aus dem alten Sagenkreise vaterländischer Dichtkunst bekannt war und den sein Zeitgenosse, Hans Sachs, in seinem Traumgesichte der Jungbrunn wiederum anmuthig belebt hatte. Wir ersehen aus Albrecht Dürer's Briefen, wie theilnehmend deutsche Künstler unter der Regierung Kaiser Carls V an allem waren, was im neu entdeckten Continente vorging. Des älteren Cranach's Bild (niederländische und deutsche Schule des Berliner Museums No. 56;sieheWaagen’s Verzeichniß 1832 S. 142) ist vom Jahr 1546: aber ohne Palmen, ohne Landschaft von Florida. , mit vielem Humor in einem Bilde dargestellt hat, welches das königliche Museum zuNote: Der Bogen ist fehlerfrei und kann ohne weiteres abgezogen werden< B>66 Berlinbesitzt. Juan Ponce de Leonhatte auf dieser Reise zum Piloten denselben Antonio de Alaminos1Herrera T. I. p. 134, 210 und 291. , welcher fünf Jahre später mit Francisco Hernandez de Cordovadie Küste von Campecheund die ersten alt-mexicanischen Bauwerke entdeckte. Der Schifffahrt in der Bahama-Straßekundig, schlug Alaminoszuerst diesen Weg vor, um aus den Antillenund aus Südamerikanach Spanienzurückzukehren. Bis dahin war man immer dem Beispiel von Christoph Columbusgefolgt, der auf seinen drei Expeditionen von dem östlichsten Theile der Insel Santo Domingounmittelbar gegen Nordost steuern ließ, und also die Rückfahrt neun Grad östlicher als durch die Bahama-Straßeantrat. Die Revolution, welche Alaminosdurch Kenntniß der Meeresströmung längs den Küsten von Floridain dem Systeme amerikanischerSchifffahrt hervorbrachte, war von den wichtigsten Folgen; denn fast ein ganzes Jahrhundert hindurch nahmen die englischenSchiffe, um die Küsten von Virginienzu besuchen, den langen Curs durch das inselreiche antillische Meerund die Bahama-Straße. Erst 1602, nach den ruhmvollen Unternehmungen von Raleighund Drake, wagte es Bartholomew Gosnold2Holmes, American Annals Vol. I. 1813 p. 117-119; Emma Williard, History of the United States 1828 p. 36; J. S. Barry, History of Massachusetts 1<8>55 p. 9-12; der genaue Reisebericht Cap. Gosnols nach dem nördlichen Theile Virginiens findet sich in Purchas Pilgrimes Part IV. p. 1647-1651. eine directe Schifffahrt von Englandgegen Westen zu eröffnen, indem er, wie schon oben bemerkt, von Falmouthgeraden Weges nach der Halbinsel von Cap Cod( Massachusetts) segelte und in weniger als vier Monaten, zum größten Erstaunen seiner Landsleute, nach Europazurückkehrte. Dieser Rückblick auf die Geschichte der Schifffahrt und die67 allmälige Einführung der Curse, auf denen heute der atlantische Ocean, als auf großen Heerstraßen, durchschnitten wird, zeigt, wie früh spanischeund englischeSeefahrer Kenntniß von der Wirkung des Golfstromes erlangt hatten.

Die weitere nordöstliche Erstreckung desselben war dem Scharfblick des großen Seemanns, Sir Francis Drake, nicht entgangen. Das allzu frühe Erreichen der südlichen Spitze der Bank von Neufundland; die allzu frühe Ansicht der Inseln Corvound Flores; wie die Richtung, welche, mittelst der Strömung, die einzeln schwimmenden Streifen von Seetang erst gegen NNO, dann gegen Osten selbst, endlich gegen OSO annehmen: belehrten nach und nach die Schiffer über den partiellen Gang eines Stromes, welcher verursacht, daß, je nachdem man von Amerikanach Europaoder von Europanach Amerikasegelt, das Besteck des Schiffes zurück oder voraus bleibt: d. h., daß man die Küsten früher oder später erreicht, als man es erwartete. Dreizehn Jahre vor Franklin'sersten Thermometer-Beobachtungen und 18 Jahre vor dem allgemeineren Gebrauch der Chronometer, im Jahr 1762, wurde der Golfstrom in seiner ganzen Ausdehnung schon in dem selten gewordenen Atlantic Pilot von William Gerard de Brahmbeschrieben. Historische Untersuchungen über die allmälige Entwickelung einer kosmischen Ansicht lehren, wie das Auffinden des Allgemeinen immer von der genaueren Kenntniß des Besonderen veranlaßt wird; ohngefähr wie die alte Bemerkung über den Temperatur-Unterschied der einander gegenüberstehenden amerikanischen und europäischen Ost - und Westküsten (die Verbreitung europäischer Civilisation an zwei heteronymen Littoralen, gleichsam an den Ufern des atlantischen Längenthals) mich so leicht zu der Theorie der Isothermal-Linien führen konnte.

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Ichhabe in einer anderen Abhandlung1Ueber die Haupt-Ursachen der Temperatur-Verschiedenheit auf dem Erdkörper, in denderBerlinerAkademiederWissenschaftenaus demJahre1827, S. 31142 (sieheoben S. 23-24). zu zeigen versucht, wie das mildere Klima von Europagroßentheils gegründet ist in seiner Küsten-Lage; in den Bedingnissen der Erdstellung zu einem nahen Meere: nämlich in dem Umstande, als westlicher Theil der alten Feste von den, in der temperirten Zone vorherrschenden Seewinden aus SW und W, während der kältesten Jahreszeit, erwärmt zu werden (von Winden, die mit einem wenig erkalteten Meere in Berührung waren; mit Wasserdampf geschwängert sind, aus dessen Niederschlag sich Wärme entbindet und, Nebel und Gewölk erregend, die Wärme-Ausstrahlung des Bodens mindert); in der Gliederung des Continents und den Bedingnissen der Erdstellung zum Aequator und der continentalen Tropen-Region von Afrika, welche heiße Luftschichten, in sich senkenden Strömen, den nördlichen Gegenden zusendet; endlich in den Bedingnissen der Erdstellung zum Pole: indem Europaweniger als andere Welttheile gegen Norden ausgedehnt ist, und einem, meist eisfreien, arctischen Meerbusen zwischen Island, Spitzbergenund dem scandinavischen Nordcap (da, wo die Sommer-Grenze des Eises sich gegen den Pol zurückzieht) gegenübersteht. Durch diese Verhältnisse wird die östliche Verlängerung des Golfstroms begünstigt, im hohen Norden von Europadie Wärme des Meeres vermehrt, und letzteres dem Verkehr der Völker, wie theilweise ihrer Gesittung zugänglicher gemacht. Das westliche Europaverhält sich in Hinsicht des Klima's zum östlichen und zu Nord-Asienwie die kleine Halbinsel Bretagnezu dem übrigen Frankreich. Je weiter man gegen Osten fortschreitet, vom Meridian von Königsbergan: desto mehr nimmt69 die ungegliederte, massenartige Ausdehnung des Continents und mit ihr eine veränderte Richtung (die allmälig concav werdende Inflexion) der Isothermen zu; desto schwächer wird der wohlthätige Einfluß des atlantischen Meeresund der (wie schon oben berührt) auf zwiefache Weise erwärmenden Westwinde (durch Mittheilung der, im Contact mit der Meeresfläche empfangenen Temperatur, und in weit höherem Maaße durch Niederschlag oder Tropfbar-Werden der mitgeführten Dämpfe); desto mehr geht, um mich des glücklichen Ausdrucks von Leopold von Buchzu bedienen, das Littoral-Klima in ein Continental-Klima mit heißen, dürren Sommern und übermäßig strengen Wintern über. Dieser östlichste Theil des nördlichen Europa'sschließt sich in Klima, Beschaffenheit des Bodens und Vegetations-Armuth so sehr dem nördlichen Asienan, daß ein Reisender, welcher von den Heideländern am Ausfluß der Schelde ununterbrochen gegen Osten (den Uralüberschreitend) bis zur Barabinskischen Salzsteppe und zum Obi-Stromewandert, geneigt sein wird, wie der ehrwürdige Vater der Geschichte unter den Hellenen, Herodot1Herod. III, 116; IV, 42 und 45 (Schweigh. ad Herod. T. V. p. 114 und 204). , das nördliche Asienjenseits des caspischen Meeresund jenseits Herodots Arares (des Jarartes oder Sihun), nördlich vom Himmelsgebirge, für eine Fortsetzung des europäischen Continentszu halten und es mit gleichem Namen zu bezeichnen.

Ich habe bis hierher die Elemente der Wärme-Vertheilung so geschildert, wie ich sie in den Sitzungen unserer Akademie in den Jahren 1827 und 1833 vorgetragen. Es sind diese Elemente zu meiner Freude von einem Manne, der in großen und geistreichen Arbeiten die ganze Lehre der70 Wärme-Vertheilung vielfach erweitert und numerisch neu begründet hat, an<schaulich>berichtigt worden. Ich darf also nicht versäumen einige der Hauptresultate einzuschalten, die mein theurer Freund, Professor Dove, als Früchte mühevoller Untersuchungen aufgestellt hat. Man hat mit Unrecht vergessen , heißt es in der, 1848 erschienenen Abhandlung und den Temperatur-Tafeln der periodischen Veränderungen (S. 111 und 113), daß die Berechnung der mittleren Windesrichtung eine reine Abstraction ist; man hat, da in der gemäßigten Zone überall die mittlere Windesrichtung auf die Westseite fällt, geradezu die Bewegung der Luft in der gemäßigten Zone sich als einen die Erde von West nach Ost umkreisenden Strom gedacht. Die Gestalt der Isothermen erkläre sich daher nach dieser Annahme einfach dadurch, daß die wärmere Luft über dem Meere bei diesem Fortschreiten nach Ost ihre Wärme über die Westküste der Continente verbreite; wenn sie an der Ostküste ankomme, aber bereits abgekühlt sei. Sucht diese Erklärung den Grund der Erwärmung der Küsten in der bei dem Niederschlag der Wasserdämpfe frei werdenden Wärme, so bleibt sie zunächst die Beantwortung der Frage schuldig, warum denn über dem Meere selbst, wo doch diese nachher frei werdende Wärme gebunden wird, die Temperatur im Mittel höher ist als über dem Continent. Sie scheitert aber an zwei, nun entschieden erwiesenen Erscheinungen: 1) daran, daß zu keiner Zeit im Jahre, selbst im Mittel vieler Jahrgänge, ein solcher gleichgerichteter Strom existirt; 2) daß er in der Regel, d. h. für einzelne Jahrgänge, gar nicht existiren kann, da Berechnung mehr als ein Jahrhundert umfassender Beobachtungen beweist, daß Europain derselben Zeit ungewöhnlich warm ist, wenn Amerikaeine verhältnißmäßig sehr niedrige Temperatur zeigt,71 und umgekehrt. Daß nun ein kalt von Amerikaabgehender Westwind in Europawärmer ankommen soll als ein in Amerikabereits erwärmter, wird wohl Niemand mit Ernst behaupten wollen. Der von Luftströmen abhängige Grund der Erwärmung der Westküsten liegt vielmehr darin, daß eben diese südwestlichen Winde ursprünglich südliche sind, welche durch die veränderte Drehung der Erde eine westliche Ablenkung erlitten haben. Kommen diese südlichen Winde von einem Meere, so werden sie in der niederen Breite viel Wasserdampf aufgenommen haben, der sich in der höheren Breite niederschlägt, und dadurch die Wärme in nördlicheren Gegenden frei macht, welche in südlichen gebunden wurde. Dringt, wie im atlantischen Meere, ein wärmerer Meeresstrom nach Norden, so werden die westlichen Winde auch zur Erwärmung der Küsten beitragen. Die über dem tropischen Afrikaaufsteigenden Ströme werden, wo sie nördliche Breiten berühren, diese ebenfalls erwärmen; aber ihnen fehlt die, bei dem Niederschlag beleitender Dämpfe frei werdende Wärme, welche die vom Meere aufsteigenden Luftströme auszeichnet.

Noch bestimmter drückt sich Dovein einem 1852 erschienenen, gehaltvollen Werke: Die Verbreitung der Wärme auf der Oberfläche der Erde erläutert durch Isothermen, thermische Isanomalen und Temperaturcurven (S. 17), über den Einfluß von Afrikaaus: Bei den Jahres-Isothermen zeigt sich, daß, wo die tropische Zone fest ist, die darüber liegende gemäßigte oder kalte Luft eine erhöhte Temperatur erhält. In diesem Sinne entsprechen der festen Grundfläche des tropischen Afrika'sdie convexen Scheitel der europäischen Isothermen, der überwiegend flüssigen in West - und Ostindien die concaven Scheitel Amerika'sund Asiens. Man72 hat daher in Afrikaaufsteigende, in höheren Breiten herabsinkende Luft als Grund angegeben für die verhältnißmäßige Milde Europa's; dabei aber vergessen, daß den europäischen ganz analoge Temperatur-Verhältnisse jenseits der Rocky Mountainsan den Westküsten Amerika'ssich finden, wo man sich in der Weite des stillen Oceansvergeblich nach einem tropischen Festlande umsieht. Auch konnte diese Erklärung wenigstens im Winter nicht geltend gemacht werden, wo die Temperatur des Inneren von Afrikaniedriger als die des atlantischenund indischen Oceansist. Für den Sommer sie anzuwenden, hat ebenfalls für die eine Schwierigkeit, welche die kalten Sommer Europa'sals etwas Bezeichnendes seines Seeklima's hervorheben, während die afrikanische Sommerhitze doch den entgegengesetzten Effect haben sollte. Luft, welche unter dem Aequator aufsteigt, kommt dazu von Punkten größerer Drehungs-Geschwindigkeit: erfährt also, je weiter sie nach den Polen vordringt, eine desto größere Ablenkung. Weither kommende Südwinde werden daher auf der nördlichen Erdhälfte West, eben so wie weither kommende Nordwinde zuletzt Ost. Luft, welche über Afrikaaufsteigt, trifft deswegen eher Asienals Europa: die Wiege unserer südlichen Winde ist aus diesem Grunde nicht die Sahara, sondern Westindien.

Nach der speciell<e>re<n>Kenntniß, welche man in neueren Zeiten von den Windesrichtungen, besonders an den Ostküsten Asiensund den Westküsten Amerika's, erlangt hat, kann das kältere Winter-Klima des östlichen Littorals allerdings nicht vorzugsweise westlichen Winden zugeschrieben werden, die über einen mit Schnee und Eis bedeckten Continent hinwehen und ihre Kälte den Ostküsten mittheilen. In Ochotskund auf der Halbinsel Kamtschatkasind die Nordost-Winde überwiegend.73 In Tigilskist die mittlere Windesrichtung, genau bestimmt, S 54° O. Erst in Irkutskwehen NNW-Winde sieben Monate des Jahres hindurch. Obgleich , sagt Erman, die gesammte oder durchschnittliche Wärme-Menge, welche Orte an der Ostküste von Asienerhalten, noch beträchtlich kleiner ist als für denselben Parallelkreis in Europa, und zwar selbst in seinen östlicheren Theilen; so ist sie doch schon wieder weit größer als im Inneren des nord-asiatischen Continents, namentlich aber unter dem Meridian von Jakutsk. Die Nächte der wärmsten Jahreszeit sind an der asiatischenOstküste bei lat. 59° 36′ fast genau so milde als an der amerikanischenbei 38° 56′, wo man Wein und Oliven gewinnt. Bei Ochotsksind die seltenen Wärme-Verhältnisse durch häufige Trübungen bedingt. ( Adolf Erman, Reise um die Erde Bd. II. S. 67; Bd. III. S. 20, 24, 27, 179 und 564.) Wenn aber auch derselbe Südwest-Wind, welcher dem westlichsten europäischen Theile des Alten Continentsdas seiner geographischen Breite zukommende Klima mildert, nicht bis zu der Ostküste hinweht; so ist doch denkbar, daß ohne eine Luftbewegung, welche an einer Windfahne bemerkbar wird, die über großen Schnee - und Eismassen im Meridian von Jakutskerkalteten Luftmassen durch Contact und Mittheilung, wie sie elastischen Flüssigkeiten eigen ist, nebenliegende Luftschichten erkälten. An der Ostküste von Nordamerika, sagt Kämtz(Lehrbuchder Meteorologie Bd. II. S. 42), sind die westlichen Winde die Landwinde, wie in Ost-Asien; bei ihnen erfolgt schnelle Verdunstung, und die Temperatur sinkt: während die östlichen Winde Dämpfe mit sich führen, deren Wärme beim Niederschlage die Temperatur etwas erhöht.

Indem ichseit vielen Jahren bemüht gewesen bin die74 empirische Seite des Problems der Wärme-Vertheilung auf der Oberfläche der Erde so zu behandeln, wie Lambertes auf eine gelungnere Weise von der theoretischen Seite gethan hat; so habe ich mein Haupt-Augen-merk auf den Einfluß der Vertheilung des Festen und des Flüssigen gerichtet, und so das reale Klima an der Stelle des solaren in die Wissenschaft eingeführt . Ich mußte daher die wichtige Frage anregen: ob die räumlichen Verhältnisse der die Tropenzone ausfüllenden Continental-Massen zu den Ländern in der gemäßigten und kalten Zone; ob der Umstand, daß Afrikaim Süden von Europaliegt: das Klima des letzteren Welttheils im ganzen wärmer machen . Dovehat allerdings mit vielem Rechte darauf aufmerksam gemacht, daß die Ablenkung nach NO, welche jeder unter dem Aequator aufsteigende Luftstrom durch die Rotation der Erde erleidet, in weit höherem Grade das östliche Asienals Europatreffen würde. Ich glaube erinnern zu können, daß der Winkel dieser Ablenkung als Total-Effect schwer genau zu bestimmen ist, da die Ablenkung weit westlicher, gegen Asienhin, gerichtet ist aus den dem Aequator näheren Theilen als in der nördlichsten Sahara, welche den Raum zwischen den Parallelen von 29° und 17° ausfüllt, ja gegen Aegyptenhin als libysche Wüsteden 31ten Grad übersteigt. Dazu erstreckt sich ein Theil von West-Afrika 9 Längengrade weiter gegen Westen als das westlichste Europa. Die relativ nördlicheren und westlicheren Theile von Afrikasind am meisten geeignet warme Luftströme nach Europagelangen zu lassen; und ein Gewinn an Wärme von Ost-Asien würde auch auf das östliche Europawirken. Mit der Erwärmbarkeit des Bodens durch Insolation lebhaft beschäftigt auf meiner südamerikanischenReise und später mit Aragoin der Umgegend von Paris, wurde ich von der75 Idee angeregt, daß die afrikanischeLuft (die Saharaallein hat über 126100 geographische Quadratmeilen, ist also an Flächeninhalt mal größer als das Mittelmeer1Humboldt, Voyage aux Régions équinox. T. III. p. 35. ) eine der Wärmequellen für unseren Continentsein könne. Sir John Herschel2Outlines of Astronomy 1849 p. 218. » According to the account of Captain Sturt's exploration in Australia, the ground was like a molten surface, and if a match accidentally fell upon it, it immediately ignited. « Sir John Herschel glaubt, daß eine kleine Reibung (gegen Sandkörner) in the act of withdrawing the luciter match zur Entzündung beigetragen haben kann, da dieselbe durch Druck auf einer weichen Fläche 212° F. (100° C.) Wärme bedarf. hat in Süd-Afrikain der Nähe der Capstadtdie Temperatur des Bodens bis 159°Fahrenheitoder 70°,5 des hunderttheiligen Thermometers steigen sehen. In der Tropengegend habe ich den weißen Granitsand in den Llanos von Calabozo(lat. 56′) bis 57°,2, bei den Cataracten von Maypures(lat. 13′) bis 60°,3 Cent. durch Sonnen-Einstrahlung erhitzt gefunden. 3Humboldt, Voy. aux Régions équinox. T. II. p. 376. In Maypures am Orinoco war die Luft gleichzeitig 29°,6 C. Bis 3 Uhr Morgens war die Temperatur des Sandes bis 36°, die der Luft nur bis 26° gesunken. Ueber die mittlere Luft-Temperatur der Saharain der heißesten und kältesten Jahreszeit sind wir noch in größter Unwissenheit; denn Beobachtungen einzelner Tage in Maximum und Minimum können bei verschiedener Windesrichtung nicht entscheiden. Wir kennen nur nach Monaten und Jahreszeiten die Temperatur einiger bewohnter südlicherer Orte, deren Temperatur-Verhältnisse ich nach Schouw(Tableau du Climat et de la Végétation de l’Italie 1839 p. 21) und Dove(Temperaturtafeln über Verbreitung der Wärme und ihre periodische Veränderungen 1848 S. 42) in eine Tafel zusammengestellt, und mit westindischen Winter - und Sommer-Temperaturen verglichen habe. Wenn es erlaubt sein76 könnte aus diesen kleinen Gruppen von je 4 Zahlen Mittel zu ziehen, so würde, wie schon Dovebemerkt hat, die Jahreszeit (December, Januar, Februar), welche man in der gemäßigten Zone Winter nennt, im tropischen Afrikakälter als im tropischen Amerikasein (doch nur in dem unbedeutenden Verhältnisse von 24°,9 zu 26°,1); dagegen erreicht aber der wärmste Monat des Jahres in Afrika(wohl als Folge der Insolation in großen baumlosen Ebenen) eine auffallend hohe Temperatur von 30° und 33°,7.

AfrikaMonate: Dec., Jan., Febr.Monate: Juni, Juli, Aug.Jahres - Mittelwärmster Monat (alles nach centigr. Thermometer
Christianberglat. 24′27°,429°,027°,229°,2
Kukalat. 12° 51′23,828,728,233,7
Niger(Quorra) lat. 5°-9°28,829,029,331,7
Kobeyh(Darfur) lat. 14° 11′19,930,026,530,3
AmerikaDec., Jan., Feb.Juni, Juli, Aug.Jahrwärmster Monat
Cumanalat. 10° 28′27°,028°,227°,429°,2
St. Thomaslat. 18° 21′26,528,127,328,6
Kingstonlat. 17° 50′25,927,426,727,5
Tortolalat. 18° 27′25,127,126,027,8
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Eine große Sonderbarkeit des mittel-afrikanischen Klima's ist es aber, daß bisweilen plötzlich eine Kälte eintritt, wie dieselbe in anderen Tropenländern ganz ungewöhnlich ist. Wenn in Westindien( Santo Domingo, Jamaica, Guadalupeund Martinique) die Luft-Temperatur nächtlich, ja bei Sonnen-Aufgang, nicht tiefer1Humboldt, Rel. hist. du Voyage T. III. p. 373. In der Havana, wo in der größten Intensität der Nordsturm das Thermometer bis 7°½ herabdrückt (T. III. p. 378), hat Ferrer in einer schönen dreijährigen Beobachtungsreihe dasselbe nie unter 16°,4 gefunden. als bis 18°,5 oder 19°0 herabsinkt; wenn ichin Cumana2A. a. O. p. 315. in vielen Monaten nie ein Minimum unter 20°,8 bemerkt habe, das aber von den Einwohnern schon mit dem Namen der Kälte bezeichnet wird: so hat dagegen Clappertonauf dem Wege von Kukanach Sayatuim Lande Haussa (ohngefähr lat. 13°) im December das Wasser mit Eisstücken belegt und beim Aufgang der Sonne das Thermometer auf 5°,6 steigen sehen. Mein sibirischerReisebegleiter Ehrenberg3Humboldt über die Haupt-Ursachen der Temperatur-Verschiedenheit50 S. 9 (oben S. 10). Diese so sonderbaren Erkaltungen der Luft in einer tropischen Zone verlieren gar nicht von ihrer Anomalie durch hypsometrische Betrachtungen. Des Astronomen Vogel ganz neue Barometer-Messungen lehren, daß im Centrum von Afrika der See Tschad in Bornu (nahe dem Lande Haussa) nur 800 Fuß über dem Meeresspiegel liegt. Die Erhebung der Wüste im NW des Sees fand Vogel nur zu 1200 Fuß. Da Khartum nach Rußegger 1525 Fuß Höhe erreicht, so kann die Höhe, in welcher Ehrenberg sich befand, wohl auch nicht beträchtlich (unter 1000 Fuß?) gewesen sein. fand in Dongola(ohngefähr lat. 19° 5′) bei Nordwind auch im December 3°,1. Trotz dieser sehr anomalen, zufällig und selten eintretenden Erkaltungen, und des Anscheins einer in Vergleichung mit Cumanaund Westindien relativ geringeren Mittelwärme der Monate December, Januar und Februar, welche die obige kleine Tabelle darbietet; bleibe78 ich doch geneigt zu glauben, daß von gleich großen Räumen der Aequinoctial-Zone, die mit Meerwasser oder mit Continental-Massen erfüllt sind, die letzteren im ganzen Jahr eine größere Menge von Wärme hergeben; daß die Aequator-Gegenden in der nördlichen und südlichen Hemisphäre da mehr wärmend wirken, wo sie, wie in Afrika, in Südamerikaund Australien, continental: als da, wo sie, wie in der Südsee, in der Mitte des indischenund des atlantischen Meeres, oceanisch sind. Wenn wir Beobachtungen über die Mittel-Temperatur der großen Sahara-Flächevon Jahren und Jahreszeiten besäßen, so würden die in der Tabelle gegebenen Resultate wesentlich verändert werden: doch in geringerem Maaße, als ich ehemals vermuthet hatte, weil, was dem Ocean, einer diaphanen, tropfbaren Flüssigkeit, an Erwärmbarkeit durch Einstrahlung abgeht, durch das zu Boden Sinken der erkälteten Wassertheile beträchtlich ersetzt wird . 1SieheDuperrey sur la tendance constante de l'eau de conserver sa température, eine von mir veranlaßte Arbeit, in Humboldt, Rel. hist. du Voy. T. III. p. 524. Aus der Gesammtheit der täglichen, fast stündlichen Beobachtungen, welche die Frucht der Weltumseglung von du Petit Thouarsgewesen sind, folgt, daß die Temperatur des Meeres, welche beim Versinken des Continents von Afrikadasselbe Arèal erfüllen würde, in der Aequinoctial-Zone eine Temperatur zwischen 26°,6 und 26°,9 haben würde. 2Arago in den Comptes rendus de l'Acad. des Sciences T. IX. (1839) p. 310. Sollte die analoge Continental-Temperatur von Mittel-Afrika im Mittel 29° übersteigen?

Da ich früh erkannt habe, wie wichtig die Kenntniß der Winter-Temperatur des atlantischen Ozeansfür die Klimatologie von Europasei, und da numerische Angaben darüber in79 gedruckten Schriften gänzlich fehlten: so habe ich, während eines langen Aufenthalts in Frankreich, besonders von 1814 1826, oft Gelegenheit gefunden geübte Beobachter, welche in den verschiedensten Jahreszeiten nach den Küsten von Nordamerika, nach der Havanaund Veracruzoder nach Rio Janeirosegelten, mit Thermometern zu versehen, die von Gay-Lussac, Aragound mirso sorgfältigst geprüft waren. Um Fixpunkte, d. h. Elemente zu erhalten, ohne deren Besitz unsere meteorologischen Lehrgebäude so lange grundlos geblieben sind, ist die Prüfung der Thermometer wie die Anwendung genauer astronomischer oder chronometrischer Ortsbestimmung in dem durchsegelten Meeresstriche unbedingt nothwendig. Mehr als 700 Beobachtungen haben mir die Maxima und Minima, so wie die mittleren Temperaturen der Sommer - und Wintermonate in dem nördlichen Theile des atlantischen Meeresvon bis 45° Breite gegeben. 1Sieheeine Tabelle von 118 ausgewählten Resultaten der verschiedensten Monate in der Relat. hist. T. III. p. 519 521: in welcher alle Temperaturen nach dem hunderttheiligen Thermometer, wie in der vorliegenden Abhandlung über die Meeresströmungen, angegeben sind. In der früher citirten Arbeit vom Jahre 1827 über die Haupt-Ursachen der Temperatur-Verschiedenheit54 sind dagegen die Grade die des achtzigtheiligen Thermometers. Die Länge ist vom Meridian von Paris gerechnet, wenn nicht eine andere Bestimmung ausdrücklich bemerkt ist. Die Seemeilen (ein leider! in unserer Sprache sehr unbestimmter Ausdruck!) sind zu 60 auf einen Aequatorial-Grad gerechnet: also französische milles marins, deren drei eine lieue marine ausmachen. Der geographischen Meilen gehen 15 auf . Aragound ichlegten einen besonderen Werth auf die genauen Beobachtungen unseres Freundes, des Generals Baudrand, der im Januar 1826 nach den Antillenging, und der mit Instrumenten versehen war, welche vor der Abreise mit denen des PariserObservatoriums verglichen waren. Der General fand das Meerwasser in lat. 46° 42′, long. 15° 55′ zu 12°,8;80 in lat. 41° 32′, long. 20° 15′ zu 14°,2. Ich erwähne hier der Temperatur der Oberfläche des Wassers, fern vom Gulfstream und dem Einfluß der Untiefen, im Monat Januar:

Geogr. BreiteTemperatur des Meeres (Januar)Luft-Temperatur (Januar)Unterschied
45°12°,3 C. Mailand0°,6 C.11°,8 C.
4014,5 Rom7,37,2
3516,9 Malta13,83,1
3018,7 Cairo14,24,5

Den Winter-Temperaturen des Meerwassers an der Oberfläche habe ich die correspondirenden Januar-Temperaturen von Städten beigefügt, die ohngefähr unter gleicher Breite liegen. Die Unterschiede sind in dem Parallel von Mailandfast 12°, und nehmen mit der Entfernung vom Aequator sehr schnell ab. Nur sehr selten habe ich gefunden, daß im Januar zwischen 45° und 50° Breite die Meer-Temperatur bis unter 10° C. herabgesunken1Maury's Sailing Directions for 1853 p. 270: nur in dem sehr kalten Winter von 1850, wo lat. 42° 50° das Meer eine Temperatur von Cent. hatte. Dove's vortreffliche Isothermen-Karten der Monate geben für die Mitte des atlantischen Oceans etwas westlich vom Meridian der Azoren, fast wie ich, für lat. 38° die Temperatur von 15°, aber für lat. 40° und 45° den Ocean um mehrere Grade kälter als ich: 10° schon in lat. 41°. Ich stütze mich auf Meereswärmen des Parallels von 45°: Im Januar 1822 Sabine 12°,9; im Jahr 1826 Baudrand 12°,8; 1826 Martin 12°,2; 1820 Alaman 11°,2. Die letzte Temperatur erhielt sich bis lat. 46° 49′. ist. An der Nordwest-Küste von Norwegen, zwischen 65° und 70° Breite, ist die Temperatur des Oceans an der Oberfläche noch 5°,6 C.: wenn auf dem nahen Continente die mittlere Temperatur der Monate schon viele Grade81 unter den Gefrierpunkt sinkt. 1Sabine, Pendulum Experiments p. 456. An einer Ostküste (der von Labrador) ist bereits zwischen 57° und 58° Breite der Unterschied der Land - und Meerluft im Winter, im Mittel, 12° bis 14°½.

Die Genauigkeit dieser numerischen Elemente ist durch die Beobachtungen, welche der große Geograph, Major Rennell, dreißig Jahre lang über Richtung, Schnelligkeit und Temperatur der Strömungen im atlantischen Oceangesammelt hat, auf eine merkwürdige Weise bestätigt worden. Das wichtige Werk: An Investigation of the Currents of the Atlantic Ocean, and between the Indian Ocean and the Atlantic, ist endlich, im Jahre 1832, nach den hinterlassenen, freilich etwas fragmentarischen Papieren des würdigen Mannes erschienen; aber leider! ohne übersichtliche Tabellen und ohne Aufstellung der mittleren Resultate. Um diesem Mangel abzuhelfen, habe ich aus seinen Karten folgende Winter-Temperaturen in denjenigen Theilen des Oceans, welche von dem warmen pelagischen Flusse, dem Gulf-Stream, entfernt sind, zusammengetragen:

Nach Rennell:

Breite48°-52°Jan. bis April:49°-54° F.(7°,5 9°,7 R.) nördlich vom Golf-Strome bei 14°½ - 37°½ westl. Länge
45° Januar .52°-53°(8°,8 9°,3 R.) bei 12°½ - 40°½ westl. Länge
39° Februar .57°,5(11°,3 R.) bei 65°½ - 67°½ westl. Länge
2Investig. p. 213.
2
35°-42°Jan. und Febr.58°-60°(11°,5-12°,4 R.) östlich von den Azoren
25°-30°Febr. und März63°-64°(13°,7-14°,2 R.) zwischen Teneriffaund den Azoren; etwas zu kalt wegen der Strömung gegen Süden.
Note: Der Bogen ist fehlerlos und kann ohne weiteres abgezogen werden B
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Aus diesen Resultaten kann man durch Interpolation ableiten1Der Zweck meiner Reise nach England im Jahr 1827 war hauptsächlich der, alle Resultate über das Maximum der winterlichen Erkältung des atlantischen Oceans zwischen 40° und 48° N. B., die ich selbst gesammelt, mit denen des Major Rennell zu vergleichen und, falls die Manuscripte des trefflichen Mannes, wie man damals besorgte, nicht gedruckt würden, numerische Elemente, die für die Klimatologie von Europa so wichtig sind, der Vergessenheit zu entreißen. Rennell theilte mir damals mit: Meeres-Temperatur im Winter und Sommer:Br. 50°Jan.48° Fahr. (8°,8 C.)Aug.62° Fahr. (16°,6 C.)40°55° F. (12°,7 C.)69° F. (20°,5 C.)30°63° F. (17° C.)75° F. (23°,8 C.)Diese Winter-Resultate sind um 1°,3 C. niedriger als die Resultate, welche ich aus dem 1832 erschienenen Werke ziehe: wahrscheinlich, weil der kranke und bejahrte Mann den meteorologischen Untersuchungen ziemlich fremd war und bei meinem damals kurzen Aufenthalte in London nicht Mittelzahlen aus allen seinen Beobachtungen gezogen hatte. für den Januar:

Breite Rennell Humboldt
50°8°,6 R. (10°,7 C.). ……………….
45°9°,0 R. (11°,2 C.)9°,8 R. (12°,3 C.)
40°11°,3 R. (14° C.)11°,6 R. (14°,5 C.)
35°12°,5 R. (15°,6 C.)13°,7 R. (17°,1 C.)
30°14°,2 R. (17°,7 C.)18°,0 R. (18°,7 C.)

Die Uebereinstimmung dieser, aus ganz verschiedenen Beobachtungsreihen gezogenen Resultate ist innerhalb eines Réaumur 'schen Grades; und um so auffallender, als, nach Rennell's eigenem Geständniß, er gar keine besondre Aufmerksamkeit auf die Vergleichung der von den Seefahrern angewandten Thermometer hat wenden können. Dieser letzte Umstand scheint den von mir erlangten numerischen Elementen einigen Vorzug zu geben. Wo nicht durch Strömungen Wasser verschiedener Breiten und also verschiedener Temperaturen gemischt werden, ist die Gleichheit der Meereswärme in derselben Jahreszeit so groß, daß83 z. B. in der Südseeich auf Flächen, die größer als Deutschlandsind, mehrere Tage hinter einander keine Differenzen über bis 1°,8 C. bemerkt habe. Man traut kaum seinem Auge, wenn man diese gleichmäßige Vertheilung der Wärme in so weiten Räumen des Flüssigen beobachtet.

Die eben ermittelten Zahlen bieten den besten Beweis für die, unsere europäischeWinterkälte mildernden, feuchten Westwinde dar. Wir sind zu dem unerwarteten Resultate gelangt: daß in der Breite des nördlichen Deutschlands, selbst außerhalb des Golfstroms, die Oberfläche des atlantischen Oceanseine Winter-Temperatur hat, welche (nach Gambart's Beobachtungen) die mittlere Januar-Temperatur von Marseilleum 3°,6 übertrifft, ja der mittleren Januar-Temperatur von Palermo1Marseille: Mittel-Temperatur des Jahres 14°,1 C., des ganzen Winters 6°,0; Palermo: 17°,2; Winter 11°,4. nach Marabitti's Beobachtungen gleichkommt. So langsam ist die Erkältung einer großen Wassermasse, so wirksam das Herabsinken der erkälteten Wassertheile, oder das Bestreben alles Verschiebbaren (Flüssigen), trotz des großen Verlustes durch Wärme-Strahlung und Verdunstung, die Erkältung der Oberfläche zu vermindern. 2Humboldt, Fragmens de géologie et de climatologie asiatiques T. II. p. 558. Das Minimum der Meeres-Temperatur in der gemäßigten Zone fällt, nach scharfsinnigen Untersuchungen von Kämtz3Lehrbuch der Meteorologie Bd. II. S. 115. , zwar nicht in den Januar, sondern in den Februar und Anfang des Monats März; aber die Unterschiede der mittleren Temperaturen von Januar und März sind kaum 0°,3 R.: also bei der Vergleichung, die uns hier beschäftigt, zu vernachlässigen.

Der General Baudrand, welcher im Januar 1826 von84 Brestnach Cayenneabsegelte, fand mit einem von Aragoverglichenen Thermometer das atlantische Meergenau:

Breite46° 42′und Par. Länge15° 55′am 18 Januar9°,7 R. (10°,1 C.)
45° 12′ 17° 37′ 19 10°,3 R. (12°,8 C.)
43° 18′ 19° 38′ 20 10°,5 R. (13°,1 C.)

also noch wärmer, als ich oben für diese Parallelen angegeben. Eben so war nachCapitän Sabine1Pend. Exper. p. 429. in Br. 47° 30′, also ohngefähr in dem Parallel von Zürichund Inspruck(bei 50′ westl. Par. Länge), das Meer im Januar 1822 noch über 49° F. (9°,3 C.). Diese Resultate verdienen schon deshalb besondere Aufmerksamkeit, weil Winter-Beobachtungen der Meer-Temperatur in hohen Breiten selten erlangt werden; und wenige Beobachtungen, mit wohlgeprüften Thermometern angestellt, einer großen Zahl unsicherer, nur durch zufällige Compensationen sich ausgleichender vorzuziehen sind. Die große Masse neuer Resultate, welche die physische Erdbeschreibung der Reise des Herrn Adolph Ermanverdankt, lehrt, daß auch die Nordost-Küste des Alten Continentsden Einfluß des Meeres auf die Erhöhung der Temperatur erfährt. 2Siehedie Anwendung von Erman's Beobachtungen in Kämtz Bd. II. S. 589.

Der die Winterkälte des Continents mildernde Einfluß des Meerwassers wird, in dem atlantischen Oceane, beträchtlich erhöht durch den, der Bewegung nach schon von spanischenSeefahrern aus dem Anfang des 16ten Jahrhunderts und von Sir Francis Drake, der Temperatur nach zuerst von Franklinund Blagdenerforschten Golfstromes: welcher, von Westwinden begünstigt, tropische Früchte und Saamen der irländischenund norwegischenKüste zuführt. Seine Temperatur ist zwischen den85 Parallelen von Bordeauxund Cadix(wenn man älteren Beobachtungen die neueren vonCapitän Andrew Livingston, Roddund Beaufortbeizählt) im August und September, also in der heißesten Jahreszeit für die Meereswärme, zwischen 19° und 22° R. (23°,7 27°,5 C.): wenn außerhalb des pelagischen Stromes in derselben Zeit das Meer 14°,4 und 17°,2 hat1Das ist das Resultat der von mir gesammelten Beobachtungen, wenn die Temperatur des Junius auf die des August reducirt wird; die Rennell'schen Beobachtungen geben für August-Temperatur außerhalb des Golfstromes, bei 44° und 36° N. Br., 14°,7 und 16°,4 R.: also 4°,3 und 5°,6, im Durchschnitt auch gegen Differenz mit der Sommer-Temperatur des Golfstroms. Es ist leichter das Maximum der Wärme dieses Stromes als die Temperatur zu bestimmen, welche gleichzeitig außer demselben herrscht, da die warmen Wasser des Golfstroms sich bisweilen weit westlich von den Azoren verbreiten oder durch eine Gegenströmung (Counter-Current) in das Bassin gestoßen werden, welches sich westlich von der langen Fucus-Zone, zwischen 35° bis 40° N. Br. und 45° bis 57°Länge, ausdehnt. , also 4°,6 und 4°,8 nach Réaumuroder 10 bis 11 Fahrenheit'scheGrade kälter ist. Selbst mitten im Winter, im Januar 1820, ist von Napiernoch der Golfstrom 1500 englischeSeemeilen von seinem Ausbruch aus dem mexicanischen Meerbusen entfernt, in 39° Breite und 65°½ westlicher Länge, 15°,5 befunden worden: wenn außerhalb des Stromes, in dieser Breite, dem Meere im Januar 11°,3 zugehören; Differenz wieder 4°,2 R., fast 10° F.

Um in dieser Abhandlung die mexicanische oder Florida-Golf-Strömung, das große Phänomen dieser Art, welches der Ocean darbietet, in einem Umfang und in einer Allgemeinheit zu betrachten, deren sie so lange aus Mangel gleichmäßig vertheilter Beobachtungen und sorgfältig mit einander verglichener Instrumente nicht fähig war, werde ich am Schluß meiner Arbeit die Resultate zusammenstellen, welche ich selbst auf 586 Ueberfahrten: von den Küsten von Pariaund Caracasnach der Havana, von der Havananach dem Rio<Sinu>und Cartagena de Indias, von Veracruznach der Insel Cuba, von dieser nach Philadelphia, und von Philadelphianach dem Ausfluß der Garonne; im antillischen Binnenmeere, im Golf von Mexico, im Canal von Bahama, und im atlantischen Oceanvon den Küsten von Süd-Georgien bis zur Bank von Neufundland und den Azoren, in verschiedenen Jahreszeiten, gesammelt. Der erste Anstoß, das Haupt-Mobil dieser ungeheuren Strömung scheint in der südlichen Hemisphäre und zwar schon an der ost-afrikanischen Küste bei Madagascarzu liegen. In dem Canal von Mozambiqueund von der Südspitze Madagascarsaus bewegen sich in der Richtung gegen SW und WSW die Wasser des indischen Oceansgegen Cap Natal, die Algoa-Baiund das Vorgebirge der guten Hoffnung mit einer Gewalt, die schon dem vielunterrichteten Marco Polodurch arabischeSeefahrer wohl bekannt war. Sie werden von der Nadel-Bank(Banco das Agulhas, oder Lagullas-Bank der Engländer) in nordwestlicher Richtung abgewendet1Südlich von der Nadel-Bank ist eine Gegenströmung in südöstlicher Richtung; auch ist zu bemerken, daß an dem Südwest-Ende von Afrika bei dem Vorgebirge der guten Hoffnung ein Theil der Wasser gegen NW, nach Brasilien, ein anderer längs[der] west-afrikanischen Küste gegen NNW fließt, und dieser Küste folgt bis nahe dem Aequator, unfern dem Cap Lopez, wo dem süd-afrikanischen Strome der nord-afrikanische oder Guinea-Strom in südöstlicher Richtung entgegenkommt. Dieser Wechsel der Richtung giebt dem Längengrade, in welchem die Linie durchschnitten werden soll, in der Schifffahrt nach Buenos Ayres oder nach dem Cap eine große Wichtigkeit. Durch den Einfluß der Jahreszeiten und der, an der Grenze des Südost-Passats herrschenden Winde wird bisweilen die Normal-Richtung (gegen NW und WNW) mitten im atlantischen Oceane zwischen Süd-Afrika und Brasilien sonderbar verändert. Admiral Krusenstern, dessen scharfsinnige Untersuchungen so viel zur Kenntniß der Strömungen beigetragen haben, erfuhr vom Vorgebirge der guten Hoffnung bis St. Helenaeine Bewegung der Wasser gegen SO (Krus. Reise Th. III. S. 264). Sollte unter gewissen langwirkenden meteorologischen Verhältnissen der von Cap. Beaufort erforschte Southern Connecting Current, welcher die Wasser von Tristan d'Acunha gegen den Südrand der Nadel-Bank (also gegen OSO) treibt (Rennell p. 38), sich bisweilen nördlicher verbreiten? und, mit Aequa -87 torial-Wassern gemischt, gegen die brasilianische Küste, und zwar gegen den am meisten vorspringenden1Der gegen Osten am meisten vorspringende Theil des ganzen Neuen Continents (denn Grönland ist ein abgesondertes großes Polar-Land) fällt, nach Roussin und Givry, zwischen Olinda de Pernambuco (nördlich vom Cap St. Augustin) und Cabo Branco, also zwischen Br. 6′ und 1′. Wenn weit südlicher, schon bei Porto Francez (Br. 47′), ja fast von Rio Real (Br. 11° 27′) an, die Wasser gegen Norden strömen; so ist es wohl nur, weil sie nachgezogen werden nach dem Punkt, wo die Schnelligkeit durch Repercussion zunimmt: eine Wirkung, die man auch in dem Contour der Nadel-Bank, an der Südspitze von Afrika, wahrnimmt, wo die Strömung neben der Bank (außerhalb derselben) dem Umrisse der Boden-Hebung folgt. Die Gegend der brasilianischen Küste, in der die nördliche Strömung sich von der südlichen trennt, ist zwischen San Salvador (Bahia de todos os Santos) und Rio Ilheos, zwischen 13° und 15° südlicher Breite: - ein Wendepunkt, welcher für die Schifffahrt so wichtig ist als der an der afrikanischen Küste in der Bai von Biafra, zwischen Fernando Po und Cap Lopez. Theil nördlich vom Cap St. Augustin, getrieben. Dieses Hinderniß leitet die Strömung, der Küste von Guyanain NW folgend, in das antillische Meer, und so auf oft beschriebenem Wege (gegen die S-N gerichteten Küsten der Mosquitos, von Verapazund der Halbinsel Yucatananprallend), nach einem großen Wirbel im mexicanischen Meerbusen, durch die Bahama-Straße gegen die Südspitze der Bank von Neufundlandund die westlichsten der Azoren.

In dem hier geschilderten Zusammenhange der Phänomene ist nichts hypothetisches; und wenn man die Lage und die Entfernung der Azoren-Gruppevon Madagascarin Betrachtung zieht, und sich erinnert, daß jener Wirbel unter gewissen88 Umständen, von Nordwest-Winden begünstigt, warme Wasser in den Golf von Biscaya und tropische Früchte nach Norwegentreibt: so erstaunt man über die Verwickelung und lange Fortpflanzung der Bewegung im flüssigen Elemente. Würde durch irgend eine Natur-Revolution die Landenge von Panamadurchbrochen und in eine Straße wie die von Gibraltarverwandelt, so zeigten sich die Folgen davon gleichzeitig in den Bahama-Inselnund an der Ostküste von Asien; das ganze System der Strömungen wäre dann geändert, flache Continente vergrößerten sich, und über dem gesunkenen Meeresspiegel ragten neue Eilande hervor.

Rennellhat, aus Mangel guter Beobachtungen, die Ansicht verbreitet, als wäre das lange wirbelnde Umhertreiben der Wasser im Golf von Mexico die Haupt-Ursache der hohen Temperatur, welche die Florida-Strömung noch an den nördlichsten Küsten der Vereinigten Staatenzeigt. Der scharfsinnige Mann gesteht selbst, daß er bloß in der heißesten Jahreszeit gemachte Beobachtungen und nur aus dem nordöstlichsten Theile des Golfs von Mexico (zwischen dem Ausfluß des Missisippiund der Havana) gekannt habe;1Rennell p. 267. und von dem allgemeinen Grundsatze ausgehend, daß alle eingeschlossenen Meere eine sehr erhöhte Temperatur haben, vergißt er die Wirkungen zusammengedrängter Untiefen und erkaltender Nordwinde. Folgende Betrachtungen werden zur Berichtigung dieser Ansichten dienen:

Wenn auch mit Recht und, wie ich glaube historisch erwiesen zu haben, selbst von sehr früher Zeit an die erste Veranlassung zu der nordöstlichen Bewegung der Wasser an der östlichen amerikanischenKüste in den